Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das sprachliche Zeichen
2.1. Langage-langue-parole
2.2. Signifiant/Signifie
3. Die Beliebigkeit des sprachlichen Zeichens
4. Der lineare Charakter des sprachlichen Zeichens
5. Veränderlichkeit und Unveränderlichkeit
5.1. Die Unveränderlichkeit des sprachlichen Zeichens
5.2. Die Veränderlichkeit des sprachlichen Zeichens
6. Trennung von Synchronie und Diachronie
6.1. Diskussion um strenge Trennung von Synchronie und Diachronie
1. Einleitung (Petra Schürmann)
Die Semiotik befasst sich mit der Untersuchung von Zeichen. Diese Wissenschaft ist eine Theorie und Lehre von sprachlichen und nichtsprachlichen Zeichenprozessen, in deren Zentrum die Erforschung natürlicher Sprache als umfassendstem Zeichensystem besteht.1Die Semiotik befasst sich mit verschiedenen Zeichenarten wie akustischen, visuellen, taktilen, sprachlichen etc.2
Diese Zeichen haben eine generelle Stellvertreterfunktion ( aliquid stat pro aliquo ), in dem Sinne, dass das Zeichen auf etwas, das nicht es selbst ist, sondern etwas außer ihm ist, verweißt. Diese Bestimmung reicht jedoch nicht aus, um die Eigenarten des sprachlichen Zeichens adäquat zu erfassen.3
Schon bei Aristoteles und anderen war nicht nur die Unterscheidung zwischen Zeichen und Sache ( Gegenstand ), sondern auch die zwischen Sache einerseits und Idee, Vorstellung oder Bewusstseinsinhalt andererseits vorhanden.4
Von entscheidender Bedeutung für die weitere Entwicklung der Sprachwissenschaft war Ferdinand de Saussure. Er gilt als der bedeutendste europäische Anreger des sprachwissenschaftlichen Strukturalismus.5
Sein posthum 1916 nach Vorlesungsnotizen von Schülern zusammengestellteCours delinguistique générale(deutsch: Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft) stellt ohne Zweifel das wichtigste Dokument des Strukturalismus dar und gilt heute als der Beginn des strukturalistischen Denkens überhaupt.6 Infolge dieser Mitschrift gehören Reflexionen auf den Zeichenbegriff zum festen Bestandteil linguistischer Arbeit.
Durch den Einfluss von de Saussure gelang es der Sprachwissenschaft zu einer eigenständigen Disziplin mit eigenständigen Methoden zu werden.
Mit seiner Erkenntnis, dass Sprachen als Zeichensysteme zu beschreiben sind, wurde das Programm der historisch - vergleichenden Sprachwissenschaft des 19. Jahrhunderts mit ihren wenig differenzierten Grammatikkonzeptionen abgelöst.7
Für de Saussure war die Sprache ein System von Zeichen, das seine eigene Ordnung hat und das zunächst ohne die Hinzuziehung außersprachlicher Faktoren wie Gesellschaft, Geschichte und der gleichen analysiert werden kann.8
De Saussure spricht vornehmlich vom sprachlichen Zeichen.
Vor allem hat der Begriff des sprachlichen Zeichens als Einheit von signifie und signifiant großen Einfluss erlangt. Der Zeichenbegriff bildet sogar den Ausgangspunkt seiner Überlegungen zu den Aufgaben und Methoden der Sprachwissenschaft. Damit erhebt er nicht den Anspruch, einen allgemeinen Zeichenbegriff entwickelt zu haben, unter dem alle vorkommenden Zeichen subsummierbar sind.9
Im Gegensatz zu dem Philosophen Charles Sanders Peirce (1839-1914) betont de Saussure, dass die Beziehung zwischen Zeichenform und Zeicheninhalt zwar eine notwendige, aber nichtsdestoweniger eine willkürliche sei.10
Peirce besagt in seiner Typologie, dass Zeichen in Bezug zu ihrem Gegenstand untersucht werden können. Er nennt drei Arten von Zeichen, die sich in ihrem Bezug auf den ihnen entsprechenden Gegenstand unterscheiden: Symbol, Ikon, Index.
- Symbole sind Zeichen, deren Beziehung zum Gegenstand willkürlich ist, da sie mit dem Gegenstand, den sie bezeichnen, nichts gemein haben.11
- Ein Ikon steht zu seinem Objekt nicht in einer hinweisenden Beziehung, sondern in einer Ähnlichkeitsbeziehung. Es hat mit seinem bezeichnetem Objekt mindestens eine, meist aber mehrere Eigenschaften gemeinsam.12
- Ein Index weist nach Peirce unmittelbar auf etwas hin. Das Zeichen steht hier unmittelbar in einem Ursache-Folgeverhältnis und ist dadurch bestimmt, dass es in einer realen Beziehung zum Objekt steht.13
Anhand der Peirce- Typologie können die Begriffe jedoch nicht streng in semiotische Bereiche getrennt werden, weil sich Merkmale verschiedener Kategorien in einem Begriff finden lassen können.14
Der Saussuresche Begriff des sprachlichen Zeichens war so erfolgreich, weil er von so großer Allgemeinheit ist, dass er mit geringen Änderungen in einen allgemeinen Zeichenbegriff transformierbar ist.15
De Saussure hob insbesondere den sozialen Charakter der Sprache als konstitutiv gegenüber den individuellen Sprechakten, von denen die Junggrammatiker ausgingen, hervor. Auf diese Weise konnte er zeigen, dass die Regelmäßigkeiten, die den individuellen Sprechakten zugrunde liegen, auf einem System von sozialen Konventionen beruht und nicht in erster Linie auf physikalischen und physiologischen Lautgesetzen.16
2. Das sprachliche Zeichen (Petra Schürmann)
Das sprachliche Zeichen ist für die Semiotik der bei weitem wichtigste Zeichentyp, da der Zeichenbegriff in allen wichtigen semiotischen Theorien von den sprachlichen Zeichen hergeleitet wird.17Jede Abhandlung über das Wesen der Sprache oder die näheren Umstände der Rede beginnt damit, den Charakter des sprachlichen Zeichens hervorzuheben. Für de Saussure ist das Zeichen die grundlegende Kommunikationseinheit. Sprache lässt sich für ihn als ein System von Zeichen betrachten.18
Der Kerngedanke eines Systems ist ein aus mehreren Dingen oder Teilen zusammengefügten Ganzes, eine Zusammenstellung, der Aufbau bzw. die Gliederung eines geordneten Ganzen.19Bevor das sprachliche Zeichen erörtert wird, ist zu klären, in welchem Zusammenhang es mit den Saussureschen Begriffen steht.
