Faust als historische und literarische Figur
Der schon zu Lebzeiten legendär gewordene Johann, eigentlich Georg Faust, wurde um 1480 vermutlich in Kundlingen, dem heutigen Knittlingen bei Bretten in Württemberg geboren. Der dafür historisch überlieferte Beleg findet sich in dem Kaufbrief des vermutlichen Geburtshauses Faust aus dem Jahre 1542, der von einem Pergament mit Beschwörungsformeln und einem sechseckigen „Giftschrank des Dr. Faust“ mit paracelsischen Symbolen, welcher im Keller eingelagert sein soll, berichtet, außerdem wird beiläufig die Geburt Fausts darin erwähnt. Damit wurde er in die Zeit der Renaissance hineingeboren, eine Zeit in der die größte progressive Umwälzung, die die Menschheit bis dahin erlebt hatte, stattfand, eine Zeit, in der er nach Herkunft und Bildungsweg keine Chance hatte, einen ebenbürtigen Platz neben den damaligen Größen einzunehmen. Jedoch vermochte er es, durch seinen verwegenen abenteuernden Charakter als Erzmagier und Prototyp des Teufelsbündners die historische Grundlage für eine der vielleicht wichtigsten literarischen Figuren zu verkörpern.
Leider existieren für die Zeit bis 1506 keine oder sich widersprechende Belege für das Wirken Fausts. So will beispielsweise eine Quelle dem Leser weismachen, dass im Jahr 1483 seine Immatrikulation an der Universität Heidelberg erfolgte und er 1487 zum Doktor der Philosophie promovierte. Wie Faust, der zu diesem Zeitpunkt im zarten Alter von sieben bis zehn Jahren gewesen sein muss, dies bewerkstelligt hat, darüber hüllt sich der Autor jedoch in Schweigen. Als gesichert gilt, dass er sich 1506 in Gelnhausen aufgehalten hat. Dort trat er mit dem anmaßenden Titel „Magister Georgius Sabellicus, Faustus junior, fons necromanticorius astrologus, magus secundus, chiromanticus, aeromanticus, pyromanticus, in arte hydra secundus“ auf wie aus einem Schreiben eines Zeitgenossen überliefert ist. Der Magistertitel, und der in späteren Quellen wiederholt auftauchende Doktorgrad sind ungerechtfertigt, da es Belege dafür gibt, dass Faust nie studiert hat. Dass sich Faust als Sabellicus bezeichnete, also als Sabeller und damit als ein Nachfahre der Sabiner-des für seine Wahrsagekunst berühmten altitalischen Volkes- und sich zahlreiche Magiertitel zulegte, weist darauf hin, dass er darauf aus war, die Menschen seiner Zeit zu blenden. So trat er während dieser Zeit zuerst mit magischen Kunststücken und als Horoskopsteller auf und war 1507 Schulmeister in Kreuznach. Diese Lehrerstelle erhielt er von dem an magischen Dingen interessierten Franz von Sickingen, jedoch musste er diese schon bald wieder wegen sittlicher Vergehen aufgeben. Zu dieser Zeit schrieb der Abt Johannes Trithenius einen Brief an einen Freund, Johann Wirdung, in dem er Faust als Landstreicher, leeren Schwätzer und Sittenstrolch beschimpft. Weiterhin geht daraus hervor, dass er während seiner Zeit als Schulmeister „mit Knaben die schändlichste Unzucht“ betrieben habe, womit die frühzeitige Aufgabe dieser Anstellung nachvollziehbar wird. Die nächste belegte Station in Fausts Leben ist Erfurt. Dort trieb er es 1513 auf die Spitze, indem er sich offensichtlich den Titel „Georgius Faustus Helmitheus Hedelbergensis“, also Heidelberger Halbgott, zulegte. Mit dieser pompös anmutenden Bezeichnung trat er als Wahrsager auf. Außerdem unterrichtete er griechische Philosophie. Die nachfolgenden sieben Jahre sind aufgrund fehlender Belege in den Nebel der Geschichte gehüllt. Jedenfalls ist nicht mit Sicherheit zu beweisen, wie aufgrund von Melanchthons Angaben vielfach vermutet wird, und wie es aus dem Frankfurter Faustbuch hervorgeht, dass er sich in Zentren der humanistischen Wissenschaften und der Renaissancekultur, wie zum Beispiel Prag, Wien, Venedig und Paris aufgehalten hat.
