Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsbestimmung
2.1 Gegenstand der Sozialen Arbeit
2.2 Die soziale Frage
2.3 Wissenschaft und Praxis der Sozialen Arbeit
3. Die Soziale Arbeit im Wandel der Zeit
3.1 Die Entwicklung der Sozialen Arbeit
3.2 Heutiges Verständnis der Sozialen Arbeit
4. Die Veränderung der sozialen Frage
4.1 Zusammenhang zwischen dem gesellschaftlichen Wandel und der sozialen Frage
4.2 Der Wandel der sozialen Frage von Beginn an bis Heute
5. Ist die Soziale Arbeit die Antwort auf die soziale Frage?
5.1 Der Zusammenhang zwischen der Sozialen Arbeit und der sozialen Frage
6. Schlussbemerkung
7. Literaturverzeichnis
8. Internetartikel
1. Einleitung
In der vorliegenden Hausarbeit beschäftige ich mich mit dem Themenbereich der Sozialen Arbeit in Bezug auf die soziale Frage. Wie im Titel schon beschrieben, bezieht sich die folgende Hausarbeit auf die Frage, ob die Soziale Arbeit eine Antwort auf die soziale Frage darstellt. Im ersten Teil werden die Begriffe Wissenschaft und Praxis der Sozialen Arbeit, der Gegenstand der Sozialen Arbeit und die soziale Frage definiert. Im zweiten Teil wird die Entwicklung und Veränderung der Sozialen Arbeit, wie auch der sozialen Frage im Wandel der Zeit betrachtet. Die Darstellung der Sozialen Arbeit und der sozialen Frage beschreibe ich im zweiten Teil, um im Anschluss des diesen Teils genauer auf die Zusammenhänge der Sozialen Arbeit und der sozialen Frage eingehen zu können. Die dann aufgeführten Zusammenhänge sollen Aufschluss darüber geben, ob die Soziale Arbeit die Antwort auf die Soziale Frage ist. Im weiteren Verlauf der Hausarbeit wird sich nun mit den gerade vorgestellten Themenbereichen anhand von Fachliteratur auseinandergesetzt.
2. Begriffsbestimmung
2.1 Gegenstand der Sozialen Arbeit
Was ist überhaupt mit dem Gegenstand der Sozialen Arbeit gemeint? Der folgende Abschnitt soll die Bedeutung des Gegenstands der Sozialen Arbeit genauer erläutern. Der Gegenstandsbereich hat eine sehr wichtige Funktion, da die Soziale Arbeit nur als Wissenschaft gelten kann, wenn der Gegenstandsbereich bestimmt wird. In den Sozial- und Geisteswissenschaften ist die Beschreibung des Objektbereiches nicht so einfach wie in anderen Wissenschaften, z.B. in den Naturwissenschaften. Die Soziale Arbeit kann nur als eigene Disziplin beschrieben werden, wenn klar ist, welche gesellschaftlichen Bezugsprobleme sie von anderen Disziplinen unterscheidet (Lambers 2016, S.208). „Bei dem Gegenstandsbereich (oder auch Objektbereich) einer Wissenschaft handelt es sich um die Gesamtheit der Eigenschaften, Strukturmerkmale, Prozesse und Bewegungsgesetze bestimmter (materieller oder ideeller) Objekte, die von der betreffenden Wissenschaft untersucht werden“ (Engelke, Spatscheck & Borrmann 2016, S.229). Die Beschreibung des Gegenstandsbereiches wird einfacher, wenn das Bezugsproblem eingegrenzt wird (Lambers 2016). Wenn nun das Bezugsproblem (Objektbereich) genauer beschrieben wird, kann eine genaue Gegenstandsbeschreibung formuliert werden. Staub-Bernasconi beschreibt das Bezugsproblem, als: „Soziale Gerechtigkeit, Realitäten, die als sozial und kulturell problematisch bewertet werden“ (Staub Bernasconi 1991, S.3) und damit als soziale Probleme gelten“ (Lambers 2016, S. 216). Durch das konkrete bestimmen des Bezugsproblems, lässt sich eine genauere Definition für den Gegenstandsbereich formulieren.