2.1. Langage-langue-parole (Petra Schürmann)
Die Definition des sprachlichen Zeichens ist imCours de linguistique généraleauf drei Aussagen aufgebaut.
Saussure gebraucht den Begriff „langage“ als Oberbegriff für „langue“ und „parole“.20
Langagebezeichnet die Gesamtheit der sprachlichen Erscheinungen bzw. die allgemeine physiologische und psychologische Fähigkeit des Menschen, Sprache zu erzeugen und zu verstehen.21
DieLangueist überindividuell. Sie ist das sprachliche System von Zeichen und Regeln einer Einzelsprache wie z.B. das Deutsche oder Französische in einer fehlerlosen idealisierten Form. Sie ist ihrem Wesen nach sozial und unabhängig vom Individuum.22Paroleist hingegen die individuelle Äußerung. Mit ihr wird die Realisierung derlangueim Sprechen einschließlich der Lautgebung bezeichnet. Entsprechend der menschlichen Natur enthält dieparoleFehlleistungen, wie Versprechen oder Unüberlegtheit.23Als solche ist die paroledaher für de Saussure nicht von vordringlichem Interesse, da er Feststellungen treffen möchte, die nicht nur für die Sprache individueller Sprecher, sondern für die Sprache in ihrer Gesamtheit Geltung haben soll.
Aus diesem Grund untersucht Saussure das sprachliche Zeichen als eine Einheit innerhalb derlangueeiner Sprachgemeinschaft.24
Er beschäftigt sich vornehmlich mit der inneren Sprachwissenschaft, da die Sprache ein System ist, das nur seine eigene Ordnung zulässt im Gegensatz zur äußeren Sprachwissenschaft, in der die Einzelheiten zwar aufgezählt werden können, aber nicht in das Netz eines Systems eingespannt sind.25
De Saussure gab bei der Untersuchung des sprachlichen Zeichens der gesprochenen Sprache gegenüber der geschriebenen den Vorzug, da er die mündliche Überlieferung für zuverlässiger hielt als die schriftliche.26
2.2. Signifiant/Signifie (Petra Schürmann)
Das sprachliche Zeichen ist etwas im Geist tatsächlich vorhandenes, das zwei Seiten hat und durch folgende Figuren dargestellt werden kann:27
oder oder oder Vorstellung signifie Signifikat Bezeichnetes Lautbild signifiant Signifikant Bezeichnende Das sprachliche Zeichen vereinigt in sich also nicht einen Namen und eine Sache, sondern eine Vorstellung und ein Lautbild.28
In diesem Zusammenhang wird von dem „bilateralen Zeichenmodell“ de Saussures gesprochen.29Die Doppelseitigkeit des sprachlichen Zeichens ergibt sich aus der Vereinigung zweier psychischer Bestandteile.
Neben der Vorstellung ist das Lautbild nicht der tatsächliche physikalische Laut, sondern nur die psychische Vergegenwärtigung desselben aufgrund unserer Empfindungswahrnehmungen. Als Beispiel nennt de Saussure hier das rein gedankliche Aufsagen eines Gedichtes, ohne die Lippen oder den Mund zu bewegen.30Die Besonderheiten des saussureschen Zeichens sind also seine Dualität und sein Charakter als Assoziationsphänomen.
Das Bezeichnete( signifie) und das Bezeichnende (signifiant) sind eng miteinander verbunden und unteilbar.31 Das Bezeichnete ist das gedankliche Gegenstück zum Bezeichnenden. Diese Wesensgleichheit sichert die strukturelle Einheit des sprachlichen Zeichens.
In der Literatur wird das „bilaterale Zeichenmodell“ mit einem Blatt Papier verglichen. Dabei befindet sich die Vorstellung auf der Vorderseite und das Lautbild auf der Rückseite.32Man kann die Vorderseite nicht zerschneiden, ohne gleichzeitig die Rückseite zu zerschneiden. Genauso wenig kann man in der Sprache den Laut vom Gedanken oder den Gedanken vom Laut trennen.
