Eine Wahrnehmungsgeschichte für Kinder mit einer schweren Behinderung


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

28 Seiten


Leseprobe


Gliederung

1.0 Einleitung
1.1 Exkurs in die Geschichte der Johann- August- Zeune - Schule

2.0 Darstellung der Praxisstelle
2.1 Mitarbeiterstruktur
2.2 Organisation der pädagogischen Arbeit
2.3 Grundlagen der Arbeit

3.0 Die Schüler der Klasse SG 5 und ihre Mitarbeiter
3.1 Unterrichtsplanung in der Einsatzklasse
3.2 Darstellung der eigenen Tätigkeit

4.0 Schwerpunktthema: Schulung der Wahrnehmung mit Geschichten
4.1 Einleitung
4.2 Begriffserklärungen und theoretische Grundlagen
4.3 Konzept für die Wahrnehmungsgeschichte
4.4 Reflektion des Schwerpunktthemas

5.0 Reflektion der Praxisstelle

6.0 Quellennachweis

1.0 Einleitung

Das Anerkennungsjahr im Rahmen meiner Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin absolvierte ich in der Johann- August- Zeune- Schule für Blinde und Berufsfachschule Dr. Silex in der Rothenburgstraße 14 in Berlin Steglitz. Mein Einsatzbereich war die Gruppe 5 im Geistig- und Mehrfachbehindertenbereich.

1.1 Exkurs in die Geschichte der Johann- August- Zeune- Schule

Viele Jahrhunderte hielt man Menschen, die blind sind, für nicht bildungsfähig.

1794 wurde die erste Blindenschule der Welt von Valentin Hauy in Paris gegründet.

Einige Jahre später brachte er die Idee nach Berlin. Der Preußen König betraute den Universitätsprofessor und Geographen Johann August Zeune damit, eine Blindenschule aufzubauen.1806 wurde dann die erste Blindenschule in Berlin eröffnet. Auch die Berufsausbildung von Menschen, die blind oder stark sehgeschädigt waren, war zu dieser Zeit sehr begrenzt. Erst die vielen Kriegsblinden im 1. Weltkrieg brachten die Wende. Da sie vor dem Krieg im Zivilleben qualifizierte Berufe ausgeführten wollten sie auch mit ihrer Behinderung ihr berufliches und privates Leben selbständig fortsetzen.Betty Hirsch und Prof. Dr. Silex, ein Berliner Augenarzt, erkannten das Problem und riefen 1914 die Kriegsblindenschule ins Leben. In dieser Schule konnten nun auch Menschen, welche blind waren, qualifizierte und besser bezahlte Berufe, vor allem im Bürobereich, erlernen.

2.0 Darstellung der Praxisstelle

Die Johann- August- Zeune- Schule für Blinde und Berufsfachschule Dr. Silex befindet sich in der Rothenburgstraße 14 im Bezirk Steglitz. Die Schule ist in einem vierstöckigen Backsteingebäude mit angrenzendem ca.3000qm großem Grundstück mit Spielplatz und Gymnastikwiese untergebracht. In der näheren Umgebung befinden sich zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten. Auch der öffentliche Nahverkehr (S- Bahn, U- Bahn und Bus (behindertengerecht)) ist in ca. 500m erreichbar.

Auf dem Grundstück der Schule befindet sich eine Korbwerkstatt mit Verkauf und das Blindenmuseum, in dem sich Besucher über die Geschichte des Blindenwesens informieren und mit Problematik des Blindseins auseinandersetzen können. Des weiteren befindet sich auf dem Gelände ein Parkplatz für das Transportunternehmen. Die Schule ist ebenerdig und mit einem rollstuhlgerechten, speziell für Menschen die blind oder sehbehindert sind, ausgestattetem Fahrstuhl versehen. Im Erdgeschoss befinden sich mehrere Klassenräume, ein Snoezeleraum, eine kleine Turnhalle, Therapieräume und zwei Hygieneräume. In der ersten Etage befindet sich das Sekretariat, verschiedene Klassenräume, Toiletten, das Lehrerzimmer und eine große Sporthalle. Die Aula, verschiedene Klassenräume sowie Toiletten befinden sich in der zweiten Etage. Im oberen Bereich der Schule findet man ebenfalls Klassenräume und sanitäre Anlagen.

Die Johann- August- Zeune- Schule für Blinde und Berufsfachschule Dr. Silex ist eine öffentliche Schule und dem Land Berlin unterstellt. Hier werden Schüler, die blind oder sehbehindert sind, individuell nach ihren Voraussetzungen in Vorklassen, Grund-, Haupt- und Realschule, der Schule für Kinder, die lernbehindert sind, der Schule für Kinder mit geistiger und schwerer Mehrfachbehinderung, der Berufsschule oder der Blindentechnischen Grundausbildung und der Berufsfachschule unterrichtet. In der Grund- als auch der Hauptschule wird nach dem Rahmenplan unterrichtet. Ein Erwerb des Realschulabschusses sowie eines Hauptschulabschlusses ist möglich.

In der Anlage1 können sie die Struktur der Bildungsgänge der Schule einsehen.

Laut Angabe des Landesschulamtes Berlin werden zur Zeit 122 Schüler an der Schule unterrichtet. Davon lernen:

18 Schüler in der 1-4 Klasse

4 Schüler in der 5-6 Klasse

9 Schüler in der 7-10 Klasse

59 Schüler in der Sonderschule für geistige und Mehrfachbehinderung

32 Schüler in der Berufsfachschule

2.1 Mitarbeiterstruktur

Das Personal der Johann- August- Zeune- Schule gliedert sich in folgende Bereiche:

a) Leitung
b) Lehrkräfte
c) Praktische Unterrichtshilfen
d) Betreuung und Pflege
e) Organisatorischer Hilfsdienst
f) Therapeutischer und begleitender Dienst
g) Wirtschaftsdienst

Die Leitung der Schule setzt sich aus dem Schulleiter und seinem Stellvertreter zusammen. Der Schulleiter trägt die Gesamtverantwortung für die Arbeit in der Schule und wird von seinem Stellvertreter unterstützt. Die Schulleitung vertritt die Schule nach außen. Des weiteren sorgt die Leitung für die Einhaltung von Verwaltungs- und Rechtsvorschriften und entscheidet über die Einstellung und Versetzung von Mitarbeitern sowie über die Unterrichtseinsetzung des Personals. Aufgabe des Schulleiters ist es, die Zusammenarbeit von Eltern, Mitarbeitern und Schulbehörden zu fördern und auf die kontinuierliche Verbesserung der Unterrichts- und Erziehungsarbeit hinzuwirken. Das heißt, er ist auch für die Qualitätssicherung verantwortlich.

Lehrkräfte setzen sich aus Grundschul-, Hauptschul-, Realschul-, Sonder- schul- und Berufsschullehrern/innen zusammen. Sie sind für die Planung und Durchführung des Unterrichts zuständig. Die Lehrkräfte wirken an der Organisation und Selbstentwicklung der Schule aktiv mit. Es erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit anderen schulischen Mitarbeitern. Sie kooperieren miteinander und stimmen sich in den Erziehungszielen und in der Unterrichtsarbeit ab.

Praktische Unterrichtshilfen sind ausgebildete Erzieher/innen oder Heilpädagogen/innen. Sie sind für die Vorbereitung des Unterrichtes zuständig und arbeiten eng mit den Lehrkräften zusammen.

Für die Betreuung und Pflege der Schüler sind an der Schule Betreuer eingestellt, die aus allen Berufsbildern kommen und keine Qualifikation haben müssen.

Zivildienstleistende und Praktikanten/innen gehören dem organisatorischen Hilfsdienst an.