„Sein Gegenstand [der Beruf der Sozialen Arbeit, S.B.] sind soziale Probleme im engeren und im weiteren Sinne. Soziale Arbeit ist also, will man sie nicht bereits definito- risch disziplinieren, zunächst weder identisch mit einer bestimmten Altersgruppe, Randgruppenklientel, Praxis oder Funktion. Sie ist auch kein klar von vornehinein abgrenzbares organisationelles Arbeitsfeld, sondern sozial gebündelt, reflexive wie tätige Antwort auf bestimmte Realitäten, die als sozial und kulturell problematisch bewertet werden“ (Staub-Bernasconi 1991, S. 3, zitiert bei Borrmann 2016, S. 59). Staub- Bernasconi beschreibt in ihrer Definition den Gegenstand als „soziale Probleme“. Im weiteren Sinne ist traditionell und international der Gegenstandsbereich der Sozialen Arbeit das Verhindern und Bewältigen sozialer Probleme (Engelke, Spatscheck & Borrmann 2016, S. 20). Der Gegenstandsbereich der Sozialen Arbeit lässt sich im All- gemeinen leider nicht einheitlich definieren, da jeder Theoretiker eine andere Betrachtungsweise auf den Gegenstandsbereich der Sozialen Arbeit hat (Borrmann 2016, S.56). Im Folgenden wird sich mit der Begriffsbestimmung der sozialen Frage beschäftigt.
2.2 Die soziale Frage
„Die soziale Frage bezeichnet dabei zunächst die sozialen und politischen Konsequenzen einer allmählichen Transformation der ständisch - absolutistischen Gesellschaft, die von der Dominanz des Agrarsektors und der Regelung der Gewerbe und Zünfte geprägt wurde, in eine liberal - kapitalistische Markt- und Industriegesellschaft“ (Ritter 1998, S. 1).
Die soziale Frage wird ab Mitte des 19. Jahrhunderts mit den Folgen der Industriellen Revolution verbunden. Aufgrund der raschen Entwicklung der Industrie, wurden immer mehr Fabriken in den Städten erbaut. Durch das große Angebot an neuen Arbeitsplätzen zog es einen großen Teil der Landbevölkerung in die Städte, um Arbeit zu finden. Das Problem an der Industrialisierung und das Aufkommen der sozialen Probleme kamen dadurch zustande, dass es nicht genug Arbeitsplätze für die vielen arbeitssuchenden Menschen gab, und für diejenigen, die eine Arbeit fanden, waren die Arbeitsbedingungen in den Fabriken entwürdigend und die Löhne der Arbeiter waren sehr gering. Durch diese entstandenen Probleme und die daraus resultierende soziale Frage, wurden von verschiedenen Organisationen und Parteien Ideen dazu entwickelt (Schneider & Toyka- Seid, 2019). Weitere soziale Probleme und damit weitere soziale Fragen der industriellen Revolution stellten die Kinderarbeit, lange Arbeitszeiten und elende Wohnverhältnisse, die durch den damaligen Wandel entstanden sind, dar (Der Brockhaus Multimedial, 2008).
