Kompetenzen heutiger Führungskräfte in Zeiten der Corona-Krise und der Zunahme des Remote-Leadership-Modells


Masterarbeit, 2021

106 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Darstellungsverzeichnis

1 Einführung in die Thematik
1.1 Hintergrund und Relevanz
1.2 Forschungsfrage der Arbeit und Ziele der Untersuchung
1.3 Abgrenzung des Themas
1.4 Aufbau der Arbeit

2 Theoretischer Rahmen
2.1 Führungskompetenzen
2.1.1 Allgemeine Grundlagen
2.1.2 Selbstkompetenzen
2.1.3 Sozialkompetenzen
2.1.4 Fachkompetenzen
2.2 Führungsstile
2.2.1 Verschiedene Arten
2.2.2 Merkmale erfolgreicher Führung
2.2.3 Bedeutung erfolgreicher Führung
2.3 New Work
2.3.1 Definition
2.3.2 Remote Leaderhip
2.3.3 Remote Leadership in der Praxis
2.4 Die Konsequenzen der Corona Pandemie
2.4.1 Auswirkungen auf die Wirtschaft
2.4.2 Auswirkungen auf die Menschen

3 Empirische Untersuchung
3.1 Vorgehensweise
3.1.1 Auswahl und Beschreibung der Experten
3.1.2 Entwicklung und Beschreibung des Interviewleitfadens
3.1.3 Beschreibung der Interviewdurchführung

4. Ergebnisse
4.1 Darstellung der Ergebnisse
4.1.1 Psychisches Wohlbefinden
4.1.2 Arbeitsalltag
4.1.3 Führungskompetenzen
4.1.4 Führungsstile
4.1.5 Verbesserungsvorschläge
4.2 Handlungsempfehlungen
4.2.1 Mehr Vertrauen und Flexibilität
4.2.2 Weg von starren Hierarchien
4.2.3 Stärkung der Kommunikationsfähigkeit
4.2.4 Empathie zeigen
4.2.5 Fachlichen Austausch stärken
4.2.6 Verbesserung des virtuellen Onboarding Prozesses
4.2.7 Stärkung der Selbstreflektion
4.2.8 Professionelle Hilfe hinsichtlich der psychischen Belastung

5 Kritische Reflektion

6 Fazit und Ausblick

Anhang

Quellenverzeichnis

Abstract

Die Strukturen der Arbeitswelt durchleben aufgrund der aktuellen Corona Krise einen massiven Wandel und werden sich auch für die Zukunft nachhaltig weiterentwickeln müssen. Eine der zentralen Veränderungen der Arbeitswelt ist die signifikante Zunahme des Home Offices und damit einhergehend die Nutzung des Remote Leaderships. In Deutschland galt Home Office in vielen Unternehmen als Ausnahmeregelung, doch durch die Pandemie und die damit verbundenen Hygiene- und Abstandsregeln wird sich dies grundlegend und nachhaltig verändern. Hinzu kommt die massive, psychische Belastung, welche die Krise selbst, aber auch die damit einhergehenden Maßnahmen und Restriktionen mit sich bringen.

Hieraus ergibt sich für Führungskräfte eine ganz neue Herausforderung, da sich die Bedürfnisse der ihnen unterstellten Menschen durch die beiden genannten Faktoren ändern und sich daher die Frage stellt, welche Führungskompetenzen für die Zeit während und auch nach Corona von zentraler Bedeutung für die Auswahl geeigneter Führungskräfte sein werden. Dieser Frage wird mithilfe einer qualitativen Untersuchung nachgegangen, für welche vorwiegend Menschen befragt wurden, die eine neue Arbeit kurz vor oder während der Krise begonnen haben und somit auf einen höheren Betreuungsaufwand seitens ihrer Führungskraft angewiesen sind. Im Ergebnis führt die Studie zu einer Reihe von Handlungsempfehlungen für Unternehmen, anhand welcher Kompetenzen zukünftige Führungskräfte ausgewählt und wie die gewünschten Kompetenzen erlangt oder verstärkt werden können. Die Ergebnisse zeigen deutlich auf, dass die Krise in einigen Bereichen als eine Art Katalysator dient. Neben der steigenden Orientierung der Arbeitsweise an den Prinzipien des New Works, wächst die Bedeutung spezifischer Kompetenzen, welche bereits vor Corona laut Studien von Bedeutung waren. Insofern bleibt offen, ob die Krise in den Unternehmen für ein nachhaltiges Umdenken hinsichtlich der Auswahl ihrer Führungskräfte sorgt, oder ob die Signifikanz der Kompetenzen nach Beendigung der Krise in den Hintergrund rückt.

Darstellungsverzeichnis

Abbildung 1: Der Zusammenhang zwischen Kompetenzen, Verhalten und Aufgabenlösung

Abbildung 2: Das Führungskontinuum nach Tannenbaum und Schmidt

Abbildung 3: Die von Führungskräften als wichtigsten genannte Merkmale von Führungskräften

1 Einführung in die Thematik

1.1 Hintergrund und Relevanz

Bereits vor der Corona Pandemie belegten zahlreiche Studien und Berichte dringenden Handlungsbedarf hinsichtlich der Förderung und Etablierung geeigneter Führungskompetenzen. Eine der wohl bekanntesten und auch relevantesten Studien im Bereich der Personalwirtschaft ist der jährlich erscheinende „Gallup Engagement Index“. Ergebnisse aus dem Jahr 2019 zeigen auf, dass beinahe sechs Millionen Beschäftigte innerlich bereits gekündigt haben und etwa 25,5 Millionen Arbeitnehmer nur eine geringe emotionale Bindung zu ihrem Arbeitgeber aufweisen. Im Gegensatz hierzu sind 97% der Führungskräfte davon überzeugt, gut in dem zu sein, was sie tun.1 Die Eigen- und Fremdwahrnehmung weichen in diesem Zusammenhang stark voneinander ab und es zeigt sich ein deutliches Verbesserungspotenzial hinsichtlich der Führung von Mitarbeitern.

Seit etwa einem Jahr steht die Welt vor einer komplett neuen Herausforderung, denn die Covid 19 Krise hat international in vielen Bereichen für grundlegende Veränderungen sowie ein damit zusammenhängendes Umdenken gesorgt. Doch nicht nur das alltägliche Leben hat sich durch die Vorsichtsmaßnahmen und Restriktionen stark verändert, auch die Strukturen der Arbeitswelt durchleben einen massiven Wandel und werden sich für die Zukunft weiterentwickeln müssen. Diese Veränderungen fallen zum Großteil unter den allgemeinen Begriff „New Work“, zu dessen Bestandteilen das „Remote Leadership“ zählt. Laut einer Umfrage des „IFO Instituts“ wollen knapp über die Hälfte der deutschen Unternehmen (54%) das Home Office zukünftig stärker integrieren.2 Das digitale Führen auf Distanz wird für einige deutsche Unternehmen eine große Herausforderung darstellen, da Home Office in den meisten Firmen bislang als Ausnahmeregelung galt und somit sehr wenig bis keine Erfahrung in diesem Bereich vorhanden ist. Hieraus entsteht eine der zentralen Herausforderungen von Führungskräften im Umgang mit der derzeitigen Situation sowie für die Zeit nach der Krise. Eine weitere große Herausforderung bilden die massiven psychischen Auswirkungen der Pandemie, und die damit einhergehenden Maßnahmen zur Eindämmung, auf die Menschen im Allgemeinen und im Kontext dieser Arbeit auf die Arbeitnehmer in Unternehmen. Eine „Adecco“ Studie mit dem Titel „Defining the New Era of Work“ vom Mai 2020 zeigt auf, dass sich bei 28 % der Befragten die psychische Verfassung durch die Krise verschlechtert habe und nur eine von zehn Führungskräften zu einer Verbesserung des Wohlbefindens beitragen konnte3. Besonders stark leidet die Altersgruppe der 17 bis 30-jährigen Menschen. Von ihnen fühlen sich laut Studie 50% stark belastet, wodurch sich in vielen psychotherapeutischen Einrichtungen die Zahl der Behandlung vervielfacht hat.4 Diese Leiden umfassen vorwiegend Existenzängste, depressive Verstimmungen und eine allgemeine Verschlechterung der psychischen Verfassung, da die Pandemie eine komplett neue Herausforderung für die Menschen darstellt und niemand über Erfahrung im Umgang mit einer solchen Krise verfügt.5 Darüber hinaus belegt eine Studie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, dass über die Hälfte der Befragten (52,1%) negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit aufgrund der starken Zunahme des Home Offices spürt.6 Die psychische Belastung und das hohe Maß an Unsicherheit, welches in der Bevölkerung hinsichtlich dieser Krise herrschen, betrifft die Mitarbeiter eines Unternehmens in verschiedenstem Ausmaß. Durch das Zusammenspiel dieser beiden zentralen Aspekte, ergibt sich für Führungskräfte eine ganz neue Herausforderung, da sich die Bedürfnisse der ihnen unterstellten Menschen durch die genannten Faktoren ändern.

