Aggressions- und Delinquenzprävention bei Jugendlichen


Seminararbeit, 2000

20 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

1. Aggressionsprävention

2. Delinquenzprävention
2.1. Primär- und Sekundärprävention
2.1.1. Rolle des Jugendschutzes
2.1.2. Rolle der Schule
2.2. tertiäre Delinquenzprävention
2.2.1. Erziehungsmaßregeln
2.2.1.1. Erteilung von Weisungen
Einzelne Weisungen von besonderer Bedeutung
a) Die Arbeitsweisung
b) Die Betreuungsweisung
c) soziale Trainingskurse
d) Täter- Opfer- Ausgleich
e) Heilerzieherische Behandlung
2.2.1.2. Die Verpflichtung zur Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung
2.2.1.2.1. Heimerziehung und Erziehung in einer sonstigen betreuten Wohnform
2.2.1.2.2. Die Erziehungsbeistandschaft
2.2.2. Die Zuchtmittel
2.2.2.1. Verwarnung
2.2.2.2. Auflagen
2.2.2.3. Der Jugendarrest
2.2.3. Die Jugendstrafe

3. Darstellung der Lage in meinem Heimatort Rathenow

4. Literaturverzeichnis

5. Anhang
A - das Jugendschutzgesetz
B - Statistik aus der PKS Brandenburg bezüglich der Anzahl jugendlicher Straftäter bei ausgewählten Delikten

Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit soll einen Überblick zu den verschieden Arten der Prävention von Aggression und Straffälligkeit bei Jugendlichen geben.

Im ersten Teil der Arbeit wird relativ kurz auf einige aggressionsvorbeugende Möglichkeiten eingegangen.

Anschließend folgt der umfangreichere zweite Teil, wo die unterschiedlichen Arten der Prävention von Jugendstraffälligkeit besprochen werden. Nach der primären und sekundären Prophylaxe, die sich auf gefährdete, aber noch nicht straffällig gewordene Jugendliche bezieht, kommt der Abschnitt der tertiären Prävention, in welchem ausführlich die Möglichkeiten besprochen werden, die dem Jugendrichter geboten sind, mit delinquenten Jugendlichen zu verfahren und einem erneuten Rückfall entgegen zu wirken. Schließlich wird im letzten Teil der Arbeit an dem Beispiel der Stadt Rathenow die Situation Betroffener geschildert und kurz eine mögliche Art darlegt, wie man der Aggression und Straffälligkeit bei Jugendlichen entgegenwirken kann.

1. Aggressionsprävention

Wenn man Präventionsplanungen durchführt, muss man unbedingt die ungünstigen Konstellationen berücksichtigen, die die Entwicklung des aggressiven Verhaltens fördern. Solche Umstände sind unter anderem folgende:

- je häufiger das Problemverhalten auftritt, desto stabiler ist der Verlauf
- je ausgeprägter es ist, desto größer sind die Chancen, dass das Verhalten beibehalten wird
- je vielfältiger (bspw. Kind lügt, stiehlt, schlägt) und kontextunabhänger das kindliche Verhalten ist (bspw. Kind schlägt beim Spielen, Essen, in der Schule) desto beständiger ist es
- je jünger die Kinder sind, die auffällig werden, desto größer ist die Gefahr einer delinquenten Karriere .

Vor allem der letzte Punkt zeigt, dass es sehr wichtig ist, früh mit der entwicklungsorientierten Verhaltensförderung zu beginnen, schon ab dem 5. Lebensjahr. Hierfür liegen auch schon komplexe Interventionspakete vor, bei denen nicht nur die Kooperation der Kinder und Jugendlichen, sondern auch die ihrer Bezugspersonen gefragt ist. So sollen Eltern lernen, die ursächlichen Bedingungen des aggressiven Verhaltens zu erkennen und schrittweise ihr Erziehungsverhalten zu verändern. Wichtig ist, dass das Lernziel, also die Vermeidung von Aggression, kindgerecht umgesetzt wird. Folgende Tabelle nach Petermann & Petermann (1995) stellt einige Möglichkeiten des Trainings aggressiver Kinder vor.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Weitere Möglichkeiten der Aggressionsreduktion, die in den letzten Jahren vorzeigbare Ergebnisse erbracht haben, sind Methoden der Erlebnis- und Abenteuerpädagogik, welche Projekte wie Kanufahrten, alpine Klettertouren oder Segeltörns beinhalten, alles Erlebnisse mit Extremsituationen, die die Bedürfnisse der Jugendlichen nach Abenteuer, Risiko und Grenzerfahrung zufrieden stellen, ebenso auch für positive Gruppenerlebnisse und die Bewältigung von Schwierigkeiten, mit Erfolgsgefühlen verbunden, sorgen.