Der therapeutische und begleitende Dienst setzt sich aus einer Logopädin, Physiotherapeuten, Musiktherapeuten, Ergotherapeuten und Krankengymnasten zusammen. Sie führen die empfohlenen Therapien mit den Schülern durch und arbeiten eng mit dem anderen Personal zusammen. Es werden zum Beispiel Lagerungsempfehlung ausgesprochen. Im Wirtschaftsdienst sind Reinigungskräfte, Küchenpersonal und ein Hausmeister tätig. Eine Kinderärztin aus dem Bereich der Gesundheitsverwaltung besucht einmal wöchentlich die Schule und unterbreitet bzw. verordnet Therapievorschläge. Dieses erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den Eltern bzw. Bezugsbetreuern, den Lehrern und den Erziehern.

2.2 Organisation der pädagogischen Arbeit

Wie bereits erwähnt erfolgt die Unterrichtung der Schüler in den Grund-, Haupt- und Realschulklassen nach dem Rahmenplan des Landes Berlin. In den Klassen, in denen Schüler, die eine Lernbehinderung haben oder Schüler mit schwersten Behinderungen beschult werden, erfolgt eine auf die individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten des einzelnen Schülers zugeschnittene Förderung. Dazu werden in den Klassen regelmäßig Entwicklungsberichte angefertigt und der daraus ersichtlichen Förderbedarf festgelegt.

In der Schule werden regelmäßig Gesamtkonferenzen durchgeführt. Hier sind alle Mitarbeiter der Schule anwesend. Es werden verschiedene Themen, z. B. die Anschaffungen und Beantragung von Hilfsmitteln und Unterrichtsmaterialien, Probleme, die in der Schule auftreten, wichtige Termine, Schülerzugänge und Personalbedarf besprochen. Einmal im Monat findet für jeden Bereich eine Fachkonferenz statt. Dort wird dann ganz speziell auf die Probleme in diesem Bereich eingegangen. Auch können hier die Mitarbeiter ihre Klassensituation schildern und Lösungsvorschläge unterbreiten. In dieser Konferenz werden Belehrungen durchgeführt, beispielsweise zum Brandschutz. Informationen über den richtigen Umgang in der Pflege erhalten die Mitarbeiter von der zuständigen Ärztin, die bei Bedarf auch in den einzelnen Klassen berät.

Treten Unstimmigkeiten zu Themen auf, wird eine Arbeitsgemeinschaft gegründet, die sich dann einmal wöchentlich trifft und Lösungsvorschläge für die Problematik erarbeitet. Diese Vorschläge werden den Mitarbeitern in der nächsten Fachkonferenz unterbreitet und es wird abgestimmt.

Für die Vorbereitung und Durchführung von Festen und Feiern, z.B. des Frühlingsfests, ist der Festausschuss, der sich aus freiwilligen Mitarbeitern zusammensetzt, verantwortlich.

Der Finanzausschuss, welcher sich aus Mitarbeitern aus allen Bereichen zusammensetzt, berät und beschließt die Anschaffung von Hilfsmitteln und Unterrichtsmaterialien oder die Durchführung von notwendigen Renovierungsarbeiten.

In den einzelnen Klassen finden jede Woche Teamsitzungen statt. Alle Mitarbeiter der Klasse treffen sich und sprechen über Probleme innerhalb der Klasse. Es werden Förderpläne entworfen, sowie über die Entwicklung der einzelnen Schüler gesprochen. Hier können auch Differenzen, die zwischen den Mitarbeitern bestehen, diskutiert und geklärt werden. Es wird eine Wochenplanung und eine Aufgabenverteilung aufgestellt.

2.3 Grundlagen der Arbeit

Der oberste Grundsatz der Arbeit in der Schule ist es, dem Schüler zu größtmöglicher Unabhängigkeit von fremder Hilfe im täglichen Leben, in Kultur und im Beruf zu verhelfen. Deshalb beginnt die Förderung von Kindern, die blind oder sehgeschädigt sind, nicht erst mit Beginn der Schulreife, sondern die Schule bietet den Eltern eine Frühförderung an. Von Geburt des Kindes an können Eltern bzw. Bezugsbetreuer kostenlose Hausbesuche von qualifizierten Mitarbeitern in Anspruch nehmen. Die Mitarbeiter beraten die Erziehungsberechtigten und Betreuer der Kinder, bieten spielerische Einzelförderung an und veranstalten Eltern- Kind- Nachmittage. Im engen Kontext mit anderen Frühförderstellen und Therapeuten wird ein individuell auf das Kind zugeschnittener Förderplan entworfen. Das Ziel der Förderung ist es, die allgemeine Situation des Kindes zu verbessern, die Persönlichkeitsentwicklung zu fördern, Erfahrungen mit der Umwelt zu sammeln, um somit die Welt besser zu verstehen. Dieses wird zum Beispiel durch Wahrnehmungsschulung aller Sinne erreicht. Hilfe und Förderung werden auch im lebenspraktischen Bereich angeboten. Dazu zählt beispielsweise die Nahrungsaufnahme, das Toilettentraining und das Anziehen Aber auch die Eltern oder die Bezugsbetreuer können sich Ratschläge für den Umgang mit ihren Kindern einholen, beispielsweise bei der richtigen Auswahl von Spiel- und Beschäftigungsmaterial.

Ab dem 3.Lebensjahr können die Kinder eine Vorklasse in der Johann- August- ZeuneSchule besuchen. Auf Wunsch führen die Mitarbeiter auch Besuche in den betreuenden Einrichtungen durch.

Vor Eintritt des Kindes in die Schule wird ein Förderausschuss einberufen. Zu diesem werden alle Personen, die an der Betreuung, Begutachtung und Förderung des Kindes beteiligt waren, der Schulrat, die Schulleitung und Mitarbeiter der Schule eingeladen. Aufgabe dieses Förderausschusses ist es, zu ermitteln, ob das Kind sonderpädagogischen Förderbedarf hat und in welchem Umfang dieser notwendig ist. In diesem Sinne werden im Förderausschuss die Ergebnisse der gutachterlich tätig gewordenen Personen/ Institutionen vorgestellt und gemeinsam mit den Eltern bzw. Erziehungsberechtigten besprochen. Das Ergebnis des Förderausschusses wird dann vom Schulrat genehmigt oder gegebenenfalls abgelehnt. Anhand der Förderschwerpunkte wird nun von den Mitarbeitern ein Unterrichtsplan entworfen, welcher auch verschiedene Therapien beinhalten kann. Dieser Förderplan ist keine eine starre Vorgabe, sondern kann sich je nach der Entwicklung des Kindes ändern bzw. weitere Förderschwerpunkte werden erst in der engen Zusammenarbeit mit dem Schüler ersichtlich.

3.0 Die Schüler der Klasse SG 5 und ihre Mitarbeiter

Die Klasse 5 gehört der Sonderschule für Kinder mit einer geistigen Behinderung an. In dieser werden Kinder mit geistiger und größtenteils schwerster Mehrfachbehinderung gefördert und gepflegt. Die Klasse setzt sich aus einer Schülerin und drei Schülern mit schwersten Mehrfachbehinderungen zusammen. Das Alter der Schüler und Schülerinnen in der Klasse liegt zwischen 8 und 13 Jahren. Bei drei Schülern ist eine Vollblindheit diagnostisiert, ein Schüler verfügt noch über Sehreste. Unter epileptischen Anfällen leiden drei Schüler. Aufgrund der Art und Schwere der Behinderung sind drei Schüler nicht in der Lage, sich fortzubewegen oder zu sprechen. Ein Schüler kann laufen und ist auch bedingt in der Lage, seinen Willen mittels der Sprache zu äußern. Die Nahrungsaufnahme bereitet allen Schülern große Schwierigkeiten. Für zwei der Schüler muss die Nahrung püriert werden und beim Trinken kommt es immer wieder zu einer Aspiration von Flüssigkeit. Ein Schüler wird durch eine Magensonde ernährt. Dieses nimmt sehr viel Zeit in Anspruch, da das Kind unter einem Reflux leidet, das heißt, bei einer zu schnellen Sondierung würde die Nahrung wieder durch die Speiseröhre in den Mund gelangen. Da die Speiseröhre aufgrund der Magensäure schon stark geschädigt ist, bereitet es ihm sehr große Schmerzen. Durch die Aufregung atmet der Schüler schneller und aspiriert die Nahrung, was eine Lungenentzündung nach sich ziehen kann. Alle Schüler müssen gewickelt werden. Kontinuierliches Toilettentraining wird mit einem Schüler der Klasse durchgeführt. Die Fähigkeit, taktilkinästhetische Reize wahrzunehmen, ist bei allen Schülern stark eingeschränkt. Und es sind starke Wahrnehmungsdefizite in allen Bereichen zu erkennen. Ausdauer und Konzentrationsfähigkeit sind auch stark eingeschränkt.