Anhand des Rechnungsbuches des Fürstbischofs Georg III. von Bamberg findet sich erst wieder 1520 ein Beleg für das Wirken Fausts. Daraus geht hervor, dass er ein auf der Geburtsstunde des Fürstbischofs basierendes Horoskop erstellte und zehn Gulden dafür erhalten hat. 1527 schließlich erließ der sächsische Kurfürst Johann einen Haftbefehl gegen ihn, und Faust musste Wittenberg fluchtartig verlassen. Als nächstes zog es ihn nach Süddeutschland, wo er sich als Astrologe betätigte, aber schon 1528 folgte die Ausweisung aus Ingolstadt und kurz darauf, 1532 verwies man ihn unter der Beschuldigung widernatürlicher Unzucht und Zauberei aus Nürnberg. Köln, Batenburg an der Maas und Würzburg waren in den anschließenden Jahren seine Aufenthaltsorte. Gemeinsam mit Agrippa von Nettesheim war er in Köln bei dem Erzbischof Graf Hermann von Wied zu Gast, welcher sich von den beiden Magiern von deren Kunst belehren lassen wollte. Als Haarentferner betätigte er sich mit misslichem Erfolg am Kaplan Johann Dorstenius in Batenburg, welches das heutige Babenberg ist. Harrentfernen wurde in der damaligen Zeit als magische Kunst betrachtet. Erst 1536 gelang es Faust, sich seines überaus zweifelhaften Rufs vorerst zu entledigen, indem er zum Beispiel seinem Freund, dem Ratsherrn Daniel Stibarius astrologisch begründete Voraussagen über den Krieg Kaiser Karls V. gegen den französischen König Franz I. lieferte. Sogar der Tübinger Professor Joachim Camerarius, der selbst als Astrologe tätig war, zeigte daran Interesse. Dies fand unter anderem darin seine Begründung, dass Faust bereits 1534 Philipp von Hutten vor seiner Amerikareise eine Voraussage machte, welche im Gegensatz zu einer von Camerarius gemachten zutraf. Faust schien somit einen anerkannten Ruf als Astrologe genossen zu haben, auch wenn ihm Luther zu dieser Zeit den Vorwurf machte, ein Schwager des Teufels zu sein und sich mehrfach abfällig über ihn als „Schwarzkünstler“ äußerte. Von da an rankten sich eigentlich schon die ersten Legenden um den, von seiner späteren, teilweise zweifelhaften Berühmtheit, nichtsahnenden Faust. Schon 1539 bezeichnete der Wormser Stadtarzt Phillip Begardi ihn als einen Mann der Vergangenheit, als Abenteurer und Betrüger, welcher dennoch über große Kenntnisse in der Arzneikunst verfügt habe.
Tatsächlich ist es jedoch so, dass Faust erst 1540/41 in Staufen bei Freiburg in Breisgau gestorben ist. Vor allen Dingen die geheimnisvollen und spektakulären Umstände veranlassten die unglaublichsten Spekulationen über Ursache und Hergang des Dahinscheidens des Johann, beziehungsweise Georg Faust. Die Quelle beschreibt sein Ende als unnatürlich und schrecklich. Ob es ein Unfall oder ein Selbstmord war ist dabei unklar, angeblich soll er bei einer Explosion beim Experimentieren ums Leben gekommen sein. Melanchthon und andere behaupteten, dass Faust mit dem Gesicht auf dem Rücken und übel zugerichtet vorgefunden worden sei. Aufgrund dieser grausigen Schilderungen schloss man darauf, dass sich der Teufel höchstpersönlich seiner Seele bemächtigt habe. Berücksichtigt man den im Mittelalter vorherrschenden Aberglauben, den Glauben an Schwarzmagie, den Glauben an Luzifer als Personifizierung des Bösen, welche in realer Gestalt den Menschen von seinem gottesfürchtigen Weg abzubringen versucht um sein kostbarstes Gut, also seine Seele an sich zu bringen, verwundert diese Auslegung natürlich nicht weiter. Angeblich soll der Teufel sogar seinen Fußabdruck im „Hotel zum Löwen“, der vermutlichen Todesstätte Fausts hinterlassen haben. Nach einer anderen Legende, der Maulbronner Faustlegende, soll er sein Leben im Kloster des Abtes Entenfuß ausgehaucht haben. Sein unheimliches Ende soll dort durch sich an zwei Stellen des Klosters befindlichen Blutflecken bewiesen sein. Identisch ist jedenfalls an beiden Orten der Grund seines Aufenthaltes, er soll versucht haben, Gold herzustellen.
Der dramatische Abgang Fausts kam seinen geistlichen, und auch den Gebildeten Zeitgenossen sehr entgegen. Sowohl die katholische Kirche, als auch die protestantisch Geistlichen sahen in Faust einen Gegner ihres Glaubens. Für erstere war er ein Ketzer wegen seiner kirchenfeindlichen Äußerungen, welche mit der Erklärung, er könne die Wunder Christi jederzeit nachvollziehen, ihren Höhepunkt gefunden haben sollen. Letztere verdammten ihn als Teufelsbündner und Schwarzkünstler und verfolgten ihn mit entsprechendem Hass. Für Gelehrte, humanistische Universitätslehrer, sowie für die offiziell zugelassenen Ärzte war er ein Konkurrent, der ihnen Hörer und Patienten abwarb, und sie demzufolge ökonomisch schädigte.
