Eine Service-App für die Kunden von gesetzlichen Krankenkassen

Welche Inhalte steigern den persönlichen Nutzen und die Attraktivität?


Akademische Arbeit, 2020

43 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis:

Abbildungsverzeichnis:

Tabellenverzeichnis:

Anlagenverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2. Zielsetzung der Arbeit
1.3. Aufbau der Arbeit

2. Theoretische Grundlagen
2.1 Entwicklung der Digitalisierung in der GKV
2.2 Rechtliche Rahmenbedingungen
2.3 Praktische Umsetzung
2.4 Zusammenfassung

3. Methode
3.1 Auswahl und Begründung der Methode
3.2 Entwicklung, Inhalt und Aufbau der Befragung
3.3 Vorgehen und Ablauf der Online-Befragung
3.4 Auswertung der Online-Befragung

4. Ergebnisse
4.1 Analyse der Teilnehmer
4.2 Darstellung der Einzelergebnisse

5. Diskussion
5.1 Reflektion der eigenen Vorgehensweise
5.2 Interpretation der Ergebnisse
5.3 Ableitung von Ansätzen zur Verbesserung

6. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis:

Abb. Abbildung

BAS Bundesamt für Soziale Sicherung

bzw. beziehungsweise

DSGVO Datenschutz-Grundverordnung

GKV Gesetzliche Krankenversicherung

SAS Statistical Analysis System

SGB Sozialgesetzbuch

SPSS Superior Performing Software Systems

TSVG Terminservice- und Versorgungsgesetz

u.a. unter anderem

z.B. zum Beispiel

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: Entwicklung der Gesundheits-Apps

Abbildung 2: Geschlecht der Teilnehmer

Abbildung 3: Alter der Teilnehmer

Abbildung 4: Grundsätzliche Bewertung Service-App

Abbildung 5: Wirkung auf die Kunden

Abbildung 6: Vergleich App-Nutzer – Personen ohne App

Abbildung 7: Vergleich Altersgruppen

Abbildung 8: Ergebnis allgemeine Informationen

Abbildung 9: Ergebnis medizinische Informationen

Abbildung 10: Vermittlung zusätzlicher Apps durch die KK

Abbildung 11: Anteil App-Nutzer

Tabellenverzeichnis:

Tabelle 1: Inhalte der Service-Apps gesetzlicher KK

Tabelle 2: SWOT-Analyse Kundennutzen

Tabelle 3: Dimensionen, Kategorien, Indikatoren

Tabelle 4: Einzelergebnisse App-Inhalte

Anlagenverzeichnis

Anlage 1: Aufbau & Inhalt Online-Fragebogen

1. Einleitung

Whatever you´re doing, do it mobile first. Eric Schmidt, damals CEO des Google Konzerns, fasste im Februar 2010 mit diesem Satz die strategische Ausrichtung des Unternehmens für die Zukunft zusammen. Diese Aussage kann nicht nur auf Google angewandt werden, sondern steht mittlerweile für den gesamten Sektor der Digitalisierung. Dinge mobil und online zu erledigen ist mittlerweile zum Standard geworden und ist mittlerweile in allen Bereichen des täglichen Lebens zu finden. Im Jahr 2019 (2. Quartal) standen alleine im App-Store von Google knapp 2,5 Millionen Anwendungen zum Download bereit.1

Auch beim Thema Gesundheit ist die digitale Welt nicht mehr wegzudenken. Gesundheit ist in der Arbeitswelt genauso allgegenwärtig wie im Privatleben. Einer Studie der Bitkom zur Gesundheit 4.0 zufolge beschäftigen sich 88 Prozent der Bevölkerung in Deutschland regelmäßig mit ihrer Gesundheit, über 50 Prozent davon mit steigender Tendenz online.2

1.1 Problemstellung

Auch die gesetzlichen Krankenkassen versuchen zunehmend, die Dynamik von Gesundheits-Apps und damit deren Potenziale für sich zu nutzen.3 Problematisch ist dabei, dass die Bereitstellung von Online-Geschäftsstellen und Service-Apps für die gesetzlichen Krankenkassen neues, bisher unbekanntes Terrain ist. Es wird dabei versucht, zwischen Kundennutzen, Datenschutz und dem Kostenfaktor ein möglichst passendes Produkt anzubieten.