2. Delinquenzprävention

Um von Delinquenz sprechen zu können, muss die Straftat dem rechtlich definiertem Strafbestand entsprechen, und dem Täter muss die Verantwortlichkeit für diese Tat zugeschrieben werden.

Neben Möglichkeiten der Gewaltprävention gibt es natürlich auch besondere vorbeugende und korrektive Maßnahmen für Jugendliche, die eine solche Straftat begangen haben.. Bei der Vorbeugung von Delinquenz kann zwischen 3 verschiedenen Programmen unterschieden werden.

Als erstes die primäre Prävention, die schon in der frühen Kindheit einsetzen kann und somit eine frühe Erkennung der Risikofaktoren erfordert, damit diese eliminiert werden können. Als nächstes die sekundäre Prävention, die sich mit Heranwachsenden beschäftigt, welche bereits antisozial aufgefallen sind, also Verhaltensprobleme und Delikte aufweisen, allerdings noch nicht als straffällig registriert worden sind, Ziel der sekundären Prävention ist es, die bestehenden Verhaltensweisen zu modifizieren. Und schließlich die tertiäre Prävention, welche versucht die Rückfälligkeit bereits straffällig gewordener Jugendlicher zu verhindern.

2.1. Primär- und Sekundärprävention

Im folgenden Abschnitt soll bezüglich der Primär- und Sekundärprävention genauer auf Maßnahmen des Jugendschutzes und auf schulische Programme eingegangen werden.

2.1.1. Rolle des Jugendschutzes

Ziel des Jugendschutzes ist es, Jugendliche zu befähigen, „sich vor gefährdenden Einflüssen zu schützen und sie zur Kritikfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit und Eigenverantwortlichkeit zu führen, sowie zur Verantwortung gegenüber ihren Mitmenschen“, weiterhin geht es darum, Eltern und Erziehungsberechtigte besser zu befähigen, Kinder und Jugendliche vor gefährdenden Einflüssen zu schützen“ (§14 des KJHG, Kinder- und Jugendhilferecht). Beim Jugendschutz differenziert man zwischen dem repressiven und dem strukturell präventiven Jugendschutz.

Der repressive Jugendschutz ist ordnungspolitisch begründet. Er nimmt Einschränkungen wirtschaftlicher Betätigung vor und verhängt Bußgelder und Strafen, wenn gegen das Jugendschutzgesetz ( Vgl. Anhang A) verstoßen wird.

So tritt er beispielsweise bei Regelverletzungen in Spielhallen (Glücksspiel), Videotheken(Filme ab 18), Kiosken(Alkohol & Zigaretten) und Discotheken(unter 18 nicht nach 0.00 Uhr unterwegs) auf, also überall wo gegen das Jugendschutzgesetz verstoßen wird. Dieser Bereich des Jugendschutzes steht zwar nicht mehr im Mittelpunkt, aber ist als begleitende Maßnahme nicht mehr wegzudenken.

Der strukturell präventive Jugendschutz enthält Angebote, die persönlichkeitsstärkende Verhaltensweisen und Entfaltungsmöglichkeiten unterstützen sollen. Dazu zählt man z.B. alternative Freizeitprojekte, Räume der Begegnung sog. Jugendclubs und Beratungsstellen.

2.1.2. Rolle der Schule

Immer wieder berichten die Medien, wie der „Stern“ (2/91, 3/93,8/93), der „Spiegel“(9/93, 3/94) oder der „Focus“ (4/94) über aufsehenserregende Geschichten von der „Gewaltfront“ an den Schulen, von Erpressung bis hin zu schweren Gewaltattacken an schwächeren Mitschülern. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass auch in der Schule, die über einen langen Zeitraum hinweg Einfluss auf die Jugendlichen haben kann, Kriminalitäts- und Gewaltprävention vollzogen wird. Im Laufe der Zeit entwickelte man hierfür divergente Konzepte, die sich in der Praxis auch bewährt haben.

Da ein nachweislicher Zusammenhang zwischen Schulversagen und dem Auftreten von aggressiven bzw. delinquenten Verhalten besteht, entfällt ein wichtiger Risikofaktor, wenn man eine Leistungsförderung innerhalb und außerhalb des Unterrichts betreibt und die Leistungsbewertung verbessert (Konzept der Leistungsförderung). Da aber ein einheitliches Bewertungssystem in den Schulen herrscht, ist eine isolierte Leistungsförderung ohne Beachtung der Maßstäbe nicht grenzenlos möglich. (man kann für 2 unterschiedlich gute Leistungen nicht die selbe Note geben).

