Japanisches Sumô. Geschichte, Verband und Wettkampf


Hausarbeit, 2001

11 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Geschichte des Sumô

2. Nihon Sumô Kyôkai - Der japanische Sumô-Verband

3. Das tägliche Leben in einem Heya
3.1 Allgemein
3.2 Training
3.3 Ernährung
3.4 Shikona - Die Ringnamen

4. Die Akteure und ihre Hierarchien
4.1 Die Rikishi
4.2 Die Urakata

5.Der Kampf
5.1 Symbole und Zeremonien
5.2 Die Regeln
5.3 Der eigentliche Wettkampf

6. Das Leben danach

Schlusswort

Literaturverzeichnis

Einleitung:

Die Geschichte des Sumô -dem überaus traditionellen japanischen Volkssport- ist wohl bereits 1200 Jahre alt. Man kann zwar den Anfang des Sumô nicht genau datieren, glaubt man jedoch den ältesten japanischen Chroniken dem Kojiki (712) und dem Nihon Shoki (720) die schon damals über Ringkämpfe der Götter bzw. über Sumô Turnieren berichten, so kann man sagen dass Sumô zu den ältesten Sportarten der Welt gehört. Schon seit dem 18. Jahrhundert ist der Tôkiôter Stadtteil Ryôgaku mit der größten Sumô-Halle Japans, dem Kokugikan, das Zentrum des Sumô und ist es auch bis heute geblieben. Hier finden 3 von den 6 Jährlichen

Basho, den Sumô Turnieren statt. Galt Sumô früher als großes Spektakel für die Reichen und Mächtigen, so entwickelte es sich seit dem frühen 18. Jahrhundert, als regelmäßig offizielle professionelle Turniere stattfanden, hin zu dem Berufssport den auch wir Westler -dank Eurosport- kennen und immer mehr mögen. Sumô ist nach Baseball und Golf wohl eine der beliebtesten Sportarten im heutigen Japan. Eigentlich ist jedes Basho ausverkauft, was in sofern erstaunlich ist, als dass sich diese Sportart seit mehreren Jahrhunderten nicht, bzw. kaum verändert hat. Es ist heute immer noch genau das gleiche Spektakel, dass schon vor über 350 Jahren, als zum erstenmal ein öffentliches Turnier veranstaltet wurde, die Menschenmassen faszinierte. Durch seine Ursprünglichkeit, ist Sumô mehr als nur ein Sport, es ist vielmehr lebende Legende. Der Kampf beginnt nicht einfach so, sonder wird durch eine große Anzahl an Ritualen und Zeremonien, shintôistischen Ursprungs, eingeleitet. Im Vergleich mit den ziemlich simplen Regeln, sowie der enormen Kürze eines Kampfes, sind die Rituale ziemlich aufwendig und langwierig. Zwar haben Rituale wie das Salzwerfen, das Aufstampfen und Anvisieren des Gegners einen religiösen Hintergrund, werden jedoch von den Rikishi 1 auch zu konzentrations- und einschüchterungs- Zwecken genutzt. Mit dieser Arbeit möchte ich versuchen diese Rituale, sowie die ga nz eigene Welt des Sumô etwas genauer zu beleuchten und aufzuzeigen, das es sich beim Sumô um mehr handelt als ein Aufeinandertreffen zweier halbnackter Fettmassen.

Um dies zu erreichen, habe ich die Arbeit in 6 Teile gegliedert.

Im ersten Teil werde ich Kurz die etwa 1200 Jahre alte Geschichte des Sumô beschreiben. Die Entwicklung vom ,,Kampf der Götter"2 über den Status des Ernterituals, hin zu dem Berufssport den wir heute kennen.

Im zweiten Teil stelle ich kurz den Nihon Sumô Kyôkai vor und gehe dann im dritten Teil auf das harte und voller Entbehrungen bestehende tägliche Leben eines Rikishi in seinem Dohy ô ein.

Der vierte Teil handelt von den Hierarchien, die im Sumô besonders stark ausgeprägt sind und nicht nur die Rikishi sondern auch die Unparteiischen betreffen.

Im fünften Teil wird dann der Kampf mit seinen Ritualen, der Ausrüstung sowie seine n Regeln beschrieben und ich werde den Ablauf eines typischen Turniertages aufzeigen.

