Die Kriegspsychiatrie während und nach dem ersten Weltkrieg und der eiserne Wille?


Hausarbeit, 2001

10 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung:

1. Einleitung: Die Übernahme des Willensbegriffs aus der Medizin in die Politik und die Umformung zum Männlichkeitswahn

2. Die Psychiatrie im ersten Weltkrieg als Instrument zur Stärkung des Willens

3. Resümee

4. Bibliographie

1. Einleitung: Die Übernahme des Willensbegriffs aus der Medizin in die Politik und die Umformung zum Männlichkeitswahn

In der Psychotherapie, sowohl in der institutionellen, als auch in der der sogenannten „Naturärzte“1, zeichnete sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Trendwende in den Behandlungsmethoden nervöser Störungen von der Erholung zur Abhärtung ab. Auf technischer Ebene ist das Fahrrad hier paradigmatisch, das Zola 1898 als „Schulung des Willens“ für junge Mädchen und Bertz 1900 als „herrliche Schule der Mannhaftigkeit“ bezeichnete, beide schrieben ihm eine nervenstärkende Wirkung zu. Um 1900 wurde die aus Schweden kommende „Mechano-Therapie“ in Deutschland populär, sie bestand im wesentlichen aus körperlichen Übungen mit Hilfe neuer Trainingsgeräte, die körperliche Ertüchtigung und Willensstärkung stellte auch hier das grundlegende Heilungsprinzip dar. Diese Therapie stieß in Fachkreisen zunächst auf nicht unerheblichen Widerstand, da sie dem vorhergegangenen Trend zur „Psychisierung“ der Psychiatrie widersprach, sie konnte jedoch als Stärkung des Willens interpretiert werden und dank der mittlerweile großen Popularitätswertes des sogenannten „Willens“ tat ihr diese Kritik keinen großen Abbruch. Was sich erst entwickeln musste, war die moderne „Trimm-dich-Mentalität“2, es überwog die Einstellung, das die körperliche Aktivität einen Sinn haben mussten, anders ausgedrückt: die körperliche Aktivität wurde in jener Zeit mit dem Begriff der Arbeit gleichgesetzt. In den medizinischen Heilstätten blieben die Auswirkungen dieses neuen Willensbegriffes vor dem Krieg noch relativ harmlos, man nahm gemeinsam vorbestimmte Körperhaltungen ein („das lebende Bild“) oder führte Turnübungen durch, um den Willen zu stärken.

In der Politik waren die Auswirkungen dieser willenlosen Gefolgschaft des Willens sehr viel gravierender. Emile Durkheim schrieb 1915 den Deutschen „eine morbide Hypertrophie des Willens, eine Art Willensmanie“ zu. Er meinte, man dürfe sich die wahre Quelle des deutschen Nationalismus nicht so sehr als Ideologie vorstellen, sondern mehr als „konkretes lebendiges Gefühl“, als „übermäßige Sucht des Wollens“.3

Tatsächlich war das Motto „Wille ist Kraft!“ und das Ideal des zielgerichteten und dadurch energetischen Denkens seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in das allgemeine

Denken, in Presse, Politik und (Populär-)Psychologie eingegangen. Der Glaube an die Notwendigkeit der Stärkung von Nerven und Wille war bereits so selbstverständlich, das es kaum jemanden irritierte, wenn die Kolonialbestrebungen des Deutschen Reiches in Marokko beispielsweise zum einen als Wettbewerb des deutschen Willens mit dem anderer Nationen (und hier wohl Hauptsächlich Englands) und zum anderen als notwendige Sicherung eines Gebietes, das zur Nerven- und Willensstärkung geradezu ideal sei, dargestellt wurde.