Somit bedeuten die Pfeile des Schaubildes eine gegenseitige Auflösung. So löst z.B. beim Sprecher die Vorstellung das Lautbild aus und beim Hörer das Lautbild die Vorstellung.33
Das untrennbare Zusammenwirken vonsignifieundsignifiantbewirkt nach de Saussure, dass die vorher gestaltlose chaotische Masse in ein geordnetes Denken gewandelt wird.34
Die beiden Begriffe des Saussureschen Zeichenbegriffs entsprechen Elementen aus anderen allgemeinen Zeichenbegriffen und deren Relationen zueinander ( z.B. bei Ch.W. Morris: Zeichen / Designat; Klaus: Zeichen / Abbild ). Diese Begriffe können analog zur saussureschen Unterscheidung gesehen werden, unterscheiden sich jedoch darin, dass nur ein Element als Zeichen begriffen wird, während bei de Saussure beide Elemente zusammen das Zeichen bilden.35
3. Die Beliebigkeit des sprachlichen Zeichens (Jana Becker)
Eine Grundeigenschaft des sprachlichen Zeichens ist seine Arbitrarität oder auch Beliebigkeit. Häufig wird dies bezogen „auf die Relation zwischen Sprachkörper, Bedeutung und Sachverhalt. Die Zuordnung zwischen den drei Komponenten ist in systematischem Sinne beliebig. Nichts an einer Lautfolge weist auf einen Inhalt oder einen Referenten hin.“1De Saussure bindet bei seiner Argumentation jedoch die Komponente des Sachverhalts nicht mit ein. Ihm zufolge stehen Vorstellung und Lautbild in keinerlei Beziehung zueinander und sind somit beliebig. Mit „beliebig“ ist folglich gemeint, dass ein zu bezeichnendes Etwas nie die spezifische Bezeichnung als Lautfolge fordert, die ihm zugewiesen ist; es ist in diesem Sinne „unmotiviert“. De Saussure führt hierzu als Beispiel an:
„So ist die Vorstellung„Schwester“durch keinerlei innere Beziehung mit der Lautfolge |Schwester verbunden, die ihr als Bezeichnung dient; sie könnte ebenso wohl dargestellt sein durch irgendeine andere Lautfolge: das beweisen die Verschiedenheiten unter den Sprachen und schon das Vorhandensein verschiedener Sprachen: das Bezeichnete„Ochs“hat auf dieser Seite der Grenze als Bezeichnung o-k-s, auf jener Seite b-ö-f (boeuf).“2Vigener formuliert dies folgendermaßen: „Die Charakterisierung ‚radicalement arbitraire’ [...] besagt, dass die Beziehung zwischen dem Signifikat und dem Signifikanten des Zeichens nicht als eine kausale, logische oder natürliche gedacht werden kann.“3, sie ist mehr oder weniger frei assoziiert.
Im Zusammenhang mit der Unmotiviertheit des sprachlichen Zeichens ist allerdings darauf hinzuweisen, dass diese sich nur auf das Verhältnis von Signifikat und Signifikant bezieht, nicht jedoch auf den Vorgang des Bezeichnens.4
Die Vorteile dieser Beliebigkeit liegen auf der Hand. Dadurch, dass die sprachlichen Zeichen beliebig sind, sind sie unabhängig von der Verweissituation, d.h. das Medium der Sprache ist geeignet, auch auf solche Sachverhalte zu verweisen, die nicht direkt gegeben sind. Aus diesem Grund eignet sich die Sprache so gut als Kommunikationsmittel.5
Aus dem Grundsatz der Beliebigkeit ergeben sich jedoch bei allen Vorteilen doch auch Probleme im Bereich der Kommunikation, denn es stellt sich natürlich die Frage, wie Individuen kommunizieren können, wenn die Zuordnung von Signifikat und Signifikant völlig beliebig ist.
De Saussure grenzt bei seiner Argumentation zu diesem Punkt das sprachliche Zeichen einerseits ab von natürlichen, nonverbalen Kommunikationsmitteln wie Mimik und Gestik, andererseits aber auch von Höflichkeitszeichen. Die natürlichen Zeichen seien in ihrer Beliebigkeit eingeschränkt, die Höflichkeitsregeln dienten der standardisierten Befolgung von Regeln, nicht jedoch der Übermittlung einer inneren Bedeutung. In der Tat beruhe im Grunde „jedes in einer Gesellschaft rezipierte Ausdrucksmittel“6auf einer Kollektivgewohnheit oder auch Konvention.
Das sprachliche Zeichen müsse also im Dienste der Kommunikation zu einer Kollektivgewohnheit werden. Zwar sei es seiner Natur nach unmotiviert, innerhalb einer Sprachgemeinschaft gelten jedoch gewisse Konventionen. Diese sind nötig, damit wir dieselbe Sprache sprechen können. („Wenn die Bezeichnung hinsichtlich der Vorstellung, die sie vertritt, als frei gewählt erscheint, so ist sie dagegen in Beziehung auf die Sprachgemeinschaft, in der sie gebraucht wird, nicht frei, sondern ihr auferlegt.“7) Es liegt also nicht in der Macht des Einzelnen, ein einmal bestehendes Zeichen zu ändern.
Im Zuge des Postulats der Beliebigkeit lehnt Saussure auch den Begriff des „Symbols“ für das sprachliche Zeichen beziehungsweise für die Bezeichnungsseite des sprachlichen Zeichens ab. „Symbol“ impliziere bereits eine spezifische Beziehung zwischen Bezeichnung und Bezeichnetem; das Symbol sei „niemals ganz beliebig; es ist nicht inhaltlos.8“ Als Beispiel dient hier die Waage als Symbol der Gerechtigkeit, die nicht durch etwas anderes, wie beispielsweise einen Wagen, ersetzt werden könnte, denn das Bild der Waage wurde bewusst ausgewählt, um die Gerechtigkeit zu symbolisieren. Demnach ist die feste Zuordnung durch den Sprachbenutzer intendiert bzw. motiviert.