Bislang gibt es zwar keine aussagekräftigen, wissenschaftlichen Studien über die Thematik, jedoch existieren wenige Artikel darüber, welche Kompetenzen in Zukunft von wachsender Bedeutung für Führungskräfte sein werden, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Einer dieser Artikel aus dem Zukunftsinstitut zählt folgende fünf Annahmen als die am relevantesten auf:

1. „Schwache Signale erkennen“
2. „Resilienz statt Effizienz“
3. „Realismus bei New Work“
4. „Charakter und Beziehungsgestaltung“
5. „Talent, Mut und Pioniergeist“7

Diese Aspekte lassen trotz fehlender genauerer Definition darauf schließen, dass insbesondere die sozialen Kompetenzen eine zunehmend wichtige Rolle spielen könnten.

1.2 Forschungsfrage der Arbeit und Ziele der Untersuchung

Das vorherige Kapitel hat die zentrale Herausforderung für momentane sowie zukünftige Führungskräfte erläutert und somit die Relevanz dieser Thesis aufgezeigt. Letztere ergibt sich auch aus der Tatsache, dass bislang noch keine Studien darüber existieren, wie Führungskräfte diesen neuen Herausforderungen begegnen können und welche Kompetenzen hierfür erforderlich sind. Daraus lässt sich folgende Forschungsfrage ableiten: „Welche Kompetenzen sind für die Auswahl heutiger Führungskräfte entscheidend im Hinblick auf die aktuelle Corona Krise und die damit einhergehende Zunahme des Remote Leaderships?“. Die Forschungsfrage soll mithilfe einer qualitativen Untersuchung beantwortet werden. Zu diesem Zweck wurden Experteninterviews mit Probanden durchgeführt, welche kurz vor oder während der Pandemie eine neue Arbeitsstelle antraten, da der Betreuungsaufwand seitens der Führungskräfte gerade zu Beginn am höchsten ist.

Des Weiteren soll der Fokus auf die genannte Altersgruppe der 17 bis 30-jährigen gelegt werden, welche besonders stark unter der Pandemie und deren Auswirkungen leiden.8 Es wurde außerdem darauf geachtet, die gleiche Anzahl an männlichen und weiblichen Experten zu befragen, um eventuelle geschlechterspezifische Unterschiede zu erkennen. Die Experten entstammen den verschiedensten Branchen und die dazugehörigen Unternehmen unterscheiden sich stark in ihrer Größe. Das bedeutet konkret, dass von einem kleinen StartUp bis hin zu großen Konzernen verschiedene Unternehmensstrukturen mit einbezogen werden konnten. Ziel dieser Interviews, und der Thesis selbst, ist die Erstellung von Handlungsempfehlungen für Unternehmen in Bezug darauf, auf welche Kompetenzen bei der Auswahl von Führungskräften maßgeblich geachtet werden sollten und wie diese gefördert werden können. Ergänzt werden die Erkenntnisse der qualitativen Studie um weitere Studien und Literatur, welche Kenntnisse liefern, die im Zusammenhang mit den gewonnenen Ergebnissen stehen und diese ergänzen. Die Handlungsempfehlungen werden differenziert aufgezeigt, stehen jedoch im engen Zusammenhang und bauen teilweise aufeinander auf.

1.3 Abgrenzung des Themas

Das Ziel der Thesis ist das Aufzeigen der Handlungsempfehlungen für Unternehmen, nach welchen Kriterien zukünftige und auch momentan agierende Führungskräfte hinsichtlich der doppelten Herausforderung, bezogen auf das psychische Wohlbefinden und das Home Office, ausgewählt werden. Des Weiteren dienen die Handlungsempfehlungen auch dafür, gezielt Potenziale der Führungskräfte zu fördern, welche nicht nur im Hinblick auf die aktuelle Situation, sondern auch für die Zukunft relevant sein werden. Die Zielgruppe der befragten Experten ist dabei sehr spezifisch festgelegt und stellt die junge Generationen Y und Z in den Fokus, da diese besonders von den psychischen Folgen der Krise betroffen sind.9 Wie bereits erwähnt, haben alle Experten kurz vor oder während der Pandemie eine neue Arbeit angefangen, da gerade in der Anfangszeit der Betreuungsaufwand seitens der Führungskräfte besonders hoch ist. Daher bildet die Zielgruppe bereits eine erste thematische Ab-, und Eingrenzung, da offen ist, ob die Handlungsempfehlungen auch für ältere Generationen oder auch für Menschen, welche den jeweiligen Beruf bereits länger ausüben, von ebenso hoher Relevanz sind. Des Weiteren ist es nicht Ziel der Arbeit aufzuzeigen, ob und falls ja, in welchem Umfang die Handlungsempfehlungen vor der Pandemie relevant waren. Der Fokus liegt allein auf der präsenten sowie zukünftigen Situation. Die Arbeit bezieht sich außerdem ausschließlich auf die Sicht der den Führungskräften untergeordneten Arbeitnehmern und lässt das psychische Wohlbefinden der Führungskräfte, auch aus Gründen des begrenzten Umfangs, außer Acht.

1.4 Aufbau der Arbeit

Nachdem zu Beginn dieser Thesis das Thema selbst sowie dessen Relevanz aufgezeigt wurden, beschäftigt sich das zweite Kapitel dieser Arbeit zunächst mit den Grundlagen der Thematik und aller relevanten Begrifflichkeiten innerhalb des theoretischen Teils. Hierfür soll zunächst der zentrale Begriff der Führungskompetenzen näher erläutert werden, indem nach den allgemeinen Grundlagen auf die verschiedenen Bestandteile, welche für die Arbeit relevant sind, eingegangen wird. Die genannten Kompetenzen sind gegliedert in die Fach-, Selbst-, und Sozialkompetenzen. Das darauffolgende Kapitel setzt sich mit den verschiedenen Führungsstilen auseinander, welche sich aus Gründen der Übersicht und des Verständnisses nur an einem ausgewählten Modell, dem „Führungskontinuum“ von Tannenbaum und Schmidt orientieren. Anschließend sollen die Merkmale erfolgreicher Führung aufgezeigt werden und darüber hinaus, um die Relevanz dieser Thesis zu verdeutlichen, die Bedeutung dieser. An dieser Stelle gilt es aufzuzeigen, welche Folgen und Konsequenzen drohen, wenn durch mangelhafte Führung die Beziehung zu den Mitarbeitern ge-, oder auch zerstört wird. Das darauffolgende Kapitel setzt, ähnlich wie Kapitel 2.1 mit einem der zentralen Begriffe der Forschungsfrage dieser Thesis auseinander, dem Remote Leadership. Nach einer Begriffsdefinition soll aufgezeigt werden, welche Relevanz diese Praktik in der momentanen Arbeitswelt hat. Hierbei spielen insbesondere die Haltungen der Führungskräfte und der ihnen unterstellten Arbeitnehmer signifikante Rollen. Das letzte Kapitel des Grundlagenteils beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Corona Pandemie. Hierbei sind zweierlei Betrachtungsweisen von Relevanz für die Arbeit. Zum einen die Auswirkungen auf die Wirtschaft und zum anderen die Folgen und Konsequenzen für die Menschen selbst.

Auf Grundlage des theoretischen Teils dieser Arbeit wurde die qualitative Befragung erstellt, welche im dritten Kapitel näher erläutert wird. Zunächst wird dargelegt, wie im Rahmen der Forschung vorgegangen und welche Gütekriterien beachtet wurden. Anschließend wird aufgezeigt, wie der Leitfaden für das Interview erstellt und anhand welcher Kriterien die befragten Experten ausgewählt wurden. Der letzte Teil dieses Kapitels handelt von der genauen Beschreibung der Interviewdurchführung. Den Hauptteil dieser Arbeit stellt das darauffolgende vierte Kapitel dar, welches sich mit den Ergebnissen der qualitativen Forschung auseinandersetzt. Zunächst werden die Ergebnisse dargestellt, wofür diese kategorisch gegliedert wurden, bevor anschließend im Zuge ihrer Interpretation die Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, welche gleichzeitig die Forschungsfrage dieser Thesis beantworten. Im Anschluss erfolgt eine kritische Reflektion der Arbeit sowie ein Fazit und der Ausblick für zukünftige Forschungsfelder in diesem Bereich.

