Die Etablierung von Bildung für nachhaltige Entwicklung an weiterführenden Schulen in Deutschland


Hausarbeit, 2019

36 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe

Inhalt

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Legitimation von Bildung für nachhaltige Entwicklung
2.1 Politische Rahmendokumente für BNE auf internationaler Ebene
2.2 Die Umsetzung der politischen Vorgaben auf nationaler Ebene
2.3 Erwartungen an Bildung für nachhaltige Entwicklung

3. Darstellung des Bildungskonzepts BNE

4. Eine Bilanz nach der ersten UN-Dekade BNE in Deutschland

5. Maßnahmen für eine erfolgreiche Etablierung von BNE an weiterführenden Schulen
5.1 BNE als Aufgabe des Bildungswesens
5.2 Die strukturelle Verankerung von BNE in Lehr- und Bildungsplänen
5.3 Die Verankerung von BNE in der Lehrerausbildung
5.4 Whole System Approach
5.5 Die Partizipation aller gesellschaftlicher Gruppen

6. Zusammenfassung

7. Diskussion

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der Internetquellen

Abkürzungsverzeichnis

ANU Arbeitsgemeinschaft Natur- und Umweltbildung e.V.

BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung

BNE Bildung für nachhaltige Entwicklung

CSCT Curriculum Sustainable development Competences Teacher

training

DUK Deutsche UNESCO- Kommission

EPA Einheitliche Prüfungsanforderung in der Abiturprüfung

KMK Kultusministerkonferenz

NAP Nationaler Aktionsplan

NPBNE Nationale Plattform Bildung für nachhaltige Entwicklung

OECD Organisation for Economic Cooperation and Development

SDGs Sustainable Development Goals

UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization

WAP Weltaktionsprogramm

WD Wissenschaftliche Dienste

WBGU Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale

Umweltveränderungen

1. Einleitung

Lehrer sind vielfältigen Herausforderungen ausgesetzt. Dazu gehören die Binnendifferenzierung im Unterricht, der Ausbau der Medienkompetenz, die flächendeckende Einführung von Ganztagsschulen oder die zurückliegende Diskussion um acht- oder neunjähriges Gymnasium. Daher ist es von Bedeutung zu überdenken, welche Legitimation es für zusätzliche Anforderungen durch Bildung für nachhaltige Entwicklung (nachfolgend: BNE) gibt. Es ist daher von besonderem Interesse darzulegen, welche Beweggründe zu einer Modifizierung im Bildungsbereich geführt haben. Deshalb werden zunächst die politischen Vorgaben und Erwartungen in Verbindung mit BNE dargelegt.

Der Ausarbeitung liegt dabei das wissenschaftlich akzeptierte Verständnis für Nachhaltigkeit zugrunde. Der Begriff Nachhaltigkeit wird gemäß dem Wortlaut des Brundtland- Berichtes von 1987 folgendermaßen definiert:

„Dauerhafte Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“ (nach Hauff: S. 9).

Der Begriff selbst tritt in der Definition nicht in Erscheinung. Es wird ein zeitlicher Bezug hergestellt und der mittlerweile häufig benutzte Begriff der Generationengerechtigkeit aufgenommen. Nachhaltigkeit zu praktizieren erfolgt unter einer kurzzeitigen, mittelfristigen und langfristigen Perspektive. Maßnahmen sollen die Verantwortung für künftige Generationen und die Gerechtigkeit unter den heute Lebenden (Grunwald, Kopfmüller: 11) berücksichtigen.

Nachhaltigkeit bezieht sich zudem auf die drei Dimensionen „Ökologie, Ökonomie und Soziales“ (Hauff 2015: 55). Bei Nachhaltigkeitsmaßnahmen wird eine ausgewogene Berücksichtigung der drei Dimensionen angestrebt.

Von den politischen Vorgaben führt die Arbeit zu der Frage der konkreten Umsetzung. Da das Konzept BNE einen hohen Stellenwert für das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele hat, stellt sich die Frage, welche Kompetenzen damit verbunden sind. Es schließt sich eine Veranschaulichung der Prinzipien von Bildung für nachhaltige Entwicklung als theoretische Basis an.