In seinen Ausführungen entkräftet de Saussure auch mögliche Einwände, die gegen die Beliebigkeit des Zeichens erhoben werden könnten. Dies seien zum einen die Lautmalereien oder Onomatopoetika, zum anderen die Ausrufe. Die Onomatopoetika könnte man als Argument dafür heranziehen, dass die Wahl der Bezeichnung nicht immer beliebig ist. De Saussure führt hiergegen an, dass die Lautmalereien niemals „organische Elemente eines sprachlichen Systems“9 seien. Zudem sei ihre Anzahl weitaus geringer als gemeinhin angenommen werde. Viele Lautmalerein erweckten den Eindruck, dass ihr Klang schon „etwas vom Eindruck der Wortbedeutung“10widerspiegele. Häufig könne man das jedoch als ein zufälliges Ergebnis der Sprachentwicklung abtun, wenn man die lateinische Ursprungsform dieser Wörter betrachte. Ein Beispiel hierfür sei das lateinische „fagus“, dem die lautliche Ausdruckskraft des französischen „fouet“ fehle. Daraus folge, dass auch bei den Onomatopoetika „die Prägung in einem gewissen Grade beliebig [ist], da sie nur die annähernde und bereits halbkonventionelle Nachahmung gewisser Laute sind.“11Somit näherten sich die Onomatopoetika den unmotivierten sprachlichen Zeichen an.
Hildenbrandt zufolge übergeht de Saussure hierbei jedoch die Frage nach den onomatopoetischen Klangvorstellungen, die ihrerseits die lautgeschichtliche Entwicklung beeinflusst haben könnten.12
Bezüglich der Ausrufe führt de Saussure als Widerlegung die Unterscheide in den verschiedenen Sprachen an, denn dem deutschen „au!“ entspricht z.B. im Französischen „aie!“. Es besteht also kein „natürliches Band“13zwischen Bezeichnung und Bezeichnetem. Ergo widerlegten weder die Lautmalereien, noch die Ausrufe den Grundsatz der Beliebigkeit des sprachlichen Zeichens.
Eine Einschränkung der totalen Beliebigkeit akzeptiert de Saussure lediglich in der Unterscheidung zwischen völliger und relativer Beliebigkeit. Wörter wieelf,Käfer,Trichter oderDochtseien völlig beliebig in dem Sinne, dass die assoziativen Beziehungen, die an diese Wörter geknüpft werden, nicht durch ihr Lautbild motiviert seien. Demgegenüber weckten Wörter wie drei-zehn, Schäfer oder Dichter als spezielle Wortformen von Lexemen Assoziationen zu anderen Wortformen des entsprechenden Lexems. Sie seien somit nicht mehr völlig beliebig. Die Analyse dieser unterschiedlichen Grade von Beliebigkeit führt jedoch zu den Relationen der Sprachzeichen, die in diesem Rahmen nicht berücksichtigt werden können.
Der saussuresche Grundsatz der Beliebigkeit verursachte von Beginn an kontroverse Diskussionen in Fachkreisen. Es ist jedoch auffällig, dass nicht einmal die Vertreter der Genfer Schule, deren Lehrer de Saussure war, das Konzept der Arbitrarität uneingeschränkt übernahmen.14Damourette/ Pichon und Eringa lehnten das Prinzip gar vollkommen ab.15
Benveniste bemängelt an der saussureschen Argumentation, dass de Saussure unbewusst auf einen dritten Begriff, den der Realität zurückgreife, wenn er sagt, dass das sprachliche Zeichen arbiträr sei, weil es mit dem Inhalt „in Wirklichkeit keinerlei natürliche Zusammenhänge hat.“16 besitzt. Dieser Begriff sei jedoch in der saussureschen Zeichendefinition nicht enthalten. Nach Scheerer habe Engler allerdings nachgewiesen, dass den Quellen zufolge diese Interpretation nicht zulässig ist.17De Saussure könne zwar behaupten, dass der Begriff s-ö-r nicht an die Vorstellung „Schwester“ gebunden sei, er denke dabei jedoch an die Realität des Begriffs. Somit widerspreche die Art der Definition den grundsätzlichen Eigenschaften, die de Saussure dem sprachlichen Zeichen zuspreche.18In seiner weiteren Argumentation kommt Benveniste zu dem Schluss, dass die Verbindung von Bezeichnung und Bezeichnetem nicht arbiträr, sondern notwendig sei, da das Bezeichnete im Bewusstsein mit der Bezeichnung identisch sei.19Nach Ege wendet sich Benveniste hierbei jedoch nicht gegen de Saussure, denn auch dieser erkenne an, dass das sprachliche Zeichen nur aufgrund der unlösbaren Verbindung von Bezeichnung und Bezeichnetem bestehe.20Benveniste wird somit sozusagen zum Verteidiger dessen, was er eigentlich bekämpfen will. Eine weitere Gruppe von Linguisten nimmt in diesem Streit eine vermittelnde Rolle ein in dem Sinne, dass sie zwar von de Saussure ausgehen, dann jedoch im Verlauf ihrer Auseinandersetzung mit dem Thema zu einer eigenen Auffassung kommen:
De Grott sowie Perrot verweisen auf wissenschaftsgeschichtliche Bezüge. De Grott wertet die Arbitrarität als Reaktion de Saussures auf den „Romantiszismus von Platon und Grimm“21, Perrot hingegen führt die saussuresche Theorie zurück auf Turgot und Leibniz, bei denen schon eine Andeutung der Arbitrarität gegeben hätte.22
Glinz hingegen versucht einen Kompromiss auf diachronischer Ebene zu finden, indem er sagt, dass nur die ersten Zeichen völlig unmotiviert gewesen seien. Mit fortschreitender Entwicklung der Sprache sei es jedoch zu einer immer stärkeren Motiviertheit gekommen, indem die Zeichen im System immer stärker voneinander abhängig wurden.
