Der Becket-Konflikt zwischen Prinzipienstreit und persönlicher Animosität


Hausarbeit, 2000

26 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Der Becket-Konflikt zwischen Prinzipienstreit und persönlicher Animosität

1. Einleitung

1.1 Fragestellung

Der Konflikt zwischen Heinrich II. und dem Erzbischof von Canterbury, Thomas Becket, ist eines der meistbehandelten Themen der englischen Geschichte des Hochmittelalters. Die Dramatik der Ereignisse und die Faszination der ausgeprägten Persönlichkeiten der beiden Kontrahenten haben die Reflexion des Stoffes in Belletristik und Drama durch die Jahrhun- derte hindurch angeregt. Die Bedeutung, die die Zeitgenossen dem Konflikt beigemessen ha- ben, hat dazu geführt, daß er so hervorragend dokumentiert ist wie kaum ein anderes Ereignis seiner Zeit, was seinerseits Voraussetzung für die Intensität der historiographischen und lite- rarischen Verarbeitung gewesen ist.

Die intensive Rezeption hängt aber wohl auch damit zusammen, daß man von Anfang an mehr darin gesehen hat, als „nur“ einen Machtkampf zwischen zwei starken und kompromiß- losen Persönlichkeiten. Für die Becket-Partei ist er ein Prinzipienstreit gewesen, der geführt wurde, um die Freiheit der Kirche gegen Übergriffe des Monarchen zu verteidigen und dar- über hinaus den Vorrang dessacerdotiumsvor demregnumzu postulieren. Der Konflikt wur- de so zumconflictus iuris et potestatisstilisiert.1Insofern der Streit auch in der modernen Geschichtsschreibung vielfach als typisches Phänomen seiner Zeit und als ein Höhepunkt im Suprematiestreit zwischenregnumundsacerdotiumgesehen wird, hat sich diese Auffassung durchaus bis heute gehalten.

Weil sich die Auseinandersetzung aber zwischen zwei ehemaligen Freunden entwickelte und einiges ihrer Dynamik aus deren Verhältnis zueinander gewinnt, trägt sie andererseits auch sehr persönliche Züge, was dazu beigetragen haben mag, daß ein Teil der Forschung der Be- tonung des prinzipiellen Charakters des Konfliktes durch die Quellen doch recht skeptisch gegenübersteht, Beckets Verhalten am Maßstab politischer Klugheit kritisch beurteilt und ihm die Schuld an der Eskalation gibt. Man tut sich heute scheinbar schwer zu glauben, daß es Becket, der ja als Kanzler sehr weltlich war und die Kirchenpolitik des Königs bereitwillig mittrug, nur um die Verteidigung des gregorianischen Prinzips derlibertas ecclesiaegegan- gen sei.

Damit sind zwei Pole möglicher Sichtweisen auf den Streit zwischen König und Erzbischof angedeutet. Vermutlich trägt der Konflikt aber sowohl persönliche als auch prinzipielle Züge. Wenn man ein scharfes und zuverlässiges Bild des Charakters des Konfliktes gewinnen will, wird man fragen müssen, inwiefern der Streit einerseits von persönlichen Motiven und Be- dingungen, inwiefern er andererseits von konkurrierenden Prinzipien und Ideen getragen und geprägt wurde. Diese Frage soll hier behandelt werden. Dabei ist eine zeitliche Begrenzung auf die Entstehung und Entwicklung bis zum Reichstag von Northampton aufgrund des Rah- mens dieser Arbeit notwendig, aufgrunddessen, daß gerade die Entstehungsphase und die frühe Entwicklung am meisten über die eigentlichen Motivationen der Akteure aussagen dürf- te und sich in der Exilszeit an der erreichten Konstellation nichts wesentliches mehr änderte, aber auch sinnvoll.

Nachdem prägende Voraussetzungen des Konflikts erläutert worden sind (2.) und der Verlauf der ersten Phase des Konflikts knapp und möglichst frei von Interpretationen, dargestellt wor- den ist (3.), werde ich mich in 4. mit der gestellten Frage beschäftigen. Ich werde dabei auf drei Aspekte eingehen. Erstens, wie die Parteien argumentierten. Zweitens, wie sich die Konstellation der mit der jeweiligen Position verbundenen Interessen darstellt, die man somit als "objektive" Interessen bezeichnen könnte. Drittens, warum Becket sich dem König wie- dersetzte, d.h. welche Motive in Quellen und Literatur für Beckets Widerstand genannt wer- den. In einem Fazit (5.) sollen schließlich die Ergebnisse dieser Arbeit zusammengeführt und aufgrunddessen in gebotener Kürze ein plausibles Bild des Konflikts entworfen werden.

1.2 Die Quellen

Der Becket-Streit ist hervorragend dokumentiert. Ein Dutzend Zeitgenossen haben Biogra- phien teilweise hohen literarischen und dokumentarischen Rangs verfaßt. Einige der Autoren konnten als Freunde und Mitarbeiter sogar aus eigenem Erleben berichten. Dem und auch der Entwicklung nach der Ermordung Beckets entsprechend, zollen die Viten in ihrer Tendenz zum überwiegenden Teil dem Heiligen Tribut.2Dennoch sind gerade die Darstellungen der Teilnehmer am Konflikt ziemlich differenziert und in erstaunlichem Maße wenig von hagio- graphischen Topoi entstellt, damit für den Historiker aussagekräftiger, als Heiligen- Biographien das im allgemeinen sind.3Das dürfte zum einem mit der zunächst sehr weltlichen und politischen Karriere des späteren Heiligen zusammenhängen, damit, daß er seine Kanoni- sation nicht einem heiligen Leben im klassischen Sinne verdankte.4Für Hagiographie unty- pisch ist auch, daß die Becket-Viten in sehr geringem zeitlichen Abstand zum Geschehen in- nerhalb von ungefähr 15 Jahren entstanden und die Verfasser mit dem tatsächlichen Ablauf der Ereignisse sehr vertraut waren5. Zum anderen hatte der allgemeine geistige Aufschwung des 12. Jahrhunderts zu einer veränderten Konfliktwahrnehmung geführt. Im Rückblick der gebildeten Biographen erschien der Streit des Königs mit dem Heiligen nicht mehr notwendig als teuflische Attacke des ewig Bösen, sondern als Interessenskonflikt zwischen Menschen, in dem beide Seiten - im Sinne einessic et non- berechtigte Argumente vorbringen konnten, auch wenn für die Autoren natürlich kein Zweifel darüber bestehen konnte, wer letztlich im Recht war.6

Die bedeutendste Persönlichkeit unter den Biographen war sicherlich Johannes von Salisbury, der im Streit in deutlich diplomatischerer Weise als Becket selbst für Becket und die Freiheit der Kirche auftrat und gewissermaßen die politische Arbeit erledigte. Seine fast unmittelbar nach der Ermordung verfaßte Vita erreicht die Bedeutung seiner Person nicht, sie ist im Ver- gleich zu anderen Viten recht knapp und entwirft ein relativ unpersönliches und standardisier- tes Bild des Heiligen und seiner Passion. Sie hatte aber neben der mündlichen Tradition Can- terburys großen Einfluß auf eine Zahl weiterer Biographien. Beckets Vertraute und Mitarbei- ter Herbert von Bosham und William FitzStephen, die vieles aus eigenem Erleben berichten konnten, haben diejenigen Viten verfaßt, die für den biographischen Teil der Quellen die größte Bedeutung haben. Die einzige wirklich royalistische Quelle ist derDraco normanni-cus,eine 1169 vollendete Versgeschichte des Hauses Anjou, deren Autor Stephan von Rouen, Mönch von Le Bec, eindeutig und in wütender Weise die Partei des Königs ergreift.

In die Biographien ist in verschieden starkem Maße ist auch die sehr umfangreiche Korrespondenz des Becket eingeflossen. Von großer Bedeutung sind auch die Briefe anderer Akteure, so vor allem des Johannes und auch Gilbert Foliots.7

Die Viten und die Briefe wurden 1875-1885 von James Craigie Robertson in 7 Bänden als „Materials for the History of Thomas Becket“ im Rahmen der Rolls Series ediert. Seit 1965 existiert ein Neudruck.8

Die Quellen in angemessenem Umfang, also im Sinne einer umfassenden und kompetenten Quellenkritik, einzubeziehen ist aufgrund des Umfangs sowohl des Quellenmaterials als auch dieser Arbeit nicht möglich. Ich werde aber wenigstens dort, wo der Verlauf des Konflikts zu schildern ist, auf einige der wichtigsten Viten, nämlich diejenigen Herbert von Boshams, William FitzStephens, Edward Grims und auch auf die des Johannes von Salisbury zurück- greifen.

1.3 Die Literatur

Ebenso reich wie die Quellenlage ist die Literatur über Thomas Becket, im übrigen bei wei- tem nicht nur wissenschaftlicher Natur. Es gibt mehrere Dramen und historische Romane9, wobei die Grenze zur im engeren Sinne wissenschaftlichen Becket-Literatur deshalb etwas fließend ist, weil diese zu einem großen Teil biographischen und ausgeprägt narrativen Cha- rakter hat. Das herausragende Thema dieser Biographien ist verständlicherweise der Konflikt mit dem König. Dabei besteht auch aufgrund der guten Quellenlage über die Verlaufsge- schichte im wesentlichen Einigkeit.10Es gibt freilich verschiedene Interpretationen der Ereig- nisse. Gerade die eher narrativen Darstellungen sind dabei - schon fast traditionell - nicht frei von Parteilichkeit. Der Konflikt wird von ihnen nach Schuldigen untersucht. Der einen Seite gilt Becket als „trouble-maker“, die andere betreibt seine Apologetik.11Trotzdem haben echte Kontroversen in der Forschung nicht stattgefunden, was wahrscheinlich dem narrativen, mit- hin wenig diskursiven Charakter gerade dieses Teils der Becket-Literatur geschuldet ist. Um Objektivität und Erkenntniszuwachs bemühen sich einige Detailstudien eher neueren Datums, die mit den Persönlichkeiten entsprechend differenzierter und nüchterner umgehen und sich nicht vorrangig mit der nicht sehr interessanten Beantwortung der Schuldfrage beschäftigen. Was sich durch die Literatur zieht, ist das Problem des Umgangs mit den hagiographischen Quellen. Deren relative Qualität, wie sie von Hanna Vollrath betont wurde, beinhaltet offen- bar ein Problem: Da die Viten offensichtlich nicht durchweg dem standardisierten Heiligen- bild folgen, müßte man klären, zu welchem Anteil sie dies an welchen Stellen dennoch tun. Vor diesem Hintergrund erscheint mir bei einigen Autoren der Umgang mit den Quellen recht willkürlich, was wieder mit der oft eher darstellerischen Intention der Publikationen zusam-

menhängt. Eine die Quellen umfassend kritisch bewertende Untersuchung steht meiner Ansicht nach noch aus.