Es wäre jedoch vermessen zusammenfassend darauf zu schließen, Faust wäre nur ein zwielichtiger, umtriebiger Scharlatan, der ausschließlich Betrügerein und Pädophilie im Sinne hatte, gewesen. Zum einen war er als Kind seiner Zeit in vielem sicherlich noch dem Mittelalter verbunden, und so ist es nicht unwahrscheinlich, dass er die schwarze Magie, wie auch die Astrologie als ernstzunehmende Wissenschaften betrachtete, und sie aus diesem Grunde nicht nur aus Geschäftstüchtigkeit betrieb. Zum anderen waren die häufigen Vorwürfe der widernatürlichen Unzucht in einigen Fällen sicherlich auch in der bequemen Routine der Behörden begründet, die sich so einer, ihnen unbequemen Person entledigen konnten. Es ist also offensichtlich, dass er eine sehr widerspruchsvolle Gestalt gewesen sein muss. Dies kam ohne Frage seiner Zukunft als literarische Figur sehr entgegen. Die Tatsache, dass er ein Mann war, der die Sprache des Volkes sprach, auf den Landstrassen unterwegs war, und nicht in Kirchen und Hörsälen, sondern in Wirtshäusern und auf dem Markt wirkte, begünstigte seine spätere Rolle als Volksheld. Selbst seine betriebene Scharlatanerie entsprach den damaligen Erwartungen der Massen.
So begann im Volksmund die mündliche Überlieferung seiner Taten, wobei ihm sehr schnell Anekdoten angedichtet worden, natürlich bevorzugt solche, die ihm übernatürliche Kräfte zuschrieben. Schnell entwickelte sich die sagenhafte Figur Faust zu einem vielbewunderten Zauberer und einem Gelehrten, der mit Hilfe vor allem der Naturwissenschaften nach Erkenntnis strebte, und der sich dabei auch vor verbotenen Schritten nicht scheute. Wie in späteren literarischen Werken erkennbar ist, wurde dabei besonders Bezug auf die Orte genommen, in denen sich der historische Faust auch tatsächlich aufgehalten hatte. Bald setzten auch schriftliche Berichte ein, die ihn jedoch vor allen Dingen als Geisterbeschwörer und Teufelsbündner charakterisierten, und ihn somit als warnendes Beispiel für jeden, der sich dem ketzerischen Gedankengut verschrieb, benutzten. Auch hier wurden die Erzählungen Begebenheiten zugeordnet, die sich nachweislich im Zusammenhang mit anderen historischen Persönlichkeiten zugetragen hatten. So entstanden im Laufe der folgenden Jahrhunderte zahlreiche literarische, dramatische und später auch musikalische Werke, die sich dem Thema Faust widmeten.
Christoph Roßhirt beschrieb ihn in seinen Erzählungen, die unter dem Titel „Zauberer Faust“ zwischen 1570 und 1575 entstanden sind als Mann, der unter Zuhilfenahme teuflischer Zauberkünste Betrügerein beging. In seinem Werk erlebte Faust sein Ende in einem Gasthaus, in welchem er mit den Wirtsleuten und dem Gesinde eine Henkersmahlzeit einnahm, bevor ihn in der Nacht der Teufel holte. Sein Tod war, nach Roßhirt, der verdiente Lohn für böse Taten. Er schloss mit einer christlichen Vermahnung seine Erzählungen.
Ein umfassendes Werk erschien 1587 bei Spiess in Frankfurt am Main. Die „Historia von D. Johann Fausten“ auch bekannt als „Volksbuch Faust“ umfasst in ihrer Urfassung knapp 230 Seiten und ist in drei Hauptabschnitte mit insgesamt 68 Kapiteln gegliedert. Der historische Faust schimmert noch vielfach hindurch, wobei aber sehr viele Anekdoten, sowie Sagen- und Legendenelemente hinzugetreten sind. Deutlich ist die christliche Warntendenz des lutherischen Autors, welche die Gesamtdarstellung überlagert, zu erkennen. Somit vermittelt das Buch im Großen und Ganzen ein negatives Faustbild. Das Volksbuch berichtet von Fausts Theologie- und Medizinstudium, der Beschäftigung mit der Zauberei, und dem Bündnis mit dem Teufel, der Faust seinen Geist Mephostophiles als Diener gibt. Ausführlich wird im letzten Teil des Buches das Ende Fausts beschrieben. Dem 60. Kapitel, in welchem er mit der Abfassung seines Testaments beginnt, folgen sechs weitere in denen Faust über das bevorstehende Ende jammert und wehklagt und sich bis in die tiefste Verzweiflung hinein steigert. Nachdem ihn des Nachts der Teufel geholt hat, finden seine Studenten am nächsten Morgen, ich zitiere „nichts, dann die Stuben voller Bluts gesprützet. Das Hirn klebte an der Wandt, weil jn der Teuffel von einer Wandt zur andern geschlagen hatte. Es lagen auch seine Augen und etliche Zäen allda, ein greulich vnd erschrecklich Spectackel“. Diese detaillierte Beschreibung des elenden Zugrundegehens seines Protagonisten, und die bei jeder Gelegenheit eingestreuten christlichen Ermahnungen und Warnungen, sowie die abschließende Aufforderung des Autors, gottgefällig zu leben, bestätigt die zuvor erwähnte christliche Warntendenz, welche Autor und Herausgeber im Volksbuch Faust realisierten. Der widersprüchliche Charakter des realen Faust spiegelt sich durch seine Betrügereien, Saufgelage und seinen Pakt mit dem Teufel auf der einen Seite, durch sein Streben nach Wissen, seinen „gantz gelernigen und geschwinden Kopff“ und nicht zuletzt dadurch, dass er als Arzt vielen Menschen geholfen hat, auf der anderen Seite, in der Historia wieder. Die negative Tendenz bleibt jedoch auch trotz der positiven Eigenschaften bestehen. Der deutliche Wunsch nach Abschreckung konnte aber offensichtlich nicht in jedem Fall erreicht werden. So gab es auch ablehnende Reaktionen und sogar Strafverfolgungen, wegen der Verbreitung des Werks. Zum Beispiel wurde der akademische Senat der Universität Tübingen durch den Hof im Herzogtum Württemberg dazu veranlasst, den Buchdrucker Alexander Hock und vier Studenten zu inhaftieren, da sie die Historia bearbeitet und veröffentlicht hatten. Auch diese Umstände trugen dazu bei, dass das Volksbuch Faust einen hohen Bekanntheitsgrat erlangte. Es bildete durch eben diesen Bekanntheitsgrat die Grundlage für eine weite Verbreitung des Fauststoffes, sogar über die Grenzen Deutschlands hinaus.
