Zwischen Selbstbetrug und Sinnformel - Zu Niklas Luhmanns Vorstellungen von Gerechtigkeit


Seminararbeit, 2001

28 Seiten, Note: 17 Punkte


Leseprobe


Gliederung

Zwischen Selbstbetrug und Sinnformel

zu Niklas Luhmanns Vorstellungen von Gerechtigkeit

I. Von Parasiten und Paradoxien (Einleitung)

II. Die Widerlegung des Naturrechts bei Luhmann
1. Natur ohne Gerechtigkeit
2. Das Ende der Vernunft

III. Gerechtigkeit in der Theorie Sozialer Systeme
1. Systemtheoretische Vorüberlegungen
2. Gerechtigkeit als Kontingenzformel
3. Gerechtigkeit als adäquate Komplexität konsistenten Entscheidens

IV. Kritik an Luhmanns Gerechtigkeitsbegriff
1. Einordnung
2. Überblick der System-Kritik
3. Über die Unfähigkeit, das System zu verbessern
4. Mensch gegen System
5. Die Tücke des Subjekts
6. Ausblick - oder der Versuch, hinter die Kulissen zu blicken

Quellenverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zwischen Selbstbetrug und Sinnformel

zu Niklas Luhmanns Vorstellung von Gerechtigkeit

I. Von Parasiten und Paradoxien (Einleitung)

Niemand kann erwarten, daß eine Theorie, die die ganze Welt erklärt und deren Anwendung auf das Recht nur ein Spezialfall ist, einfach zu verstehen sei. Die Theorie sozialer Systeme ist ein Musterbeispiel für das, was Niklas Luhmann einmal „Dunkelkammern, in denen man erst nach längerer Eingewöhnung etwas sieht“1 genannt hat.

Das liegt nur zum Teil an der hochabstrakten Ausdrucksweise, gepaart mit Fremdwörtern in bisweilen abenteuerlich kreativer Semantik, deren Beherrschung unter Systemtheoretikern scheinbar stillschwei- gend vorausgesetzt wird. Diese Tendenz gerade auch des späten Luhmann, dessen Beobachtungslehre, Paradoxo- und Parasitologie2 sich nicht gerade durch ihr Bemühen um Allgemeinverständlichkeit auszeichnen, hat aus soziologischer Sicht wohl den Vorteil, daß daran jede bloß oberflächliche Auseinandersetzung mit dem Thema scheitern muß. Die für den Juristen letztlich gewichtigeren Zugangs- hindernisse zur Systemtheorie dürften jedoch der nicht mehr zu steigernde Objektivismus und die bedingungslose Orientierung an der Funktion von Systemen sein, die sich gänzlich subjektlos in organischer Selbsttätigkeit entwickeln und dabei die Gesellschaftsrealität produzieren.3

Zwar ist auch die Rechtsphilosophie an allerlei positivistisch bestimmten Modellen im Stile der Reinen Rechtslehre Kelsens nicht arm, aber kaum einem davon gelingt es zugleich, zentrale Begriffe wie Gerechtigkeit und Billigkeit zu inkorporieren, statt sie nur auflösen zu wollen. Genau dies unternimmt anscheinlich Niklas Luhmann, und eben das macht seine Ausdeutung bestehender Begrifflichkeiten gewöhnungsbedürftig und faszinierend zugleich.

Eine nähere Betrachtung von Luhmanns Gerechtigkeitsbegriff scheint vielversprechend. Mit diesem Ziel deshalb die nachfolgende kritische Wiedergabe seiner Auseinandersetzung mit dem Naturrecht, ein Abriß seiner Begründung und Einordnung der Gerechtigkeit im Rechts- system und eine abschließende Erörterung derselben mit Bezug zur allgemeinen soziologischen Systemtheorie nach Luhmann.

I. Die Widerlegung des Naturrechts bei Luhmann

1. Natur ohne Gerechtigkeit

Luhmanns Gerechtigkeitsbild entsteht aus einer strikten Ablehnung jeglichen Naturrechts. In seinen Ausführungen zur Gerechtigkeit diskutiert er daher einige naturrechtliche Vorstellungen mit dem Ziel, sie zu dekonstruieren. Zumeist nimmt er dabei als selbstverständlich an, daß nach heutigem philosophischen Stand die Voraussetzungen aller Naturrechtskonzepte entfallen sind.4 Sie werden daher folgerichtig in einen historischen Zusammenhang gestellt und im Präteritum diskutiert.5

Luhmann kritisiert pauschal ihren Ausgangspunkt, den Schluß von „naturgemäß“ auf „gerecht“, denn „die Natur“ sei „in keinem verständlichen Sinne gerecht“.6 Diese Feststellung kann freilich nur das Naturrecht im engsten Sinne treffen, d.h. solange es mit der Forderung verbunden ist, einen natürlichen Zustand herzustellen. Diese ist auch offensichtlich paradox, denn was könnte anderes existieren als ein natürlicher Zustand? Dem nahestehend formuliert auch Luhmann, jede normative Idee müsse „mehr verlangen, als sich von selbst (=naturgemäß) einstellt“.7

Konzepte, die diese Bedingung nicht erfüllen, sind damit bereits widerlegt, aber auch Luhmann ist bewußt, daß es die wenigsten sind.

Darüber hinausgehende Naturrechtsbegriffe faßt er angemessen zusammen als von der Annahme geleitet, „daß sich die Dinge ihrem Wesen nach unterscheiden, also von sich aus entweder gleich oder ungleich“ seien.8 In diesen Kontexten seien die indisponiblen „Wesen“ von uns Menschen erkennbar, wer über sie abweichend urteilte, müßte sich im Irrtum befinden, und das einzige Problem wäre festzustellen, wer sich denn gerade irrte.

Erstaunlicherweise läßt Niklas Luhmann eine argumentative Ablehnung dieses Ansatzes vermissen. An späterer Stelle finden sich Andeutungen zu diesem Thema, die auf die Anwendung einer in der Systemtheorie häufigen Technik hindeuten: Die Zurückführung einer Annahme auf eine ihr zugrundeliegende Paradoxie. Erwähnt wird die „alte naturrechtliche Paradoxie, daß Recht nur als Abweichung vom Recht vorkommen“ könne.9 Diese Aussage kann jedoch inhaltlich nicht weiter reichen als seine eingangs schon erwähnte Kritik. Sie impliziert, daß Natur mit Recht gleichgesetzt wird, um davon abweichendes Recht zu begründen. Die von dieser zweifellos paradoxen Idee emanzipierten Vorstellungen, in der Natur seien Wesen erkennbar, auf die sich Werte gründen ließen, wird davon nicht berührt.

Naheliegend ist die Vermutung, daß solche Ansichten, solange sie Wesen oder Werte transzendieren, auch nicht anders denn als arbiträr ablehnbar sind. Daß er diese Schwierigkeiten nicht überwindet, kann man Luhmann daher nicht vorwerfen. Die wünschenswerte Klarheit erreicht er mit seiner Stellungnahme dazu (jedenfalls in seinen Einlassungen zur Gerechtigkeit10 ) jedoch nicht.

Insbesondere fehlt eine fundierte Auseinandersetzung mit allen Strömungen, die mehr als nur Entitäten sehen, z.B. der Emergenz- philosophie.11 Dabei wäre gerade dieser Punkt interessant, denn hier könnte Luhmann en passant seine Abgrenzung zu Hegel nachzeichnen: Durch eine Begründung, warum Systeme gerade keine Quiddität (über die bloße Existenz hinausgehende Wesenheit) oder Identität besitzen können.

Bliebe noch zu erwähnen, daß Luhmann auch utilitaristische Konzepte dem Naturrecht zuordnet, also ebenfalls brüsk ablehnt, soweit (und weil) sie wie Bentham auf die Befriedigung natürlicher Neigungen des Menschen abstellen.12 Auf den Perfektionsbegriff, der ebenfalls im naturrechtlichen Zusammenhang steht, kommen wir noch zurück.

