Inhaltsverzeichnis
1 Grundlagen
1.1 Einleitung
1.2 Einige grundlegende Begriffe
2 Pro duktinno v ation
2.1 Motivation
2.2 Erfolgsfaktoren
2.3 Zielgruppenmarketing
3 Anforderungen an die Produktpolitik im Internet
4 Kundenbindungsstrategien
4.1 Einfu¨hrung
4.2 Markierung
4.3 Servicegarantien
5 Schlussbemerkungen
1 Grundlagen
1.1 Einleitung
Die Banken sehen sich insbesondere seit der Einfu¨hrung des Euros einem im- mer h¨oher werdenden Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Das Management ist daher haupts¨achlich bestrebt, die Konkurrenzf¨ahigkeit des Unternehmens zu steigern und die Rentabilit¨at im Privatkundensegment zu erh¨ohen. Dabei wird dem The- ma Produktmanagement von Banken immer mehr Bedeutung zugemessen.1
Dies ist vor allem in den zunehmenden Anforderungen der Kunden be- gru¨ndet, denn insbesondere durch das Internet wird ein Vergleich zwischen den Kreditinstituten immer einfacher. Nur Produkte die klar den Bedu¨rfnissen und Wu¨nschen der Kunden entsprechen haben am Markt eine Chance und k¨onnen sich gegen die Konkurrenz durchsetzen. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass Bankprodukte keinem Patentschutz unterliegen, mit anderen Worten sie k¨onnen jederzeit von den Mitbewerbern imitiert werden. Um zu vermeiden, dass der Wettbewerb daher nur noch u¨ber den Preis gefu¨hrt wird, muss sich das Un- ternehmen durch andere Anreize auszeichnen, die es vom Produktmanagement
an die O¨ ffentlichkeit zu transferieren gilt. Solche Anreize k¨onnen beispielsweise eine gutes Image, besonderer Service oder Innovationsfreudigkeit sein.
Eine ¨ahnliche Entwicklung gab es vor einigen Jahren in der Konsumgu¨ter- industrie, in deren Folge dem Thema Produktmanagement große Beachtung
geschenkt wurde und seitdem der Bereich ” Produktmanagement“ innerhalb des Gesamtunternehmensmanagements eine feste Position einnimmt.2 Wie eine kun-
denorientierte Produktpolitik in Finanzdienstleistungsunternehmen aussehen kann und welche U¨ berlegungen es dazu in der Literatur gibt, ist Thema die- ser Arbeit.
1.2 Einige grundlegende Begriffe
Bevor von einem Produktmanagement gesprochen werden kann, muss der Begriff Produkt zun¨achst gekl¨art werden. Leider gibt es bis heute noch keine g¨angige Definition, was als Produkt im Bereich der Finanzdienstleistungen gez¨ahlt wird oder was z.B. nur eine Produktvariation darstellt. Brockhoff unterscheidet drei Produktdefinitionen:
– substantieller,
– erweiterter und
– generischer Produktbegriff.3
Der erste Fall beschr¨ankt das Produkt auf ein physisches Kaufobjekt. Damit w¨aren dann Dienstleistungen, wie z.B. Girokonto, Darlehen oder Wertpapier- depot ausgeschlossen. Es sei denn man sieht den unterzeichneten Vertrag als physisches Kaufobjekt an, was aber wohl zu kurz gefasst ist, da meist nicht alles im Vertrag geregelt wird.4
Der erweiterte Produktbegriff umfasst alle Kundendienstleistungen, die mit dem Produkt verbunden sind. Hierbei wird auch vom ” totalen Produkt“5 ge-
sprochen. Bei dieser Definition sind folglich Finanzdienstleistungen mit einge-
schlossen. Allerdings greift auch dieser Begriff zu kurz, wenn die Produkte ver- schiedener Anbieter soweit homogenisiert sind, dass fu¨r den Kunden der psy- chologische Zusatznutzen zur Grundlage der Kaufentscheidung wird. Als psy- chologischer Zusatznutzen kann z.B.