2. Die Voraussetzungen

2.1 Die Reformbewegung in der Kirche

Der Konflikt ist von der Becket-Partei als Kampf um die Ideen der Gregorianischen Reform, komprimiert in der Forderung nach derlibertas ecclesiaegeführt worden. Wir müssen wir uns deshalb näher damit beschäftigen, auf welche Prinzipien hier zurückgegriffen wurde. Freiheit der Kirche bedeutete für die Kirchenreformer des 11. und 12. Jahrhunderts die Frei- heit der Kirche von weltlichem Einfluß, die Voraussetzung für die Freiheit war, dem göttli- chen Gesetz zu folgen. In einem veränderten geistigen Klima begann man, den - ja traditionellen - Einfluß von mächtigen Laien auf kirchliche Dinge, die starke Verquickung von weltlicher und geistlicher Sphäre in der Herrschaftspraxis als Problem und als Gefährdung des Auftrages der Kirche zu sehen. Um diesen Auftrag, nämlich für das Seelenheil der Christenheit zu sorgen, erfüllen zu können, sollte die Kirche entsprechend dem Kirchenrecht, das jetzt auf neue Weise wahr- und ernst genommen wurde, existieren.12Damit wurden viele Praktiken, die sich in den christlichen Reichen des Abendlandes eingebürgert hatten, in Frage gestellt. Die Besetzung von Bistümern oder anderen geistlichen Positionen durch weltliche Herrscher in einem eher lehnsrechtlich erscheinenden Akt, was Reflex der Tatsache war, daß Geistliche, besonders die Bischöfe, indem sie selbst weltliche Herrschaft ausübten eine große politische Bedeutung hatten ("Reichsbischöfe"), wurde z.B. von Humbert von Silva Candida in seinen 3 Büchernadversus simoniacosals Simonie kritisiert und führte vor allem im Reich zu heftigen Auseinandersetzungen um die Investitur.13 Motor der Reformbewegung war eine verstärkte und vor allem veränderte Rezeption des Kir- chenrechts. Canones und Dekretalen wurden nicht mehr nur gesammelt, sondern zunehmend auch systematisiert. Man begann auch, Widersprüche zwischen verschiedenen Rechtssätzen wahrzunehmen und aufzulösen. Die bedeutendste Leistung erbrachte dabei Gratian mit sei- nemdecretum discordantium canonum, welches das prägendste Kirchenrechtswerk des Mit- telalters wurde. Entscheidend wurde aber die veränderte Wahrnehmung, die sich darin äußer- te, daß man die Konsequenzen der sich auf solche Weise klarer herausbildenden Lehren schärfer zu Ende dachte. Sie wurden zu Normen, „die für die eigene Wirklichkeit Verpflich- tungscharakter“14hatten. Auf Seiten der Reformer begann damit ein radikales und konsequen- tes Wahr-Nehmen der im Kirchenrecht enthaltenen Ideen über die richtige Ordnung der Welt, welches im übrigen auch eine Folge des allgemeinen geistigen Aufbruchs des 12. Jahrhun- derts ist, den man nicht ohne Grund als Renaissance bezeichnet hat. Daraus mündete schließ- lich ein die bisherige Praxis regelrecht umkehrender Suprematieanspruch der geistlichen ge- genüber der weltlichen Gewalt.15

Auf Basis des systematisierten Rechts entwickelte sich die Idee einer klar und hierarchisch organisierten und auf die Zentrale Rom ausgerichteten Einheitskirche, die natürlich besonders von den Päpsten propagiert wurde. Es begann sich die Vorstellung von der Allzuständigkeit des Papstes und der Kurie als höchster Appellationsinstanz durchzusetzen. Das setzte aber u.a. voraus, daß Bischöfe freien, durch weltliche Gewalten ungehinderten Zugang zur Kurie bekamen, was längst nicht überall der Fall war.16

Mit der Ausbreitung des Kirchenrechts hing schließlich auch diejenige geistlicher Jurisdiktion zusammen, die wieder Ausdruck des Bestrebens war, zumindest innerkirchliche Belange frei von weltlicher Kontrolle zu regeln, andererseits aber auch beanspruchte, in geistlichen Dingen über Laien richten zu dürfen. Die Renaissance des Rechtes war aber allgemein und führte nicht nur zur Stärkung des Kirchenrechts, sondern auch zur Wiederbelebung des römischen Rechtes, in dem königliche Prärogativen die Hauptrolle spielen. Damit deutete sich die Kollision dieser beiden Rechtstraditionen an.17

Entscheidend war aber, daß sich diese Ideen bis zur Mitte des 12.Jahrhunderts ausgehend von den Zentren des Geisteslebens und der Bildung in Bologna, Paris und den anderen französi- schen Kathedralschulen fast überall in der europäischen Christenheit verbreitet hatten und die Einstellung der Geistlichen vor allem in Westeuropa prägten oder wenigstens beeinflußten.18

2.2 Königtum und Kirche in England bis zu Heinrich II.

In England traf diese gesamteuropäische Reformbewegung auf eine traditionelle normannische Kirchenhoheit, die nach der Eroberung von der Normandie auf England übertragen worden war. Die Investitur beispielsweise war hier lange voll in der Hand des Königs, auch das Konkordat von Westminster 1107 als Abschluß eines englischen Investiturstreites hatte diesen Zustand nicht wirklich beendet. Die normannischen Könige übten ein straffes Kirchenregiment aus und versuchten vor allem den Kontankt zur Kurie zu behindern.19

Diese Kirchenhoheit ging verloren unter der Regierung Stephans von Blois. Seine schwache Herrschaft konnte dem immer stärker werdenden Druck der Reformideen nicht mehr wider- stehen. Die englische Kirche stand in dieser Zeit in sehr engem Kontakt zur Reformbewegung und konnte sich in vielen Bereichen diesen Ideen entsprechend von weltlicher Oberhoheit befreien. „Freiheit bedeutete jetzt beides: Freiheit von weltlicher Kontrolle und Freiheit, die Gesetze der Kirche zu befolgen, [...], die Freiheit so zu sein, wie der Rest der Kirche war.“20 Die geistliche Jurisdiktion bildete sich stärker aus und zog immer mehr Kompetenzen an sich. Die Bischofserhebungen waren in den Händen der Kirche, die Bischöfe kamen meist nicht mehr vom Hof des Königs auf ihre Kathedra, sondern waren Mönche gewesen oder im Dienst eines Bischofs aufgestiegen. Dementsprechend war der Episkopat von den Ideen der Reform durchdrungen und wehrte sich heftiger als zuvor gegen Versuche weltlicher Herrschaftsträger in kirchliche Belange einzugreifen.21Ein gutes Beispiel dafür ist Theobald von Canterbury, Beckets Vorgänger und Patron, der viel für die Ausbreitung des Kirchenrechts und geistliche Privilegien tat.22

Mit Heinrich II. kam 1154 ein Herrscher auf den Thron, der sehr energisch daran ging, in der Zeit der "Anarchie" verlorengegangene königliche Prärogativen zu restaurieren und eine rela- tiv „moderne“, auf den Königshof als Zentrale bezogene Verwaltung aufzubauen. Die Restauration der Königsherrschaft betraf zunächst vor allem Heinrichs II. Herrschaftsan- spruch im weltlichen Bereich. Er setzte ein königliches Befestigungsmonopol durch, indem er illegal in der Zeit Stephans errichtete Burgen schleifen ließ. Indem der König die auf 40 Tage beschränkte persönliche Gefolgschaft der Vasallen durch dasscutagium(„Schildgeld“) ersetzte und so das Wehrwesen „fiskalisierte“ erreichte er größere Unabhängigkeit von den Baronen und paßte seine militärischen Möglichkeiten den Erfordernissen eines ausgedehnten ronen und paßte seine militärischen Möglichkeiten den Erfordernissen eines ausgedehnten Großreiches an.

Auch die Neuorganisation der Sheriffsverfassung diente der Stärkung der Zentralgewalt. Die Sheriffs und andere Herrschaftsträger wurden in der Ausübung ihrer Gerichtsbarkeit jetzt wieder wie unter Heinrich I. durch direkt vom König beauftragte Reiserichter kontrolliert. Heinrich II. baute diese Institution systematisch zu einer wirksamen Kontroll- und Gerichtsin- stanz aus. Die Kompetenzen regionaler und lokaler Gerichtsbarkeit wurden damit beschränkt und auf das Königtum bezogen. Diecuriades Königs wurde als höchster Gerichtshof aufge- baut. Der König dehnte so die Kompetenzen seiner Gerichtsbarkeit aus und stärkte damit sei- ne Macht.23Die Reform des Rechtswesens stand dabei aber auch im Zeichen von Rechtsver- einheitlichung und des Zurückdrängens gewaltsamer Selbsthilfe, geschah damit im Sinne der königlichen Pflicht zur Durchsetzung und Bewahrung des allgemeinen Friedens. Schon vor 1162 kam es dabei zu ersten Problemen mit der geistlichen Gerichtsbarkeit. Der König mo- nierte, daß diese mißbraucht werde oder gegen kriminelle Kleriker zu milde Strafen verhänge. Es war offensichtlich notwendig geworden zu klären, wie die Privilegien des Klerus mit der Initiative des Königs vereinbar waren.24

Eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung der königlichen Politik spielte Heinrichs Kanzler und Freund Thomas Becket von London, der den König so ergeben wie energisch unterstütz- te. Als Theobald von Canterbury 1161 starb, sah Heinrich II. die hervorragende Gelegenheit- seine Kirchenpolitik durchzusetzen, indem er Becket das höchste Amt der englischen Kirche gab.