Im sechsten und Letzten Teil zeige ich auf dass es für die Rikishi auch nach dem Sumô, noch ein Leben gibt und wie dieses aussehen kann, bzw. meistens aussieht.

Teil 1: Die Geschichte des Sumô

SUMÔ - abgeleitet von sumafu "sich wehren" ist der traditionelle japanische Ringkampf. Er gehört zu den ältesten Sportarten der Welt, so wurde er erstmals vor knapp 1300 Jahren in den ältesten Chroniken erwähnt. Die Geschichte des Sumô geht jedoch noch weiter zurück. Vor 2500 Jahren soll der erste Sumo-Kampf, zwischen den beiden Göttern Take-Minakata no Kami und Take-Mikazuchi no Kami, um die Herrschaft über die japanischen Inseln stattgefunden haben. Take-Mikazuchi, der Gott des Mutes gewann diesen Kampf, jedoch prahlte er nicht mit seinem Sieg, sondern zollte seinem unterlegenen Gegner Respekt. Diese Haltung hat sich bis heute bewährt. Vor jedem Kampf verbeugen sich die Rikishi voreinander, während des Kampfes befolgen sie die Rege ln und nach dem Kampf geht der Sieger vor seinem Gegner in die Hocke. Da es keine weiteren Quellen aus der Zeit vor dem 8. Jahrhundert gibt, kann man das genaue Datum des Entstehens von Sumô nicht festlegen.

Jedoch zeigen einige Wandmalereien, das es Sumô wohl schon viel früher gab, wenn auch damals noch als Ernteritual. Unter Kaiser Shômu (724-49), der alljährlich das Sechie -Fest, auf dem Sumô zu den größten Ritualen gehörte, organisierte, trat ein Wandel des Sumô vom bäuerlichen Ernteritual hin zu einer bedeutenden Zeremonie bei der für den Frieden gebetet wurde, ein. Diese Stellung behielt der Sumô auch noch während der Heian Zeit (794-1192). Während der Kamakurra Zeit (1192-1333) wandelte sich Japans Regierung in ein Shôgunat, in eine Militärdiktatur. Deshalb wurde aus dem Ritual Sumô sehr bald die Kampftechnik Sumô, die in das Militärische Trainingsprogramm aufgenommen wurde. Jedoch wurde Sumô weiterhin auf dem Land betrieben, um die Götter gnädig zustimmen und eine gute Ernte zu erlangen. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurden Ranglisten eingeführt (das sogenannte Banzuke) und die jetzige Japanische Sumô Vereinigung Nihon Sumô Kyôkai nahm ihre Organisationsform an. Die Verwendung von Sumôtechniken zu Kriegszwecken hielt jedoch bis zur Landeseinigung im Jahre 1603 an, die mit dem Sieg der Tokugawa-Familie bei der Schlacht von Sekigahara ihren Anfang nahm. Tokugawa Ieyasu war es der das Land unter seiner Herrschaft einte. Kaum war das Land geeinigt, vollzog sich wiederum ein Wandel im Sumô. Das Volk liebte das Ringen, es gab wieder Turniere, wobei jedoch wieder Regeln eingeführt und Techniken die durch die Militärtauglichkeit sehr brutal gewesen waren, entschärft wurden. Bald gehörte Sumô zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen. Die Hochburgen waren zu dieser Zeit Ôsaka und Kyôto. Dort wurde dann auch erstmals ein Sumô Verband gegründet. Der SumôKaisho, einen Vorläufer des heutigen SumôKyôkai, organisierte ab dieser Zeit die ersten Turniere. Diese fanden zweimal jährlich statt und dauerten zehn Tage. Es war auch die Zeit in der die ersten Sumô Ställe, sogenannte Heya aus Trainern entstanden, die die besten Rikishi um sich sammelten. Jedoch war dies auch eine Zeit der starken, wenn auch nicht totalen, Abschottung. Die Ihr Ende erst in der Meiji Zeit (1868-1912) fand. Eine rigorose Europäisierung Japans wurde eingeläutet. Diese Europäisierung sowie Streitigkeiten innerhalb des Verbandes führten dazu dass die Popularität des Sumô stark zurück ging. Erst mit der Einführung des Radios und des Fernsehers mit ihren Live-Übertragungen erlangte Sumô wieder die Popularität die es zuvor inne gehabt hatte. Heute werden sechsmal jährlich für die Dauer von zwei Wochen bzw. 15 Tage, Turniere abgehalten und sind das Ereignis in den Medien. In Japan gibt es circa 650 professionelle Rikishi, auch Amateursumô erfreut sich großer Beliebtheit, es gibt etwa 30.000 eingetragene Ringer, wobei die Dunkelziffer unbekannt ist.

