Die ertragsteuerliche und umsatzsteuerliche Behandlung von Influencern


Bachelorarbeit, 2021

70 Seiten, Note: 1,5

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkurzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Influencer

3 Einkommensteuer
3.1 Unbeschrankte Steuerpflicht
3.2 Einkunftsarten
3.2.1 Einkunfte aus selbstandiger Arbeit
3.2.1.1 Allgemeines
3.2.1.2 Wissenschaftliche Tatigkeiten
3.2.1.3 Erzieherische und unterrichtende Tatigkeiten
3.2.1.4 Schriftstellerische Tatigkeiten
3.2.1.5 Kunstlerische Tatigkeiten
3.2.1.6 Katalogberufe und ahnliche Berufe
3.2.2 Einkunfte aus Gewerbebetrieb
3.2.3 Gemischte Tatigkeiten
3.3 Gewinnermittlung
3.3.1 Gewinnermittlungsarten
3.3.1.1 Bilanzierung
3.3.1.2 Einnahmenuberschussrechnung
3.3.2 Typische Betriebseinnahmen
3.3.2.1 Tausch
3.3.2.2 Geschenke
3.3.2.3 Privatentnahmen
3.3.3 Typische Betriebsausgaben
3.3.3.1 Arbeitsmittel
3.3.3.2 Telefon- und Internetkosten
3.3.3.3 Arbeitszimmer
3.3.3.4 Bewirtungskosten
3.3.3.5 Fahrt- und Reisekosten
3.3.3.6 Doppelte Haushaltsfuhrung
3.4 Verluste und Liebhaberei
3.5 Nebeneinkunfte

4 Gewerbesteuer
4.1 Steuerpflicht
4.2 Ermittlung der Gewerbesteuer
4.3 Anrechnung auf die Einkommensteuer

5 Umsatzsteuer
5.1 Unternehmer, Unternehmen
5.2 Sonderfall: Kleinunternehmer
5.3 Ausgangsleistungen
5.3.1 Lieferungen und sonstige Leistungen
5.3.2 Ortsbestimmung
5.3.2.1 Allgemeines
5.3.2.2 Ort der Leistung im Inland
5.3.2.3 Ort der Leistung im Ausland
5.3.3 Entgelt und Bemessungsgrundlage
5.3.3.1 Tausch
5.3.3.2 Gutscheine
5.3.3.3 Unentgeltliche Wertabgaben
5.4 Vorsteuerabzug
5.5 Besteuerungsverfahren

6 Steuerliche Risiken des Influencers
6.1 Steuerliche Nebenleistungen
6.2 Steuerhinterziehung und -verkurzung

7 Fazit

Literaturverzeichnis

Rechtsprechungsverzeichnis

Verzeichnis der sonstigen Quellen

Abkurzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

In Zeiten der Digitalisierung gewinnen die Social-Media-Plattformen taglich mehrere neue User. Immer mehr Menschen jeden Alters geben auf den Plattformen Einblicke in ihr alltagliches Leben, teilen Erfahrungen oder geben ihre personliche Meinung zu bestimmten gegenwartigen Themen wieder. Dadurch sind neue Berufsbilder entstanden: Blogger, Influencer, YouTuber, Let's-Player und einige weitere.

Die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen hat am 07.09.20191 bekannt gegeben, dass die Finanzverwaltungen im Internet und in sozialen Netzwerken ermitteln. Dabei werden Kenntnisse und Hinweise uber steuerlich relevante Tatsachen, z.B. unbekannte Einnahmequellen oder Hohe der Einnahmen erlangt.2 Die Besteuerung von Influencern gerat damit immer mehr in den Fokus der Finanzverwaltungen. Dass diese Berufe immer mehr an Bedeutung gewinnen, zeigt auch eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion zur Besteuerung von Social-Media-Akteuren.3 Die traditionellen Steuergesetze scheinen danach auf die neuartigen Berufe und Einnahmequellen nicht ausreichend ausgerichtet zu sein. Nach Ansicht der Bundesregierung sind die bestehenden Steuergesetze jedoch nicht auf bestimmte Berufsbilder und Tatigkeiten ausgerichtet, sondern vielmehr durch ihre allgemeingultigen Besteuerungs- tatbestande auch auf neue gesellschaftliche und technische Entwicklungen anwendbar. Die Lander seien fur diese Thematik entsprechend sensibilisiert und haben Schwerpunktgruppen im Bereich der digitalen Wirtschaft gebildet.4

Fur die Influencer ergeben sich mit diesem neuen Berufsbild und den vielen verschiedenartigen Einnahmequellen und -arten (z.B. Geschenke, Einnahmen in Geldeswert) zahlreiche steuerrechtliche Fragen und Risiken, die Gegenstand dieser wissenschaftlichen Arbeit sind. Diese Arbeit beleuchtet die ertrag- und umsatzsteuerlichen Besonderheiten des Berufs des Influencers und klart damit die Frage, ob die traditionellen Vorschriften auch auf die modernen digitalen Berufe anwendbar sind. Zudem werden mogliche steuerliche Risiken aufgezeigt, die ein Influencer beachten sollte.

Zur Einleitung in die Thematik wird zunachst im Kapitel 2 der Begriff des Influencers und sein Berufsbild naher beschrieben. Im Kapitel 3 werden die einkommensteuerrechtlichen Fragen beantwortet. Dabei werden zuerst die Voraussetzungen der unbeschrankten Steuerpflicht erlautert, bevor die Frage, welche Einkunfte der Influencer mit seiner Tatigkeit erzielt, geklart wird. Nachfolgend werden die typischen Betriebseinnahmen und -ausgaben eines Influencers und ihre einkommensteuerliche Behandlung aufgezeigt. Schlieftlich werden auf die Besonderheiten der Liebhaberei und der Erzielung von Nebeneinkunften durch die Tatigkeit als Influencer eingegangen. Im Kapitel 4 wird die Gewerbesteuerpflicht der Einkunfte aus der Betatigung als Influencer behandelt, bevor im Kapitel 5 die umsatzsteuerlichen Besonderheiten erlautert werden. Hier werden vor allem auf die Besonderheiten bei der Ortsbestimmung der Leistungen, die Besonderheiten bei grenzuberschreitenden Leistungen und die Beurteilung von Zuwendungen als Entgelt eingegangen. Abschlieftend werden die Risiken, die sich im Veranlagungsverfahren ergeben konnen, die jeder Influencer zu beachten hat, erlautert.