Bei allen Kindern ist eine regelmäßige Medikamenteneinnahme erforderlich.

Die Schüler werden von einem Lehrer, einer praktischen Unterrichtshilfe, einem Betreuer und einer Praktikantin betreut.

3.1 Unterrichtsplanung in der Einsatzklasse

Die Schüler und Schülerin der Sonderschule für Geistigbehinderte werden von Montag bis Freitag in der Zeit von 7.45 Uhr bis 14.45 Uhr unterrichtet.

Die Unterrichtsplanung in der Einsatzklasse sah wie folgt aus. Die Schüler wurden durch beauftragte Busunternehmen zur Schule gebracht, wo sie täglich von uns in Empfang genommen wurden. In der Klasse wurden sie entkleidet und zu einem Morgenkreis zusammengeführt. Dort erfolgte die Begrüßung der Schüler. Es wurde ein Morgenlied gesungen, welches die Kinder mit Musikinstrumenten begleiteten. Täglich wurde das Unterrichtsgeschehen besprochen. Es wurde festgestellt, wer krank ist oder welche besonderen Ereignisse an diesem Tag stattfinden sollten ( z.B. Sommerfest oder Geburtstage). Der Morgenkreis wurde mit einem Lied beendet. Von 8.30 Uhr bis ca.10.00 Uhr fand täglich das Frühstück statt, von ca. 12.30 Uhr bis 13.30 Uhr das Mittagessen. Im Anschluss an das Mittagessen folgte eine halbstündige Ruhephase. Die Schüler wurden um 14.45 Uhr von ihren Busunternehmen abgeholt und nach Hause gebracht. Jetzt gehe ich auf die Unterrichtsplanung an den einzelnen Tagen ein.

Montags wurden in der Zeit von 10.00 Uhr bis 12.00.Uhr Einkäufe für das tägliche Frühstück erledigt. Am Nachmittag, in der Zeit von 14.00 Uhr bis 14.45 Uhr, fand der klassenübergreifende Unterricht statt. Bei diesem Angebot handelt es sich um Geschichtenerzählen. Den Kindern wurden Märchen erzählt und mit Einsatz von Medien veranschaulicht. Die Märchen wurden wöchentlich wiederholt. Dieses Angebot wurde besonders oft von Kindern, die sprechen konnten, in Anspruch genommen. Durch immer wiederkehrende Rituale und Fragen wurden die Kinder zum Sprechen angeregt. Des weiteren wurde die soziale Entwicklung gefördert, da die Kinder gemeinsam versuchten, das Märchen nachzuspielen. Schüler, die an diesem Angebot nicht teilnahmen, sind spazieren gegangen oder es wurden ihnen andere Angebote unterbreitet, zum Beispiel Massieren, Fußbäder oder Entspannungsübungen.

Dienstags fand in der Zeit von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr das heilpädagogische Reiten im wöchentlichen Wechsel mit dem Schwimmunterricht statt. An diesem Angebot nahmen alle unsere Schüler teil.

In der Zeit von 14.00Uhr bis 14.45 Uhr fand der Orffkreis statt, in dem die Schüler gemeinsam musizierten. Dieses Angebot war klassenübergreifend und wurde von der Musiktherapeutin durchgeführt.

Am Mittwoch wurde der Orientierungsunterricht und der Naturkundeunterricht am Vormittag durchgeführt. In diesem Unterricht führten wir Spaziergänge in der näheren Umgebung durch. Wir besuchten regelmäßig den Botanischen Garten. Die Schüler lernten durch Betasten und Beriechen verschiedene Pflanzen kennen. Den Jahreszeiten entsprechend wurden ihnen verschiedene Materialien angeboten. Im Winter beispielsweise Schnee, im Frühling die Frühlingsblumen. Dieser Unterricht wurde immer mit einem Lied, welches der Jahreszeit entsprach, eingeleitet. Außerdem wurden regelmäßig Wahrnehmungsgeschichten erzählt.

Am Nachmittag wurde im Traumraum gemeinsam geträumt bzw. gesnoezelt.

Am Donnerstag war Freiunterricht. Im Laufe des Jahres wurde hier das Angebot der Basalen Stimulation unterbreitet. Hieran konnten die Schüler, für die dieses Angebot konzipiert wurde, teilnehmen. Da dieses Angebot möglichst täglich stattfinden sollte, wurde es den Schülern täglich am Nachmittag angeboten.

Weil für die Schüler der gruppenübergreifende Unterricht oft zu komplex war und somit eine Reizüberflutung stattfand, weinten diese oft oder schliefen ein.

Am Nachmittag wurde der Tanzunterricht durchgeführt, wodurch auch dazu beigetragen wurde, die Grobmotorik zu schulen. Beispiele hierfür sind das Rückwärtslaufen oder das Hüpfen.

Am Freitag wurde das heilpädagogische Reiten durchgeführt. Dieses Angebot wurde von einer geschulten Fachkraft durchgeführt und von allen Kindern gut angenommen. Das äußerte sich darin, dass die Kinder sichtlich entspannter waren und ihnen die Freude deutlich anzumerken war.

Am Nachmittag fand das Wochenabschlusssingen statt. Hier wurden gemeinsam Kinderlieder gesungen, gesummt und gelallt.

Anzumerken ist, dass alle Aktivitäten mit Ritualen begannen und endeten. Diese waren beispielsweise das Anfassen an den Händen, das Sprechen eines Reimes oder das Singen eines Liedes.

3.2 Darstellung der eigenen Tätigkeit

Zu Beginn meines Praktikums wurde ich vom stellvertretenen

Schulleiter über Verwaltungs- und Rechtsvorschriften belehrt. Durch ihn wurde ich dann meiner Einsatzklasse zugeordnet. Von meiner Praxisanleiterin wurde ich über die Art der Behinderungen der einzelnen Kinder informiert. Ich konnte die Entwicklungsberichte einsehen und die Förderpläne lesen. In den ersten Wochen meines Praktikums konnte ich als Beobachter fungieren, um so die Kinder näher kennen zu lernen. Ich wurde mit der Pflege der einzelnen Schüler und der Durchführung geeigneter Maßnahmen vertraut gemacht. Weiterhin wurde mir mitgeteilt, wo ihre Stärken und Schwächen liegen und was ich besonders zu beachten habe. Nach der Orientierungsphase wurde ich zunehmend in das Unterrichtsgeschehen integriert. Meine Aufgabe war es, den Lehrer und die pädagogische Unterrichtshilfe bei den verschieden Unterrichtssituationen zu unterstützen. Dazu gehörten im pflegerischen Bereich die Inkontinenzpflege, das Versorgen von Wunden, zum Beispiel Dekubitus, die Gabe von Medikamenten, die Reinigung des Körpers, Zähneputzen sowie die Lagerung der Schüler. Nach Einweisung durch meine Praxisanleiterin führte ich selbständig die Nahrungsaufnahme mit den Schülern durch. Dazu gehörte auch das Sondieren eines Schülers. Ich musste den Mahlzeiten besondere Aufmerksamkeiten widmen, da alle Schüler Schwierigkeiten mit der Nahrungsaufnahme hatten. Bei drei Schülern musste die Nahrung püriert werden und genügend Zeit vorhanden sein, damit sie sich nicht verschluckten. Ein Schüler wurde mit Zungendruck gefüttert. Im Laufe des Jahres gewöhnten wir einen Schüler an die Aufnahme von fester Nahrung. Dieses erfolgte in ganz kleinen Schritten. Die Nahrung wurde immer weniger püriert und es gab viel Lob. Dem Schüler, der sondiert wurde, stimulierten wir regelmäßig die Mundhöhle, um so die Speichelproduktion anzuregen. Dieses wurde zum Beispiel mit einem kleinen Kausäckchen, welches mit verschiedenen Nahrungsmitteln gefüllt war, erreicht. So konnte der Schüler auch in den Genuss von verschiedenen Geschmäckern kommen, seine Kaufähigkeit und somit die Speichelproduktion wurden angeregt.

Bei den verschiedenen Unterrichtseinheiten half ich dem Lehrer und der Pädagogischen Unterrichtshilfe, indem ich die Vorbereitung übernahm. Ich organisierte die Medien, bereitete die Schüler auf das Geschehen vor, indem ich sie in ihre Stühle setzte oder sie für Spaziergänge anzog. Auch wurde mir die Gelegenheit gegeben, einen Morgenkreis selbstständig durchzuführen. Für den Donnerstag konnte ich einen Entwurf für eine Unterrichtseinheit der Basalen Stimulation erarbeiten, den wir dann gemeinsam in der Teamsitzung überarbeiteten und in den Stundenplan aufnahmen. Zum heilpädagogischen Reiten begleitete ich die Schüler zum Reiterhof und half ihnen beim Aufsteigen auf das Pferd. Im Abstand von zwei Wochen fand der Schwimmunterricht statt. Ich begleitete die Schüler zur Schwimmhalle und konnte nach Einweisung durch die Schwimmlehrerin selbstständig mit den Kindern Übungen durchführen.

Wöchentlich fanden unsere Teamsitzungen statt, in denen ich als vollwertiges Mitglied meine Ideen, Vorschläge und Kritik einbringen konnte. Es wurde auf diesen Teamsitzungen die vergangene Woche reflektiert, Vorschläge unterbreitet und Erziehungsziele kontrolliert und gegebenenfalls überarbeitet. In diesen Teamsitzungen konnte ich lernen, Kritik anzunehmen, aber auch zu üben, was mir am Anfang sehr schwer fiel.

Während des Praktikums unterhielt ich selbstständig Kontakt zu den Eltern, um sie über die Unterrichtsaktivitäten, Probleme mit der Gesundheit ( z.B. Anfälle), Veranstaltungen, Therapien oder benötigte Pflegemittel zu informieren. Dieser Kontakt erfolgte durch tägliche Eintragungen in die Mitteilungshefte. Im hauswirtschaftlichen Bereich gehörte es zu meinen Aufgaben, das Klassenzimmer zu reinigen, das Geschirr abzuwaschen und die Hilfsmittel zu säubern.

Durch das häufige krankheitsbedingte Fernbleiben einzelner Schüler führte ich während meines Praktikums oft Vertretung in anderen Klassen durch und konnte so einen Eindruck über den gesamten Bereich gewinnen. An Gesamtkonferenzen, Teil- und Fachkonferenzen nahm ich teil und lernte unter Anleitung meiner Praxisanleiterin das Schreiben von Protokollen.

4.0 Schwerpunktthema: Schulung der Wahrnehmung mit Geschichten

4.1 Einleitung

Während meines Praktikums wurde mir von meiner Anleiterin das Angebot unterbreitet ein Konzept für den Morgenkreis zu entwerfen und durchzuführen. Ich kam auf die Idee, eine Wahrnehmungsgeschichte mit den Kindern zu gestalten und machte die Jahreszeiten zum Thema. So konnten wir, entsprechend der Jahreszeit, den Kindern eine Wahrnehmungsgeschichte erzählen, in der sie auch selber mitwirken konnten. Zum Anfang meines Schwerpunktthemas möchte ich erst einmal die Begriffe erklären.

-Was ist eine Behinderung?
-Was ist eine Mehrfachbehinderung?
-Wie definiert sich eine Sehschädigung?
-Was ist Wahrnehmung und wie nehmen wir wahr?
-Warum ist die Förderung der Wahrnehmung so wichtig für Kinder mit einer schweren Behinderungen?

Im Anschluss daran stelle ich mein Konzept für die Wahrnehmungsgeschichte vor und reflektiere es.

4.2 Begriffserklärungen und Theoretische Grundlagen

Was ist eine Behinderung ?

Für den Begriff Behinderung gibt es eine Vielzahl von Definitionen. Der Begriff der Behinderung wird oft nur zur Vereinfachung eingesetzt, um bei einer bestimmten Zielgruppe medizinische, pädagogische oder gesellschaftliche Interventionen durchführen zu können. So können auch unterschiedliche Spezialisten die jeweiligen Behinderungen verschieden beurteilen. Meiner Meinung nach ist es auch wichtig zu wissen, dass sich der Begriff Behinderung erst im Laufe der Geschichte entwickelt hat und auch einer ständigen Entwicklung unterliegt, was man nicht zuletzt an der aktuellen Gendiskussion sieht.

Vielleicht gilt in naher Zukunft schon der als behindert, der keine blonde Haare oder keine langen Beine hat. Trifft der Satz „ Sind wir nicht alle ein bisschen behindert“ auf uns alle zu. Ich kann diese Frage mit ja beantworten, denn wir haben alle unsere Fehler und Schwächen, bloß das sie in der Regel nicht gleich so offensichtlich sind.

An dieser Stelle möchte ich nun drei Definitionen für den Begriff Behinderung vorstellen. Die WHO ( Weltgesundheitsorganisation) geht bei Behinderung immer von drei Begriffen aus:

1. impairment ( Schädigung )

= Mängel oder Abnormalitäten der anatomischen, psychischen oder physiologischen Funktionen und Strukturen des Körpers

2. disability ( Beeinträchtigung)

= Funktionsbeeinträchtigung oder -mängel aufgrund von Schädigungen, die typische Alltagssituationen behindern oder unmöglich machen

3. handicap ( Behinderung )

= Nachteile einer Person aus einer Schädigung oder Beeinträchtigung

Der Hochschullehrer im Fach Erziehungswissenschaften der Universität Hamburg, Ulrich Bleidick, definiert den Begriff Behinderung so:

„ Als behindert gelten Personen, welche infolge einer Schädigung ihrer körperlichen, seelischen oder geistigen Funktionen soweit beeinträchtigt sind, dass ihre unmittelbaren Lebensverrichtungen oder die Teilnahme am Leben in der Gesellschaft erschwert wird.“

Herr Bleidick unterscheidet also zwischen einer Schädigung und der daraus resultierenden gesellschaftlichen Beeinträchtigung. Noch eindeutiger ist in der Definition von Urs Haberlin, Hochschullehrerin an der Universität Freiburg, zu sehen, dass Bedingungen und Erwartungen einer Gesellschaft zu Beeinträchtigungen und Benachteiligungen führen können. Sie definiert den Begriff Behinderung folgenderweise:

„1. Behinderung kann als Beeinträchtigung eines Individuums im Verhalten, das zur Bewältigung des Alltagsleben erforderlich ist, verstanden werden. Beispielsweise ist ein Rollstuhlfahrer in seinen Möglichkeiten der Fortbewegung behindert, oder ein Lernbehinderter ist in seinen Möglichkeiten zum Schreiben und Rechnen behindert.

2. Behinderung kann als Beeinträchtigung des Funktionierens einer gesellschaftlichen Einrichtung durch ein Individuum verstanden werden. Beispielsweise beeinträchtigt der Rollstuhlfahrer das Funktionieren von öffentlichen Verkehrsbetrieben, oder der Lernbehinderte stört den Betrieb der Normalklasse“

Im krassen Gegensatz zu der Definition von Urs Haberlin geht das Bundessozialhilfegesetz nicht auf die gesellschaftlichen Dimensionen des Begriff der Behinderung ein, sondern nur auf die Schädigungen. Es müssen sich folglich die Menschen mit einer Behinderung erst durch die Gesellschaft stigmatisieren lassen, um bestimmte finanzielle Hilfen zu erhalten. So ist im Bundessozialhilfegesetz §124 Abs.4, Satz 1-4 folgendes zu lesen:

„... eine nicht nur vorübergehende erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit, die auf dem Fehlen oder auf Funktionsstörungen von Gliedmaßen oder auf andere Ursachen beruht Weiterhin liegen Behinderungen bei einer nicht nur vorübergehenden erheblichen Beeinträchtigung der Seh-, Hör- und Sprachfähigkeit und bei einer erheblichen Beeinträchtigung der geistigen oder seelischen Kräfte vor.“

Was ist eine Mehrfachbehinderung?

Der Terminus Mehrfachbehinderung steht im engen Zusammenhang mit dem Begriff der Behinderung. Da es schon Schwierigkeiten bereitet, den Begriff der Behinderung, wie aus dem vorherigen Absatz ersichtlich ist, zu definieren, gibt es auch keine festgesetzte Definition für den Begriff der Mehrfachbehinderung. Im Alltagsverständnis beruht der Begriff Behinderung auf eine Einfachbehinderung ( z. B. Gehörlosigkeit) und darauf, dass jeder Einfachbehinderung ganz spezifische Auffälligkeiten zugrunde liegen. Unter pädagogischem Aspekt wird folgendes unter einer Mehrfachbehinderung verstanden.

Soarova (1975) unterscheidet dabei:

„1. Mehrfachbehinderung durch schicksalhafte Kumulierung („Sekundärschädigung“) z.B. ein Gehörloser wird durch einen zufälligen Unfall zusätzlich körperbehindert.

2.Mehrfachbehinderung als Folge eines Schädigungssyndroms („ multipler primärer Defekt“) z. B. eine cerebrale Bewegungsstörung bewirkt eine Körperbehinderung zusätzlich oft auch eine Sprach- und Lernbehinderung

3. Mehrfachbehinderung als Folgebehinderung ( „konsekutive Verbildung“) -Obligate Folgebehinderung ( konnte als Folge nicht verhindert werden ) z. B. Sprachbehinderung als Folge von Gehörlosigkeit

- Nicht obligate Folgebehinderung ( deren Auftreten u.a. durch ungünstige psychosoziale Umstände begünstigt wird) z.B. Verhaltensstörungen als Folge einer Sprachbehinderung

Die Mehrfachbehinderung ist eigentlich das, was an Behinderungen in der Wirklichkeit vorkommt. Eine klar abzugrenzende Einfachbehinderung ist relativ selten , weil eine Primärbehinderung fast immer Sekundärbehinderung nach sich zieht. In der Sonderpädagogik wird der Begriff der Mehrfachbehinderung genutzt, um die schweren Beeinträchtigungen zu beschreiben und den Förderbedarf zu ermitteln.

An dritter Stelle möchte ich den Personenkreis der Menschen mit schwersten Behinderungen nennen. Hier handelt es sich um Menschen mit komplexen Mehrfachbehinderungen. Es wird hier auch oft von „schwer Mehrfachbehinderten“, „Schwerstbehinderten“ oder von „Schwerstmehrfachbehinderten“ gesprochen. Diese Begrifflichkeiten sollen auf die Besonderheit einer Pädagogik bei schwerster Behinderung hinweisen.Es kommt hier zur intensiven Zusammenarbeit der unterschiedlichen Disziplinen, um angesichts der großen Schwierigkeiten und immensen Gefährdungen durch schwerste Behinderungen Bezug aufeinander nehmen. So schreibt Frau Professor Waltraut Rath: „ Schwerste Behinderung hat, wie vielleicht schon lange keine sonderpädagogische Fragestellung mehr, Interdisziplinrarität auf den Plan gerufen.“

Wie definiert sich eine Sehschädigung?

Der Bereich der Sehschädigung wird in Sehbehinderung und Blindheit unterteilt. Für den Begriff der „Sehbehinderung“ werden im deutschsprachigen Raum verschiedene Begriffe benutzt.

1. BRD „sehbehindert“ (ehemalige DDR „sehschwach“)
2. Österreich „sehgestört“
3. Schweiz „sehgeschädigt“

Die Bildungskommission des Deutschen Bildungsrates definierte 1973:

„ Als sehbehindert gilt, wer trotz Korrektur normale Sehfunktionswerte nicht erreicht. Man unterscheidet zwischen Sehbehinderten, deren Sehschärfe für die Ferne und/ oder für die Nähe auf 1/3 bis 1/20 herabgesetzt ist oder die einen Gesichtsfeldausfall von entsprechendem Schweregrad aufweisen und hochgradig Sehbehinderten mit einer Herabsetzung auf 1/20 bis 1/50 der Norm. Sehbehinderungen können auch durch nicht exakt messbare Beeinträchtigungen, wie hohe Blendungsempfindlichkeit oder asthenopische Beschwerden, definiert sein. Die angemessenen Sehfunktionsdaten können Orientierungsdaten für die Abgrenzung liefern.“

Die Angaben der Sehschärfe erfolgt folgendermaßen:

- in Form eines einfachen Bruches, z.B. 1/20, das bedeutet, auf 1 Meter wird erkannt, was eigentlich in einer Entfernung von 20 Metern erkannt werden müsste
- in Form eines Dezimalbruches, z.B. 0,05 ( entspricht 1/20)
- in Form einer prozentualen Angabe, z.B. 5% (entspricht 1/20)

Das Bundessozialhilfegesetz (BSHG in der Fassung vom 07.08.1971) § 24 Absatz 1 Satz 2 definiert Blindheit folgendermaßen. Neben den Vollblinden haben als blind zu gelten: „ Personen,

1.deren Sehschärfe auf dem besseren Auge nicht mehr als 1/50 beträgt,
2. bei denen durch Nummer 1 nicht erfasste, nicht nur vorübergehende Störung des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorliegen, dass sie die Beeinträchtigung der Sehschärfe nach Nummer 1 gleichzuachten sind .“

Im Pschyrembel ( Auflage 258, 1998 ) wird Blindheit wie folgt definiert:

„... im engeren Sinn angeborenes oder erworbenes völliges Fehlen des Sehvermögens; im weiteren Sinn starke Sehschwäche oder hochgradige Gesichtsfeldeinschränkung, durch die sich Personen in unvertrauter Umbebung nicht zurechtfinden...“

Was ist Wahrnehmung und wie nehmen wir wahr?