3. Der Konflikt von seiner Entstehung bis zum Reichstag von Northampton

Heinrich hat vielleicht gehofft, durch die Vereinigung von Kanzlerschaft und Primat in der Hand eines Vetrauten, ein ebenso wirksames Kirchenregiment ausüben zu können wie Friedrich Barbarossa es mit der Unterstützung seines Kanzlers Rainald von Dassel, der ja gleichzeitig Erzbischof von Köln war.

Bald nach seiner Konsekration legte Becket aber, indem er das Siegel zurückgab, die Kanz- lerschaft nieder und zeigte damit, daß er als Erzbischof nicht mehr die Interessen Heinrichs vertreten würde und brüskierte damit den König. Becket versuchte in seiner neuen Position offenbar, die Rechte der Diözese Canterbury zu wahren, betrieb besonders und auf energische Weise die Restitution der ihr während der Vakanz entfremdeten Güter. Die betroffenen Baro- ne suchten beim König Schutz. Als Becket einen dieser Barone exkommunizierte ohne den König zu konsultieren, wodurch dieser seine Ansprüche verletzt sah, war zum ersten Mal das problematische Verhältnis zwischen dem Kirchenrecht und der Sphäre königlicher Herr- schaftsansprüche berührt.25

Meinungsverschiedenheiten um die Ausübung kirchlicher Jurisdiktion wurden zum unmittel- baren Auslöser des Streits. Der König versuchte Erscheinungen zu bekämpfen, die er als de- ren Mißbrauch auffaßte. Geistliche Gerichte beanspruchten alle „die Religion betreffenden“ Fälle. Das bedeutete zum einen, daß von Geistlichen verübte Verbrechen nach kanonischem Recht und nur vor geistlichen Gerichten verhandelt wurden (privilegium fori), welche zwar schwere Kirchenstrafen, aber selbst bei Mord keine Blutstrafen verhängen konnten. Vor allem im niederen Klerus, der durch Kirchenstrafen weniger zu schrecken war als die hohe Geist- lichkeit, waren schwere Verbrechen deshalb recht häufig. Die mildere Bestrafung erzeugte Rechtsungleichheit zwischen Klerikern und Laien. Zum anderen hatten sich auch Laien für ihre Sünden der Kirche zu verantworten. Die Erzdiakone (archidiaconi) der Bistümer, die diese Gerichtsbarkeit ausübten, hatten den Ruf, diese Stellung für ihre eigenen Interessen aus- zunutzen.26

Um das Problem der kriminellen Kleriker zu lösen, berief der König ein Konzil nach West- minster (Oktober 1163) ein. Als Becket unterstützt vom Episkopat nicht nachgeben wollte, tauchte dort die Formel von den „alten Gewohnheiten des Königreiches“ auf, die - zunächst noch ohne konkretisiert zu werden - in des Königs Augen von alters her das Verhältnis von Kirche und Königtum regelten und auf deren Einhaltung Heinrich den Episkopat verpflichten wollte.27Die Haltung der von Becket geführten Bischöfe, die die Einhaltung der Gewohnhei- ten nursalvo ordine suo, unter dem Vorbehalt (der Pflichten) ihres Standes, d.h. nur insoweit die Gewohnheiten nicht dem Kirchenrecht widersprachen, zuzugestehen bereit waren, führte zur ersten Eskalation des Konflikts.28Drohungen des Königs und Vermittlung des Papstes brachten die Bischöfe und schließlich auch Becket dazu, die Gewohnheitenbona fideanzuerkennen. Dem König gelang es in der Folgezeit den Episkopat zu spalten, so daß Beckets Rückhalt bei seinen Bischöfen schwächer wurde, was aber wohl auch daran lag, daß er selbst in seinem Verhalten schwankte.29

Offenbar um das Verhältnis von Staat und Kirche in England endgültig zu klären berief der König daraufhin eine Reichsversammlung nach Clarendon (Januar 1164), wo die Bischöfe samt ihrem Primas die Gewohnheiten noch einmal öffentlich und ohne Vorbehalt anerkennen sollten. Becket hatte zunächst einen großen Teil der Bischöfe hinter sich in der Bereitschaft, sich diesem Ansinnen zu widersetzen. Er selbst jedoch gab unter dem Druck des Königs nach, leistete den Eid und forderte den Episkopat auf dasselbe zu tun. Erst nach der Eidesleistung wurden die alten Gewohnheiten erstmals als „Konstitutionen von Clarendon“ schriftlich fi- xiert wurden und dem Erzbischof dann zur abschließenden Besiegelung vorgelegt wurden. Sie bestanden aus 16 Artikeln, die unter anderem die vom König monierte Immunität des Kle- rus von weltlicher Gerichtsbarkeit aufhoben (Artikel 3), die Appellation an den Papst und die Exkommunikation von Kronvasallen ohne Einverständnis des Königs verboten (8 und 7), außerdem, daß Geistliche ohne Erlaubnis das Land verließen (4).30

Becket, der sah, daß er überrumpelt worden war, verweigerte jetzt die Besiegelung. Man brachte ihn aber offenbar schließlich sogar dazu, sich mit der Bitte um Genehmigung der Konstitutionen an den Papst zu wenden. Alexander III., der in einer schwierigen politischen Situation auf die Unterstützung des englischen Königs angewiesen war, verwarf die Konstitu- tionen nicht als ganzes, erklärte aber mehrere der Artikel als mit dem Kirchenrecht unverein- bar und, die übrigen für zwar nicht in dessen Sinne aber tolerierbar, und stützte damit insge- samt Beckets schwächer werdende Stellung. Nach Darstellung der Biographen bereute Becket seine anfängliche Zustimmung und erbat vom Papst Absolution, die er auch erhielt.31

Der Reichstag von Northampton (Oktober 1164) markierte die endgültige Verhärtung der Fronten und die vielleicht heftigste Eskalation des Konflikts. Becket wird hier mit dem offen- sichtlichen und sehr persönlichen Vernichtungswillen Heinrichs konfrontiert. Wegen eines lehnsrechtlichen Vergehens vorgeladen - dem angeblich unentschuldigten Nichtbefolgen ei- ner Vorladung vor ein Lehnsgericht - wurde ihm hier ein Prozeß gemacht, der damit enden sollte, daß ihm alle Güter aberkannt wurden. Dann verklagte ihn der König der Veruntreuung von Geldern während der Kanzlerschaft, alles Dinge, die mit der Auseinandersetzung, wie Becket sie vermutlich sah, nichts zu tun hatten.

Das Ziel des Königs ist hier so offensichtlich, daß es darüber keine Unstimmigkeiten gibt. Heinrich wollte Becket demütigen und entweder mit massiven Drohgebärden zur bedingungs- losen Unterwerfung bewegen oder aber materiell, wenn nicht physisch vernichten. Becket reagierte damit, daß er - weil es nach kanonischen Recht nicht zulässig sei, daß ein Unterge- bener über den ihm Übergeordneten urteile - den Bischöfen und Baronen verbot, ein Urteil über ihn zu sprechen. Weiteren Angriffen entzog er sich durch Flucht aufs Festland.32

4. Der Becket-Konflikt zwischen Prinzipienstreit und persönlicher Animosität

4.1 Die Argumentationen - Gewohnheitsrecht gegenlibertas ecclesiae

Nach Darstellung der biographischen Quellen propagierten Becket und seine Mitstreiter den Widerstand von Anfang an als Kampf für die Freiheit der Kirche und des geistlichen Standes. Laut Herbert von Bosham habe Becket die Vorrechte des Klerus gegen die Forderung des Königs, kriminelle Kleriker im Sinne des Friedens des Volkes seiner Gerichtsbarkeit zu un- terwerfen, verteidigt, indem er postulierte, daß Kleriker aufgrund ihres Standes und der Art ihrer Aufgabe nur Christus als König hätten, außerdem aufgrund ihrer Eigenart und weil sie am Werk des Herrn mitwirkten, überhaupt von den „Nationen der Völker“ (gentium nationi-bus) abgesondert seien. Sie stünden deshalb nicht unter, sondern über den weltlichen Königen und dürften von diesen nicht gerichtet werden, seien im Gegenteil selbst Richter über Köni- ge.33Edward Grim berichtet, der Erzbsichof habe dem König entgegnet, er würde keine Ge- setze anerkennen, die den göttlichen Gesetzen entgegenstünden.34

Indem Becket diesen Zeugnissen nach den Vorrang dessacerdotiumvor demregnum,derlex divinavor jedem irdischen Recht postulierte und aufgrunddessen argumentierte, bezog er seinen Widerstand völlig auf moralische und theologische Prinzipien. Sowohl Zweck als auch Argument ist hier dielibertas ecclesiae, auf die alles Handeln Beckets hinläuft. Daß diese Zeugnisse die Linie von Beckets Argumentation markieren wird in der Forschung nicht bezeifelt,35womit allerdings noch nicht gesagt ist, daß Becket so argumentierte, weil es seiner innersten Überzeugung entsprach. Für die biographischen Quellen freilich war etwas anderes als die Einheit von Argumentation und Motivation des Heiligen aus naheliegenden Gründen unvor- und erst recht nicht darstellbar. Über Beckets Motivation wird in Abschnitt

4.3. zu sprechen sein.