– die Entfernung zur Filiale,
– die besondere Sympathie zu einem Mitarbeiter oder
– die Markierung des Unternehmens angesehen werden.6
Daher beziehen sich die Betrachtungen dieser Arbeit auf den dritten Fall, dem generischen Produktbegriff. Da dieser alle Nutzen fu¨r den K¨aufer erfasst. Brockhoff definiert ihn wie folgt:
Ein Produkt ist ” eine im Hinblick auf eine erwartete Bedu ¨ rfnis- b efrie digung b eim bekannten o der unbekannten V erwender von einem
A nbieter gebu ¨ ndelt e Menge von Eigenschaften, die zum Gegenstand eines Tauschs werden soll, um mit der im Tausch erlangten Gegen- leistun g zur Erfu ¨ l lun g der Anbieterziele beizutragen.“7
Unter Produktmanagement k¨onnen ” alle Maßnahmen, bei denen eines oder mehrer e Produkte als absatzwirtschaftliche Instrumente eingesetzt werden“8 ver-
standen werden. Als Maßnahmen sind z.B. folgende marketingpolitischen Akti- vit¨aten denkbar:
– Produktinnovation,
– Produktdifferenzierung,
– Produktvereinheitlichung,
– Produktvariation und
– Produktelimination.
Produktinnovation ist die Entwicklung eines neuen Produkts, mit dem das Unternehmen noch nicht auf dem Markt vertreten ist9, in der Literatur wird hierfu¨r auch oft der Begriff Produktentwicklung verwendet. Denkbar wa¨re z.B., dass ein Kreditinstitut neu in den Bereich Internetbanking investiert.
Von einer Produktdifferenzierung wird gesprochen, wenn zu einem bestehen- den Produkt neue Varianten produziert werden und das Produkt selber auf dem Markt fortgefu¨hrt wird.10 Als Beispiel kann hier genannt werden, dass zu einem bestehenden Sparbuchangebot eine neue Alternative geschaffen wird, z.B. mit ho¨heren Zinsen, dafu¨r aber auch h¨ohere Einzahlungsgebu¨hren.
Das Gegenstu¨ck zur Produktdifferenzierung ist die Produktvereinheitlichung, darunter versteht man die Ru¨cknahme von Varianten.11
Produktvariation wird als die Modifikation eines bestehenden Produkts defi- niert, aber mit dem Unterschied zur Produktdifferenzierung, dass das ver¨ander- te Produkt im Markt das bisherige ersetzt.12 Hier w¨are also das eben genannte Beispiel zu wiederholen, allerdings wu¨rde bei einer Produktvariation die neue Sparbuchvariante an die Stelle des alten Sparbuchangebotes treten.
Trennt man sich von dem Angebot eines Sparbuches ganz, so spricht man von einer Produktelimination, der Entfernung bestimmter Produkte aus dem Angebotsprogramm.13
Das Produktmanagement muss das Produkt in jeder Phase des Produkt- lebenszyklus effizient betreuen, entscheiden welches Produkt aus dem Markt genommen werden muss und wann neue Produkte entwickelt werden sollten. Somit dient das Produktmanagement unmittelbar der Erfu¨llung der Unterneh- mensziele, wie z.B. Ertragssteigerung oder Verbesserung der Konkurrenzfa¨hig- keit. Um diesen Aufgaben gerecht zu werden, steht dem Produktmanagement der Einsatz von sechs Instrumenten zur Verfu¨gung:
– Produktaufbau,
– Produktqualit¨at,
– Produktdesign,
– Produktname,
– Produktverpackung und
– Produktservice.14
2 Produktinnovation
2.1 Motivation
Die Bedeutung von Produktinnovationen fu¨r den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen aller Branchen nimmt seit den letzten Jahrzehnten stetig zu.15 So zeigen Untersuchungen, dass neu eingefu¨hrte Produkte einen Umsatzanteil von u¨ber 40% aufweisen.16 Allerdings beschr¨anken sie sich u¨berwiegend auf die Er- forschung des Innovationsmanagements im Gu¨terbereich und die eigenst¨andige Untersuchung von Produktentwicklungen im Dienstleistungssektor wurde ver- nachl¨assigt.17
Dies spiegelt aber nur die Realit¨at wieder. Denn w¨ahrend in der Industrie dem Thema Management von Produktinnovationen schon seit den sechziger und siebziger Jahren große Aufmerksamkeit gewidmet wurde und seitdem der Bereich Produktmanagement in der Organisationsstruktur großer Unternehmen nicht mehr wegzudenken ist18, wurde es von den Finanzdienstleistern kaum
beachtet.