Teil 2: Nihon Sumô Kyôkai-Der japanische Sumô Verband

Die jetzige Japanische Sumô Vereinigung (Nihon Sumô Kyôkai3 ) nahm Mitte des 16. Jahrhunderts ihre Organisationsform an, auch wenn als offizielles Gründungsdatum erst der Dezember 1925 genannt wird. Bis 1926 gab es in Ôsaka eine eigene Sumô Organisation, die allerdings bankrott ging und sich mit der Nihon Sumô Kyôkai vereinigte. Der Japanische Sumô Verband ist die einzige Organisation im Lande, die für das professionelle Sumô zuständig ist. Er gilt als gemeinnützige Einrichtung und untersteht der Aufsicht des Japanischen Bildungsministeriums. Er hat etwa1200 Mitglieder und wird hierarchisch von verdienten Kämpfern geleitet. Der Sitz des Verbandes liegt im Tôkiôter Kokugikan, der größten Sumô Halle Japans. Der Verband besitzt ein Museum, eine Sumô Schule und ein Krankenhaus. Die Rikishi der bezahlten Ränge (siehe Punkt 4.1), die Oyakata, d ie Schiedsrichter (Gyôji), die Außenrichter (Shinpan) und die Ausrufer (Yobidashi) werden von dem Nihon Sumô Kyôkai bezahlt4.

Teil 3: Das tägliche Leben in einem Heya

3.1 Allgemein

Obwohl Rikishi im Grunde Einzelkämpfer sind, gehören sie eigentlich einem Team an, dem Heya. Anders als in westlichen Teams, gehört man einem Heya bis zum Ende der Karriere an. Aber ein Heya kann eigentlich nicht mit unserem Begriff für Team beschrieben werden. Es ist vielmehr eine Familie für den Sportler. Man wohnt, isst und verbringt den gesamten Tag zusammen. Oberhaupt eines Heya ist der Oyakata, meist ein ehemaliger Sumô Ringer der vom Verband die Erlaubnis bekommen hat ein Heya zu eröffnen, bzw. den Heya weiterführt in dem er selbst gelernt hat. Eine weitere wichtige Person ist die Frau des Oyakata, die Okami-san die als Art Mutterersatz für die jüngeren Rikishi dient. Die Jüngeren Rikishi (Tsukebito) werden jeweils einem älteren Rikishi als Gehilfen zugeteilt. Zu ihren Aufgaben gehört unter anderem, dass sie vor dem Training das Dohyô (der Trainings- bzw. Kampfring) reinigen und vor allem, das Essen zubereiten.

Die obersten Rikishi genießen das Privileg, eines eigenen Zimmers sowie des ersten Essens.

3.2 Training

Das harte tägliche Training (Keiko) beginnt jeden Morgen, für die Jüngeren Rikishi um 6 und für die Älteren um 8 Uhr. Bevor das eigentliche Training beginnt, müssen die Sportler erst mehrere male die 3 traditionellen Aufwärmungsübungen absolvieren. Diese Übungen sind 1. das Matawari, eine Art Spagat bei der die Rikishi versuchen mit dem Oberkörper den Boden zu berühren, 2. dem Tepp ô bei dem die Sportler kräftig gegen einen Holzpfahl schlagen oder drücken und 3. dem Shiko dem wohl bekanntesten Bewegungsablauf des Sumô, das seitliche Aufstampfen mit den Füssen. Das eigentliche Training besteht darin, dass der Sieger eines Trainingskampfes weiterkämpft und sich seinen nächsten Gegner selbst wählt. Als Abschlussübungen wird versucht einen Sportler der sich mit voller kraft dagegen stemmt, durch den Ring zu schieben und Fallübungen. Das Training endet, mit einem Gemeinschaftsbad, um etwa 11Uhr mittags.