So folgten zwischen 1588 und 1611 bereits Übersetzungen ins Englische, Niederländische, Französische und Tschechische, wobei vor allen Dingen die Übertragung ins Englische die meisten Folgen nach sich zog. Damit führten von der Historia zwei Traditionslinien ins 18. Jahrhundert. Die eine nahm ihren Weg über England und betonte vor allen Dingen den Renaissancecharakter Fausts, die andere folgte direkt dem Faustbuch und behielt den negativen Aspekt der Vorlage bei und verketzerte die Faustgestalt. Zu erwähnen sind vor allen Dingen die 1599 erschienene Neufassung mit dem Titel „warhafftige Historien von den grewlichen und abschewlichen Sünden vnd Lastern, auch von vielen wunderbarlichen vnd seltzamen eben theuren: So D. Johannes Faustus Ein weitberuffener Schwartzkünstler vnd Ertzzäuberer, durch seine Schwartzkunst, biß an seinen erschrecklichen end hat getrieben“, die 1674 von Johann Nicolaus Pfitzer veröffentlichte weitere Fassung „das ärgerliche Leben und schreckliche Ende deß viel berüchtigten Ertz- Schwarzkünstlers D. Johannis Fausti“ und, am Ende des Faustbuchweges, 1725 die Ausgabe des christlich Meynenden (vermutlich verbirgt sich hinter diesem Pseudonym der Nürnberger Verleger und Buchhändler Conrad Monath) mit dem Titel „ des durch die gantze Welt beruffenen Ertz-Schwartz-Künstlers und Zauberers Dr. Johann Fausts, mit dem Teufel auffgerichtetes Bündnüß, abentheuerlicher Lebens-Wandel und mit Schrecken genommenes Ende“. Alle drei Werke beruhten inhaltlich im Großen und Ganzen auf den Erzählungen der Vorlage, wobei in Pfitzers Werk zum ersten Mal das Gretchenmotiv aufgegriffen wurde, und dem letzten Werk die Moral-didaktischen Ermahnungen vollständig ausgelassen wurden. Auch schien der christlich Meynende als Zeitgenosse der Aufklärung nicht an Magie und Höllenfahrt zu glauben, denn er berichtete über sie rein sachlich ohne eine eigene Stellungnahme zu liefern. Sein Buch erreichte einen hohen Bekanntheitsgrat und erschien bis 1820 in 33 Auflagen.
Wenden wir uns nun der außerdeutschen Behandlung des Fauststoffs zu. Schon 1589 schuf der Engländer Christopher Marlowe eine dramatisierte Version der Historia. „The tragical history of Dr. Faustus“ enthielt die wesentlichen Stoffelemente (inklusive des Teufelpaktes) des Volksbuches und behielt sogar die antikatholische Tendenz bei, die Faustfigur aber trägt die deutlichen Züge einer Renaissancegestalt. Faust verlangt in titanenhafter Anmaßung die Macht über die Welt und verachtet mit atheistischen Trotz die Theologie und ihre Jenseitsorientierung. Er verschreibt sich der Magie und dem Teufel, was auch hier dazu führt, dass er von dem Teufel geholt wird. Trotzdem ist bei Marlowe deutlich die Sympathie zu seinem Protagonisten erkennbar. So wird am Ende zwar die obligatorische Warnung vor dem Verlassen des von Gott zugelassenen Weges ausgesprochen, aber Faust, der mehr gewollt hat, als im Rahmen der Bedingungen seiner Zeit möglich war, wird als Spross des Gottes der Weisheit gepriesen. Sein Untergang begründet sich also insbesondere auf einer Gesetzmäßigkeit, die Goethe später treffend in seinem Gedicht „Grenzen der Menschheit“ formulierte: „Hebt er (also der Mensch) sich aufwärts/Und berührt/mit dem Scheitel die Sterne,/Nirgends haften dann/Die unsichern Sohlen,/Und mit ihm spielen/Wolken und Winde.“
Das berühmte Drama wurde schließlich von englischen Komödianten nach Deutschland gebracht, wo es von ihnen erstmals in Graz gespielt wurde. Von deutschen Schauspieltruppen wurde es dann übernommen, diese zerspielten und verballhornten es aber in relativ kurzer Zeit, so dass dem Thema erst als Puppenspiel wieder neues Leben einhaucht wurde und es so eine neue volkstümliche Form fand. Kurz anfügen möchte ich hier, dass der Fauststoff in England um und nach 1700 noch weiterlebte, sich allerdings nach und nach auf die komischen Elemente reduzierte.