2 Theoretischer Rahmen

2.1 Führungskompetenzen

2.1.1 Allgemeine Grundlagen

Das folgende Kapitel soll aufzeigen, welche Kompetenzen für das Führungsverhalten von Relevanz sind und wie man diese unterteilen kann. Führung selbst umschreibt eine Einflussnahme auf Menschen, welche bewusst und zielbezogen erfolgt. Oftmals bilden die Ziele des Unternehmens den Maßstab dafür, wie und in welcher Weise diese Einflussnahme erfolgt.10 Infolgedessen werden für verschiedene Organisationen unterschiedliche Führungskompetenzen benötigt.

Allerdings ist es wichtig zu erwähnen, dass das Vorhandensein von Kompetenzen noch keinen Aufschluss darüber gibt, ob diese auch in ein kompetentes Gebaren transformiert werden. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit für das entsprechende Verhalten höher, wenn erforderliche Kompetenzen vorhanden sind.11 Ob und wie die Kompetenzen in Verhalten umgesetzt werden, entscheidet sich aufgrund vielfältiger Faktoren hinsichtlich der Umwelt und der Person selbst. Hierbei existieren verschiedene Einflussfaktoren, wie beispielsweise die Motivation oder Befindlichkeiten seitens der Person, oder Parameter wie Zeitdruck oder das Verhalten anderer Personen als Einflüsse der Umwelt.12 Das Verhalten wiederum übt Einfluss auf die zu treffende Lösung des relevanten Sachverhaltes. Während die Aufgabenlösung der Umwelt und die Kompetenzen der Person selbst zugeordnet werden, steht das Verhalten als verbindendes Element zwischen den beiden Themenfeldern.13 Die folgende Abbildung zeigt die verschiedenen Einflüsse und Zusammenhänge hinsichtlich der Kompetenzen in vereinfachter Form auf.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Der Zusammenhang zwischen Kompetenzen, Verhalten und Aufgabenlösung14

Führungskompetenzen umfassen im Allgemeinen das vielfältige Repertoire an Instrumentarien und Verhaltensweisen, um den dynamischen Herausforderungen und Veränderungen innerhalb einer Organisation und der involvierten Personen gerecht zu werden. In Organisationen werden Führungskräfte oftmals anhand ihrer vorhandenen Kompetenzen bestimmt, allerdings können sich diese Kompetenzen stetig weiterentwickeln und verändern.14 Es existiert jedoch keine generelle Anleitung oder Wertung, welche Führungskompetenzen besser geeignet sind und welche weniger, dies entscheidet allein der Zusammenhang, in dem die Kompetenzen angewandt und benötigt werden.15 Aus diesem Grund ist es nicht möglich, allgemeingültige Schlüsselkompetenzen festzulegen, da sich diese je nach Kontext unterscheiden und individuell festgelegt und definiert werden müssen und darüber hinaus kein einheitlich definiertes Idealbild erfolgreicher Führungspersonen oder deren Eigenschaften besteht. Schlüsselkompetenzen zeichnen sich im Allgemeinen dadurch aus, dass sie universell und multifunktional- sowie langfristig einsetzbar sind.16 Sie ermöglichen es der Führungskraft „sich rasch selbstständig Spezialgebiete zu erschließen, sich eigenverantwortlich in neue Gebiete einzuarbeiten, Probleme selbstständig zu lösen und befriedigend zu kommunizieren und zu kooperieren“.17 Das situative Anpassen der eigenen Kompetenzen an den jeweiligen Kontext, geht neben der methodischen Expertise auch mit emotionaler Intelligenz einher. Das Zusammenspiel aus diesen beiden Faktoren wird im Kontext des Führens auch als sogenannte „Führungsintelligenz“ bezeichnet.18 „Führungsintelligenz bezeichnet in diesem Sinne die gelungene Verbindung von kognitiver mit emotionaler Intelligenz: die Fähigkeit, Einflüsse und Zusammenhänge zu sehen, gleichzeitig die zugehörigen Gefühle der eigenen Person und betroffener Dritter wahrzunehmen und diese Wahrnehmungen bewusst in das eigene Verhalten mit einzubeziehen.“19 Die Führungsintelligenz spielt insbesondere hinsichtlich der Sozial- und Selbstkompetenzen eine signifikante Rolle, auf welche, neben den Fachkompetenzen, in den folgenden Abschnitten eingegangen werden soll. Diesen beiden Arten von Kompetenzen wird eine große Bedeutung beigemessen, da laut einem Artikel der Süddeutschen 90% der Führungskräfte nicht an fachlichen Defiziten scheitern, sondern an mangelnder sozialer Kompetenz, welche oftmals mit einer fehlenden oder nicht genügend ausgeprägten Selbstreflexion einhergeht.20 An dieser Stelle ist es wichtig zu erwähnen, dass die folgenden drei Kategorien an Kompetenzen nicht immer klar voneinander abzugrenzen sind und teilweise miteinander zusammen- oder voneinander abhängen.

2.1.2 Selbstkompetenzen

Diese Form von Kompetenzen umschreibt in erster Linie die Fähigkeit, sich selbst zu reflektieren und auf Basis dessen die Bereitschaft zu besitzen, sich zu entwickeln und eigene Potenziale und Ressourcen verstärkt zu entfalten. Für eine Führungskraft ist es von großer Bedeutung, die eigenen Ziele, Werte und Potenziale zu kennen, um im Alltag angemessene Prioritäten setzen und zielsicher handeln zu können.21 Hierbei lassen sich zum einen Kompetenzen hinsichtlich des Rollenverständnisses und zum anderen persönlichkeitsbezogene Fähigkeiten unterscheiden.22 Bezüglich des persönlichen Rollenverständnisses einer Führungskraft, ist es für diese von großer Bedeutung, eine klare Abgrenzung zwischen ihrer beruflichen und der privaten Rolle zu schaffen. Emotionale Stabilität ist äußerst wichtig, um im Falle von belastenden Situationen oder Krisen in einer der Funktionen, die Spannungen nicht auf die andere Rolle zu übertragen und somit auch die Mitmenschlichkeit gegenüber unbeteiligter Dritter zu wahren.23 Anhand dieser Betrachtungsweise wird deutlich, dass die Selbstkompetenzen und die damit einhergehende Fähigkeit zur Selbstreflektion eine wichtige Basis vor allem für die sozialen Kompetenzen spielt, da sie grundlegend für den beziehungsorientierten Kontakt mit anderen Menschen ist. Betrachtet man jene Kompetenzen, welche persönlichkeitsbezogen sind, so spielen unter anderem Faktoren wie etwa Belastbarkeit, Zielstrebigkeit, Zuverlässigkeit, Motivation, Kreativität, Flexibilität, Stetigkeit, Lernfähigkeit und Genauigkeit signifikante Rollen.24

2.1.3 Sozialkompetenzen

Diese Form von Kompetenzen umfasst die Fähigkeit und auch die Bereitwilligkeit, sich gruppen- und beziehungsorientiert zu verhalten. Das bedeutet in erster Linie, dass sich die Führungskraft verantwortungsbewusst mit anderen Menschen auseinandersetzt und mithilfe der Führungsintelligenz erkennt, welche sozialen Kompetenzen für den jeweiligen Kontext und die involvierten Personen benötigt werden.25 Eine Führungskraft die sozial kompetent interagiert, schafft es, weder ihre eigenen Ziele und Interessen, noch die der untergeordneten Mitarbeiter zu vernachlässigen, sondern diese miteinander in Einklang zu bringen.26 Wie in Kapitel 2.1.1 bereits erwähnt, wird dieser Form von Kompetenz eine hohe Bedeutung beigemessen, da ihr Fehlen oder mangelndes Vorhandensein den Großteil des Scheiterns von Führungskräften ausmacht.27 Die Sozialkompetenzen lassen sich im Groben in drei Fähigkeiten unterteilen. Eine davon umfasst die Kommunikation selbst, eine weitere umschreibt die allgemeine Arbeit im Team und die dritte handelt davon, Menschen zu führen. Unter der Fähigkeit zu kommunizieren versteht man unter anderem eine gewisse Kontaktfähigkeit und eine damit verbundene Offenheit, aber auch Konsensfähigkeit, Einfühlungsvermögen, Verständigungsfähigkeit, sowie die Fähigkeit, Verhandlungen über alle Hierarchieebenen hinweg erfolgreich zu führen.28 Hinsichtlich der Teamfähigkeit spielen vor allem Aspekte wie Konfliktfähigkeit, Kritikfähigkeit, Kollegialität, Kompromissfähigkeit, sowie Kooperationsbereitschaft eine große Rolle. Betrachtet man die nötigen Kompetenzen hinsichtlich der Führungsaufgabe selbst, so sind vor allem die konkrete Vereinbarung von Zielen, Entscheidungs-, sowie Durchsetzungsfähigkeit und das erfolgreiche Planen, Organisieren, Kontrollieren und Delegieren von zentraler Bedeutung.29

