Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einführung
2. Sozioökonomische Ursachen für die Präsenz von DCC`s
2. 1 Definitionen und Abgrenzungen
2.1.1 Definitionen des Dual Career Couple
2.1.2 Abgrenzungen zu anderen Lebens- und Partnerschaftsformen
2.2 Verbreitung und Lebenssituation von Dual Career Couples
2.3 Wertewandel
2.4 Erwerbssituation der Frau
3. Personalwirtschaftliche Problemstellung
3.1 Einfluss auf die Personalwirtschaft im allgemeinen
3.2 Lösungsbeispiele der Privatwirtschaft
4. Empirische Untersuchung
4.1 Untersuchung von Authenrieth/Chemnitzer/Domsch
4.2 Untersuchung von Corpina
4.3 Kritische Würdigung
5. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Alessandra Vosmerbäumer
Abbildungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einführung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Erscheinung und der Verbreitung von Dual Career Couples (= Doppelkarrierepaare) in Deutschland, sowie deren Auswirkung auf personalwirtschaftliche Fragestellungen1.
Dabei sollen einerseits diejenigen sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Faktoren analysiert werden, die zur Bedeutungszunahme dieser namentlichen Lebensform führen, andererseits die aktuelle Auseinandersetzung mit der Thematik in der Privatwirtschaft gezeigt werden. Das unternehmerische Personalmanagement muss sich in zunehmenden Maße mit dieser Thematik befassen, da anhand demographischer Entwicklungen zukünftig ein Mitarbeiter- und vor allem Führungskräftemangel absehbar ist. Nicht zuletzt deshalb gewinnt dieser Personenkreis der Dual Career Couples immer weiter an Bedeutung bei personalwirtschaftlichen Fragestellungen. Darüber hinaus soll die Relevanz von Dual Career Couples im ökonomischen und sozialen Umfeld geklärt und herausgestellt werden, inwieweit es sich um eine neumodische Entwicklung oder eine absehbare Zwangsläufigkeit handelt, die die sozialen Rahmenbedingungen einhergebracht haben.
Um dem angesprochenen Themenkomplex gerecht zu werden, gliedert sich die Arbeit in insgesamt vier Teile, wobei im ersten Teil Grundlagen und Begriffsklärungen zur Dual Career Thematik vermittelt werden sollen. Dabei wird im Rahmen der Betrachtung der sozioökonomischen Ursachen nach einer Definition und Abgrenzung zu anderen ähnlichen Arbeitspaar- beziehungen die Lebenssituation von Dual Career Couples vor dem Hin- tergrund ihrer zunehmenden Existenz dargestellt, die im sozialen, ökono- mischen und demographischen Wertewandel begründet ist. Besonders hervorgehoben werden soll hier die veränderte Erwerbssituation von Frauen in der jüngeren Vergangenheit.
Nach dieser Grundlageneinführung soll an die personalwirtschaftliche Fragestellung und den Handlungsbedarf im Human Ressource Management herangeführt werden. In der synoptischen Darstellung zweier empirischer Untersuchungen werden die bis dahin gesammelten Aspekte noch einmal aufbereitet und anschließend in einem Ausblick auf die zukünftige Entwicklungstendenz kritisch bewertet.
2. Sozioökonomische Ursachen für die Präsenz von DCCs
Während die Dual Career Couple Thematik im angloamerikanischen Raum bereits seit den späten sechziger Jahren Beachtung findet, ist die Diskussion im deutschsprachigen Raum, besonders aus betriebswirtschaftlicher Sicht, noch neueren Datums. Bevor die Dual Career Couple Thematik unter sozioökonomischen Blickwinkeln betrachtet wird, werden im folgenden Definitionen des ursprünglichen und gegenwärtigen Dual Career Couple Begriffs angeführt und eine Abgrenzung zu anderen ähnlichen Erwerbspartnerschaften unternommen.
2. 1 Definitionen und Abgrenzungen
2.1.1 Definition des Dual Career Couple
Der englische Begriff „Dual Career Couple“ (= Doppelkarrierepaar; im weiteren: DCC) geht auf eine Untersuchung des englischen Soziologenpaares Rapoport zurück, das sich mit der Entstehung der Dual Career Familie in den 60er Jahren beschäftigte.
Im Originalwortlaut sind DCC`s:
„Families in which both husband and wife pursue careers and at the same time establish a family life with at least one child“2.
Rapoport stellten fest, dass sich das Familien- und Arbeitsleben in Abhängigkeit voneinander seit dem Ende der Industrialisierungsära verändert hat und stellten die veränderten Ansprüche von Mann und Frau in der Beziehung dabei in den Vordergrund3. Diese erste Version von 1969 beschränkte sich auf Familien mit Mann, Frau und mindestens einem Kind, in der die zwei Akteure in einer Partnerschaft gleichermaßen Karriere und Familienleben anstreben. Erst mehr als ein Jahrzehnt später erschienen erste Abhandlungen zu diesem Thema im deutschsprachigen Raum. Spätere Ansätze führen nunmehr zu einer allgemein gefassteren Definition, die Wandlungstendenzen zulässt, so dass nicht mehr zwingend von einer Familie, bzw. Ehe mit Kindern ausgegangen werden muss. Daraus folgt, dass auch Paare bzw. Partner, bei denen beide Teile karriereorientiert berufstätig sind und gleichzeitig Wert auf ihre Partnerschaft legen unter den Begriff der Dual Career Couples einzuordnen sind4. Demnach ist also auch eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft denkbar. Auch müssen die Partner nicht zwingend im selben Haushalt leben, weil neuere Tendenzen zeigen, dass Partner beruflich bedingte räumliche Trennungen häufig für eine Zeit lang auf sich nehmen (siehe Commuting- Lebenssituation DCC).
Mit dem Begriff Karriere ist eine sich ständig nach oben weiterentwickelnde berufliche Positionsabfolge5 zu verstehen, die auf die Übernahme von Führungspositionen abzielt und großes zeitliches und berufliches Engagement für die Weiterentwicklung der beruflichen Laufbahn erfordert6.
Eine Führungsposition wird als eine auf hierarchisch höherer Ebene angesiedelte oder inhaltlich erweiterte Tätigkeit klassifiziert7.