Der saussuresche Grundsatz der Beliebigkeit des sprachlichen Zeichens hat also weitreichende Konsequenzen gehabt und immer wieder Linguisten zu einer Auseinandersetzung mit der Materie herausgefordert, vor allem wohl weil der Text viele Möglichkeiten zur Interpretation und auch zur Fehlinterpretation lässt. „In diesem Sinne muss jede Generation ‚ihren’ Saussure selbst entdecken.23
4. Der lineare Charakter des sprachlichen Zeichens (Jana Becker)
Die zweite Grundeigenschaft sprachlicher Zeichen ist nach de Saussure die Linearität. Auch wenn sich ein Zeichen stets aus der untrennbaren Einheit von Signifikat und Signifikant zusammensetzt, so kann man dennoch von einem linearen Charakter sprechen, obwohl dieser strenggenommen nur die Seite des Signifikanten betrifft. Linearität bedeutet: Dem Bezeichnenden als hörbarer Lautfolge wird eine temporale Eigenschaft in dem Sinne, dass es als eindimensionale Linie in seiner zeitlichen Ausdehnung messbar und darstellbar ist, zugewiesen.24Diese Eindimensionalität der sprachlichen Zeichen in der Zeit ist eine typische Charakterisierung der Signifikanten und ihre Beziehungen zueinander, denn „ihre Elemente treten nacheinander auf; sie bilden eine Kette.“25
Die Eigenschaft der Linearität stellt nicht nur eine wichtige Charakterisierung der Sprachzeichen selbst und ihrer Beziehungen zueinander das, da die Aufeinanderfolge in der Zeit elementar für die Bedeutungskonstitution der sprachlichen Zeichen ist, Sie dient auch der Abgrenzung der sprachlichen Zeichen zu anderen, visuellen Zeichen wie beispielsweise maritimen Signalen, die „gleichzeitige Kombinationen in verschiedenen Dimensionen darbieten können“26und nicht an die zeitliche Reihenfolge gebunden sind.27
Aus diesen Gründen ist nach de Saussure der Grundsatz der Linearität als ebenso wichtig einzustufen wie jener der Beliebigkeit.
Anders als das Prinzip der Beliebigkeit erntete die Linearität breite Zustimmung. Hildenbrandt findet, de Saussures Aussagen sei nichts hinzuzufügen, inkonsequent sei nur die Bestimmung des Bezeichnenden als hörbar, obwohl es eigentlich psychisch definiert sei.28Spang-Hansen geht sogar so weit zu sagen, dass die Linearität trivial sei, denn Sprache könne ebenso wie vieles andere als Sequenz betrachtet werden.29
Einen inneren Widerspruch stellt Henry dar: Das Bezeichnende als eine psychische Einheit könne keine raumzeitlichen Eigenschaften haben; dies treffe nur auf die Realisierung in der Parole zu. Des weiteren ordnet er die Beliebigkeit der Langue, die Linearität der Parole zu.30Ähnlich argumentiert Frei, wenn er sagt, dass de Saussure zwar ein langue-wertiges Prinzip im Kopf habe, sich jedoch mit Beispielen aus der Parole zufrieden gebe.31Als Gegenbeispiel zur Linearität wurde häufig der musikalische Akkord herangezogen. Wie ein solcher Akkord realisiere das Bezeichnende gleichzeitig an derselben Stelle „mehrere bedeutungsschaffende oder -verändernde Merkmale.“32
Scheerer folgert aus der Diskussion, dass das Bezeichnende linear im Sinne von eindimensional sei; dem widerspreche auch nicht die Überlagerung von Elementen.33Zu guter letzt unterscheidet Scheerer noch drei Funktionen der Linearität in de Saussures Gesamtkonzeption:34
1. Die Linearität ist ein semiologisches Prinzip; sie stellt eine Eigenschaft der Sprache dar.
2. Die Linearität ist eine notwendige Bedingung für die Beliebigkeit der Sprache.
3. Die Linearität ermöglicht es, einzelne akustische Eindrücke zu einer einzigen Wahrnehmung zusammenzuschmelzen. (Psychologischer Aspekt)
De Saussure setzt den Gedanken des linearen Charakters des sprachlichen Zeichens in seiner Gesamtkonzeption in den syntagmatischen Beziehungen sprachlicher Elemente fort, welche eben aus der Linearität folgten.35Diese Syntagmen beständen in praesentia, im Gegensatz zu den assoziativen Beziehungen, welche in absentia vorhanden seien. Die Syntagmen sind somit die syntaktischen und semantischen Beziehungen sprachlicher Zeichen zu ihren Nachbarzeichen.
Man könnte also sagen, dass de Saussure hier den Grundsatz der Linearität konsequent weiterverfolgt. Obwohl ihm häufig eine Ungenauigkeit im Bereich der Trennung von psychischer und materieller Art des Zeichens vorgeworfen wurde, erweist sich die Definition des sprachlichen Zeichens als linear hier als fruchtbar.
5. Unveränderlichkeit und Veränderlichkeit
5.1. Die Unveränderlichkeit des Zeichens (Petra Schürmann)
Ferdinand de Saussure legt der Sprache zwei an sich widersprechende Eigenschaften bei. Die Zeichen einer Sprache seien sowohl veränderlich als auch unveränderlich. Die Unveränderlichkeit findet in der Vergangenheit ihre Erklärung. Der Zustand einer Sprache ist immer das Ergebnis historischer Faktoren.
