Lithiumabbau im Lithiumdreieck in Lateinamerika. Perspektiven aus Chile, Argentinien und Bolivien


Hausarbeit, 2020

14 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhalt

1. Einleitung

2. Lithiumvorkommen und -abbau

3. Chilenisches Lithium

4. Argentinisches Lithium

5. Bolivianisches Lithium
5.1. Die Plane Boliviens
5.2. Das deutsch-bolivianische Joint Venture

6. Sozialokologische Perspektiven

7. Fazit

Literatur

1. Einleitung

Lithium ist einer der Rohstoffe, nach dem die Nachfrage in der kommenden Zeit aufgrund technologischer Innovationen und Weiterentwicklungen wahrscheinlich stark steigen wird. Das Leichtmetall ist unter anderem ein wichtiger Bestandteil wiederaufladbarer Lithium- Ionen-Batterien. Damit spielt das „WeiBe Gold“ eine Schlusselrolle in den Bereichen der Speicherung von erneuerbaren Energieformen, den Akkus alltaglicher elektronischer Gerate und zukunftig vor allem auch der E-Mobilitat. Steigt die Nachfrage nach Elektroautos steigt also auch die Nachfrage nach Lithium. Werden die Plane von Bundesregierung und Automobilkonzernen wie VW bezuglich einer E-Offensive in den kommenden Jahren und Jahrzehnten also Realitat, braucht es viel Lithium.1

Da dieses Lithium zu groBen Teilen aus dem sogenannten Lithiumdreieck zwischen Argentinien, Chile und Bolivien stammt, lohnt es sich einen Blick auf diese Region und den dortigen Rohstoffabbau zu werfen und dabei zu beleuchten, welche Rolle diese Lander in der Energiewende Deutschlands und des Globalen Nordens spielen. Insbesondere ist hierbei Bolivien interessant, da bis Ende 2019 ein Joint Venture mit deutscher Beteiligung bestand und auch ein thuringisches Unternehmen dort tatig war. Dabei soll es um die historische Rollenverteilung zwischen Globalem Norden und Suden gehen und um die Fragen, welche Lehren Bolivien aus der Lithiumproduktion in Chile ziehen kann und wie insgesamt eine gerechtere Lithiumproduktion geschehen kann. Um sich diesen Fragen zu nahern wird zuerst die aktuelle Verteilung der Lithiumgewinnung und der dazu notige Prozess erlautert. Dann wird naher auf chilenischen und bolivianischen Lithiumbergbau eingegangen, um dann einige sozialokologische Perspektiven auf mogliche Entwicklungen des Lithiumabbaus in der Region und insbesondere Bolivien aufzuzeigen.

Bei der genutzten Literatur handelt es sich vor allem um Fallstudien uber Lithiumabbau im Lithiumdreieck insgesamt oder uber einzelne Lander und Artikel aus verschiedenen Magazinen und Zeitungen. Schwierig ist bei diesem Thema, dass sich die politische Lage in allen Landern des Lithiumdreiecks in jungster Vergangenheit verandert hat. In Chile kam es 2019 zu Protesten gegen die Regierung und aktuell soll eine neue Verfassung erarbeitet werden. In Argentinien wurde Mauricio Macri abgewahlt und Alberto Fernandez neuer Prasident. Damit bewegte sich die Politik des Landes nach links. In Bolivien trat Prasident Evo Morales nach Protesten Ende 2019 zuruck und an seine Stelle trat eine Ubergangsregierung unter Jeanine Anez. Aus diesem Grund war es nicht immer einfach, die aktuelle Lage der Rohstoffpolitik zu bestimmen.

2. Lithiumvorkommen und -abbau

Etwa 50% der weltweiten Lithiumproduktion stammen aus dem Landerdreieck Bolivien, Chile, Argentinien und etwa 70% der weltweiten Reserven an dem begehrten Rohstoff werden dort verortet. 2016 lieferte Chile etwa 37% des Leichtmetalls auf dem Markt, Argentinien etwa 14%, wahrend der Abbau in Bolivien noch ganz am Anfang steht und bisher nichts exportiert wird. Bei den Vorkommen im sogenannten Lithiumdreieck handelt es sich meist um lithiumhaltige Solen, die an der Oberflache von Salzseen in der der Atacamawuste, dem Salar de Uyuni und anderer Gebiete gefordert werden.2 Fur den Abbau dieser Form von Lithium wird in der Regel Salzwasser an die Oberflache gepumpt und wo es dann in groBen Becken verdunstet und die festen Inhaltsstoffe wie etwa das Lithium zuruck bleiben. Dies werden nun chemisch zu Lithiumkarbonat weiterverarbeitet, ein Prozess der viel SuBwasser verbraucht. Insgesamt ist der Lithiumabbau in den ohnehin schon trockenen Abbaugebieten ein sehr wasserintensiver Prozess.3 Die nachsten Schritte in der Lithiumverarbeitung sind die chemische Aufbereitung, die Einzelteilherstellung und dann die Produktion des Endprodukts, also vor allem von Batterien, welche bislang meist in Asien und den USA hergestellt werden.4