Auch in politischen Auseinandersetzungen im eigene Lande und in der allgemeinen Beurteilung z.B. von Politikern wurde die Beurteilung nach Nerven- und Willensstärke zum Bewertungsmaßstab. Auf die Frage, „was die Neurasthenie für eine Beziehung zur Politik habe“, antwortet Hilty 1896, es gebe nicht nur neurasthenische Politiker zu Genüge, sondern auch ganze Völker liefen Gefahr, dieser Krankheit zu verfallen, somit sei die Gesundheitsfrage ein wesentlicher Aspekt der zukünftigen Politik und Erziehung. Sieht man sich jedoch einige Beispiele höchst positiver Beurteilungen von Politikern der wilhelminischen Zeit genauer an, so muss man feststellen, dass diese „Gesundheit“ unter Umständen nicht nur von dem Begriff unserer Zeit differiert, sondern in entschiedenem Gegensatz zu diesem stehen kann. Kiderlen wurde als besonders nervenstark gelobt, als ein „Teufelskerl“, der alles erreicht, was er will. Als Zeugnisse dieser „Stärke“ galt z.b. die Tatsache, das er es während der Marokko-Krise fertigbrachte, in Gegenwart des französischen Botschafters ein Schläfchen zu halten. Sein Alkoholismus (böse Zungen bezeichneten ihn als „lallenden Alkoholiker) fand ebenso wenig Erwähnung wie die Tatsache, dass viele der sogenannten Zeugnisse seiner Nervenstärke Zeichen des körperlichen Verfalls darstellten.

Der neugewonnene Wohlstand des deutschen Bürgertums vor 1914 war offenbar etwas, mit dem die Bevölkerung nicht umgehen konnte, er wurde oftmals mit Dekadenz gleichgesetzt. Der Idealismus wurde zur nötigen Alternative zum Materialismus, weg vom schnöden Mammon, von der Fettleibigkeit, vom Verweichlichten, von der Empfindsamkeit (der „Gefühlsduselei“) des 19. Jahrhunderts, hin zu den wahren Idealen von Stärke, zum „All-Deutschen“. Die AutoSuggestion war ein beliebtes Mittel, sich selbst zu solchen Tugenden zu erziehen, jedoch nur vor dem Krieg, denn sie stand in Widerspruch zum Gedanken des soldatischen Gehorsams, der nun als neues Ideal diente.

Die Auswirkungen auf die Psychiatrie, die diese neuen Ideale hatten, waren bis 1914 noch verhältnismäßig gering, mit Kriegsausbruch und dem Erstarken des Nationalismus und Patriotismus in praktisch allen Lebensbereichen änderte sich dies nun grundlegend. Der Gedanke, dass die Nervosität und die Schwäche und Verweichlichung des Einzelnen über den Kriegssausgang und somit das nationale Überleben entscheiden konnte, prägte auch die Psychiatrie, die bis dahin im wesentlichen an der Ruhe-Therapie festgehalten hatte, auch wenn sie diese aus popularistischen Gründen gern im Gewand der „Willensstärkung“ daherkommen ließ. Die Beurteilung des Patienten schlug von dem Krankheits-Leidenden um zum „unwilligen“, „verweichlichten“, den es mit allen Mitteln wieder Kampf- und arbeitsfähig zu machen gilt. Die Einbeziehung von politischen und militärischen Aspekten in die Psychiatrie, die der Krieg mit sich brachte, verhalf auch militärischen und politischen Ideologien und Einstellungen zu einer Aufwertung auf medizinischem Gebiet.

2. Die Psychiatrie im ersten Weltkrieg als Instrument zur Stärkung des Willens

Das Thema der Nervosität und des Mangels an Willen war also von allgemeinem Interesse in Politik und Gesellschaft, und es wurde selbstverständlich auch in Zusammenhang mit einem möglichen Kriegsfall diskutiert. So schrieb der Budapester Arzt Julius Donath: „Nichts ist wahrscheinlicher, als dass die Kinder unseres als nervös verschrieenen Zeitalters den riesigen Strapazen eines Krieges der Millionenheere mit seinen Frontlängen von Hunderten von Kilometern, seinen eintönigen, schmutzigen und nassen Schützengräben, den erstaunlich vervollkommneten, furchtbaren Vernichtungswerkzeugen, den Kämpfen zu Wasser, zu Lande, unter der See, in den Lüften, sowie den wochenlang dauernden Schlachten

- wie dies alles noch nicht dagewesen - nicht die nötige Widerstandsfähigkeit werden entgegensetzen können.“4