In dem Konzept des sozialen Kompetenztrainings geht es darum, dass die Schüler lernen, Kontakte untereinander zu knüpfen, Gefühle wahrzunehmen und auszudrücken, Freundschaften zu pflegen und zu stabilisieren und lernen dem Lehrer gegenüber ein soziales Verhalten zu zeigen. Zum Aufbau dieses prosozialen Verhaltens eignen sich besonders gut Rollenspiele und Gruppenübungen.

Das Konzept der Verhaltensmodifikation besagt, dass gut ausgebildete Lehrer gezielte Rückmeldungen zu dem Verhalten ihrer Schüler machen sollen, indem sie sie von unerwünschtem Verhalten abbringen und für erwünschtes belohnen.

Bei dem Konzept der Verbesserung des sozialen Schulklimas, werden alle vorherigen Ansätze zusammengefasst, welche der Verbesserung der Unterrichtsqualität, der Schüler- Lehrer- Beziehung und der Beziehungen der Schüler untereinander dienen. Durch Zerteilung der Gruppe, kleiner baulich überschaubarer Einheiten und einer verbesserten, auf die Motivation und Lernvoraussetzungen der Schüler abgestimmten, Unterrichtsgestaltung soll mit Bereitschaft zur sozialen Verantwortung und zur Identifikation mit der Schule und dem Gebäude reagiert werden. Womit wiederum die Neigung zur Aggression gegenüber schulischen Gegenständen reduziert wird.

Das Konzept des Ausbaus von Partizipationsmöglichkeiten besagt, dass durch die Beteiligung der Schüler an schulischen Ereignissen und die Mitgestaltung derer die Identifizierung mit der Schule erhöht und Entfremdungsgefühlen entgegengewirkt werden soll.

Das Konzept der (Re-)Konstruktion sozialer Netze beinhaltet, dass es durch die Durchführung von Wochenendprogrammen oder längeren Aufenthalten in Schullandheimen, gelingen soll, straffällig gewordene Jugendliche, durch Knüpfung neuer stabiler Freundschaften, von den Kontakten zu ihren alten delinquenten „Freunden“ zu lösen. Des weiteren beinhaltet dieses Konzept, die Ausbreitungen der Schulsozialarbeit in den familiären Bereich, man versucht durch Hausbesuche und Elterntrainingsgruppen akute Erziehungsnotstände zu beseitigen.

Zusammenfassend kann zur Gewalt- und Delinquenzprävention in der Schule gesagt werden, dass, je konsequenter der Umgang mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ist, desto mehr kann der Aggressivitätsentwicklung entgegengewirkt werden. Je mehr verschiedene Möglichkeiten man den Jugendlichen bietet, Erfahrungen fürs Leben zu machen, je vielfältiger die Anregungsmöglichkeiten (sinnlich, motorisch, ästhetisch, intellektuell) sind, die die Schule bietet, desto optimaler wird die Basis für eine weitere gewaltlose Entwicklung.

2.2 tertiäre Delinquenzprävention

Die sogenannte Rückfallprävention kann in zwei grundlegende Maßnahmen unterschieden werden. Da ist zum einem die Rechtsstrafe (Jugendstrafe), die hauptsächlich eine abschreckende Wirkung auf die Jungkriminellen haben soll und zum anderen sozialisierende, erzieherische Maßnahmen.

Eine nach den allgemeinen Gesetzen mit Strafe bedrohte rechtswidrige und schuldhafte Tat eines Jugendlichen oder Heranwachsenden wird als sogenannte Jugendstraftat bezeichnet.

Die Folgen, die durch eine solche Tat ausgelöst werden, sind anders als bei Straftaten von Erwachsenen. Anstelle der verschieden Arten von Freiheitsstrafen ( Zuchthaus, Gefängnis etc.) oder der Geldstrafen, treten besondere Rechtsfolgen ein, die auf die besonderen Aufgaben des Jugendstrafrechts zugeschnitten sind.

Man unterscheidet drei Gruppen von jugendstrafrechtlichen Folgen: Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel und die Jugendstrafe.