Demgegenüber verlor er in Deutschland nichts an seiner ideologischen Brisanz, in mehreren Städten kam es sogar zu Verboten des Faustspiels. Die Verunglimpfung der christlichen Lehre, die die dafür verantwortlichen Institutionen darin sahen, führten zu diesen Maßnahmen. Wegen der großen Verbreitung, und nicht zuletzt wegen der Einflussnahme auf Goethes Faust, muss dem Puppenspiel an dieser Stelle etwas genauere Beachtung geschenkt werden. Mit der Figurenergänzung, die in Form des Kasperles eingeführt wurde-er ging übrigens aus dem englischen Pickelhering hervor-entstand eine neue Dienergestalt Fausts, die uns, auch wenn der Kasper inzwischen eine völlig eigenständige Figur geworden ist, bis in die heutige Zeit als DAS Synonym für das Puppentheater bekannt ist. Dargeboten mit komischen und Showgestalterischen Mitteln bot das Puppenspiel Alltagsbelehrung und Unterhaltung. 1742 kam es nach Frankfurt/M, wo es der junge Goethe kennen gelernt hat, besonders die Fassung von Karl Simrock scheint ihn später bei seinem Faust beeinflusst zu haben. Sein Faust-Monolog weist unschwer zu erkennende Parallelen zu Simrocks Puppenspieleingang auf. Doch bevor ich auf Goethes Faust näher eingehen werde, möchte ich Euch noch weitere Stationen der literarischen Figur Faust vorstellen:
Noch bevor der, allseits bekannte goethesche Faust entstand, beschäftigte sich Lessing mit dieser faszinierenden Thematik. 1759 veröffentlichte er mit dem 17. Literaturbrief einige Szenen seines faustischen Dramas, welches aber entweder ein Fragment geblieben, oder bis auf Bruchstücke verloren gegangen ist. Im Gegensatz zu vorangegangen Werken wird Faust hier als nach neuen Erkenntnissen strebender Renaissancemensch aufgrund eben dieses Strebens nach Wissen vor dem Teufelspakt bewahrt.
In Friedrich Maximilian Klingers Roman „ Faust’s Leben, Thaten und Höllenfahrt“ von 1791 wiederum will der Held in einer Wette mit dem Teufel beweisen, dass die Menschen einer höheren Bestimmung folgen. Anstatt also das Ziel höherer Erkenntnisse zu verfolgen, reist Faust durch die Welt, um seine Behauptung zu untermauern. Er besucht Feudalhöfe, Klöster, Reichsstädte und sogar den Vatikan, muss jedoch überall den Verfall der moralischen und politischen Ordnung der weltlichen und geistlichen Oberschicht feststellen. Da ihm jedoch die Alternative, sprich das Leben der Armen vorenthalten bleibt, beginnt er schließlich zu zweifeln. Enttäuscht und aller positiven Einstellung beraubt, versucht er zurück in sein, von bürgerlicher Ordnung und seiner Familie gekennzeichneten Leben einzutreten und sich aus der, für ihn nun lästig gewordenen Gesellschaft des Teufels zu befreien. Dort erwartet ihn aber noch schlimmeres: seine Frau ist ihm untreu geworden, sein erster Sohn wurde als Dieb gehenkt, die Tochter verdiente nunmehr ihr Geld als Hure und ein Prälat hat sich seinen zweiten Sohn zum homosexuellen Werkzeug gemacht. Nunmehr erkennend, auch privat versagt zu haben, wünscht er nichts sehnlicher, als in die Hölle gezogen zu werden, er ist am Ende, ein gebrochener Mann. Das der Teufel ihm die zerstörerischen Folgen aufzeigt, die seine vorangegangenen gesellschaftlichen Aktivitäten nach sich ziehen werden, tragen verständlicherweise nicht zu einer besseren Bewertung seiner selbst bei. Auch wenn es wegen dieses recht deprimierenden Endes nicht so scheinen mag, bringt Klinger in seinen Roman eine gehörige Portion gesellschaftskritischer Satire ein, die sich in ihrer antifeudalistischen Tendenz deutlich der Tradition des Sturm und Drang verpflichtet, wobei er aber keinen Weg zur Veränderung aufzuweisen vermag.
Adelbert von Chamissos schrieb 1804 einen Einakter, der Faust wieder als nach Wahrheit und Erkenntnis strebenden Menschen beschreibt, aber sich letztlich doch wieder dem Bösen verschreibt.