Inhalte und Methoden diesbezüglich haben bereits Eingang an weiterführenden Schulen gefunden. Anschließend ist deshalb von besonderem Interesse, inwieweit es in den vergangenen Jahren bereits gelungen ist, das Bildungsprinzip BNE an weiterführenden Schulen zu verankern. Mit Hilfe von Veröffentlichungen der Deutschen UNESCO-Kommission konnten dazu Erkenntnisse gewonnen werden. Mit der begleitenden Evaluation der Umsetzung des Weltaktionsprogramms BNE in Deutschland ist die Freie Universität Berlin betraut. Auf veröffentlichte Evaluationsergebnisse konnte ebenfalls zugegriffen werden. Auch eine Erhebung zur Implementation von BNE an Gymnasien in Nordrhein-Westfalen liegt der Ausarbeitung zugrunde.

Aufgrund der Kulturhoheit der Länder gibt es ein breites Schulspektrum in Deutschland. Um diese Spezifizierungen zu umgehen, wurde in der Ausarbeitung der Titel weiterführende Schulen gewählt, da dieser Terminus alle allgemeinbildenden Schularten, die sich an die Grundschulbildung anschließen, umfasst. Maßnahmen zur Umsetzung von BNE lassen sich schulartspezifisch individuell anpassen.

Mittlerweile geht es um eine dauerhafte Verfestigung der Prinzipien im schulischen Rahmen. Für die Ausführungen stand schließlich die Frage im Zentrum, welche Möglichkeiten es für die Etablierung von Bildung für nachhaltige Entwicklung an weiterführenden Schulen gibt. Das Kapitel fünf geht daher auf Implementationsmaßnahmen ein. Der Maßnahmenkatalog orientiert sich an den Handlungszielen des Nationalen Aktionsplans. Die aufgeführten Beispiele sind zum Teil in der eigenen Unterrichtspraxis erprobt worden. Es wird die Überlegung einbezogen, inwieweit tatsächlich das Bildungsprinzip BNE auf diesem Wege umgesetzt wird.

Die Zusammenfassung beleuchtet noch einmal die wesentlichen Erkenntnisse, während in der Diskussion auch kritische Überlegungen anklingen.

In diesem Teil der Ausarbeitung kann der Eindruck entstehen, die Kritikpunkte würden den Bildungsansatz infrage stellen. Das ist nicht beabsichtigt. Sie stellen dagegen Leitplanken dar, innerhalb derer eine Durchdringung der Bildungsinhalte mit Nachhaltigkeitszielen sinnvoll erscheint.

2. Die Legitimation von Bildung für nachhaltige Entwicklung

Dramatische Entwicklungen weltweit wie die Zunahme von Flüchtlingen, klimatische Veränderungen in Form des Rückgangs der Ozonschicht oder seit einigen Jahren zunehmend der Gletscherschwund in den Polargebieten und Hochgebirgen oder aktuelle Fragen zur Entwicklung von Gesellschaften und Demokratie haben dazu beigetragen, dass ein breiter Konsens darüber entstanden ist, den Gedanken der Nachhaltigkeit auf der Bildungsebene zu etablieren und dadurch Entwicklungen in allen Nachhaltigkeitsdimensionen zukunftsfähig zu gestalten.

2.1 Politische Rahmendokumente für BNE auf internationaler Ebene

Die Anfänge einer Nachhaltigkeitsdebatte auf globaler Ebene fand unter ökologischem Gesichtspunkt ab den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts statt. Im Abschlussdokument der Rio-Konferenz 1992 zu Umwelt und Entwicklung wurden schließlich Ökologie- und Gerechtigkeitsdiskurse zusammengeführt und es entstand die Forderung nach einer Verstärkung der Bildungsbemühungen, um nachhaltige Entwicklungen zu etablieren (vgl. Brock, de Haan et al.: 13). Es wurde hier auch die Notwendigkeit einer „Transformationsbildung“ (Deutsche UNESCO-Kommission (2013): 6) hervorgehoben und auf der zehn Jahre später folgenden Johannesburg-Konferenz bekräftigt. Das ernüchternde Ergebnis im Hinblick auf die mangelnde Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen sollte durch eine Impulsgebung für den Bildungsbereich seitens der Vereinten Nationen einen Schub erhalten. Daher wurde im Rahmen dieser Konferenz die „UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung (2005-2014)“ (Wissenschaftliche Dienste: 8/2017: 4) ausgerufen. Diese entstand auch als Reaktion auf die zunehmende Verbreitung von Armut, Gewalt, Ungleichheit und die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen (vgl. WD8/2017: 4). Die Dekade war mit dem Ziel verbunden, alle Aspekte von nachhaltiger Entwicklung in Bildungsgrundsätzen zu verankern. Sie forderte die verbindliche Aufnahme von BNE in Curricula. Die entsprechende Aussage lautet:

„However, if we are at all serious about environmental protection and sustainable development, education engendering genuine respect for nature and the environment must be mandatory part of formal curricula, not optional.” (Hens, L.; Bhaskar, N. (2005): The World Summit on sustainable development the Johannesburg conference, zitiert nach Buddeberg: 77).

Inhaltlich steht vor allem der Schutz der Umwelt im Vordergrund.

Die Resolution macht allerdings auch klar, dass über Bildung allein diese Ziele nicht zu erreichen sind, aber dass diese einen wichtigen Baustein für nachhaltige Entwicklung darstellt (vgl. WD8/2017: 4). Bei der Halbzeitkonferenz zur UN-Dekade in Bonn 2009 konnte in einer Bilanz festgestellt werden, dass sich die Leitbilder in Bildungsbemühungen verändern, aber weitere Anstrengungen erforderlich sind (vgl. Michelsen: 22).

Zur Etablierung der Ziele und Verfestigung von BNE wurde international im Jahr 2013 das „UNESCO- Weltaktionsprogramm Bildung für nachhaltige Entwicklung (2015-2019)“ (WD8: 5) angeschlossen. Das Weltaktionsprogramm (nachfolgend: WAP) macht deutlich, dass sich negative Entwicklungen weltweit verfestigen und sich wirtschaftliche und gesellschaftliche Strukturen verändern und zu Abhängigkeiten führen (vgl. UNESCO: 8). Das WAP sollte Aktivitäten auf allen Ebenen anstoßen und den Prozess der nachhaltigen Entwicklung beschleunigen (vgl. UNESCO - Roadmap: 14).

Als weiterer Meilenstein in diesem Prozess wurde im Jahr 2015 von allen Staaten der Welt die Agenda 2030 der Vereinten Nationen ratifiziert. Bildung unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten zu betrachten wurde auf Makroebene politischen Handelns in den daraus entstandenen SDGs der Post – 2015 - Agenda explizit berücksichtigt und erhält hier mit dem Unterpunkt 4.7 erstmals einen besonderen Schwerpunkt. Dieser lautet:

„By 2030, ensure that all learners acquire the knowledge and skills needed to promote sustainable development, including, among others, through education for sustainable development and sustainable lifestyles, human rights, gender equality, promotion of a culture of peace and non-violence, global citizenship and appreciation of cultural diversity and of culture’s contribution to sustainable development” (UN: Global Goals 4.7).

Während die ersten sechs Teilziele vom SDG 4 den Adressatenkreis von Bildung in den Blick nehmen, geht es in diesem umfangreicheren Teilziel 7 in stärkerem Maße um die Inhalte und Fertigkeiten von nachhaltiger Bildung. Hier stehen insbesondere die Frage der Menschenrechte, Geschlechtergerechtigkeit, die Unterstützung von Friedensbemühungen und die Vermeidung von Gewaltanwendung im Vordergrund. Es wird ebenfalls die Perspektive auf eine globale Weltgemeinschaft gelegt, bei der die Akzeptanz kultureller Unterschiede sowie die Zustimmung zu nachhaltiger Entwicklung in den Fokus rücken.

In zunehmendem Maße wird seit der Rio-Konferenz die Notwendigkeit erkennbar, nicht allein die Umwelt zu schützen. Handlungsbedarf ist in allen Bereichen von Nachhaltigkeit erforderlich. Die Ausweitung, aber auch Konkretisierung der Forderungen stehen daher unter dem Vorzeichen sich weltweit verschärfender Entwicklungen. Das Bemühen um Erhöhung der Verbindlichkeit der internationalen politischen Bemühungen durch eine zeitliche Fokussierung verdeutlicht, dass die Dringlichkeit zu handeln im Sinne von BNE eher gewachsen statt gesunken ist.