Historisch gesehen ist die Rolle Lateinamerikas in der Welt die des Rohstofflieferanten, der dann nicht weiter an der Verarbeitung der Rohstoffe und damit der eigentlichen Wertschopfung beteiligt war. Der Rohstoffabbau und -export hat in den letzten Jahren fur die lokale Wirtschaft einiger Lander noch an Bedeutung gewonnen, man spricht von Neo- Extraktivismus.5 Die vorrausichtlich steigende Nachfrage stellt fur die Lander des Lithiumdreiecks eine Chance auf eine langfristige Einnahmequelle dar. Insbesondere ist hier die zukunftige Entwicklung Boliviens im Fokus, da die Ressourcen des Landes bisher weites gehend unerschlossen sind und das Land eines der armsten in Lateinamerika ist.6

3. Chilenisches Lithium

Das chilenische Lithium, das vor allem in der Salar de Atacama zu finden ist, ist seit 1979 eine sogenannte strategische Ressource fur das Land und gehort zu 100% dem Staat. Regionale Behorden schlieBen fur die Abbaugebiete in ihren Zustandigkeitsbereichen Vertrage uber die Dauer und die Menge des Lithiumabbaus mit den jeweiligen Minengesellschaften ab.7 Die Exporteinnahmen in Chile durch Lithium steigen, von 2013 bis 2016 von 248 Mio. Dollar auf 525 Mio. Dollar. Die Abbaubedingungen in Chile gelten als besser als in Argentinien oder Bolivien, da die intensive Sonneneinstrahlung in der Atacamawuste eine effizientere Verdunstung erlaubt. Auch die Qualitat des Leichtmetalls ist hoch, sodass geringere Aufbereitungskosten entstehen.8

In Chile sind vor allem zwei Minengesellschaften aktiv, das chilenisch-kanadische Unternehmen SQM (Sociedad Quimica y Minera de Chile SA) und der US-amerikanische Konzern Albemarle. SQM gerat immer wieder in die Kritik aufgrund seines Verhaltens. Das zuvor staatliche Unternehmen wurde in den 1980er Jahren unter der Pinochet-Diktatur privatisiert und gehort seitdem Angehorigen Pinochets. Skandale rund um das Unternehmen beinhalten Vorwurfe wie Korruption, Steuerhinterziehung, Geldwasche, aber auch nicht Nichteinhaltung von Umwelt- und Wasserauflagen. Weitere Kritik bezieht sich auf den Umgang des Unternehmens mit Arbeiterrechten und der mutmaBlichen Unterdruckung von Gewerkschaften. Zudem wird dem Unternehmen vorgeworfen, die Vertreter der Gemeinden im Abbaugebiet weder zu seinen Planen konsultiert zu haben, noch am Gewinn beteiligt zu haben.9

Zwischen 2016 und 2018 wurden die Vertrage uber Lithiumabbau und Abgaben zwischen den Konzernen und dem chilenischen Staat aufgrund der wachsenden Bedeutung des Leichtmetalls neu verhandelt. Je nach Preis des Lithiums am Weltmarkt stehen dem Staat bis zu 40% der Einnahmen zu und den lokalen Gemeinden ein vergleichsweiser kleiner Betrag von 1,7%. Dem Staat kommt damit eine starkere Rolle zu als bisher.10 Auch in der Zivilgesellschaft werden Forderungen laut nach einer starkeren Beteilung der Bevolkerung an den Gewinnen aus dem Bergbau. Die Bewegung „El litio para Chile“ fordert die Verstaatlichung des Lithiumabbaus und die Weiterverarbeitung im eigenen Land.11 Neben den Bestrebungen nach einer gerechteren Umverteilung der Gewinne in der Bevolkerung gibt es auch Vorhaben, die Rolle des Rohstofflieferanten zu uberwinden und auch die nachfolgende Industrie des Lithiumabbaus vor Ort anzusiedeln. Es ist bisher allerdings fraglich, ob dieses Vorhaben glucken wird. Nicht auBer Acht zu lassen ist die historisch sehr liberale Wirtschaftspolitik Chiles und der Umstand, dass sich die Lithiumproduktion schon seit den 1990ern in dem sudamerikanischen Land angesiedelt ist und das ohne die zugehorige Industrie.12 Dies konnte der potentiellen Weiterentwicklung des Wirtschaftszweiges im Wege stehen.