2 Influencer

Der Begriff des Influencers bezeichnet Personen, die Inhalte zu einem oder mehreren Themen in regelmaftigen Abstanden uber Blogs und soziale Medien, wie Instagram, Facebook, YouTube, Snapchat, Twitter, Clubhouse oder Tiktok veroffentlichen und ihre Anhanger, auch Follower oder Abonnenten genannt, damit beeinflussen und pragen.5

Sie prasentieren und berichten gegen Entgelt uber Marken und getestete Produkte oder Dienstleistungen und empfehlen diese an ihre Fans weiter. Ihnen wird eine hohe Authentizitat, Glaubwurdigkeit und Nahbarkeit zugesprochen, weshalb die Abonnenten ihren Tipps folgen.6 Daher wird das sog. Influencer-Marketing immer interessanter und bedeutsamer fur Unternehmen, da so insbesondere bei jungeren Zielgruppen eine hohere Werbewirksamkeit als uber traditionelle Werbekanale (z.B. TV oder Printmedien) erreicht werden kann.7

Der Influencer kann fur einzelne Posts oder ganze Werbekampagnen beauftragt werden. Die Leistungen des Influencers bestehen meist in der Bewerbung/ Prasentation eines Produkts oder einer Dienstleistung z.B. in einem Beitrag. Die Beitrage gestaltet und setzt der Influencer dabei selbst um, damit ihnen eine hohe Authentizitat und Individualitat zukommen zu lassen.8 Einnahmen konnen des Weiteren auch durch Bannerwerbung bzw. Affiliate-Links und aus Merchandise- Verkaufen erzielt werden. Der Umfang der Bezahlung in Geld oder Geldeswert (prasentierte Produkte, Gutscheine o.a.) hangt von der Reichweite des Influencers und seinem Verhandlungsgeschick ab. Laut Erhebung des Unternehmens HypeAuditor aus dem Jahr 2020 betragt der Durchschnittspreis fur einen Beitrag eines Nano-Influencer in Deutschland, der zwischen 1.000 und 5.000 Abonnenten hat, zwischen 10 und 60 Dollar, wohingegen der Durchschnittpreis fur einen Beitrag eines Mega-Influencers, der uber eine Million Follower verzeichnen kann, ab 15.000 Dollar betragt.9

Die Tatigkeit eines Influencers bedarf keiner besonderen Ausbildung, Berufserfahrung oder besonderer Kenntnisse und Fahigkeiten, wodurch sie vor allem bei jungeren Generationen, z.B. Schulern, Studenten und Berufsanfangern, attraktiv wird. Es konnen schnell und eben ohne besondere Kenntnisse viele Einnahmen erzielt werden. Damit werden sie zum Unternehmer und mussen sich um die korrekte Abfuhrung von Steuern kummern, die bei anderen Gleichaltrigen, die z.B. in einem Arbeitsverhaltnis stehen, durch den Lohnsteuerabzug vom Arbeitgeber erfolgt. Insbesondere die Bezahlung in Geldeswert wirft dabei einige steuerrechtliche Fragestellungen auf, die ein Laie selten richtig beurteilen wird.

3 Einkommensteuer

Die Einkommensteuer wird auf die Einkunfte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG von unbeschrankt steuerpflichtigen Personen erhoben. Die meisten Influencer beginnen ihre Tatigkeit als einkommensteuerrechtlich unbeachtliches Hobby. Das Hobby kann jedoch schnell zum Beruf werden, wenn ihnen z.B. Produkte zur Prasentation zugeschickt werden, die sie im Anschluss behalten durfen.10 In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wann es als Privatvergnugen (Liebhaberei) gilt, wann die Schwelle zu einer einkommensteuerlich relevanten Tatigkeit uberschritten wird und welche Einkunfte dann damit erzielt werden und ob die zugesandten Produkte tatsachlich Geschenke darstellen?

Im Folgenden wird nur auf die einkommensteuerrechtliche Behandlung von unbeschrankt steuerpflichtigen Personen eingegangen, da die anderen Arten der Steuerpflicht und ihre Rechtsfolgen fur den Influencer den Rahmen dieser Arbeit ubersteigen wurden.

3.1 Unbeschrankte Steuerpflicht

Influencer sind aufgrund ihrer Tatigkeit grundsatzlich ortsungebunden und konnen praktisch von uberall aus der Welt arbeiten. Etliche von ihnen tun dies auch und verweilen nicht lange an einem Ort (Digitale Nomaden) oder siedeln sich im Ausland dauerhaft an. In vielen Fallen bleiben sie aber in Deutschland unbeschrankt steuerpflichtig, da sie hier einen Wohnsitz beibehalten oder ihren gewohnlichen Aufenthalt haben. Denn alle naturlichen Personen, die ihren Wohnsitz oder gewohnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, sind gemaft § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG unbeschrankt einkommensteuerpflichtig. Das bedeutet, dass samtliche Einkunfte der deutschen Einkommensteuer unterliegen (Welteinkommensprinzip).

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umstanden innehat, die darauf schlieften lassen, dass er sie behalten und benutzen wird (§ 8 AO). Das Innehaben bedeutet, dass die Person nach Belieben uber die Wohnung tatsachlich verfugen kann (Verfugungsbefugnis).11

Beispiel12

Die Influencerin Laura ist vor kurzem nach London gezogen, um naher an ihren langjahrigen Kooperationspartnern zu sein. Ihre Wohnung in Koln behalt sie und vermietet diese auch nicht weiter, damit sie diese, wenn sie regelmaftig ihre Familie und Freunde in Deutschland besucht, aufsuchen und somit die Hotelkosten sparen kann.

Lauras Wohnung ist zum Wohnen geeignet. Da sie in ihrem Eigentum steht und nicht vermietet ist, kann Laura sie auch jederzeit aufsuchen und sie tut dies auch regelmaftig. Obwohl ihr Lebensmittelpunkt mittlerweile in London ist, wird die Finanzverwaltung die Wohnung in Koln als Wohnsitz von Laura einstufen. Laura ist damit mit samtlichen Einkunften in Deutschland unbeschrankt einkommensteuerpflichtig gemaft § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG.