Die Sprache ist eine Erbschaft, die von früheren Generationen übernommen wurde. Die Generationen durchdringen sich jedoch gegenseitig und sind verzahnt. Daher befinden sich in jeder Sprachgemeinschaft Individuen aller Altersstufen.71
Die Sprachgemeinschaft ist an die Sprache gebunden. Weder der einzelne noch die Masse können die einmal gewählte Beziehung zwischen Bezeichnung und Bezeichnetem ändern, da die Verständigung auf ihr basiert. Durch diesen Umstand wird eine plötzliche sprachliche Umgestaltung ausgeschlossen.72
Die Hauptargumente für die Unveränderlichkeit des sprachlichen Zeichens sieht de Saussure jedoch in folgenden Tatsachen:
Die Sprache beruht auf der Beliebigkeit des Zeichens. Daher besteht keine Grundlage, die Sprache zu verändern, da sie nicht auf einer vernünftigen Norm beruht. Somit besteht keinerlei Grund, ein schon vorhandenes Zeichen durch ein anderes zu ersetzen wie z.B. soeur durch sister, da es wegen seiner Willkür nicht im Namen einer rationalen Norm in Frage gestellt werden kann.73
Als zweite Ursache der Unveränderlichkeit des Zeichens führt de Saussure die zahllosen Elemente der Sprache an. Es wäre ein beträchtlicher Aufwand diese sprachlichen Elemente durch neue Zeichen zu ersetzen.
Damit verbunden ist die Kompliziertheit des Systems, deren Sprachgesetze der großen Masse nicht einmal bewusst ist, geschweige denn, dass sie in der Lage seien dieses unbewusste System umzugestalten.74
Jedoch nicht nur das Unvermögen der Sprachgemeinschaft sondern auch ihre Masse verhindert die plötzliche sprachliche Erneuerung. Sämtliche Individuen gebrauchen und beeinflussen die Sprache täglich und wirken so aktiv auf die Sprache ein.75Saussure :
„Die Sprache ist von allen sozialen Einrichtungen diejenige, welche am wenigsten zur Initiative Gelegenheit gibt. Sie gehört unmittelbar mit dem sozialen Leben der Masse zusammen, und diese ist natürlicherweise schwerfällig und hat vor allem konservierende Wirkung .“76
Die Sprache ist also in der Gesamtheit verankert und gerade dadurch in ihrer Variabilität beschränkt.
Da die Zeichen mit ihrer Sprache durch Überlieferung weitergetragen werden, wird auch die Unveränderlichkeit mit vererbt.
5.2. Die Veränderlichkeit des Zeichens (Jana Becker)
Wenn auch das sprachliche Zeichen als unveränderlich charakterisiert wird, so verändere es sich außerhalb der Eingriffsmöglichkeit der Sprachgemeinschaft eben doch dadurch, dass es sich ,,ununterbrochen in der Zeit fortpflanzt"77, also in den Generationen der Sprachbenutzer von jeher überliefert werde und sich selbst anpassend verändere. Dabei müsse man die Veränderung des sprachlichen Zeichens als eine ,,Verschiebung des Verhältnisses zwischen dem Bezeichneten und der Bezeichnung"78sehen. Dieser Einflüsse könne sich keine Sprache erwehren79, nach einer Weile könne man solche Verschiebungen überall, sogar bei in Umlauf gebrachten Kunstsprachen feststellen und eine Rückkehr zum Ursprünglichen sei nicht mehr möglich.80
So wurde beispielsweise aus dem lateinischennecare, welches ursprünglich „töten“ bedeutete, das französischenoyer, dessen Bedeutung sich allerdings zu „ertränken“ verschoben hat.81Als Beispiel einer Verschiebung auf der Bezeichnungsseite führt de Saussure die Umformung des deutschendritteilszumDrittelan, wobei nicht die Seite des Bezeichneten, sondern das Lautbild in seiner materiellen Form durch eine geänderte Zeichenfolge und in seiner grammatikalischen Form variiert worden sei.82
So wie de Saussure die Unveränderlichkeit von Zeichen hauptsächlich auf die Beliebigkeit zurückgeführt hat, gibt er den gleichen Grund für die Veränderlichkeit von Zeichen an83; durch die Beliebigkeit ist theoretisch jede denkbare Beziehung zwischen Bezeichnung und Bezeichnetem möglich.
Die Sprache als soziales System bedarf einer sprechenden Menge, um überhaupt existieren zu können, dies ist in ihrem „inneren Wesen“84begründet. Die Sprache und die sprechende Menge müssen als untrennbar angesehen werden:85
Unter diesen Voraussetzungen könne Sprache also existieren., es könne jedoch nicht von einer lebendigen Sprache die Rede sein.86Gäbe es keine sprechende Menge innerhalb der Zeit, sondern beispielsweise nur ein Individuum, so würden sich die Beziehungen zwischen Bezeichnetem und Bezeichnung vielleicht nicht verschieben; ohne die Wirkung der Zeit wäre Sprache nicht wirklich real.87Um also etwas Wirkliches darzustellen, muss dem obigen Schema noch das Element der Zeit hinzugefügt werden88:
Die Sprache erweist sich also einerseits als dynamisch, denn sie entwickelt sich durch die Verschiebungen, die durch die Beliebigkeit der Zeichen möglich sind, andererseits bleibt sie für den Sprachbenutzer auch durch die Beliebigkeit und ihrer Überwindung durch Konventionen ein fixes, unveränderliches System.
Hildenbrandt empfindet die Ausführungen de Saussures in diesem Punkt als „unklar und fragmentarisch“89, er sage an dieser Stelle nicht mehr, als dass Bezeichnetes und Bezeichnung ein „voneinander unabhängiges Leben führen.“90
Es ist jedoch eine ungeschriebene Weisheit, dass Sprache sich verändert, dass sich insbesondere die Bedeutung bestimmter Wörter ändert; dies lehrt die Lebenserfahrung. Wenn de Saussure auch vielleicht nicht hinreichend auf die Gründe für die Veränderlichkeit eingeht, so weist er doch zumindest explizit darauf hin, um diesen Sachverhalt ins Bewusstsein zu holen, nachdem er zuvor die Unveränderlichkeit von Sprachzeichen ausgebreitet hatte.