2.3 Wissenschaft und Praxis der Sozialen Arbeit
Bei der Begriffsbestimmung der Wissenschaft beschäftigt man sich mit der Frage: Was ist wahr bzw. unwahr? Die genauere Aufgabe der Wissenschaft in der Sozialen Arbeit, ist begründetes, aus Forschung und Praxisevaluation, gewonnenes Wissen zu sammeln und es der Praxis der Sozialen Arbeit zur Verfügung zu stellen (Engelke, Spatscheck & Borrmann 2016, S. 18). Der genauere Sinn und Zweck der Sozialen Arbeit besteht daraus, dass mit den erforschten wissenschaftlichen Erkenntnis- und Forschungsmethoden soziale Probleme verhindert werden sollen, beziehungsweise die sozialen Probleme durch die erforschten wissenschaftlichen Erkenntnis- und Forschungsmethoden in der Praxis der Sozialen Arbeit genutzt werden, um soziale Probleme zu bewältigen. (Engel- ke, Spatscheck & Borrmann 2016, S.20f.). Dies zeigt auf, dass ein enger Zusammenhang zwischen der Wissenschaft und der Praxis der Sozialen Arbeit besteht, denn die Soziale Arbeit befasst sich in der Praxis mit professionellen Handlungsmethoden, auf der Grundlage wissenschaftlichen Methoden, damit soziale Probleme im Alltag der Sozialen Arbeit konkreter verhindert und oder bewältigt werden können (Engelke, Spatscheck & Borrmann 2016, S. 21). Nachdem nun die Begriffe Gegenstand, Wissenschaft und Praxis der Sozialen Arbeit, wie auch der Begriff der sozialen Frage bestimmt wurden, möchte ich im folgenden Abschnitt die Entwicklung der Sozialen Arbeit näher betrachten.
3. Die Soziale Arbeit im Wandel der Zeit
3.1 Die Entwicklung der Sozialen Arbeit
Im europäischen Mittelalter bildeten die Zünfte und das Bürgertum für die Menschen, die in einem grundherrschaftlichen Familienverband oder in einer Handwerkerorganisation waren, eine soziale Sicherung. Für alle anderen Menschen blieb nur eine Unterstützung durch private „Liebestätigkeit” (z.B. Caritas) übrig (Engelke, Spatscheck & Borr- mann 2016, S. 65). Wenn die Menschen dort auch keine Unterstützung bekamen, blieb ihnen nichts anders übrig, als zu betteln. Dadurch bekamen Menschen, die einer Zunft angehörten und arm waren, Unterstützung durch die Zunft. Und alle anderen Menschen, die keiner Zunft angehörten und arm waren, lebten von den Almosen und der Bettelordnung, die von den Städten festgelegt wurden. Ein zentraler Ort für die Armenfürsorge, die durch die Städte betrieben wurden, war das Armenhaus oder das Hospital. Es wurde aber sehr schnell differenziert in Armen-, Waisen-, und Aussätzigenhäuser, so wie viele weitere verschiedene Hospitäler. Meist war der Träger und Betreiber einer solchen Einrichtung die Kirche. Die Spenden an die Häuser waren meist religiös motiviert. Dies ergab sich daraus, dass die Armenlehre und die dazugegeben Spendentheorien im Mittelalter durch einen sehr dominanten religiösen und theologischen Einfluss geprägt waren. Einen großen Einfluss auf die Almosenlehre hatte zum Beispiel Thomas von Aquin, der durch seine aufgestellten Thesen die Almosenlehre über die Jahrhunderte hin geprägt und beeinflusst hat. Im genaueren zählte zu den Aufgaben der Mitarbeiter in den Hospitälern, sich um die Verwaltung und die Verteilung der Almosen kümmern. Ebenfalls mussten sie sich mit der Leitung der Hospitäler und der Durchsetzung der Bettelordnung beschäftigen. Des Weiteren beschäftigten sie sich mit der Durchsetzung der Sozialdisziplinierung. Die städtischen-bürgerlichen Einrichtungen wurden meist von Armenpflegern oder Armenvögten betrieben. Die kirchlichen Hospitäler hingegen, wurden von Klerikern oder Ordensmitgliedern verwaltet (Engelke, Spatscheck & Borrmann 2016, S. 66). Ab dem 15. Jahrhundert gab es nachweislich in ganz Europa zur Armut, Armutsentstehung und der Armutsbekämpfung verschiedene Theorien. Diese Theorien wurden an verschiedenen europäischen