Bei Ernst August Klingemann wird Faust zum reinen Genussmenschen. In dem 1815 erschienen Buch muss er sich zwischen seiner Frau Käthchen und der verführerischen Helena entscheiden, verfällt letzterer, und nicht nur das. Er ermordet seine Frau und seinen eigenen Vater und stürzt schließlich mit dem Teufel in die Hölle. Bei Klingemann war es im Gegensatz zu vorangegangenen Werken der Wunsch nach ungehemmter Sinnlichkeit, der Faust dazu bewegte, mit dem Teufel zu paktieren. Ein ähnliches Bild konzipierte Friedrich Müller mit der 1829 erschienenen Dichtung „Don Juan und Faust“, nur dass bei ihm, wie der Titel schon erahnen lässt, der Part des Genussmenschen von dem Gegenspieler Fausts, Don Juan übernommen wird. Faust selbst verkörpert hier wieder den nach Erkenntnis strebenden Wissenschaftler. Müller versucht zu zeigen, dass der Verzicht des Menschen auf dieDoppelnatur, hier Genuss und Erkenntnisstreben, zu seinem Untergang führt. Dies will ihm aber nicht so recht gelingen, nicht zuletzt weil er die Handlung fast ausschließlich in Don Juans Lebenssphäre geschehen lässt.
In der nachgoetheschen Zeit entstanden nach und nach auch musikalische Stücke, die sich dem Thema Faust widmeten. So geht Faust in Heines Tanzpoem einen Pakt mit einem, man höre und staune, weiblichen Teufel ein. Dies war gar nicht so ungewöhnlich, denn die Erfordernisse der zeitgenössischen Ballettdramaturgie sahen dies so vor und so kommt es, dass „Mephistophela“ in „Der Doctor Faust“ die Rolle der Primaballerina einnimmt. Überhaupt spielen bei Heine die Frauen eine entscheidende Rolle für Faust. Die vom Christentum verteufelte Sinnlichkeit begegnet ihm in der Gefährtin des Satans, Helena symbolisiert die reinschöne griechische Harmonie und die Tochter eines Bürgermeisters personifiziert die „Wonnen der Gewöhnlichkeit“. In selber Reihenfolge wird Faust mit ihnen konfrontiert, bevor er, wie sollte es anders sein, „unter Flammengeprassel in die Erde“ versinkt.
1832 lieferte Wagner, zeitgleich zum ersten Druck Goethes „Faust. Zweiter Teil“, Sieben Kompositionen zu Goethes Faust. Als letztes sei noch die ausschließlich musikalische Umsetzung des Themas durch Franz Liszt in seiner Symphonie „Eine Faust-Symphonie in drei Charakterbildern“ erwähnt.
Von den seit Anfang des 20. Jahrhunderts entstandenen Werken möchte ich nur auf Thomas Manns 1947 erschienenen „Doktor Faustus. Das Leben des deutschen Tonsetzers Adrian Leverkühn, erzählt von einem Freunde“ eingehen und damit ein Beispiel für die Faustrezeption der Gegenwart aufzeigen. Der, als bedeutendste Faustdichtung des 20. Jahrhunderts geltende Roman hat sich in seiner sprachlichen Gestaltung dem Luther-Deutsch des 16. Jahrhunderts verschrieben, nimmt den, in anderen Werken der Neuzeit ausgelassenen Teufelspakt wieder auf. So steht auch er ganz im Zeichen der Fausttradition der mittelalterlichen Faustbücher und -puppenspiele. Faust wird von Adrian Leverkühn verkörpert während der Theologiedozent Schleppfuß den Part des Mephistos einnimmt. Der im Titel erwähnte Freund, der als Serenus Zeitblom die Nachfolge Wagners, dem Schüler Fausts antritt, zeigt am Beispiel Leverkühn den Verfall des deutschen Bürgertums von 1885 bis 1940 auf. Der Autor, der seine Figuren selbst als Endzeitfiguren bezeichnete, stellt so als letzte Station des Verfalls den Untergang Deutschlands im Ansturm der alliierten Armeen dar. Dabei steht Leverkühn für das präfaschistisch verseuchte Bürgertum, während Zeitblom für die humanistische, aber widerstandsunfähige Haltung steht. Mann bringt über dieses Werk die Kritik an seiner eigenen bürgerlichen Klasse zum Ausdruck und gibt ihr die volle Verantwortung für das Schicksal der Nation. Mit ihrem schuldhaften Versagen vermittelt der Roman eine Epochenaussage, was wohl die Größe dieses Werkes begründet. So hat sich der scharlatanische Faust aus dem Mittelalter über den literarischen Weg bis heute erhalten, mal als Genussmensch, mal als Betrüger oder als Gelehrter, der nach dem höchsterreichbaren strebte. Dies war nur eine kurze Auswahl der wichtigsten der vielen hundert erschienenen Werke vor und nach Goethes Faust welchem wir uns jetzt zuwenden werden.
