Diese Ausarbeitung legt ihren Schwerpunkt auf die Untersuchung der Darstellung des literarischen Familienvaters, genauer: ob diese Rolle auf einem alteingesessenen, durch gesellschaftlich-soziologische Voreinstellungen beruhenden System aufbaut und dieses vervollständigt bzw. fortführt oder ob jenem System eine Entsagung ausgesprochen und der Versuch, einen emanzipatorischen Entwurf eines literarischen Vaters zu gestalten, unternommen wird.
Man kann an dieser Stelle aus einem bestimmten Grund nur von einem Versuch sprechen: Die feministische Literaturwissenschaft sowie auch die literarischen Gender Studies sind erst im späten 20. Jh. im Diskurs aufgenommen wurden. Außerwissenschaftliche feministische Tendenzen gab es zwar schon 100 Jahre zuvor, jedoch wurden diesen keine Plattform geboten, wie es 1970/1980 möglich war. Die zu besprechenden Werke sind jedoch entweder vor den ersten öffentlichen Feminismus-Ansätzen, also vor ca. 1870, oder während dieses Aufkommens geschrieben worden. Somit war die Gesellschaft noch keine transparente, wie sie heute oder auch schon zu Teilen 1970 es war – vor allem nicht gegenüber Denkweisen, die eine patriarchalische Struktur in Frage stellen würden.
Als repräsentatives Werk für die Empfindsamkeit wird Miß Sara Sampson von G. E. Lessing, als repräsentatives Werk für den Naturalismus wird Holz’ und Schlafs "Die Familie Selicke" unter folgenden Aspekten analysiert: die Inszenierung des Familienvaters vor dem Hintergrund historisch-familialer & epochal-literarischer Aspekte und ein numerischer Vergleich: Dominanz oder Subordination der Vater-Figur im Vergleich zur Mutter-Figur mit der Frage "Wer stirbt?" und der Frage nach der poetischen Gerechtigkeit.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Vaterrolle in der Literatur – ein zeitgeschichtlicher Überblick von der Empfindsamkeit bis zum Expressionismus
- Die Inszenierung des Familienvaters vor dem Hintergrund historisch-familialer & epochal-literarischer Aspekte
- Miß Sara Sampson: Sir William Sampson - der empfindsame, aufgeklärte Vater?
- Die Familie Selicke: Eduard Selicke - der naturalistische Tyrann als Gegenstück zur Empfindsamkeit?
- Ein numerischer Vergleich – Dominanz oder Subordination der Vater-Figur im Vergleich zur Mutter-Figur –, die Frage Wer stirbt? und die Frage nach der poetischen Gerechtigkeit
- G. E. Lessing: Miß Sara Sampson
- Arno Holz und Johannes Schlaf: Die Familie Selicke
- Zusammenführung der Ergebnisse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Ausarbeitung befasst sich mit der Darstellung des Familienvaters im bürgerlichen Drama der Neuzeit, insbesondere in G. E. Lessings „Miß Sara Sampson“ und Arno Holz' & Johannes Schlafs „Die Familie Selicke“. Ziel ist es, zu untersuchen, ob die Rolle des Vaters auf einem traditionellen, patriarchalischen System basiert, oder ob es Versuche gibt, eine emanzipatorische Vaterfigur zu gestalten.
- Die Inszenierung des Familienvaters vor dem Hintergrund historisch-familialer und epochal-literarischer Aspekte
- Vergleich der Vater-Figur mit der Mutter-Figur hinsichtlich Dominanz und Subordination
- Analyse der Frage „Wer stirbt?“ im Kontext der poetischen Gerechtigkeit
- Die Entwicklung der Vaterrolle in der Literatur von der Empfindsamkeit bis zum Naturalismus
- Der Einfluss gesellschaftlicher Veränderungen auf die Darstellung des Familienvaters in der Literatur
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt die Forschungsfrage nach der Darstellung des Familienvaters im bürgerlichen Drama der Neuzeit und erläutert den Fokus der Arbeit auf die Werke von Lessing und Holz/Schlaf. Sie betont die Bedeutung der Gender Studies und feministischen Literaturwissenschaft für die Analyse der Vaterrolle.
Die Vaterrolle in der Literatur – ein zeitgeschichtlicher Überblick von der Empfindsamkeit bis zum Expressionismus
Dieses Kapitel bietet einen Überblick über die literarische Darstellung von Vaterfiguren in verschiedenen Epochen, beginnend mit der Empfindsamkeit bis zum Expressionismus. Es beleuchtet anhand von Beispielen die wichtigsten Merkmale und Entwicklungen der Vaterrolle.
Die Inszenierung des Familienvaters vor dem Hintergrund historisch-familialer & epochal-literarischer Aspekte
Miß Sara Sampson: Sir William Sampson - der empfindsame, aufgeklärte Vater?
Dieser Abschnitt analysiert die Vaterfigur Sir William Sampson in Lessings „Miß Sara Sampson“ im Kontext der Empfindsamkeit. Er untersucht, ob Sampson tatsächlich ein aufgeklärter und empfindsam handelnder Vater ist oder ob seine Handlungen durch Egoismus und Selbstinteresse motiviert sind.
Die Familie Selicke: Eduard Selicke - der naturalistische Tyrann als Gegenstück zur Empfindsamkeit?
Dieser Abschnitt befasst sich mit der Vaterfigur Eduard Selicke in Holz' und Schlafs „Die Familie Selicke“ im Kontext des Naturalismus. Er untersucht, ob Selicke als Gegenstück zu den empfindsamkeitsorientierten Vätern der früheren Epoche dargestellt wird und wie seine Rolle im naturalistischen Kontext zu interpretieren ist.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Themen wie der Darstellung des Familienvaters in der Literatur, der Rolle des Patriarchats, der Entwicklung der Vaterrolle in verschiedenen Epochen, der Bedeutung von Gender Studies und feministischer Literaturwissenschaft sowie dem Einfluss gesellschaftlicher Veränderungen auf literarische Konzepte. Wichtige Begriffe sind: Vaterfigur, Patriarchat, Empfindsamkeit, Naturalismus, Gender Studies, feministische Literaturwissenschaft, „Miß Sara Sampson“, „Die Familie Selicke“.
- Quote paper
- Travis Puhl (Author), 2021, Der Familienvater im bürgerlichen Drama der Neuzeit. Aktive Emanzipation vom Patriarchat oder subversive Rückentwicklung zum pater familias?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1041594