Einen gewohnlichen Aufenthalt begrundet jemand dort, wo er sich unter Umstanden aufhalt, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorubergehend verweilt (§ 9 Satz 1 AO). Dabei ist ein zusammenhangender zeitlicher Aufenthalt von sechs Monaten maftgebend, wobei kurzzeitige Unterbrechungen zu Besuchs-, Erholungs- oder ahnlichen privaten Zwecken unberucksichtigt bleiben (§ 9 Satz 2 AO, sog. 183-Tage-Regelung). Der Unterschied zum Wohnsitz besteht darin, dass die Person keine Wohnung innehaben muss.13

Beispiel

Die sudafrikanische Sport-Influencerin Sofia zieht fur eine langere Werbekampagne mit einem deutschen Sportartikelhersteller nach Berlin. Dafur mietet sie sich in ein Airbnb ein. Nach vier Monaten fliegt sie nach Madrid, Rom und Wien, um Europa etwas besser kennenzulernen. Danach kehrt sie nach Berlin zuruck, und bleibt dort weitere drei Monate. Nach Beendigung der Werbekampagne zieht sie zuruck nach Sudafrika.

Sofia halt sich in Deutschland mehr als sechs Monate auf. Sie hat damit einen gewohnlichen Aufenthalt in Deutschland begrundet. Der kurze Aufenthalt zu Urlaubszwecken in Madrid, Rom und Wien ist unerheblich. Sie ist damit im Jahr des Aufenthalts unbeschrankt steuerpflichtig gemaft § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG.

Es ist auch durchaus moglich, dass durch die Verweilung in unterschiedlichen Landern, nach den verschiedenen Gesetzen der einzelnen Lander, in mehreren Landern eine unbeschrankte Steuerpflicht begrundet wird. Mit dem meisten Landern hat Deutschland Doppelbesteuerungsabkommen oder andere zwischenstaatliche Abkommen abgeschlossen, die in solchen Fallen das Besteuerungsrecht einem Staat zuweisen. Damit soll eine Doppelbesteuerung, sowie die Nichtbesteuerung von Einkunften vermieden werden. Die Einkunfte, die danach in Deutschland nicht zu versteuern sind, werden dennoch in die Ermittlung des individuellen Steuersatzes miteinbezogen (§ 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 EStG).

3.2 Einkunftsarten

Nach Auffassung der Bayerischen Finanzverwaltung geht das Finanzamt bei einer Betatigung als Influencer davon aus, dass Einkunfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) vorliegen.14 Es ist jedoch auch denkbar, dass ein Influencer Einkunfte aus selbstandiger Arbeit (§ 18 EStG) erzielt, wie im Unterkapitel 3.2.1 naher erlautert wird. Die Qualifizierung als Einkunfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG) oder aus privater Vermogensverwaltung, Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) oder Kapitalvermogen (§ 20 EStG), kommen aufgrund der Art der Tatigkeit des Influencers nicht in Frage. Es handelt sich auch nicht um Einkunfte aus nichtselbstandiger Arbeit (§ 19 EStG), da sie selbstandig und nicht weisungsgebunden tatig sind. Sonstige Einkunfte (§ 22 EStG) liegen in der Regel auch nicht vor, da es sich nicht um wiederkehrende Einkunfte, wie Renteneinkunfte, handelt und die Tatigkeit regelmaftig nicht gelegentlich, sondern aktiv mit Wiederholungsabsicht ausgeubt wird.

Im Nachfolgenden werden daher die Voraussetzungen und Unterschiede der beiden moglichen Einkunftsarten naher erlautert und auf die Anwendbarkeit auf den Beruf des Influencers gepruft. Aufterdem wird darauf eingegangen, wie bei Tatigkeiten zu verfahren ist, die nicht eindeutig einer der Einkunftsarten zugeordnet werden konnen, da sie Merkmale von beiden Einkunftsarten vorweisen.

3.2.1 Einkunfte aus selbstandiger Arbeit

3.2.1.1 Allgemeines

Influencer konnen Einkunfte aus selbstandiger Arbeit (§ 18 EStG) erzielen, wobei nur die Einkunfte aus freiberuflicher Tatigkeit in Frage kommen (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG), da die Tatigkeit als Einnehmer einer staatlichen Lotterie (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 EStG) oder die sonstige selbstandige Arbeit, wie die Tatigkeit als Aufsichtsratsmitglieds (§18 Abs. 1 Nr. 3 EStG) aufgrund des Berufsbildes der Influencer ausscheiden. Die freiberuflichen Tatigkeiten umfassen wissenschaftliche, erzieherische, unterrichtende, schriftstellerische und kunstlerische Tatigkeiten, sowie einige aufgezahlte Katalogberufe und ahnliche Berufe.

Fur das Vorliegen von Einkunften aus freiberuflicher Arbeit wird vorausgesetzt, dass es sich, um eine selbstandige, weisungsunabhangige, fur eigene Rechnung und auf eigene Gefahr ausgeubte Tatigkeit handelt. Bei der selbstandigen Arbeit kommt es auf die personliche Arbeitsleistung und weniger auf den Einsatz von Betriebs- vermogen an, wie es bei den Einkunften aus Gewerbebetrieb der Fall ist.15 Daraus ergibt sich, dass es sich bei der ausgeubten Tatigkeit um eine hochstpersonliche Arbeitsleistung handeln muss. Die leitende und eigenverantwortliche Tatigkeit erfordert eigene Fachkenntnisse des Influencers. Die Mithilfe durch fachlich vorgebildete Arbeitskrafte steht der Annahme der freiberuflichen Tatigkeit nicht entgegen, solange sichergestellt ist, dass der Influencer weiterhin leitend und eigenverantwortlich tatig wird (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Satze 3 und 4 EStG). Stellt der Influencer z.B. Angestellte fur die Buchhaltung oder allgemeine Burotatigkeiten ein, so ist davon auszugehen, dass er weiterhin eigenverantwortlich seine Tatigkeit als Influencer ausubt.

Die selbstandige Tatigkeit wird durch die Mitteilung an das zustandige Finanzamt bzw. mit Abgabe des Fragebogens zur steuerlichen Erfassung angemeldet.