2.2.1. Die Erziehungsmaßregeln

Der Zweck dieser Erziehungsmaßregeln besteht nicht in der Bestrafung der Tat, sondern in der Erziehung des Täters zu einem rechtschaffenden Verhalten, wodurch weitere Straftaten vermieden werden sollen. Sie werden vom Jugendrichter nicht wegen der begangenen Straftat, sondern aus Anlass dieser angeordnet. Auch wenn solche Erziehungsmaßregeln nicht der Ahndung der Tat dienen sollen, werden sie von den betroffenen Jugendlichen oft als harter Eingriff empfunden, folglich erscheinen sie ihm selbst und der Allgemeinheit ebenso als Vergeltung seiner Tat.

Erziehungsmaßregeln werden unterschieden zwischen der Erteilung von Weisungen und der Verpflichtung zur Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung.

2.2.1.1.Die Erteilung von Weisungen

Als Weisungen werden Gebote und Verbote bezeichnet, welche die Lebensführung des Jugendlichen regeln und somit dessen Erziehung fördern und sichern sollen. Es existieren keine festgelegten Weisungen, es sind nur bestimmte Beispiele vorgegeben, so dass der Richter auf die einzelnen Fälle eingehen kann und seiner schöpferischen Phantasie und erzieherischen Befähigung ein weites Feld geboten wird. Der sogenannte Weisungskatalog beinhaltet unter anderem folgende Beispiele: Weisungen, die sich auf den Aufenthaltsort beziehen ( z.B. Meiden berüchtigter Stadtviertel), bei einer Familie oder in einem Heim (z.B. in einem Lehrlingswohnheim) zu wohnen, eine Ausbildungs- bzw. Arbeitsstätte anzunehmen, eine Arbeitsleistung zu erbringen ( z.B. in den Ferien Erntehilfe bei einem durch ein Verkehrsdelikt verletzten Bauern zu leisten, oder als Hilfskraft in einem Altenheim oder Krankenhaus zu arbeiten), sich der Betreuung und Aufsicht einer bestimmten Person (dem Betreuungshelfer) zu unterstellen, an einem sozialen Trainingskurs teilnehmen, sich zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter- Opfer- Ausgleich), oder den Umgang mit bestimmten Personen oder den Besuch von Gast- oder Vergnügungsstätten zu unterlassen. Die Skala solcher Weisungen ist relativ groß, so kann eine Auflage an jugendliche Verkehrssünder heißen, in dessen Freizeit Anschauungsmaterial für den Verkehrsunterricht der Polizei und Schule zu basteln, aber auch das fragwürdige Gebot, regelmäßig das Grab des fahrlässig getöteten Freundes zu schmücken. Für Jugendliche, die nicht in der Lage sind, mit Geld umzugehen und deshalb straffällig geworden sind, wäre eine mögliche Weisung, die Einnahmen und Ausgaben sorgfältig zu verbuchen und durch einen Betreuer kontrollieren zu lassen, keine Abzahlungsgeschäfte o.ä. einzugehen.

Oft kommt bei minder schweren Gesetzesverstößen richtig gewählten Weisungen ein größerer erzieherischer Wert zu, als anderen Zuchtmitteln des Gesetzes, vor allem dann wenn die Weisung einen engen Zusammenhang mit der Straftat aufweist.

Einzelne Weisungen von besonderer Bedeutung

Im folgenden Abschnitt soll kurz auf die Weisungen eingegangen werden, die sich besonders bewährt haben und deshalb häufig in der Praxis angewendet werden.

a) Die Arbeitsweisung

Die Arbeitsweisung tritt zunehmend an die Stelle des früher vorherrschenden Jugendarrestes, wird aber auch statt Geldauflagen verhängt, die von Jugendlichen oft nicht aus eigenen Mitteln aufgebracht werden kann.

Um die berufliche Ausbildung oder Tätigkeit des Jugendlichen nicht zu beeinträchtigen, wird die Arbeit in der Regel in seiner Freizeit ausgeübt. Die Arbeitsweisungen sind besonders dann erzieherisch wertvoll, wenn sie zu Gunsten einer gemeinnützigen Einrichtung, wie Krankenhaus oder öffentliche Parks, erfolgt, oder wenn sie eine Beziehung zu dem vom Täter angerichteten Schaden aufweisen, so dass sie eine Art Wiedergutmachungscharakter hat. Arbeitsweisungen haben aber oft, vor allem weil die Jugendlichen ihre Freizeit dafür opfern müssen, neben dem erzieherischen auch einen repressiven Charakter.