2.1.4 Fachkompetenzen

Entgegen der beiden vorherigen Kompetenzen basieren die fachlichen Kompetenzen nicht auf Persönlichkeitsmerkmalen oder Charaktereigenschaften der Führungsperson, sondern auf ihrem fachlichen und methodischen Wissen. „Gemeint sind Fähigkeiten zum hypothetischen Denken und der Struktur-Erkennung und zur Verbindung von Theorie und Praxis, zur Aufgabenbewältigung und zur Entwicklung geeigneter Problemlösungsstrategien.“30 An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass diese Art von Kompetenzen tendenziell leichter erlernbar sind, da die Selbst- und Sozialkompetenzen oftmals, wie bereits erwähnt, mit der Persönlichkeitsstruktur einer Person zusammenhängen und diese entweder angeboren oder, falls überhaupt möglich, schwieriger zu erlernen ist, als faktenbasierte oder methodische Kenntnisse. Letztere umfassen beispielsweise die Fähigkeit, Probleme zielführend zu analysieren und strukturieren, aber auch Problemlösungsprozesse zu moderieren oder Meetings zielgerichtet zu leiten.31 Neben den methodischen Kenntnissen ist es für Führungskräfte essentiell, ein umfangreiches Wissen auf ihrem jeweiligen Fachgebiet und im Idealfall auch über angrenzende Themen, sowie die Übersicht über abteilungs- oder unternehmensübergreifende Themen zu besitzen und diese in Zusammenhang mit dem eigenen Themenschwerpunkt zu bringen. Gerade in der heutigen global vernetzten Welt, in der das Ökobewusstsein stärker zunimmt, sind Fremdsprachenkenntnisse sowie das Umweltwissen neben den allgemeinen EDV, technischen oder betriebswirtschaftlichen Kenntnissen oftmals von hoher Bedeutung für Führungskräfte.32

2.2 Führungsstile

2.2.1 Verschiedene Arten

Nachdem im vorherigen Kapitel aufgezeigt wurde, welche verschiedenen Kompetenzen hinsichtlich des Führungsverhaltens einer Person eine Rolle spielen und zusammenwirken, soll das folgende Kapitel veranschaulichen, welche verschiedenen Führungsstile existieren. Der Hauptteil dieses Kapitels besteht darin, die Merkmale sowie die Bedeutung erfolgreicher Führung aufzuzeigen.

Die unterschiedlichen Ausprägungen der verschiedenen Kompetenzen einer jeweiligen Person führen zu sehr unterschiedlichen Arten des Führens. Es existieren einige Ansätze, um Führungsstile zu kategorisieren. Geschichtlich relevante Ansätze stammen hierbei von Max Weber sowie Lewin, Lippin und White. Während Max Weber sich mit der Frage auseinandersetzte, welche Faktoren eine Führungskraft dazu befähigen zu führen und daher zwischen der charismatischen, traditionalen und bürokratischen Führung unterschied, beschäftigt sich der Ansatz von Lewin, Lippin und White mit der Frage, unter welchen Bedingungen und auf welche Art Führung effizient ist.33 Mit letzterem Ansatz setzt sich auch das im folgenden abgebildete Führungskontinuum nach Tannenbaum und Schmidt auseinander. Es ist ein bekanntes Modell zur Veranschaulichung der verschiedenen Führungsstile, bei welchem anhand der Grade der Mitarbeiterbeteiligung, sowie der der Entscheidungsspielraumes des Vorgesetzten differenziert wird.34

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Das Führungskontinuum nach Tannenbaum und Schmidt35

Der autoritäre Führungsstil ist hierbei derjenige, bei welchem den Mitarbeitern keinerlei Entscheidungsspielraum zugetragen wird, was mit einem Fehlen der Mitarbeiterorientierung einhergeht.35 Bei dieser Art des Führens liegt der Fokus vor allem auf den Fachkompetenzen, da die Beziehung zu den Mitarbeitern nur eine untergeordnete Rolle spielt und somit insbesondere die Sozialkompetenzen von weniger hoher Bedeutung sind. Bei dem patriarchischen Führungsstil überwiegt der Entscheidungsspielraum des Vorgesetzten immer noch deutlich dem, der Mitarbeiter, wodurch auch bei dieser Art des Führens der Fokus auf den fachlichen Kompetenzen liegt.36 Der Unterschied zu einem autoritären Führungsstil liegt jedoch darin, dass die Führungskraft die Mitarbeiter vor dem Anordnen und Umsetzen seiner Entscheidung, von deren Richtigkeit und Relevanz überzeugen möchte. Bei dem informierenden Führungsstil geht die Führungskraft noch einen Schritt weiter.37 Zwar findet auch hier keinerlei Mitarbeiterorientierung statt, jedoch gestattet die Führungsperson Fragen zu ihren Entscheidungen, durch deren Beantwortung sie die Akzeptanz und Zustimmung zu ihren Entscheidungen fördern möchte. Der darauffolgende konsultative Führungsstil ist derjenige, bei welchem erstmals eine leichte Mitarbeiterorientierung stattfindet.38 Dadurch nimmt auch die Bedeutung der Selbst-, sowie Sozialkompetenzen zu, da die Beziehung zu den Mitarbeitern verglichen mit den vorher beschriebenen Arten des Führens an Bedeutung gewinnt. Dieser Führungsstil zeichnet sich dadurch aus, dass der Vorgesetzte die Mitarbeiter über seine Entscheidungen informiert und ihnen die Gelegenheit gibt, ihre Meinung zu äußern, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen wird.39 Der folgende kooperative Führungsstil ermöglicht den Mitarbeitern Beteiligungsrechte und bietet ihnen dadurch eine stärkere Mitarbeiterorientierung als der beratende Führungsstil. Bei dieser Form von Führung erarbeiten einzelne Mitarbeiter oder Gruppen Vorschläge, aus welchen sich die Führungskraft für die von ihm favorisierte entscheidet.40 Der delegative, oder auch partizipative Führungsstil ermöglicht eine hohe Mitarbeiterorientierung, da den Mitarbeitern Entscheidungsrechte eingeräumt werden. Hierbei zeigt der Vorgesetzte ein Problem auf und legt den dazugehörigen Entscheidungsspielraum fest. Daraufhin erarbeiten einzelne Mitarbeiter, oder auch Gruppen, Lösungen und entscheiden sich für die von ihnen favorisierte.41 Das höchste Maß an Mitarbeiterorientierung, sowie Entscheidungsspielraum auf Mitarbeiterseite ermöglicht der demokratische Führungsstil. Hierbei ist es einzelnen Mitarbeitern oder Gruppen möglich, selbstständig Entscheidungen zu treffen. Die Rolle der Führungskraft besteht darin, als Koordinator nach innen und außen zu fungieren.42

Die Bedeutung der Selbst-, und Sozialkompetenzen gewinnt vor allem bei den zuletzt genannten drei Führungsstilen zunehmend an Relevanz, da die Beziehung zu den Mitarbeitern und deren Involvierung stetig an Bedeutung gewinnen. Die fachlichen Kompetenzen stehen bei steigender Mitarbeiterorientierung oftmals, verglichen mit den autoritären Führungsstilen, weniger stark im Fokus. Wie im vorherigen Kapitel bereits beschrieben, sind die erforderlichen Führungskompetenzen häufig vom Kontext und den Mitarbeiterpersönlichkeiten abhängig. Dies gilt ebenso für die in direktem Zusammenhang stehenden Führungsstile, welche sich im Rahmen einer flexiblen Führung situativ anpassen und verändern können. So kann es im Einzelfall, beispielsweise in unvorhergesehenen Krisensituationen, von Nöten sein, zeitnah eine Entscheidung zu treffen, weshalb in diesem Fall ein höherer Entscheidungsspielraum des Vorgesetzten vorzuziehen wäre. In einer anderen Situation hingegen kann es um Entscheidungen gehen, die das gesamte Team oder die Abteilung betreffen, weshalb es von Vorteil sein kann, die Mitarbeiter stärker mit einzubeziehen.