3.2.1.2 Wissenschaftliche Tatigkeiten

Wissenschaftlich tatig ist derjenige, der grundsatzliche Fragen oder bestimmte Vorgange unter Anwendung rationaler Methoden und objektiven Maftstaben erforscht, begrundet und in einen Verstandniszusammenhang setzt.16 Dabei ist jedoch nicht nur derjenige wissenschaftlich tatig, der einer schopferischen oder forschenden Arbeit (reine Wissenschaft) nachkommt, sondern auch derjenige, der die Anwendbarkeit wissenschaftlicher Forschungsergebnisse auf bestimmte Falle oder Vorgange untersucht (angewandte Wissenschaft). In der Regel werden wissenschaftliche Tatigkeiten vor allem auf den Gebieten ausgeubt, die an Universitaten und Hochschulen gelehrt werden.17

Aufgrund der Art der Tatigkeit eines Influencers entfallt in der Regel die Einstufung als wissenschaftliche Tatigkeit, auch dann, wenn sie selbst eine fundierte wissenschaftliche Ausbildung absolviert haben, da die Tatigkeit in der Regel nicht ausgeubt wird, um wissenschaftliche Erkenntnisse den Abonnenten zu vermitteln.18 Einkunfte aus wissenschaftlicher Tatigkeit waren nur in bestimmten Einzelfallen, wie im folgenden Beispiel, denkbar:

Beispiel

Thomas ist Virologe und forscht derzeit an dem Corona-Virus. Seit Beginn der Pandemie betreibt er einen Blog, auf dem er kurze Podcasts und Videos hochladt. Darin klart er seine Horer/ Zuschauer uber das Virus als solches, den Verlauf von der Ansteckung bis zu seinem Ausbruch, den Krankheitsanzeichen, die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse und mogliche Behandlungs- bzw. Impfmoglichkeiten auf. Alle seine Informationen sind wissenschaftlicher Natur und sollen zur allgemeinen Aufklarung beitragen. Der Podcast und die Videos sind kostenfrei uber seinen Blog abrufbar. Die Horer/ Zuschauer konnen jedoch etwas spenden.

Die Spenden sind als Einnahmen steuerpflichtig. Mit seinem Podcast und seinen Videos verfolgt Thomas das Ziel, den Burgern wissenschaftliche Erkenntnisse zu vermitteln und sie somit fur das Thema zu sensibilisieren. Mit den Einkunften aus diesem Blog erzielt Thomas Einkunfte aus freiberuflicher wissenschaftlicher Tatigkeit.

3.2.1.3 Erzieherische und unterrichtende Tatigkeiten

Eine erzieherische Tatigkeit setzt laut der Rechtsprechung und der herrschenden Meinung in der Literatur eine planmaftige Tatigkeit zur Formung junger Menschen und zu tuchtigen und mundigen Menschen.19 In der Regel zielen die Tatigkeiten eines Influencers nicht auf erzieherische Gesichtspunkte in dem Sinne ab. Aufterdem ist fur erzieherische Tatigkeiten in der Regel eine personliche Beziehung bzw. ein personlicher Kontakt notwendig.20

Unter Umstanden konnen Influencer jedoch unterrichtende Tatigkeiten ausuben. Als unterrichtend gilt jede personliche Lehrtatigkeit, die auf das Vermitteln von bestimmten Fahigkeiten oder Kenntnissen gerichtet ist.21 Notwendig ist ein schulungsmaftiges Programm eines bestimmten Fachgebiets und eine Art personliche Beziehung zwischen dem Lehrer und den Schulern.22 Ein Influencer, der in seinem Tatigkeitsgebiet Experte ist, kann somit unter Umstanden unterrichtend tatig werden, wenn er anderen Menschen auf diesem bestimmten Fachgebiet nicht nur anleitet, sondern anhand eines Programms lehrt. Die blofte Anleitung fuhrt nicht zu einer unterrichtenden Tatigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG.23 Da die meisten Influencer, die Kenntnisse und Fahigkeiten vermitteln wollen, dies in der Regel nicht in organisierter und institutionalisierter Form tun, kommt die Einordnung als eine unterrichtende Tatigkeit nicht in Betracht. Auch YouTube-Videos oder Podcasts, die z.B. Steuertipps fur Influencer vermitteln, sind nicht als unterrichtende Tatigkeit anzusehen, da es sich dabei ebenfalls nicht um eine schulungsmaftige Wissensvermittlung handelt und eine Beziehung zwischen dem Unterrichtendem und den Unterrichteten fehlt.

3.2.1.4 Schriftstellerische Tatigkeiten

Eine schriftstellerische Tatigkeit liegt laut der Rechtsprechung vor, wenn in selbstandiger Gestaltung eigene Gedanken niedergelegt und der Offentlichkeit, z.B. uber eine Buchhandlung oder aber elektronisch uber das Internet, zuganglich gemacht werden.24 Die Darlegung ist eine geistige Arbeitsleistung und muss daher eigenschopferischer Natur sein, aber weder von wissenschaftlichem und kunstlerischem Inhalt sein, sodass der Influencer weder Dichter noch Kunstler sein muss.25 Einkunfte aus schriftstellerischer Tatigkeit werden auch durch die entgeltliche Uberlassung von Urheberrechten erzielt.26 Auch bestimmte Auftragsarbeiten konnen unter Umstanden als schriftstellerische Tatigkeiten erfasst werden, wenn der Schriftsteller ein eigenes Manuskript verfasst hat und seine darin verankerten Gedanken in groften Umfang in den letztlich veroffentlichten Text eingegangen sind.27 Die Erlauterungen und Auffassungen der Rechtsprechung der Literatur konnen nachvollzogen werden.

Ein Influencer kann somit schriftstellerisch tatig sein, wenn er selbst oder im Auftrag eines Unternehmens seine eigenen Gedanken zu einem Thema niederlegt und der Offentlichkeit zuganglich macht, oder diese verkauft. Ein Blogger, der z.B. seine eigenen gesammelten Erfahrungen uber Reisen in selbst verfassten Texten auf seinem Blog veroffentlicht, kann damit Einkunfte aus freiberuflicher schriftstellerischer Tatigkeit erzielen. Das Erstellen von Untertiteln zu Videos wird nicht als schriftstellerische Tatigkeit angesehen, da hier das Niederlegen von eigenen Gedanken eine untergeordnete Rolle spielt.28