Es ist aber wohl nicht zu Unrecht behauptet worden, daß Becket sich in seinem doch schwan- kendem Verhalten nicht konstant auf diese Prinzipien berief, im übrigen dadurch auch an Un- terstützung im Episkopat verlor, der ihm ja aufgrund seiner weltlichen Vergangenheit ohnehin eher skeptisch gegenüberstand. David Knowles sagt, daß Becket sich mehr auf die Bischöfe hätte verlassen können, wenn er in entscheidenden Situationen weniger gezögert und sich konsequenter auf ekklesiastische Prinzipien bezogen hätte.36Möglicherweise war Becket also nicht so ausdauernd in seiner Argumentation, wie es die hagiographischen Quellen gerne glauben machen möchten. Aber wenn er Widerstand leistete, d.h. argumentierte, tat er es wohl doch unter Berufung auf diese Prinzipien.

Beckets Argumente bewegen sich dabei auf einer völlig anderen Ebene als die des Königs. Dieser berief sich darauf, daß die Konstitutionen nicht mehr, als das Gewohnheitsrecht des Reiches kodifizierten und hatte mit dem Versuch sein Vorgehen rechtlich abzusichern, die Zeichen der Zeit erkannt. Er verließ sich auf erfahrene Kirchenrechtler in seinen Diensten, die argumentierten, daß die Konstitutionen mit dem Kirchenrecht vereinbar seien.37„Formal- rechtlich“ - soweit man für diese Zeit davon reden kann - waren die Konstitutionen also of- fenbar wenigstens potentiell begründbar. Sie ließen sich aus der Gewohnheit als Rechtsprin- zip ableiten und mit einzelnen Kirchenrechtssätzen vereinbaren. Selbst in bezug auf Artikel 3 (Immunität des Klerus) konnte man sie mit ein wenig Aufwand mit Justinian und sogar Grati- an vereinbaren. Auf der Ebene formalrechtlicher Argumentation war der König also offenbar gar nicht so leicht zu treffen. Insofern war es für Becket naheliegender und einfacher, auf eher ideeller Ebene zu argumentieren.38

Daß der König vermutlich sogar zu Recht reklamieren konnte, er wolle nicht mehr als die Einhaltung des Rechts seiner Vorfahren, wird deutlich durch den Umstand, daß niemand ernsthaft bestritt, daß die in Clarendon fixierten Artikel deren Praxis verkörperten. Auch Be- cket und seine Mitstreiter wandten sich gegen die Konstitutionen als „alteMißbräuche“. Jo- hannes von Salisbury nannte sie in einem seiner Briefe zwar:perversaeaber:consuetudines.39 Die Becket-Partei bezog sich in ihrer Kritik auf den Satz Gratians, der Herr habe nicht gesagt „Ich bin das Gewohnheitsrecht“, sondern „Ich bin die Wahrheit“40, und das zeigt deutlich, daß es aus ihrer Sicht überhaupt nicht von Bedeutung war, ob die Konstitutionen nur altes Recht wiederherstellten oder neues schufen. Bereits Gregor VII. hatte argumentiert,consuetudodür- fe nicht gegenveritasundratioverstoßen.41Entscheidend war die Vereinbarkeit mit dem Kirchenrecht. Und der Widerspruch der Konstitutionen von Clarendon zum Geist desdecre-tum Gratiani,zur Idee derlibertas ecclesiae,war unübersehbar.42Auch wenn möglicherweise einzelne, aus dem Zusammenhang gelöstecanoneszur Rechtfertigung herangezogen werden konnten oder aber aus rein rechtlicher Perspektive die Möglichkeit bestanden hätte, die Kon- stitutionen durch Tolerierung oder päpstlichen Dispens mit dem Kirchenrecht zu vereinba- ren43, hätte dies nichts daran geändert, daß der König aufgrund der Konstitutionen Herr über die englische Kirche war und auch in kirchlichen Angelegenheiten das letzte Wort hatte. Die Freiheit der Kirche war vor diesem Hintergrund nicht mehr als das, was er ihr zugestand.44 Der Widerstand Beckets richtete sich weniger im formalrechtlichen Sinn gegen einzelne Be- stimmungen der Konstitutionen, sondern vor allem gegen deren Geist, gegen die Ideen über das Verhältnis von Kirche und Königtum, die er darin verkörpert sah und gegen den Inhalt, mit dem sie den Begriff derlibertas ecclesiaefüllten.45Auch insofern war es aus Beckets Sicht eigentlich nicht notwendig, sich die Mühe zu machen, juristisch und konkret gegen Konkretes zu argumentieren. Wenn er Prinzipien verteidigen wollte, lag es nahe, ganz auf- grund dieser Prinzipien zu argumentieren.

Daß die Becket-Partei damit allerdings auch besser beraten war, zeigt der mangelnde Erfolg des Versuches, die theologische Argumentation durch eine kirchenrechtliche zu stützen. Man berief sich auf den Satznon iudicabit Deus bis in idipsumaus dem alten Testament (Nahum 1:9), der von Gratian darauf bezogen wurde, daß Gott Sünden, die im Diesseits durch Buße getilgt wurden, im Jenseits nicht noch einmal bestrafen werde. Er wurde von der Becket- Partei so gedeutet, daß niemand zweimal in derselben Sache verurteilt werden dürfe und ge- gen die königlichen Forderungen nach Bestrafung der von geistlichen Gerichten verurteilten Kleriker gewendet. Diese Auslegung war ungewöhnlich und neu. Experten des Kirchenrechts - wie z.B. den Papst Alexander III. - konnte sie kaum überzeugen und wurde wohl weder von den Gegnern noch von den Unterstützern Beckets recht ernst genommen.46 Man wird schließlich nicht übersehen dürfen, daß sich der Konflikt vor dem Hintergrund ei- ner allgemeinen quasi gesamteuropäischen Debatte über die Frage der Suprematie von regnumodersacerdotiumabspielte. Auch von daher konnte man kaum Stellung zu den Kon- stitutionen nehmen, ohne sich auf die entsprechenden Prinzipien zu beziehen.47

Aus den genannten Gründen wird es kaum überraschen, daß Beckets Argumentation stark ideologisch geprägt, mithin alles andere als politisch oder in ihrer Anlage kompromißfähig war, selbst wenn man bezweifelt, daß er wirklich von den Ideen der Kirchenreform durch- drungen war.

Dies aber angenommen kommt hinzu, daß es mit der Vorstellung, die man von der Kirche und dem Gesetz Gottes hatte kaum vereinbar gewesen wäre, sich auf die Ebene politischer Diskussion zu begeben. Die Unbezweifelbarkeit und sprituelle Bedeutung derlex divinahätte es, wenn man sie ernst nahm, nicht zugelassen, auch nur über Teile zu diskutieren

4.2 Konflikt der „objektiven“ Interessen

Die allgemeine Rechtsungleichheit zwischen Klerikern und Laien sowie konkrete Fälle des Mißbrauches geistlicher Jurisdiktion machen Heinrichs Forderung nach Einschränkung der Privilegien des Klerus zweifelsohne gut nachvollziehbar. Man muß aber, wenn man Beckets Widerstand beurteilen will, diese Forderung auch im Kontext grundsätzlicher königlicher Politik sehen. Wenn für den König die Stärkung der Zentralgewalt in seinem Reich das Hauptziel der Politik war, mußte er darauf bedacht sein, unabhängige Gewalten unter seine Kontrolle zu bekommen. Das betraf in den Anfangsjahren seiner Regierung wie bereits er- wähnt vor allem die Kronvasallen und die Sheriffs. Die einzige vom Königtum im vollsten Wortsinnde jureunabhängige und damit bedeutendste Gewalt neben dem König war aber seit der Zeit Stephans von Blois die Kirche, die sich ja im Gegensatz zu den anderen Machtfakto- ren durch eigenes Recht in einer eigenen, sehr ausgeformten, zudem supranationalen Rechts- sphäre bewegte. Dasprivilegium foriwar nur eines von vielen Symptomen dieser zumindest partiellen Eigenständigkeit gegenüber der Sphäre königlich-weltlichen Rechts.48Die Kirche war also rein machtpolitisch gesehen der größte Konkurrent des Königtums, in bezug auf den Organisationsgrad und die Effektivität der Verwaltung konnte sie ihm geradezu Vorbild sein.49Insoweit lag es im Interesse des Königtums, die Kirche wieder unter Kontrolle zu bringen, langfristig duirch Einflußnahme auf Bischofserhebungen und damit die Zusammen- setzung des Episkopates; Kurzfristig durch Eindämmung geistlicher Jurisdiktion und Behin- derung des Kontaktes zur Kurie.50

Wenn ein Erzbischof sein Amt im Sinne der Kirchenreform als geistliches Amt ernst nahm, mußte er Übergriffen des Königs in den Bereich geistlichen Rechts mit Skepsis, wenn nicht mit Widerstand begegnen, selbst wenn sie rein sachlich berechtigt sein mochten. Höher als die sachliche Berechtigung stand für einen Reformgeistlichen dielibertas ecclesiae. Sich gegen weltliche Eingriffe zu wehren, lag damit gewissermaßen im „natürlichen Interesse“ der Institution Kirche, so wie es genuines Interesse der Königsherrschaft war, Einfluß auf die Institution Kirche zu gewinnen und auszubauen.