2.2.2 Merkmale erfolgreicher Führung

Erfolgreiche Führung kann hinsichtlich mehrerer Aspekte definiert werden. Im betriebswirtschaftlichen Kontext unterscheidet man hauptsächlich zwischen ökonomisch-technischem und sozialem Erfolg. Letzterer Fokus bezieht sich in erster Linie auf die Zufriedenheit der untergeordneten Mitarbeiter, welche den zentralen Bestandteil dieses Kapitels darstellt.43 Darüber hinaus lässt sich eine erfolgreiche Führung anhand von zwei Betrachtungsweisen differenzieren. Zum einen können jene Faktoren betrachtet werden, welche die Charaktereigenschaften erfolgreicher Führungskräfte betreffen und auf der anderen Seite steht das Führungsverhalten selbst im Vordergrund, welches unabhängig von Persönlichkeitsmerkmalen betrachtet wird.44 Allerdings ist eine strikte Trennung nicht immer möglich, da beispielsweise die sozialen Kompetenzen oftmals auf der Persönlichkeit der jeweiligen Führungskraft beruhen. Der Erfolg von personenbezogenen Merkmalen hinsichtlich der Charaktereigenschaften und der Persönlichkeitsmerkmale hängt zwar maßgeblich von der Unternehmenskultur sowie den untergeordneten Mitarbeitern ab, jedoch existieren einige Anhaltspunkte, welche aus Studien abgeleitet werden können. Die folgende Abbildung zeigt hierbei das Ergebnis einer Studie auf, welche in einem Zeitraum von zwei Jahren 2.600 Führungskräfte in den Vereinigten Staaten von Amerika befragt hat, welches ihre wichtigsten Führungseigenschaften sind.45 Betrachtet man die vier erst genannten Werte, so ist Ehrlichkeit mit großem Abstand am wichtigsten für die Befragten, was damit zusammenhängen kann, dass diese das Fundament für einen vertrauensvollen Umgang darstellt. Der danach folgende Aspekt handelt von der Kompetenz, während an dritter Stelle die Fähigkeit steht, vorausschauend zu denken und zu handeln.46 Die beiden Punkte sind wichtig für die Vertrauensbildung auf Mitarbeiterseite gegenüber ihres Vorgesetzten. Der vierte Aspekt beschreibt die Fähigkeit, inspirierend auf andere zu wirken. Dies ist insbesondere dahingehend wichtig, dass Vorgesetzte oft eine Art Vorbildfunktion erfüllen, wodurch die Teammitglieder eher dazu gewillt sind, ihr Handeln entsprechend den Erwartungen der Führungskraft anzupassen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Die von Führungskräften als wichtigsten genannte Merkmale von Führungskräften47

Hinsichtlich dieser Thematik existieren nur wenige Studien, jedoch liefern auch diese ähnliche Ergebnisse, wobei die meisten Untersuchungen im amerikanischen Raum stattfanden.47 Die Persönlichkeitsmerkmale dienen als wichtige Grundlage für einige Aspekte eines erfolgreichen Führungsverhaltens, dessen Merkmale im Folgenden spezifisch erläutert werden. Der jährlich erscheinende, sogenannten Gallup Engagement Index ist die umfangreichste Studie im Deutschen Raum in Bezug auf die Arbeitsplatzqualität und genießt daher großes Ansehen.48 Um diesen Faktor beurteilen zu können, wird gemessen, wie hoch die emotionale Bindung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in dem jeweiligen Unternehmen ist, da diese wiederum Einfluss auf den Grad der Motivation und des Engagements ausübt und gleichzeitig Aufschluss darüber gibt, ob in dem Unternehmen erfolgreich geführt wird.49 Die Studie wird jährlich anhand von 1.000 Teilnehmern erstellt, welche zufällig ausgewählt und telefonisch interviewt werden. Die Ergebnisse aus dem Jahr 2019 zeigen den Handlungsbedarf hinsichtlich eines erfolgreichen Führungsstils deutlich auf, da beinahe sechs Millionen Beschäftigte bereits innerlich gekündigt haben und etwa 25,5 Millionen Arbeitnehmer nur eine geringe, emotionale Bindung zu ihrem Arbeitgeber aufweisen.50 Dass nahezu alle befragten Führungskräfte (97%) angaben, zu glauben, sie seien gut in dem, was sie tun, zeigt deutlich, dass Eigen- und Fremdwahrnehmung in diesem Zusammenhang deutlich voneinander abweichen.51 Aus den Ergebnissen der Studie, auch in Kombination mit anderen Quellen, lassen sich einige Empfehlungen darüber ableiten, welche Merkmale eine erfolgreiche und gute Führung ausmachen, wodurch schlussendlich eine höhere emotionale Bindung der Mitarbeiter zu dem jeweiligen Unternehmen erreicht werden kann.52

Die Herausforderung für Führungskräfte besteht darin, die geeignete Balance zwischen der Befriedigung der Interessen der Mitarbeiter, den wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens und den eigenen Interessen, beziehungsweise der eigenen Führungsphilosophie, zu finden.53 Das erste Merkmal, welches erfolgreiches Führen auszeichnet, umfasst die Fähigkeit einer Führungskraft, den untergeordneten Mitarbeitern auf Augenhöhe zu begegnen.54 Mitarbeiter wünschen sich von ihren Vorgesetzten, als Mensch mit Emotionen und Bedürfnissen wahrgenommen zu werden und nicht nur auf die Arbeitskraft, die erbracht wird, reduziert zu werden. Hierbei spielen auch das Interesse und die Anteilnahme an der Person selbst eine tragende Rolle, welche beispielsweise durch Fragen seitens der Führungskraft gezeigt werden kann, die sich um das Wohlbefinden oder persönliche Interessen des jeweiligen Mitarbeiters drehen.55 An dieser Stelle spielt die in Kapitel 2.1.1 erwähnte Führungsintelligenz eine signifikante, da es emotionale Intelligenz, sowie Empathie fordert, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, deren Bedürfnisse zu erkennen und dementsprechend zu handeln.56 Die Führungsintelligenz spielt auch für das zweite Merkmal, welches eng mit der ersten in Verbindung steht, eine signifikante Rolle. Dieses beschäftigt sich mit dem Erkennen und Fördern von Potenzialen der Mitarbeiter. In den vergangenen drei Monaten zum Zeitpunkt der Befragung führte nur etwa jeder fünfte Arbeitnehmer ein Gespräch mit seinem Vorgesetzten über seine positiven Eigenschaften und sein Potenziale.57 Insgesamt hat nur etwa ein Drittel der Befragten hat das Gefühl, dass der Vorgesetzte den Schwerpunkt auf die persönlichen Stärken des Mitarbeiters legt. Dies zeigt auf, dass der Fokus in Gesprächen über die Arbeit zumeist auf den Schwachstellen des jeweiligen Mitarbeiters beruht, was weder zu hoher Motivation, noch zu einer emotionalen Bindung zu dem Arbeitgeber führt.58 Um zu einem höheren fachlichen und methodischen Wissen beizutragen und somit schlussendlich auch die wirtschaftlichen Interessens des Unternehmens zu befriedigen, ist es von großer Bedeutung, dass die Führungskraft Impulse zur Weiterbildung der Mitarbeiter gibt. Dies betrifft besonders den digitalen Bereich, da kompetente Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Technologien zukünftig von immer höherer Bedeutung sein werden.59

