Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Begriffsdefinitionen
1.1 Digitalisierung
1.2 Innovation
1.3 Digital Health
1.3.1 eHealth
1.3.2 mHealth
1.4 Pflege 4.0
2 Gründe für die Digitalisierung im Gesundheitswesen
3 Rechtliche Grundlagen zur Digitalisierung im Gesundheitswesen
3.1 E-Health-Gesetz
3.2 Digitales Versorgungsgesetz (DVG)
4 Digitale Innovationen im Gesundheitswesen
4.1 Telemedizin
4.2 Elektronische Patientenakte (ePA) nach §291a SGB V
4.3 Elektronisches Rezept (eRezept)
4.4 Ambient Assisted Living (AAL)
4.5 Robotik im Kontext Pflege
5 Status Quo der Digitalisierung im Gesundheitswesen
5.1 Status Quo der Telemedizin
5.2 Status Quo der elektronischen Patientenakte (ePA)
5.3 Status Quo des elektronischen Rezeptes (eRezept)
5.4 Status Quo der Ambient-Assisted-Living Systeme (AAL)
5.5 Status Quo der Robotik im Kontext Pflege
6 Fazit
Literaturverzeichnis
Anlage 1: Länderrangfolge nach dem Digital Health Index
Anlage 2: Einführungsphase der elektronischen Patientenakte (ePA)
Anlage 3: Nutzung digitaler Technologien
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Pepper
Abbildung 2: Car-O-Bot 4
Abbildung 3: Roboterrobbe Paro
Abbildung 4: Wirtschaftsindex Digital 2015, 2016 und 2021 nach Branchen
Abbildung 5: Nutzung der vier "Fokustechnologien"
Abbildung 6: Meilensteine E-Rezept
Abbildung 7: Nutzungshäufigkeit einzelner Dienste und Anwendungen
Einleitung
Aufgrund der demografischen und epidemiologischen Veränderungen befindet sich die Weltbevölkerung derzeit im digitalen Wandel. Die Digitalisierung ist ein weltweites Phänomen und betrifft alle Lebensbereiche von der Industrie über die Energieversorgung bis hin zur Politik und Bildung. Auch im Gesundheitswesen ist die digitale Revolution angekommen.
Die Nutzung digitaler Anwendungen im Gesundheitswesen ist weltweit unterschiedlich stark ausgeprägt. Obwohl Deutschland in der demografischen Entwicklung viele Parallelen zu anderen europäischen Ländern aufweist, hinkt Deutschland im EU-Ländervergleich hinterher (Böttinger, Erwin, 2020). Die Alterung der Gesellschaft, der Pflegenotstand und die Kostenexplosion im Gesundheitswesen stellen das Gesundheitssystem des Landes vor große Herausforderungen und erfordert ein kulturelles Umdenken und den Zugang zu neuen Technologien.
Digitale Technologien sollen nicht nur pflegebedürftigen Menschen die Möglichkeit geben, selbstbestimmt und sicher versorgt zu werden, sondern auch die Pflegenden im Pflegealltag unterstützen. Überdies soll die Digitalisierung einerseits zu Kostenersparnis und andererseits zu Qualitäts-, Effizienz- und Effektivitätssteigerung führen. Zu den digitalen Innovationen im Gesundheitswesen gehören unter anderem die Telemedizin, die elektronische Patientenakte, das elektronische Rezept, das Ambient Assisted Living System und die Robotik, hier im Kontext Pflege, welche im vierten Kapitel dargestellt werden.
Ziel dieser Hausarbeit ist es, die digitalen Innovationen im Gesundheitswesen aufzuzeigen, wobei folgende Forschungsfragen untersucht werden:
- Welche Gründe gibt es für die Digitalisierung im Gesundheitswesen?
- Wie ist die Digitalisierung im Gesundheitswesen rechtlich geregelt?
- Was ist der Status Quo der Digitalisierung im Gesundheitswesen?
Nach einer systematischen Literaturrecherche und -analyse werden zunächst grundlegende Begriffe dieser Hausarbeit erläutert. Anschließend wird auf die Thematik der digitalen Gesundheit eingegangen und die spezifischen Ausprägungen „eHealth“ und „mHealth“ voneinander abgegrenzt. Abgeleitet hieraus erfolgt ein kurzlebiger Einblick in den Begriff der Pflege 4.0.
