[...]Eine wichtige Informationsquelle der vorliegenden Arbeit lag, wie das angesichts unserer Tätigkeit in einem Bildungsprojekt nicht anders zu erwarten ist, in den Lehrgesprächen. Wie wird in dieser Weltgegend Wissen vermittelt, wie reagieren die Menschen in Lehrsituationen, auf welche Weise eignen sie sich Wissen an und über welches Wissen verfügen sie? Insbesondere über die letzten drei Punkte verfügen wir über Daten aus erster Hand, da ein großer Teil unserer Arbeit vor Ort in eben solchen Lehrgesprächen bestand, wobei wir in aller Regel die Position der Lehrenden innehatten. (Was uns nicht davon abhielt, in solchen Situationen auch immer wieder die Position des Schülers und/oder des teilnehmenden Beobachters einzunehmen.)Eine wichtige Rolle spielte auch die teilnehmende Beobachtung.Wobei mir sowohl die Eingebundenheit in das Projekt, als auch die fünfmonatige Präsenz im Projektgebiet nicht nur erlaubte, das Leben der Menschen zu beobachten, sondern auch, ganz im Sinne Malinowskis2, wirklich daran teilzuhaben. Dass mir genau dieser Aspekt andererseits jegliche „neutrale“ Beobachterposition unmöglich machte, sehe ich, wie bereits erwähnt, nicht als Mangel an, sondern im Gegenteil als Chance zum Erschließen eines weiteren Gegenstands meiner Forschung: mir s elbst nämlich, als Forscher, Projektleiter und vorübergehend einzigem anerkannten Vertreter der Dorfpresse. (s. a. Abschnitt „Akteure“) Ein viertes wichtiges Element meiner Arbeit, das in engem Zusammenhang steht mit den Lehrgesprächen, war die partizipative Methode. Der lluvia de ideas (span. = “Ideenregen“), das Brainstorming gehörte nicht nur zu den wichtigsten Methoden des von uns gestalteten Unterrichts, sondern war auch eine unerschöpfliche Informationsquelle für meine sozialanthropologische Arbeit. Eben jene mit offenen Vorgaben auf der Grundlage der Ideen der Teilnehmer entwickelten Konzepte waren bestens dazu geeignet, die Relevanzstruktur der Menschen, mit denen wir gearbeitet haben, zu ergründen. Hierzu zähle ich auch meine theaterpädagogische Arbeit, bei der ich mit Elementen von Improvisationstheater und Social Drama3 hantiert und die Intuition der Teilnehmer herausgefordert habe. Schließlich waren mir die subjektiven Landkarten, bei denen wir an Einheimische aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten mit der Bitte herantraten, ihr soziales Aktionsfeld zu visualisieren, eine hervorragende Informationsquelle bei der Analyse von Mobilität und Kommunikationsstrukturen in der Region.[...]
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Orientierung
- Vom Fischerdorf zum Touristenzentrum
- Liebe, Macht und Korruption
- Geschichte und Gegenwart
- Akteure
- Politik und Machtdiskurs und die Schönheitsköniginnen
- Dr. Langfinger
- Heiliger Bimbes
- Opfer und Täter
- Freibier und Volksmusik
- Messerstecher und Revolverhelden
- Horrortrip Fernreisen
- Klatsch, Tratsch und Intrigen
- Landei oder Weichei?
- Soziale Hierarchie und Konflikte
- Religiosität
- Frauen
- Parteien
- Institutionen und Recht
- Mobilität
- Vertrauen
- Kulturelle Identität
- Das Projekt
- Vom Heuschober ins World Wide Web
- Lehrer, Künstler, Krankenschwester
- Kommunikation, Politik, Bildung
- Holzwege und Fallgruben
- Ausbildung und Öffentlichkeitsarbeit
- Die Aktivisten
- Evaluation
- Die Entwicklungshelfer
- Konsolidierung und Probleme
- Die Mühen der Ebene
- Nachgefragt
- Den Beruf nicht mit seiner Militanz verwechseln
- Politik und Medien
- Medien und Gesellschaft
- Resümee
- Anhang: Ausblick
- Kommunikation und Ökostrom
- Was will das Radio erreichen?
- Welche Aufgaben erfüllen die Mitarbeiter des Radios?
- Schreie aus dem Urwald
- Konzeptionelle Überlegungen
- Ziele des Projekts
- Jobprofile
- Geplantes Programmschema
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Bericht „Radio Popular“ beleuchtet die komplexe Beziehung zwischen Liebe, Macht und Korruption in einem indigenen Dorf im bolivianischen Amazonas. Er zeichnet ein detailliertes Bild der Lebensbedingungen und der sozialen Dynamiken vor Ort, wobei der Fokus auf der Rolle des lokalen Radiosenders liegt.
- Die Auswirkungen des Tourismus auf die indigene Kultur
- Machtstrukturen und Konflikte innerhalb der Dorfgemeinschaft
- Die Rolle des Radios als Medium der Information und Kommunikation
- Die Herausforderungen und Chancen der Entwicklungshilfe in der Region
- Der Kampf um kulturelle Identität und Selbstbestimmung
Zusammenfassung der Kapitel
Die ersten Kapitel des Berichts liefern einen umfassenden Überblick über die Lebensbedingungen und die sozialen Verhältnisse im Dschungeldorf. Sie beleuchten die Geschichte des Ortes, die Einflüsse des Tourismus und die Auswirkungen von Machtstrukturen und Korruption auf die lokale Bevölkerung.
Die folgenden Kapitel konzentrieren sich auf das Projekt „Radio Popular“, das im Mittelpunkt des Berichts steht. Sie beschreiben die Entstehung des Radiosenders, seine Ziele und Herausforderungen sowie die Rolle der lokalen Akteure und der Entwicklungshelfer.
Schlüsselwörter
Die zentralen Begriffe und Themen des Berichts sind: indigene Kulturen, Tourismus, Macht, Korruption, Entwicklungshilfe, Kommunikation, Radio, lokale Medien, kulturelle Identität, soziale Konflikte, Amazonas, Bolivien.
- Arbeit zitieren
- Clemens Grün (Autor:in), 2000, Liebe, Macht und Korruption - ein Bürgerradio im bolivianischen Amazonas, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10420