Hier sind Grenzen dadurch gesetzt, dass im Rahmen des Datenschutzes nicht alles möglich ist, was technisch keine Problemstellung darstellen würde (z.B. Online „face to face“ Beratungen). Entscheidend ist auch der Kostenfaktor, denn gesetzliche Krankenkassen unterliegen strengen Regelungen, wie und wo sie Geld investieren dürfen – dies steht im Gegensatz zur freien Wirtschaft. Letztendlich kommt es maßgeblich darauf an, herauszufinden, was die Kunden von einer App ihrer Kasse erwarten, um das Produkt dann möglichst maßgeschneidert anzubieten.

1.2. Zielsetzung der Arbeit

Die App einer gesetzlichen Krankenkasse kann unterschiedlich viele Inhalte anbieten. Vom einfachen Tool zur Änderung der Adresse bis hin zu einem vollumfänglichen Angebot von Formularen, Informationen und Dienstleistungen ist alles im Bereich des Möglichen. Erworbene Produkte stiften für die Kunden einen Nutzen durch die Verbindung der Eigenschaften eines Konsumguts und den Zweckvorstellungen des Konsumenten.4 Auch die Service-App und deren Inhalte einer gesetzlichen Krankenkasse ist ein erworbenes Produkt. Das Ziel dieser Arbeit ist, zu filtern welche Anforderungen die Kunden von gesetzlichen Krankenkassen an eine App haben und dadurch einen bestmöglichen persönlichen Nutzen daraus ziehen.

1.3. Aufbau der Arbeit

Diese Arbeit beschäftigt sich zunächst mit den theoretischen Grundlagen zur Digitalisierung bei den gesetzlichen Krankenkassen. Herangezogen wurden hierbei u.a. diverse Studien zur Thematik. Auf die theoretischen Erkenntnisse aufbauend fasst eine SWOT-Analyse den Kundennutzen zusammen. Im Anschluss daran erfolgt die Operationalisierung, die Erhebungsmethode, sowie die Fragen werden abgeleitet. Nach Vorstellung der einzelnen Ergebnisse werden diese diskutiert, interpretiert und zusammengefasst.

2. Theoretische Grundlagen

Am Anfang eines jeden wissenschaftlichen Projektes steht neben der Forschungsidee die systematische Aufarbeitung der bereits existierenden Literatur zur Thematik.5 Dieses Kapitel befasst sich mit der Digitalisierung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), den rechtlichen Rahmenbedingungen hierfür und einem Überblick der praktischen Umsetzung.

2.1 Entwicklung der Digitalisierung in der GKV

Während die Digitalisierung in weiten Teilen der Lebens- und Arbeitswelt schon lange Einzug hält, nahm die Entwicklung in der GKV nur langsam Fahrt auf. Die Hauptaufgabe der gesetzlichen Krankenkassen nach § 1 SGB V ist es, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu verbessern. Die Krankenkassen haben sich jedoch in den vergangenen Jahren für ihre Versicherten vom Kostenerstatter zum Lotsen für den komplexen Gesundheitssektor entwickelt.6

2.1.1 Kommunikation mit Kunden früher und heute

In der Öffentlichkeit besteht nach wie vor der Eindruck, dass die digitale Transformation weitgehend ohne die gesetzliche Krankenversicherung stattfindet. Hartnäckig halten sich Papier und Faxgerät als zentrale Kommunikationsmittel.7 Nach wie vor findet etwa 60 Prozent der Kommunikation der Krankenkassen mit ihren Versicherten über die gewöhnliche Briefpost statt. Daneben kommunizieren etwa 23 Prozent der Kunden mit ihrer Kasse telefonisch, aber lediglich 17 Prozent über digitale Kanäle.8