6. Trennung von Synchronie und Diachronie (Petra Schürmann)
Saussure betrachtete Sprache von zwei unterschiedlichen Standpunkten. Er differenzierte zwischen zwei Arten von Sprachwissenschaften bzw. zwei Untersuchungsebenen - die synchronische und die diachronische Ebene, verbunden mit dem Postulat einer ausschließlich synchronischen Betrachtungsweise derlangue.91
De Saussure stellt die Beziehungen von Synchronie und Diachronie in folgendem Schema dar:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die AB-Achse ist in diesem Fall die synchronische Achse der Gleichzeitigkeit.92Die CD-Achse ist die diachronische Achse der Aufeinanderfolge.93
Die synchronische Untersuchung beschäftigt sich mit dem Zustand einer Sprache, wie er in der Gegenwart oder zu einem bestimmten, eng begrenzten Zeitraum der Vergangenheit
feststellbar ist.94Dieser Zustand ist die Anhäufung aller sprachlichen Äußerungen, die eine Sprachgemeinschaft während eines bestimmten Zeitabschnittes hervorbringt.95 Hier wird das Sprachsystem selbst und seine jeweilige Struktur festgestellt. Dabei müssen alle historischen Komponenten außer Acht gelassen werden, die die zu untersuchende Sprache beeinflusst haben.
Auf der synchronischen Ebene wird dielangageuntersucht und syntagmatische und paradigmatische Beziehungen analysiert.96
Nach de Saussure ist alles synchronisch, was sich auf die statische Seite der Wissenschaft bezieht.97 F. de Saussure:
„Die synchronische Sprachwissenschaft befasst sich mit logischen und psychologischenVerhältnissen, welche zwischen gleichzeitigen Gliedern, die ein System bilden, bestehen, sowie wahrgenommen werden.“98
Die diachrone Betrachtungsweise untersucht die Entwicklung einer Sprache oder einzelner Aspekte davon innerhalb eines längeren Zeitraumes.99
Hier geht es um die im Verlaufe der Zeit eintretende Evolution einer Sprache, um eine endlose Abfolge von Sprachzuständen.100Die historische Sprachwissenschaft analysierte die Sprache unter diachronischen Gesichtspunkten und zeigte damit auf, wie sich jedes System im Laufe der Zeit stark veränderte.
Nach de Saussure ist alles diachronisch, was mit den Entwicklungsvorgängen zusammenhängt.101
F.de Saussure:
«Die diachronische Sprachwissenschaft untersucht dagegen die Beziehungen, die zwischenaufeinanderfolgenden Gliedern obwalten, die von einem in sich gleichen Kollektivbewusstsein wahrgenommen werden, und von denen die einen an die Stelle der andern treten, ohne dass sie unter sich ein System bilden.“102
6.1. Diskussion um strenge Trennung Synchronie/ Diachronie (Schürmann)
De Saussure unternimmt eine strenge Trennung der Dimensionen Synchronie und Diachronie. Er verteidigt die Vorrangstellung der Synchronie gegenüber der Diachronie mit dem Argument, dass die Synchronie für die Masse der Sprechenden die wahre und einzige Realität sei.103
De Saussure führt hier den Vergleich des Schachspiels an.104
Schach sei demnach die künstliche Verwirklichung dessen, was die Sprache in ihrer natürlichen Form darstellt. Der Spielzustand entspricht dem Zustand der Sprache. Jede Figur hat ihren Wert unabhängig von ihrer jeweiligen Stellung wie auch jedes Sprachglied im System. Die Veränderung der Stellung hängt von den Spielregeln ab bzw. von den feststehenden Grundsätzen der Semiologie. Jeder erneute Zug wirkt sich auf das System aus und ein neues losgelöstes entsteht. De Saussure ist der Auffassung, es sei völlig gleichgültig was sich zuvor im System verändert habe, wichtig sei nur die Anordnung im Moment und genau hier zeige sich der Unterschied zwischen Synchronie und Diachronie.
Mit diesem Vergleich erklärt de Saussure die Notwendigkeit der Trennung von historischer Analyse und Synchronie.
Das Historische würde damit aber zu einer völlig selbständigen Dimension, die keinen Einfluss mehr auf die Erkenntnis der Systeme hätte. Die Strukturen des Systems selbst erschienen nur als statische Gebilde, deren Entwicklung ignoriert wird oder von äußeren Zufällen abhängig ist.
Eine solche Trennung kann jedoch nur aus methodologischen Gründen gerechtfertigt sein, da beide untrennbar miteinander verbunden sind. Es gibt stets einen Schnittpunkt zwischen den beiden Achsen wie im Diagramm dargestellt.105Die diachronische Betrachtungsweise setzt vielmehr eine synchrone voraus. Zunächst muss der Zustand eines strukturierten Systems untersucht werden, damit im folgenden diachronisch die Veränderung eines Zustandes untersucht werden kann.106
Die beiden Forschungsrichtungen schließen sich demnach ( im Gegensatz zu de Saussure ) nicht aus sondern müssen dialektisch gegenübergestellt werden.
Literaturverzeichnis
Bentele, Günter/ Bystrina, Ivan: Semiotik. Grundlagen und Probleme. Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz: Kohlhammer, 1978.
Benveniste, Émile: Probleme der allgemeinen Sprachwissenschaft. München: Paul List Verlag, 1974.
Bünting, Karl-Dieter: Einführung in die Linguistik.15. Aufl. Bad Langensalza:Beltz Athenäum, 1996.
Crystal, David: Einführung in die Linguistik. Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz: Kohlhammer, 1975.