Die objektive Konstellation der mit den Positionen der Kontrahenten verbundenen Interessen stellt sich also durchaus als diejenige eines Konfliktes zwischen Prinzipien dar, eines Konflik- tes auch, der in England im 12. Jahrhundert latent gegenwärtig gewesen war und bereits in einigen Fällen dazu geführt hatte, daß Erbischöfe von Canterbury das exilierten. Das bedeutet aber nicht, daß die Auseinandersetzung unausweichlich war. Zwar war das ei- gentliche Problem, wie David Knowles betont hat, unter den gegebenen Bedingungen kaum lösbar. Es wäre aber „ein Kompromiß möglich gewesen, wenn Mäßigung und guter Wille auf beiden Seiten existiert hätten.“51Und in der Tat war der Kontakt zwischen Königtum und Kirche über weite Zeiträume frei von offenen Konflikten, wenn auch nicht von einer latenten Spannung. Kirche und Königtum arbeiteten oft sogar Hand in Hand und stützten ihre Autorität gegenseitig, was ja eigentlich auch vorgesehen war.52

Wenn das so ist, hängt die Zuspitzung dieser Spannung, des prinzipiellen Interessengegensat- zes zum offenen Streit unzweifelhaft auch mit den Motiven der handelnden Persönlichkeiten zusammen. Und es gibt einen weiteren Grund danach zu fragen: Es gehört zum Bestand des Unbezweifelten in der Reflexion des Konfliktes, daß Becket von Heinrich II. zum Erzbischof vorgesehen war, um die königliche Politik zu unterstützen. Daß Becket genau dies nicht tat, wurde zum Ausgangspunkt des Konfliktes. Eine Schlüsselfrage zum Verständnis der Ausei- nandersetzung ist deshalb, warum Becket so handelte. Wir müssen uns also besonders mit seinen Motiven beschäftigen.

4.3 Beckets Motive im Interessenkonflikt

4.3.1 Becket als Märtyrer für die Freiheit der Kirche - Die biographischen Quellen

Beide Seiten konnten ihre Position und ihre Absichten legitimieren und so wird vielleicht verständlich, daß es ein charakteristischer Zug bereits der biographischen Quellen ist, beiden Seiten ehrenwerte Motive im Streit zuzugestehen. Hanna Vollrath hat hervorgehoben, daß es durchaus Tenor der Viten sei, daß König und Primas aneinandergerieten, indem jeder von ihnen das Beste für den jeweils ihm anvertrauten Bereich, Kirche bzw. Reich, zu erreichen versuchte.53„Der eine setzte sich eifrig für den Frieden seines Volkes, der andere aber für die Freiheit des Klerus ein“. Beide, König und Erzbischof, seien - wieder nach den Worten Herberts von Bosham - davon ergriffen gewesen, Gott nachzueifern.54

Dennoch ist die Stellungnahme eindeutig. Für alle Biographen ist es selbstverständlich Be- ckets Motivation, die Freiheit der Kirche zu schützen und das Gesetz Gottes zu verteidigen und er ist für sie dem König gegenüber, was auch immer dessen Absicht gewesen sein mag, im Recht.55Gerade in den weniger persönlichen Viten handelt der Erzbischof hier schon als Heiliger, der auf dem geraden Weg zum Martyrium ist. Insofern dievitaein diesem Aspekt schon alspassionesangelegt sind, darf man getrost von Hagiographie sprechen. In allen Be- richten geht mit der Erlangung der Erzbischofswürde eine radikaleconversiovon Charakter und Lebenswandel einher, durch die Becket zum Mann Gottes und der Kirche wird.56Bei Edward Grim beispielsweise entscheidet sich Becket, für Wahrheit und Gerechtigkeit zu kämpfen und sucht Trost bei Gott unter anderem in den Worten der Bergpredigt, selig seien die, die Verfolgung erleiden um der Gerechtigkeit willen (Mt 5:10).57

Entsprechend wird von einigen Autoren die Ursache des Streits bewertet. In derVita S. Tho-maedes Johannes von Salisbury ergreift der Teufel Besitz vom Herz des Königs und seiner Ratgeber, als er sieht, wie sehr der große Mann der Kirche nützen könne: „Indem er nämlich durch sie (König und Ratgeber - d.Verf.) eine Auseinandersetzung über die Gewohnheiten des Königreichs und das Kirchenrecht auslöste, trieb er die Söhne der Verderbnis - die be- gehrten, der Kirche die Freiheit zu nehmen - dazu an, den Untergang des heiligen Mannes herbeizuführen.“58 Ähnlich sieht es mit blumigen Worten William FitzStephen: „Es sah aber mit Neid der alte Feind den mächtigen in der Kirche des Herrn errichteten Pfeiler, dieses helle Licht, entfacht auf dem Leuchter Gottes.“59

Beckets konkretes Verhalten wird nachsichtig beurteilt. Im Kontext einer neuen, sich durchsetzenden Ethik der Intention stand für die Biographen Beckets Motivation im Vordergrund, nicht, ob sein Handeln dem angemessen war.60

Es ist unnötig darauf einzugehen, daß wir dieser Darstellung nicht ohne weiteres folgen können. Die neuere Becket-Literatur steht diesen Berichten was die Intentionen Beckets angeht mit Skepsis gegenüber. Aus Mangel an anderen als den hagiographischen Berichten geraten die Darstellungen aber manchmal recht spekulativ und zum Teil nicht widerspruchsfrei. Man kann in grober Unterscheidung zwei Typen von Sichtweisen bilden.

4.3.2 Becket als „trouble-maker“ und maßloser Eiferer

Austin Lane Poole beispielsweise, der Verfasser des oben bereits zitierten zweiten Bandes der Oxford History of England aus dem Jahre 1958, bezeichnet es als „unzweifelhaft, daß Beckets Verhalten unbegründet aggressiv war“ und behauptet, daß dieser dem König auch in rein weltlichen Angelegenheiten widersprach.61 Er habe alle Pläne des Königs seit dessen Rückkehr nach England im Januar 1163 bekämpft und zum Teil auch durchkreuzt.62Über Beckets Mo- tive äußert sich Poole nicht explizit. Auf dem Hintergrund seiner Darstellung.bleiben sie auch weitgehend unverständlich, es liegt nahe, persönliche Gründe emotionaler Natur zu vermuten. Pooles Darstellung ist in diesem Zusammenhang aber nicht frei von Widersprüchen: Er kol- portiert beispielsweise, ohne daran zu zweifeln, das von den Quellen übereinstimmend berich- tete Zögern Beckets, seiner Designierung zum Primas zuzustimmen: Becket habe gezögert, weil er den bevorstehenden Bruch mit dem König als unvermeidbar (inevitable) vorausgese- hen habe, und sich erst dem Druck des Königs und des päpstlichen Legaten gebeugt.63Wenn man Pooles Ausführungen Konsistenz unterstellt, wird man dann aber trotz seiner kritischen Sicht auf Becket annehmen müssen, daß er ihm zugesteht, das Amt gewiß nicht erstrebt und als Erzbischof im besten Glauben für die Interessen der Kirche gehandelt zu haben. Das wür- de auch bedeuteten, daß Becket dieses Handeln nur insoweit gegen den König gerichtet hätte, als er jene Interessen durch diesen gefährdet sah, ohne vor allem persönlichen Motiven zu folgen.

Auch Frank Barlow steht mit seiner Becket-Biographie aus dem Jahre 1986 eher in jener kri- tischen Tradition. Er charakterisiert Beckets Verhalten als Erzbischof vor dem Hintergrund der sachlichen Berechtigung der königlichen Forderungen als zu Extremen neigend und be- nennt Gründe, die in der Person des Erzbischofs lagen, als die Hauptursachen des Ausbruchs des Streits. Es sei zum einen vor allem Beckets Stolz gewesen, der ihn dazu brachte, seine neue, endlich eigenständige Position kompromißlos gegen jede Beeinträchtigung zu verteidi- gen, nachdem er als Kanzler „Sklave der Launenhaftigkeit seines Herrn“ gewesen war. Be- cket habe „alle Fehler des typischen Parvenüs“ verkörpert, ein Wandel seines Charakters zu diesem Zeitpunkt nicht stattgefunden. Zum anderen habe er seine, im Vergleich zu den ande- ren Bischöfen mindere Qualifikation zum geistlichen Amt durch umso eifrigere, schließlich maßlose Verteidigung kanonischer Normen kompensiert. Barlow sieht darin aber eben eher charakterliche Schwächen als etwa Böswilligkeit: „Man kann es Thomas nicht zum Vorwurf machen, daß er versuchte ein exzellenter Erzbischof zu sein“.64Auch Barlow gesteht mit die- sen Worten zum einen zu, daß es Beckets eigentliche Intention war, seinem geistlichen Amt gerecht zu werden, zum anderen, daß vor allem mit dem Amt und nicht nur der Person des Erzbischofs Interessen verbunden waren, die denen des Königs widersprachen. Er behauptet aber Beckets Unfähigkeit, dieses Amt angemessen auszufüllen, insbesondere die fehlende Bereitschaft, die widerstrebenden Interessen diplomatisch auszugleichen. Becket habe viel- mehr in falsch verstandenem, maßlosem Eifern für die Rechte der Kirche als Ganzes nicht nur den ihm lange freundschaftlich-loyalen König konsterniert und zum Äußersten getrieben, sondern durch seine extreme Haltung auch die ohnehin nur "vorbehaltvolle" Unterstützung der Bischöfe verloren. Den Interessen der Kirche habe er so nicht genutzt, sondern gescha- det.65

4.3.3 Becket als unerfahrener Geistlicher unter dem Einfluß der Reformbewegung

Ein etwas anderes Bild ergibt sich, wenn man diese Auffassung und die behaupteten Fehler beispielsweise mit den Ausführungen Beryl Smalleys konfrontiert.66Zwar lagen Beckets Fä- higkeiten zweifelsohne eher auf organisatorisch-administrativem und politischem Gebiet, war er im Vergleich mit der Mehrzahl seiner Kollegen - mit denen sich vorher bereits David Knowles ausführlich beschäftigt hat67- theologisch wenig gebildet und auf den seelsorgeri- schen Aspekt seiner Aufgabe nicht besonders gut vorbereitet.68Dennoch sei er nach Smalley nicht ungeeignet gewesen, sei auch der religiöse Impetus, den er an den Tag legte einem ech- ten Umbruch in der Lebenseinstellung geschuldet und dem ausgeprägten Willen, den Anfor- derungen an einen Bischof, zumal einen Erzbischof von Canterbury, gerecht zu werden. Smalley betont den großen Einfluß, den dieeruditiderfamiliawie Herbert von Bosham und Johann von Salisbury auf Becket gehabt hätten. Deren Position ist wohl selbst im Kontext geistlicher Gelehrsamkeit relativ radikal gewesen, es sei nur daran erinnert, daß Johannes von Salisbury in den 1150er Jahren imPolicraticuseine Staatsauffassung entwickelt hatte, die den prinzipiellen Vorrang dessacerdotiumvor demregnumbehauptete.69Diese Gelehrten hätten Becket die ihm aufgrund seiner mangelhaften theologischen Bildung in ihrer Bedeutung relativ schwer zugänglichen Bibeltexte im Sinne der Kirchenreform ausgelegt und interpretiert und in ihm den Willen geweckt, durch sein Handeln zum Kreis der Reformer zu gehören. Auch die Teilnahme an der Synode von Tours 1163 hatte ihn mit deren Ideen in Berührung gebracht und sehr beeindruckt.70Beckets Entschluß, die Kanzlerschaft niederzulegen, stellt sich hier nicht als die Selbstverständlichkeit dar, als die Barlow sie betrachtet, sondern als bewußte Entscheidung in diesem gregorianischen Sinne.71Smalleys Ausführungen zeichnen das Bild eines Erzbischofs, der in theologischen Dingen von reformerischen Gelehrten an die Hand genommen sehr schnell die Überzeugung entwickelt, die Freiheit der Kirche als Ganzes, d.h. eben auch kompromißlos, verteidigen zu müssen.