4. Argentinisches Lithium

Auch im Norden Argentiniens in den Provinzen Salta, Jujuy und Catamerca finden sich betrachtliche Mengen an Lithium und man ist bemuht wie der Nachbar Chile ein groBer Player auf dem Markt zu werden. Der Bergbau dort ist bisher von nicht besonders strengen Umweltauflagen und einer unternehmerfreundlicher Bergbaupolitik gepragt. Dies fuhrt zu einer „Goldgraberstimmung“13 bei transnationalen Konzernen, die sich bereits fruh die Konzessionen fur den Lithiumabbau gesichert haben. Ein Beispiel dafur ist das Joint Venture Sales de Jujuy, das aus dem australischen Unternehmen Orocobre (65%), der Toyota Tsusho Corporation (TCC) (25%) besteht und Jesme (8,5%) einem Unternehmen des Provinzstaates Jujuy. Wenn auch nur zu einem vergleichsweise kleinen Anteil, wurde der Provinzstaat 2011 Miteigentumer, nachdem Lithium zu einer strategischen Ressource erklart wurde. Die anderen Provinzen beschranken sich bisher lediglich auf die Erhebung von Bergbaugebuhren und die Verwaltung von Konzessionen.14 Daruber hinaus agieren noch weitere transnationale Konzerne in Argentinien, die ihren Hauptsitz in den USA, Kanada oder Frankreich haben.15 Die Provinzregierungen sind in Argentinien fur den Bergbau zustandig und daher treffen sie und nicht die nationale Regierung die wichtigsten Entscheidungen. Neben den laschen Gesetzen fur Bergbau gibt es auch keinerlei Regelungen daruber, wie viel Wasser, Lithium oder Sole die Unternehmen entnehmen durfen.

Auch in Argentinien gibt es Bestrebungen die Wertschopfung durch Weiterverarbeitung des Lithiums im eigenen Land anzusiedeln und Akkus hechos en argentina zu produzieren. Allerdings ist der Staat bisher mit seinen Bestrebungen kaum gegen die groBen Konzerne angekommen, die bereits uber etablierte Produktionsstandorte in anderen Teilen der Welt verfugen und in diese regelmaBig intensiv investieren.16

5. Bolivianisches Lithium

Die noch weites gehend unerschlossenen Lithiumvorkommen Boliviens liegen zum GroBteil in der Region Uyuni, rund um den Salzsee Salar de Uyuni in der Provinz PotosL Als problematisch konnte sich der im Vergleich zu anderen Abbaugebieten geringere Reinheitsgrad des Lithiums erweisen, der zu einem aufwendigeren und teureren Abbau fuhrt. Zudem ist der Salar de Uyuni, aus dem das Lithium stammt eine der beliebtesten Touristenregionen des Landes, weswegen die Vorhaben durchaus umstritten sind.17