Dabei zeigt Abbildung 1, dass bereits Anfang der achtziger Jahre zu erken- nen war, dass sich die Wachstumsreserven insbesondere im Privatkundenbereich in absehbarer Zeit ersch¨opfen werden. Die Bev¨olkerungszahl fiel, das verfu¨gbare Einkommen eines Privathaushaltes stieg von Jahr zu Jahr weniger an und die Sparquote sank. Außerdem hatten bereits alle potentiellen Kunden eine Bank- verbindung. Alles Anzeichen dafu¨r, dass die Kundenzahl stagnieren wird und
Wachstum nur noch durch Verdra¨ngungswettbewerb m¨oglich ist.19
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Ver¨anderung der makro¨okonomischen Rahmendaten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quellen: Vgl. Fuchs (1988), Seite 5 und Statistisches Bundesamt (2000).
Eine Bankverbindung dauert im Durchschnitt u¨ber zehn Jahre.20 Das heißt, Anreize zum Bankwechsel k¨onnen nur durch starke Preis- und/oder Leistungs- unterschiede ausgel¨ost werden. Da aber die Kosten fu¨r die Produktion von Fi- nanzdienstleistungen nahezu bei allen Banken gleich sein du¨rften und Preis¨ande- rungen von der Konkurrenz innerhalb von 24 Stunden u¨bernommen werden ko¨nnen, kann ein l¨angerfristiger Wettbewerbsvorsprung nur von neuen Leistun- gen ausgehen.
Doch auch die Entwicklung neuer Produkte ist keine Garantie fu¨r einen dauerhaften Wettbewerbsvorteil, denn es gibt fu¨r Finanzdienstleistungen kei- nen Patentschutz. Das bedeutet, Produktinnovationen ko¨nnen unmittelbar von anderen Banken imitiert werden. Hier gilt es durch besonderen Service und einer Markierungsstrategie Kunden emotional zu binden.
2.2 Erfolgsfaktoren
Wie bereits oben erw¨ahnt, weisen neu eingefu¨hrte Produkte einen Umsatzan- teil von u¨ber 40 Prozent auf. Tats¨achlich sind aber mit Innovationsprozessen auch enorme Risiken verbunden. U¨ ber ein Drittel aller Produktinnovationen werden laut Crawford zu einem Misserfolg.21 Eine Innovation an sich verspricht
somit noch keinen positiven Gewinn. Daher soll an dieser Stelle n¨aher darauf eingegangen werden, welche Faktoren einem neuen Produkt zum Durchbruch verhelfen.
Da im Bankenbereich leider nur sehr wenige Untersuchungen zu diesem The- ma durchgefu¨hrt wurden sind, kann in dieser Arbeit nur auf eine o¨sterreichische Studie von Trumler22 eingegangen werden. Er untersuchte acht große ¨oster-
reichische Banken mit einem starken Privatkundenbereich und hoher Innova- tionst¨atigkeit.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: untersuchte Banken
1. Bank Austria AG
2. Creditanstalt-Bankverein AG
3. Die Erste O¨ sterreichische SparCasse – Bank AG
4. GiroCredit AG Bank der Sparkassen AG
5. O¨ sterreichische Postsparkasse
6. O¨ sterreichische Volksbanken AG
7. PSK-Bank Bank der O¨ sterreichischen Postsparkasse AG
8. Raiffeisenlandesbank NO¨ -Wien
Quelle: Vgl. Trumler (1996), Seite 256.