Unter Wahrnehmung versteht man das „Erfahrbarmachen“ von Gegenständen und Ereignissen. In der Psychologie wird der Begriff der Wahrnehmung so beschrieben:

Ein physikalischer Reiz wird von einem Sinnesorgan aufgenommen. Das Aufgenommene wird jeweils nach Erfahrung, Übung, Einstellung, Vorwissen usw. von Person zu Person unterschiedlich verarbeitet. Die verschiedenen physikalischen Reize werden in chemische, elektrische, thermische, mechanische, osmotische und optische Reize unterschieden. Die Sinnesorgane geben dem Menschen Informationen über die Außenwelt oder den eigenen Körper. Die klassischen fünf Sinne sind; Hören, Sehen, Riechen, Schmecken, Tasten. Beim Tastsinn wird in folgende Bereiche unterschieden; Druck, Hitze, Kälte und Schmerz.

Wissenschaftler haben bis zu 15 weitere Sinnesmodalitäten gefunden. So geben zum Beispiel Muskeln, Gelenke und Sehnen Auskunft über den Zustand des Körpers. Diese Sinnesorgane werden Propriorezeptoren genannt. Im Innenohr befindet sich der Gleichgewichtssinn. Darüber hinaus geben andere Sinne Auskunft über den physiologischen Zustand des Körpers. An dieser Stelle möchte ich Beispiele für die Wahrnehmungsverarbeitung aufzeigen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Da wir in unserer Umwelt täglich von unendlich vielen Reizen „bombardiert“ werden, würde es zu einem Informationswirrwarr führen. Es wäre uns nicht mehr möglich, die wichtigen von den unwichtigen Informationen zu trennen. Deshalb führen sogenannte Allokationsfaktoren zu einer Selektion der Aufmerksamkeit. Bei der Aufmerksamkeit handelt es sich um einen Prozess, der mitbestimmt, welche Informationen zur Verarbeitung ausgewählt werden. Allokationsfaktoren sind:

1. Intention des Wahrnehmenden; z. B., welche Interessen hat der Mensch. Sieht er gerne Fußball, wird die ganze Aufmerksamkeit auf das Spiel gelenkt und das Umfeld tritt in den Hintergrund.

2. Merkmal der Situation; z. B., wenn Sachen besondere Farben oder spezielle Formen haben, so fallen sie dem Betrachter eher auf. So wird die Aufmerksamkeit eher auf einen pinkfarbenen Pullover gelenkt als auf einen grauen.

3. Bewertung der Anforderungen; z.B., wie bewerte ich die Anforderung an mich. Wird sie hoch bewertet, steigt die Konzentration. Es steigt die Aufmerksamkeit, wenn ich im Straßenverkehr schneller fahre.

Als Störungen der Wahrnehmungen gelten Illusionen, Halluzinationen, Wahrnehmungsveränderungen durch Drogen, Blindheit, Taubheit, Legasthenie und sogenannte Wahrnehmungsbarrieren. Diese Wahrnehmungsbarrieren können beispielsweise durch eine gestörte Motorik oder äußere Umweltbedingungen verursacht sein.

Warum ist die Förderung der Wahrnehmung so wichtig für Kinder mit einer schweren Behinderung? Kinder mit einer schweren Mehrfachbehinderung haben einen besonderen Bedarf, Wahrnehmung zusammen mit der Motorik zu entwickeln. Oft haben 10-jährige Kinder das Entwicklungsniveau eines 5 bis 6 Monate alten Kindes. Sie haben natürlich im Laufe ihrer Entwicklung eigene Erfahrungen mit ihrem Körper und dem sozialen Umfeld gesammelt, selbst wenn sie nur sehr einfach verarbeitet wurden. Ein „normales“ Kind regiert auf Reize aus der Umgebung, kann selbständig Erfahrungen sammeln und so lernen, die Welt zu begreifen. Menschen mit einer Behinderung müssen oft mit starken Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit leben. Diese Einschränkung wirkt sich sowohl auf die Wahrnehmung als auch auf die emotionale Befindlichkeit aus. Eine eingeschränkte Motorik verhindert das Aufsuchen von reizvollen Orten und die damit verbundenen Erlebnissen und Wahrnehmungen. Hinzu kommt noch, dass die Kinder sehbehindert sind. Ein Kind reagiert auf einen optischen Reiz aus der Umgebung. Dieses Zusammenspiel von Reiz und Reaktion hat Einfluss auf die Entwicklung des Kindes. Durch die Sehbehinderung ist die kindliche Wahrnehmung erschwert, behindert oder ganz unmöglich. Daher ist die Vermittlung taktil- kienästhetischer, sensitiver und auditiver Informationen wichtig. Menschen mit einer Behinderung können Reize aus der Umwelt nur schwer einordnen, da sie für sie zu komplex und vielseitig sind. Sie sind daher darauf angewiesen, primäre Sinneseindrücke zu sammeln.

Durch die anstrengenden Alltagssituation (straffer Tagesablauf) kann der Mensch mit einer Behinderung diese kaum durchschauen und die Welt erscheint ihm als Chaos. Dieses führt oftmals dazu, dass der Mensch mit einer Behinderung mit Verhaltensauffälligkeiten reagiert, z.B. Aggressionen, Schreien und Stereotypien.

Das bedeutet, dass Menschen mit einer Behinderung darauf angewiesen sind, dass ihr Betreuer ihnen Angebote im Wahrnehmungsbereich unterbreitet. Durch dieses bewusst ausgewählte Anbieten von primären Reizen in einer angenehmen Atmosphäre soll der Mensch mit einer Behinderung primär für Wahrnehmungen und Erfahrungen aktiviert werden. Es soll ihm helfen, seinen eigenen Körper besser kennenzulernen und sein Umfeld besser zu verstehen. Aus diesem Grund habe ich eine Wahrnehmungsgeschichte für den Morgenkreis gewählt. In dieser Geschichte sollen die Kinder auf spielerischer Weise Eindrücke und Wahrnehmungserfahrungen sammeln.

4.3 Konzept für die Wahrnehmungsgeschichte

Thema des Morgenkreises:

Ein Sommertag

Zielgruppe:

Schüler der Klasse SG 5

Anbieter

Lehrer, Praktische Unterrichtshilfe, Betreuer und Praktikantin, Besetzung 1:1

Vorarbeiten:

Zu den Vorbereitungsarbeiten zählen das Besorgen aller benötigter Mittel und Medien sowie die Schaffung einer angenehmen Atmosphäre im Klassenzimmer durch Vermeidung von Lärm und Ruhestörung. (Türschild: Bitte nicht stören!) Die Stühle der Schüler werden in einem Kreis angeordnet.

Medien:

Zu den benötigten Medien zählen; CD- Spieler, Ventilator, CD mit Geräuschen, Rotlichtlampe, Blumenspritze, Trommel, ein Becken, zwei Rasseln, Trockenblume, frische Blume, eine große Schüssel mit Wasser, Gitarre und Badehosen

Durchführung des Morgenkreises:

Zu Beginn des Morgenkreises wird jeder, der am Morgenkreis teilnimmt, mit Namen begrüßt. Wir fassen uns an die Hände und singen zusammen das Begrüßungslied „ Guten Morgen in diesem Haus“ mit Gitarrenbegleitung. Im Anschluss an das Lied besprechen wir, welchen Tag wir haben und den dazugehörigen Tagesablauf. Nun beginnt die Wahrnehmungsgeschichte.

Erzähler: An einem wunderschönen Sommermorgen wie heute, wachten vier Bienen auf und machten sich auf eine Entdeckungsreise. Sie wollten die große weite Welt kennen- lernen.

Aktivität: CD mit dem Summen der Bienen wird vorgespielt.

Erzähler: Die Sonne am Himmel schien kräftig und erwärmte die Luft.

Aktivität: Den Schülern wird mit Hilfe der Rotlichtlampe das Gefühl von Wärme vermittelt. Erzähler: Die vier Bienen flogen über Wälder und wunderschöne Wiesen. Sie spürten wie der Wind ihre kleinen Bienenkörper sanft berührte.

Aktivität: Der Ventilator wird auf kleinste Stufe angestellt. So werden die Schüler leicht angeblasen .