Die gegenwärtige Corona-Pandemie treibt die Digitalisierung insgesamt, aber auch speziell im Gesundheitswesen und bei den Krankenkassen nochmals zusätzlich weiter voran. Da die Kassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts zu den systemrelevanten Einrichtungen gezählt werden,9 mussten diese für den Kundenverkehr bereits bei relativ geringen Inzidenzwerten für den Kundenverkehr schließen. Daher waren die Kunden gezwungen auf das Telefon oder eben digitale Angebote zurück zu greifen.

2.1.2 Wandel der Kundenansprüche

Die Digitalisierung verändert die Aktivitäten des Marktes und der Kunden. Die Kunden bestimmen mittlerweile die Kommunikationsspielregeln bei den Anbietern. Die Unternehmen müssen lernen, die digitalen Werkzeuge den Anforderungen und Wünschen der Nutzer anzupassen und nicht wie in der Vergangenheit darauf hoffen, dass sich die Nutzer auf die Optionen der Anbieter einlassen. Der Einsatz und die Nutzung digitaler Werkzeuge sind in der Gesellschaft und der Wirtschaft zur Normalität geworden. In Deutschland nutzt bisher mehrheitlich die jüngere Generation die digitalen Medien, die ältere Generation befindet sich jedoch in einem Aufholprozess und verzeichnet überdurchschnittlich hohe Wachstumsraten.10

Vor 15 Jahren war es noch üblich, dass Kunden über Brief oder Fax mit Ihrer Krankenkasse Kontakt aufnahmen. Formulare waren wenig kundenfreundlich gestaltet, die Anschreiben in Behördensprache gehalten und die Beantwortung von Anfragen dauerte meist ein bis zwei Wochen. In der digitalisierten Welt von heute wäre dies nicht mehr tragbar, denn mehr denn je steht nun der Kunde im Fokus. Und dieser Position sind sich die Kunden mittlerweile auch bewusst. Der Kunde möchte alles und das sofort und überall – unabhängig von Raum, Zeit und den Kanälen.11

Applikationen für Smartphones sollen aus Kundensicht vor allem einfach sein. Das moderne Leben fühl sich anstrengend, schnell und hektisch an. Daher reagieren Menschen positiv auf alles, was einfach ist und das Leben erleichtert. Die Anwendung muss zudem komfortabel und unterhaltsam sein, letzteres kann beispielsweise mit kleinen Videoclips untermalt werden.12

2.1.3 Differenzierung der Apps im Gesundheitswesen

In der Literatur, der Werbung oder im Alltag werden verschiedene Begriffe wie Gesundheits-Apps, Medizin-Apps oder Service-Apps verwendet und dabei auch häufig synonym verwendet. Eine einheitliche wissenschaftliche Definition der Kategorien konnte sich bislang nicht durchsetzen. Medizin-Apps konzentrieren sich vorwiegend auf Diagnostik und Therapie von Krankheiten. Gesundheits-Apps setzen hier oberflächlicher an und verfolgen das Ziel, das körperliche, seelische und soziale Wohlbefinden positiv zu beeinflussen.13

Davon abzugrenzen sind die Service-Apps der Krankenkassen. Sie dienen vorwiegend als Kommunikationsmittel zwischen Krankenkasse und Versicherten, sowie zur Vereinfachung von Verwaltungsverfahren. Mit einer sicheren Authentifizierung können auf diese Weise auch Dokumente mit hohem Schutzbedarf ausgetauscht werden. Klassische Anwendungsfälle hierfür sind die Übermittlung von Rechnungen zur Erstattung, elektronische Einreichung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen oder die Übermittlung von Einkommensnachweisen zur Berechnung der Beiträge.14