3.3 Ernährung

Nach dem täglichen Training beginnt, wenn man so möchte ein weiteres Training, das Mittagessen der Rikishi wird von den jüngeren aufgetragen. Ein Sumôtori nimmt pro Tag etwa 4.000 bis 6.000 Kilokalorien zu sich. Ein Sumô Anfänger sogar um die 10.000. Trotz den großen Essensmassen, welche die Ringer zu sich nehmen, ist ihre Ernährung nicht ungesund. Sie ist äußerst Fettarm, und da sie hauptsächlich aus Chanko-Nabe, dem traditionellen Sumô Essen besteht, sehr vitamin- und nährstoffreich. Chanko-Nabe ist eine Art Suppen-Eintopf bestehend aus viel Fleisch, Fisch, verschiedenen Gemüsesorten und Tofu. Dazu werden enorme Mengen an Reis und eine Vielzahl an Kleingerichten verzehrt. Man trinkt gerne Bier oder Sake zum Chanko-Nabe. Auch die Essensaufnahme ist in einem Heya streng hierarchisch angeordnet. Die jüngeren Ringer dür fen erst wenn die Älteren fertig mit essen sind anfangen.

3.4 Shikona- Die Ringnamen

Fast alle Rikishi legen im Laufe ihrer Karriere den Geburtsnamen ab und nehmen einen Shikona an, den sie von ihrem Oyakata verliehen bekommen. Dieser Name besteht aus zwei Bedeutungen, der erste Namensteile beinhaltet Kanjis die Glück bringen sollen und der Zweite Teil besteht oftmals aus einem Teil des Namens des Heya oder seines Mentors.

Teil 4: Die Akteure und ihre Hierarchien

4.1 Die Rikishi

Quelle: http://www.sumo.or.jp/eng/flame/index.php?cate=museum

Die Rangfolge der Kämpfer im Sumô ist streng hierarchisch, insgesamt gibt es zur Zeit etwa 850 Professionelle Rikishi die in sechs Liegen eingeteilt sind. An deren Spitze stehen die Yokozuna und die Basis bilden die Jonikuchi - und Jonidan -Divisionen. Um in der Rangfolge aufzusteigen, benötigen die Rikishi ein Kachi-Koshi, das bedeutet eine positive Kampfbilanz in einem Turnier. Bei einer negativen Kampfbilanz, einem Make-Koshi, steigt man ab. Innerhalb der höchsten, der Makuuchi Division gibt es noch einmal eine Rangfolge, diese fängt mit dem Maegashira - an und steigert sich zu den Komsubi-, Sekiwaki-, Ô zeki - und als oberster dem Yokozuna-Rang. Der Yokozuna-Rang ist auch der Einzige, den man nicht mehr verlieren kann. Jedoch kommt nur einer von 800 Sumôtori zu der Ehre den Rang eines Yokozuna verliehen zu bekommen. Seit dem 15. Jahrhundert erreichten bisher nur 67 Rikishi diese Ehre. Zuletzt wurde dieser Rang 1999 dem Hawaiianer Musashimaru verliehen. Die aktuelle Rangfolge ist in der offiziellen Tabelle, der Banzuke nachzulesen.

4.2 Die Urakata

Die Hauptakteure beim Sumô sind natürlich die Sumôtori, doch würde auch im Sumô nichts ohne die Menschen im Hintergrund, den Urukata funktionieren. Zu den Urukata zählen die Schiedsrichter (die Gyôji), die Außenrichter (die Shinpan) die Ausrufer (die Yobidashi) und die Friseure (die Tokoyama).

Wer sich entschließt Gyôji zu werden, schließt sich ebenfalls einem Heya an. Auch die Gyôji, zumindest die unverheirateten, leben dort mit den Anderen zusammen. Gyôji werden nicht mit Lehrgängen... ausgebildet, sie gehen vielmehr in eine Lehre bei dem jeweiligen Gyôji ihres Heya. Wie überall im Sumô, so gibt es auch bei den Gyôji eine Hierarchie. Man fängt ganz unten in der Jonokuchi Division an und wird durch gute Leistungen und der jeweiligen Dienstzeit in einer Division befördert. Es kann über 40 Jahre dauern bis ein Gyôji in der obersten, der Makuuchi- Liga aktiv werden darf. Den Rang eines Gyôji kann man unter anderem von der Farbe der Quaste seines Schildes ableiten, Purpur oder Purpur/weiß für einen Tate-gyôji, rot für einen San-yaku, rot/weiß für Maku-uchi, blau/weiß für einen Juryo und blau/schwarz für den niedrigsten Rang. Während es bei den Rikishi keine festgelegte Anzahl an Mitgliedern des höchsten Rangs gibt, gibt es bei den Gyôji eine Beschränkung auf nur 2 in der obersten Liga. Insgesamt darf es nur 45 Schiedsrichter geben. Alle werden vom Nihon Sumô Kyôkai bezahlt.. Die Person des Gyôji ist im Sumô unantastbar. Diskussionen mit dem Schiedsrichter, wie bei unseren Sportarten durchaus üblich, sind im Sumô einfach undenkbar. Das Hauptbetätigungsfeld des Gyôji liegt natürlich darin, die Entscheidungen über Sieg oder Niederlage zu fällen, doch er muss auch noch viele andere Funktionen ausüben. So leitet er die Eröffnungszeremonie ein, ruft die Namen der Kämpfer aus...