2. Das Ende der Vernunft

Das neuzeitliche, sich selbst als Naturrecht begreifende Vernunftrecht kritisiert Luhmann sehr viel ausführlicher. Die Idee, Menschen seien Freiheit und Gleichheit als „Menschrechte“ angeboren, unterstelle einen Begriff von Natur, der deren wahres Gesicht, ihre „naturimmanenten Einschränkungen“ nicht mehr beachte. Einleuchtend führt er aus, im Gegensatz zu den Prinzipien der Freiheit und Gleichheit läge „die Vorstellung einer natürlichen Überlegenheit bestimmter Menschen über andere [...] erfahrungsmäßig sehr nahe“.13

Problematisch hingegen bleibt seine allgemeine Kritik zu den Ideen der Freiheit und Gleichheit. Demnach eigneten sie sich nicht zur Auslegung geltenden Rechts. Zu denken sei an die „ohne weiteres vorausgesetzte Kompatibilität von Gleichheit und Sklaverei in den USA“.14 Daß Menschen ihre eigenen Ideale oft nicht konsequent verfolgen, ist eine wohl nicht bestreitbare Behauptung, und daß selten jemand zugibt, dabei nicht im Recht zu sein, ist ebenfalls klar. Dennoch spricht dieser empirische Befund menschlicher Unzulänglichkeit keinesfalls gegen die grundsätzliche Brauchbarkeit allgemeiner Prinzipien wie Freiheit und Gleichheit als Basis rechtlicher Interpretationen. Es ist vielmehr ein offener Widerspruch, wenn Luhmann diese Behauptung mit dem genannten Beispiel belegt, denn es zeigt gerade, daß sogar er erkannt hat, daß Gleichheit (und warum eigentlich nicht auch Freiheit?) in diesem Fall etwas anderes verlangt als das damals geltende Recht, daß sich das Recht folglich ganz zwanglos in ihrem Lichte betrachten, auslegen und kritisieren läßt.

Feinsinniger ist Luhmanns Bemühen, die Begriffe Freiheit und Gleichheit auf Paradoxien zurückzuführen. Freiheit - als Negation von Notwendigkeit - braucht jemanden, der sie erlebt, und dieser jemand muß denknotwendig gewissen inneren Beschränkungen unterliegen, um seine Freiheit überhaupt wahrnehmen zu können. Dies setze „geordnete, also beschränkte Systeme voraus, die sich aus Anlaß von Gelegenheiten selbst bestimmen können“.15 Demnach wäre „Freiheit pur [...] dasselbe wie Notwendigkeit, [...] also ein paradoxer Begriff“.16 Das ist zwar logisch einwandfrei. Der Haken ist die ungenaue Definition von Freiheit und Notwendigkeit. Beide benötigen nämlich einen Bezugspunkt (ob nun Subjekt oder Objekt), nennen wir ihn Beobachter (auch wenn wir uns damit wieder auf systemtheoretisches Glatteis begeben). Für die Freiheit hat Luhmann das ja auch festgestellt. Es gilt aber gleichermaßen auch für die Notwendigkeit. Läßt man mit Luhmann die Voraussetzung des Beobachters auf dieser Seite des Begriffspaares unter den Tisch fallen, entsteht eine Schieflage, in der sich beide Begriffe nicht mehr negieren. Die von ihm beschriebene paradoxe Situation ist daher - dank der Abwesenheit eines Beobachters - weder Freiheit noch Notwendigkeit, sie ist Chaos, Nichts, Urzustand.17 Absolute Freiheit ist absolute Freiheit dessen, der sie beobachtet (=erlebt). Er ist frei von Zwang und Notwendigkeit.18 Die Begriffe negieren sich, eine Paradoxie besteht nicht.

Doch Luhmann läßt nicht locker, auch Gleichheit ist - man ahnt es schon - „ebenfalls eine paradoxe, sich selbst für unmöglich erklärende Vorstellung“.19 Denn „Gleichheit in allen Hinsichten würde die Identität aufheben, die man voraussetzen muß, um Entscheidungen über gleich bzw. ungleich treffen zu können.“ Die Kritik zu Luhmanns Freiheitsbegriff läßt sich hier analog fortführen. Gleichheit in allen Hinsichten besteht schon dann, wenn die Elemente des Vergleichs in den Vergleichsdimensionen gleich sind. Dann ist Ungleichheit abwesend. Unterscheidbar zur Durchführung des Vergleichs sind die Vergleichselemente selbst dann, wenn sie „in allen Hinsichten“ gleich sind: sie lassen sie immer noch durchnumerieren! Nimmt man in einem Gedankenexperiment an, auch diese Grenze sei aufgehoben, so hätten wir keine Elemente mehr oder nur ein einziges, dann aber hätten wir weder Gleichheit noch Ungleichheit. Und es ist somit auch nicht diese Situation, die die Forderung nach absoluter Gleichheit erfüllt, sondern die Lage, in der sich keine Unterschiede hinsichtlich der Vergleichsdimensionen feststellen lassen. Voilà - wiederum keine Paradoxie. Um das zu belegen, haben wir Freiheit und Gleichheit auch nicht etwa relativiert, sondern nur bereits in ihrer Definition liegende Merkmale freigelegt.

Freiheit und Gleichheit stehen auch nicht in dem von Luhmann beschworenen „Widerspruch zur gesamten Rechtsordnung, da Rechtsnormen überhaupt nur als Einschränkung von Freiheit und als Anlaß zur Ungleichbehandlung formuliert werden können“.20 Diese durchaus faszinierende Beobachtung ist der Anlaß für seine bereits besprochene Feststellung, daß Recht in diesem Kontext (Naturrecht) nur als Abweichung von Recht möglich sei. Dem ist zuzugeben, daß hier aufgrund der gewohnten Begrifflichkeiten Verwirrung entstehen muß. Begründet man positives Recht durch überpositive Prinzipien, so ist deshalb m.E. nur eine Konstruktion möglich: Naturrecht ist Recht und positives Recht ist Sanktion. Die Sanktion dient zur Verwirklichung des Rechts, das ohne sie keine Wirklichkeit erreichen könnte. Sie ist Mittel zum Zweck, rechtens, aber nicht Recht. Oder genauer: Nicht Recht an sich, sondern Recht auf Zeit, nämlich solange sie zur Durchsetzung des Rechts dient. Aus dieser Sicht verliert die Schlußfolgerung, daß „die Grundlage des (positiven, B.F.) Rechts [...] nicht eine als Prinzip fungierende Idee, sondern eine Paradoxie“21 sei, jeglichen Biss.

Kurz: Der Versuch, die Vorstellung von Naturrecht oder Vernunftrecht als Grundlage geltenden Rechts durch reine Logik ablehnen zu können, ist in Luhmanns Monographie „Das Recht der Gesellschaft“ kaum überzeugend ausgeführt.

Eine populäre Behauptung vor allem unter Naturrechtlern ist, daß Naturrecht die einzig mögliche Basis einer Kritik des geltenden positiven Rechts sei. Luhmann sieht darin einen „Trick, mit dem sich das Naturrecht heute ein gewisses Maß an Anerkennung erschleicht“, und wäre sie wahr, so wäre das „fatal“.22

Der Wahrheitsgehalt der These hängt offensichtlich davon ab, ob es brauchbare Alternativen gibt.23 Prüfen wir also die Luhmannsche Lösung, die uns einen solchen Ausweg weisen will.24

II. Gerechtigkeit in der Theorie Sozialer Systeme

1. Systemtheoretische Vorüberlegungen

Um die Position der Gerechtigkeit in seinem Rechtssystem zu erklären, nimmt Niklas Luhmann auf der Ebene der Systemtheorie zunächst mehrere Eingrenzungen vor. Zum Verständnis seines Gerechtigkeitsbildes werden wir dieses etwas komplizierte Ausschluß- verfahren nachvollziehen müssen, als „Ausgleich“ aber tiefer in sein grundlegendes Modell des Rechtssystems eintauchen.

Luhmann geht von der Vorstellung aus, daß die Idee der Gerechtigkeit, welche Gestalt sie auch immer annimmt, die Einheit des Systems im System repräsentieren muß. Er meint damit, daß sie im System, und dort überall, anwendbar ist. Von diesem Bild geleitet (das auch natürlich genug erscheint, um es als Voraussetzung für Gerechtigkeit akzeptieren zu können), beginnt er die Suche nach einem Topos für diese Idee im System:

Systeme bestehen aus Operationen, das sind beim Rechtssystem wie bei jedem sozialen System Kommunikationen (und nicht etwa Menschen). Die Kommunikationen des Rechtssystems zeichnen sich durch die Benutzung des „Codes“ Recht/Unrecht aus, d.h. bezeichnen irgendetwas als Recht oder Unrecht.25 Luhmann konstruiert so einen weiten Begriff vom Rechtssystem, der nicht nur Rechtsnormen und Justiz, sondern auch das soziale System des Orientierens bzw. Desorientierens am Recht mit einbezieht. Zum Rechtssystem im engeren Sinne gehören dagegen nur die Operationen, die zur weiteren Entwicklung des Systems beitragen, also Anknüpfungspunkt neuer Operationen sind.

Das moderne, ausdifferenzierte Rechtssystem, das heißt eines, daß sich vom alltäglichen Leben innerhalb der Gesellschaft emanzipiert und Grenzen zu ihren anderen Bereichen ausgebildet hat, bildet zunächst eine Einheit (und deren Repräsentation suchen wir ja), indem es alle rechtlichen Operationen übergreift, die ihrerseits in ihrem ständigen Kommen und Gehen für die Erhaltung und Fortentwicklung des Systems und damit für dessen Selbstschaffung (Autopoiesis)26 sorgen. So wird die Grenze System/Umwelt (insbesondere Rechtssystem/Restgesellschaft) laufend aktualisiert, indem neue Operationen auf der Grundlage bereits existierender entstehen. Sie enthalten insofern eine Referenz auf das System. Für diese Selbstreferenz muß bekannt sein, welche Operationen zu dem System gehören.27

An dieser Stelle kommt das „Symbol“ der Rechtsgeltung ins Spiel, mit dem Operationen als zum Rechtssystem gehörig gekennzeichnet werden. So markiert, bedarf es beim Rückgriff auf sie keiner umständlichen Prüfung der Grenzen des Systems mehr, denn ihre Zugehörigkeit kann als sicher angenommen werden, und neue Operationen erhalten das Symbol der Rechtsgeltung, um später bei der Schaffung weiterer Operationen als Referenzadresse Wieder- verwendung zu finden.

Der Punkt: Jedes System ist laut Luhmann auf ein Selbstverhältnis angewiesen, daß sich in der bis hier aufgezeigten Form der Reflexion „nicht voll erfassen läßt, weil es alle Reflexionen selbst durchführen, also immer schon in Gang sein und in Gang bleiben muß“.28 Es muß also mehr geben als das formale Symbol der Rechtsgeltung, das den Systembezug vermittelt, „ohne das System inhaltlich zu charakte- risieren“, und damit lediglich „lokale“ Referenzen erlaubt, d.h. den Bezug auf bestimmte Texte, die als geltendes Recht fungieren.

Mit anderen Worten und bezug auf die Ausgangsfrage: Auf der Ebene der Operationen kann es eine universelle Repräsentation der Einheit des Systems nicht geben (die Voraussetzung, die Gerechtigkeit erfüllen müßte). Das erlaubt die erste Limitierung der Rolle der Gerechtigkeit im System: Sie ist Selbstreferenz, aber keine Operation. Übrig bleibt die Form der (Selbst-) Beobachtung des Rechtssystems.29 eben dieser Weise betrachtete (vgl. Kauffman, At home in the universe, S. 274 m.w.N.).

Auch kann Gerechtigkeit nicht auf der Ebene des Recht/Unrecht- Codes angesiedelt werden. Denn sich die Einheit von Recht und Unrecht vorzustellen, läuft hier direkt auf die Paradoxie auf, dann Recht und Unrecht gleichsetzen zu müssen. So steht es mit jedem binären Code.30

Die zweite zu treffende Einschränkung wäre also, daß Gerechtigkeit nicht beim operativen Code, sondern auf einer höheren Abstraktionsebene ansetzen muß. Der Code ist eher technischer Natur, er dient dazu, die komplexe Wirklichkeit auf zwei einfache Werte zu reduzieren, während „zusätzlich im Sinnbereich einer davon unterscheidbaren Unterscheidung sachliche Kriterien für die Frage zur Verfügung stehen, ob der positive oder der negative Wert gegeben ist. Und hier rückt dann die gesammelte Rechtstheorie ins Feld, ...“.31 Diese Rechtstheorie findet sich auf der gesuchten höheren Ebene, im System heißt das auf der Ebene der Programme. Sie entwickelt eben Entscheidungsprogramme und -kriterien.32 Allerdings kann die Gerechtigkeit auch kein einfaches Programm sein und sich einordnen neben konkrete Programme für z.B. Baurecht, Familienrecht, Markenrecht, etc., „als ob es daneben auch noch gerechtes Recht gäbe.“33

Bis hier müßte man die Konsequenz ziehen, daß das Rechtssystem ohne Gerechtigkeit operiert, die Frage der Gerechtigkeit würde in die Ethik ausgelagert. Das ist aber nicht das Ziel der Vorstellung von Gerechtigkeit als Repräsentation der Einheit des Systems im System, es müßte dazu nun ein Platz für die Ethik im Recht gefunden werden. Eine solche Eingliederung der Ethik in das Rechtssystem sieht Luhmann aber nicht, auch wenn es „Moralnormen zitiert und damit juridifiziert.“34

Dennoch muß das Rechtssystem nicht auf die Idee der Gerechtigkeit verzichten. Infrage käme, so lehrt uns Luhmann, ein Programm höherer Ordnung, ein Programm für alle Programme. Die zweite Einschränkung ist also: Gerechtigkeit muß auf der Ebene der Programme verortet werden, nicht auf der Ebene des Codes. Und schließlich: Gerechtigkeit ist eine Selbstreferenz, eine Selbst- beobachtung des Rechtssystems, also eine Selbstbeschreibung. Diese Beschreibung hat aber nicht die Form einer Theorie, die sich einem Gegenstand z.B. wissenschaftlich nähert. Sie hat normativen35 Charakter.

Auch das von Gerechtigkeit beschriebene Objekt ist gefunden: Der Code oder die operative Selbstschaffung des Rechtssystems sind Gegebenheiten, die nicht „gerecht“ oder „ungerecht“ sein können, sondern hierzu völlig indifferent sind. Aber das Rechtssystem selbst kann mehr oder weniger gerecht oder sogar ungerecht sein.36

2. Gerechtigkeit als Kontingenzformel

Nach diesen Vorüberlegungen zur negativen Bestimmung der Gerechtigkeit sind wir gefaßt für die Offenbarung: Gerechtigkeit fungiert im Rechtssystem als Kontingenzformel.

Kontingenz ist in diesem Sinne das Feld von Möglichkeiten, daß sich vor dem Rechtssystem, das sich entwickeln will, ausbreitet.37 Die Kontingenzformel hilft, unbestimmte Kontingenz in bestimmte Kontingenz zu verwandeln und so die möglichen Richtungen vorzuzeichnen.38

Der Typus der Kontingenzformel ist auch in den anderen großen Sozialsystemen anzutreffen (Prinzip der Limitationalität im Wissenschaftssystem, Prinzip der Knappheit im Wirtschaftssystem, Idee eines einzigen Gottes im Religionssystem, Ideen wie Bildung oder Lernfähigkeit im Erziehungssystem). Es ist daher zweifelhaft, ob Luhmann mit diesem Begriff wirklich die Folgerungen aus der Einsicht zieht, „daß die Voraussetzungen eines naturrechtlichen Gerechtigkeitsbegriffes entfallen sind“.39 Ein Schluß in die umgekehrte Richtung wäre glaubwürdiger:40 Die Theorie hält das Konstrukt einer Kontingenzformel parat, passend erscheint zufällig die Gerechtigkeit, und damit das so gesagt werden kann, müssen dann zunächst die naturrechtlichen Hindernisse aus dem Weg geräumt werden.

Kontingenzformeln sind - wie von der Systemtheorie nicht anders gewohnt - paradox. Sie haben „die Form eines Zirkelschlusses - und gerade darin liegt ihre sich selbst einsetzende, nicht weiter auflösbare Ursprünglichkeit. Sie beziehen sich auf die Differenz von Unbestimmbarkeit und Bestimmbarkeit. Ihre Funktion liegt darin, diese Grenze zu überschreiten und dafür historisch gegebene Plausibilitäten in Anspruch zu nehmen.“41 An dieser Funktion können sie sich aber nicht legitimieren. Die paradoxe Begründung der Kontingenzformeln zwingt deshalb dazu, sie im System nur latent auszuführen und zu verschweigen.42

Das führt auch dazu, daß Gerechtigkeit keine scharfe Abgrenzung zwischen gerecht und ungerecht zieht. Begreift man Gerechtigkeit als Norm, so läßt sich die Vorüberlegung von oben konkretisieren: Sie darf nicht als Selektionskriterium (also als bestimmtes Programm) auftreten, denn dann stände sie neben den anderen Programmen des Systems und könnte dieses nicht mehr in seiner Gesamtheit repräsentieren. Die Norm muß also vorausgesetzt werden, ohne daraus konkrete Entscheidungen oder von ihr begünstigte Interessen ableiten zu können. Das Problem liegt im Verhältnis von Generalisierung und Respizifikation der Norm der Gerechtigkeit.

Insofern anschaulich ist Luhmanns Beispiel, daß die richterliche wie gesetzgeberische Praxis, die das Rechtssystem aufbaut, „sich eher an einem Eindruck der Ungerechtigkeit bestimmter Regelungen als an der Anwendung der Norm der Gerechtigkeit orientiert.“

3. Gerechtigkeit als adäquate Komplexität konsistenten Entscheidens

Bis hier hat Luhmann also für die Gerechtigkeit einen Platz im System gefunden, von dem aus sie ihre operative Tätigkeit entfalten kann. Was noch fehlt, ist ihr Inhalt, der Gehalt der Gerechtigkeitsnorm. Diesen legt er „in einer langen [...] Tradition als Gleichheit“ fest.43 Die Forderung nach Gleichheit legitimiert sich selbst, wie für die Kontingenzformel allgemein schon festgestellt. Dabei ist Gleichheit, und damit auch Gerechtigkeit - und insoweit ist Luhmann unmißverständlich - kein rechtsbegründendes Prinzip, sie enthält auch keinen Wert, der das Recht als vorzugswürdig erscheinen läßt. Die Kontingenzformel abstrahiert von Gründen oder Werten, sie diktiert nur ein Schema für deren Suche.

Sie muß als rein formales Prinzip verstanden werden, das Regelhaftigkeit oder Konsistenz verlangt. Wir nähern uns also der konkreten Definition von Gerechtigkeit in Luhmanns Theorie und müssen nur noch klären: Regelhaftigkeit von was? Es geht Luhmann darum, gleiche Fälle gleich zu behandeln, als um Konsistenz der Entscheidungen.44

Dies ist aber nur die Kernbedeutung der Kontingenzformel, unter den jeweiligen gesellschaftsstrukturellen Umständen kann sie durchaus verschiedene Gestalt annehmen, und das Recht folgt ihr, indem es gewisse Merkmale als rechtlich relevant, also als Tatbestands- merkmale, einbezieht oder nicht, so daß vormals gleiche Fälle nun ungleich werden oder umgekehrt. Spielten z.B. in ständischen Gesellschaften Geburt und sozialer Rang eine Rolle, so ist das Recht dafür in der heutigen Gesellschaft weitgehend indifferent.

Damit weist Luhmann auf eine noch bestehende Schwäche der bisherigen Definition von Gerechtigkeit als „Konsistenz der Entscheidung“ hin. In wenig entwickelten Gesellschaften, in denen nur wenige verschiedene Arten von Fällen entschieden werden müssen, ist konsistentes Entscheiden einfach. Anders im Rechtssystem moderner Gesellschaften: Es darf die vielen unterschiedlichen Fälle der Wirklichkeit nicht auf zu wenige Kategorien reduzieren und es sich auf diese Weise leicht machen, konsistent zu entscheiden. Oder wie Einstein sagte: „Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden, aber nicht einfacher.“45

Von Gerechtigkeit kann daher nur gesprochen werden, wenn das Rechtssystem in seinen Entscheidungsmechanismen auch eine seiner Gesellschaft angemessene Vielfalt an Programmen und Strukturen aufweist. Luhmann spricht von „adäquater Komplexität des konsisteten Entscheidens“.46 Damit endlich ist die systemtheoretische Gerechtigkeitsformel gefunden, und ihr Bezugsproblem ist die Herausforderung des Rechtssystems durch die Überkomplexität in modernen Gesellschaften.

III. Grundlagen der Kritik an Luhmanns Gerechtigkeitsbegriff

1. Einordnung

Im allgemeinen pflegt man Gerechtigkeitsformeln in formelle und materielle einzuteilen. Niklas Luhmann ist mit seiner Variante an Formalität wohl nicht mehr zu überbieten. Es ist sein Ziel, den Begriff von Konzepten wie Tugend, Prinzip, Wert und Idee zu befreien und diese nur als Fehlinterpretationen im Kontext vielleicht unvermeidlichen Selbstbetrugs zur Entfaltung grundlegender Paradoxien anzuerkennen. Dies soll gelingen durch die Reduktion auf das rein formale Verlangen nach Gleichheit, die ihrerseits als Systemparameter (Entscheidungskonsistenz) der Gesamtfunktion des Systems unterzuordnen ist. Die prozedurale Gerechtigkeitslehre Luhmanns (vgl. den programmatischen Titel „Legitimation durch Verfahren“) erscheint im Gegensatz zu manch anderen durchaus verwandten Vorschlägen47 noch deutlich ausgehöhlter bezüglich traditioneller Inhalte, denn auch die erstrebte Restgleichheit muß am Ende dem übermächtigen Eindruck der Kontingenz unterliegen.

Mit Recht wird angesichts dieser zur Worthülse degradierten Formel Luhmann gelegentlich als Verfechter von „Rechtssystemen ohne Gerechtigkeit“ behandelt.48 Nicht abwegig scheint auch, seine nihilistischen Gerechtigkeitsvorstellungen in einem engem philosophischen Begründungszusammenhang mit Nietzsche zu sehen.49

2. Überblick der System-Kritik

Kiss faßt die Kritik an der allgemeinen Theorie Luhmanns in vier Schwerpunkten zusammen,50 die sich richten:

a) auf den konservativ-ideologischen Charakter seiner Theorie, (Ideologiekritik),
b) auf die Sinnfrage,
c) auf das Problem des Subjektes und
d) auf die Übertragbarkeit des autopoietischen Modells auf soziale Systeme.

Der letzte Punkt berührt unserer Thema nicht, und die Belegung des Sinnbegriffes in der Systemtheorie eröffnet eine Diskussion, die hier nicht aufgegriffen werden kann.

Die Frage nach dem Menschen ist für die Gerechtigkeit zentral, sie wird nachstehend ausgeführt. Auch die konservativen Inhalte von Luhmanns Soziologie sind relevant, denn Gerechtigkeit ist nie eine rein theoretische Frage, jeder will sie verwirklichen. Dazu Näheres im nächsten Abschnitt.

3. Über die Unfähigkeit, das System zu verbessern

Luhmann wird nicht müde zu betonen, daß Gerechtigkeit nicht als Steigerungsformel verstanden werden kann, und daß es überhaupt unmöglich ist, ein System durch gezielte Handlungen dazu zu veranlassen, sich in Richtung auf ein bestimmtes Leitbild zu verändern. Zur Begründung hinterfragt Luhmann einerseits die Vorstellung eines Ideals und andererseits die Möglichkeit der Wahl der richtigen Mittel, um dieses zu erreichen:

Er kritisiert also zunächst schon jede Philosophie, die einen Perfektionsgedanken beinhaltet, d.h. einen angestrebten Idealzustand als Motiv für ein Bemühen um (System-)Verbesserung zugrunde legt. Perfektionsbegriffe - neben Gerechtigkeit nennt Luhmann Wahrheit - beruhten lediglich auf „sprachlich ermöglichten Steigerungs- leistungen“ und bezeichneten „deren Kulminationspunkt“51. Seine Kritik ist wohl dahingehend zu verstehen, daß solche Begriffe keine Begründung hätten, und dies durch die Form des Perfektionsbegriffs verklärt werde: „Gerechtigkeit selbst ist gerecht“, solange sie nur als Perfektion verstanden wird.52 Mit der einsetzenden Aufklärung seien die Perfektionsbegriffe aber durch Entwicklungsbegriffe abgelöst (oder als solche neu verstanden worden).53

Diese Ablehung von Perfektionsbegriffen ist leicht zu akzeptieren, und die von Luhmann gegebene Begründung überzeugend, soweit sie die alten Argumente nachvollzieht. Er macht aber hier nicht Halt: Auch Entwicklungsbegriffe sind für ihn untragbar. Das wird verständlich, wenn man die Grundlage seines eigenen Welt- anschauung berücksichtigt: Die Kontingenz, die Kontingenz alles Seienden und aller Handlungen. In diesem umfassenden Sinne geht der Begriff weit über Bedeutung bei der oben erwähnten „Kontingenz- formel“ hinaus, dort ging es ja nur um die Kontingenz eines Systems. Letztlich ist aber die gesamte Wirklichkeit als kontingent, d.h. auch anders möglich, und alles Handeln als kontingent anzusehen, d.h. könnte auch anders ablaufen.54 Wie Luhmann richtig bemerkt, „absorbieren“ aber Perfektionsbegriffe und in gewissem Maße auch Entwicklungsbegriffe Kontingenz, was nichts anderes heißt als daß es sich um gegenläufige Evolutionsmodelle der Gesellschaftsrealität handelt. Orientiertes Handeln kann neben purer Kontingenz kaum erfolgreich existieren, stattdessen begreift Luhmann Ordnung als „faktisches Resultat von Evolution“.55

Zum anderen hält er es für ausgeschlossen, daß sich Systeme steuern lassen. Die Auswirkungen von Versuchen, durch gezielte Einwirkungen eine gewünschte Entwicklungsrichtung verfolgen zu können, ließen sich nicht vorherberechnen. Er beschwört die Unvorhersehbarkeit der Nebenwirkungen: „Kosten, Negativeffekte, Dysfunktionen, Risiken, Abweichungsverstärkungen im System.“56 Die Beobachtung wird durch diese wortgewaltige Aufzählung aber nicht richtiger. Wir werden sie anläßlich der Erörterung der Stellung des Menschen im System wieder aufgreifen.

Irritierend bleiben Aussagen Luhmanns, die doch auf die Erreichbarkeit von mehr Gerechtigkeit - im systemtheoretischen Sinne - hindeuten. Diese besteht, wie gesagt, in einer gesellschafts- adäquaten Komplexität des Rechtssystems bei Gewährleistung konsistenten Entscheidens. Luhmann nennt fünf Hauptvariablen, die diese Komplexität ausmachen: Größe, Varietät, Interdependenz, Strukturgeneralisierung und Veränderungstempo des Systems.57 Alle gleichzeitig, stellt er fest, können nicht maximiert werden. Dennoch könne „im Korrelationsraum dieser und vielleicht noch anderer Variablen“ ein „Anspruchsniveau“ bezüglich der Gerechtigkeit festgelegt und „gegebenenfalls bezahlt werden mit Verzichten auf Steigerung in anderen Variablen“.58 So werde schließlich die Frage aktuell: „Wieviel Gerechtigkeit kann eine Gesellschaft sich leisten?“ Die Frage bleibt, wer denn dieses Anspruchsniveau formulieren und soll und in welcher Form diese Maxime zu realisieren ist? Ist hier ein „individualistisches Korrelat“59 als Ausgangsbasis gefordert, das seine Vorstellungen vom richtigen Maß an Gerechtigkeit ins System einsickern läßt? Sollte so etwas doch möglich sein, und das ohne die gefürchtete, mit „Bakterien im Körper“60 vergleichbare infektiöse Wirkung, wie sie „Infektionen durch Moral [...] in den Funktions- systemen haben“?61 Abgesehen von dieser aus systemtheoretischer Nüchternheit sicher nachvollziehbaren Analogie bleibt ein klärungsbedürftig zwiespältiges Verhältnis zwischen Ablehnung von Steigerungsformeln und Prognosemöglichkeiten einerseits und der zumindest angedeuteten Verwirklichung von Ansprüchen an das System bestehen.

Am Ende dieser Arbeit werde ich versuchen, auf diese Fragen eine Antwort zu geben. Doch zunächst noch ein paar Bemerkungen zum Menschen bei Luhmann.

4. Mensch gegen System

Gerade der Platz des Menschen in der Systemtheorie ist oft kritisiert worden: Der Mensch steht in der Umwelt sozialer Systeme, er muß als Beobachter ihre Entwicklung mitansehen. Er kann nicht eingreifen und steuern, denn er ist nur ein psychisches System, das mit Bewußtsein operiert, im Gegensatz zu den sozialen Systemen, die mit Kommunikation operieren. So unterschiedliche Systeme können keine Informationen austauschen. Die Wechselwirkung beschränkt sich auf die Möglichkeiten der „Interpenetration“ und strukturellen Kopplung, beide haben mit regulierender, planmäßiger Einwirkung eines Systems auf das andere nichts zu tun. Der Mensch ist mehr oder weniger ohnmächtiger Zuschauer gesellschaftlicher Entwicklung.

Dies ist nach Luhmann nicht als Herabsetzung der Person zu verstehen: Es enthalte „die Aussage, Personen gehörten zur Umwelt sozialer Systeme, keine Gewichtung der Bedeutung von Personen“.62 Überhaupt sei „nicht einzusehen, weshalb der Platz in der Umwelt des Gesellschaftssystems ein so schlechter Platz sein sollte. Ich jedenfalls würde nicht tauschen wollen“.63

Vielmehr ergibt sich aus dieser „exklusiven“ Lage der vermeintliche Vorteil, daß der Mensch auch nicht verantwortlich sein kann, die Zuweisbarkeit von Verantwortung zu Subjekten wird vollkommen negiert. Luhmann hält sie für unmöglich, weil die dafür notwendige Orientierung des Handelnden an den Folgen seines beabsichtigten Tuns in zweifacher Hinsicht zum Scheitern verurteilt sei: Einerseits stehe einer vernünftigen Folgenorientierung schon aufgrund der Komplexität der Welt und ihrer Systeme die mangelnde Vorhersehbarkeit der tatsächlichen Konsequenzen entgegen, die eine Handlung in ihnen hervorruft. Konfrontiert mit einer Situation, die vor allem durch das eigene „Nichtwissen“ geprägt sei, müsse man sich die eigene Handlungsunfähigkeit eingestehen oder den Ausweg wählen, sich durch Moralvorstellungen die Illusion zu schaffen, richtiges Handeln erkennen zu können. Die „Unendlichkeit des Nichtwissens“ mache die Folgenabschätzung unmöglich.

Das will Luhmann auch mit seinem zweiten Argument belegen: "Wenn verwerfliches Handeln gute Folgen haben kann, wie die Ökonomen des 17. und 18. Jahrhunderts uns versichern,64 und wenn umgekehrt die besten Absichten in Schlimmes ausarten können, wie man in der Politik sehen kann, dann stoppt die moralische Motivation sich selber.65 Soll die Ethik dann zu gutem oder zu schlechtem Handeln raten?"66 Dieser „Parasit der Paradoxie“67 soll die verantwortungsethische Begründungsstrategie blockieren.

Beide Argumente wirken übertrieben. Natürlich kann man nichts mit Gewißheit wissen. Aber gerade deshalb ist es unausweichlich für jede Form von Denken oder Handeln, sich auf das methodisch erarbeitete „Vermutungswissen“ zu verlassen und darauf vorsichtig aufbauend weitere Schlüsse zu ziehen. Unter anderen hat Karl Popper für dieses wissenschaftstheoretische Problem pragmatische Lösungsvorschläge entwickelt, die in den Naturwissenschaften weite Verbreitung gefunden haben. Das Fehlen einer letztendlichen Gewißheit als Grundlage des menschlichen Wissens bedeutet nicht, daß wir uns als „völlig nichtwissend“ außerstande sehen müßten, Folgen abschätzen zu können.

Die Paradoxie des Handelnden, die Luhmann weiter ausführt, ist ein konstruiertes Problem. Es gibt sicher die von ihm beschriebenen scheinbar paradoxen Situationen, in denen die Wirkung die eigentliche Absicht ins Gegenteil verkehrt. Luhmann will deshalb die persönliche Zurechenbarkeit von Handlungsfolgen generell ablehnen. Dagegen muß man weiter nach dem Grund fragen, der zu diesen Situationen führt. Um überhaupt von guten Absichten und schlechten Folgen sprechen zu können, muß ich eine Instanz der Unterscheidung zwischen gut und schlecht voraussetzen, also eine Normativität. Wenn nun die Gesellschaft unter der Voraussetzung dieser Unterscheidung sinnvoll geordnet sein soll, dann muß es ihr Ziel sein, den Menschen zu ermöglichen, ihr Handeln im einzelnen nach dieser Vorstellung ausrichten zu können, ohne dabei in Konflikte zu geraten. Demnach wäre die Verantwortung aufgeteilt: Die Gesellschaft sorgt auf einer Makroebene für die Strukturen, die den Individuen in ihrem alltäglichen Mikrokosmos ermöglichen, die an sie gestellten Erwartungen zu erfüllen.68 Wo dies fehlschlägt, offenbart sich eine Mißstand in der Struktur der Gesellschaft, der in diesem konkreten Fall die persönliche Zurechenbarkeit (partiell!) unmöglich machen kann, sie sollte nicht wie bei Luhmann auf erkenntnistheoretischer Grundlage gänzlich ausgeschlossen werden.

5. Die Tücke des Subjekts

Luhmann begnügt sich nicht damit, die Bedeutungslosigkeit des Menschen durch seine Außenseiterbeziehung zu den Sozialsysthemen darzustellen. Während er damit das Subjekt quasi „von oben“ entmachtet, entzieht er ihm zugleich „von unten“ die Existenzgrundlage.

„Subjekt“ und „Individuum“ sind für Luhmann Begriffe, die durch eine lange Tradition des „alteuropäischen Humanismus“ mit falschen Konnotationen versehen worden sind, und die es dementsprechend zu entzaubern gilt. Den systemtheoretischen Subjektbegriff gründet er auf die Selbstreferenz des Subjekts. Das ist zunächst die Vorgehensweise, die schon Descartes („Ich denke, also bin ich.“) und Kant angewandt haben. Obwohl diese auf eine An-sich-seiende äußere Welt nicht ganz verzichten, wird das Subjekt in ihrer Perspektive enorm aufgewertet, da es nunmehr selbst die Wirklichkeit konstituiert. Es bildet den Fixpunkt, hinter den nicht zurückgegangen werden kann (oder muß). Die Unerschütterlichkeit dieses Subjekts wurde ermöglicht durch die Verankerung in einem allgemeinen, apriorischen Vernunftbegriff, indem also die Einzigartigkeit des Subjekts in eine Idee der „reinen Vernunft“ transzendiert wurde. Hier sah sich das Einzelne im Universalgültigen aufgehoben.

Luhmann dagegen will sich von jeglichem „Mythos der Vernunft“69 emanzipieren, z.B. läßt eine für ihn typische Argumentation Vernunft an der Kontingenz scheitern, da „Vernunft die Bedingungen der Möglichkeit von Unvernunft mitproduziert, also keineswegs zukunfts- sicher operiert.“70

So muß seine Dekonstruktion der Welt auch nicht vor dem Subjekt als Letztinstanz halt machen. Das Subjekt, oder, um es systemtheoretisch auszudrücken, das Bewußtseinssystem, wird seiner Wahrheit (der Wahrheit der Vernunft) beraubt. Überflüssig zu sagen, daß auch in Religion kein Begründungswert gefunden werden kann, Transzen- dentalität lehnt Luhmann ab. Das Subjekt konstituiert sich nur durch die selbstgetroffene Unterscheidung zwischen sich (dem System) und der Umwelt. Und diese Entscheidung ist nach dem oben gesagten ebenso willkürlich, weil ohne äußere Wirklichkeit, wie paradox, weil sie sich selbst nicht erfassen kann. So vollkommen denkt Luhmann die Auflösung des Individuums.

6. Ausblick - oder der Versuch, hinter die Kulissen zu blicken

Luhmanns Konsequenz und Offenheit ist oft als provokant empfunden worden. Der Vorwurf des Zynismus71 ist auch nicht aus der Luft gegriffen, und einige Äußerungen zu Themen, bei denen ein Minimum an Sensibilität gesellschaftlich erwartet wird, z.B. die Diskussion über Auschwitz, können nur als Entgleisungen bezeichnet werden.72 Solche Diskussionen waren Luhmann auch zuwider, derart emotionalisierte Debatten vertrugen sich nicht mit seinem Versuch, eine von inneren Befindlichkeiten unabhängige Theorie zu entwickeln.

Dennoch glaube ich, daß auch Luhmann die „innerlichen Zwänge“ empfunden hat, als die er als Moral bezeichnete. Es ist nicht seine Intention, die Idee der Gerechtigkeit ganz aufzugeben, auch wenn er solche Forderungen zitiert.73 Seine Absichten bei der theoretischen Rekonstruktion eines Gerechtigkeitsbegriffes sind vielleicht verständlich wenn man folgendes Zitat Luhmanns kennt, befragt zu seiner ablehnenden Haltung zu jeglichem ökologischen Aktivismus:

„Ich trenne das. Privat sortiere ich meinen Müll, so gut ich kann und brauche so wenig Wasser wie möglich und so weiter, und so weiter. Aber was ist die wissenschaftliche Fragestellung, wenn man soziologisch mit dem Aufkommen ökologischer Probleme zu tun hat? Die Fragestellung dieses Buches "Ökologische Kommunikation" war: Warum geschieht so wenig? Man muß doch zunächst einmal verstehen, weshalb wir so wenig von der Stelle kommen, weshalb das Waldsterben fortläuft, weshalb wir mit den Ressourcen so umgehen, daß wir sicher sein können, von dem einen oder anderen in fünfzig oder hundert Jahren nichts mehr zu haben. Diese Selbstläufigkeit der Gesellschaft muß verstanden werden. Sonst bleibt man bei bloßen Appellen oder wilden Protesten, die gar nicht zur Kenntnis nehmen, wie die Sache auf der anderen Seite - in der Ökonomie, der Politik, der Wissenschaft, in der Technik und so fort - aussieht. Die - wenn man so will - praktische Intention des Buches war, zu sagen: Es ist nicht einfach böser Wille oder Eigensucht oder dergleichen. Sondern es gibt im Kommunikationssystem Eigengesetzlichkeiten, die wir in Rechnung stellen müssen, wenn wir irgendeine Art von ökologischer Politik haben wollen.“74

Niklas Luhmann wollte mit seinen Analyse nicht die Gesellschaft verbessern, sondern das Verständnis von der Gesellschaft. So kann auch seine augenscheinlich so inhaltsleere Definition von Gerechtigkeit ein Schlüssel zu besserem Verständnis sein. Vielleicht kann die „adäquate Komplexität konsistenten Entscheidens“ als Minimalvoraussetzung für Gerechtigkeit verstanden werden. Auf jeden Fall sind seine Analysen des Rechtssysthems für eine Lösung des Problems der Gerechtigkeit hilfreich. Denn eine Lösung, also eine allgemein akzeptierte Implementation einer Idee der Gerechtigkeit, muß sicherlich die Komplexität der Wirklichkeit angemessen reduzieren. Dieses Problem nimmt mit der Weiterentwicklung der Gesellschaft sicher nicht ab, und zu den dabei wirksamen Mechanis- men bietet die Systemtheorie einige plausible Überlegungen.

Hoffen wir also in diesem Sinne, daß die „Selbstläufigkeit der Gesellschaft“ nicht so unausweichlich ist, wie uns einige Bemerkungen Luhmanns glauben machen wollen. Wenn schließlich sogar jemand wie Niklas Luhmann einen Sinn darin sieht, privat den Müll zu trennen, dann muß diese Hoffnung berechtigt sein, und Kontingenz kann man ja auch einfach so verstehen, daß unsere Zukunft noch nicht geschrieben worden ist.

[...]


1 Luhmann, Soziologische Aufklärung, S. 264.

2 Vgl. Luhmann, Die Rückgabe des zwölften Kamels, ZRSoz 21, S. 60 („Es gibt Paradoxe - so wie es Recht gibt“) und Clam, Die Grundparadoxie des Rechts und ihre Ausfaltung, ZRSoz 21, S. 109 ff.

3 Wobei diese Grundströmung mit anderen Bielefelder Lehrmeinungen überraschend gut harmoniert, insbesondere denke ich an die einflußreiche „Bielefelder Schule“ in der Geschichtsforschung.

4 Luhmann, RdG, S. 219.

5 Luhmann, RdG, S. 233.

6 Luhmann, RdG, S. 219.

7 Luhmann, RdG, S. 219.

8 Luhmann, RdG, S. 233.

9 Luhmann, RdG, S. 234.

10 vgl. Luhmann, Rechtstheorie 4, S. 131-167; derselbe, RdG, S. 214-238; derselbe, Zeitschrift für Rechtssoziologie 21, S. 3-60;

11 Ich gehe davon aus, daß Luhmann hierzu an anderer Stelle Position bezieht. Zumindest ein Verweis war aber im Rahmen seiner Kritik am Naturrecht angezeigt. Im übrigen wird der Begriff Emergenz in der systemtheoretischen Rechts- philosophie etwas irreführend bezüglich der Evolution des Rechts gebraucht, vgl. als Anmerkung zu Luhmann: Ladeur, Das selbstreferentielle Kamel, ZRSoz, S. 183 ff.

12 Luhmann, RdG, S. 219.

13 Luhmann, RdG, S. 233.

14 Luhmann, RdG, S. 233.

15 Luhmann, RdG, S. 234.

16 Luhmann, RdG, S. 234.

17 Systemtheoretiker würden hier vielleicht einwenden, es handle sich gerade um den „blinden Fleck“ der Unterscheidung, um die Paradoxie, die entsteht, wenn man die Unterscheidung auf sich selbst anwendet. Zu entgegnen wäre, daß die Anwendung der Unterscheidung hier die Nichtexistenz des Beobachters voraussetzt. Dann aber verschwindet auch die Unterscheidung selbst.

18 Die eigenen, inneren Bestimmtheiten kann er nicht empfinden. Sie sind daher keine Notwendigkeiten. Dies ist nicht zu verwechseln mit inneren Zwängen durch Gewissen, Über-Ich etc. Letztere sind eigenständige Instanzen, die für das agierende Bewußtsein als Beobachter von Freiheit/Notwendigkeit zur Umwelt gehören.

19 Luhmann, RdG, S. 234.

20 Luhmann, RdG, S. 234.

21 Luhmann, RdG, S. 235.

22 Luhmann, RdG, S. 220.

23 Und natürlich davon, was man als brauchbar ansieht. Insoweit denke ich, daß Ansichten wie die Reine Rechtslehre oder der Kritische Rationalismus zweifellos zur logischen Kritik geltenden Rechts geeignet sind, aber für sich genommen wohl nicht befriedigen im Sinne der aufgeworfenen Frage. Sie zielt auf die Letztbegründbarkeit des Rechts, verlangt also zumindest eine Art pragmatisch- utilitaristischen Unterbau als theoretischen Ausgangspunkt einer Kritik. Oder abstrakter, um auch der Systemtheorie eine Chance zu lassen: Die gesuchte Formel muß Begriffe wie Gerechtigkeit, Geltung und Recht in einen nachvollziehbaren Zusammenhang bringen.

24 Luhmann, RdG, S. 220.

25 Vgl. hierzu und zum folgenden Luhmann, Rechtstheorie 7, S. 121 f.

26 Der Begriff stammt ursprünglich von Maturana, einem chilenischen Biologen und Systemtheoretiker. Er entwickelte ihn in Abgrenzung zu „Autopraxis“: Poiesis betont die (Neu-)„Erschaffung“ im Gegensatz zur Praxis, die lediglich als anpassende Systempflege zu verstehen wäre (vgl. Guibentif, Gespräch mit Niklas Luhmann, Rechtssoziologie 21, S. 234.). Wie seine Kollegen Kauffman, Goodwin und Webster anmerken, tauchte die dahinter stehende Vorstellung allerdings zuerst bei Kant auf, der Organismen in

27 Vgl. hierzu und zum folgenden Luhmann, RdG, S. 214 f.

28 Luhmann, RdG, S. 215.

29 Luhmann, RdG, S. 218. Luhmann belegt dies in systemtheoretischer Logik auch damit, daß einer Operation die Einheit der sie unterscheidenden Unterscheidung verborgen bleiben muß. Auch die Unterscheidung selbst kann ihre Einheit nicht erfassen, erst eine Beobachtung zweiter Ordnung wäre in der Lage, diese zu bezeichnen (vgl. Luhmann, RdG, S. 215).

30 Luhmann, RdG, S. 215.

31 Luhmann, RdG, S. 216.

32 Vgl. Luhmann, Recht und Automation in der öffentlichen Verwaltung, S. 35 ff. Kritisch zu Luhmanns Programmierungstheorie Schwerdtner, Rechtswissenschaft und kritischer Rationalismus, Rechtstheorie 2, S. 73, und Münstermann, Zur Rechtstheorie Niklas Luhmanns, Kritische Justiz 2, S. 325 ff.

33 Luhmann, RdG, S. 216.

34 Luhmann, RdG, S. 216.

35 Im Sinne der Luhmannschen Definition einer Norm als kontrafaktischem Geltungsanspruch, als einer Erwartung, die auch bei Nichterfüllung aufrechterhalten wird. Dennoch ist nach Luhmann auch die Gerechtigkeit wie jede Norm letztlich enttäuschungsanfällig (vgl. Luhmann, RdG, S. 218). Das impliziert, daß jede subjektive Vorstellung von ihr irgendwie auf Empirie beruht.

36 Vgl. Luhmann, RdG, S. 218.

37 Vgl. Luhmann, Rechtssoziologie Bd. I, S. 31.

38 Ich neige zu der Auffassung, „Sinnformel“ wäre die angemessenere Bezeichnung. Denn Kontingenz besteht ja so oder so, ohne oder mit der Formel. Sie filtert lediglich die Möglichkeiten heraus, die eine sinnreiche Verbindung zu dem Bestehenden erlauben. „Sinnformel“ wäre damit m.E. sowohl systemtheoretisch als auch nach allgemeinem Sprachgebrauch verständlicher.

39 Luhmann, RdG, S. 219.

40 Unabhängig davon finde ich eine ähnliche Unterstellung gegenüber Luhmann, Ursache und Wirkung seiner Thesen zu vertauschen, bei Ohlendorf, Kritik Niklas Luhmanns, S. 15 (dort bezüglich der Ablehnung des historischen Materialismus im Rahmen der „Soziologischen Aufklärung“). Zwar ist auch Ohlendorfs Arbeit als Zeitdokument der DDR zu lesen, aber die genannte Beobachtung könnte trotzdem einen Makel in Luhmanns Beweisstil aufdecken.

41 Luhmann, RdG, S. 220.

42 Luhmann spricht von „invisibilisieren“ (vgl. Luhmann, RdG, S. 221).

43 Luhmann, RdG, S. 223.

44 Das bringt das Problem mit sich, daß nun nicht mehr die Einheit des Systems repräsentiert wird: Die Formel bezieht sich ja nur auf gleiche Fälle. Deshalb muß sie darüber hinaus verlangen, daß ungleiche Fälle ungleich behandelt werden, auch wenn sich diese Forderung nicht schon logisch aus dem Gleichheitsprinzip ableiten läßt (vgl. Luhmann, RdG, S. 223). Unzutreffend ist im übrigen auch die Ansicht, jede willkürliche Gleichbehandlung lasse sich auch als willkürliche Ungleichbehandlung darstellen (so aber Pieroth/ Schlink, Grundrechte, Rn. 436 f. m.w.N., für die genannten Beispiele auch richtig).

45 Zitiert in Zippelius, Rechtsphilosophie, S. 1.

46 Luhmann, RdG, S. 225.

47 Ich denke an die gleichfalls „modern-prozedural“ ausgestalteten Entscheidungs- (Nash/Harsanyi/Selten u.a.), Sozialvertrags- (Rawls u.a.), und Diskurstheorien (Habermas u.a.).

48 Vgl. für viele Dreier, Zu Luhmanns systemtheoretischer Neuformulierung des Gerechtigkeitsproblems, Rechtstheorie 5, S. 195.

49 So bei Axel Tschentscher, Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit, Diss. Kiel, 1999. Da das Werk selbst nicht erhältlich war beziehe ich mich auf die Besprechung von Jan-R. Sieckmann, Recht und Gerechtigkeit, ARSP 87 (2001), S. 134 f.

50 Vgl. Kiss, Grundzüge und Entwicklung der Luhmannschen Systemtheorie, S. 103.

51 Luhmann, Rechtstheorie, S. 134.

52 Luhmann, Rechtstheorie, S. 135.

53 Luhmann nennt Leibniz stellvertretend für eine Richtung, die Gerechtigkeit als Perfektionsbegriff der Vernunft schlechthin ansah, und dagegen Winckelmann, Möser, Herder und Goethe als Vertreter von Gerechtigkeit als Entwicklungsbegriff (vgl. Luhmann, Rechtstheorie, S. 134).

54 Vgl. Luhmann, Rechtstheorie, S. 134.

55 Luhmann, RdG, S. 219.

56 Luhmann, RdG, S. 222.

57 Luhmann, Rechtstheorie, S. 156.

58 Luhmann, Rechtstheorie, S. 156.

59 Diese bemerkenswerte Formulierung in Luhmann, RdG, S. 230.

60 Luhmann, Gesellschaftsstruktur und Semantik, S. 431.

61 Ebenda, S. 431. Zuzugestehen ist Luhmann, daß traditionelle Moral und Ethik eher wenig Gemeinsamkeiten mit einer Forderung nach mehr systemtheoretischer Gerechtigkeit aufweisen. Das Problem der jeweiligen Realisierbarkeit läßt aber den Vergleich zu.

62 Luhmann, Soziale Systeme, S. 244.

63 Luhmann, Die Tücke des Subjekts, S. 55.

64 Hier ist vor allem Adam Smith’s Theorie der „unsichtbaren Hand“ zu nennen.

Danach sind alle Menschen Egoisten und in ihrem Streben selbstsüchtig. Das aber hat in einer freien Wirtschaft positive Auswirkungen auf das Gemeinwohl, als wären die Menschen von einer „unsichtbaren Hand“ geleitet.

65 Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft, S. 1062.

66 Luhmann, Paradigm lost. Über die ethische Reflexion der Moral, S. 28.

67 Luhmann, Soziologie des Risikos, S. 67.

68 Schramm vertritt in etwa diese Lösung mit seiner Systemethik, vgl. Schramm, Sozialethik und Systemtheorie, http://www.uni-erfurt.de/theol/fachbereich_soz/syst- ver.htm. Sehr interessant ist auch der Vorschlag Dreiers, die systemtheoretische Gerechtigkeitsformel auch auf die Subsysteme des Rechtssystems anzuwenden, so daß Gerechtigkeit auch wieder für einzelne Entscheidungen und Programme relevant würde und nicht nur wie bei Luhmann eine abstrakte Eigenschaft des ganzen Rechtssystems wäre. Vgl. dazu Dreier, Zu Luhmanns systemtheoretischer Neuformulierung des Gerechtigkeitsproblems, Rechtstheorie 5, S. 189-200, mit skeptischer Anmerkung Luhmann, Die Systemreferenz der Gerechtigkeit, Rechtstheorie 5, S. 201-203.

69 Luhmann, Die Systemreferenz der Gerechtigkeit, Rechtstheorie 5, S. 230.

70 Ebenda. Dies ist natürlich nur einer der Gründe Luhmanns, dem Begriffsriesen „Vernunft“ zu mißtrauen.

71 Vgl. Schramm, Systemtheorie und Sozialethik, a.a.O. (Fn. 65), der allerdings schon in der Einleitung mit gleicher Münze zurückzahlt.

72 Vgl. Ellrich, Der unbezeichnete Faschismus, Rechtshistorisches Journal 17, S. 460.

73 Vgl. Luhmann, Rechtstheorie 4, S. 133, er zitiert Schwerdtner, Rechtstheorie 2, S. 242.

74 Luhmann, Interview aus dem BR, http://www.asa.de/blk/interview09.htm.

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Zwischen Selbstbetrug und Sinnformel - Zu Niklas Luhmanns Vorstellungen von Gerechtigkeit
Hochschule
Universität Bielefeld
Veranstaltung
Rechtsphilosophie bei Prof. Harzer
Note
17 Punkte
Autor
Jahr
2001
Seiten
28
Katalognummer
V105152
ISBN (eBook)
9783640034499
Dateigröße
417 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zwischen, Selbstbetrug, Sinnformel, Niklas, Luhmanns, Vorstellungen, Gerechtigkeit, Rechtsphilosophie, Prof, Harzer
Arbeit zitieren
Bernhard Freund (Autor:in), 2001, Zwischen Selbstbetrug und Sinnformel - Zu Niklas Luhmanns Vorstellungen von Gerechtigkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105152

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