Diese Aufassung korrespondiert mit derjenigen David Knowles, der den Ausbruch des Kon- flikts vor allem in den nach der Konsekration Beckets divergierenden Interessen von König und Ex-Kanzler und deren Auswirkungen auf das persönliche Verhältnis der Kontrahenten begründet sieht. Aus den Fähigkeiten, die Becket als Kanzler an den Tag legte, schließt Knowles, daß dessen Kompromißlosigkeit als Erzbischof, nicht einem Charakterfehler ge- schuldet sei, sondern seiner Interpretation der Situation. Becket sei kein Fanatiker durch sei- nen Charakter, sondern ab einem bestimmten Punkt überzeugt davon gewesen, daß Versöh- nung nicht mehr möglich sei, weil sie seine Ziele gefährden würde. Ohne es erstrebt zu haben zum höchsten Amt in der englischen Kirche gelangt, habe er sich entschieden, Diener der Kirche zu sein und sei damit einer innerlich schon länger gespürten Berufung gefolgt. Dabei habe seine Karriere als Kanzler insofern eine Hypothek dargestellt, als er deren weltlichen Glanz als Erzbischof durch zunehmende religiöse Strenge kompensierte. Hier trifft sich Knowles’ Aufassung mit der Barlows.

Indem Becket strikt die Interessen der Kirche verfolgte, verlor er die Zuneigung des Königs und kehrte sie ins Gegenteil, wobei es ihm nach Knowles zunächst doch eher um konkrete Rechte und Privilegien ging, freilich vor dem Hintergrund einer reformerischen Aufassung dessen, was der Kirche zustünde.72

Der Grund für die zunehmende Verschärfung der Auseinandersetzung liegt, wenn man Know- les weiter folgt, allerdings zu einem guten Teil in verletztem Stolz und Verbitterung des Kö- nigs darüber, daß der ihm früher so vertraute Becket jetzt Ziele verfolgte, die den seinen wi-

dersprachen, freilich auch darin, daß jener nicht geneigt war nachzugeben.73Die Ursache weniger für den Ausbruch des Streits, als vielmehr für dessen eskalierenden Verlauf wird in dieser Sicht weit in den Bereich des persönlichen Verhältnisses verwiesen, worauf später noch etwas näher einzugehen ist.

4.3.4 Zusammenfassung

Damit ist der Rahmen der Sichtweisen auf Becket und seine Motivation umrissen, wobei mir die zuletzt vorgestellten am abgewogensten erscheinen. Minimalkonsens in der Forschung scheint zu sein, daß Becket von Anfang an in dem Glauben und der Absicht gehandelt hat, die Interessen seiner Kirche zu vertreten, also seinem neuen Amt gerecht zu werden, wobei ihn seine weltliche Vergangenheit als Kanzler und Feund des Königs behinderte. Dieconversio wird meistens als echt betrachtet.74Verschieden beurteilt hat man, ob Beckets Verhalten sei- nem Ziel angemessen war und was er zunächst als das Interesse seiner Kirche sah, d.h. ob er seinen Widerstand von Anfang an im Rahmen einer so prinzipiellen Konzeption, wie oben (4.2.) angedeutet gesehen hat. Das ist behauptet und bestritten worden und m.E. schwer zu entscheiden75, ebenso andererseits, ob die Attacke des Königs sich von Anfang an in diesem Sinne gegen eine allzu freie Ausübung des Kirchenrechts in seinem Reich insgesamt richtete. Allerdings wäre Beckets Fudamentalopposition am besten nachvollziehbar, wenn man a- nimmt, daß ihr so weitreichende Vorstellungen zugrunde lagen. Doch wird man gerade des- wegen vorsichtig urteilen müssen: Worauf man aufgrund dieser Überlegung hinweisen kann, ist, daß Beckets Widerstand sich eben auch am besten legitimieren ließ, wenn man ihn von Anbeginn als Kampf um das Prinzip derlibertas ecclesiaedarstellte. Wenn er in der Heiligen- Biographie der 1170er und 80er Jahre so gezeichnet wird, ist gerade daraus nicht zu belegen, daß er das war, allerdings auch nicht das Gegenteil.

4.4 Die persönliche Komponente - das Verhältnis zwischen Heinrich II. und Thomas Be- cket Ein markantes Merkmal des Konfliktes ist die zunehmende Verhärtung der Fronten, die nicht vorhandene Kompromißbereitschaft in beiden Parteien. Für beide Seiten gilt dabei wohl die Einschätzung der Forschung, daß der Konflikt nur aufgrund der Sache nie solche Ausmaße hätte annehmen müssen und bei Kompromißbereitschaft sicher nicht angenomnen hätte.76 Daß diese Kompromißlosigkeit und Härte auf Beckets Seite wohl zu einem guten Teil der echten Überzeugung geschuldet war, die Freiheit der Kirche als Ganzes verteidigen zu müs- sen, haben wir erörtert, ebenso wie die Tatsache, daß auch mit dem Königtum „objektive“ Interessen verbunden waren. Aber gerade auf des Köngs Seite ging die Verfolgung dieser Interessen offenbar immer mehr mit einem sehr persönlich gefärbten Vernichtungswillen ein- her. Selbst Frank Barlow in seiner becketkritischen Sicht zweifelt offenbar nicht daran, daß der königliche Haß mehr und mehr zur Eskalation des Konfliktes beitrug.77David Knowles spricht u.a. davon, daß Heinrich seine Ziele mit deutlich geringerem Aufwand und sehr wenig Ungerechtigkeit hätte erreichen können, wenn er darauf verzichtet hätte, seinen Haß zu be- friedigen, außerdem, daß er Becket nicht als Gegner in einem fairen Kampf, sondern als un- barmherziger Feind gegenübergestanden habe.78

Die Ursache für diese starken Emotionen, die für den König zu Motivationen wurden, ist in dem freundschaftlich-vertrauten Verhältnis zur Zeit der Kanzlerschaft Beckets zu suchen. Des Königs Vertrauen hatte Becket das Pontifikat verschafft, und welches Verhalten Heinrich - aufgrund seiner Erfahrung und der Freundschaft ja nicht unbegründet - erwartete, steht außer Frage. Daß Becket dann nicht mehr die Interessen des Königs, sondern die teilweise entgegengesetzten der Kirche verfolgte, erfüllte den König mit Enttäuschung und Bitterkeit. Er empfand es nicht nur als illoyales Verhalten eines Menschen, der ihm viel zu verdanken hatte, sondern auch als einseitige Aufkündigung der Freundschaft.79

Gerade weil also das persönliche Verhältnis der Kontrahenten in der Zeit von Beckets Kanzlerschaft so intensiv gewesen war, gestaltete es sich nach der Erhebung Beckets sehr schwierig, ohne an Intensität zu verlieren. Es wurde in den kritischen Situationen, die den Fortgang des Konfliktes bestimmten, zu einem entscheidenden Faktor, der immer in Richtung der Eskalation des Streites gewirkt hat.

5. Fazit: Persönlichkeiten und Prinzipien - zum Charakter des Konflikts

Man wird folgendes konstatieren können: Der Becket-Konflikt entstand vor dem Hintergrund des Gegensatzes der Interessen des Königtums und der Reformkirche und der aktuellen all- gemeinen Debatte über die Suprematie vonregnumodersacerdotium. Becket hat nahelieg- enderweise aufgrund der Ideen der Reformkirche argumentiert, eher den Geist als den Buch- staben des Kirchenrechtes dagegen wendend, was er als Einschränkung derlibertas ecclesiae sah. Als Erzbischof wollte er seinem Amt gerecht werden und seine weltlich-sündhafte Ver- gangenheit hinter sich lassen, die ihn aber immer wieder einholte und behinderte.80Beraten und gefördert wurde er in seinem Widerstand von einem Kreis von theologisch und juristisch gebildeten Gelehrten, die im Spektrum geistlicher Gelehrsamkeit allerdings wohl eher am radikal-reformerischen Rand standen und deren Einfluß damit sicherlich nicht deeskalierend gewirkt hat. Angeheizt wurde der Konflikt aber zusätzlich vom Haß des Königs, der Beckets Seitenwechsel nicht verwinden konnte, und neben der Verfolgung seiner Interessen auch da- nach trachtete, Becket persönlich zu demütigen. Becket hatte spätestens in Northampton auch deswegen kaum noch eine Alternative zur Kompromißlosigkeit, weil ihm kein Kompromiß mehr angeboten wurde.81

Der Gegensatz der „objektiven“ Interessen hatte dabei, weil er gewissermaßen außerhalb des Einflußbereiches der Personen lag, etwas Tragisches. Wahrscheinlich spürten das schon die Zeitgenossen, die oben bereits zitierte Äußerung Herberts von Bosham -Hic zelat populi sui pacem, alter vero cleri sui libertatem- deutet darauf hin. Diesen Gedanken auf die historische Realität des Konflikts angewendet bedeutet das, daß Becket und der König in Streit gerieten, indem jeder von beiden versuchte, den Anforderungen seiner Stellung in optimaler Weise gerecht zu werden.82Die eigentliche Ursache läge also in den nicht geklärten Kompetenzen zwischen Staat und Kirche. Die Enttäuschung und Verbitterung Heinrichs über Thomas‘ ver- ändertes Verhalten könnte dann daraus resultieren, daß vor allem der König das nicht erkann- te.