2.2 Die Umsetzung der politischen Vorgaben auf nationaler Ebene

In Deutschland setzte die Debatte um Nachhaltigkeit in der Bildung als Konsequenz der internationalen Bemühungen Mitte der 90er Jahre ein (vgl. Buddeberg: 78), entstanden in dem Bewusstsein, dass unter der Zielsetzung von Nachhaltigkeits­aspekten Bildung eines umfassenderen Ansatzes bedarf (vgl. Brock, de Haan: 13). Es wurde von der Bund-Länder-Kommission 1998 der „Orientierungsrahmen Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (Buddeberg: 78) vorgegeben. Zwei Modellversuche zur Implementation von BNE wurden bundesweit in dem Zusammenhang über einen Zeitraum von je fünf Jahren etabliert: das BLK-Programm 21 sowie das Nachfolgeprogramm Transfer 21. Parallel dazu befasste sich die Deutsche UNESCO-Kommission mit der Umsetzung der UN-Dekade (vgl. Buddeberg: 81) und stellte sich mit der Hamburger Erklärung vom 11. Juli 2003 zu den Zielen und Beweggründen für das WAP. Zu Dokumentationszwecken beschloss der Deutsche Bundestag 2000 die regelmäßige Berichtlegung zum Stand der Umsetzung von BNE (vgl. Buddeberg: 82).

Während auf internationaler Ebene eine Roadmap zur Umsetzung des WAPs als Leitfaden dient (siehe 2.1), wurde diese auf nationaler Ebene zur Implementierung von BNE in einem Nationalen Aktionsplan (nachfolgend: NAP) aufgegriffen, den das Nationalkomitee zu Beginn der Dekade 2005 vorlegte (vgl. Michelsen: 26) und mehrfach aktualisierte. In seiner derzeit gültigen Fassung wurde am 20. Juni 2017 der Nationale Aktionsplan mit 130 Zielen und rund 350 Maßnahmen verabschiedet (vgl. Brock, de Haan: 18). In Anlehnung an die UNESCO- Roadmap weist dieser für den Schulbereich fünf zentrale Handlungsfelder auf.

Auf der ersten Handlungsebene verpflichten sich politische Akteure dazu, BNE als Aufgabe des Bildungswesens zu unterstützen. BNE soll sich des Weiteren in der Lehr- und Fachkräfteausbildung niederschlagen. Das dritte Handlungsfeld des Nationalen Aktionsplans sieht eine Transformation der Lern- und Lehrumgebung vor. Im Handlungsfeld vier soll BNE in Curricula verankert werden. Das Handlungsfeld fünf sieht eine stärkere Einbeziehung der Schüler sowie weiterer Akteure zur Mitgestaltung vor (vgl. Deutscher Bundestag: 1). Mittlerweile liegt das vom Nationalkomitee erarbeitete Positionspapier Zukunftsstrategie 2015+ vor, das Maßnahmen für die Zeit nach der Dekade enthält (vgl. Michelsen: 28).

Deutschland nimmt international eine Vorreiterrolle bei der Umsetzung von BNE ein. Politisch Verantwortliche haben mit umfangreichen Maßnahmen auf die Anforderungen der UNESCO reagiert. Eine breite Organisationsstruktur ist mit der Durchführung und dem Monitoring von BNE in allen Bildungsbereichen betraut.

2.3 Erwartungen an Bildung für nachhaltige Entwicklung

Der umfangreiche politische Rahmen, in den BNE eingebettet ist, verdeutlicht den hohen Stellenwert, der diesem Bildungsprinzip im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen zugesprochen wird. Es ist daher wichtig, sich vor Augen zu führen, welche Erwartungen mit BNE verknüpft sind.

Bildung soll dem Anspruch gerecht werden, „Zukunftsverantwortung“ (Grunwald, Kopfmüller: 205) beim Lernenden zu manifestieren. Aus einer Stellungnahme der Bundesregierung von 2017 geht hervor, dass „...[nachhaltige: Anmerkung der Verfasserin] Entwicklung ... heute zu den unabdingbaren Voraussetzungen für eine gute Zukunft der Menschheit gehört, da die Herausforderungen wie eine effiziente Ressourcennutzung, die Ernährung und das Wachstum der Weltbevölkerung und wirtschaftlicher Fortschritt in den kommenden Jahren ansteigen“ (Deutscher Bundestag, Drucksache 18/13679: I).