Angesichts der Tatsache, dass Goethe von etwa 1772 bis zu seinem Tode 1832 , wenn auch mit einigen Unterbrechungen, an seinem Faust gearbeitet hat, kann man von ihm als sein Lebenswerk sprechen. Buchstäblich bis zum Vorabend seines Todes feilte er am endgültigen Text von Faust 2, denn nur wenige Tage nachdem er das endgültige Manuskript, mit dem Hinweis, es erst nach seinem Tode zu öffnen, versiegelt hatte, starb er. Sein epochenübergreifendes Werk begann mit ersten Entwürfen zur Gelehrten- und Gretchentragödie im Urfaust während des Sturm und Drangs, fand mit „Faust. ein Fragment“ und „Faust. Erster Teil“ den Weg durch die Klassik und wurde in der Romantik mit „Faust. Zweiter Teil“ vollendet.
Als Goethe 23 Jahre alt war, wurde in Frankfurt die Kindesmörderin Susanna Margarete Brand hingerichtet. Der junge Schriftsteller, der die Akten des Prozesses studiert hatte, arbeitete seinen Protest gegen die Todesstrafe für Kindesmörderinnen in sein Gretchenmotiv ein. Auch die Trennung von Frederike Brion ist Teil der Liebesbeziehung zwischen Faust und Gretchen geworden. Zweifellos haben ihn außerdem die in der Vergangenheit erschienen Werke beeinflusst, insbesondere das Volksbuch, Lessings Faustfragment-welches ja zum ersten mal den mittelalterlichen Teufelsbündner mit positiven Zügen versah-und nicht zuletzt das auf Marlowes Drama basierende Puppenspiel. Es entstand so zwischen 1772 und 1775 der Urfaust, welcher unter anderem schon die Szene in Auerbachs Keller bei Leipzig beinhaltet und Faust, ganz im Zeichen des Sturm und Drangs in einer titanischen Auffassung darstellt. Vom Urfaust ist jedoch nur eine aus dem Jahre 1808 stammende Abschrift erhalten. 1790 überarbeitete Goethe Faust und es entstand „Faust. Ein Fragment“. Es beinhaltet den Urfaust mit einigen Veränderungen und neu hinzugekommenen Szenen, und beginnt mit der Transferierung des in Prosa erschienenen Urfaust in die Versform. Im Grunde ist die Entstehung der endgültigen Fausttragödie auch Friedrich Schiller zu verdanken, der Goethe solange drängte die Arbeit an diesem Thema wieder aufzunehmen, bis dieser 1797 unter seiner Beteiligung mit „Faust.Erster Teil“ beginnt.
So kommt es, das wir in der ersten Szene nach dem Prolog einen verzweifelten Faust in seinem Studierzimmer vorfinden, der vergeblich versucht hatte, mit Hilfe von Wissenschaft und Magie hinter das Weltgeheimnis zu kommen. Dem Suizid entgeht er nur aufgrund dessen, dass neben dem geistigen, nach Wissen strebenden Gelehrten auch der sinnliche Genussmensch Teil seines Ichs ist. Friedrich Müller griff übrigens, wie ich vorangehend schon erwähnte, diesen Gedanken auf, indem darzustellen versuchte, dass der Mensch ohne diesen innerlichen Zwiespalt gar nicht überlebensfähig wäre. Der, Goethes Helden vor dem Tod bewahrende „Osterspaziergang“ dürfte übrigens jedem aus den guten alten Mittelschulzeiten bekannt sein. Faust begegnet in der folgenden Studierzimmerszene Mephisto, der ihm aus dem Dilemma zu helfen verspricht und es kommt zum unvermeidlichen Pakt mit dem Teufel. Durch eine von Faust geforderte Zusatzklausel wird dieser aber zu einer Art Wette: „Werd‘ ich zum Augenblicke sagen:/Verweile doch! Du bist so schön!/Dann magst du mich in Fesseln schlagen,/Dann will ich gern zugrunde gehen!“. Soll heißen, erst wenn Faust sich beruhigt zurücklehnt und zufrieden mit sich und der Welt ist wird er zu Mephistos Knecht, bis dahin steht ihm sein Wettgegner zur Seite und muss ihn mittels seiner Fähigkeiten aber auch mit seinen finanziell unerschöpflichen Mitteln unterstützen. Von nun an ist dieser natürlich versucht jede Gelegenheit zu nutzen, die Faust dazu verführen könnte, in den bezeichneten Zustand der vollkommenen Zufriedenheit zu verfallen. Der erste Versuch scheitert kläglich. Faust soll in Auerbachs Keller bei Sauf und Gesang sehen, „wie leicht sich‘s leben lässt“, doch selbst Mephistos Weinspuk kann Faust nicht dazu bewegen, diesen Augenblick verweilenswert zu finden.