Bezugnehmend auf die alternde Bevölkerung werden im zweiten Kapitel die Gründe für die Digitalisierung des Gesundheitswesens aufgegriffen. Der daran anschließende theoretische Essay offeriert die rechtlichen Grundlagen zur Digitalisierung in Deutschland. Neben dem allgemeinen eHealth-Gesetz ist hier vordergründig das Digitale Versorgungsgesetz (DVG) zu nennen (s. Kapitel 3).
Das fünfte Kapitel zeigt den Status Quo der Digitalisierung im OECD-Ländervergleich und verschiedener Wirtschaftsbranchen sowie den genannten digitalen Innovationen auf.
1 Begriffsdefinitionen
1.1 Digitalisierung
Die Digitalisierung wird aufgrund ihrer Komplexität vielfach unterschiedlich interpretiert. Eine einheitliche Definition gibt es nicht.
Jochen Baierlein versteht unter Digitalisierung „[…] die Umwandlung analoger Informationen in digital gespeicherte […] Informationen.“ (Baierlein, Jochen, 2017, S. 1). Gleicherweise findet der Begriff „dritte Revolution“ Verwendung. Der im 21. Jahrhundert epochale Umbruch wird mit den Begriffen „vierte industrielle Revolution“ oder „Industrie 4.0“ beschrieben (Bendel, Oliver, 2018a).
Komplementär meinen weitere Autoren mit der Digitalisierung im pflegerischen Bereich den Einsatz von intelligenten, im Alltag unterstützenden Technologien (Rösler, Ulrilke, Schmidt, Kristina, Merda, Meiko & Melzer, Marlen, 2018, S. 9).
1.2 Innovation
Für den Begriff der Innovation liegt keine allseitig anerkannte Definition vor. Schlägt man im lateinischen Wörterbuch den Begriff “innovare” nach, stößt man auf die deutsche Übersetzung “erneuern” (PONS Wörterbuch Latein-Deutsch, o.J.). Ein markantes Merkmal der Innovation ist die Einführung von Neuheiten bzw. Erneuerungen von Produkten oder Dienstleistungen (Alisch, Katrin & Sellien, Reinhold, 2005, S. 1500).
Der amerikanischer Kommunikationstheoretiker und Soziologe Everett M. Rogers befasste sich bereits 1962 mit der soziologischen Diffusionstheorie von Innovationen und definiert den Begriff als “[…] an idea, practice, or object that is perceived as new by an individual or other unit of adoption.“ (Rogers, Everett M., 1995, S. 11).
1.3 Digital Health
Digital Health bzw. digitale Gesundheit hat durch die Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zum Ziel, die Gesundheitsversorgung und Bevölkerungsgesundheit zu verbessern. Spezifische Ausprägungen von Digital Health sind die Begriffe Electronic Health (eHealth) und Mobile Health (mHealth), welche im Folgenden separiert aufgeführt werden (Knöppler, Karsten, Neisecke, Tobias & Nölke, Laura, 2016, 6, 26).
1.3.1 eHealth
eHealth, kurz für Electronic Health, wird wörtlich übersetzt als elektronische Gesundheit. Die Weltgesundheitsorganisation definiert den Begriff wie folgt:
“eHealth is the use of information and communication technologies (ICT) for health. The eHealth unit works with partners at the global, regional and country level to promote and strengthen the use of ICT in health development, from applications in the field to global governance. The unit is based in the Department of Service Delivery and Safety in the Cluster of Health Systems and Innovation.” (WHO, 2020).
Das Bundesministerium für Gesundheit fasst hierunter alle Anwendungen der IKT zur Behandlung und Betreuung von Patienten zusammen. Neben der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK), die beispielsweise Notfalldaten und auch Anwendungen der Telemedizin verfügbar macht, ist die Einführung des elektronischen Rezeptes zu nennen (BMG, 2020b). Ein grundlegender Baustein dieser Anwendungen stellt die elektronische Patientenakte dar. Sie ermöglicht den Austausch von Krankenakten zwischen Leistungserbringern und Institutionen über geografische Grenzen hinaus (Silber, Denise, 2003, S. 3).
Nach Gerhard Eysenbach steht das „e“ in eHealth nicht nur für „elektronisch“, sondern charakterisiert unter anderem die Effizienzsteigerung (Efficiency), die Verbesserung der Versorgungsqualität (Enhancing quality) und die Ermöglichung einer standardisierten Kommunikation zwischen Gesundheitseinrichtungen (Enabling) (Eysenbach, Gerhard, 2001).
1.3.2 mHealth
Mobile Health, kurz mHealth, wird wörtlich übersetzt als mobile Gesundheit. Zum einen bezeichnet der Begriff medizinische Verfahren, die auf mobilen Endgeräten wie Computer, Tablets oder Smartphones angeboten werden und zum anderen sind sie moderne Kommunikationsmethoden zwischen Ärzten und Patienten und umfassen z.B. Gesundheitsbereiche der Prävention, Diagnostik und Therapie. Ziel solcher Anwendungen ist ein bewusster und verantwortungsvoller Umgang mit der eigenen Gesundheit (Matusiewicz, David, 2018).
Die Verbraucherzentrale unterscheidet zwischen „Lifestyle“-Apps wie Ernährungs- und Bewegungs-Apps, Service-orientierten Apps wie Erinnerungs-Apps für die Medikamenteneinnahme und medizinischen Apps, die der Diagnose und Therapie einer Erkrankung dienen, wobei Letzteres als Medizinprodukt zugelassen sein muss (Verbraucherzentrale, 2020).
1.4 Pflege 4.0
Abgeleitet wird die Pflege 4.0 von dem Begriff der „Industrie 4.0“, welche durch Produktindividualisierung und Produktionsflexibilisierung gekennzeichnet ist (BMBF, 2018). Der Bereich der Gesundheit ist eines der wichtigsten Anwendungsfelder der Industrie 4.0. Menschliche Fachkräfte werden von Operations-, Pflege-, Therapie- und Servicerobotern unterstützt (s. Kapitel4.5). Eine neue Perspektive bietet die elektronische Patientenakte (s. Kapitel 4.2) (Bendel, Oliver, 2019).
Die Pflege 4.0 beinhaltet drei Kernkomponente: Smarte Technologien, strukturierte Prozesse und technologische Kompetenzen, welche die Pflegenden bei ihrer Arbeit im Pflegealltag entlasten sollen (Der Pflegefuchs, 2018).
2 Gründe für die Digitalisierung im Gesundheitswesen
Die Zunahme der Hochaltrigkeit und chronischer Krankheiten vervielfachen die Zahl der pflegebedürftigen Menschen. Im Jahr 2017 belief sich die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland auf rund 3,4 Millionen Menschen. Nach Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs 2017 stieg die Anzahl bis zum Jahr 2020 auf 4,1 Millionen Pflegebedürftige und wird voraussichtlich bis 2050 auf 6,1 Millionen Menschen ansteigen (BMG & Statistisches Bundesamt, 2020, S. 17). Derzeit leben in Deutschland 5,7 Millionen Menschen über 80 Jahre. Experten prognostizieren bis zum Jahr 2050 einen Anstieg auf 9,6 Millionen, was einen prozentualen Anteil von 12,3 % der Gesamtbevölkerung entspricht (BMG; Statistisches Bundesamt, 2020, S. 16). 2018 hatten die Menschen eine durchschnittliche Lebenserwartung von 81 Jahren (World Bank & Nationale statistische Ämter, 2018). Der Altersmedian1 lag 2019 bei 46 Jahren, womit Deutschland den zweiten Platz in der europäischen Union belegt. Lediglich Italien weist mit einem Altersmedian von 46,7 Jahren eine ältere Bevölkerung auf als Deutschland. Im Vergleich hierzu liegt der Altersmedian in Irland und Zypern bei 37,7 Jahren (Eurostat, 2020). Deutschland setzt auf Digitalisierung gegen die alternde Bevölkerung mit dem Ziel, die Gesundheitsversorgung zu verbessern, die Kosten zu senken und die Pflegekräfte zu entlasten bzw. zu unterstützen.
Die aktuelle Situation der COVID-19 Pandemie zeigt, wie hoch der Bedarf an digitalen Technologien ist. Vor allem die weltweiten Lockdowns, die Arbeitsorganisation in Richtung Homeoffice, die Lehr-Lern-Arrangements via Online-Unterricht und die Angst, sich bei einem Arztbesuch mit dem Virus anzustecken, treiben den Bereich der Digitalisierung enorm voran.
3 Rechtliche Grundlagen zur Digitalisierung im Gesundheitswesen
3.1 E-Health-Gesetz
Das E-Health-Gesetz gibt den Startschuss für die digitale Vernetzung unseres Gesundheitswesens. Das am 04. Dezember 2015 vom Bundestag beschlossene „Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen (E-Health-Gesetz)“ ist am 01.01.2016 in Kraft getreten und soll die digitale Infrastruktur für eine verbesserte Gesundheitsversorgung vorantreiben (BMG, 2015a). Schwerpunkte des Gesetzes sind unter anderem die Schaffung eines modernen Stammdatenmanagements oder auch die Einführung ein von der Gesundheitskarte abrufbarer einheitlicher Medikationsplan um beispielsweise Arzneimittelwechselwirkungen zu verhindern (BMG, 2020d). Aus damaliger Sicht sollten Apotheken, Arztpraxen, Krankenhäuser und Rehabilitationszentren bis Mitte 2018 flächendeckend an die Telematikinfrastruktur eingebunden sein. Hierbei wurden klare Fristen, Anreize und Sanktionen gesetzt, wobei grundsätzlich gilt: „Wer mitmacht, wird belohnt; wer sich dem Fortschritt verweigert, muss mit Sanktionen rechnen.“ (Riepe, Claudia, 2016, S. 4).
3.2 Digitales Versorgungsgesetz (DVG)
Das am 19. Dezember 2019 in Kraft getretene Digitale-Versorgungsgesetz (DVG) soll das Gesundheitswesen in puncto Digitalisierung und Innovation weiter voranbringen. Es schafft die Rechtsgrundlage für Versicherte für die Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen und setzt den Apotheken und Krankenhäusern konkrete Fristen für die Anbindung an die Telematikinfrastruktur. Apotheken mussten sich somit bis zum 30. September 2020 und Krankenhäuser bis zum 01. Januar 2021 an die Telematikinfrastruktur anschließen. Andere Dienstleistergruppen, unter anderem auch Pflegeeinrichtungen, haben die Möglichkeit, sich freiwillig an der Telematik anzuschließen. (BMG, 2020c).
Patienten sollen sich zukünftig digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) verschreiben lassen können, z.B. Apps für Menschen mit Diabetes, psychischen Erkrankungen oder gar für Frauen zur Unterstützung in der Schwangerschaft. Gesetzlich Versicherte sollen diese Kosten zukünftig von den Krankenkassen erstattet bekommen.
Neben den §§139e, 134, 68a, 68b SGB V2 ist der neue § 33a SBG V (Digitale Gesundheitsanwendungen) in das DVG verankert (Jorzig, Alexandra & Sarangi, Frank, 2020, S. 42). Das Gesetz stellt außerdem Regeln zu Vergütungen von Onlinesprechstunden und Telemedizin auf, wobei Klarheit darüber geschaffen wird, welche Apps zukünftig vom Arzt verordnet werden können (BMG, 2020a).
4 Digitale Innovationen im Gesundheitswesen
4.1 Telemedizin
Im Sinne der Bundesärztekammer ist Telemedizin:
„[…] ein Sammelbegriff für […] ärztliche Versorgungskonzepte, die als Gemeinsamkeit den prinzipiellen Ansatz aufweisen, dass medizinische Leistungen der Gesundheitsversorgung […] in den Bereichen Diagnostik, Therapie und Rehabilitation sowie bei der ärztlichen Entscheidungsberatung über räumliche Entfernungen […] erbracht werden. […].“ (Bundesärztekammer, 2015).
Durch die Nutzung von IKT können medizinische Daten elektronisch gespeichert und übermittelt werden. Zu den zahlreichen telemedizinischen Anwendungsbereichen zählen unter anderem die Telechirurgie, -dermatologie, -kardiologie, -onkologie, -diabetologie und -neurologie, bei der beispielsweise Schlaganfallpatienten bundesweit auf sogenannten Tele-Stroke-Units behandelt werden können. Das Telemonitoring, die -diagnostik und -therapie, sowie die telemedizinische Notfallversorgung fallen in den Bereich der telemedizinischen Dienstleistungen (Szecsenyi, Joachim, Miksch, Antje, Baudendistel, Ines & Kamradt, Martina, Vach, Werner, 2018, 11f). In ländlichen Räumen soll Telemedizin ein Bestandteil der medizinischen Versorgung werden (BMG, 2015b).
4.2 Elektronische Patientenakte (ePA) nach §291a SGB V
Die elektronische Patientenakte, kurz ePA, ist das Herzstück der Digitalisierung im Gesundheitswesen und bietet die Möglichkeit der digitalen Speicherung und Kommunikation von Patientendaten. Patienten können selbst entscheiden, welche medizinischen Daten in der Patientenakte gespeichert werden. Die ePA-App ist eine kostenfreie lokale Kopie der eigenen Gesundheitsdaten, in der selbstbestimmt entschieden werden kann, welche Leistungserbringer was und wie lange einsehen dürfen. Die Gesundheitsdaten, wie z.B. Befunde, Medikamente, Therapien oder jegliche Art von Ausweisheften werden für die Patienten unter Einhaltung der Datenschutzbestimmungen transparent gemacht. Ebenso können Patienten eigene Daten, wie Vitalparameter (z.B. Gewicht, Blutzuckermessungen) in Form eines Tagebuches ablegen (gematik, 2021). Aufgrund der bundesweiten Verfügbarkeit der medizinischen Daten, können etwaige Doppeluntersuchungen vermieden und somit die Kosten gesenkt werden. In den Praxen erfolgt der Zugriff über die elektronische Gesundheitskarte (gematik, 2019).
Angesichts des nicht eindeutigen Verständnisses der ePA, werden international häufig Synonyme bzw. Akronyme wie pEPA (persönliche elektronische Patientenakte), iEPA (interne Elektronische Patientenakte) oder eGA (elektronische Gesundheitsakte) genutzt (Bertram, Nick, Püschner, Franziska, Oliveira Gonçalves, Ana Sofia, Binder, Sebastian & Amelung, Volker Eric, 2019, S. 4).
4.3 Elektronisches Rezept (eRezept)
Das elektronische Rezept, kurz eRezept, ist eine digitale Version von Rezepten die von Ärzten ausgestellt und von den Patienten via Smartphone entweder direkt an eine Apotheke ihrer Wahl übermittelt oder vor Ort eingelöst werden können. Der Zugang kann digital oder per Ausdruck über einen QR-Code erfolgen. Arzneimittel können dann auf Wunsch der Patienten direkt per Botendienst nach Hause geliefert werden (BMG, 2020e).
Neben verschreibungspflichtigen Medikamenten werden stufenweise auch Heil- und Hilfsmittel- sowie häusliche Krankenpflegeverordnungen eingeführt (gematik, 2020, S. 7). Anwendungen, wie die Erkennung von Arzneimittelwechselwirkungen oder die Einnahmeerinnerung erhöhen die Sicherheit bei medikamentöser Behandlung (Hehner, Steffen, Biesdorf, Stefan & Möller, Manuel, 2018, 6ff).
4.4 Ambient Assisted Living (AAL)
Die Bedürfnisse der Menschen ändern sich mit den Lebensabschnitten. Besonders ältere Menschen leiden häufig an Multimorbidität und der Bedarf an Unterstützung geht meist über den reinen Gesundheitsschutz und der Krankenhausbehandlung hinaus. Ambient Assisted Living (AAL) ist dem Bereich der Smart-Home-Nutzung zuzuordnen und bedeutet alltagsunterstützende oder auch altersgerechte Assistenzsysteme. Darunter fallen Produkte oder Dienstleistungen mit intelligenter Technik, die ein „intelligentes“ Zuhause schaffen und hilfebedürftigen Menschen selbstbestimmt im täglichen Leben helfen (Siepermann, Markus, 2018).
Bekannte Anwendungsgebiete sind beispielsweise der Hausnotruf, die automatisierte ein- bzw. abschaltende Beleuchtung, der Treppenlift, die Sturzmatten oder gar der integrierte Sturzsensor und die Überwachung der Vitalfunktionen wie Puls oder Sauerstoff im Blut über eine Smartwatch (mobil bleiben, 2016). Einige der genannten Anwendungen werden zunehmend in Pflegeeinrichtungen eingesetzt (Kubek, Vanessa, Velten, Sebastian, Eierdanz, Frank & Blaudszun-Lahm, Annette, 2020, 16f).