Auf dem GKV-Markt sind häufig Mischformen zu finden. Es handelt sich um Service-Apps, die gleichzeitig auch Informationen zu Prävention, gesunder Ernährung oder anderen Themen enthalten. Eine Studie von McKinsey & Company untersuchte 75 angebotene Apps von gesetzlichen Krankenkassen. 38 dieser Anwendungen (die Hälfte) konnte explizit dem Bereich Serviceanwendungen zugeteilt werden. Diese beinhalten neben dem klassischen Verwaltungsverfahren meist auch allgemeine Informationen zu Gesundheitsthemen, Arzt- und Krankenhaussuchen und die Entschlüsselung der ICD-Angaben auf Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Darüber hinaus gab es darunter nochmals acht sogenannte Multifunktions-Apps, die ebenfalls Serviceanwendungen beinhalteten.15 Diese Anwendungen sind Schwerpunkt der Arbeit und werden nachfolgend einheitlich als Service-Apps bezeichnet.

Zusammenfassen lassen sich alle Begriffe unter dem Begriff Electronic Health (E-Health oder eHealth). Darunter zu verstehen sind alle elektronisch unterstützten Aktivitäten und Systeme im Gesundheitswesen.16

2.2 Rechtliche Rahmenbedingungen

Die Kommunikation der gesetzlichen Krankenkassen ist vielfältig, komplex und von den gesetzlichen und strukturellen Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen geprägt. Für die nach wie vor papierlastige Kommunikation sind u.a. rechtliche Regelungen verantwortlich, die nur zögerlich der digitalisierten Welt angepasst werden. Denn als Körperschaften des öffentlichen Rechts unterliegen Krankenkassen umfangreichen gesetzlichen Regelungen, welche für die Kommunikation der Krankenkassen wichtige Einflussfaktoren bilden.17 Einer Studie der Medizinischen Hochschule aus dem Jahr 2016 kann entnommen werden, dass neben dem hohen Aufwand für Entwicklung, Wartung und Pflege der Apps (Nennung von 77 %) vor allem die Einhaltung der Datenschutzvorschriften (77 %) und die weiteren rechtlichen und regulatorischen Vorgaben (73 %) von den gesetzlichen Krankenkassen als Hemmnisse gesehen werden.18

Apps oder App-Bestandteile, die Gesundheitsförderung oder Prävention bedienen, sind ein wettbewerbliches Instrument der Krankenkassen und häufig mit Bonusprogrammen verknüpft. Grenzen sind hierbei durch § 65a SGB V gesetzt, da nachgewiesen werden muss, dass dadurch Einsparungen und Effizienzsteigerungen generiert werden können. Entsprechende Nachweise darüber liegen allerdings kaum vor, so dass die Sinnhaftigkeit entsprechender Maßnahmen im Hinblick auf die tatsächliche Präventionswirkung kritisch zu hinterfragen ist.19

Aufgrund des Gesamtumfangs wird auf eine detaillierte Erläuterung aller gesetzlichen Rahmenbedingungen verzichtet.

2.2.1 Datenschutz

Alle Daten, die bei einer gesetzlichen Krankenkasse erhoben, verarbeitet oder gespeichert werden, gelten als Sozialdaten und sind folglich besonders geschützt. Sie unterliegen dem Sozialgeheimnis und die Kassen sind verpflichtet, diese besonders zu schützen. Die Befugnisse beschränken sich dabei auf die Daten, welche für die Aufgabenerfüllung notwendig sind (Erforderlichkeitsgrundsatz). Die Kassen müssen dabei immer begründen können, für welchen Zweck sie die Daten benötigt. Sämtliche Daten sind wieder zu löschen, wenn sie nicht mehr benötigt werden.20 Maßgeblich sind hier insbesondere die Regelungen im zehnten Kapitel des Sozialgesetzbuch V (SGB V) und die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