Wenn demzufolge nachhaltige Entwicklung als Zukunftsparadigma postuliert wird, dann müssen die Gestalter zukünftiger Entwicklungen eine daraufhin ausgerichtete Handlungskompetenz erhalten.

Das Positionspapier 2015+ spricht von „strategische[r] Relevanz“ (Deutsche UNESCO-Kommission (2013): 9) von BNE zur Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen.

Detaillierter und umfassend sind die Erwartungen an BNE in der nachfolgenden Definition aufgeführt:

„ Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) soll es dem Individuum ermöglichen, aktiv an der Analyse und Bewertung von nicht-nachhaltigen Entwicklungsprozessen teilzuhaben, sich an Kriterien der Nachhaltigkeit im eigenen Leben zu orientieren und nachhaltige Entwicklungsprozesse gemeinsam mit anderen lokal wie global in Gang zu setzen. BNE unterstützt und fördert die Entwicklung von solchen Kompetenzen, die Individuen dazu in die Lage versetzen, sich an der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung zu beteiligen“ (Michelsen: V).

Die kritische Bewertung von Entwicklung setzt Wissen und Analysefähigkeit sowie Handlungsflexibilität und den Willen dazu voraus.

Die Agenda21 sieht daher die Notwendigkeit für eine „Transformationsbildung“ (Deutsche UNESCO-Kommission (2013): 6) (siehe:2.1). Damit wird verdeutlicht, dass jeder Einzelne dazu in die Lage versetzt werden soll, „... sich die besonderen Werte und das Wissen, aber auch die Fähigkeiten und Fertigkeiten anzueignen, die er oder sie für die Gestaltung einer lebenswerten Zukunft braucht“ (Deutsche UNESCO- Kommission (2013): 6).

Da sich Verhaltensformen, Produktionsmethoden und auch Konsummuster nicht von alleine verändern, sondern es dafür eines umfassenden Bewusstseinswandels bedarf, ist BNE eine wesentliche Voraussetzung, um eine Implementierung von Nachhaltigkeit langfristig auf allen gesellschaftlichen Aktionsebenen zu bewirken (vgl. Deutsche UNESCO-Kommission (2013): 6). Nur mit Bildung können umfassende Veränderungen erreicht werden, die Einstellungen, Handlungsfähigkeiten und Tätigkeiten (vgl. Brock, de Haan, et al.: 13) beeinflussen.

So können sich neue Lebensstile und -gewohnheiten verfestigen, die auch zu innovativen Ansätzen in Technik, Wissenschaft und Wirtschaft führen. De Haan verdeutlicht in diesem Zusammenhang zudem, dass gesellschaftliches Engagement zur Kommunikation von Defiziten von Nachhaltigkeit führt (ebd.: 13).

Wenn Lösungen unter Nachhaltigkeitsaspekten angestrebt werden, werden Wissensressourcen freigesetzt, die ein wertvolles gesellschaftliches Kapital darstellen (vgl. Grunwald, Kopfmüller: 204). Damit signalisiert eine Gesellschaft ebenfalls, dass sie entwicklungsfähig sowie innovationsbereit ist und ihrer Verantwortung gerecht wird (vgl. Grunwald, Kopfmüller: 204).

Es wird mit Bildungsmaßnahmen auch die Basis für die Akzeptanz von Nachhaltigkeitszielen in der Gesellschaft gelegt (vgl. Brock, de Haan: 13).

Aus der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung von 2016 geht auch hervor, dass Bildung selbst als ein „Menschenrecht“ (Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie (2016): 83) gesehen wird, da sowohl die individuellen beruflichen und privaten als auch gesellschaftlichen Möglichkeiten dadurch maßgeblich beeinflusst werden (ebd.: 83). Es besteht demzufolge ein wechselseitiges Verhältnis zwischen Nachhaltigkeit und Bildung. Das Recht auf Bildung als Grundrecht erfüllt bereits den Nachhaltigkeitsanspruch; enthält Bildung Nachhaltigkeitsziele, wird sie damit dem Nachhaltigkeitsparadigma gerecht.