Allerdings meinten die Mehrzahl der deutschen Psychiater in den noch relativ erfolgreichen ersten Kriegsjahren, im Krieg die langersehnte Kur gegen die um sich greifende Nerven- und Willensschwäche gefunden zu haben. Das Teilhaben an einem höheren, nationalen Willen wurde hier als Willensstärke empfunden, was keinen

Widerspruch darzustellen schien: „Die Willenstätigkeit wird durch die vaterländischen Gefühle, durch das gegenseitige Beispiel und nicht zum wenigsten durch die Kameradschaft, welche Vorgesetzte und Untergebene zu einer willenserfüllte Masse zusammenschweißt, auf das denkbar höchste Maß gehoben, und die Ausstrahlungen dieser Willenssteigerung kommen nach sehr verschiedenen Richtungen der individuellen Hygiene zugute.“5

Die Psychiatrie stellte ihre eigene Bedeutung im Kriege folgendermaßen dar: zum einen würden Fälle der sogenannten Kriegsneurose auf andere Soldaten übergreifen und somit eine Gefahr für die militärische Leistungsfähigkeit des gesamten Heeres darstellen („Ihre Arbeit ist wichtig, weil das Auftreten psychischer Störung, wenn sie unerkannt bleibt, Gefahr für viele, Gefahr für Kriegstüchtige, Gefahr für die Grundprinzipien der Heeresorganisation, die Disziplin ist.“6 ), zum anderen wurde der Wille als solcher niemals genau definiert, sondern als pathologisch eingestuft, sobald er dem „Gemeinschaftswillen“ widersprach, so wurde der Willensbegriff zur ideologischen Verknüpfung des Individuums mit der Gemeinschaft und half, eine erhöhte gesellschaftliche Verantwortung der psychiatrischen Profession zu definieren.7 Die Heilung des Patienten stellte im wesentlichen die Heilung seines Willens dar, was von der Mehrheit der Psychiater, Psychologen und Ärzte dieser Zeit akzeptiert wurde:

„Ein bedrohtes Leben wiederherzustellen, ist ärztliche Kunst, aber mit ihm zugleich den Willen herzustellen, es sofort abermals aufs Spiel zu setzen, das ist die eigentliche militärärztliche Kunst.“ - Dr. Willy Hellpach, 19158

„Und wo wir diesen Willen darniederlegen, da müssen wir aus Liebe zum Vaterland und ebenso aus warmen Interesse für sie selbst alles tun, um den kranken Willen, der auf falschen Bahnen wandelt, ins rechte Geleise zu bringen. Jeder Weg, der dieses

Ziel ermöglicht, ist zu gehen erlaubt, wenn der fachverständige Arzt ihn betritt.“ - Dr. Robert Gaupp, 19179

Der Willen als Kriterium der persönlichen Gesundheit beeinflusste jedoch auf immense Art und Weise die Beurteilung der Kranken. So ging man nicht etwa davon aus, dass die Wendung des Krieges hin zu monströsen Materialschlachten und den damit verbundenen Verlusten die Häufung der Erkrankungsfälle zur Folge hatte, genau das Gegenteil trat ein: Man beschuldigte die Kriegsneurotiker und - neurastheniker, für die negative Kriegsentwicklung mitverantwortlich zu sein. Der willensschwache Soldat, minderwertig veranlagt und in erster Linie daran interessiert, dem Kriegsdienst zu entkommen, begegnet uns in vielen Fallbeispielen von „Diagnosen“ dieser Zeit, ein Beispiel sei hier zur Veranschaulichung genannt. Der Schneider M. hatte ungefähr ein Jahr Garnisonsdienst getan, als er im Januar 1916 über Kopfschmerzen, Stiche in der rechten Seite, Schwindelanfälle und Herzklopfen zu klagen begann. Er wurde in einer Nervenstation behandelt und kam im Juli 1917 in das Nervenlazarett Görden bei Brandenburg. In dem über ihn erstellten Obergutachten heißt es:

„Dort wurde er als wehleidiger, willensschwacher, energieloser Mensch von leicht erregbarem Wesen, bei dem ausgesprochene Rentenwünsche bestehen, geschildert. Die körperliche Untersuchung ergab hysterische Gangstörung, Gefühlsabstumpfen, im übrigen nichts bemerkenswertes. In dem Schlussvotum wird