Der Versand einer gewöhnlichen E-Mail ist für eine Kontaktaufnahme ein probates Mittel. Unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes dürfen die Krankenkassen jedoch nicht auf eine E-Mail antworten, sofern Sozialdaten enthalten sind (dies ist in den meisten Fällen jedoch so). Festgelegt ist dies in der DSVGO in Artikel 32, wonach eine Verschlüsselung zwingend notwendig ist. Zum Austausch von Daten unter dem zunehmenden Druck der Digitalisierung ist mittlerweile auch der Gesetzgeber bestrebt, die Entwicklungen in diesem Bereich voran zu treiben. Erste Schritte wurden dabei mit der elektronischen Gesundheitsakte und dem Aufbau einer Telematikinfrastruktur unternommen, was im GKV-Modernisierungsgesetz enthalten war. Weiter genannt werden können das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) und das Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation. Darüber hinaus sind weitere Normänderungen bereits angekündigt.21

Die Krankenkassen dürfen vor dem Hintergrund des § 30 SGB IV finanzielle Mittel nur für die ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben verwenden. Dabei wird unterschieden zwischen gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtaufgaben (z.B. Zahlung von Leistungen) und den zugelassenen freiwilligen Aufgaben (z.B. in der Satzung festgelegte Mehrleistungen).22 Hierbei waren die Kassen mit Service-Apps lange Zeit in einem rechtlich nicht klar definierten Rahmen unterwegs. Es war nicht eindeutig geklärt, ob die Entwicklung und der Unterhalt dieser Anwendungen durch den § 30 SGB IV gedeckt ist. Dies ist nur ein Beispiel für die Schwierigkeiten hinsichtlich des Digitalisierungsprozesses insgesamt bei den gesetzlichen Krankenkassen. Betrachtet man die externen Schwierigkeiten (insbesondere bei den kleineren Kassen), stehen die rechtlichen Rahmenbedingungen mit einem Anteil von rund zwei Dritteln mit Abstand an der ersten Stelle.23

Im Rahmen des TSVG aus dem Jahr 2019 wurde der § 67 SGB V (elektronische Kommunikation) neu verfasst und bietet seither eine klare Rechtsgrundlage für Apps von gesetzlichen Krankenkassen.24

2.2.2 Besondere Anforderungen durch das Bundesamt für Soziale Sicherung

Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) ist die oberste Aufsichtsbehörde der (meisten) gesetzlichen Krankenkassen und überwacht deren Handeln. Bei einigen Kassen treten an dessen Stelle auch Landesministerien.25 Neben der Überwachung konkretisiert das BAS auch neben dem GKV-Spitzenverband gesetzliche Regelungen und veröffentlicht allgemeingültige Richtlinien. Seit mehreren Jahren hat das BAS die Digitalisierung in der Sozialversicherung und folglich auch in der gesetzlichen Krankenversicherung als eines der Kernthemen im Rahmen seiner aufsichtsrechtlichen und prüfenden Tätigkeit identifiziert. Hierzu wurde beim BAS im Jahr 2017 ein Digitalausschuss eingerichtet, um dem schnellen Wandel, den die Digitalisierung mit sich bringt, gewachsen zu sein.26

Bei der Planung und Gestaltung von Service-Apps müssen sicherheitstechnische und datenschutzrechtliche Maßnahmen beachtet werden, insbesondere eine sichere Authentifizierung, die Nichtveränderbarkeit der übermittelten Daten, sichere Datenwege und eine revisionssichere Speicherung bzw. Archivierung der Daten.27 Zur sicheren Authentifizierung ist bei der Erstanmeldung über eine Service-App eine Zwei-Faktor-Authentifizierung der Mindeststandard. Es erfolgt dabei eine Registrierung in der App mit den persönlichen Daten (1. Faktor), die initialen Zugangsdaten werden im Anschluss daran per Post zugestellt (2. Faktor).28 Auf weitere rechtliche Details wird aufgrund des Gesamtumfangs verzichtet.

