Dieser Text behandelt die Bedeutung von Subkulturen für die entwicklungspsychologische und identitätsbildende Entwicklung von Jugendlichen. Durch die beispielhafte Betrachtung der Techno-Szene mit der ihr eigenen Musik, ihren speziellen Symbolen und Kennzeichen sowie den in dieser Subkultur üblichen Praktiken zeigt sich aus soziologischer Perspektive einerseits die Rezeption dieser Szene als Stilisierung des Selbst, andererseits aber auch die generelle Bedeutung jugendlicher Subkulturen in der modernen Gesellschaft.
Gliederung
1. Subkulturen als wesentlicher Untersuchungsgegenstand der Jugendsoziologie
2. Zur Bedeutung von Subkulturen für die Entwicklung von Jugendlichen anhand des Beispiels der Techno – Szene
2.1 Allgemeine Grundlagen zur Jugendkultur
2.1.1 Entwicklungspsychologie
2.1.2 Identitätsbildung
2.1.3 Wandel der Jugendkultur
2.2 Die Techno – Szene als jugendliche Subkultur
2.2.1 Sub- und Musikkultur
2.2.2 Musikstil und Kennzeichen der Techno-Szene
2.2.3 Rezeption als Stilisierung des Selbst
2.3 Selbstverwirklichungsaspekte der Techno-Szene
3. Subkulturen als immer mehr an Bedeutung gewinnende gesellschaftliche Institution
4. Literaturverzeichnis
1. Subkulturen als wesentlicher Untersuchungsgegenstand der Jugendsoziologie
Da die Phase der Jugend schon immer eine wesentliche Rolle in der Entwicklung des Menschen gespielt hat ist es auch nicht verwunderlich, dass sich gerade eine Wissenschaft wie die Soziologie intensiv mit der Abgrenzung und Bedeutung dieser entscheidenden Phase im Leben der Menschen beschäftigt. Gerade da davon ausgegangen wird, dass sich in dieser Lebensphase nicht nur biologische Determinanten wie etwa die hormonell bedingte körperliche und seelische Veränderung abspielen, sondern dass gerade in dieser Zeitspanne die Entwicklung in besonderer Weise sozial und kulturell überformt ist hat sie natürlich immense gesellschaftliche Relevanz.
Außerdem stellt diese jugendliche Phase der Sozialisation eine Vorraussetzung für ein späteres selbständiges Handeln in allen gesellschaftlichen Bereichen dar und es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass die Gesellschaft deswegen auch versucht, Einfluss auf diese Formung zu nehmen.
In dieser Hausarbeit soll nun vor allem auf einen ganz bestimmten Aspekt der jugendlichen Sozialisationsphase eingegangen werden, nämlich den der Entstehung verschiedenster Subkulturen innerhalb einer übergreifenden Jugendkultur, wobei die Selbstzuschreibung zu einer solchen Subkultur zur Abgrenzung der eigenen Interessen und entwicklungsbedingten Festlegungen von Zugehörigkeit beitragen und auch schon immer zu besorgten Äußerungen über die Entwicklung der Jugend seitens der Erwachsenen geführt haben und somit gesellschaftliches Konfliktpotential beinhalten. Beispiele für die Existenz von jugendlichen Subkulturen und deren Rezeption innerhalb der Gesellschaft gibt es unzählige; angefangen von Gruppen wie den Wandervögeln, der Hitlerjugend oder den Hippies bis zu heute aktuelleren Subkulturen wie denen der Rocker oder des Techno.
Diese letztere soll nun in dieser Arbeit genauer untersucht werden, da sie, wie später noch genauer gezeigt werden wird, eine Art Wendepunkt darstellt und mit vielen vorherigen Subkulturen nicht mehr direkt vergleichbar ist. Gerade die Techno-Kultur ist wohl in ihren Eigenheiten für viele Erwachsene nur sehr schwer nachvollziehbar, während ihre Anhänger sie als neuen Weg zur Selbstverwirklichung und zum Umgang mit der heutigen individualisierten und technisierten Gesellschaft sehen.
Deshalb soll diese Arbeit den Versuch darstellen, u.a. diese Subkultur zu charakterisieren und ihr Selbstbild darzustellen, um ihre Bedeutung für die Entwicklung von Jugendlichen zu gesellschaftsfähigen Wesen herauszuarbeiten.
2. Zur Bedeutung von Jugendkulturen für die Entwicklung des Jugendlichen anhand des Beispiels der Techno-Szene
2.1 Allgemeine Grundlagen zur Jugendkultur
Die folgende Arbeit soll also eine Charakterisierung der Techno-Subkultur zum Gegenstand haben und darüber hinaus die gesellschaftliche Bedeutung dieser „Szene“ herausarbeiten. Um eine Verständnisgrundlage zu haben, sollen zunächst allgemeine Begriffsbestimmungen und Grundsatzklärungen zum Thema Jugendkultur und Entwicklung vorgenommen werden, wobei vor allem bei der allgemeineren Einführung in Grundbegriffe auf Entwicklungspsychologie, Identitätsbildung und den Wandel der Jugendkultur eingegangen werden soll. Dies soll die Grundlage zum Verständnis von Subkulturen abgeben, die innerhalb der allgemeinen Jugendkultur zu verorten sind.
2.1.1 Entwicklungspsychologie
Zunächst soll also näher betrachtet werden, was es mit der Entwicklungspsychologie in dieser entscheidenden Lebensphase der Jugend auf sich hat. Die Grundfragen der Entwicklungspsychologie lassen sich folgendermaßen umschreiben: „Die Entwicklungspsychologie fragt nach spezifischen Verläufen der Entfaltung menschlicher Anlagen und des Erwerbs von Fähigkeiten: der Sprache, der Intelligenz, der Liebes- und Zuwendungsfähigkeit usw. Unter Entwicklung ist die Veränderung dieser Anlagen und Fertigkeiten im Zeitablauf zu verstehen, wobei Kindheit und Jugend ein besonderes Gewicht zukommt“ (vgl. Abels, 1993 in: Schäfers, 1998: 85). Man sieht also, dass nach dieser Auffassung die Kindheits- und Jugendphase das spätere Verhalten und die Ausgestaltung der Persönlichkeit des sich entwickelnden Erwachsenen entscheidend mitbestimmt. Daraus könnte man z.B. auch folgern, dass die Wahl bestimmter Zugehörigkeiten in dieser „Determinierungsphase“, wie sie etwa durch eigene Zurechnung zu bestimmten Erscheinungen oder „Szenen“ der Jugendkultur geschieht, diese psychologische Entwicklung ebenfalls beeinflusst. Einige zentrale Aspekte der Persönlichkeitsstruktur, die in der Kindheit entwickelt worden sind und von denen die Persönlichkeitsveränderungen der Jugendzeit ihren Ausgang nehmen beschreibt Ausubel (1979: 40f., in: Schäfers, 1998: 86): „Die Vorstellung des Menschen von seiner eigenen Bedeutung; [...] die Quellen, aus denen er seinen Status beziehen will; der Grad der Unabhängigkeit, der seine Entscheidungen kennzeichnet; [...] seine Art, sich neue Werte anzueignen; [...] sein Bedürfnis nach lustvoller und unmittelbarer Befriedigung; [...]“.Einige dieser entwicklungspsychologischen Aspekte lassen sich auch in der späteren Analyse der Techno-Szene wiederfinden .
Einige weitere Aspekte, die ebenfalls zum Verständnis der speziellen Subkultur des Techno beitragen, sind: „die Entdeckung des Jugendlichen, dass ein großer Unterschied ist zwischen dem, was die Gesellschaft fordert, und dem, was sie durchschnittlich ist und tut, [und dies] führt zur Reflektion sittlicher Forderungen und zum Teil rigorosen Standpunkten“ (vgl. Spranger, 1979: 159 in: Schäfers, 1998: 88). Auch die Techno-Szene mit ihren grundlegenden Forderungen nach „Love, Peace & Party“ kann wohl als ein solcher rigoroser Standpunkt betrachtet werden, wenn sich dieser auch nicht im politischen Sinne zeigt.
Einen besonders wichtigen Punkt für die nachfolgenden Überlegungen stellt Schäfers (1998: 89) heraus: „in der Pubertät kommt es zu einem deutlichen Wandel der Interessen des Jugendlichen. Über das zunehmende Interesse am Körper, an Sexualität, an Musik und Sport kommt es zur Manifestierung jener Elemente und Verhaltensweisen, die zur Entwicklung einer spezifischen Jugendkultur geführt haben“. Genau dieser entwicklungspsychologische Aspekt zeigt sich durchgehend in allen Subkulturen – gerade was das erwachende Interesse an Musik betrifft – und wird sich bei der folgenden Beschreibung der Charakteristika der Techno-Szene noch deutlich herausstellen. Diese ausgewählten Aspekte sollten nun zu einem grundlegenden Verständnis der psychologischen Entwicklung von Jugendlichen beigetragen haben und dürften für die hier vorgenommene Analyse ausreichend sein.
2.1.2 Identitätsbildung
Nun können wir uns auch schon der nächsten Grundlage zuwenden, nämlich der Identitätsbildung im Jugendalter. Wie weiter oben bereits herausgestellt wurde ist dieser Aspekt ja vor allem auch für die spätere Erwachsenenphase äußerst entscheidend; deshalb sollte ihm auch besondere Beachtung geschenkt werden.
Wie wir ja schon festgestellt haben ist die Bildung einer stabilen Identität ein Ziel des Sozialisationsprozesses, da sie die Grundlage für Selbständigkeit und Handlungskompetenz darstellt. Laut Schäfers (1998: 97) kann die soziologische Sichtweise „zu der Einsicht beitragen, dass Identitätsbildung durch sozialstrukturelle Bedingungen erleichtert bzw. erschwert werden kann“.
Unter diesem Gesichtspunkt stellt sich natürlich die Frage, ob jugendliche Subkulturen, die ja in einer bestimmten Lebensphase durch selbstgewählte Zugehörigkeit einen entscheidenden Beitrag zur Identitätsbildung leisten, nicht aus einer sich im Laufe der Zeit immer weiter erschwerenden sozialkulturellen Lage entwickelt haben. Wenn man unser hier zu behandelndes Beispiel betrachtet, stellt die Techno-Szene allein durch den musikalischen und „rituellen“ (gemeint sind hier bestimmte Verhaltensregeln etc.) Stilbruch gegenüber den bisher bekannten Subkulturen sozusagen eine Verschärfung des Problems der Identitätssuche dar. Dies wird aber noch genauer untersucht werden müssen.
Einige Indizien für diese zunehmenden Schwierigkeiten benennt Thomas Luckmann (1981:9ff., in: Schäfers, 1998:97): „im Gegensatz zu archaischen Gesellschaften ist die Einheitlichkeit von Sozialstruktur und Weltauffassung in der Gegenwartsgesellschaft vielfach gebrochen; sie kann sich nicht über eine schon vorgegebene Einheitlichkeit von Arbeits- und Lebensprozess [...] herstellen, sondern muss „künstlich“ fundiert werden (durch Lehren, Überzeugungen usw.); [...] das gegenwärtige Gesellschaftssystem schreibt nicht (mehr) vor, wer man ist oder zu sein hat [...], sondern ermöglicht vielfältige Wege der persönlichen Entwicklung [...]“. Man sieht also eine deutliche Tendenz dazu, dass sich bestimmte Sicherheiten, die es in den traditionellen Gesellschaften noch gab, immer weiter auflösen. Im Zuge dieses Prozesses, der laut Ulrich Beck auch als Individualisierung bezeichnet werden kann, scheint es nur logisch, dass sich Jugendliche, die sich in einer entscheidenden identitätssuchenden Phase ihres Lebens befinden, umso mehr eigenen Subkulturen zuwenden, in denen man nach bestimmten Regeln lebt, die jeder Angehörige der Gruppe kennt und beachtet. Man denke nur an bestimmte Kleidungsstile, Musikvorlieben oder Strukturierungen der Freizeitgestaltung von Jugendlichen einer Subkultur. Dass der Einfluss solcher Zugehörigkeit oft größer ist, als sonstige erzieherische Einflüsse, die von der Gesellschaft vorgegeben sind, um eine erfolgreiche Identitätsbildung zu garantieren, stellt Schäfers (1998: 100) nochmals explizit heraus: „Freunde und Freundesgruppen [...] haben häufig intensiver als Eltern und Lehrer an der Entwicklung und Prüfung der Urteile und Einstellungen, der Meinungen und Verhaltensweisen des einzelnen Jugendlichen Anteil“. Meiner Meinung nach stellt gerade die Subkultur, der sich der Jugendliche selbst zurechnet und aus der auch wahrscheinlich die meisten seiner Freunde, die Mitglieder seiner peer-group (also derselben Geburtskohortengruppe), stammen werden, diesen starken Einfluss dar.
2.1.3 Wandel der Jugendkultur
Ein weiterer wichtiger Punkt, der zum Verständnis von jugendlichen Subkulturen und insbesondere der hier noch genauer zu untersuchenden Technokultur beitragen kann, ist der Wandel der Jugendkultur. Dieser lässt sich im Wesentlichen in drei wichtige Strömungen untergliedern: Individualisierung, Kommerzialisierung und Mediatisierung (vgl. Meyer, 2000: 30ff.).
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