In einer weiteren historischen Perspektive kann man den Becket-Konflikt denn auch als Folge der geistigen und rechtlichen Renaissance des 12. Jahrhunderts sehen. Weltliche und geistli- che Administration, die bisher kaum als voneinander verschieden wahrgenommen worden waren, wurden mehr und mehr von ihren jeweiligen Trägern rational und nach bestimmten Prinzipien organisiert und damit auch voneinander getrennt. In diesem Prozeß der zunächst geistig-theoretischen und später auch praktischen Separierung entstand beinah notwendig eine konfliktträchtige Opposition dieser beiden zeitgenössischen Organisationsprinzipien mensch- licher Gemeinschaft, die erst im Laufe einer Entwicklung durch Klärung der Zuständigkeiten gelöst werden konnte. Der Becket-Konflikt war in dieser Sicht nur eine Episode auf dem Weg der Abgrenzung der Kompetenzen zwischen geistlicher und weltlicher Gewalt.83

Augenfällig ist in diesem Zusammenhang, daß der in bemerkenswerter Weise mit den Mitteln des Rechts geführte Konflikt in diesem Stadium aus demselben Grunde rechtlich kaum lösbar war. Die beiden Rechtstraditionen überschnitten sich dergestalt, daß jeder der Kontrahenten ein Recht auf seiner Seite haben konnte, eben auch in dem Sinne, daß er rechtlich zu argumentieren im Stande war. Imconflictus iuris et potestatis, den Johannes von Salisbury zu sehen meinte, bediente sich auch die Macht des Rechtes.

gedruckte Quellen:

Robertson, James Craigie, Materials for the History of Thomas Becket, Archbishop of Canterbury. Vol. II & III, London 1876 und 1877, Reprint 1965

darin in Band II:

− Johannes von Salisbury,Vita et Passio S. Thomae

− Edward Grim,Vita S. Thomae, Cantuariensis Archiepiscopi et Martyris in Band III:

− William FitzStephen,Vita S.Thomae − Herbert von Bosham,Vita S. Thomae

Literatur:

Appleby, John Tate,Heinrich II., König von England. Die Zeit des Thomas Becket.Oxford 1958

Aubé, Pierre,Thomas Becket, Paris 1988, dt.: Zürich 1990 Barlow, Frank,Thomas Becket, London 1990

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Vollrath, Hanna,Gewissensmoral und Konfliktverständnis. Thomas Becket in der Darstellung seiner Biographen, in: HJb 109 (1989) S. 24-55

[...]


1 Johannes von Salisbury (ep. 179), nach Heinrich Hohenleutner, Die Kirchenpolitik des Johannes von Salisbury. unveröffentlichte Dissertation, München 1953, S.113

2Frank Barlow,Thomas Becket, London 1986, S.2; Vollrath, Hanna Vollrath, Gewissensmoral und Konfliktbewußtsein. Thomas Becket in der Sicht seiner Biographen, HJb 109 (1989) S.24-55, S.46f.

3 Vgl. Vollrath, Gewissensmoral, S.42 oder auch Barlow, Becket, S.1 f. „ ...even the saints greatest friends were not prepared [...] to put the blame squarely and exlusively on the king.“

4Barlow, Becket, S.1; David Knowles,Archbishop Thomas Becket. A Character Study. In:Proceedings of the British Academy, Vol. XXV. Oxford 1949, S.5

5Barlow,Becket, S.2

6das ist Hanna Vollraths überzeugende These, explizit vorgetragen z.B. ebd. S.47 u. 54f.

7 einen Überblick über die Biographen bieten z.B. Barlow, Becket, S.1-9 und Anne Duggan, Thomas Becket. A Textual History of his Letters, Oxford 1973, S. 175ff.; Vgl. zur Johannes-Vita: Smalley, The Becket Conflict and the Schools, S. und diese selbst: J.C.Robertson (ed.), Materials for the history of Thomas Becket. Vol. I-VII, London 1875-1885, 1965 2 , Vol. II, S. 301-322; zum Draco normannicus: Smalley ebd. S.186ff.; zu Beckets Briefen allgemein Duggan ebd., zur Verwendung durch die Biographen im besonderen S.173ff.

8siehe Anm. 7

9Dramen z.B.: T.S. Elliot,Murder in the Cathedral, London 1935; Jean Anouilh,Becket ou l’Honneur de Dieu, 1959 ; ein Roman neueren Datums: Alfred Duggan,Gott und mein Recht. Das Leben des Thomas Becket von Canterbury, dt. Wiesbaden 1956; zu Thomas Becket in Belletristik und Drama: Britta Püschel,ThomasáBecket in der Literatur. Bochum 1963

10Vgl. Barlow,Becket, S.74, “ The succession of events is well documented and presents no great problems.“

11 Vgl. dazu Beryl Smalley, The Becket Conflict and the Schools. A Study of Intellectuals in Politics, Oxford 1973, S.16f.

12 Vgl. Hohenleutner,Johannes von Salisbury, S. 91f.; Gerd Tellenbach,„Gregorianische Reform“in: Karl Schmid (Hrsg.)Reich und Kirche vor dem Investiturstreit, Sigmaringen 1985, S.105ff.; David Knowles,The Episcopal Collegues of Archbishop Thomas Becket, S.50ff.

13 Vgl. u.a. Hermann Jakobs, Kirchenreform und Hochmittelalter 1046-1215 (Oldenburg Grundriß der Geschichte, Band 7), München 1988, S.6f.

14Vollrath,Gewissensmoral, S.28

15Vgl. Vollrath,Gewissensmoral, S.28f.; Hubert Mordek,Kanonistik und Gregorianische Reform. in: Karl Schmid ebd. S.65-82, S.78f.; Karl-Friedrich Krieger,Geschichte Englands. Band 1: Von den Anfängen bis zum 15. Jahrhundert. München 1996, S.124

16Vgl. z.B. Knowles,episcopal collegues, S.50ff.

17Raymonde Foreville,L’eglise et la royautéen Angleterre sous Henri II Plantagenêt 1154-1189, Paris 1943, S.21 f.

18 Vgl. Knowles ebd.

19André Vauchez (Hrsg.),Die Geschichte des Christentums.Bd.5:Machtfülle des Papsttums(1054-1274), dt. Ausgabe bearb. und hrsg. von Odilo Engels, Freiburg 1994, S.101

20Z.N. Brooke,The English Church and the Papacy, S. 176 f. „Freedom had now come to mean both freedom from lay control and freedom to obey the laws of the Church, especially the new reforming decrees, freedom, in fact, to be as the rest of the Church was“, zitiert nach Knowles,episcopal collegues, S. 50 (ohne weitere bibliographische Angaben), Vgl. dazu weiter Knowles, ebd.

21Vgl. Robert Bartlett,England under the Norman and Angevin Kings 1075-1225. New Oxford History of England, Vol. III, (ed. J.M. Roberts).Oxford 2000, S.397 und 401; Austin Lane PooleFrom Domesday Book to Magna Carta 1087-1216. Oxford History of England, Vol. III,Oxford 1955, S.200; Barlow,Becket, S.91; Knowles,episcopal collegues, S.142 f.

22 Pierre Aubé, Thomas Becket, Zürich 1990, S.53

23Vgl. zum ganzen Abschnitt z.B.: Krieger,Geschichte Englands, S.129ff.

24 Vollrath, Gewissensmoral, S. 40f.

25Niederlegung des Kanzleramtes: wird nach Frank Barlow,Becket, S.82, von William von Canterbury und Guernes de Pont-Sainte- Maxence berichtet; Restitutionsbemühungen: William FitzStephen,Vita S. Thomae, Cap. 32 (Robertson,Materials, Vol. III, S.42 f.); Exkommuniziert wurde Wilhelm von Eynesford, die Meinung des Königs dazu:Rex contendit, de regali sua esse dignitate, quod non ex- communicetur qui de eo in capite teneat, ipso inconsulto,ebd.; Vgl. auch Herbert von Bosham,Vita S. Thomae, Lib. III, Cap. 19 (Materials III, S.250 ff.)

26Der Mißbrauch wird von verschiedenen Quellen berichtet, u.a. von Wilhelm von Newburgh in seinerhistoria rerum anglicarum, II, 16 (nach Poole,From Domesday, S.203) und in der Literatur nicht bezweifelt; Vgl. dazu und zum übrigen Poole,From Domesday, S.201 ff.; Barlow,Becket, S. 90ff.; Bartlett,England 1075-1225, S.389; Klaus Guth,Johannes von Salisbury, St.Ottilien 1978, S.171

27 Bosham III, 24 (Materials III, S.273): Verum rex nihil motus ad haec, sed eo amplius, ut videbatur, commotus, quod cerneret archipraesu- lem et episcopos adversus ipsum, ut reputabat, unanimes, sic et constantes, sciscitatur mox an consuetudines suas regias forent observaturi.

28Vgl. zu den Vorgängen in Westminster: Bosham, III, 23-26 (Materials III, S.266-276), der Vorbehalt 24 (S.273); Außerdem: Knowles,episcopal collegues, S. 56; Hohenleutner,Johannes von Salisbury, S.92

29Vgl. Grim 26 und 27 (Materials II, 377ff.), Barlow, Becket, S.96

30Vgl. Aubé,Becket, S.196ff.