2.3 Praktische Umsetzung

In diesem Kapitel wird abgebildet, wie die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland das Thema Service-Apps in der Praxis umsetzen.

2.3.1 Marktüberblick

Im Jahre 2011 war die IKK classic die erste gesetzliche Krankenkasse, die ihren Kunden eine App zur Verfügung stellte. Die Entwicklung verlief in den Folgejahren nur sehr langsam, bevor dann im Jahr 2015 die große Welle mit Angeboten von Apps losgetreten wurde.29

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Entwicklung der Gesundheits-Apps

(Quelle: Fieguth, V. et al. (2018), S. 109)

An der Abbildung lässt sich erkennen, dass alleine zwischen den Jahren 2014 und 2017 das Angebot an Serviceanwendungen der gesetzlichen Krankenkassen deutlich zugenommen hat. Auch bieten immer mehr Kassen eine zusätzliche Anwendung mit Inhalten zu Prävention und Gesundheitsförderung an oder integrieren dies in ihre Service-App.30 Während zunächst eher die großen Krankenkassen Anbieter solcher Anwendungen waren, zogen mittlerweile auch kleine Krankenkassen, wie beispielsweise die BKK ZF & Partner (102.000 Versicherte)31, die BKK MTU (16.000 Versicherte)32 oder die BKK VerbundPlus (130.000 Versicherte)33 nach.

Was in den App-Anwendungen der Krankenkassen jeweils angeboten wird und als Angebot in Planung ist, zeigt die nachfolgende Übersicht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Inhalte der Service-Apps der gesetzlichen Krankenkassen

(Quelle: Aumann, I. / Frank, M. / Pramann, O. (2016), S. 255)

Erkennbar ist hier, dass bisher vorwiegend allgemeine Informationen wie Informationen zum Thema Gesundheit, Arztsuche oder Filialfinder abgebildet werden. Die Betrachtung der Zukunftsperspektive hingegen eröffnet ein weitaus breiteres Angebot.

2.3.2 Einklang von praktischem Nutzen und Datenschutz

Beim Datenstrom zwischen Versicherten und Krankenkassen handelt es sich um besonders sensible persönliche Daten. Zu Beginn war es für die Kassen schwierig, den Datenschutz, die rechtlichen Vorgaben und den praktischen Nutzen für die Kunden in Einklang zu bringen. Spätestens seit Neufassung des § 67 SGB V (siehe Ausführungen unter Punkt 2.2.1) und mit voranschreitender technischer Entwicklung stellt dies kein grundlegendes Problem mehr dar. Auch die mittlerweile etablierte Zwei-Faktor-Authentifizierung ist den Kunden aus anderen Branchen bekannt.

2.3.3 Integration in die elektronische Datenverarbeitung

Bereits seit mehreren Jahrzehnten werden Daten von Firmenkunden elektronisch an die Krankenkassen übermittelt. Seit dem 01.01.2006 dürfen keine Meldungen und Beitragsnachweise mehr in Papierform eingereicht werden, sondern müssen mittels gesicherter und verschlüsselter Datenübertragung aus systemgeprüften Programmen übertragen werden.34

Die Kassen können jedoch auch unter Nutzung von intelligenter IT die von Kunden per App übermittelten Unterlagen direkt verarbeiten, um Geschäftsprozesse einer Krankenversicherung zu automatisieren, Bearbeitungen zu beschleunigen und Bürokratie für die Versicherten zu verringern.35

2.3.4 Chancen und Risiken durch Service-Apps

Service-Apps werden vor allem zum Zwecke der Kundengewinnung und Kundenbindung genutzt. Künftig werden Apps mehr Funktionalitäten beinhalten, aus denen ein erhöhter Mehrwert für die Versicherten entsteht und auch eine Verminderung der Verwaltungskosten erzielbar ist. Möglich ist dies über die Vermeidung von telefonischen Nachfragen, Einreichung von Online-Anträgen oder die Übermittlung von Rezepten über die App.36 Risiken ergeben sich vor allem durch die sensiblen Daten. Dies gilt für den Kunden gleichermaßen wie für die Kasse. Sollte eine Krankenkasse eine App anbieten, die Datenschutzrichtlinien verletzt, könnte das schwerwiegende wirtschaftliche und rechtliche Folgen haben.37

[...]