Nach dieser Studie weisen folgende sechs Einflussdeterminanten die engste Korrelation mit dem Erfolg auf:
1. Marktkenntnis
2. Marktauspr¨agungen
3. Marketingaktivit¨aten
4. Internes Marketing
5. Promotoren / Schlu¨sselpersonen
6. Zieldefinition / -klarheit.23
Die bedeutendste Einflussgro¨ße ist die Marktkenntni s. Die genaue Kenntnis der Struktur, Kundenmerkmale und -bedu¨rfnisse des Zielmarktes ist fu¨r die Erfolgswirksamkeit neuer Bankprodukte enorm wichtig. Innovationen mit einem hohen Wissensgrad bezu¨glich der Charakteristik des Marktes besitzen eine u¨ber viermal h¨ohere Erfolgsrate als Produkte mit Defiziten in diesem Bereich.24
Ebenfalls wichtig sind die A usp r ¨ agungen des Zielmarktes. Innovationen, die auf großen M¨arkten mit einer hohen Wachstumsrate und einem ausgepr¨agten Bedarf ausgerichtet waren, zeigten sich in der Studie knapp 2,5mal so erfolgreich wie Produkte, die in ges¨attigten Ma¨rkten platziert wurden, wie das h¨aufig bei Reaktionen auf das Konkurrenzangebot der Fall ist.25
Einfu¨hrungen neuer Produkte, die mit Marketingaktivit ¨ aten begleitet wor- den sind, erweisen einen gut doppelt so hohen Erfolgsgrad wie Innovationen ohne Marketingmaßnahmen.26
Neben den externen Marketingbemu¨hungen zeigen auch die intern ausge- richteten Aktivit¨aten signifikante Zusammenh¨ange mit dem Erfolg von Innova- tionsprozessen auf. Entwicklungsprojekte, die Maßnahmen zur Mitarbeitermo- tivation und interne Produktwerbung betrieben, besitzen einen knapp 1,7mal so großen Erfolgsgrad wie Produkte ohne intern e Marketingaktivit ¨ aten.27
[...]
1Vgl. Strobl (1998), Seite 250.
2Vor ca. 70 Jahren wurde das Produktmanagement in den USA entwickelt und kam 1950 aufgrund von Produktproblemen weltweit zum Durchbruch. Seit u¨ber 30 Jahren wird ihm auch in Deutschland ein hoher Stellenwert erteilt. (Vgl. Hu¨ttel (1992), Seite 54.)
3Vgl. Brockhoff (1993), Seite 11.
4Vgl. Brockhoff (1993), Seite 11 und Sch¨afer (1999), Seite 16.
5Sabel (1971), Seite 25.
6Vgl. Brockhoff (1993), Seiten 11-13.
7Brockhoff (1993), Seite 15.
8Sabel (1971), Seite 47.
9Vgl. Brockhoff (1993), Seite 22.
10Vgl. Hu¨ttel (1992), Seite 239.
11Siehe 9.
12Vgl. Hu¨ttel (1992), Seite 210.
13Vgl. Hu¨ttel (1992), Seite 252.
14Vgl. Hu¨ttel (1992), Seite 19.
15Vgl. Trumler (1996), Seite 253.
16Siehe 15.
17Siehe 15.
18Vgl. Hu¨ttel (1992), Seite 54.
19Vgl. Fuchs (1988), Seite 5.
20Siehe 19.
21Vgl. Crawford (1979), Seite 12.
22Vgl. Trumler (1996), Seiten 253-263.
23Vgl. Trumler (1996), Seiten 257-259.
24Vgl. Trumler (1996), Seiten 257-258 und Abb. 5.
25Vgl. Trumler (1996), Seite 258 und Abb. 6.
26Vgl. Trumler (1996), Seite 258 und Abb. 7.
27Vgl. Trumler (1996), Seite 258 und Abb. 8.
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