31 Vgl. dazu FitzStephen, 36f. (Materials III, 48f.), Bosham III, 29f. (Materials III, 288ff.), außerdem: Knowles, episcopal collegues, S. 60ff., Barlow, Becket, S. 105, Aubé ebd.

32Zu Northampton vgl. Bosham, III, 32-38 (Materials, III, 297ff.), FitzStephen, 38-60, (Materials, III, 49ff.), außerdem u.a.: Barlow,Becket, S.109ff., Knowles,episcopal collegues, S.66ff.

33Bosham, III, 24 (Materials III, ):Huius vero professionis viri, clericis dicti, ordinis ratione et officii proprie solum Christum regem habent, ipsi quodam proprio, qui capiti superponitur, assignati charactere, quasi per hoc a gentium nationibus segregati, et proprie et peculiariter ad Domini opus assumpti; unde privilegio ordinis et officii terrenis regibus non subsunt sed praesunt,utpote qui reges constituunt, a quo et rex militiae cingulum et gladii materialis accipit potestatem: unde et regi nulla jurisdictio in his, ratione professionis et ordinis, sed ipsi regum sunt judices.

34 Grim, 25 (Materials II, 376f.): At venerabilis archiepiscopus, ..., constanter respondet regi, nullis se velle legibus obtemperare, quae divinis probentur legibus adversari; ..

35Vgl. z.B. Barlow,Becket, S.94 und 102; Aubé,Becket, S.180ff.; Knowles,Character Study, S.19

36Knowles.episcopal collegues, S.74 und S.89, Vgl. auch Aubé,Becket, S.251f.

37Vgl. Barlow,Becket, S.94; Smalley,Becket Conflict, S.123f.

38 Barlow, Becket, 102f.

39Vgl. Knowles,Becket, S.102. „It is, therefore, most significant that he (Becket - d.Verf.) and his supporters contented themselves with stigmatizing the ancient customs as ancient abuses ...“; Das Johannes-Zitat nach Hohenleutner,Johannes von Salisbury, S.128 aus ep.225

40Zitiert von FitzStephens, 34 (Materials III, 48)Item, nusquam invenitur Dominum dixisse,‘Ego sum consuetudo’; sed dixit‘Ego sum veritas’,nach Knowles,Becket, S.102, mit Anm. 29 aus:decretum GratianiI,VIII, 5.

41Jakobs,Kirchenreform, S.111

42Nach Knowles,episcopal collegues, S.140f., hat selbst Gilbert Foliot, Beckets großer Gegenspieler im Episkopat niemals das Gegenteil behauptet. Vgl. auch Aubé,Becket, S.187 u. 207; Guth,Johannes von Salisbury, S.181f.

43wie Barlow,Becket, S.102, meint

44Vgl. Barlow,Becket, S.105, Aubé,Becket, S.206; Smalley,Becket Conflict, S.122ff.

45 Aubé, Becket, S.187

46Vgl. dazu Barlow,Becket, S.103 und Smalley,Becket Conflict, S.124ff.

47 Knowles, episcopal collegues, S.141f.

48Vgl. Bartlett,England 1075-1225, S. 389, 396

49Bartlett,England 1075-1225, S.408, spricht von „ this parallel development of the two legal and judicial systems that made it especially important to demarcate their spheres.“, Vgl. ebd. auch S.396 „The English church was indeed organized according to principles that made it look more like a modern state than the English monarchy.“

50Vgl. Aubé, Becket, S.182, „Im Europa des 12. Jahrhunderts bildeten sich allmählich Territorialstaaten heraus. Mit dieser Entwicklung war es unvereinbar, daß ein Teil der allgemeinen Gerichtsbarkeit dem Staat entzogen bleiben sollte.“; Guth, Johannes von Salisbury, S.171 u. 180, „Die Konfrontation zwischen Zivilrecht und kanonischem Recht war unvermeidlich“; Bartlett,England 1075-1225,S.401

51Knowles,episcopal collegues, S.55, „This [...] was an issue on which a firm and final settlement could never been found, at least in a society which acknowledged a unique and strongly centralized religious authority, but it was an issue susceptible to compromise when moderation and goodwill existed in both parties.“

52Vgl. Bartlett,England 1075-1225, S.402, „.. friction between kings and ecclesiastics was not usually intense ..“; Barlow,Becket, S. 90f.

53Vollrath,Gewissensmoral, S.46 und öfter

54 Bosham, III, 24 (Materials III, S.272): O rex et o pontifex, quorum utrumque Dei apprehendit emulatio! Hic zelat populi sui pacem, alter vero cleri sui libertatem.

55Vollrath ebd.

56Vgl. u.a. FitzStephen 26-28, (Materials III, 37ff.), Bosham III, 6 (Materials, 192ff.)

57Grim 22 (Materials II, 373):Praemonitus autem a Salvatore, quoniam‘beati qui persecutionem patiuntur propter iustitiam’, modicum aestimabat quicquid pro iustitiae vel veritatis assertione posset mundus vel diabolus irrogare, ..

58Johannes von Salisbury,Vita S. Thomae, 12 (Materials II, S.309):Videns autem hostis antiquus tantum virum ecclesiae Dei plurimum profuturum, invidit, et ne sperata pace terra diutius frueretur, multos et magnos elegit discordiae incentores, per quos in corde regis et curialium odii seminarium sparsit. Orta siquidem his procurantibus quaestione super regni consuetudinibus et jure ecclesiastico, filios perditionis in perniciem sancti viri excitavit, qui subvertere moliebantur ecclesiae libertatem.

59FitzStephen 30 (Materials III, 41):Invidit antiquus hostis talem in ecclesia Domini erectam columnam, talem supra candelabrum Dei accensam lucernam.

60Vgl. dazu Vollrath,Gewissensmoral, S.38f. mit Ausführungen zur Intentionsethik, und S.49

61 Barlow, Becket, S.1

62Poole,From Domesday, S.202 „It is unquestionabele that Beckets conduct was gratuitously aggressive; he opposed the king at every turn, even on issues of purely temporal concern.“

63 Berichtet wird das von Johannes v. Salisbury, 8 (Materials II, S.305) und Herbert of Bosham, III, 1 (Materials III, S.181). Bei Poole, From Domesday, S.200, „Foreseeing the inevitable rupture, he only yieldeld reluctantly to the pressure put upon him by the king and the legate, Henry of Pisa“.

64Barlow,Becket, S.89, die Zitate ebd. „No more need he be a courtier, a slave to his master’s caprice.“, „He had all the failings of the typical parvenu.“, „Thomas cannot be blamed for seeking to be an excellent archbishop.“ , vgl. zum nicht stattgefundenen Charakterwandel auch ebd. S. 83

65Barlow,Becket, S. 94f., S.117 "But it (der Konflikt - d.Verf.) had a feature absent from all the other cases: the personal animosity which Thomas's conduct had aroused not only in the king but also in several of the bishops [...] they thought, that the causes he championed were harmed by his support.“

66Zum ganzen Abschnitt: Beryl Smalley,Becket Conflict, S. 109-137

67David Knowles,The Episcopal Collegues of Archbishop Thomas Becket, Cambridge 1951

68 Vgl. dazu Smalley, S.111f.; Knowles, Character Study, S.7

69Vgl. dazu auch Hohenleutner,Johannes von Salisbury, S.86ff.

70Aubé,Becket, S.174ff.und 371

71Vgl. Barlow,Becket, S. 82f.; Smalley,Becket Conflict, S.120f.

72 Vgl. für den ganzen Abschnitt: Knowles, Character Study, S. 9ff.

73Knowles,episcopal collegues, S.55

74Vgl. auch Aubé,Becket, S.370; Hohenleutner,Johannes von Salisbury, S.169f.; Krieger,Geschichte Englands, S.135

75 David Knowles, Character Study, S.19, sieht eine Entwicklung: „ As the struggle wore on, the precise object for the archbishop fought had changed its appearance to his eyes. At the beginning it had been the forensic rights of the Church and the clerical order; then it had become at Clarendon the freedom of the English Church as part of the universal Church in its relations with Rome; finally, it had broadened into a defence of the rights of God against Caesar.“

76Vgl. dazu z.B. Knowles,episcopal collegues, S.55 (wie Anm. 51), Barlow,Becket, S.117 (wie Anm. 65).

77Barlow,Becket, S.106 (nach Clarendon) „Henry began to injure Thomas in all ways he could“, S.110 (in Northampton) „Everyone knew by this time that Henry intended Thomas’s humiliation and ruin.“; Vgl. auch Guth, Johannes von Salisbury, S.183

78Ersteres: Knowles,episcopal collegues, S. 90; letzteres, Ders., Character study, S. 12f. „The archbishop [...] now had in the king not an adversary in an equal struggle, but a ruthless enemy.“

79 Vgl. dazu Knowles, episcopal collegues, S.55

80Barlow,Becket, S.119

81Bartlett,England 1075-1225, S.404

82 Vgl. Aubé, Becket, S.370, „Die aufrichtige und bald alles bestimmende Leidenschaft für ihre jeweilige Sache - Kirche und Staat - läßt sich keinem der beiden absprechen [...]“

83 Vgl. Knowles, episcopal collegues, S. 142f.; Bartlett, England 1075-1225, S. 395

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Der Becket-Konflikt zwischen Prinzipienstreit und persönlicher Animosität
Hochschule
Universität Leipzig
Veranstaltung
HS "England im Mittelalter"
Note
1,3
Autor
Jahr
2000
Seiten
26
Katalognummer
V105474
ISBN (eBook)
9783640037674
Dateigröße
522 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Einleitung lesen - dann weiß man, worums geht. Ich würde mich über Kommentare freuen.
Schlagworte
Becket-Konflikt, Prinzipienstreit, Animosität, England, Mittelalter
Arbeit zitieren
Marek Wejwoda (Autor:in), 2000, Der Becket-Konflikt zwischen Prinzipienstreit und persönlicher Animosität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105474

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