Erzähler: Plötzlich sagte eine Biene zu den anderen: „ Mir ist so heiß, lasst uns zu dem großen See hinter dem Hügel fliegen.“ Die anderen Bienen freuten sich riesig über den Vorschlag und machten sich gemeinsam auf den Weg. Unterwegs sahen sie viele Kinder, die fröhlich auf ihrem Fahrrad zum See radelten und laut sangen: „Pack die Badehose ein, nimm dein kleines Schwesterlein...“

Aktivität: Die Kinder bekommen ihre Badehose, die sie vom Schwimmunterricht her kennen und befühlen diese. Dabei summen wir das Lied.

Erzähler: „Hurra“ rief eine der Bienen, die vorausflog. Ich kann den See schon sehen. Da flogen auch die anderen schneller. Endlich waren sie da und planschten fröhlich im Wasser.

Aktivität: Den Schülern wird eine große, mit Wasser gefüllte Schüssel gereicht, in der sie mit Hilfe eines Erwachsenen mit ihren Händen planschen können

Erzähler: Als die Bienen eine Weile geplanscht hatten, flogen sie weiter. Es gab ja noch so viel Neues zu entdecken. Sie kamen zu einer großen Wiese. Doch was war das? Die Blumen waren ja ganz trocken.

Aktivität: Den Kindern werden die getrockneten Blumen gereicht. Sie können sie befühlen und beriechen.

Erzähler: Auf einmal verdunkelte sich der Himmel und die Sonne verschwand hinter großen dunklen Wolken. Der Wind wurde stärker und stärker, sodass die Bienen sich unter einem Blatt versteckten. Es fing an zu regnen und der Regen wurde immer kräftiger. Aktivität: Der Ventilator wird eingeschaltet und die Geräusche CD ( Gewitter) wird eingelegt. Der Ventilator wird nun immer stärker eingestellt und ein Erwachsener spritzt mit der Blumenspritze das Wasser.

Erzähler: Die Bienen riefen: „ Ein Gewitter, ein Gewitter.“

Der Regen wurde schwächer, und die dunklen Wolken verschwanden. Am Himmel schien wieder die große, warme Sonne. Die Bienen riefen: „ Hurra, hurra die Sonne scheint wieder.“ Doch was war das? Die Blumen, die vor dem Regen noch ganz trocken waren, richteten sich auf und zeigten ihre ganze Pracht. Sie dankten dem Regen mit einem herrlichen Duft. Aktivität: Nachdem das Gewitter vorüber ist, wird den Schülern wieder die Rotlichtlampe vor das Gesicht gehalten und jeder Schüler bekommt eine frische, duftende Blume zum beriechen und betasten.

Erzähler: Für heute hatten die Bienen genug erlebt und ruhten sich von ihrer großen Entdeckungsreise aus. Zum Abschluss können wir ja den Bienen das kleines Lied „Wisst ihr was die Bienen träumen.“ (Gitarrenbegleitung) vorsingen.

Das Lied wird gesungen, gesummt und gelallt, sodass auch die Schüler gern mitmachen, die nicht sprechen können.

Zum Abschluss des Morgenkreises wird das Abschlusslied gesungen: „ Der Morgenkreis ist zu Ende nun wir wollen jetzt was anderes tun...“

Kommentar zum Morgenkreis Zu Beginn und zum Ende des Morgenkreises wird ein bekanntes Ritual (Lied) eingesetzt.

Dieses Ritual dient den Schülern zur Erkennung des Beginns oder des Endes einer Aktivität. Es bietet ihnen somit eine bessere Orientierung. Diese Wahrnehmungsgeschichte ist nicht als einmalige Aktivität gedacht, sondern soll regelmäßig angeboten werden. Nur so können die Schüler in den Genuss von neuen Erfahrungen und Erlebnissen kommen. Bei Menschen mit einer Behinderung ist es wichtig, dass man ihnen genügend Zeit gibt, die Reize zu verarbeiten. Der Erzähler der Wahrnehmungsgeschichte sollte als Voraussetzung eine ruhige, sanfte Stimme mitbringen. Die Geschichte muss langsam und deutlich erzählt werden, sollte dabei aber nicht an Spannung verlieren. Den Schülern soll mit Hilfe der Stimmlage das Geschehen vermittelt werden ( z.B. das Hurra beschwingt, die drohende Gefahr durch das Unwetter mit leiser immer lauter werdender Stimme aussprechen) Auch bei der Reichung der Medien soll den Schülern genügend Zeit gegeben werden, diese zu betasten oder zu beriechen. Die Wahrnehmungsgeschichte soll den Schülern in allen Sinnen Eindrücke vermitteln. Sie kann aber auch als Grundlage für andere Unterrichtseinheiten dienen. So können beim wöchentlichen Spaziergang in den Botanischen Garten die Blumen im Tastgarten gerochen und getastet werden. Bei Regenwetter können die Kinder im Sommer auf der Gymnastikwiese barfuss den nassen Rasen spüren, bzw. bei Sonne die Wärme. Eine Wahrnehmungsgeschichte kann für jede Jahreszeit eingesetzt werden. Im Winter könnte man beispielsweise den Schülern den Unterschied zwischen warm und kalt demonstrieren (Schnee-warmes Wasser), im Herbst die Blätter fühlen oder riechen lassen, im Frühling die ersten Frühblüher anbieten, wobei sie Vogelstimmen hören oder gemeinsam den Frühling mit Musikinstrumente einläuten. Es ist aber immer zu bedenken, dass man die Reize gezielt einsetzt, dosiert und ständig wiederholt. Die Schüler sollen nicht mit Reizen überflutet werden, aber ebenso ist ein Mangel an Reizen deprimierend. Hierzu ist es notwendig, die Kinder immer genau bei ihren Aktivitäten zu beobachten ( Stimmungslage, Neugier, Gereiztheit, Aggression) und ihnen individuell Angebote zu unterbreiten oder Rückzugmöglichkeiten und Entspannungsmöglichkeiten zu geben.

Vorschläge für die weitere Anwendung von Wahrnehmungsreizen Ich möchte nun weitere Vorschläge für die Schulung der Wahrnehmung vorstellen: Taktile Erfahrungen

- Unterschied zwischen warmen und kaltem Wasser
- Unterschied zwischen groß und klein (reichen von Gegenständen)
- Regenschirm tasten
- Verschiedene Oberflächen tasten (rau, weich, grob)

Vestibuläre-, kinästhetische- und Ganzkörpererfahrungen

- Tanzen
- Kinder bewegen
- Kuckuckspiel mit decken
- Körperspiele, Lieder, Reime und Fingerspiele
- Erfahrung mit dem Körper sammeln durch betasten
- Massieren des Körpers
- Bobathwaschungen
- Schaukeln

Erfahrungen mit Gerüchen sammeln

- Essen riechen, z.B. verschiedene Obstsorten
- Blumen riechen
- Duftöle, Sprays riechen lassen

Akustische Wahrnehmung

- Vogelgesang, Straßenlärm und andere Geräusche aus der Umwelt
- Unterschied zwischen laute und leise Musik
- Richtungshören ( Anschlagen des Becken aus verschiedenen Punkten im Raum)
- Wecker hören, Spaßgeräusche, z. B. Schnarchen, Gurgeln

Sozialerfahrungen

- die Hand des anderen Kindes spüren
- auf dem Schoß eines anderen Kindes sitzen
- gemeinsam Geräusche erzeugen
- Gegenstände dem Gegenüber reichen