Ein weiteres Merkmal erfolgreicher Führung beschäftigt sich mit dem Führungsstil selbst, welcher demokratisch geprägt sein sollte. Eine erfolgreiche Führungskraft fungiert als eine Art Coach, die bei Fragen oder Problemen konsultiert werden kann, den Mitarbeitern aber ansonsten Freiheiten, gegebenenfalls innerhalb eines vorher festgelegten Rahmens, überlässt.60 Mischt sich ein Vorgesetzter ständig ungefragt in die Arbeit ein, sorgt er dafür, dass Mitarbeiter sich kontrolliert fühlen und vermittelt das Gefühl, dass er ihnen nicht vertraut. Dies führt auf Seiten der Mitarbeiter zu einem Verlust der Motivation.61 Ein demokratisch geprägter Führungsstil führt auf lange Sicht gesehen zu einer gesteigerten Arbeitsleistung seitens der Mitarbeiter und trägt zu einem positiv geprägten Betriebsklima bei, was das nächste wichtige Merkmal erfolgreicher Führung darstellt.62 Dieses kann die Führungskraft bei erfolgreichem Führen maßgeblich beeinflussen. Für eine hohe emotionale Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen sind Faktoren wie das Gehalt oder Sozialleistungen von weniger hoher Bedeutung als das Klima, in welchem sie ihre Arbeit ausführen. Entscheidende Faktoren, welche eine Führungskraft beeinflussen können, sind hierbei die zwischenmenschlichen Beziehungen zu Kollegen, die Sinnhaftigkeit der Arbeit oder auch, dass die auszurichtende Arbeit abwechslungsreich und herausfordernd ist.63 Ein weiteres Merkmal erfolgreicher Führung ist der kontinuierliche Austausch von Mitarbeitern und Vorgesetzten. Die emotionale Bindung von Arbeitnehmern an das Unternehmen wird durch regelmäßige Mitarbeitergespräche positiv beeinflusst.64 Die Qualität dieser Gespräche wird von den bereits genannten Merkmalen, wie etwa der Begegnung auf Augenhöhe, der Wahrnehmung des Menschen selbst und dem Erkennen und Fördern von Stärken und Potenzialen maßgeblich beeinflusst. Darüber hinaus gelingt es erfolgreichen Führungskräften in Mitarbeitergesprächen den Blick auf die Zukunft und der Weiterentwicklung des Mitarbeiters zu richten, indem Erfolge, Erwartungen und Hürden Mittelpunkte des Gespräches darstellen.65

Ein weiteres Merkmal erfolgreicher Führung besteht in dem Umgang mit Krisen und Fehlern. Die Fehlerkultur in Deutschland weist ein deutliches Verbesserungspotenzial auf, da nur jeder vierte Befragte der Gallup Studie angab, sich in einem Arbeitsumfeld zu befinden, in welchem es möglich ist, dass das Begehen von Fehlern und damit auch das Ausprobieren selbst nicht als negativ wahrgenommen wird.66 Scheitern sollte im Berufsalltag dazugehören und kann als Anstoß für Verbesserungen oder Lerneffekte gesehen werden. In diesem Zusammenhang spielt auch die Glaubwürdigkeit einer Führungskraft eine große Rolle, da sich diese im Idealfall an das hält, was mit den untergeordneten Mitarbeitern besprochen wurde, auch im Hinblick auf die Fehlerkultur.67 Betrachtet man die Merkmale erfolgreicher Führung genauer, so wird deutlich, dass diese größtenteils auf die Sozial- sowie Selbstkompetenzen einer Führungskraft zurückzuführen sind, wodurch davon auszugehen ist, dass diese Kompetenzen die Schlüsselmerkmale erfolgreicher Führung darstellen.

2.2.3 Bedeutung erfolgreicher Führung

Eine gelungene und zielgerichtete Führung, welche sich durch eine hohe emotionale Bindung der Mitarbeiter zu ihrem Unternehmen auszeichnet, ist in vielerlei Hinsicht von großer Bedeutung. Studien zeigen auf, dass etwa 70% der Faktoren, welche zu einer Unzufriedenheit seitens der Arbeitnehmer führen, auf den jeweiligen Vorgesetzten zurückzuführen sind. Diese Differenzen mit der Führungsperson führen dazu, dass bereits jeder zweite Arbeitnehmer einen Job deswegen gekündigt hat.68 Insofern lässt sich darauf schließen, dass eine erfolgreiche Führungskraft zu einer verminderten Fluktuationsrate beiträgt. Der direkte Vorgesetzte spielt somit eine entscheidende Schlüsselfigur bei der Frage, wie zufrieden Mitarbeiter eines Unternehmens sind und infolgedessen auch, wie hoch die emotionale Bindung zu dem Arbeitgeber ist, da er durch seinen Führungsstil maßgeblich die Merkmale erfolgreicher Führung, welche im vorherigen Kapitel aufgeführt wurden, bestimmt und steuert. Somit trägt die Führungsperson nicht nur gegenüber Mitarbeitern eine hohe Verantwortung, sondern auch angesichts des Unternehmens selbst, da sie durch ihr Verhalten den Unternehmenserfolg maßgeblich mit beeinflusst.69

Eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit sorgt neben der Abnahme der Fluktuationsrate und der Fehlzeiten zu einer Steigerung des Qualitätsbewusstsein und des Unternehmensimages. Letzteres hängt damit zusammen, dass glückliche und zufriedene Mitarbeiter ihr Unternehmen weiterempfehlen und in positiver Weise darüber sprechen, weshalb unzufriedene Mitarbeiter wiederum für ein negativeres Außenbild des Unternehmens sorgen können.70 Darüber hinaus sind zufriedene Mitarbeiter motivierter, erbringen infolgedessen ein höheres Maß an Leistung und bleiben häufiger über einen längeren Zeitraum Teil des Unternehmens. Neben einer erhöhten Fluktuationsrate führt ein schlechter Führungsstil auch zu einer Zunahme der Fehlzeiten aufgrund von Krankheit.71 Hieraus lässt sich schließen, dass eine erfolgreiche Führung zu einem geringeren Ausmaß an Ausfallzeiten führt. Seit Jahren steigt die Zahl der psychischen Erkrankungen massiv an, was dazu führte, dass seit 1980 der Anteil der psychischen Erkrankungen unter den Fehlzeiten von zwei auf elf Prozent angestiegen ist.72 Jeder dritte Arbeitnehmer erleidet während seines Berufslebens eine psychische Erkrankung wie beispielsweise Depressionen oder Angstzustände und für jeden zweiten Arbeitnehmer, der frühzeitig in Rente geht, sind dies die Gründe für diesen Schritt. Die Ursache für diese Erkrankungen liegt nicht alleine bei den Führungskräften, jedoch besteht laut dem Arbeitsministerium in Berlin ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Führungsstil und der Mitarbeitergesundheit.73 Diese Erkenntnis überschneidet sich mit den Ergebnissen des Gallup Engagement aus dem vorherigen Kapitel.

2.3 New Work

2.3.1 Definition

„New Work“ bedeutet auf Deutsch „Neue Welt der Arbeit“ und umfasst grundlegende, strukturelle Veränderungen und Innovationen der Arbeitswelt, die aufgrund momentaner Weiterentwicklungen entstehen. Hierzu zählen beispielsweise die Digitalisierung oder gesellschaftliche Veränderungen, welche vorangetrieben werden oder entstehen.74 Der Begründer dieses Begriffes ist der Sozialphilosoph Frithjof Bergmann. „Der Vordenker beschäftigte sich schon vor über zwanzig Jahren intensiv mit der Beziehung zwischen Mensch und Arbeit und entwickelte ein alternatives Modell zur Lohnarbeit im kapitalistischen Wirtschaftssystem“.75 Dieses Modell führte im Verlauf zu einer Bewegung mit dem Namen „Neue Arbeit“. Entgegengesetzt Bergmann’s damaligem Modell, welches klar definiert war, wird der Begriff New Work heute im allgemeinen Kontext der grundlegenden und nachhaltigen Veränderungen der Arbeitswelt verwendet.76 Hierdurch resultieren wiederum neue Anforderungen an Führungskräfte und deren Mitarbeiter, welche für ein erfolgreiches Handeln klar definiert sein sollten. Das Ziel, welches New Work verfolgt, ist eine tiefgreifende Veränderung im Verständnis von Arbeit und deren Ausgestaltung in der Praxis.77

2.3.2 Remote Leaderhip

Der Begriff Remote Leadership bedeutet sinngemäß „Führen aus der Ferne“ und ist ein Bestandteil des Konzeptes New Work. Das Prinzip dahinter entstand im Zuge der immer stärker zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt. Deren stetig steigende Relevanz hat verschiedene Einflüsse auf die einzelnen Abläufe innerhalb eines Unternehmens. Konkret bedeutet Remote Leadership, dass die Kommunikation zwischen Mitarbeitern und ihren Vorgesetzten über digitale Plattformen, wie beispielsweise Microsoft Teams oder Zoom stattfindet und es Aufgabe der Führungskraft ist, Teams online zu führen. Aufgrund dieser technischen Hürde handelt es sich um ein tendenziell neuartigeres Phänomen, für welches mehrere Begrifflichkeiten existieren, wie beispielsweise auch „Digital Leadership“. In dieser Arbeit wird jedoch ausschließlich die Bezeichnung „Remote Leadership“ verwendet. Das Führen aus Distanz wird unter verschiedensten Bedingungen eingesetzt und kann beispielsweise für die Verwendung von Home Office, für die Arbeit auf Reisen oder auch für Meetings über verschiedenste Distanzen eingesetzt werden. Aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie hat die Bundesregierung verordnet, dass alle Betriebe, bei denen die Arbeit von zuhause aus verrichtet werden kann, Home Office anordnen sollen, um die Kontakte auf dem Weg zur Arbeit und vor Ort im Büro auf ein Minimum zu beschränken.78 Aus diesem Grund und der Tatsache heraus, dass einige Unternehmen angesichts des Infektionsrisikos freiwillig auf den zu engen Kontakt unter den Mitarbeitern oder auch auf Kontakte zu externen Menschen im Rahmen von Geschäftsreisen verzichten möchten, hat die Nutzung des Home Offices seit Beginn der Pandemie stark zugenommen.

2.3.3 Remote Leadership in der Praxis

Wie bereits erläutert, hat die Bedeutung des Remote Leadership während der Pandemie stark zugenommen. Etwas mehr als die Hälfte der Unternehmen geht davon aus, dass das Arbeiten im eigenen Heim zunehmen wird, weswegen erfolgreiche Führung auf Distanz ein zentrales Thema der Arbeitswelt während und nach Corona sein wird.79 Herausforderungen für Unternehmen und Führungskräfte ergeben sich dadurch, dass Home Office in Deutschland vor der Pandemie oftmals eine Ausnahmeregelung darstellte und deutlich seltener in Gebrauch war, als dies zum jetzigen Zeitpunkt der Fall ist. Doch auch während der Corona Krise gibt es einige Unternehmen, die sich beharrlich gegen Home Office wehren und trotz Abstands- und Hygieneregeln an der Präsenz ihrer Mitarbeiter festhalten. Eines dieser Beispiele hierfür ist das des Edeka Konzerns, da den Mitarbeitern hier bereits vor Corona lediglich nur ein Home Office Tag in der Woche zur Verfügung stand und dieser sieben Tage zuvor angemeldet werden musste.80 Der Konzern zählt auch während der Pandemie zu den Unternehmen, die, zumindest teilweise, Präsenz von ihren Mitarbeitern erwarten. In der Zentrale am New-York-Ring in Hamburg wurde ein Schichtmodell eingeführt, wodurch sichergestellt wird, dass ständig ein Teil der Belegschaft im Büro anwesend ist.81

Neben mehr Sicherheit bezüglich der Ansteckungsgefahr durch das Corona Virus, bietet das Arbeiten von zuhause laut Studie der Hans Böckler Stiftung aus dem Jahr 2020 noch weitere Vorteile, die Arbeitnehmer in der Nutzung des Home Office sehen.82 Mehr als dreiviertel der Befragten (77%) sind der Meinung, dass sich Beruf und Familie leichter vereinbaren lassen. Darüber hinaus sind 60% der Befragten der Meinung, dass die Arbeit zuhause effektiver organisiert werden könne, als vor Ort im Unternehmen.83 Das Verweigern des Home Office, wie es beispielsweise beim Edeka Konzern der Fall ist, löst bei vielen Mitarbeitern großen Ärger und Unverständnis aus. Dies hängt primär damit zusammen, dass diese das Gefühl haben, dass die Kontrollabsicht über dem Schutz ihrer Gesundheit steht. In Kapitel 2.2.2 wurden Merkmale erfolgreicher Führung aufgezeigt und deutlich, wie wichtig es im Zuge dieser ist, dass Arbeitnehmer sich nicht kontrolliert fühlen.84 Die Angst des Kontrollverlustes auf Seite der Führungskräfte hängt häufig damit zusammen, dass hinsichtlich der Arbeitsleistung ausschließlich auf die Arbeitszeit geachtet wird. Zeitgemäßer und moderner wäre es, die Zielorientierung beim Bearbeiten von Aufgaben in den Vordergrund zu rücken. Entgegen dem Glauben vieler Führungskräfte, dass Mitarbeiter ohne Führung keine angemessene Leistung erbringen können, zeigt sich vermehrt, dass gerade der Vorgesetzte häufig der Grund ist, wieso Leistungsfähigkeit und Kommunikation bei den Mitarbeitern verhindert werden.85 Die Studie der Hans Böckler Stiftung nennt vornehmlich drei Gründe, wieso seitens der Arbeitgeber das Home Office nicht erlaubt worden war. Der wohl prägnanteste Grund hierbei ist, dass die Führungskraft den Mitarbeitern mitteilte, dass Home Office für die Art der Arbeit unangemessen sei. An zweiter Stelle findet sich das bereits genannte Argument wider, dass Vorgesetzte Anwesenheit, vornehmlich aus Kontrollzwecken, erwarten und das dritt häufigste Argument bezieht sich auf die mangelnde technische Umsetzbarkeit des Home Office.86

Jedoch hat die momentane Krise auch bei Führungskräften, die das Home Office bislang eher ablehnten, laut Umfrage des Fraunhofer Instituts dafür gesorgt, dass beinahe die Hälfte (47%) von ihnen aufgrund positiver Erfahrungen ihre Abneigung gegen das Arbeiten von Zuhause abgebaut haben. Knapp jede zehnte Führungskraft (12%) hält jedoch hartnäckig an der ablehnenden Haltung fest.87 Eine Studie des amerikanischen Technologieunternehmens „Servicenow“ zeigt auf, dass beinahe die Hälfte der 900 befragten Führungskräfte (45%) nach Ende der Pandemie wieder zurück zu alten Strukturen wollen.88 Allerdings zeigte eine Studie des „IFO Instituts“ aus München mit 800 befragten Personalleitern auf, dass beinahe dreiviertel (73%) der Unternehmen, welche Home Office während der Krise nutzten, dies auch in Zukunft als festen Bestandteil integrieren. Weit mehr als die Hälfte der Unternehmen möchte zukünftige Besprechungen vermehrt online abhalten (64%) und Dienstreisen auf Dauer einschränken.89

In Deutschland musste während der Krise etwa jeder fünfte Arbeitnehmer, dessen Tätigkeit auch im Home Office erledigt werden könnte, trotzdem präsent im Büro erscheinen. Dies resultiert oftmals aus dem Festhalten an bestehenden, alten Strukturen und fehlendem Vertrauen seitens der Führungskräfte. Die Arbeitnehmer hingegen sind, wie bereits erwähnt, häufig sehr unzufrieden mit der Situation und fühlen sich von ihren Vorgesetzten kontrolliert.90 Das Meinungsforschungsinstitut „Civey“ hat im Auftrag des „Bundesministeriums für Bildung und Forschung“ eine repräsentative Studie durchgeführt, welche sich intensiv mit dem Thema Home Office beschäftigt und erste Anhaltspunkte liefert, inwieweit sich die Zunahme des Home Offices auf das Agieren der Mitarbeiter untereinander sowie deren mentalen Zustand auswirken könnte.91 Mehr als die Hälfte der Befragten (52,1%) fürchten eine negative Auswirkung des Home Offices auf die psychische Gesundheit, da die Abgrenzung zum Privatleben schwerer fällt und Betroffene Gefahr laufen, sich zu überlasten.92 Etwas mehr als ein Drittel (37,3%) der Befragten glaubt, dass Remote Leadership mehr Führung seitens der Vorgesetzten erfordert. 43% der Probanden sind außerdem der Meinung, dass Hierarchien durch das Führen aus der Ferne nicht flacher werden. Beinahe genauso viele Menschen (42,4%) gehen davon aus, dass durch die vermehrte Nutzung des Home Office der Zusammenhalt unter den Mitarbeitern aufgrund des fehlenden persönlichen Kontaktes zurückgehen wird.93 Allerdings glauben 40,7% daran, dass durch das vernetzte Arbeiten eine effektivere Kommunikation stattfinden wird. Positiv zu bewerten ist auch, dass mehr als die Hälfte der Befragten (60,2%) überzeugt ist, dass der Wissens- und Erfahrungsaustausch durch die Digitalisierung erleichtert wird.