b) Die Betreuungsweisung

Die Betreuungsweisung besagt, dass der Jugendliche sich der Betreuung und Aufsicht einer bestimmten Person zu unterstellen hat. Dieser Betreuer soll ihm als Stütze , Ratgeber, aber auch als Aufsicht zur Seite stehen. Der Bereich, auf den sich die Betreuung beziehen soll, z.B. Arbeits- oder Wohnungssuche oder Verwaltung von Geldern, ist vom Richter festzulegen. Neben dem Betreuungshelfer kommen auch vertrauenswürdige und pädagogisch geeignete Personen aus dem familiären oder sonstigen Umgangs- oder Ausbildungsbereich als Aufsichtspersonen in Betracht.

c) Soziale Trainingskurse

Das Ziel dieser sozialen Trainingskurse ist es, mit der Grundlage eines gruppenpädagogischen Konzeptes, die Entwicklung der Jugendlichen durch soziales Lernen in der Gruppe zu fördern. Wünschenswert ist, dass die Kursteilnahme möglichst nicht im formellen Rahmen durch ein Urteil, sondern im formlosen Erziehungsverfahren anzuordnen ist, damit der Jugendliche das wichtige Gefühl der freiwilligen Teilnahme hat. Bei der Durchführung der Kurse wird teils ein handlungs- oder erlebnisorientierter Ansatz (bspw. gemeinsame Radtouren), teils ein themenorientierter Ansatz (Diskussionen), meist aber eine Kombination aus beiden Methoden bevorzugt.

d) Täter- Opfer- Ausgleich

Diese Weisung bemüht sich darum, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen. Unter Vermeidung repressiver Sanktionen und aufwendiger Erziehungshilfen, soll dem jugendlichen Täter das von ihm begangene Unrecht und den dadurch angerichteten Schaden deutlich machen, und zugleich dem Verbrechensopfer eine ausreichende Genugtuung und Wiedergutmachung zu verschaffen. Der Anwendungsbereich des Täter- Opfer- Ausgleichs ist von Seiten der begangenen Straftat begrenzt, so findet er Anwendung bei Körperverletzungen, Beleidigungen und auch bei kleineren Raub- und Diebstahlsdelikten, bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung kommt er nicht in Betracht, ebenso nicht bei schweren Vermögensdelikten, da dem jugendlichen Täter die finanziellen Mittel fehlen, den großen Schaden zu ersetzen. Wichtig ist, dass das Opfer keinesfalls unter Druck gesetzt werden darf, diesem Ausgleich zuzustimmen.

e) Heilerzieherische Behandlung

Die Weisung an den Jugendlichen, sich einer heilerzieherischen Behandlung durch einen Sachverständigen zu unterziehen, bedarf der Zustimmung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters, auch kann sie, wenn der Jugendliche über 16 ist, nicht ohne dessen Einverständnis erteilt werden. Heilerzieherische Behandlungen umfassen neben der medizinischen Psychotherapie auch andere wissenschaftlich gesicherte Methoden moderner Heilpädagogik. Diese Weisung kann bei Jugendlichen angewendet werden, deren delinquentes Verhalten auf seelischen Konflikten oder charakterliches Fehlverhalten von neurotischer Valenz zurückzuführen ist. Aufgabe der speziellen, von sonderpädagogischen, entwicklungs- und tiefenpsychologischen Kenntnissen getragene Behandlung ist es, die seelischen Konflikte aufzudecken und dem Jugendlichen begreifbar und bewusst zu machen und ihm zu zeigen, wie man diese überwindet. Natürlich setzt diese Behandlung Verständnis und den Willen zu Mitarbeit des Jugendlichen voraus, somit scheiden neben intellektuell unterbegabten auch die Jugendlichen aus, die sich mit ihrer Neurose wohlfühlen und nicht gewillt sind, sich von ihr zu lösen.

2.2.1.2. Die Verpflichtung zur Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung

Diese Art der Erziehungsmaßregeln wird noch einmal unterteilt in die Erziehungsbeistandschaft und in die Hilfe durch Heimerziehung und Erziehung in einer sonstigen betreuten Wohnform.

2.2.1.2.1.Heimerziehung und Erziehung in einer sonstigen betreuten Wohnform

Der Jugendrichter kann den Jugendlichen verpflichten, Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform (Lehrlingswohnheim) in Anspruch zu nehmen, wenn ein Versagen der primär Erziehungsberechtigten als Ursache der Verwahrlosung des Jugendlichen und der resultierenden Straffälligkeit zu erkennen ist. Wenn das Ziel der positiven Entwicklung des Jugendlichen mit weniger einschneidenden Erziehungshilfen (Vgl. Erziehungsbeistand)zu erreichen ist, ist solch schwerer Eingriff in die Individualsphäre, wie ihn die Heimerziehung darstellt, nicht erforderlich.