Die Entscheidungen des Gyôji können nur durch die Außenrichter, die Shinpan gekippt werden. Die Shinpan, allesamt ehemalige top Sumôtori die mittlerweile selbst als Oyakata ein Team führen, werden für zwei Jahre in dieses Amt gewählt. Auch hier gibt es wieder eine Hierarchie. Auf der Nordseite des Dohy ô sitzt der Shinpan-Buch ô, der Hauptaußenrichter. Kommt es zu einem Mono-ii, der Beratung der fünf Shinpan, so liegt es am Shinpan-Buchô das Ergebnis dem Gyôji mitzuteilen. Diese Entscheidung wird meist mit Hilfe des Videobeweises gefällt.

Die Hauptaufgabe der Yobidashi, der Ausrufer liegt wie der Name schon sagt, darin, die Sumôtori in den Ring zu Rufen. Doch sind sie viel mehr. Sie sind die ,,Mädchen für alles"5 die den Bau des Dohy ô überwachen, ihn während der Turniere Pflegen und am Ende eines jeden Turniertages Reinigen und für den nächsten Tag vorbereiten. Sie sorgen dafür, das die kleinen Holzfässchen am Rand des Dohy ô immer gut mit Salz gefüllt sind... Mann erkennt sie sehr leicht an ihrer typischen Kluft eines japanischen Arbeiters und dem charakteristischen Fächer. Eine Jacke mit weiten Kimono Ärmeln, eine Hose die an den Oberschenkeln weit wie eine Pumphose und unterhalb eng geschnitten ist6. Der für unsere Vorstellungen wohl am ungewöhnlichsten klingende sportbegleitenden Berufen ist wohl der des Tokoyama, des Friseurs im Sumô. Doch wenn man einmal einen Sumôtori gesehen hat, dann weis man warum es diesen spezialisierten Beruf gibt. Wie alles im Sumô so ist auch die Ausbildung zum Tokoyama eine äußerst langwierige Angelegenheit. Sie dauert ungefähr zehn Jahre. Wie überall im Sumô, gibt es auch bei den Friseuren verschiedene Ränge. Insgesamt sechs und nur ein Tokoyama der ersten beiden Ränge darf einem Sekitori (siehe Abbildung1 oben) den Kunstvollen Haarknoten in Form eines Ginkoblattes anlegen.

Teil 5: Der Kampf

5.1 Die Symbole und Zeremonien

Alle Symbole und Zeremonien des Sumô, bei dem einfach alles eine Bedeutung hat und sei es auch nur eine Handbewegung, sprengt leider den Rahmen dieser Arbeit, deswegen möchte ich nur jeweils die wichtigsten vorstellen.