BNE ist daher die pädagogische Antwort auf das gesellschaftliche Leitbild der Nachhaltigkeit (vgl. Grundmann: 39).

Mit BNE sind hohe Erwartungen verbunden. Die Lernziele von Bildung gehen hierbei über den Wissenserwerb in einzelnen Disziplinen hinaus. Schlagworte wie Transformation oder Bewusstseinsbildung implizieren, dass Bildung unter dem Gesichtspunkt der Modifikation von Denken und Handeln nach Nachhaltigkeitskriterien erfolgen soll.

3. Darstellung des Bildungskonzepts BNE

Die umfangreiche Legitimation für BNE erfordert ein Konzept, das sich von bisherigen unterscheidet. Man kann von einem Paradigmenwechsel in der Bildung sprechen, wenn man Lernziele nicht allein am Wissenszuwachs misst, sondern an der Fähigkeit zur kritischen Beurteilung von Wissen und einer anhand von Bildung modifizierten Lebensführung. In Deutschland wird in diesem Zusammenhang von Gestaltungskompetenz (vgl. Michelsen: 36) gesprochen:

„Gestaltungskompetenz bezeichnet die Fähigkeit, Probleme nicht nachhaltiger Entwicklungen erkennen und Wissen über nachhaltige Entwicklung wirksam anwenden zu können (de Haan et al.2008:12, zitiert nach Michelsen: 37).

Die Definition impliziert, dass eine Zusammenschau der Nachhaltigkeitsdimensionen bei zukünftigen Entscheidungen gestaltend umgesetzt wird. Sie baut daher auf komplexem Wissenszuwachs auf, geht aber darüber hinaus, indem die Urteils- und Handlungsfähigkeit beim Lernenden im Hinblick auf Nachhaltigkeit sensibilisiert wird. Die Methodik nimmt daher einen wichtigen Stellenwert bei BNE ein.

Die OECD weist drei Kompetenzkategorien aus: Interaktive Verwendung von Medien und Tools, Interagieren in heterogenen Gruppen und Eigenständiges Handeln (nach Buddeberg: 64). In Anlehnung an die klassischen Kompetenzbegriffe korrelieren die Kategorien mit Sach- und Methodenkompetenz, Sozialkompetenz und Selbstkompetenz (nach Buddeberg: 64). Diesen ordnen sich 12 Teilkompetenzen unter (de Haan et al. 2008, zitiert nach Michelsen: 37). Zur interaktiven Verwendung von Medien und Tools gehören die Teilkompetenzen `P erspektivübernahme`, ` vorausschauend denken und handeln`, `disziplinenübergreifende Erkenntnis­gewinnung` sowie ` die Kompetenz zum Umgang mit unvollständigen und überkomplexen Informationen`. Zum Interagieren in heterogenen Gruppen gehört `die Kompetenz zur Kooperation`, `die Kompetenz zur Bewältigung individueller Entscheidungsdilemmata`, `die Kompetenz zur Partizipation und zur Motivation`. Die dritte Schlüsselkompetenz lautet eigenständiges Handeln. Diese lässt sich spezifizieren durch die Kompetenz zur Reflexion auf Leitbilder`, `die Kompetenz zu moralischem und zum eigenständigen Handeln` sowie ` die Teilkompetenz der Unterstützung anderer` (de Haan et al. 2008, zitiert nach Michelsen: 37f.).

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Ende der Leseprobe aus 36 Seiten

Details

Titel
Die Etablierung von Bildung für nachhaltige Entwicklung an weiterführenden Schulen in Deutschland
Hochschule
Technische Universität Kaiserslautern  (Distance & Independent Studies Center)
Note
2,7
Autor
Jahr
2019
Seiten
36
Katalognummer
V1044114
ISBN (eBook)
9783346466006
ISBN (Buch)
9783346466013
Sprache
Deutsch
Schlagworte
BNE, weiterführende Schulen, Nachhaltigkeit
Arbeit zitieren
Carola Schätzlein (Autor:in), 2019, Die Etablierung von Bildung für nachhaltige Entwicklung an weiterführenden Schulen in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1044114

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