Statistiken zeigen, dass ca. 60% aller Heimzöglinge zu sozial tüchtigen Menschen werden, dabei ist zu erwähnen, dass weibliche Zöglinge sich statistisch gesellschaftlicher als männliche und in früher Jugend Überwiesene sozialer als erst im Nachschulalter Überwiesene entwickelten.

2.2.1.2.2.Die Erziehungsbeistandschaft

In leichteren Fällen ist es möglich und empfehlenswert, die Betroffenen in ihren bisherigen Lebensverhältnissen zu belassen und diese lediglich durch Gewährung von Jugendhilfe durch das Jugendamt im positiven Sinne zu beeinflussen. Durch Erziehungsberatung der Eltern oder durch regelmäßige Kontrolle durch einen Mitarbeiter des Jugendamtes hinsichtlich der Lebensführung des Jugendlichen, soll eine fortschreitende delinquente Karriere verhindert werden.

2.2.2. Die Zuchtmittel

Ziel der Zuchtmittel ist es, einen an sich gut veranlagten Täter durch Bestrafung seiner Tat, aber ohne längeren Eingriff in dessen Lebensführung eindringlich zum Bewusstsein zu bringen, dass er für das von ihm begangene Unrecht einzustehen hat. Man unterscheidet drei verschiedene Maßnahmen, zum einen die Verwarnung, dann die Auflagen und schließlich der Jugendarrest. Angewendet werden diese bei relativ geringfügigen Entgleisungen, die bei manchen Jugendlichen Teil des Sozialisationsprozesses sind, bei denen aber Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen. Zuchtmittel sind nur dann angebracht, wenn zu erwarten ist, dass der Jugendliche zu der Einsicht kommen wird, dass er eine Straftat begangen hat, für die er gerade stehen muss, und dass er sich künftig ordentlich führen wird.

2.2.2.1. Verwarnung

Eine Verwarnung ist eine förmliche Zurechtweisung des Täters durch den Jugendrichter, durch die ihm das Unrecht der begangenen Tat eindringlich vorgehalten werden soll, die prozessuale Form und die Atmosphäre des Gerichtsaals tragen zur Verdeutlichung bei.

2.2.2.2. Auflagen

Auflagen stellen eine gesteigerte Verwarnung dar, da dem Täter durch eine von ihm zu erbringende Leistung sein Unrecht verdeutlicht wird. Auflagen können entweder körperlichen Einsatz fordern, beispielsweise den verursachten Schaden wiedergutmachen, indem man wenn möglich für den Geschädigten arbeitet, oder sie können finanziell sein, z.B. Geld zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung zu zahlen. Bei schuldhafter Missachtung der Pflichtauflage kann der Jugendarrest verhängt werden.

2.2.2.3. Der Jugendarrest

Der Jugendarrest ist das strengste Ahndungsmittel das der Jugendrichter vor der Jugendstrafe verhängen kann, er wird zahlenmäßig deutlich weniger verordnet, als die anderen beiden Zuchtmittel. Ursprünglich sollte der Jugendarrest durch eine kurze, aber strenge und grundsätzlich in Einzelhaft zu verbüßende Freiheitsentziehung ohne Eintragung ins Strafregister den straffällig gewordenen Jugendlichen zur Einsicht bringen. Leider wird der Jugendarrest auf weniger geeignete Jugendliche angewendet, hier verfehlt die kurze Einzelhaft ihre gewünschte Schockwirkung, da sie von den abgestumpften Arrestanten einfach „abgebrummt“ wird und bei anderen eventuell zu schädlichen Trotz- und Abwehrreaktionen führt. Die großen psychischen und sozialen Störungen in der jugendlichen Persönlichkeitsentwicklung und die Konflikte in der Umwelt des Jugendlichen, welche oft die Ursache des unsozialen Verhaltens sind, bleiben wegen Mangel an ausreichender pädagogischer und nachfürsorglicher Betreuung im Jugendarrest bestehen. Um dem Abhilfe zu verschaffen, hat man von der strengen Einzelhaft zu einem gelockerten Gemeinschaftsvollzug gewechselt.

Beim Jugendarrest unterscheidet man zwischen dem Freizeitarrest, d.h. der Jugendliche muss 1 oder 2 Tage während seiner Freizeit (Wochenenden) in den Arrest und dem Dauerarrest, wo der Delinquente 2-3 Wochen in den Vollzug kommt.

Die Rückfallquote der Jugendlichen, die einen Dauerarrest vollziehen mussten liegt bei 70%, Ursache dafür ist die relativ große Zahl von „Arrestungeeigneten“( Jugendliche mit erheblichen Erziehungsdefiziten, Heimzöglinge, Arrestwiederholer).