Ein besonderes Augenmerk ist in Bezug auf das Home Office allerdings auf die ältere Generation zu legen, da mehr als die Hälfte (57,6%) der Probanden der Meinung ist, diese könne durch das Arbeiten von zuhause den Anschluss verlieren.94 Durch die sich plötzlich ändernden Rahmenbedingungen haben sich auch die Anforderungen an Vorgesetzte und deren Art zu führen abrupt verändert.

Im Rahmen der Arbeitsgruppe „Soziale Prozesse“ haben Forscher am „Leibniz-Institut für Wissensmedien“ in Tübingen herausgefunden, inwiefern sich die Verhaltensweisen der Führungskräfte ändern oder auch anpassen, sobald sie aus der Ferne mit ihren Mitarbeitern kommunizieren und diese delegieren.95 Erste Anhaltspunkte deuten darauf hin, dass die räumliche Distanz automatisch auch Einfluss auf die subjektive Wahrnehmung von Entfernungen ausübt. Das bedeutet, dass durch das Fehlen von räumlicher Nähe zwischen Vorgesetzten und deren Mitarbeitern das Verantwortungsgefühl der Führungskräfte niedriger ausfällt. Dies ist gravierend, da das Verantwortungsbewusstsein ein entscheidender Faktor im Führen von anderen Menschen ist und daher eine grundlegende Eigenschaft für Personen in solchen Positionen darstellt.96 Das Verantwortungsbewusstsein der Führungsperson hängt maßgeblich von ihrer Identifikation mit ihrem Team, sowie der Fokussierung auf die Bedürfnisse anderer hinsichtlich der Entscheidungsfindung ab. Diese beiden Parameter können sich unter der räumlichen Distanz mindern, wie Tests belegten, welche aufzeigten, dass das Verantwortungsgefühl besonders hoch war, wenn die Führungskraft ihre Rolle persönlich und nicht auf digitale Weise einnahm.97 Die Wissenschaftler verweisen an dieser Stelle jedoch auf die Tatsache, dass unklar ist, ob sich der Mangel an Verantwortungsbewusstsein mit der Zeit verbessern würde, da Vorgesetzte bislang kaum, oder teilweise auch keinerlei Erfahrungen im virtuellen Führen sammeln konnten.98

[...]


1 Vgl. Nink (2019), o. S.

2 Vgl. IFO Institut (2020), o. S.

3 Vgl. PresseBox (2020), o. S.

4 Vgl. Pander (2021), o. S.

5 Vgl. Benoy (2020), o. S.

6 Vgl. Haufe (2020), o. S.

7 Kühmayer (2020), o. S.

8 Vgl. Pander (2021), o. S.

9 Vgl. Pander (2021), o. S.

10 Friedemann / Blickle / Schaper (2019), S. 96

11 Vgl. Kanning (2007), S. 14

12 Vgl. Kanning (2007), S. 14

13 Vgl. Kanning (2007), S. 14

14 Vgl. Lenz / Ellebracht / Osterhold (1998), S. 14

15 Vgl. Jörg / Lippman / Pfister (2019), S. VII

16 Vgl. Jörg / Lippman / Pfister (2019), S. VII

17 Hintz (2018), S. 13

18 Vgl. Jörg / Lippmann / Pfister (2019), S. VII

19 Vgl. Jörg / Lippmann / Pfister (2019), S. VII

20 Vgl. Süddeutsche (2010), o. S.

21 Vgl. Amberg (2016), S. 12

22 Vgl. Hintz (2018), S. 14-15

23 Vgl. Amberg (2016), S. 7-8

24 Vgl. Hintz (2018), S. 14

25 Vgl. Hintz (2018), S. 14

26 Vgl. Kanning (2007), S. 15

27 Vgl. Süddeutsche (2010), o. S.

28 Vgl. Hintz (2018), S. 14

29 Vgl. Hintz (2018), S. 14

30 Hintz (2018), S.13

31 Vgl. Lippmann / Steiger (2013), S. 240

32 Vgl. Hintz (2018), S. 13 f.

33 Vgl. Baumgarten (1977), S. 25

34 Vgl. Hütter (o. D.), S. 13

35 Vgl. Hütter (o. D.), S. 13

36 Vgl. Hütter (o. D.), S. 13

37 Vgl. Hütter (o. D.), S. 13

38 Vgl. Hütter (o. D.), S. 13

39 Vgl. Hütter (o. D.), S. 13

40 Vgl. Hütter (o. D.), S. 13

41 Vgl. Hütter (o. D.), S. 13

42 Vgl. Hütter (o. D.), S. 13

43 Vgl. Huber (2005), S. 2

44 Vgl. Schieffer (1998), S. 106

45 Vgl. Schieffer (1998), S. 106

46 Vgl. Schieffer (1998), S. 106

47 Vgl. Schieffer (1998), S. 106

48 Vgl. Gallup (2019), o. S.

49 Vgl. Gallup (2019), o. S.

50 Vgl. Nink (2019), o. S.

51 Vgl. Nink (2019), o. S.

52 Vgl. Nink (2019), o. S.

53 Vgl. Laufer (2005), S. 26

54 Vgl. Nink (2019), o. S.

55 Vgl. Nink (2019), o. S.

56 Vgl. Jörg / Lippmann / Pfister (2019), S. VII

57 Vgl. Nink (2019), o. S.

58 Vgl. Nink (2019), o. S.

59 Vgl. Nink (2019), o. S.

60 Vgl. Nink (2019), o. S.

61 Vgl. Nink (2019), o. S.

62 Vgl. Laufer (2005), S. 102

63 Vgl. Nink (2019), o. S.

64 Vgl. Nink (2019), o. S.

65 Vgl. Nink (2019), o. S.

66 Vgl. Nink (2019), o. S.

67 Vgl. Nink (2019), o. S.

68 Vgl. T3N (2019), o. S.

69 Vgl. Nink (2019), o. S.

70 Vgl. Nink (2019), o. S.

71 Vgl. Nink (2019), o. S.

72 Vgl. Werdin (2019), o. S.

73 Vgl. Werdin (2019), o. S.

74 Vgl. Attmer et.al (2017), S. 2-3

75 Attmer et.al (2017), S. 3

76 Vgl. Attmer et.al (2017), S. 3

77 Vgl. Attmer et.al (2017), S. 3

78 Vgl. Bundesregierung (2021), o. S.

79 Vgl. Saarbrücker Zeitung (2020), o. S.

80 Vgl. Frohn / Obmann (2020), o. S.

81 Vgl. Frohn / Obmann (2020), o. S.

82 Vgl. Hans Böckler Stiftung (2021), o. S.

83 Vgl. Hans Böckler Stiftung (2021), o. S.

84 Vgl. Nink (2019), o. S.

85 Vgl. Wintermann (2020), o. S.

86 Vgl. Hans Böckler Stiftung (2021), o. S.

87 Vgl. Frohn / Obmann (2020), o. S.

88 Vgl. Frohn / Obmann (2020), o. S.

89 Vgl. Lpb-bw (2021), o. S.

90 Vgl. Frohn / Obmann (2020), o. S.

91 Vgl. Haufe (2020), o. S.

92 Vgl. Haufe (2020), o. S.

93 Vgl. Haufe (2020), o. S.

94 Vgl. Haufe (2020), o. S.

95 Vgl. Amerland (2020), o. S.

96 Vgl. Amerland (2020), o. S.

97 Vgl. Amerland (2020), o. S.

98 Vgl. Amerland (2020), o. S.

Ende der Leseprobe aus 106 Seiten

Details

Titel
Kompetenzen heutiger Führungskräfte in Zeiten der Corona-Krise und der Zunahme des Remote-Leadership-Modells
Hochschule
Hochschule Heilbronn, ehem. Fachhochschule Heilbronn
Note
1,3
Jahr
2021
Seiten
106
Katalognummer
V1041581
ISBN (eBook)
9783346462640
ISBN (Buch)
9783346462657
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kompetenzen, führungskräfte, zeiten, corona-krise, zunahme, remote-leadership-modells
Arbeit zitieren
Anonym, 2021, Kompetenzen heutiger Führungskräfte in Zeiten der Corona-Krise und der Zunahme des Remote-Leadership-Modells, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1041581

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