2.1.2 Abgrenzungen zu anderen Lebens- und Partnerschaftsformen
Zur Präzisierung und Abgrenzung zu ähnlichen Lebensformen sind DCC`s von vergleichbaren Konstellationen zu unterscheiden, in denen in der Partnerschafts-, Ehe- oder Beziehungsform einer oder beide Teile erwerbstätig sind, sich in erster Linie aber nur auf eine Laufbahn konzentrieren. Die abzugrenzenden Formen und Ausprägungen sind im folgenden tabellarisch dargestellt :
§ Der „Yuppie“, eine Kurzform die aus dem Begriff „Young Urban Professional People“ gebildet wurde, wird als karriereorientiert mit überwiegend hedonistischer Grundhaltung8 beschrieben. Eine Beziehung oder Partnerschaft hat nur geringen Stellenwert, da die eigene Laufbahn und das äußere Erscheinungsbild im Mittelpunkt stehen. Der Yuppie lebt als Stadtmensch alleine in seinem Haushalt, ist zwischen 25 und 45 Jahre alt, strebt nach Ruhm, Prestige, Anerkennung, Macht und Geld oder einer Kombination dieser Faktoren9. Theoretisch kann der Yuppie sich zum DCC entwickeln, sofern die Partnerschaft einen anderen Stellenwert einnimmt und der Yuppie somit eine Beziehung zu einem zweiten Yuppie eingeht.
§ Der Begriff „1 ½ Personen Bruf“ wurde für die traditionelle Familie mit männlicher Erwerbsfunktion und weiblicher Hausfrau- und Mutterfunktion geprägt. Darunter ist die “traditionelle” Vater-Mutter- Kind Familie zu verstehen: Der berufstätige Mann beansprucht Zuarbeiten und Hilfsdienste der Frau10. Diese Familienform weicht ganz von dem DCC Begriff ab, da nur der Mann erwerbstätig ist. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass DCC`s phasenweise ihre Lebensform zugunsten der o.g. Form aufgeben, wenn z. B. Kinder geboren werden und die Frau ihre Erwerbstätigkeit unterbricht.
§ Bei der „Two-Person Single Career“ handelt es sich um eine Form der Lebensbeziehung die über den 1 ½ Personen Beruf hinaus geht und als Unterstützungssystem zu verstehen ist11. Die Frau wirkt als Karrierehelferin und arbeitet aktiv und unbezahlt an der Karriere des Ehemannes mit, übernimmt Repräsentationszwecke und soziale und technische Unterstützung, sorgt für einen reibungslosen Ablauf des Alltags und erledigt verlässlich alle Nebenarbeiten zur Förderung der Karriere des Mannes12. Dieses entspricht auch nicht der DCC Definition, auch hier ist aber durch eine zeitweise Unterbrechung der Berufstätigkeit eine DCC- Konstellation denkbar.
Des weiteren seien noch Doppelverdiener Partnerschaften von den DCC`s unterschieden, in denen beide Partner zwar erwerbstätig, allerdings nicht im gleichen Masse karriereorientiert sind13 und so stark engagiert eine eigene Berufslaufbahnvorstellung verfolgen wie DCC`s.
§ Mit „Dual Income Couples (Kurzform DIC)“ sind Paarkonstellationen gemeint, bei denen beide Partner erwerbstätig sind, wobei entweder das zweite Einkommen für den Lebens- unterhalt notwendig ist (oft der Fall, wenn es mehrere Kinder in der Familie gibt, die das Zuverdienen der Frau notwendig machen), oder im Gegensatz zu den DCC`s das Karrieremotiv fehlt14. Sind keine Kinder im Haus, so spricht man auch von DINKies (= Double Income No Kids). DIC`s kommen den Lebensumständen der DCC`s nahe, da auch ihr Privatleben organisatorischen Aufwandes bedarf, deshalb sind auch Übergänge zwischen beiden Lebensformen möglich, sobald intrinsische und extrinsische Motive ausgetauscht werden.
§ Die Partner der „Dual Career Academic Couples“ verfolgen eine akademische Laufbahn; dazu gehören Berufsgruppen wie z.B. Lehrer, Professoren und Forscher15. Sie besitzen allerdings größeren Spielraum in ihrer beruflichen Zeiteinteilung, da sie oftmals auch von zuhause arbeiten können und teilweise nicht in eine komplexe Organisationsstruktur eingebunden sind. Dennoch weisen sie eine ähnliche Lebenssituation wie die der von DCC`s auf, da eine Laufbahnentwicklung möglich ist und ein ähnlicher Organisations- und Abstimmungsbedarf besteht.
§ „Copreneure“16 oder Arbeitsehepaare führen zusammen ein Unternehmen und arbeiten deshalb gemeinsam als Selbständige oder Franchisenehmer. Sie sind nicht in eine komplexe Organisationsstruktur eingebunden und können theoretisch die Arbeitszeit frei einteilen, obwohl sie in der Praxis lt. Statistik aus dem Jahre 1999 die höchste Wochenarbeitszeit aller Erwerbstätigen haben und dementsprechend ein ähnlich hoher Abstimmungsbedarf bestehen dürfte wie bei den DCC`s17. Es wäre denkbar, dass sich qualifizierte DCC`s, die im Angestellten- verhältnis enttäuscht und vom Organisationsbedarf überdrüssig geworden sind, zu einer gemeinsamen Selbstständigkeit entschließen.
Vor dem Hintergrund dieser Abgrenzungen werden im weiteren Verlauf der Arbeit unter DCC`s Paare mit oder ohne Kindern verstanden, bei denen beide Partner kontinuierlich und weitgehend abgestimmte Laufbahnen im selben oder in unterschiedlichen Unternehmen anstreben, und gleichzeitig ein über weite Strecken gemeinsames und gleichberechtigtes Familienleben führen18.
Mit kontinuierlich und weitgehend abgestimmten Laufbahnen ist gemeint, dass zwar, wie zuvor angesprochen, phasenweise Wechsel zwischen den Lebensformen möglich sind, aber beständig und zumindest mittelfristig auf ein Karriereziel hingearbeitet wird. Diese Karrireorientierung schließt ein job commitment (also ein Zugeständnis an beruflicher Verpflichtung das zeitliche und private Beschneidungen vorsieht) ein.