Dem Sumô ist es gelungen, mit seinen formellen Ritualen und Zeremonien sehr lange recht unverändert zu überleben, was es unter vielen Sportarten einmalig macht. Zu Beginn eines jeden Turniertages kurz vor den Kämpfen der Makuuchi Rikishi, findet die Dohyô-iri oder Ringeintrittszeremonie statt. In umgekehrter Reihenfolge ihres Rangs kommen die Makuuchi Rikishi in den Ring, alle die Zeremonie Zierschürzen, den Keshô-Mawash 7 i tragend. Diese aus Seide hergestellten KeshôMawashi, die mit verschiedenem Design reichlich bestickt und mit einer Goldfranse gesäumt werden, kosten etwa 6000 bis 7000 DM. Die Rikishi vollziehen ein kurzes Ritual mit einer sehr alten Tradition, nach dem sie der anderen Mannschaft Platz machen, die vom gegenüberliegenden Gang kommt, um auch dieses Ritual zu vollziehen. Vor ihren Kämpfen führen auch die Rikishi der J ury ô Division diese Ze remonie durch. Den Abschluss des Dohy ô - iri bilden die Yokozuna. Sie betreten den Dohy ô nacheinander, jeweils begleitet von einem würdigen Gyôji und zwei Rikishi, von denen einer ein Schwert trägt. Über seinem Keshô-Mawashi trägt der Yokozuna ein massives geflochtenes Hanftau, das in einem Bogen am Rücken gebunden ist. Auf der Vorderseite ist es mit Papierstreifen in Zickzackmuster geschmückt. Dies ist ein weitverbreitetes religiöses Symbol in Japan. Man findet es aufgehangen in Schinto-Schreinen und zu Hause, wo es zu jedem Neujahr erneuert wird. Während der Gyôji und die zwei Begleiter im Ring sitzen, beginnt der Yokozuna die Dohyô-iri mit der größten Würde. Nachdem er zuerst laut in die Hände klatscht, um die Aufmerksamkeit der Götter anzuziehen, erhebt er seine Arme, um zu zeigen, dass er unbewaffnet ist. Dann stampft er mit einem Bein nach dem Anderen auf den Boden auf, was böse Geister aus dem Dohy ô vertreiben soll. Nacheinander vollzieht so jeder Yokozuna diese Zeremonie. Das abschließende Ritual des Ta gs ist der Bogentanz. Nach dem letzten Kampf betritt ein besonders ausgewählter Makushita Rikishi (siehe Abb1 Oben) den Dohy ô und bekommt vom Gyôji einen Bogen gereicht, mit dem er dann eine Art Tanz vollführt. Diese Zeremonie wurde irgendwann während der Edo Zeit (1600-1867) eingeführt, als der Sieger als Preis einen Bogen bekam und vor lauter Freude einen "Bogentanz" aufführte. Die starke Verschmelzung des Sumô mit dem Shint ô ist bis heute erhalten geblieben und machen diesen Sport so einzigartig. Wie tief diese Verbindung ist, zeigt sich in den vielen Riten, wie oben beschrieben, aber auch anhand des symbolträchtigen Äußeren, so stehen z.b. ,,die Vier Ecken des Dohy ô als Symbol für das Weltall, sein innerer Kreis für unsere Welt. Das Dach über dem Dohyô erinnert an das Dach eines Shint ô Schreins und zeichnet den Ring als einen heiligen Ort aus. Die Farbigen Kordeln an jeder Ecke des Daches symbolisieren die vier Jahreszeiten und Himmelsrichtungen, nach denen der Ring exakt ausgerichtet wird."8 Aber nicht nur das Äußere des Rings hat Symbolcharakter. Auch die jeweiligen Bekleidungsstücke und Accessoires der Akteure z.B. der Tant ô des Gyôji, das kleine Schwert dass er bei jedem Kampf mit sich führt, soll ihn immer daran erinnern bei einer Fehlentscheidung Seppuku, also den rituellen Selbstmord, zu begehen9. Was natürlich nur symbolisch gemeint ist, wenn einer der Obersten Gyôji einen schweren Fehler begangen hat, reicht er sein Rücktrittsgesuch ein, eine Art des symbolischen Selbstmordes.

5.2 Die Regeln

Den wohl größten Vorteil, den Sumô hat ist der dass seine Regeln extrem einfach und auch für den totalen Laien sehr schnell zu durchschauen bzw. zu begreifen sind. Es gibt vier Arten zu gewinnen, erstens man bringt durch schlagen, drücken, heben... seinen Gegner dazu den Ring, und wenn es nur mit der Zehenspitze ist, zu verlassen, zweitens man bringt seinen Gegner aus dem Gleichgewicht, sodass dieser mit irgendeinem anderen Körperteil als der Fußsohle den Boden berührt. Selbst wenn nur eine Haarsträhne den Boden streifen sollte, ist der Kampf beendet. Dies sind die zwei Hauptarten einen Kampf für sich zu entscheiden. Eine weitere Art zu Siegen, ist die der Disqualifikation des Gegners wenn dieser verbotene Techniken anwendet. Die vierte und letzte ist wohl auch die peinlichste, jedenfalls für den unterlegenen, denn dieser muss dazu seinen Mawashi verlieren. Wer nackt im Ring steht hat verloren. Dies geschah in den 60ern das letzte mal. Wenn heute ein Gyôji merkt, das sich ein Mawashi lockert, unterbricht er den Kampf und befestigt den Mawashi bevor er herunterfällt.