Ege, Niels: Das sprachliche Zeichen ist willkürlich (1943). In: Naumann, Hans (Hrsg.): Der moderne Strukturbegriff. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1973. Gipper, Helmut: Sprachwissenschaftliche Grundbegriffe und Forschungsrichtungen. München: Max Hueber Verlag, 1978.
Hildenbrandt, Eberhard: Versuch einer kritischen Analyse des Cours de linguistique générale von Ferdinand de Saussure. Marburg: N.G. Elwert, 1972.
Imhasly, Bernard/ Marfurt, Bernhard/ Portmann, Paul: Konzepte der Linguistik. Eine Einführung. 3. Aufl. Wiesbaden: AULA-Verlag, 1986.
Motsch, Wolfgang: Zur Kritik des sprachwissenschaftlichen Strukturalismus. Berlin: Akademie-Verlag, 1974.
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Scheerer, Thomas M.: Ferdinand de Saussure. Rezeption und Kritik. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1980.
Vigener, Gerhard: Die zeichentheoretischen Entwürfe von F. de Saussure und Ch. S. Peirce als Grundlagen einer linguistischen Pragmatik. Tübingen: Gunter Narr Verlag, 1979.
[...]
1 Vgl. Imhasly, S.63.
2 Vgl. Imhasly, S.63.
3Vgl. Imhasly, S.66,67.
4Vgl. Bentele, S.35.
5Vgl. Motsch, S.43.
6Vgl. Nickel, S.57.
7Vgl. Motsch, S.43.
8Vgl. Nickel, S.58.
9Vgl. Bentele, S.30.
10Vgl. Imhasly, S.69.
11Vgl. Bentele, S.23,24.
12Vgl. Imhasly, S.65.
13Vgl. Bentele, S.23,24.
14Vgl. Imhasly, S.65.
15Vgl. Bentele, S.35.
16Vgl. Motsch, S.43.
17Vgl. Imhasly, S.63.
18Vgl. Crystal, S.143.
19Vgl. Gipper, S.60.
20Vgl. Bentele, S.33.
21Vgl. Nickel, S.59.
22Vgl. de Saussure, S.22.
23Vgl. de Saussure, S.22; Nickel, S.58.
24Vgl. Crystal, S.143.
25Vgl. de Saussure, S.27.
26Vgl. de Saussure, S.29.
27Vgl. de Saussure, S.78; Gipper, S.41.
28Vgl. de Saussure, S.77.
29Vgl. Nickel, S.62.
30Vgl. de Saussure, S.77.
31Vgl. de Saussure, S.78.
32Vgl. Bentele, S.32.
33Vgl. Nickel, S.63.
34Vgl. Nickel, S.63.
35Vgl. Bentele, S.35.
1Bünting, S. 34.
2De Saussure, S. 79.
3Vigener, S. 42.
4Vgl. Hildenbrandt, S. 38.
5Vgl. Bünting, S. 35.
6De Saussure, S. 80.
7De Saussure, S. 83.
8De Saussure, S. 80.
9De Saussure, S. 81.
10De Saussure, S. 81.
11De Saussure, S. 81.
12Vgl. Hildenbrandt, S. 38.
13De Saussure, S. 81.
14Vgl. Hildenbrandt, S. 39.
15Vgl. Hildenbrandt, S. 39.
16De Saussure, S. 80.
17Vgl. Scheerer, S. 113.
18Vgl. Benveniste, S. 62 f.
19Vgl. Benveniste, S. 64.
20Vgl. Ege, S. 113 f.
21Hildenbrandt, S. 40.
22Vgl. Hildenbrandt, S. 40.
23De Saussure, Nachwort, S. 332.
24Vgl. De Saussure, S. 82.
25De Saussure, S. 82.
26De Saussure, S. 82.
27Vgl. De Saussure, S. 82.
28Vgl. Hildenbrandt, S. 43.
29Vgl. Scheerer, S. 104.
30Vgl. Scheerer, S. 104.
31Vgl. Scheerer, S. 104.
32Scheerer, S. 105.
33Vgl. Scheerer, S. 106.
34Vgl. Scheerer, S. 106 f.
35De Saussure, S. 147.
71Vgl. de Saussure, S.84,85.
72Vgl. de Saussure, S.84.
73Vgl. de Saussure, S.85.
74Vgl. de Saussure, S.86.
75Vgl. de Saussure, S.86/87.
76Vgl. de Saussure, S. 86.
77De Saussure, S. 87.
78De Saussure, S. 88.
79Vgl. De Saussure, S. 89.
80Vgl. De Saussure, S. 90.
81Vgl. De Saussure, S. 88.
82Vgl. De Saussure, S. 88.
83Vgl. De Saussure, S. 89.
84De Saussure, S. 91.
85Vgl. De Saussure, S. 91.
86Vgl. De Saussure, S. 92.
87Vgl. De Saussure, S. 92.
88Vgl. de Saussure, S. 92.
89Hildenbrandt, S. 47.
90Hildenbrandt, S. 47.
91Vgl. Bentele, S. 34.
92Vgl. de Saussure, S.94; Crystal, S.139.
93Vgl. de Saussure, S.94; Crystal, S.139.
94Vgl. Nickel, S. 60.
95Vgl. Crystal, S.138.
96Vgl. Bentele, S.34.
97Vgl. de Saussure,S. 96
98Vgl. de Saussure,S. 119.
99Vgl. Nickel, S.60.
100Vgl. Crystal, S.138.
101Vgl. de Saussure,S. 96. 102Vgl. de Saussure,S. 119.
103Vgl. de Saussure,S.96,106.
104Vgl. de Saussure,S.104-106.105Vgl. Crystal, S.139.
106Vgl. Nickel, S.60,61.
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