Außerdem sollen Karriereziele aufeinander abgestimmt und abgesprochen werden, woraus der im weiteren besprochene Abstimmungs- und Organisationsbedarf resultiert.
Diese Karriereziele lassen unter Beachtung von Anti- Nepotismusregelungen, die bei hierarchischen Unterstellungen Begünsti- gungen des Partners im gleichen Unternehmen ausschließen sollen, auch Beschäftigungen im gleichen Unternehmen zu. Es ist keineswegs auszu- schließen, dass sich die Partner sogar über die Arbeitsstelle kennenge- lernt haben oder in sehr großen Wirtschaftsunternehmen in verschieden Bereichen tätig sind, ohne dass die Geschäftsleitung von der Beziehung weiß,. In manchen Firmen wird ein solches „anbändeln“ allerdings aus- drücklich untersagt, da es das Arbeitsklima beeinträchtigen kann.
Das gemeinsame und gleichberechtigte Familienleben spricht die gleich- berechtigte Aufteilung der häuslichen Aufgaben im Zusammenleben, so- wie das beidseitige Fördern des Privatlebens an, was im Einzelfall die Ab- sprache und Finanzierung von Haushaltshilfen und Kinderbetreuung betreffen kann.
2.2 Verbreitung und Lebenssituation von Dual Career Couples
Die Tendenz der DCC`s ist steigend, da einerseits immer mehr hochquali- fizierte Frauen nicht mehr auf Partnerschaft und Karriere verzichten mö- gen und andererseits die Zahl der erwerbstätigen und verheirateten Frau- en zunimmt19. Hierzu folgen im Kapitel 2.4 der Erwerbssituation der Frau nähere Ausführungen.
Die DCC`s verfügen über eine sehr hohe Leistungsbereitschaft, die zu stimulierendem Konkurrenzdenken, erhöhter Leistungsmotivation und ge- genseitiger Förderung des Partners führen kann20. Die hohe berufliche Qualifikation, die sie häufig in führenden beruflichen Stellungen zeigen, hat zur Folge, dass diese Paare über eine sehr gute Einkommenssituation verfügen, obwohl sie für das Arrangement privater und beruflicher Belange finanzielle und körperliche Belastungen, wie getrennte Wohnsitze und lan- ge Arbeitswege auf sich nehmen müssen, um Partnerschaft und Karriere gleichermaßen gerecht zu werden21. Da das berufliche Engagement sehr groß ist, bleibt für das Privatleben nur relativ wenig Zeit die mitorganisiert werden muss (vor allem dann, wenn es Kinder in der Beziehung gibt). Außerdem sind Reisetätigkeiten, Urlaub und Überstunden beider Partner nicht immer miteinander vereinbar. Der hohe Abstimmungsbedarf bezieht alltägliche Planungen von Einkauf über Kinderbetreuung genauso mit ein, wie Entscheidungen, die die Laufbahn, Positions- und damit verbundene Wohnortswechsel betreffen.
Hier sind u.a. auch die DCC`s zu erwähnen, die aufgrund ihrer Laufbahn- ambitionen und Arbeitsmarkrestriktionen getrennte Haushalte gründen22. Sie unterscheiden sich von anderen zeitweise getrennten Paaren durch den freiwillig gefassten Entschluss, zumindest eine Zeit lang eine räumli- che Trennung zu Gunsten der Karriere einzugehen, sowie die Entscheidung für die Laufbahn der Frau.
Diese Paare werden Commuter (Pendler) genannt23. Des weiteren beste- hen bei Commutern nicht finanziell zwingenden, sondern intrinsische Gründe zur getrennten Haushaltsführung. Als wichtige Grundbedingungen des Commuting gelten DCC typisch beidseitig hohe Laufbahnorientierun- gen, und vor allem die Unattraktivität des Stellenangebotes am ursprüngli- chen Wohn- und Arbeitsort sowie die Akzeptanz und Wohn- und Arbeits- ort des DCC Mannes. Hier ist eine steigende Tendenz zu beobachten, wie eine Befragung von Hochschulabsolventen 1989 zu Einstellungen zur Kar- riere des Partners zeigte, wonach alle der insgesamt 60 Befragten eine Zeit räumlicher Trennung in Kauf nehmen würden24. Die Wahrscheinlich- keit des zeitweisen Commutings ist hoch, wenn man der Dual Career Theorie folgt und davon ausgeht, dass ein hohes Leistungsstreben und job commitment besteht und attraktive Stellen häufig regionale Wechsel miteinbeziehen, die nicht beide Partner zeitgleich machen können oder wollen. Gesellschaftlich stoßen solche Karrierepaare oft auf Ablehnung und Kritik, weil ihnen ein übergroßes Karrieredenken und soziale Bin- dungsunfähigkeit angelastet werden. Für DCC`s ist das Privatleben in be- sonderem Masse an das Berufsleben geknüpft, da das Berufsleben des einen zwangsläufig mit dem Privatleben des anderen verwoben ist25. Sei- tens der Mitarbeiter kann es gerade gegenüber der DCC Frau zu Akzep- tanzproblemen kommen, wenn traditionelles und klischeehaftes Rollen- denken hinzukommt. Dieser Effekt kann sich noch verstärken, sofern die Karrierefrau auch Mutter ist und ihr fehlende Mutterliebe etc. angelastet werden.
Die Karriereorientierung bezieht die Karriere des anderen also stets mit ein, da Orts- und Jobwechsel in gegenseitigem Einvernehmen vollzogen werden.
Die Karriereverläufe lassen sich nach Domsch26 in drei Typen unterteilen, wobei Wechsel zwischen Typ1,2 und 3 möglich sind:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.3 Wertewandel
Nachdem nun die Verbreitung und Lebenssituation von Dual Career Couples deutlich wurde, bleibt zu klären welche Faktoren diese Entstehung begünstigt haben. Hier ist der Wandel der Werte zu nennen, die nachhaltig die Wertebilder der Gesellschaft verändert haben. Der gesellschaftliche Wertewandel bezeichnet die Veränderung zentraler Lebenswerte im Zeitablauf und bildet den Hintergrund der auszuführenden soziokulturellen Tendenzen27.
Die Lebensweise der DCC`s heutzutage stellt somit einen Indikator für den Wandel dar, von dem sie gesellschaftlich, ökonomisch und sozial in den letzten beiden Jahrzehnten profitiert und auch nachhaltig mit gestaltet haben28.
Die Hinwendung zu neuen Wertebildern in diesem Zeitraum lässt sich aus der fortgesetzten Wohlstandsmehrung, sozialen Absicherung und politischen Sicherheit ableiten, was in der Konsequenz zu materiellem Wohlstand für die breite Bevölkerung hierzulande geführt hat. Diese Steigerung des Lebensstandards führte zu einer Verschiebung in Richtung eines neuen Problembewusstseins und zur Neuorientierung von Lebensqualität29, d.h. dass die Sorge um das leibliche Wohl die Sorge um das psychische Wohl abgelöst hat. Eine Verlagerung der Schwerpunkte in Beruf- und Privatleben kreierte eine veränderte Einstellung zur Arbeit, so dass vermehrt der Wunsch nach einer Ausgewogenheit von Arbeit und Privatleben entstanden ist und materiell-intrinsische Präferenzen sowie soziale Kontakte den Anspruch an eine interessante kreative Tätigkeit und Selbstbestimmung geschaffen haben30. Zugleich sind rein materiell- extrinsische Werte wie Status, Anerkennung und Geld abgelöst worden. Selbstverwirklichung, persönliche Entwicklung und zwischenmenschliche Beziehungen stehen heutzutage bei der Karriereentscheidung im Mittelpunkt. Dies zeigt sich auch in der heutigen Bedeutung des Human Ressource in Unternehmen und der Vielzahl von personalpolitischen Instrument von Vergütung bis Arbeitszeitflexibilisierung, die den Mensch und nicht die Arbeit in den Mittelpunkt stellen. Man begegnet schnelleren sozialen Veränderungen in Familie und Partnerschaft, da heutzutage eine Fülle von Paarbeziehungsformen und Zusammenleben möglich sind. Die Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann, und das Kollaborieren beim Fällen von Entscheidungen, bilden heutzutage die neuen Wertebilder31. Dies liefert den Nährboden des DCC Lebens, obwohl nicht nur rein extrinsische Faktoren, sondern gleichwohl finanzielle Interessen mit der Karriereorientierung zusammenhängen.
Lenkt man den Fokus nun wieder auf personalwirtschaftliche Fragestellungen, so ist anzumerken, dass das gesamte Umfeld unternehmerischer Tätigkeit mit Wandelungen konfrontiert ist. Überwiegend durch die Dynamik in den Bereichen der Technologie und Demographie, die sich letztendlich auch im Personalmanagement widerspiegeln und mit in das unternehmerische Denken und Handeln einbezogen werden müssen. Hierbei sind vor allem drei Bereiche des schnellen Fortschritts der Vergangenheit und zukünftigen Wandelungs- tendenzen zu nennen:
§ Ökonomischer Wandel
Im Wettbewerb um immer kleinere und spezialisiertere Kundensegmente sind viele Unternehmen einem unerbittlichen Verdrängungswettbewerb auf gesättigten Märkten ausgesetzt und müssen umdenken. Produkte werden austauschbarer, ökologische Rahmenbedingungen müssen eingehalten werden. Unternehmen sind im Zuge der Globalisierung auch internationaler Konkurrenz und gleichzeitig deren Beobachtung ausgesetzt. Diese erhöhte Marktpräsenz fordert auch stärkere Personalpräsenz im Wettbewerb, was durch den ökonomischen Wandel von der Industrie-, zur Informations- und Dienstleistungsgesellschaft in der nun nicht mehr Spezialisten, sondern Generalisten gefragt sind, zum Ausdruck kommt. Vernetztes Denken, das Anpassen und Adaptieren von sich ständig verändernden Situationen, Sozialkompetenz sowie individuelle Karrieren des Einzelnen werden aus personalwirtschaftlicher Sicht mehr und mehr zum Anforderungsprofil der Führungskräfte32.
§ Technologischer Wandel
Im Bereich der Informationstechnologie, Elektronik und Biotechnologie hat es markante Fortschritte gegeben, die sie zu Schlüsseltechnologien der Zukunft machen33. Insgesamt kommt es daher zu einer Verkürzung der Produktlebenszyklen, also dem Zeitraum für die Prozesskette von
Gestaltung, Produktion und Absatz eines Produktes, die eine ständige Umstellung und Anpassung auf neue Verfahren und Technologien erfordert34. Die Kommunikationswege sind mittlerweile durchweg elektronisch. Daraus folgt zwar eine Vereinfachung und Zeiteinsparung beim Umsetzen komplexer Abläufe, aber auch eine erhöhte Anforderung an das Know-how der Mitarbeiter.
Der Umgang mit PC, E-Mail und Datenverarbeitungssystemen ist nicht mehr wegzudenken und wird auch im bereits angesprochen globalen Wettbewerb immer bedeutungsvoller. Die möglichen Auswirkungen des technologischen Wandels auf Arbeitsplatzebene lassen sich in drei Ansätze fassen35:
1) Dequalifizierungsthese: Der technologische Fortschritt schafft Arbeitsplätze, die geringe berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten verlangen, wie z.B. das Führen von Maschinen in der Fertigung. In der „Lean Production“ sollen so Fertigungsprozesse optimiert werden.
2) Polarisierungs- und Segmentierungsthese: Der technologische Fortschritt führt zu höherqualifizierter Arbeit sowie zu Entqualifizierung und Routine, da einerseits auf Managementebene von vielfältigeren Aufgaben und Spezialisierung innerhalb der Informationssysteme und andererseits auf Produktionsebene von routinierten Arbeitsprozessen, die nur geringe Qualifikation benötigen ausgegangen werden kann.
3) Qualifizierungsthese: Der technologische Fortschritt erfordert höhere Qualifikationen, mindert Routine- und fördert abwechslungsreichere Tätigkeiten. Dies kommt dem „Lean Management“ zu Gute, - nach diesem Konzept sollen Informationssysteme schneller und kostengünstiger Geschäftsprozesse erledigt werden.
§ Arbeitsmarkt- und demographische Entwicklung
Die Arbeitsmarktsituation ist eng mit der demographischen Entwicklung verbunden, da Veränderungen im Bevölkerungswachstum wie Alters- und Familienstrukturen letztendlich auch die Zahl der zukünftig Erwerbstätigen reflektierten36. Das Verhältnis von Pensionären zu Erwerbstätigen soll lt. Stat. Bundesamt von noch 1:5 im Jahr 1980 auf 1:2 im Jahr 2040 fallen. Die Verschiebung der Alterspyramide hat vielerlei Gründe; aufgrund medizinischer und hygienischer Faktoren kommt es zu einer höheren Lebenserwartung, gleichzeitig sinken die Geburtenraten aufgrund anderer Lebenskonzepte und daraus resultierend weniger klassische Familiengründungen (siehe hierzu die veränderte Erwerbssituation der Frau). Daraus ergibt sich wiederum ein schwächeres Erwerbssegment, das durch längere Ausbildungszeiten und sinkende Pensionsalters- grenzen begünstigt wird. Diese prognostizierte Überalterung hat zur Folge, dass den jetzt ausscheidenden Pensionären durch abnehmende Wachstumsraten im Segment der 20-34 Jährigen kein proportionales Gegengewicht mehr gegenüberstehen wird, d.h. es kommt zur Arbeitskräfteknappheit, vornehmlich in hochqualifizierten Berufen.
2.4 Erwerbssituation der Frau
Die Erwerbsbeteiligung von Frauen hat in den letzten 20 Jahren trotz der zeitweilig angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt, bedingt durch die Wiedervereinigung, erheblich zugenommen37. Die Gesamterwerbsquote zum einen und die Zunahme qualifizierter Tätigkeit zum anderen bilden die höheren weiblichen Bildungschancen ab. So ist lt. Stat. Bundesamt 1995 die Erwerbsquote (Anteil aller Erwerbspersonen an der Gesamtbevölkerung einer Periode von Hundert) von Frauen im Alter von 15 bis unter 65 Jahren in den alten Bundesländern von 48% im Jahre 1972, auf 60 % im Jahre 1992 gestiegen (vgl. Abb. 1).
In den neuen Ländern hat es aufgrund anderer politischer und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen, auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll, im gleichen Zeitraum eine permanent hohe Erwerbsbeteiligung von ca. 70% der weiblichen Bevölkerung gegeben. Es gibt schon seit den 70er Jahren zunehmend hochqualifizierte Frauen, die nicht auf Partnerschaft und Familie verzichten wollen, was die gestiegene Quote der verheirateten erwerbstätigen Frauen von 44% im Jahr 1972 auf 69% im Jahr 1992 belegt. Entscheidende Rolle für die Erwerbsbeteiligung ist das Alter des jüngsten Kindes, da sich mit der Geburt eines Kindes die Verhältnisse deutlich ändern. Ehefrauen unter 35 Jahren ohne Kinder treten zu 84% eine Vollzeitbeschäftigung an, Ehefrauen mit Kindern nur zu 41% und die Übrigen gehen einer Teilzeitbeschäftigung nach. Die meisten Frauen wechseln zwischen Berufs und Familienphasen38.
Der stärkere Zugang von Frauen zum Arbeitsmarkt wird noch deutlicher, wenn man den Fokus auf mittlere Jahrgänge richtet: So belief sich die Erwerbsquote der 35-45 jährigen Frauen im Jahr 1972 auf 49% und zwei Jahrzehnte später auf 73%.
Die Abb. 2 zeigt die Erwerbsquote in diesem Segment in den Jahren 1991 und 199839.
Abb. 3
Heutige Frauengenerationen stehen den männlichen Kontrahenten bezüg- lich Ausbildung und Qualifikation in nichts nach, wodurch sich eine starke Angleichung der Bildungschancen feststellen lässt40. Dies belegt die Zahl der weiblichen Studenten in einschlägig karriereorientierten Fachrichtun- gen wie Rechts- Wirtschafts- und Ingenieurwissenschaften. 44% aller Stu- dienplätze der Rechts und Wirtschaftswissenschaften, 32% im Fachbe- reich Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften sowie 15% der Ingenieurwissenschaften wurden in den Wintersemestern 1996/1997 bis 1998/1999 in Deutschland von weiblichen Studenten gewählt (Abb 3)41. Die hohen Partizipationsraten lassen sich insofern erklären, als Frauen mit hohen Bildungsinvestitionen durch die Aufnahme beruflicher Laufbahnen unabhängig vom Familienstand von ihrer Ausbildung profitieren wollen. Bei der Aufnahme einer beruflichen Laufbahn lässt sich feststellen, dass Frauen nicht nur aus rein finanziellen Gründen arbeiten, um die materielle Versorgung der Familie zu sichern (siehe Dual Income Couples), sondern weil ihnen die Berufstätigkeit Freude macht und sie in ihr eine Quelle der Bestätigung und Gemeinschaft mit anderen sehen42. Ferner besteht die Versorgungsabhängigkeit vom Ehemann nicht mehr, da die Frau ökonomisch selbstständig ist43. Jene Entwicklung wird durch die oben beschriebene Wertedynamik gestützt, da sich die Entwicklung in den Unternehmen als eine Reaktion auf veränderte Rollenbilder von Frau und Mann vollzieht und der Status der Frau aus Unternehmens- und Arbeitgebersicht sich zugunsten der gleichberechtigten Erwerbstätigkeit verschoben hat.
Aufgrund der demographischen, technologischen und wirtschaftlichen Entwicklung sowie eines gesellschaftlichen Wertwandels ist zukünftig ein stärkerer beruflicher Einbezug von Frauen in Fach- und Führungspositionen zu erwarten.44 Eine Vernetzung dieser dynamischen Faktoren wie ambitioniertes Studium, Karrierewillen und intrinsische Motive sind die Hauptursache für das Entstehen eines Dual Career Couple, zumal diese Lebensform nicht gezielt gewählt, sondern durch die Koalition mit dem anderen Partner gebildet wird. Das Studium oder die Arbeitsstelle bieten sich so als Ort des Aufeinandertreffens potentieller DCC`s an.
3. Personalwirtschaftliche Problemstellung
Es ist offensichtlich, dass ein Personalmanagement, sofern es erfolgreich sein will, sich dem gesellschaftlichen Wertewandel nicht verschließen kann45.
Dieses Thema ist darum von personalwirtschaftlicher Relevanz, weil der Kreis der DCC`s eine Arbeitnehmergruppe darstellt, der besondere Aufmerksamkeit entgegengebracht werden sollte.
Eingangs wurde der Führungskräftemangel und die Veränderungen durch demographische und soziale Wandel erläutert. Bei den DCC` s handelt es sich um hochqualifizierte Potentiale, denen jedoch mehr Anreize bzw. flexiblere Arbeitsmodelle geboten werden sollten, um die Balance zwischen Beruf und Familie zu halten.
3.1 Einfluss auf die Personalwirtschaft im allgemeinen
Die zentrale Bedeutung des oben beschriebenen Wertewandels liegt in den daraus ableitbaren Anforderungen an das betriebliche Personalma- nagement. Wenn beispielweise ein Unternehmen nicht rechtzeitig struktu- relle Verschiebungen im Arbeitsmarkt erkennt und darauf mit entspre- chenden Maßnahmen reagiert, so sind Schwierigkeiten vorprogrammiert46. In einer Wirtschaft, welche in zunehmenden Maße durch Wissen geprägt ist, wird Humankapital immer deutlicher zum strategischen Erfolgsfaktor eines Unternehmens47. Solches Humankapital droht zum Beispiel dann verloren zu gehen, wenn Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen ihre Berufskar- riere aufgeben oder unterbrechen müssen, weil ihre Ehe- oder Lebens- partner/innen versetzt werden. Um einem solchen Verlust an Humankapi- tal sowohl auf betrieblicher, als auch auf gesellschaftlicher Ebene vorzu- beugen, fällt eine auf DCC`s zugeschnittene Firmenpolitik immer mehr ins Gewicht48.
Die Besonderheit bei der Integration von DCC` s ist hierbei, dass man bei der Personalauswahl auf immer mehr Mitglieder aus DCC Gemeinschaften gegenübergestellt ist, (ab hier mehr Punktlandung) die nach anderen Kriterien über Zusagen und Engagement im Beruf entscheiden.
3.2 Lösungsbeispiele der Privatwirtschaft
Die Personalabteilungen in Unternehmen werden durch DCC`s mit neuen Anforderungen konfrontiert. Wie mit dieser Herausforderung umgegangen wird, ist stark abhängig von Größe und Geschäftszweig des Unternehmens. Der Focus richtet sich in erster Linie auf Auslandsentsendungen49. Grosse, weltweit tätige Unternehmen wie beispielsweise BASF, Bayer, Hoechst, Deutsche Bank, Mercedes und Kraft Jacobs Suchard haben für Angestellte, die ins Ausland entsendet werden, einen Jobpool eingerichtet, durch den Stellen für den mitreisenden Partner vermittelt werden50. Dies hat den Vorteil, dass Mitarbeiter mit hoher Qualifikation kostengünstig gewonnen werden und der ohnehin schon beschäftigte Partner zusätzlich ans Unternehmen gebunden wird. Handelt es sich allerdings nicht um Auslandentsendungen, sondern um Probleme zur Vereinbarkeit von Kind und Beruf, so wird die Thematik nicht ganz so profiliert behandelt und primär als Privatsache wahrgenommen51. Gewisse flexible Arbeitsformen, wie organisatorische und temporäre Flexibilisierungen kommen auch dem DCC zugute. Hierbei sind Jobsharing, also das Teilen einer Arbeitsstelle mit einer zweiten Person oder Telearbeit, der Arbeit von zuhause aus und Kommunikation via elektronischer Medien wie Internet und Fax zu nennen. Unter temporärer Flexibilisierung wären gleitende Arbeitszeit, Teilzeit oder Temporärarbeit zu verstehen. Der Teilzeitarbeit haftet allerdings das Stigma an, nur für frugale Positionen aber nicht auf der Führungsebene geeignet zu sein52.
4. Empirische Untersuchung
Im folgenden werden zwei empirische Untersuchungen vorgestellt, die sich mit der Laufbahnentwicklung von DCC’s befassen.
4.1 Untersuchung von Authenrieth/Chemnitzer/Domsch
In einer empirischen Untersuchung von Authenrieth/Chemnitzer/Domsch aus dem Jahre 199353 wurden Frauen in Führungspositionen befragt. Da diese Thematik potentieller DCC Frauen auch eine Sensibilisierung des Unternehmens für den DCC Themenkomplex darstellt, sei an dieser Stel- le eine Synopse der umfangreichen Erhebung hier wiedergegeben. Die Befragung erstreckte sich auf 22 Großunternehmen der Wirtschaft, die 1000 bis 100.000 Mitarbeiter verteilt auf die Branchen Banken, Versiche- rungen, Metall- und Chemieindustrie in Deutschland beschäftigten. Mit- tels Interviewleitfäden und Fragebögen wurden Führungsnachwuchskräfte (im weiteren FNK abgekürzt) zu persönlichen Einstellungen, Verhaltensweisen und Lebensläufen befragt. Ein Teil der Befragung bezog sich auch auf den privaten Bereich, welcher Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Familienstand, Kinder und Berufstätigkeit des Partners untersuchte. Hier wurde beabsichtigt, die wöchentliche Arbeitszeit zu erfassen, um kontrastierend dazu weitere Bereiche des Lebens zu erörtern.
Im Ergebnis sind die weiblichen Führungskräfte zum Zeitpunkt der Unter- suchung entweder alleinstehend oder sie leben in einer Dual-Career- Partnerschaft. Die Studie bestätigte durch gleiche wöchentliche Arbeitszeit wie die der männlichen FNK die hohe Karrieremotivation, sowie die Be- reitschaft zur regionalen Mobilität zu Gunsten der eigenen Karriere oder der des Partners. Motivatoren sind Position und Erfolg, aber auch Ein- kommen und Personalentwicklung. Eine Familienorientierung liegt eindeu- tig vor und kann als gleichberechtigt zur Karriereorientierung betrachtet werden. Alle Frauen in DCC Gemeinschaften haben Strategien gegen Doppelbelastungen wie Hilfsdienste für Haushalt und Kind aufgestellt. Die Studie stützt somit die vorangegangenen Thesen über die DCC`s.
4.2 Untersuchung von Corpina
Eine weitere empirische Studie, die drei Jahre später von Piero Corpina54 im Rahmen einer Dissertation angefertigt wurde, konzentriert sich aus- schließlich auf die partnerschaftliche Laufbahnentwicklung von Dual Ca- reer Couples mittels einer problembezogenen Unternehmens- befragung und soll hier ebenfalls in Kurzfassung dargestellt werden. Die Untersu- chung wurde in der Schweiz und mittels Interviews mit Fragebogen durchgeführt. Befragt wurden 15 Großkonzerne in der Schweiz (u.a. ABB, Dow Chemical, IBM, Procter & Gamble, Citibank, Shell), die allesamt auch Firmensitze in Deutschland haben und insofern im Ergebnis auch relevant auf den deutschen Raum übertragen werden können.
Die personalpolitischen Gestaltungsfelder partnerschaftsorientierter Laufbahnentwicklung die befragt wurden waren Gewinnung (Einstellung), Beurteilung, Vergütung und Entwicklung von DCC`s.
Im Bereich dieser Themenfelder war die Dual Career Thematik zwar allen Unternehmen bekannt, wurde aber völlig unterschiedlich behandelt. Im Rahmen der Gewinnung neuer Mitarbeiter besteht nirgends ein exaltiertes
Marketing von DC Members. Die Interviewten sprachen sich sogar gegen ein institutionalisiertes Engagement der Einstellungsgestaltung aus. Bei der Beurteilung von Angestellten fand die Idee der partnerschaftlichen Be- urteilung neben Selbst- und Fremdbeurteilung durch Vorgesetzte wenig Anklang. Einigkeit bestand beim Gestaltungsfeld der Vergütung: Alle Un- ternehmen sprachen sich hier für finanzielle Unterstützung zur Kinder- betreuung aus, einige haben oder werden noch Betreuungsangebote zur Verfügung stellen. Im Entwicklungsbereich wurden Programme zur Ar- beitszeitflexibilisierung bei Vollzeitkräften zur besseren Vereinbarung der DCC Organisation im Rahmen von Gleitzeit begrüsst, aber eine Präsenz- erfordernis gewünscht, das die Ausgestaltung von anderen Arbeitszeitmo- dellen praktisch eingrenzte. Das stärkste Engagement war bei der part- nerschaftsorientierten Unterstützung von Auslandseinsätzen festzustellen, dies stützt die Ausführung in Kap. 3.2.
Ferner lassen sich auf allen anderen Feldern jenseits von Vergütungsund Arbeitszeitmodellen mangelnde Umsetzung der als problemangemessen erkannten Maßnahmen nachvollziehen.
4.3 Kritische Würdigung
Wie in den empirischen Untersuchungen aufgezeigt, ist das Betätigungs- feld der Personalwirtschaft aus Unternehmenssicht ambivalent. Auf der einen Seite möchte man - wie in Kapitel 3 erläutert, das Mitarbeiterpoten- zial fördern und erhalten, zum anderen sind der Personalentwicklung von DCC`s schließlich auch zeitliche und finanzielle Grenzen gesetzt, da auch Nicht- DCC -Mitarbeiter betriebliche Förderung und Aufmerksamkeit zu- kommen muss. Es sind längst nicht alle Probleme, die sich aus der darge- stellten Lebenssituation der DCC`s ergeben, in den untersuchten Unter- nehmen gelöst und umgesetzt worden. Realistisch betrachtet wird von Führungskräften erwartet, dass sie sich um persönliche Belange selbst kümmern, wenn sie einen verantwortungsvollen Posten bekleiden wollen. Viele der in der empirischen Studie angesprochenen Punkte zur Ausges- taltung und Flexibilität von Vergütung und Arbeitszeit wurden von den Un- ternehmen zwar als Anregungen aufgenommen, allerdings klafft zwischen Theorie und Praxis, oder Wollen und Können eine Lücke. In den konkre- ten Fällen handelt es ich um Einzelfalllösungen bei Auslandsentsendun- gen55 oder Absprachen, die vom Engagement des Mitarbeiters aus ange- stoßen werden. Dabei sollten personalpolitische Entscheidungen auch unterscheiden, ob es darum geht, einer Familie mit drei schulpflichtigen Kindern bei einer Auslandsentsendung zu helfen, oder zwei 30 jährigen Karrieristen, bei denen der eine in München und der andere in Berlin ar- beitet. Gerade letzteren wird zugetraut, ihre Organisationsprobleme selbst zu bewältigen.
5. Schlussbetrachtung
Bei der personalwirtschaftlichen Betrachtung von DCC`s hat sich gezeigt, dass sich die Beobachtungen auf ein sehr junges Phänomen beziehen und dass sich die DCC`s zahlenmäßig noch in der Minderheit befinden56. Aus diesem Grund wird in Deutschland ein nahezu unerforschtes Terrain betreten, da alle Überlegungen hierzulande noch neu sind, während dieser Thematik beispielsweise in den Vereinigten Staaten seit längerem eine große Bedeutung beigemessen wird.
Positiv ist festzuhalten, dass sich Frauen im Erwerbsleben zunehmend profilieren, mehr leisten wollen und diese Leistungen von den Unter- nehmen weitgehend gefördert werden. Gleichzeitig ist die ansteigende, karriereorientierte Erwerbstätigkeit von Frauen einer der Hauptgründe für die Entstehung von DCC`s. Deshalb sind DCC`s schon jetzt nicht mehr als soziale Randerscheinung anzusehen, sondern zeigen die zukünftige Le- bensgestaltung großer Teile der Gesellschaft hinsichtlich der Planung von Zeit, Kindern und Partnerschaft. Die Grenzen zwischen Beruf und Privat- leben lösen sich immer mehr auf. Abzuwarten bleibt allerdings wie und wie lange diese Sozialmodule in der praktischen Ausgestaltung funktionieren.