Beispiel

Die Influencerin Jana Walter („janasdiary“ auf YouTube und Instagram) wurde durch ihr Videoformat „Liebes Tagebuch“ bekannt, in dem sie uber Themen spricht, uber die im Allgemeinen nur mit engen Freunden und Familie gesprochen wird. Ihre Abonnenten sprachen sich fur ein eigenes Buch aus. Daraufhin ist ein Verlag auf sie aufmerksam geworden und hat ihr bei dem Herausbringen des Buches geholfen. Im Jahr 2018 hat sie schlieftlich ihr erstes Buch „Jeder Tag ein Neuanfang“ herausgebracht. Darin spricht sie uber ihren eigenen Weg zum Glucklichsein. Sie hat das Buch nach eigenen Angaben komplett eigenstandig geschrieben und ihren personlichen Weg zum Glucklichsein dargestellt, somit sind ihre eigenen Gedanken in den Text eingegangen. Es handelt sich dabei auch nicht um Werbung fur bestimmte Produkte oder ahnliches. Somit handelt es sich um Einkunfte aus schriftstellerischer Tatigkeit gemaft § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, die strikt von ihrer ublichen Influencer-Tatigkeit abzugrenzen sind.29

3.2.1.5 Kunstlerische Tatigkeiten

Als kunstlerische Tatigkeiten eines Influencers kommen vor allem fotografische und videografische Tatigkeiten, sowie deren kunstlerische Gestaltung in Frage. Somit ist fraglich, ob eine kunstlerische Tatigkeit damit bei Betreiben eines Blogs oder anderen Social-Media-Profils oder eines YouTube-Kanals vorliegt.

Kunstlerisch tatig wird nach standiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs derjenige, der eine eigenschopferische Tatigkeit mit einer gewissen Gestaltungshohe ausubt und seine individuelle Anschauungsweise zum Ausdruck bringt.30 Der Kunstbegriff und die Arten, die unter diesen Begriff fallen, sind jedoch nicht definiert. Es kommt vielmehr auf das Gesamtbild der Verhaltnisse an. Auch nach der Sichtweise des Bundesverfassungsgerichts liegt eine kunstlerische Betatigung vor, wenn die Eindrucke, Erfahrungen und Erlebnisse des Kunstlers in seine schopferische Gestaltung einflieften und durch sein Werk somit zum Ausdruck gebracht werden.31

Fur die Einordnung der kunstlerischen Tatigkeit als freiberufliche Tatigkeit ist eine berufliche Qualifikation unbedeutend, da es vielmehr auf das Talent des Steuerpflichtigen und weniger auf seine Ausbildung ankommt.32 Dieser Ansicht kann grundsatzlich gefolgt werden.

Die kunstlerische Leistung verliert nicht ihre Eigenschaft, wenn sie einem gewerblichen Zweck und nicht einem kulturellen Zwecke dient. Es ist daher unerheblich, mit welchem Ziel der Kunstler tatig wird und wofur sein Werk schlieftlich verwendet wird.33 So konnen auch Arbeiten, die fur Werbezwecke verwendet werden, kunstlerischer Natur sein, wenn sie personlichkeitsbezogen und durch den gestaltenden Einfluss des Influencers entstanden sind. Bleibt dem Influencer jedoch aufgrund der Weisungen und Einschrankungen seines Auftraggebers kein oder nur geringer Spielraum fur eigenschopferische Ideen und Umsetzungen, so ist die Tatigkeit nicht kunstlerisch im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG.34 Es ist daher nach dem Gesamtbild der Verhaltnisse abzuwagen, ob die Leistung des Influencers als eine eigenschopferische und personlichkeitsbezogene Tatigkeit anzusehen ist oder ob es sich dabei vielmehr um ein Werk handelt, dass kunstlerische Elemente enthalt, aber aufgrund und nach den Weisungen oder Ideen des Auftraggebers entstanden ist.

Beispiel35

Finn ist passionierter Landschaftsfotograf und -videograf. In Zeiten der Corona- Pandemie versucht er mit Landschaftsaufnahmen aus Deutschland, seinen Followern die Schonheit der heimischen Regionen naher zu bringen. Seine Aufnahmen erlangen dadurch immer mehr an Reichweite, wodurch Tourismusburos auf ihn aufmerksam werden. Sie kaufen ihm regelmaftig die Rechte an seinen Bildern und Videos ab, um diese in Zeitschriften und online fur Werbekampagnen zu nutzen.

Finn ist als Foto- und Videograf freiberuflicher Kunstler. Der kunstlerische Charakter wird nicht dadurch beeintrachtigt, dass ein Unternehmen seine Aufnahmen fur Werbezwecke nutzt, denn Finn nimmt diese nicht im Auftrag der Unternehmen auf. Er bleibt in der Gestaltung seiner Aufnahmen frei und verkauft anschlieftend auf Nachfrage seine Bild- und Videorechte. Dies ist charakteristisch fur eine kunstlerische Tatigkeit.

Wurde Finn die Aufnahmen im Auftrag der Tourismusburos aufnehmen, handelt es sich dabei um Auftragsarbeiten, die nicht als kunstlerisch und damit nicht als freiberuflich einzustufen sind.

In vielen Fallen nehmen Influencer im Auftrag von Unternehmen Videos auf, um darin fur Produkte zu werben. Die Videos konnen die Influencer meist selbst entwerfen, aufnehmen und ausgestalten, damit ihnen ein individueller Charakter verliehen wird. Damit stellt sich die Frage, ob diese Tatigkeiten ebenfalls als kunstlerisch anzusehen sind, da der Influencer eigenschopferisch kreativ wird und die Verwendung fur Werbezwecke der Annahme einer kunstlerischen Tatigkeit, wie bereits erlautert, nicht entgegensteht. Eine darstellende kunstlerische Tatigkeit liegt nach Auffassung der Rechtsprechung nicht vor, wenn sich die Tatigkeit eines werbenden Steuerpflichtigen lediglich darauf beschrankt, aus der Rolle eines Produktverwenders zu sprechen oder lediglich fur das Produkt zu werben.36 In diesen Fallen steht das Sprechen von Werbetexten und nicht die darstellende kunstlerische Tatigkeit im Vordergrund. Nur im Einzelfall wurde eine solche Tatigkeit als eigenschopferische kunstlerische Leistung anzusehen sein, wenn der Steuerpflichtige schauspielerisch oder kunstlerisch die Werbung fur ein Produkt umsetzt, z.B. in dem er eine besondere schauspielerische Rolle einnimmt und eine besondere kunstlerische Gestaltung vornimmt. Da Influencer fur diese Prasentationsvideos aus ihren eigenen Erfahrungen mit einem bestimmten Produkt sprechen, fur das sie entgeltlich werben, und dabei keine typischen schauspielerischen oder kunstlerischen Elemente miteinbeziehen, sondern nur ihre Bekanntheit fur die Bewerbung des Produkts nutzen,37 liegt somit keine eigenschopferische gestaltende bzw. darstellende Leistung vor. Eine kunstlerische Tatigkeit fur solche Leistungen ist daher zu verneinen.