4.4 Reflexion des Schwerpunktthemas

Als erstes möchte ich sagen, dass mir die Ausarbeitung und die Durchführung des Morgenkreises sehr viel Freude bereitet hat. An dem Konzept haben wir gemeinsam im Team noch Änderungen vorgenommen, nachdem wir bei der ersten Durchführung gemerkt haben, dass es für die Schüler zu umfassend war. Sie reagierten mit Unruhe oder sie schalteten sich aus den Geschehen aus. Des weiteren merkten wir, dass wir die Geschichte noch langsamer erzählen mussten. Wir nahmen also Teile aus der Geschichte heraus und erzählten nur über die Sonne, die die Blumen austrocknet und wie das Gewitter die Blumen „rettet“. Die Schüler reagierten nun viel aufmerksamer. Ein Schüler weinte beim Bespritzen mit Wasser. Bei der dritten Durchführung bereite es dann allen eine große Freude. Selbst der Schüler, der sich bei vielen Aktivitäten in der Klasse durch schlafen zurückzog, saß mit großen Augen, die meiner Meinung nach Interesse ausdrückten, im Stuhl. Dieser Schüler ist leider nicht in der Lage, durch Mimik oder Gestik zu verstehen zu geben, ob ihm etwas gefällt oder missfällt. Daher handelt es sich bei ihm auch nur um eine Interpretation meinerseits. Die anderen Schüler reagierten mit freudigem Gesichtsausdruck auf das Geschehen. Wir entschlossen uns dazu, das Gewitter mit Trommeln und Rasseln gemeinsam mit den Kindern nachzuspielen. Das machte allen Kindern einen „Riesen“ Spaß. Wir versuchten mit den Schülern durch Wiedergabe von Wahrnehmungsreizen aus der Geschichte Verbindungen zu anderen Aktivitäten zu knüpfen. So sangen wir auf dem Weg zum Schwimmunterricht das Lied: „ Pack die Badehose ein...“ Damit wollten wir erreichen, dass die Schüler lernen, ihre gesammelten Erfahrungen im Zusammenhang mit Alltagsituationen einzusetzen. Bei der Auseinandersetzung mit dem Thema der Wahrnehmung habe ich erstmals bewusst wahrgenommen , wie wichtig es ist, Reize zu erhalten, um diese dann zur Verarbeitung an das Gehirn weiterzuleiten. Vorher habe ich mir nie Gedanken darüber gemacht, wie extentiell dies für die Entwicklung eines Menschen ist. Auch für meine zukünftige Arbeit mit Menschen mit einer Behinderung ist mir bewusst , welche Verantwortung ich ihnen gegenüber habe. Menschen, die nicht in der Lage sind, selbständig Gegenstände zu untersuchen, Speisen zu kosten, Düfte zu riechen oder reizvolle Orte aufzusuchen, muss dieses Grundbedürfnis ermöglicht werden. Und das ist neben der Versorgung der anderen Grundbedürfnisse (Essen, Schafen, Trinken, Pflege, Wohnen, Schule usw.) Hauptaufgabe der Menschen, die sie betreuen.

5.0. Reflexion der Praxisstelle

Im Jahrespraktikum, welches ich an der Johann- August- Zeune- Schule absolvierte, sammelte ich viele Erfahrungen im Umgang mit Kindern, die schwerste Beeinträchtigungen hatten. Da ich in meinen vorangegangenen Praktika in der Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie in einer Tagesförderstätte für Menschen mit einer Behinderung gearbeitet hatte, fiel es mir anfangs schwer, mich auf das neue Klientel einzustellen. Besondere Schwierigkeiten bereitete mir, dass viele Schüler nicht in der Lage waren, mittels der Sprache zu kommunizieren. Hemmschwellen hatte ich auch in der täglichen Pflege der Schüler. Dies beruhte auf der Angst, etwas falsch zu machen. Durch die gute Anleitung durch die Mitarbeiter der Einrichtung gelang es mir schnell, diese Hemmschwellen zu überwinden. Meine Anleiterin besprach mit mir die Entwicklungsberichte als auch die Förderpläne und zeigte mir, was ich bei der Pflege zu beachten habe. Mir wurden auch Angebote von den ansässigen Therapeuten unterbreitet, bei den einzelnen Therapien zu hospitieren. Diese Angebote nahm ich dankend an. Zu den Schülern baute ich eine immer größere Beziehung auf. Ich lernte ihre Charaktere und ihre Fähigkeiten kennen und verstand sie mit der Zeit auch non- verbal. Ich habe an allen Unterrichtsaktivitäten mitgewirkt, durfte Vorschläge einbringen und Kritik äußern.

Durch das häufige, krankheitsbedingte Fehlen von Schülern meiner Einsatzklasse bekam ich die Gelegenheit für Vertretungen in anderen Klassen. So konnte ich einen Eindruck über den gesamten Bereich der Geistigbehindertenschule gewinnen. Ich lernte unterschiedliche Methoden der Durchführung des Unterrichtes kennen und gewann so neue Ideen zur Förderung von Kindern mit schweren Behinderung.

Für die Mitarbeiter der Einrichtung ist die Belastung während der Arbeit sehr hoch. Dies ist durch den hohen pflegerischen Anteil bedingt. Viele Mitarbeiter klagten oft über Rückenprobleme und es kam oft zu krankheitsbedingten Ausfällen. Dadurch stieg die Arbeitsbelastung für die anderen Mitarbeiter natürlich an. Das hatte zur Folge, dass mit den Schülern keine den Ansprüchen entsprechende Förderung durchgeführt werden konnte. Des weiteren war erhöhter Stress die logische Konsequenz, welcher sich auf die Schüler übertrug, die dann mitunter mit Rückzug oder Aggression reagierten.

Lösungsvorschläge, welche mir zu diesem Problem einfallen, sind beispielsweise die regelmäßig Durchführung von Rückenschule, die Weiterbildung der Mitarbeiter im Bereich der Kinästhetik, aber auch regelmäßige Treffen der Mitarbeiter in einer angenehmen Atmosphäre, in der sie gemeinsam ihre Probleme besprechen können. Einen wichtigen Aspekt möchte ich zum Schluss noch erwähnen. Meiner Meinung nach wurde der Einrichtung zu wenig finanzielle Unterstützung für dringend notwendige Anschaffungen sowie Renovierungsarbeiten gewährt. Im Gegensatz dazu wurde die Einrichtung, in der ich während der Ferien tätig war, nur so mit Geld „überschüttet“. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die fehlenden Mittel darauf beruhen, dass die zuständigen Stellen der Meinung sind „ Die Kinder sind ja blind“.

Trotz der weniger schönen Ansicht habe ich viele Erfahrungen, Eindrücke und Ideen für meine weitere berufliche Laufbahn gesammelt und bin auch zu der Einsicht gekommen, dass ich in diesem Bereich immer dazulernen kann und muss.

6.0 Quellennachweis

Zimardo, Philip G.: Psychologie. 6. Auflage, Axel Springerverlag

Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 258Auflage, Berlin 1998, S.208

Affolter, F.: Wahrnehmung, Wirklichkeit und Sprache. Villingen 1987

Fröhlich,A.: Wahrnehmungsstörungen und Wahrnehmungsförderung. Heidelberg 1986 Gregory, Richard L.: Auge und Gehirn, Psychologie des Sehen. ISBN 3-499-60805

http://www.bindenschule-berlin.de

http://www.lsa-berlin.de

http://www.regiosurf.net/supplement/wahrn./wahrne.htm http://www.behindertenhilfe.de

http://www.heilerziehungspflegeweb.de

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Eine Wahrnehmungsgeschichte für Kinder mit einer schweren Behinderung
Autor
Jahr
2001
Seiten
28
Katalognummer
V104518
ISBN (eBook)
9783640028474
Dateigröße
401 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wahrnehmung
Arbeit zitieren
Janine Zeidler (Autor:in), 2001, Eine Wahrnehmungsgeschichte für Kinder mit einer schweren Behinderung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104518

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