M. als Rentenneurotiker unerfreulichster Art bezeichnet und als d.v. [Dienstverwendungsfähig] zur Entlassung empfohlen.“10

Selbstverständlich wurden solche oder ähnliche Fälle pathologisch beurteilt, ansonsten wären sie ja nicht von Medizinern behandelt worden. Demnach war der Betroffene tatsächlich krank (ebenjene Krankheit des Willens), und dieses Kranksein machte ihn empfänglich für eigennützige und „minderwertige“ Denkweisen, es kam also aus dem Kriegsdienst zu einer „Flucht in die Krankheit“, die Aussicht auf die Entlassung vom Kriegsdienst, die gesetzlich verankert war, hielt man also für krankheitsfördernd: „Es ist nicht so, wie man anfangs annahm, dass es sich um Simulation, um absichtliche Vortäuschung nicht vorhandener Beschwerden handelt.

Die Menschen sind tatsächlich krank, aber sie würden - merkwürdig genug - gesund sein, wenn das Gesetz nicht wäre.“11 Die Einführung des Willenbegriffs ersetzte das noch kaum vorhandene Verständnis für die Wechselwirkung zwischen psychischen und physischen Krankheitsmerkmalen, so konnten die körperlichen Symptome der Patienten, wie bei Beispiel M:, ohne eine genauere medizinische Begründung auf seine schwachen Willen zurückgeführt werden. Gerade die fahrig und unkontrolliert wirkenden Bewegungen eines Kriegsneurasthenikers wurde als Zeichen schwachen Willens beurteilt, als Gegenbild zu der strammen Haltung und den zackigen Bewegungen eines „guten Soldaten“. In jedem Falle war die Beurteilung der Erkrankten mit Fortschreiten des Krieges in den meisten Fällen negativ, in England wurden sie als „weiblich“ und zum Teil als homosexuell bezeichnet, in Deutschland als minderwertig, schwach und krankes Teilstück der Gemeinschaft, das es wieder einzufügen galt: „Der Krieg hat eine fürchterliche Auslese unter unseren fähigsten und opferwilligsten Männern gehalten; verschont blieben in erster Linie die Untauglichen und Selbstsüchtigen.“12

Gerade bei dieser Einfügung spielte die Arbeit eine große Rolle, aus eben diesem Grunde wurden spezielle Behandlungslager für Kriegsneurotiker und -neurastheniker in der Nähe größer Firmen oder Fabriken eingerichtet, die verrichtete Arbeit sollte zum einen zweckgerichtet sein und zum anderen wurde sie durch die Standortwahl bereitgestellt und mußte nicht extra organisiert werden. Die Arbeitsbereiche, in denen sich die Patienten zu betätigen hatten, reichten allerdings von der Fabrik- bis zur Landarbeit. Einerseits sollten die Patienten wider arbeitsfähig gemacht werden, andererseits wurde der Arbeit auch eine therapeutische Wirksamkeit nachgesagt, da sie der „Verweichlichung“ des Individuums entgegenwirke. Die Arbeitsfähigkeit eines Menschen wurde als Maßstab zur Bewertung seiner „Willenstärke“ genutzt, gleichzusetzen mit dem Nutzen für die Gemeinschaft, den sie als „meist junge, körperliche ganz gesunde Menschen“, die dann plötzlich zu „wertlosen Parasiten der menschlichen Gesellschaft, zu wehleidigen Hypochondern und Schwächlingen werden, sich und anderen zur Last“13, wie es die allgemeine Einstellung dieser Tage recht deutlich wiederspiegelt. Das resultierte in zum Teil sehr brutalen Behandlungsmethoden, wie z.B. Elektroschocktherapien, Isolationstherapie,