2.2.3. Die Jugendstrafe

Die einzige echte Kriminalstrafe des Jugendstrafrechts darf nur dann verhängt werden, wenn weder Erziehungsmaßregeln noch Zuchtmittel ausreichen, um die kriminellen Neigungen des Täters zu bekämpfen. Als Jugendstrafe wird der Freiheitsentzug in einer Jugendstrafanstalt bezeichnet.

Die Jugendstrafe wird oft in Frage gestellt, da sich oft durch die längere Zusammenballung ohnehin schon gefährdeter junger Menschen in Gefangenschaft sogenannte Subkulturen entwickeln, welche einen schädlichen Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung der Jugendlichen nehmen können. Leider muss man sagen, dass Jugendstrafanstalten für viele Jugendliche oft Orte traumatischer Erfahrungen oder eine Art „Lehranstalt“ für künftige Kriminelle sind. Aber auch wenn man in vielen Fällen versucht, vor allem bei 14-15jährigen, von einer Jugendstrafe abzusehen und mit Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln Vorlieb zu nehmen, ist manchmal eine Freiheitsstrafe zur Sühne oder Prävention unerlässlich, dies gilt vor allem für schwere Straftaten wie Mord. Die Rückfallquote von 1984 inhaftierten Jugendlichen lag 1990 bei 79%, eine äußerst hohe Zahl, in welcher allerdings auch kleine Verurteilungen wie eine geringfügige Geldstrafe inbegriffen sind.

3. Darstellung der Lage in meinem Heimatort Rathenow

In diesem Abschnitt möchte ich anhand der Situation in meiner Heimatstadt Rathenow eventuelle Möglichkeiten der Gewalt- bzw. Delinquenzprävention erörtern. Rathenow ist eine mittelgroße brandenburgische Kreisstadt in Berlinnähe. Es wurde in den Medien bekannt durch auffallend große Ausländerfeindlichkeit und Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen.

Eine wichtige Ursache dafür ist die hohe Arbeitslosigkeit im Rathenower Bereich, welche schlechte soziale Verhältnisse in den Familien hervorruft. Der Geldmangel und das Bewusstsein der eigenen Überflüssigkeit ziehen Alkoholprobleme, Depressionen und familiäre Krisen nach sich. Die Leidtragenden sind die heranwachsenden Kinder, die auf sich selbst gestellt sind und dem Milieu entfliehen wollen, dabei aber leider oft falsche Wege einschlagen.

Eine Lehrerin der Gesamtschule, die von einem besonders hohen Anteil auffälliger Jugendlicher besucht wird, berichtete, die Lehrkräfte stünden dem Problem relativ hilflos gegenüber. Den Schülern fehlt jeglicher Respekt, so gibt es z.B. kein Zurückhalten was Beleidigungen betrifft, Lehrer werden aus den Klassenräumen gesperrt oder eine ganze Klasse weigert sich, das auf dem Lehrplan stehende Buch „Die Welle“ von Morton Rue zu lesen, mit der Begründung, sie wollen so einen „antifaschistischen Scheiß“ nicht. Die Schüler sind nicht gesprächsbereit, lehnen Hilfsangebote ab und reagieren auf Ermahnungen und Vorhaltungen eher aggressiv als verständnisvoll. Bei Hausbesuchen sehen die Lehrer, dass die Eltern in den meisten Fällen ebenso ratlos sind, wie sie selbst und dass sie vor ihren Kindern resigniert haben.

Viele Jugendliche schließen sich in sogenannten Cliquen zusammen, welche sich meist auf öffentlichen Plätzen in der Stadtmitte treffen. Die meisten der Teenager empfinden Geborgenheit und Stärke in ihrer Gruppe, oft ist es eine Art Familienersatz, da, wie bereits erwähnt, die wirkliche Familie versagt hat.

Leider zeigt diesen Cliquenbewusstsein auch oft Nachteile.

Häufig setzen solche Cliquen bestimmte Statussymbole, wie Handys, teure Fahrräder oder Markenklamotten, voraus. Da die meisten Eltern nicht die finanziellen Mittel besitzen, um ihren Kindern diese kostspieligen Wünsche zu erfüllen, suchen diese nach anderen Möglichkeiten, an diese Luxusgüter zu gelangen, damit sie in ihrer Clique auch sie gewünschte Anerkennung bekommen. Sie schrecken nicht vor illegalen Mitteln wie Ladendiebstahl, Fahrraddiebstahl oder dem Bestehlen von Mitschülern zurück.

