1 Grundlagen
1.1 Einleitung
Die Banken sehen sich insbesondere seit der Einfu¨hrung des Euros einem im- mer h¨oher werdenden Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Das Management ist daher haupts¨achlich bestrebt, die Konkurrenzf¨ahigkeit des Unternehmens zu steigern und die Rentabilit¨at im Privatkundensegment zu erh¨ohen. Dabei wird dem The- ma Produktmanagement von Banken immer mehr Bedeutung zugemessen.1
Dies ist vor allem in den zunehmenden Anforderungen der Kunden be- gru¨ndet, denn insbesondere durch das Internet wird ein Vergleich zwischen den Kreditinstituten immer einfacher. Nur Produkte die klar den Bedu¨rfnissen und Wu¨nschen der Kunden entsprechen haben am Markt eine Chance und k¨onnen sich gegen die Konkurrenz durchsetzen. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass Bankprodukte keinem Patentschutz unterliegen, mit anderen Worten sie k¨onnen jederzeit von den Mitbewerbern imitiert werden. Um zu vermeiden, dass der Wettbewerb daher nur noch u¨ber den Preis gefu¨hrt wird, muss sich das Un- ternehmen durch andere Anreize auszeichnen, die es vom Produktmanagement
an die O¨ ffentlichkeit zu transferieren gilt. Solche Anreize k¨onnen beispielsweise eine gutes Image, besonderer Service oder Innovationsfreudigkeit sein.
Eine ¨ahnliche Entwicklung gab es vor einigen Jahren in der Konsumgu¨ter- industrie, in deren Folge dem Thema Produktmanagement große Beachtung
geschenkt wurde und seitdem der Bereich ” Produktmanagement“ innerhalb des Gesamtunternehmensmanagements eine feste Position einnimmt.2 Wie eine kun-
denorientierte Produktpolitik in Finanzdienstleistungsunternehmen aussehen kann und welche U¨ berlegungen es dazu in der Literatur gibt, ist Thema die- ser Arbeit.
1.2 Einige grundlegende Begriffe
Bevor von einem Produktmanagement gesprochen werden kann, muss der Begriff Produkt zun¨achst gekl¨art werden. Leider gibt es bis heute noch keine g¨angige Definition, was als Produkt im Bereich der Finanzdienstleistungen gez¨ahlt wird oder was z.B. nur eine Produktvariation darstellt. Brockhoff unterscheidet drei Produktdefinitionen:
– substantieller,
– erweiterter und
– generischer Produktbegriff.3
Der erste Fall beschr¨ankt das Produkt auf ein physisches Kaufobjekt. Damit w¨aren dann Dienstleistungen, wie z.B. Girokonto, Darlehen oder Wertpapier- depot ausgeschlossen. Es sei denn man sieht den unterzeichneten Vertrag als physisches Kaufobjekt an, was aber wohl zu kurz gefasst ist, da meist nicht alles im Vertrag geregelt wird.4
Der erweiterte Produktbegriff umfasst alle Kundendienstleistungen, die mit dem Produkt verbunden sind. Hierbei wird auch vom ” totalen Produkt“5 ge-
sprochen. Bei dieser Definition sind folglich Finanzdienstleistungen mit einge-
schlossen. Allerdings greift auch dieser Begriff zu kurz, wenn die Produkte ver- schiedener Anbieter soweit homogenisiert sind, dass fu¨r den Kunden der psy- chologische Zusatznutzen zur Grundlage der Kaufentscheidung wird. Als psy- chologischer Zusatznutzen kann z.B.
– die Entfernung zur Filiale,
– die besondere Sympathie zu einem Mitarbeiter oder
– die Markierung des Unternehmens angesehen werden.6
Daher beziehen sich die Betrachtungen dieser Arbeit auf den dritten Fall, dem generischen Produktbegriff. Da dieser alle Nutzen fu¨r den K¨aufer erfasst. Brockhoff definiert ihn wie folgt:
Ein Produkt ist ” eine im Hinblick auf eine erwartete Bedu ¨ rfnis- b efrie digung b eim bekannten o der unbekannten V erwender von einem
A nbieter gebu ¨ ndelt e Menge von Eigenschaften, die zum Gegenstand eines Tauschs werden soll, um mit der im Tausch erlangten Gegen- leistun g zur Erfu ¨ l lun g der Anbieterziele beizutragen.“7
Unter Produktmanagement k¨onnen ” alle Maßnahmen, bei denen eines oder mehrer e Produkte als absatzwirtschaftliche Instrumente eingesetzt werden“8 ver-
standen werden. Als Maßnahmen sind z.B. folgende marketingpolitischen Akti- vit¨aten denkbar:
– Produktinnovation,
– Produktdifferenzierung,
– Produktvereinheitlichung,
– Produktvariation und
– Produktelimination.
Produktinnovation ist die Entwicklung eines neuen Produkts, mit dem das Unternehmen noch nicht auf dem Markt vertreten ist9, in der Literatur wird hierfu¨r auch oft der Begriff Produktentwicklung verwendet. Denkbar wa¨re z.B., dass ein Kreditinstitut neu in den Bereich Internetbanking investiert.
Von einer Produktdifferenzierung wird gesprochen, wenn zu einem bestehen- den Produkt neue Varianten produziert werden und das Produkt selber auf dem Markt fortgefu¨hrt wird.10 Als Beispiel kann hier genannt werden, dass zu einem bestehenden Sparbuchangebot eine neue Alternative geschaffen wird, z.B. mit ho¨heren Zinsen, dafu¨r aber auch h¨ohere Einzahlungsgebu¨hren.
Das Gegenstu¨ck zur Produktdifferenzierung ist die Produktvereinheitlichung, darunter versteht man die Ru¨cknahme von Varianten.11
Produktvariation wird als die Modifikation eines bestehenden Produkts defi- niert, aber mit dem Unterschied zur Produktdifferenzierung, dass das ver¨ander- te Produkt im Markt das bisherige ersetzt.12 Hier w¨are also das eben genannte Beispiel zu wiederholen, allerdings wu¨rde bei einer Produktvariation die neue Sparbuchvariante an die Stelle des alten Sparbuchangebotes treten.
Trennt man sich von dem Angebot eines Sparbuches ganz, so spricht man von einer Produktelimination, der Entfernung bestimmter Produkte aus dem Angebotsprogramm.13
Das Produktmanagement muss das Produkt in jeder Phase des Produkt- lebenszyklus effizient betreuen, entscheiden welches Produkt aus dem Markt genommen werden muss und wann neue Produkte entwickelt werden sollten. Somit dient das Produktmanagement unmittelbar der Erfu¨llung der Unterneh- mensziele, wie z.B. Ertragssteigerung oder Verbesserung der Konkurrenzfa¨hig- keit. Um diesen Aufgaben gerecht zu werden, steht dem Produktmanagement der Einsatz von sechs Instrumenten zur Verfu¨gung:
– Produktaufbau,
– Produktqualit¨at,
– Produktdesign,
– Produktname,
– Produktverpackung und
– Produktservice.14