5.3 Der Eigentliche Wettkampf

Pro Jahr finden sechs Turniere in Japan statt. Drei davon in Tôkiô und jeweils eins findet in Osaka, Nagoya und Kyushu statt. Jedes Turnier dauert fünfzehn Tage, sodass jeder Rikishi einmal pro Tag mit unterschiedlichen Kämpfern ringen muss. Der mit der besten Siegesquote wird am Ende zum Sieger erklärt und erhält den ,,Emperor´s Cup"10 . Ein typischer Turniertag beginnt um 9 Uhr morgens mit dem Maezum ô (Vor Sumô) in dem sich die jüngsten Rikishi beweisen können, wer diese Kämpfe besteht, hat sich das Recht erkämpft, auf der Banzuke zu stehen. Um 9.30 Uhr beginnen dann die Kämpfe Jonokuchi-Makushita Ligen. Um 2.45Uhr findet dann die erste Ringeintrittszeremonie statt. Die Rikishi der Jury ô Liga haben ihren Auftritt. Ihre Kämpfe dauern nur bis 3.55 Uhr an, denn dann beginnt die Dohyô-iri der Makuuchi Liga. Dicht gefolgt von dem Dohyô-iri der Yokozuna der sehr aufwendig inszeniert ist11 . Ab 4.30 zeigen dann die ,,Erstligisten" wie richtiges Sumô auszusehen hat. Um 6uhr abends, endet dann ein typischer Turniertag, mit dem ebenfalls schon oben Beschriebenen Bogentanz.

Teil 6: Das Leben danach

Ein Sumôtori der aus seiner aktiven Phase zurücktritt hat meist mehrere Möglichkeiten, die von seinem Rang und seiner Beliebtheit abhängig sind. So kann er z.B. wenn er ein erfolgreicher -erfolgreich heißt hier, mindesten bei 25 Turnieren der beiden Ligen gekämpft zu haben- Rikishi der Juryo oder der Makuuchi Liga war, hat er die Freigabe durch den Sumô Verband, einen der 105 Oyakata Titel von einem ausscheidenden Oyakata zu kaufen bzw. die billigere Variante, sich den Titel solange auszuleihen bis er sich einen eigenen Titel kaufen kann. Außerdem muss er auch noch die japanische Staatsbürgerschaft besitzen. Doch was tun die Rikishi der unteren Ränge bzw. die Ausländer? Nun einige wechseln zu Funk und Fernsehen als Sportkommentatoren, und viele ziehen sich einfach ganz aus der Welt des Sumô zurück. Sehr Beliebt ist auch die Eröffnung eines Restaurants, in denen hauptsächlich verschiedene Varianten des bekannten Suppen-Eintopfs angeboten werden, dessen Zubereitung- wie schon beschrieben- jeder Rikishi während seiner frühen Zeit im Heya im Rahmen des Küchendienstes lernen musste. Diese Restaurants gleichen meist kle inen Sumô Museen, mit allen Trophäen die der Vater und der Sohn im Laufe ihrer Karriere gesammelt haben bzw. sammeln und sind nicht nur Treffpunkt für Sumô Fans, sondern auch aktiver Sumôtori.

Schlusswort:

Obwohl Sumô eine der wohl ältesten und auch heute noch sehr Antik wirkenden Sportarten ist, erfreut sie sich einem immer größer werdenden Interesse auch außerhalb Japans. Seit 1992 gibt es amateur Weltmeisterschaften und seit 1995 werden Europameisterschaften abgehalten. Interessanterweise, sind die Deutschen bei diesen Europameisterschaften sehr stark, man könnte fast sagen sie dominieren die Wettbewerbe.