Kälteschocktherapien oder auch Schrecktherapien, möglich wurde dies aus mehreren Gründen; durch die Beurteilung der Patienten wurde die Behandlung auch in gewissem Sinne zur Bestrafung und außerdem gab es eine unterschiedliche Beurteilung verschiedener Klassen und Ränge, so wurden Offiziere praktisch nie als neurasthenisch diagnostiziert, diese Behandlungen wurden also lediglich den unteren Rängen zu Teil. Die kurz vor dem Kriege losgetretene „Willensmanie“, die im Frieden noch keine massiven negativen Auswirkungen in der Behandlung zeigte, wirkte sich unter den Kriegsbedingungen katastrophal aus, da aus dem „Willen“ nun der „Gemeinschaftswille“ wurde, es wurden spezielle Lazarette für Kriegsneurastheniker und -neurotiker in der Nähe von Fabriken oder Baustellen errichtet, um sie zurück in die Arbeitswelt zu bringen und ihnen ihre „Minderwertigkeit“ abzuerziehen, im Gegensatz zu heutigen Behandlungsmethoden, die Arbeitszwang von außen und das willentliche Unangenehmmachen des Aufenthaltes von Beginn an ausschließen.

3. Resümee

Die Behandlung von Kriegsneurosen und -neurasthenien basierte im wesentlichen auf dem Begriff des Willens, der zu keinem Zeitpunkt genau definiert wurde. Das ermöglichte die Ausrichtung der Behandlung und Beurteilung nach ideologischen und nationalistischen Kriterien. Nur im Rahmen einer ideologischen Beurteilung sind Begriffe wie „minderwertig“ oder „willensschwach“ im Rahmen eines ärztlichen Gutachtens überhaupt zu verstehen. In einer Zeit, in der die Neurologie und Psychiatrie in der medizinischen Fachwelt immer noch um ihre Anerkennung kämpfen, bietet dieses Anwendungsgebiet die Sichtbarmachung der eigenen Bedeutung in einem so immens wichtigen Bereich wie der Aufrechterhaltung der Wehrfähigkeit im Kriege. Verhaltensweisen, wie die Unterordnung eines Befehles unter die eigene Selbsterhaltung oder die stark neurotischen Nachwirkungen von Traumata, die auf dem Schlachtfeld des ersten Weltkrieges natürlich gehäuft auftreten, beide gelten heute als normal, wurden damals nicht in die Bewertung der Patienten einbezogen. Durch den Gebrauch des Willensbegriffes wurde der Auffassung beträchtlich mehr Bedeutung beigemessen, das jedem Menschen eben mit diesem Willen ein Instrument zur Verfügung stehe, mit dem er seine geistige Befindlichkeit und Arbeitsfähigkeit selbst aktiv regulieren könne. Die stark nationalistisch geprägte Fachwelt ließ dabei selbst damals schon bekannte

Erkenntnisse über die Struktur des Bewusstseins und des Willens nicht gelten, wie z.B. in den Werken Freuds, der die Komplexität des menschlichen Bewußtseins und Unterbewußtseins betonte. Grade das Unterbewußtsein sei durch das wache Bewußtsein nicht klar sichtbar und somit durch einen bewußten Willen nicht zu steuern, wobei alle Neurosen ihren Ursprung im Unterbewußten haben.14 Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde ein Persönlichkeitsbild geschaffen, das auch später im Nationalsozialismus, als der starke, mit stählernem Willen versehene Krieger zum Ideal erkoren wurde und die Fortführung solcher Beurteilung in der Psychiatrie zu den traurigen und tragischen Ereignissen im Rahmen der Euthanasie in den Kliniken des dritten Reiches führte. Von einem Verständnis der menschlichen Psyche in heutigem Sinne konnte jedoch kaum die Rede sein, denn das ganze Beurteilungsprinzip der damaligen Zeit lässt sich recht leicht zusammenfassen: Wer will, der kann und wer nicht kann, der will nicht.

4. Bibliographie

Radkau, Joachim, Das Zeitalter der Nervosität, Deutschland zwischen Bismarck und Hitler, Wien 1998

Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie, Band 45 (1919)

Geuter, Ulfried, Die Professionalisierung der deutschen Psychologie im Nationalsozialismus, Frankfurt am Main 1984

Eckart, Wolfgang, Gradmann, Christoph (Hrsg.), Die Medizin und der erste Weltkrieg, Pfaffenweiler 1996

Freud, Siegmund, Zur Psychopathologie des Alltagslebens (Über Vergessen, Versprechen, Vergreifen, Aberglaube und Irrtum). In: Mschr. Psychiat. Neurol., Bd.