Literaturverzeichnis
I. Bücher
Authenrieth, Christine/Chemnitzer, Karin/Domsch, Michel (1993) Personalauswahl und -entwicklung von weiblichen Führungskräften
Bruce, Willa/Reed, Christine (1991) Dual-career Couples in the public sector, New York
Corpina, Piero (1996) Laufbahnentwicklung von Dual-Career-Couples Gestaltung einer partnerschaftsorientierten Laufbahn, Dissertation St. Gallen
Domsch, Michel (1994) Personalmanagement & Chancengleichheit Betriebliche Maßnahmen zur Verbesserung beruflicher Chancen von Frauen in Hamburg, München
Rosenstiel,Lutz von/ Regnet, Erika/Domsch, Michel (1999) Hrsg. Führung von Mitarbeitern, Personalplanung und -entwicklung für Dual Career Couples
Schmidt, Martina (1989) Karrierefrauen und Partnerschaft
Scholz, Christian (1993)- Personalmanagement, 3. Auflage, München
Wunderer /Kuhn (1993)
Studie: Unternehmerisches Personalmanagement 2000
II. Zeitschriftenaufsätze
Harvey, Michael/Buckley, Ronald in: Human resource management review (1998) An international program for dual career couples, Vol.8,No 1,1998
Ladner-Streib, Christine/Engeli, Hans-Peter in: Personalführung (1998) DCCs -eine Herausforderung für das HR Management, Personalführung, Band 3
Pless, Nicola/Raeder, Sabine in: Personalwirtschaft (1995)
Wenn die Familie Karriere will, Heft 11, 1995
Rapoport, Rhona/Rapoport, Robert in: Human relations, (1969) The Dual-Career Family
III. Sonstige Quellen
Statistisches Bundesamt
§ Statistisches Jahrbuch 1999: Statistiken zur Erwerbstätigkeit 1999 § Familien heute, 1995
[...]
1 Definitionen des Begriffes folgen im Kapitel 2
2 Rapoport/Rapoport, 1969, S. 3
3 Vgl. Rapoport/Rapoport, 1969, S. 4 ff.
4 Vgl. Rosenstiel/Regnet/Domsch, 1999, S. 548
5 Vgl. Rosenstiel/Regnet/Domsch, 1999, S. 548
6 Vgl. Corpina, 1996, S. 11
7 Vgl. Authenrieth/Chemnitzer/Domsch, 1993, S. 67
8 Vgl. Scholz, 1993, S. 6
9 Vgl. Duden, 1990, S. 823
10 Vgl. Corpina, 1996, S. 17
11 Vgl. Corpina, 1996, S. 17
12 Vgl. Schmidt, 1989, S. 95
13 Vgl. Ladner-Streib/Engeli, Personalführung, 1998, S. 73
14 Vgl. Bruce/Reed, 1991, S.24
15 Vgl. Schmidt, 1989, S. 101
16 Vgl. Corpina, 1996, S. 18
17 Statistisches Bundesamt: Jahrbuch 1999
18 Vgl. Corpina, 1996, S. 19
19 Vgl. Rosenstiel/Regnet/Domsch, 1999, S.548
20 Rosenstiel/Regnet/Domsch, 1999, S. 549
21 Vgl. Bruce/Reed, 1991, S. 8
22 Vgl. Schmidt, 1989, S. 166
23 Vgl. Corpina, 1996, S. 60
24 Vgl. Domsch, 1993, S. 22
25 Vgl. Rosenstiel/Regnet/Domsch, 1999, S. 550 f.
26 Vgl. Rosenstiel/Regnet/Domsch, 1999, S. 553
27 Vgl. Corpina,1996, S. 23
28 Vgl. Corpina,1996, S. 22
29 Wunderer/Kuhn, 1993, S. 23 ff.
30 Wunderer/Kuhn, 1993, S. 23 ff.
31 Vgl. Rapoport, 1969, S. 3
32 Vgl. Scholz, 1993, S. 20
33 Vgl. Corpina, 1996, S. 4
34 Vgl. Scholz, 1993, S. 15
35 Corpina, 1996, S. 5
36 Corpina, 1996, S. 6
37 Statistisches Bundesamt, 1995, S. 48
38 Statistisches Bundesamt, 1995, S.51; ein permanentes Engagement in Beruf und Familie, wie es dem DCC Bild entspricht, wird erwähnt, allerdings nicht zahlenmäßig erfasst
39 Abb 1-3 aus: Statistisches Bundesamt: Familie heute 1995/ Statistisches Jahrbuch 1999
40 Vgl. Corpina, 1996, S.33
41 Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 1999
42 Vgl. Schmidt, 1989, S.87
43 Vgl. Corpina, 1996, S.38
44 Vgl. Domsch, 1993, S. 24
45 Vgl. Scholz, 1993, S. 9
46 Scholz, 1993, S. 10
47 Ladner-Streib/Engeli, 1998, S. 72
48 Ladner-Streib/Engeli, 1998, S. 72
49 Harvey/Buckley, 1998, S. 101
50 Ladner-Streib/Engeli, 1998, S. 73
51 Pless/Raeder, 1995, S.18
52 Ladner-Streib/Engeli, 1998, S.75
53 Autenrieth/Chemnitzer/Domsch, 1993, S. 66 bis 184
54 Corpina, 1996, S. 250 bis 320
55 Vgl. Harvey/Buckley, 1998, S.118
56 Eine Zahl die Deutungen zulässt stammt aus dem Mikrozensus 1992 und fasst Ehepaare mit und ohne Kindern, die über mehr als 6000 DM monatl. Nettoeinkommen verfügen, ein. Die Quote betrug 12%, bzw. 10% aller erwerbstätigen Ehepaare im Zeitraum.
- Arbeit zitieren
- Alessandra Vosmerbäumer (Autor:in), 2001, DCCs-Dual Career Couples-personalwirtschaftliche Fragestellung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104912