5.1. Die Plane Boliviens

Auch das bolivianische Lithium ist vollstandig Eigentum des Staates. Evo Morales, der bis Ende 2019 President Boliviens war, versuchte die vorherrschende Dynamik zwischen Rohstoffproduzenten und weiterverarbeitenden Staaten zu wenden und sein Land starker als bisher an der Wertschopfung durch Rohstoffabbau zu beteiligen. Sein Vorhaben war dabei, den gesamten Prozess von Gewinnung des Lithiums bis zur Fertigung des tatsachlichen Akkus von Beginn an vor Ort anzusiedeln.18 Er stellte die Bedingungen fur seine Vision einer alternativen Wirtschaftspolitik auf: Die nationale Souveranitat uber die Rohstoffe musse erhalten bleiben, der Staat sollte Mehrheitseigner an Bergbauunternehmen und der verarbeitenden Industrie sein.19 So sollte die Armut im Land verringert werden und alte Abhangigkeitsverhaltnisse beendet werden. Man ist sich in Bolivien durchaus bewusst, dass in Chile Privatunternehmen vorherrschend sind und die Bevolkerung nur in geringem AusmaBe an den Gewinne beteiligt oder vor Bergbauprojekten konsultiert wird. Nicht mehr privaten Investoren aus dem Ausland sollten uber die Konditionen des Abbaus und der Weiterverarbeitung bestimmen, sondern der bolivianische Staat.20 Bolivien ist von einer langen Geschichte des Raubbaus seiner naturlichen Ressourcen gepragt, daher ist auch der Lithiumabbau ein sensibles Thema fur seine Anwohner. Dabei wird vor allem immer wieder auf den „Cerro Rico“ verwiesen, also der „reiche Berg“ aus dem die spanischen Kolonialherren im 16. Jahrhundert das Silber fur die Staatskasse in Madrid abbauten. In der Verfassung des Landes ist verankert, dass Anwohner in Projekte zum Abbau von Rohstoffen, die sie betreffen eingebunden werden mussen. Im Fall des Lithiumabbaus steht der Vorwurf im Raum, dass dies in Potos^ nicht ausreichend passiert sei.21 Bereits 2008 wurde eine Pilotanlage zur Lithiumgewinnung eingeweiht, damals allerdings ohne auslandische Beteiligung. Im Laufe dieser Testphase stellte sich heraus, dass die Etablierung des Lithiumbergbaus alleine nicht zu schaffen sein wird. Bolivien selber fehlt das technische Knowhow um den gesamten Prozess der Lithiumgewinnung und -verarbeitung alleine aufzubauen, daher ist das Land auf internationale Kooperationen angewiesen. So wurde die Strategie angepasst und ausländischen Unternehmen wurde es möglich, sich an der bolivianischen Industrie zu beteiligen.22

[...]


1 Vgl. Martin et al.: Lithium market research, S. 174-178.

2 Vgl. Deutsche Rohstoffagentur: Lithium.

3 Vgl. Boddenberg: Lithiumabbau; Franz: Faires Lithium.

4 Vgl. Sorge: Batteriefabriken.

5 Vgl. Gobel: Mineria de litio, S. 136.

6 Vgl. Feil, Ruttinger: Fallstudie Lithium, S. 26; BMZ: Bolivien.

7 Vgl. Jerez Henriquez: Extraccion de litio, S. 15.

8 Vgl. Bardt; Hubner: Vom Ol zum Lithium, S. 6-9.

9 Vgl. Leifker et al.: Das weiBe Gold, S. 19f.; Jerez Henriquez: Extraccion de litio, S. 16.

10 Vgl. Franz: Faires Lithium.

11 Vgl. Leifker et al.: Das weiBe Gold, S. 19.

12 Vgl.: Bardt; Hubner: Von Ol zum Lithium, S. 9f.

13 Leifker et al.: Das weiBe Gold, S. 21.

14 Vgl. Jerez Henriquez: Extraccion de litio, S. 17.

15 Vgl. Hutz-Adams; Reinwald: Lithiumabbau in Argentinien, S. 2.

16 Vgl. Anlauf: Lithiumabbau in Nordargentinien.

17 Vgl. Bardt; Hubner: Vom Ol zum Lithium, S. 7.

18 Vgl. Sterz: Bolivianische Industrie.

19 Vgl. Hubener: WeiBes Gold in Bolivien.

20 Vgl. Strobele-Gregor: Lithium in Bolivien, S. 12.

21 Vgl. Sterz: Bolivianische Industrie.

22 Vgl. Hübener: Weißes Gold in Bolivien.; Jerez Henríquez: Extracción de litio, S. 20.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Lithiumabbau im Lithiumdreieck in Lateinamerika. Perspektiven aus Chile, Argentinien und Bolivien
Hochschule
Universität Erfurt
Note
1,0
Autor
Jahr
2020
Seiten
14
Katalognummer
V1041910
ISBN (eBook)
9783346468376
ISBN (Buch)
9783346468383
Sprache
Deutsch
Schlagworte
lithiumabbau, lithiumdreieck, lateinamerika, perspektiven, chile, argentinien, bolivien
Arbeit zitieren
Hanna Trepte (Autor:in), 2020, Lithiumabbau im Lithiumdreieck in Lateinamerika. Perspektiven aus Chile, Argentinien und Bolivien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1041910

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