10 (1901), S. 1-32, 95-143. In Buchform: Berlin: 1904; G.W., Bd. 4.

[...]


1 Radkau, Joachim, Das Zeitalter der Nervosität, Deutschland zwischen Bismarck und Hitler S.364, Wien 1998

2 Radkau, Joachim, Das Zeitalter der Nervosität, Deutschland zwischen Bismarck und Hitler S.365, Wien 1998

3 Radkau, Joachim, Das Zeitalter der Nervosität, Deutschland zwischen Bismarck und Hitler S.366, Wien 1998 2

4 Donath, Julius, Beiträge zu den Kriegsverletzungen und -erkrankungen des Nervensystems, in: Wiener Klinische Wochenschrift 28 (1915), S.725-730

5 Goldscheider, Alfred, Über die Ursachen des günstigen Gesundheitszustandes unserer Truppen im Winterfeldzuge, Zeitschrift für Physikalische und Diätetische Therapie 19 (1915), S.161-175

6 Singer, Kurt, Wesen und Bedeutung der Kriegspsychosen, in: Berliner Klinische Wochenschrift 52 (1915), S.177-180

7 Lerner, Paul, Ein Sieg deutschen Willens, Wille und Gemeinschaft in der deutschen Kriegspsychiatrie, in: Eckart, Wolfgang, Gradmann, Christoph (Hrsg.), Die Medizin und der erste Weltkrieg, Pfaffenweiler 1996, S. 85- S.107 (hier S.107)

8 Hellpach, Willy, Lazarettdisziplin als Heilfaktor, in: Medizinische Klinik 11 (1915), S.1208

9 Gaupp, Robert, Die Nervenkranken des Krieges, Ihre Beurteilung und Behandlung. Ein Wort zur Aufklärung und Mahnung unseres Volkes, Stuttgart 1917, S.18

10 Lerner, Paul, Ein Sieg deutschen Willens, Wille und Gemeinschaft in der deutschen Kriegspsychiatrie, in: Eckart, Wolfgang, Gradmann, Christoph (Hrsg.), Die Medizin und der erste Weltkrieg, Pfaffenweiler 1996, S. 85- S.107 (hier S.102)

11 Hoche, Alfred, Geisteskrankheit und Kultur, in: ders., Aus der Werkstatt, München 1935, S.16

12 Kraeplin, Emil, Psychiatrische Randbemerkungen zur Zeitgeschichte, in: Süddeutsche Monatshefte 16 (1919), S.182

13 Bonhoeffer, Karl, Psychiatrie und Krieg, in: Deutsche Medizinische Wochenschrift 1914, S.1777-1779

14 Freud, Siegmund, Zur Psychopathologie des Alltagslebens (Über Vergessen, Versprechen, Vergreifen, Aberglaube und Irrtum). In: Mschr. Psychiat. Neurol., Bd. 10 (1901), S. 1-32, 95-143. In Buchform: Berlin: 1904; G.W., Bd. 4.

Ende der Leseprobe aus 10 Seiten

Details

Titel
Die Kriegspsychiatrie während und nach dem ersten Weltkrieg und der eiserne Wille?
Hochschule
Universität Erfurt
Veranstaltung
IPS Krieg und Kriegserfahrung II
Note
1,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
10
Katalognummer
V104963
ISBN (eBook)
9783640032600
Dateigröße
348 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Dieser Text stellt eine sog. "kleine" Hausarbeit dar, mit einem Umfang von ca. 10 Seiten
Schlagworte
Kriegspsychiatrie, Weltkrieg, Wille, Krieg, Kriegserfahrung
Arbeit zitieren
Andreas Wegerich (Autor:in), 2001, Die Kriegspsychiatrie während und nach dem ersten Weltkrieg und der eiserne Wille?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104963

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Kriegspsychiatrie während und nach dem ersten Weltkrieg und der eiserne Wille?



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden