Nietzsche: Die Geburt der Tragödie - FAQ
Was ist der Hauptfokus des Textes "Nietzsche: Die Geburt der Tragödie"?
Der Text bietet eine umfassende Übersicht über Nietzsches Werk "Die Geburt der Tragödie", einschließlich Titel, Inhaltsverzeichnis, Zielen und zentralen Themen, Kapitelzusammenfassungen und Schlüsselbegriffen. Er analysiert die philosophischen und künstlerischen Strömungen der Jahrhundertwende, die Nietzsches Denken beeinflusst haben, insbesondere die Romantik, und setzt dies in Beziehung zu seinen zentralen Konzepten des Apollinischen und Dionysischen.
Welche historischen und gesellschaftlichen Hintergründe werden beleuchtet?
Der Text beleuchtet die Jahrhundertwende als Übergangsperiode mit tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen durch die zunehmende Industrialisierung. Er beschreibt die daraus resultierende Spaltung der Gesellschaft zwischen Nationalismus und sozialen/humanitären Bestrebungen, Religiosität und Abkehr von Gott, sowie die Konfrontation von sozialem Geist und Nietzsches Individualitätslehre. Die Opposition zwischen Klassik und Romantik, Konservatismus und Revolution wird ebenfalls thematisiert.
Welche Rolle spielt die Romantik in Nietzsches Denken?
Die Romantik wird als Oppositionsbewegung gegen den Rationalismus beschrieben, die gefühlsbetonte Literatur hervorbrachte und die formale Strenge des Klassizismus zugunsten von Phantasie und individuellem Naturerlebnis überwinden wollte. Die Romantik wird als Vorläufer für Nietzsches Denken dargestellt, da sie ein subjektivistisches Weltbild und einen differenzierten Individualitätsbegriff entwickelt hat und Skepsis gegenüber der Erkenntnissicherheit sowie ein Unbehagen an der Industrialisierung zeigte.
Welche Bedeutung haben Bachofen, Wagner und Schopenhauer für Nietzsches Werk?
Bachofen wird im Zusammenhang mit dem Duplizismus des Apollinischen und Dionysischen erwähnt, Wagner als Kronung der Ausdrucksfähigkeit der europäischen Romantik und Schopenhauer als Philosoph, der den Willen als grundlosen und ziellosen Daseinsdrang beschreibt, der das menschliche Leiden erzeugt. Burckhardt’s Sicht auf die "heiteren Griechen" als Fälschung der Geschichte wird ebenfalls diskutiert. Alle vier Denker haben Nietzsches Auffassung des Lebens und seiner Kunstauffassung geprägt.
Was ist die zentrale Lebensfrage, die Nietzsche behandelt?
Die zentrale Frage ist, wie angesichts des Schreckens, der Grausamkeit und Gleichgültigkeit des Lebens (im Sinne Schopenhauers) eine Bejahung des Lebens überhaupt möglich ist. Die Griechen werden als Beispiel genannt, die die Lösung in Kunst und Mythos fanden.
Wie werden Apollo und Dionysos in diesem Zusammenhang dargestellt?
Apollo wird als der reine, heilige Gott des Lichts, der Reinheit, Musik, Dichtung und des Logos dargestellt, während Dionysos als Gott der orgiastischen Natur, des Todes und des Weines erscheint, der mit Wahnsinn bestraft. Der Gegensatz zwischen Apollinischem (Verklärung, Schönheit, Form) und Dionysischem (Trieb, Rausch, "Wahrheit") ist zentral für Nietzsches Denken. Beide Prinzipien werden als untrennbar miteinander verbunden beschrieben.
Welche Rolle spielt die Tragödie in Nietzsches Philosophie?
Die Entstehung der griechischen Tragödie wird aus dem Dionysos-Kult abgeleitet. Die Tragödie verkörpert die Balance zwischen dem Apollinischen und Dionysischen. Sokrates wird als der Vernichter der Tragödie betrachtet, da sein rationaler Ansatz den Mythos und die Illusion gefährdet. Die Kunst wird als einzige Möglichkeit des Lebens in Angesicht der wissenschaftlichen "Entzauberung" der Welt gesehen.
Wie bewertet Nietzsche die Wissenschaft und ihre Auswirkungen?
Nietzsche kritisiert den in der Logik verborgenen Optimismus und den Gegensatz zwischen Mythos und Logos, der durch die Wissenschaft verstärkt wird. Er sieht die Wissenschaft als Gefahr für den Mythos und die Kunst an. Die "völlige Vernichtung der Illusion" wird als Trieb der Wissenschaft beschrieben.
Wie beurteilt Nietzsche sein eigenes Werk im Nachhinein?
In einem späteren Vorwort räumt Nietzsche ein, dass das Dasein jenseits von Gut und Böse liegt und das Christentum als lebensfeindlich und kunstfeindlich betrachtet wird. Er betont, dass seine Ansätze bei anderen Philosophen bereits zu finden sind und die Erneuerung des Mythos durch Wagners Musik wichtig ist.
Was ist Nietzsches Position gegenüber Schopenhauers Pessimismus?
Nietzsche positioniert sich gegen Schopenhauers pessimistische Weltverneinung und plädiert für eine Weltbejahung im Angesicht des Untergangs.
Nietzsche: Die Geburt der Tragödie
Jahrhundertwende: Übergangsperiode (Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse durch zunehmende Industrialisierung)
Spaltung der Gesellschaft:
Nationalismus ↔ Erstarken sozialer u. humanitärer Bestrebungen Religiosität ↔ Abkehr von Gott und Religion
Sozialer Geist ↔ Nietzsches Individualitätslehre
Klassik, Verklärung, Schönheit ↔ Wahrheit (Industrialisierung) Konservatismus ↔ Revolution
Die Romantik:
Oppositionsbewegung gegen den Rationalismus
antirational-gefühlsbetonte Bestrebung in Literatur
Bemühung, die formale Strenge und Beherrschtheit des Klassizismus zu überwinden, und stattdessen Phantasie und individuelles Naturerlebnis zur zentralen künstlerischen Aussage zu erheben heroisch-revolutionären Themen
Bedeutungsverschiebung zum „Unwirklichen“ und „Überspannt-Sentimentalen“ (in Deutschland erstmals 1698 belegt)
subjektivistisches Weltsicht und differenzierter Individualitätsbegriff
Skepsis an der Erkenntnissicherheit, Unbehagen an der Industrialisierung und das
Bestreben nach magischen Formeln und ganzheitlichen Sichtweisen führten zwangsläufig in den Grenzbereich zum Religiösen.
poetisch-idealisierten Bild des Nächtlichen, in dem der Tod in wollüstiger Hingabe und als neues Leben im christlich-pietistischen Sinne erfahren wird.
Bachhofen:
Duplizismus des Apollinischen und des Dionysischen. Setzt dem klassischen
Griechenlandbild eine neue Sicht entgegen, das den irrationalen, emotionalen und spirituellen Seiten des griechischen Lebens gerecht zu werden versucht
Wagner:
Krönung der Ausdrucksfähigkeit der Musik der europäischen Romantik Wurzeln des Wagnerischen Musikdramas liegen unter anderem im antiken Griechenland → macht gegenüber dem Klassizismus die dunkle Seite des Griechentums ansichtig und deckt einen Bereich des Triebhaften auf
Schopenhauer:
Nach Schopenhauer liegt der Vorstellungswelt der Wille zu Grunde, den er als grundlosen und ziellosen (blinden) Drang versteht. Dem Willen liegt nicht nur das Handeln des Menschen zugrunde, sondern er umfasst die gesamte Wirklichkeit, das heißt die organische (tierische und pflanzliche) und die unorganische Natur. Im Gegensatz zur Philosophie Hegels spricht er damit der Welt und der Geschichte jeglichen Sinn ab. Der Wille ist ein nicht zu befriedigender Daseinsdrang, aus dem das Leiden des Menschen erwächst, denn der Wille erzeugt ständig neue Bedürfnisse, die letztendlich nicht befriedigt werden können. Höchster Ausdruck des Willens ist der Geschlechtstrieb. Da es aufgrund der nicht zu befriedigenden Wünsche kein dauerhaftes Glück gibt, ist das Leben unausweichlich von Schmerz und Leiden gekennzeichnet. Die Erlösung vom Leiden geschieht durch die Verneinung des Willens, die der Mensch entweder durch Kontemplation in der Kunstbetrachtung oder durch Askese und Entsagung gewinnt, durch die sämtliche Bedürfnisse zum Schweigen gebracht werden.
Burckhardt:
Nennt die Vorstellung vom „heiteren Griechen“ eine der allergrößten Fälschungen der Geschichte. „Die Hellenen waren im Glanze der Kunst und in der Blüthe der Freiheit unglücklicher als die meisten glauben.“ „Der Mensch ist zum Unglück geboren. Nichtsein oder das Frühsterben ist das Beste“
Schopenhauer, Wagner, Burckhardt und Bacchofen prägen seine Auffassung des Lebens und die Entwicklung seiner Kunstauffassung prägen.
Lebensfrage: Wie ist angesichts des Schreckens des Lebens, seiner Grausamkeit und seiner Gleichgültigkeit (← Schopenhauer) eine Bejahung des Lebens überhaupt möglich.
Griechen:
haben die Lösung auf diese Frage in der Kunst und im Mythos gefunden haben „die Schrecken und Entsetzlichkeiten des Daseins“ gekannt und haben sie mit der olympischen Götterwelt bedeckt, um leben zu können.
Apollo:
Reiner, heiliger Gott des Lichts (Phoibos = Der Strahlende)
Gott der Reinheit (heilt Krankheiten), der Musik, der Dichtung und des Logos (der ewigen Form)
„Erkenne dich selbst“
Dionysos:
Sohn der Unterweltsgöttin Persephone und des Zeus. Von Hera angestiftet schneiden die Titanen das göttliche Kind in Stücke und fressen es auf. Athene kann das Herz retten. Zeus verschluckt es und gibt einen zweiten Dionysos das Leben, indem er Semele, die Tochter des thebanischen Königs Kadmos, verführt. Hera verleitet Semele dazu Zeus in seiner ganzen Göttlichkeit sehen zu wollen. Bei der Erfüllung ihres Wunsches verbrennt Semele. Zeus rettet das ungeborene Kind, näht es in seinen Schenkel ein und bringt es selbst zur Welt. Dionysos wird in der Einsamkeit erzogen. Sein Eintritt in die Welt gleicht einem Eroberungsfeldzug. Sein Gefolge sind Mänaden, Satyrn und Silenen. Dionysos ist Gott der Frauen. Im Herbst zogen Mädchen und Frauen in Tierfellen durch die Wälder und beschwörten bei nächtlichen orgiastischen Riten den Gott. Die Frauen säugten Zicklein, zerrissen sie und aßen sie roh.
Gott der orgiastischen Natur, des Todes und des Weines. Seine Gegner bestraft er mit Wahnsinn. In Zeichen seines Kultes ist die griechische Tragödie entstanden. Gestaltenreicher fremder Gott aus Thrakien, Herr des rauschhaften Lebens und des Todes
Taucht in Form eines Tigers auf
Dionysich:
Das Schreckliche und Grauenvolle im Leben Dionysos ist Gott der nächtlichen Welt Dionysische „Wahrheit“
Der „Wille“, „das Ur-Eine“ (Schopenhauer) ist Dionysos → Trieb Dionysos ist Symbol für alle nichtenden Erscheinungen der Welt
Der Schmerz selbst ist schöpferisch, er gebiert aus sich heraus die Lust. (Lust am Leben = Daseinswille)
Gegensatz Dionysisch-Sokratisch
Orgiastische Gestimmtheit des Willens → Rausch
Sage vom weisen Silen, dem Begleiter des Dionysos: Ein König fragt Silen, was für den Menschen das Allerbeste und Allvorzüglichste sei. Zum Antworten gezwungen anwortet dieser: Das Allerbeste ist für dich gänzlich unerreichbar: nicht geboren zu sein, nicht zu sein, nichts zu sein. Das Zweitbeste aber ist für dich - bald zu sterben“
Apollinisch:
„Verklärung“ des Daseins, sublimiertes Abschatten des Leidens und des Schmerzes → Schönheit ist eine Frucht des Leidens Verklärung des Leidens durch die Kunst
Die taghelle Welt ist die mit dem Schönheitsschleier der Kunst verdeckte Sphäre des Apollo Apollinischer „Schein“
Schein → Traum
Apollo: Form
„Das Ja-Sagen zum Leben“ selbst bei den härtesten Problemen, „der Wille zum Leben im Opfer“ (→ Sebastiansgestalt)
Bild: Raffaels Transfiguration (obere Bildhälfte: leuchtender, verklärter Christus ;untere Bildhälfte: Wiederspiegelung des ewigen Urschmerzes, dämonische Dunkelheit)
Dionysich → Apollinisch:
Dionysisches u. Apollinisches Prinzip gehören unmittelbar zusammen
Alte Göttergestalten (Schicksalsgöttin moira, die Erinyen, die Todesgöttinen )und ihr finsteren Machenschaften sollen durch den glänzenden Zeus versteckt werden. Kampf zwischen Wahrheit und Schönheit/Illusion
Gegen die barbarisch-dionysische Orgiastik stellt sich die apollinische Sublimierung, Mäßigung des Maßlosen.
Die entscheidende Leistung der Welt des attischen Geistes, den finstren Grund der Welt mit dem Schönheitsschleier ihrer Kunst und ihrer Religion zu verhüllen
Balance zwischen Apollon u. Dionysos wichtig: → unter der absoluten Herrschaft Apollos im Sinne einer starken Formgebung verkümmert das Leben → unter der absoluten Herrschaft Dionysos brechen alle Ordnungen des Lebens auf und das Leben zerstört sich selbst
Entstehung der Tragödie aus dem Dionysos-Kult
Haltung zur Wissenschaft:
Entzauberung der Welt → Romantik
Sokrates: „neugeborener Dämon, genannt Sokrates“
Sokrates als der Vernichter der Tragödie
„Einzige Möglichkeit des Lebens in der Kunst. Sonst Abwendung vom Leben. Völlige Vernichtung der Illusion ist der Trieb der Wissenschaft“
Konflikte: Kunst ↔ Philosophie; Weisheit ↔ Wissenschaft; Mythos ↔ Logos Mythos durch Wissenschaft und Logos gefährdet
Was ihn stört: ein im Wesen der Logik verborgener Optimismus
Versuch einer Selbstkritik:
Vorwort für sein Werk verfasst er einige Jahre später (1886). Anmerkung neuer Erkenntnisse und Fragestellungen.
Nietzsche gibt zu: illusionslos betrachtet besitzt das Dasein keinerlei moralische Bedeutsamkeit, es ist jenseits von Gut und Böse Christentum → Kunstfeindlich → Lebensfeindlich → Tiefer als der Gegensatz Dionysos-Sokrates ist der Gegensatz: Dionysos-Christentum Seine Schriften waren weder eine Revolution, noch überhaupt eine Neuerung. Alle Ansätze sind bereits bei anderen Philosophen zu finden.
Erneuerung des Mythos durch Wagners Musik
Gegenposition zu Schopenhauers pessimistischer Weltverneinung: Weltbejahung im Angesicht des Untergangs
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- Bahareh Hassanvand (Autor:in), 2001, Nietzsche, Friedrich - Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105441