Wird ein Influencer als Model fur ein Fotoshooting o.a. gebucht oder bucht der Influencer einen Fotografen fur die Erstellung von Content, handelt es sich nach Auffassung der Rechtsprechung und der Literatur nicht um eine kunstlerische Darbietung, wie sie Kunstler im Rahmen von Konzerten oder Auffuhrungen erbringen. Diese Tatigkeit ist daher als gewerblich einzustufen.38 Erstellt der Influencer jedoch selbst die Aufnahmen (z.B. Selfies) und Texte, konnte die kunstlerische Tatigkeit uberwiegen.39 Bei der Aufnahme von Selfies oder einfachen Portrait- oder Ganzkorperaufnahmen fehlt es jedoch an der bestimmten kunstlerischen Gestaltungshohe, denn das Talent, durch bestimmte Posen und bestimmte Mimik und Gestik und das Einsetzen von Kleidung und Accessoires, eine asthetische und interessante Aufnahme zu erstellen, ist nicht als Kunst im engeren Sinne anzusehen. Somit ist auch das Fotografieren von sich selbst nicht als kunstlerische Tatigkeit anzusehen.

Zusammenfassend ist eine kunstlerische Tatigkeit des Influencers nur dann als freiberuflich einzustufen, wenn die Tatigkeit als eigenschopferisch und kunstlerisch im engeren Sinne anzusehen ist. Dabei muss der Influencer bei Auftragsarbeiten, die im Zusammenhang zur Werbung fur ein Produkt, eine Dienstleistung oder ein Unternehmen stehen, einen grofttmoglichen gestalterischen Umsetzungsspielraum ausnutzen konnen. Sind die Vorgaben des Auftraggebers strikt, sodass sich der Influencer bei dessen Umsetzung nicht frei und kunstlerisch entfalten kann, liegt keine kunstlerische Tatigkeit vor. Bei Fotos oder Videos, in denen der Influencer im Auftrag von Unternehmen, deren Produkte bewirbt, ist keine darstellende kunstlerische Tatigkeit anzunehmen, da die Umsetzung in der Regel keine typischen schauspielerischen oder besonderen kunstlerischen Elemente enthalt.

3.2.1.6 Katalogberufe und ahnliche Berufe

Auch die sog. Katalogberufe und die diesen ahnelnden Berufen konnen Einkunfte aus selbstandiger Tatigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG sein.

Fur Influencer kommen in der Regel nur die Katalogberufe des Journalisten und Bildberichterstatters in Frage, denn die meisten Influencer schreiben und ver- offentlichen Texte, Bilder oder Videos zu bestimmten Themen, wie es Journalisten und Bildberichterstatter grundsatzlich auch tun.

Das Berufsbild des Journalisten ist nicht gesetzlich geregelt. Eine Vorbildung an einer Hochschule, Journalistenschule o.a. ist nicht erforderlich, kann jedoch als Indiz gewertet werden.40 Im Allgemeinen ist derjenige journalistisch tatig, der uber aktuelle Geschehnisse, die aufterhalb seiner Einflusssphare liegen, und von allgemeiner, politischer, wirtschaftlicher oder kultureller Bedeutung sind, berichtet. Dabei werden die Informationen nicht nur gesammelt und uber ein Massenmedium (Zeitung, Film, Rundfunk und Fernsehen) der Offentlichkeit zuganglich gemacht, sondern sie werden auch vom Steuerpflichtigen kritisch analysiert, bevor dieser dazu Stellung bezieht.41 In der modernen Zeit, in der Zeitung, Film, Rundfunk und Fernsehen immer mehr vom Internet und den Social-Media-Plattformen in den Hintergrund geruckt werden, ist eine solche Sammlung, Verbreitung und kritische Analyse auch uber das Internet und diese Plattformen denkbar. Denn dem Internet und den Social-Media- Plattformen kommt eine immer groftere Rolle in der Informationsverbreitung und Unterhaltung zu.

Damit grenzt sich die journalistische Tatigkeit von der schriftstellerischen Tatigkeit insofern ab, dass es vor allem auf das Sammeln und Verwerten von Informationen des aktuellen Geschehens und deren kritische Auseinandersetzung ankommt.

Eine journalistische Tatigkeit liegt nach Auffassung des Bundesfinanzhofs jedoch nicht vor, wenn die Berichterstattung auftragsorientiert mit dem Ziel einer Verkaufsforderung eines oder mehrerer bestimmter Produkte erfolgt. Er begrundet dies damit, dass keine eigenverantwortliche kritische Auseinandersetzung vorliegt. Die journalistische Arbeit kennzeichnet vor allem die Offentlichkeit uber Sachverhalte oder Vorgange allgemeiner, politischer, wirtschaftlicher oder kultureller Themen zu informieren und so zur offentlichen Meinungsbildung beizutragen.42 Die Entscheidung ist nachzuvollziehen.

Als Bildberichterstatter wird tatig, wer durch eigene Bilder oder Filme die Allgemeinheit uber die Medien uber gegenwertige Geschehnisse allgemeiner, politischer, wirtschaftlicher oder kultureller Bedeutung informiert.43 Als Medien kommen hier neben den klassischen Medien, wie TV, Rundfunk und Printmedien, ebenfalls die Social-Media-Plattformen und Online-Blogs in Frage. Erstattet der Steuerpflichtige Bericht uber Geschehnisse oder Sachverhalte, die im Interesse seines Auftraggebers liegen und somit Werbezwecken dienen, liegt im Zweifel jedoch keine selbstandige Tatigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG vor, da der Werbecharakter uberwiegt.44

Beispiel45

Martin betreibt einen Blog, auf dem er Produkte fur den Haushalt testet. Die Produkte bekommt er von den jeweiligen Unternehmen zur Verfugung gestellt. Dafur ladt er kurze Videos hoch und berichtet uber die Produkte und sein Fazit in einem darunter stehenden Text.

Die Einkunfte aus der Tatigkeit sind nicht als journalistisch, bildberichterstatterisch und auch nicht als schriftstellerisch einzustufen, und sind somit keine Einkunfte aus freiberuflicher Tatigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Es handelt sich nicht um eine kritische Auseinandersetzung mit Informationen und Stellungnahmen zu politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen oder kulturellen Ereignissen. Vielmehr steht eine Verkaufsforderung der gezeigten Produkte im Auftrag der Kooperationspartner im Vordergrund, die als gewerblich einzustufen ist.

Beispiel46

Finn, der passionierte Landschaftsfoto- und -videograf, fliegt nach dem Ende der Corona-Pandemie wieder durch die ganze Welt. Er postet auf seinem Instagram- Profil Fotos und Videos, die insbesondere die Missstande in den Landern zeigen, die durch die Pandemie besonders gelitten haben. In Videos interviewt er dazu Betroffene vor Ort. Einnahmen erzielt er durch Auftrage von Onlinezeitungen, TV- Sendern o.a., aber auch durch „Spenden“ seiner Abonnenten. Werbeeinnahmen lehnt er strikt ab, da er diese vor dem Hintergrund seiner Themen als nicht vernunftig ansieht.

Durch seine kritische Auseinandersetzung mit politischen und gesellschaftlichen Themen in Folge der Corona-Pandemie mittels Bilder, Videos und Texten ist Finn Bildberichterstatter und erzielt somit mit den Honoraren von seinen Auftraggebern und den „Spenden“ seiner Abonenten Einnahmen aus freiberuflicher Tatigkeit.

3.2.2 Einkunfte aus Gewerbebetrieb

Handelt es sich nicht um Einkunfte aus freiberuflicher Tatigkeit, liegen Einkunfte aus Gewerbebetrieb vor. Gewerblich tatig wird im Allgemeinen derjenige, der eine selbstandige, also nicht weisungsgebundene Tatigkeit, mit der Absicht, diese zu wiederholen und Gewinne zu erzielen, ausubt und diese eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt (§ 15 Abs. 2 Satz 1 EStG). Eine gewerbliche Tatigkeit ist beim zustandigen Gewerbeamt anzumelden.

Eine selbstandige Betatigung liegt vor, wenn die ausubende Person auf eigene Rechnung und Gefahr tatig wird, also das Erfolgsrisiko (Unternehmerrisiko) tragt und Unternehmerinitiative entfalten kann. D.h. dass die ausubende Person frei tatig werden kann, ggf. innerhalb der Auftragsgrenzen, ihre Einnahmen weitgehend von der eigenen Tatigkeit abhangen und im Falle der Nichterfullung der Auftrage das Verlust- bzw. Haftungsrisiko tragt.47

Einmalige Aktivitaten sind nicht als nachhaltige Tatigkeiten anzusehen. Grundsatzlich ist eine Tatigkeit als nachhaltig anzusehen, wenn sie mit der Absicht, d.h. mit der Entschlossenheit, aufgenommen wird, aus ihr eine standige Erwerbsquelle zu machen.48

Eine Betatigung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr liegt vor, wenn der Steuerpflichtige Guter und/ oder Leistungen unmittelbar oder mittelbar, z.B. uber einen Makler oder Vertreter, am allgemeinen Markt gegen Entgelt und fur Dritte erkennbar, anbietet oder dies beabsichtigt, also vorbereitende Maftnahmen dafur getroffen werden.49

Einkunfte aus Gewerbebetrieb kann zudem nur der erzielen, der in der Absicht tatig ist, Gewinne zu erzielen. Eine Gewinnerzielungsabsicht liegt vor, wenn sich der Steuerpflichtige wie ein Gewerbetreibender verhalt und tatsachlich Gewinne erzielt.50 Einnahmen aus Affiliate-Links und Bannerwerbung, an denen der Influencer prozentual am Umsatzerlos der verlinkten oder beworbenen Produkte bzw. Unternehmen beteiligt wird, und Merchandising-Verkaufen sind grundsatzlich als Einkunfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren.

Mit der Eroffnung eines Kanals auf YouTube, gestattet der Influencer Google die Schaltung von Werbung und wird im Gegenzug an den generierten Werbeeinnahmen prozentual beteiligt.51 Diese Werbeeinnahmen sind als gewerbliche Einkunfte anzusehen, unabhangig davon, ob das Video als solches als kunstlerische Tatigkeit oder als Bildberichterstattung und somit als freiberufliche Tatigkeit anzusehen ist.

[...]


1 Die Kurzinformation vom 07.09.2019 wurde wieder aufgehoben; vgl. Homuth, NWB 2019, S. 3328 (Hinweis vom 21.11.2019).

2 Vgl. Homuth, NWB 2019, S. 3328; Homuth, Vom Influencer zum Insolvenzer, 2020, S. 66.

3 Vgl. BT-Drucks. 19/21041 v. 13.07.2020.

4 Vgl. BT-Drucks. 19/21307 v. 28.07.2020.

5 Vgl. Deges/ Wirtschaftslexikon Gabler, Influencer, 26.10.2018.

6 Vgl. Herzog/ Hochschule Luzern, Influencer Marketing, 04.07.2017; Jahnke, in: Jahnke (Hrsg.), Influencer Marketing, 2018, S. V und 1; Lommatzsch/ Schach, in: Lommatzsch/ Schach (Hrsg.), Influencer Relations, 2018, S. V.

7 Vgl. Jahnke, in: Jahnke (Hrsg.), Influencer Marketing, 2018, S. V und 1.

8 Vgl. Homuth, NWB 2018, S. 1892.

9 Vgl. Statista, Marktdurchschnittspreis fur einen Beitrag von Influencern in Deutschland im Jahr 2020, 25.05.2020.

10 Vgl. Brunckhorst/ Sterzinger, DStR 2018, S. 1689.

11 Vgl. Heinicke, in: Schmidt/ Weber-Grellet (Bgr./ Hrsg.), EStG, 2020, § 1 Rn. 22.

12 in Anlehnung an Siegel/ Siegel, Steuertipps fur YouTuber, Blogger und Influencer, 2020, S. 18.

13 Vgl. Rauch, in: Blumich/ Brandis/ Heuermann(Bgr./ Hrsg.), EStG, 2020, § 1 Rn. 161.

14 Vgl. Bayerisches Landesamt, FAQ fur Social-Media-Akteure, keine Datumsangabe.

15 Vgl. Wacker, in: Schmidt/ Weber-Grellet (Bgr./ Hrsg.), EStG, 2020, § 18 Rn. 1; Hutter, in: Blumich/ Brandis/ Heuermann (Bgr./ Hrsg.), EStG, 2020, § 18 Rn. 19.

16 Vgl. Hutter, in: Blumich/ Brandis/ Heuermann (Bgr./ Hrsg.), EStG, 2020, § 18 Rn. 89; Wacker, in: Schmidt/ Weber-Grellet (Bgr./ Hrsg.), EStG, 2020, § 18 Rn. 62.

17 Vgl. Siegel/ Siegel, Steuertipps fur YouTuber, Blogger und Influencer, 2020, S. 46.

18 Vgl. auch Homuth, NWB 2018, S. 1894; Siegel/ Siegel, Steuertipps fur YouTuber, Blogger und Influencer, 2020, S. 46f.

19 BFH, 21.11.1974, II R 107/68, BStBl. II 1975, S. 389; vgl. auch Wacker, in: Schmidt/ Weber-Grellet (Bgr./ Hrsg.), EStG, 2020, § 18 Rn. 84.

20 Vgl. Siegel/ Siegel, Steuertipps fur YouTuber, Blogger und Influencer, 2020, S. 47.

21 Vgl. Hutter, in: Blumich/ Brandis/ Heuermann (Bgr./ Hrsg.), EStG, 2020, § 18 Rn. 103.

22 Vgl. Brunckhorst/ Sterzinger, DStR 2018, S. 1690.

23 BFH, 18.04.1996, IV R 35/95, DStR 1996, S. 1478.

24 u.a. BFH, 30.10.1975, IV R 142/72, BStBl. II 1976, S. 192; BFH, 14.05.1958, IV 278/56 U, BStBl. II 1958, S. 316; BFH, 10.09.1998, IV R 16/97, BStBl. II 1999, S. 215; BFH, 29.07.1981, I R 183/79, NJW 1982, S. 672.

25 BFH, 14.05.1958, IV 278/56 U, BStBl. II 1958, S. 316; vgl. auch Hutter, in: Blumich/ Brandis/ Heuermann (Bgr./ Hrsg.), EStG, 2020, § 18 Rn. 99; Homuth, NWB 2018, S. 1893.

26 Vgl. Hutter, in: Blumich/ Brandis/ Heuermann (Bgr./ Hrsg.), EStG, 2020, § 18 Rn. 102.

27 Vgl. Wacker, in: Schmidt/ Weber-Grellet (Bgr./ Hrsg.), EStG, 2020, § 18 Rn. 77.

28 So auch Schafer, StB 2019, S. 211.

29 Vgl. Walter, Jeder Tag ein Neuanfang, 2018; janasdiary, Ich habe ein Buch geschrieben, 08.12.2017.

30 BFH, 11.07.1991, IV R 33/90, BStBl. II 1992, S. 353.

31 BVerfG, 24.02.1971, 1 BvR 435/68, NJW 1971, S. 1645.

32 Vgl. Hutter, in: Blumich/ Brandis/ Heuermann (Bgr./ Hrsg.), EStG, 2020, § 18 Rn. 92.

33 BFH, 11.07.1991, IV R 33/90, BStBl. II 1992, S. 353.

34 BFH, 11.07.1991, IV R 33/90, BStBl. II 1992, S. 353; vgl. auch Homuth, NWB 2018, S. 1893.

35 in Anlehnung Siegel/ Siegel, Steuertipps fur YouTuber, Blogger und Influencer, 2020, S. 44f.

36 BFH, 11.07.1991, IV R 33/90, BStBl. II 1992, S. 353.

37 Vgl. auch Brunckhorst/ Sterzinger, DStR 2018, S. 1690.

38 BFH, 08.06.1967, IV 62/65, BStBl. III 1967, S. 618; BMF, 09.01.2009, IV C 3 - S 2300/07/10002, BStBl. I 2009, S. 362; vgl. auch Homuth, NWB 2018, S. 1894; Knauft/ Schaar/ Skrotzki, Medienberufe und Steuern, 2019, S. 29.

39 Vgl. Homuth, NWB 2018, S. 1894.

40 Vgl. Hutter, in: Blumich/ Brandis/ Heuermann (Bgr./ Hrsg.), EStG, 2020, § 18 Rn. 149.

41 BFH, 25.04.1978, VIII R 149/74, BStBl. II 1978, S. 565.

42 BFH, 16.09.2014, VIII R 5/12, BStBl. II 2015, S. 217.

43 BFH, 19.02.1998, IV R 50/96, BStBl. II 1998, S. 441.

44 BFH, 19.02.1998, IV R 50/96, BStBl. II 1998, S. 441.

45 in Anlehnung an Brunckhorst/ Sterzinger, DStR 2018, S. 1691.

46 in Anlehnung an Siegel/ Siegel, Steuertipps fur YouTuber, Blogger und Influencer, 2020, S. 49.

47 BFH, 24.10.1995, VIII R 2/92, BFH/NV 1996, S. 325; vgl. auch Wacker, in: Schmidt/ Weber-Grellet (Bgr./ Hrsg.), EStG, 2020, § 15 Rn. 15.

48 BFH, 12.07.1991, III R 47/88, BStBl. II 1992, S. 143; BFH, 10.12.1998, III R 61/97, NZG 1999, S. 615; vgl. auch Wacker, in: Schmidt/ Weber-Grellet (Bgr./ Hrsg.), EStG, 2020, § 15 Rn. 17.

49 BFH, 10.12.1998, III R 61/97, NZG 1999, S. 615; BFH, 07.02.2018, X R 10/16, BStBl. II 2018, S. 630; vgl. Wacker, in: Schmidt/ Weber-Grellet (Bgr./ Hrsg.), EStG, 2020, § 15 Rn. 20.

50 Vgl. Wacker, in: Schmidt/ Weber-Grellet (Bgr./ Hrsg.), EStG, 2020, § 15 Rn. 24.

51 Vgl. Homuth, NWB 2018, S. 1897.

Ende der Leseprobe aus 70 Seiten

Details

Titel
Die ertragsteuerliche und umsatzsteuerliche Behandlung von Influencern
Hochschule
FOM Hochschule für Oekonomie und Management gemeinnützige GmbH, Hochschulstudienzentrum Hamburg
Note
1,5
Jahr
2021
Seiten
70
Katalognummer
V1043539
ISBN (eBook)
9783346469984
ISBN (Buch)
9783346469991
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Influencer, Besteuerung, Steuerrecht, Einkommensteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, Einkünftequalifizierung, Geschenke, Social Media
Arbeit zitieren
Anonym, 2021, Die ertragsteuerliche und umsatzsteuerliche Behandlung von Influencern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1043539

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