Ebenso unerfreulich ist die Gewaltbereitschaft unter den Jugendlichen. Sie fühlen sich als Gruppe so stark, dass sie keine Hemmungen zeigen, schwächere, insbesondere auch anders aussehende, Menschen, nicht nur Gleichaltrige, sondern ebenso Ausländer oder Obdachlose, zu verprügeln. Dies passiert keineswegs nur, um an Geld oder ähnliches zu kommen, oft ist es nur der grundlose Hass gegenüber Divergentem und die ungebremste Aggression, verbunden mit bloßer Langeweile.

Dieser negative Einfluss auf die Jugendlichen kann verhindert werden, indem ihnen andere reizvolle Möglichkeiten geboten werden, wo sie neue Freunde finden. Eine noch bessere Lösung wäre, wenn die gesamte Gruppe gemeinsame Interessen entdecken würde, die sie von ihrem delinquenten Verhalten ablenken.

Bietet die Stadt Rathenow ausreichend Freizeitangebote? Auf diese Frage antworteten befragte Jugendliche mit einem zögernden „Ja“. Rathenow hat zahlreiche Sportvereine und Fitnesscenter, ein Internetcafe, eine Musikschule, Bowling- und Kegelbahnen, eine Schwimmhalle und eine Kartbahn - allerdings ist alles kostenpflichtig. Die teilweise ziemlich hohen Preise versperren vielen Jugendlichen den Zugang zu diesen ansprechenden Freizeitangeboten, resultierend bleiben diese auf der Straße und eine delinquente Karriere könnte die Folge sein.

Hier ist ein möglicher Ansatzpunkt der Prävention von Aggression und Delinquenz!

Der Staat muss durch finanzielle Förderung und Ausbau der Freizeitmöglichkeiten versuchen, auf den Sozialisierungsprozess der gefährdeten bzw. schon delinquenten Jugendlichen Einfluss zu nehmen. Zu den Vorraussetzungen einer sinnvollen Freizeitgestaltung gehört unter anderem die Verbesserung der Wohnumwelt, wozu die Einrichtung kostenloser Jugendzentren, Spiel- und Sportplätze gehört.

Durch den Sport, insbesondere den Mannschaftssport, werden andere Prioritäten bei den Jugendlichen gesetzt. Die Statussymbole ihrer Clique verlieren an Bedeutung, somit wird unter anderem den zahlreichen Fällen von Ladendiebstahl ( 1998- 6031 jugendliche Täter im Land Brandenburg1 ) und Fahrraddiebstahl (2570 jugendliche Straftäter) entgegengewirkt. Die Jugendlichen lernen durch den Sport das Gefühl von Verantwortung und Teamgeist kennen. Durch die aktive Freizeitgestaltung werden Aggression und Langeweile abgebaut, welche unter dem Einfluss der Clique oft zu Sachbeschädigung von fremden Eigentum ( 3293 Fälle) führen kann.

Durch ein vielfältiges Angebot an interessanten Freizeitmöglichkeiten muss versucht werden, den Jugendlichen zu zeigen dass Freizeit auch schön und lustig sein kann, ohne delinquent zu handeln.

Durch Einsetzen finanzieller Mittel im präventiven Bereich kann der Staat später große Ausgaben für Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel oder Jugendstrafanstalten einsparen.

4. Literaturverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Anhang A

Jugendschutzgesetz (JÖSchG)

Gesetz zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit von 1985

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Anhang B

Anzahl der aufgeklärten Fälle jugendlicher Straftätern bei ausgewählten Delikten

(Auszug aus dem PKS Brandenburg, Jahr 1998)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 Zahlen aus dem PKS Brandenburg, vgl. Anhang B

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Aggressions- und Delinquenzprävention bei Jugendlichen
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
Autor
Jahr
2000
Seiten
20
Katalognummer
V105930
ISBN (eBook)
9783640042098
Dateigröße
454 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Aggressions-, Delinquenzprävention, Jugendlichen
Arbeit zitieren
Susanne Steiner (Autor:in), 2000, Aggressions- und Delinquenzprävention bei Jugendlichen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105930

Kommentare

  • Gast am 25.9.2002

    Interessant!.

    Das ist eine wirklich inresannte Arbeit! Ist die Autorin eine Studentin, und was studiert sie genauer? Ueber mehrere Information ueber dieses Thema wuerde ich sehr dankbar. Meine Interesse ist professionell.

  • Gast am 25.3.2002

    -.

    Gute Arbeit!!

Blick ins Buch
Titel: Aggressions- und Delinquenzprävention bei Jugendlichen



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