1 Vgl. Statista (2019)

2 Vgl. Rohleder, B. / Jedmazik, S. (2017), S. 2-3

3 Vgl. Endl, R. et al. (2015), S. 11

4 Vgl. Moser, H. (1963), S. 61

5 Vgl. Goldenstein, J. / Hunoldt, M. / Walgenbach, P. (2018), S. 49

6 Vgl. Bork, A. (2018), S. 11

7 Vgl. BKK Dachverband (23.09.2020), www.bkk-dachverband.de

8 Vgl. Deutsches Ärzteblatt (29.09.2018), S. A1574

9 Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2020), www.bmas.de

10 Vgl. Biesel, H. / Hame, H. (2018), S. 1-2

11 Vgl. Flick, T. (2019), www.handelsjournal.de

12 Vgl. Tomas, J. (2018), www.impulse.de

13 Vgl. Strotbaum, V. / Reiß, B. (2017), S. 361-362

14 Vgl. BAS (2020), S. 3

15 Vgl. McKinsey & Company (2019), S. 104

16 Vgl. Matusiewicz, D. / Thielscher, C. (2017), www.mwv-berlin.de

17 Vgl. Fischer, B. / Schlenker, R.-U. / Rothmaier, J. (2012), S. 171

18 Vgl. Aumann, I. / Frank, M. / Pramann, O. (2016), S. 254

19 Vgl. Aumann, I. / Frank, M. / Pramann, O. (2016), S. 275

20 Vgl. BfDI (2020), www.bfdi.bund.de

21 Vgl. Weyd, J. (2020), S. 183

22 Vgl. Jansen, J. (2016), Rz. 4

23 Vgl. Radic, D. et al. (2018) S. 20

24 Vgl. BAS (2020), S. 6

25 Vgl. Baas, J. / Werthen, B. (2017), S. 182

26 Vgl. BAS (2020), S. 2

27 Vgl. BAS (2020), S. 16

28 Vgl. ADV-Arbeitsgemeinschaft / BAS (2018), S. 58

29 Vgl. McKinsey & Company (2019), S.32

30 Vgl. Fieguth, V. et al. (2018), S. 109

31 Vgl. BKK ZF & Partner (2020), www.bkk-zf-partner.de)

32 Vgl. BKK MTU (2020), www.bkk-mtu.de

33 Vgl. BKK VerbundPlus (2020), www.bkk-verbundplus.de

34 Vgl. DATEV (2020), www.datev.de

35 Vgl. Demmler, G. / Scherwitz, E. / Schweitzer, A. (2017), S.73

36 Vgl. Aumann, I. / Frank, M. / Pramann, O. (2016), S. 275

37 Vgl. Albrecht, U.-V. / Höhn, M. / von Jan, U. (2016), S. 176

Ende der Leseprobe aus 43 Seiten

Details

Titel
Eine Service-App für die Kunden von gesetzlichen Krankenkassen
Untertitel
Welche Inhalte steigern den persönlichen Nutzen und die Attraktivität?
Hochschule
SRH Fernhochschule
Note
1,0
Jahr
2020
Seiten
43
Katalognummer
V1044981
ISBN (eBook)
9783346466815
ISBN (Buch)
9783346466822
Sprache
Deutsch
Schlagworte
App, Krankenkasse, Service, Digitalisierung, Gesundheit
Arbeit zitieren
Anonym, 2020, Eine Service-App für die Kunden von gesetzlichen Krankenkassen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1044981

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Titel: Eine Service-App für die Kunden von gesetzlichen Krankenkassen



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