Innerhalb Japans sind die Turniere der Sumôtori zu einer der größten Attraktionen geworden. Längst hat das Sumô im Leben der Japaner einen festen und sehr wichtigen Platz erhalten. So konnte Koizumi Junichiro, der Ministerpräsident Japans, seinen sowieso schon äußerst hohen Beliebtheitsgrad noch um einiges steigern, als er bei einem Turnier mit einer jahrhundertealten Sumô Tradition brach und nach der von ihm geforderten Lobrede kurz überlegte und dann Laut ausrief: "Du hast es trotz der Schmerzen ausgehalten. Ich war begeistert. Herzlichen Glückwunsch!"12 (Der Rikishi Takanohana schaffte es trotz eines verrenkten Knies zu gewinnen)

Die große Sumô Fangemeinde und die Zuschauer daheim an ihren Bildschirmen, waren Begeistert. Abschließend möchte ich jedem Japanbesucher ans Herz legen sich, sofern möglich, solch ein Basho anzusehen. Die Homepage des Nihon Sumô Kyôkai bietet hierfür eine geeignete Informationsplattform.

Literaturverzeichnis:

Hammitzch Horst: Japan Handbuch Franz Steiner Verlag Stuttgart, 3. Auflage 1990

Keller Marianne: Sumô der traditionelle japanische Ringkampf Weinmann Verlag Berlin 1997

Kinder, Hermann/ Hilgemann, Werner: dtv-Atlas zur WeltgeschichteVon der Französischen Revolution bis zur Gegenwart, Band 2, 23. Auflage, München: Deutscher Taschenbuchverlag GmbH & Co. KG 1989

Kodansha Encyclopedia: Encyclopedia of Japan 1-9 Kodansha Ltd 1983

Möller Joerg : Sumô Iudicum Verlag München 1994

Von der Groeben, Alexander/ Mennemeier Simone : Sumô Kampf der Giganten Dieter Born Verlag Bonn 1.Auflage 2000

Online Medien:

http://home.att.net/~ken.crouch/dohyo-iri.html

25.01.2002

http://www.kampfsport-online.com/Japan/Sumo/sumo.htm

25.01.2002

http://www.rudow.de/sumo/grundlagen.htm

25.01.2002

http http://www.sumoinfo.de/index.html

25.01.2002

http://www.sumoweb.com/

25.01.2002

http://www.sk96.de/sk_sr.htm

25.01.2002

http://www2.tagesspiegel.de/archiv/2001/05/27/ak-we-5513252.html

25.01.2002

http://www.topcomnet.de/hp/sumo.htm

25.01.2002

Ehrenamtliche Erklärung

Ich versichere, dass ich die Arbeit selbständig angefertigt und keine anderen als die genannten Quellen und Hilfsmittel verwendet habe.

Diese Arbeit hat in gleicher oder ähnlicher Form noch keiner Prüfungsbehörde vorgelegen.

[...]


1 Rikishi ist der offizielle, japanische Begriff für den Sumô Kämpfer, der aber auch Sumôtori genannt wird.

2 Von der Groeben, Seite 14

3 Kodansha Encyclopedia, The Japan Sumô Association

4 Auf seiner Homepage, stellt sich der Nihon Sumô Kyôkai sehr gut vor und vermittelt durch einige Galerien zu den verschiedensten Bereiche im Sumô auch visuelle Eindrücke dieses Sports und seiner Sportler, die ich leider nicht zeigen konnte. http://www.sumo.or.jp/index_e.html

5 Von der Groeben, Seite 104

6 Genaue Darstellungen dieser ,,Tracht" kann man in allen, im Literaturverzeichnis angegebenen Büchern finden

7 Kodansha Encyclopedia: The Belt

8 Keller, Seite 44

9 Von der Groeben, Seiten 100-101

10 http://www.sumo.or.jp/eng/flame/index.php?cate=museum

11 für eine bebilderte Darstellung, siehe http://home.att.net/~ken.crouch/dohyo-iri.html

12 http://www2.tagesspiegel.de/archiv/2001/05/27/ak-we-5513252.html

Ende der Leseprobe aus 11 Seiten

Details

Titel
Japanisches Sumô. Geschichte, Verband und Wettkampf
Hochschule
Hochschule Ludwigshafen am Rhein
Note
1,3
Autor
Jahr
2001
Seiten
11
Katalognummer
V106236
ISBN (eBook)
9783640045150
Dateigröße
364 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sumô
Arbeit zitieren
Thomas Osburg (Autor:in), 2001, Japanisches Sumô. Geschichte, Verband und Wettkampf, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106236

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