4.5 Robotik im Kontext Pflege
Der Einsatz von Transport-, Assistenz- und Servicerobotern gehört bereits in der Industrie-, Wirtschafts- und Computerbranche zum Alltag. Auch im Pflegesektor nimmt die Automatisierung ihren Lauf. Neben den reinen Industrierobotern sind die Pflegeroboter und die humanoiden Roboter zu nennen, welche der menschlichen Gestalt in Mimik und Gestik immer ähnlicher werden (Bendel, Oliver, 2018b) und charakteristisch in Assistenz-, sozial emotionaler und mobilitätsfördernde Roboter unterschieden werden können (Deutscher Bundestag, 2018, S. 55).
Der humanoide Roboter Pepper (s. Abbildung 1) wurde 2016 veröffentlicht und kommt bereits im Bereich Bildung, Dienstleistung, Marketing und Gesundheitswesen zum Einsatz. Pepper kann den Anforderungen entsprechend programmiert werden und ist in der Lage, über Mimik und Gestik zu kommunizieren, Gefühlslagen von Personen einzuschätzen und Menschen individuell anzusprechen (Probo Robotics, 2020).
Eine Weiterentwicklung des Care-O-Bots stellt der seit 2015 veröffentlichte Care-O-Bot 4 dar (s. Abbildung 2). Dieser mobile Assistenzroboter kann je nach Anforderungen individuell ausgestattet werden, beispielsweise mit einem Tablett für Servicearbeiten. Zu finden ist der Care-O-Bot in Museen, auf Flughäfen oder für Hol- und Bringedienste in Krankenhäusern, Heimen oder Büros. Der Care-O-Bot ist in der Lage, Stimmungslagen über sein integriertes Display aufzuzeigen, schwerer Lasten zu heben oder aber auch das Animieren zum Trinken (Fraunhofer IPA, 2015).
Die Roboterrobbe Paro ist wohl der bekannteste Assistenzroboter im Bereich der Pflege (s. Abbildung 3).Paro erblickte in Japan im Jahr 2003 das Licht der Welt und kommt seitdem in ganz Europa zum Einsatz. Neben der stressreduzierenden und entspannenden Wirkung fördert Paro die zwischenmenschlichen Interaktionen. Vorwiegend wird Paro bei Menschen mit dementiellen Veränderungen eingesetzt. Paro ist in den Farben weiß, braun, rosa und grau erhältlich (PARO Robots U.S., Inc., 2014).
(Japan Trend Shop, 2020)
5 Status Quo der Digitalisierung im Gesundheitswesen
Sei es in der Kommunikationstechnik oder gar bei der technischen Unterstützung im Haushalt, ist zu beobachten, dass sich Mensch und Technik immer mehr verbinden. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung ergab 2018, dass sich Deutschland von 17 untersuchten Ländern mit einem Digital-Health-Index3 von 30 Punkten auf dem 16. Rang befindet. Vergleichsweise liegen die Niederlande mit 66,1 Punkten im mittleren Bereich und Estland mit einem Indexwert von 81,9 Punkten auf dem ersten Rang des Gesamtrankings (s. Anlage 1). Gründe der geringen Digitalisierung liegen in der Bürokratie, den strengen Datenschutzbestimmungen sowie dem Mangel an finanziellen Anreizen und einheitlichen Strategien zur flächendeckenden Einführung (Thiel, Rainer, Deimel, Lucas et al., 2018, 225, 232).
[...]
1 Der Altersmedian teilt die Bevölkerung in zwei Gruppen, wobei 50% der Bevölkerung jünger und 50% älter ist als die angegebene Jahreszahl.
2 Fünftes Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung.
3 Der Digital-Health-Index misst den Grad der Digitalisierung auf Grundlage von 34 Indikatoren der Bereiche Strategie, digitalem Reifegrad und der tatsächlichen Datennutzung. Der maximal zu erreichende Indexwert liegt bei 100 Punkten (Thiel, Rainer, Deimel, Lucas et al., 2018, 16).