Die Verjüngung Fausts in der Hexenküche bereitet den zweiten Versuch Mephistos vor, ihn im Sinne der Wette zu besiegen. Faust begegnet anschließend Gretchen und verfällt ihr in einer Leidenschaft, die anfangs noch rein sexuell, später von aufrichtiger Liebe geprägt ist. Mit seinem Auftreten und, bedenkt man, dass das kleinbürgerliche Mädchen nicht gerade mit Reichtum gesegnet ist, mit seinen großzügigen Geschenken kann er sie nach und nach für sich gewinnen. Sie stellt ihm im Verlaufe der weiteren Handlung die berühmte Gretchenfrage, mit welcher sie Fausts Stand zur Religion ergründen will. Letztendlich kommt es, aufgrund des beiderseitigen Wunsches zur vorehelichen, körperlichen Vereinigung, was allerdings fatale Folgen hat. Das Betäubungsmittel, das Faust Margarete für ihre Mutter gegeben hat damit sie sich ungestört dem - von Goethe übrigens in seinen Details ausgesparten- Liebesakt hingeben können, ist zu hoch dosiert gewesen, so dass die arme Frau stirbt. Gretchen wird schwanger und sieht in ihrer ausweglosen Situation nur die Möglichkeit das Kind umzubringen, da dies aber nicht unbemerkt bleibt, muss sie ins Gefängnis um dort auf ihre Hinrichtung zu warten. Indem Faust sich von Ihr abwendet, da er in seiner Liebe zu ihr einen Irrtum erkennt, lässt er ihre Welt vollends zusammenbrechen. In ihrer Liebe zu ihm gab sie ihre kirchlichen und weltlichen Grundsätze auf um ihrem Leben mit der Liebe zu Faust, in Erwartung der Gegenseitigkeit dieser Gefühle , den einzigen Sinn zu geben und muss nun feststellen, dass er sie nunmehr weder liebt, geschweige denn heiraten wird und sie in Konsequenz des geltenden Rechts die alleinige Schuld ihrer Taten tragen muss. Aus Schuldgefühlen heraus unternimmt Faust einen Rettungsversuch, dieser scheitert jedoch daran, dass Gretchen keinen Wert in dem ihr möglichen Leben erkennen kann und so den, ihrer Meinung nach gerechten Tod vorzieht. Der mitanwesende höllische Begleiter Fausts urteilt über sie im Abgang „Sie ist gerichtet“ und entspricht so der Realität. In der „Stimme von oben“, die als Erwiderung „Ist gerettet!“ verkündet, manifestiert sich die Gegenmeinung Goethes. Sie spiegelt andeutungsweise seine Ansicht wieder, dass eine Gesellschaft, die einem Mädchen eine solche Tat regelrecht aufzwingt, schuldiger ist als die Täterin selbst.
Mephisto schafft es im ersten Teil natürlich nicht, Faust zu besiegen was ihm aber auch von Anfang an klar war. Von vornherein hat er als Versuchungsebene für seinen Wettgegner nach der „kleinen Welt“ die „große Welt“ einkalkuliert. Diese ist im Gegensatz zu ersterer, die Grundlage für den ersten Teil ist, nicht mehr an den zeitlichen Rahmen, also an das Mittelalter mit seiner feudalistischen Gesellschaft gebunden. Während Faust sich also bis zum zweiten Teil in einer ihm vertrauten Umgebung bewegt, wird er nun mit der Antike, der feudalen Welt in ihrem Zerfall und der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft konfrontiert. Nachdem er angesichts des Schicksals von Margarete und seiner eigenen Schuld zusammengebrochen ist, verfällt er - wie schon Orest in Goethes „Iphigenie auf Tauris“ - in einen Heilschlaf. Der aus diesem Vergessensschlaf erwachte, wiedergeborene Faust ist aufgrund seiner Erfahrungen und Erkenntnisse gereift, so dass er den Herausforderungen der „großen Welt“ gewachsen ist. In dem, aus fünf Akten bestehenden zweiten Teil, begegnet Faust in der noch bestehenden , aber sich in einer tiefen Krise befindenden feudalistischen Welt, seinem ehemaligen Schüler Wagner. Dieser hat sich der Alchimie zugewendet und künstliches Leben erschaffen: Homunculus, ein in der Phiole lebendes Wesen, dessen endgültige Gestaltwerdung noch zu vollziehen ist. Dieser Geist stellt für Faust den Schlüssel für den Zugang zur klassischen Antike dar und so begleitet er die beiden Antagonisten. In der darauf folgenden klassischen Walpurgisnacht bringt im Ergebnis mit sich, dass Faust den Weg zu Helena gefunden hat und Homlunculus der Sprung in die Körperlichkeit geglückt ist. Im weiteren Verlauf erleben die Protagonisten die Antike, kommen anschließend zurück in den zerfallenden Feudalismus und finden sich zu guter letzt in der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft wieder. Faust hat bis dahin zum produktiven und erfolgreichen Unternehmer entwickelt und weitestgehend alle moralischen Skrupel abgelegt. Trotzdem wird er am Ende, der im Gegensatz zum ersten Teil bei Veröffentlichung auf Unverständnis gestoßenen Fortsetzung, aufgrund seines beständigen Strebens nach Erkenntnis erlöst.
Quellen: Klaus Völker, „Faust. Lesebuch über einen deutschen Mythos“, Verlag Wagenbach; Horst Hartmann „Faustgestalt, Faustsage, Faustdichtung“, Shaker Verlag; Microsoft Encarta 98 Enzyklopädie; http://www.xlibris.de; http://www.hausarbeiten.de; Kindlers neues Literaturlexikon, Komet
- Arbeit zitieren
- Andreas Garbe (Autor:in), 2002, Goethe, Johann Wolfgang von - Faust - Faust als historische und literarische Figur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106301
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