Universitäten gelehrt. Ab dem 16. Jahrhundert an, wurden Arme und Bettler zunehmen als Menschen angesehen, und es wurde mehr Wert auf die Besserung und Erziehung gelegt. Im weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts wurden Ordnungsmaßnahmen und Förderprogramme für Arme und Bettler, wie z.B. von Juan L. Vives, entwickelt. Durch die Gründung von Armenschulen entstanden zahlreiche Schriften, die aufzeigten, dass eine enge Verknüpfung zwischen der Armenerziehung und der Armenfürsorge bestand. Als Grundlage der deutschen Aufklärung gilt die Abhandlung „Die Erziehung des Menschengeschlechts“ (Engelke, Spatscheck & Borr- mann 2016, S.67) von Gotthold Ephraim Lessings (Engelke, Spatscheck & Borrmann 2016, S. 67). Im weiteren Verlauf der Jahrhunderte - in der Vorzeit der Französischen Revolution - schrieben zum Beispiel der Franzose Jean Jacques Rousseau und der Schweizer Johann Heinrich Pestalozzi verschiedene Werke, die - ihrer Zeit voraus - Theoriebildungen entwickelt haben, welche in der modernen Arbeit eine große Achtung genießen. Die nächste Veränderung in der Entwicklung zur Sozialen Arbeit entstand durch die Industrialisierung und der sich mitführenden Urbanisierung. Im 18. und 19. Jahrhundert kam es dann zu neuen Bildungs- und Erziehungsidealen, die auch für die unteren Schichten angedacht waren. Zudem wurde der Begriff der Armenpflege von den Begriffen der Armenfürsorge und später dann auch von dem Begriff der Wohlfahrtspflege abgelöst. So wurden auch die Sozialpolitisierung und Sozialdisziplinierung durch die Entstehung von freien Wohlfahrtsverbänden fester Bestandteil der Wohlfahrtspflege. Die Industrialisierung führte zu einer rasanten Umgestaltung der betroffenen Länder, was bedeutsame soziale Folgen hatte (Schilling & Klus 2018, S. 28f.). Durch die Industrialisierung kam es in den Städten zu einem Übergang von agrarisch-handwerklichen zu einem kapitalistischem-industriellen Wirtschaftssystem und zu einer Überbevölkerung. Dies war wesentlich für die Bedeutung des Bereichs des Armutswesen (Schilling & Klus 2018, S. 28f.). Durch den Ausbau der Infrastruktur wurde die Mobilität der Menschen immer größer. Dadurch wanderten immer mehr Menschen aus den ländlichen Regionen in die Städte ein, da es dort einen Zuwachs an Fabriken und damit auch an Arbeitsplätzen gab. Dies veränderte aber ebenfalls in den Städten die sozialen und ethnischen Zusammensetzungen zwischen jungen und alten Menschen, wie auch zwischen Arm und Reich. Durch den starken Bevölkerungsanstieg in den Städten lebten viele Menschen auf engem Raum und unter prekären Lebensbedingungen. Da ein Großteil der Menschen in den Fabriken arbeitete, stellten die Lohnarbeiter in den Städten die größte soziale Gruppe dar, die unter besonders ärmlichen Lebensverhältnissen, unter gefährlichen Lebensbedingungen und mit langen Arbeitszeiten leben mussten. Damit die Arbeiterfamilien überleben konnten, mussten auch die Frauen und Kinder einer Arbeit nachgehen. Eine Versicherung für die Menschen gab es damals noch nicht. Daher herrschte in den Städten Hunger, Krankheiten und Obdachlosigkeit. Dadurch, dass der Wohnraum kaum bezahlbar war und viele Menschen in den Städten lebten, kam es zum Phänomen der Massenarmut, die auch als Pauperismus bezeichnet wird (Kelch 2014). Aufgrund der schlechten Lebensbedingungen und der damit entstandenen sozialen Frage, wurden verschiedene Lösungsansätze entwickelt. Der damalige Reichskanzler Otto von Bismarck führte eine staatliche Sozialgesetzgebung ein, um die schlechten Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern. Dies legte eine Grundlage für den entstehenden Sozialstaat. Im weiteren entwickelten Karl Marx und Friedrich Engels Ansätze für eine neue Gesellschaftsordnung - den Kommunismus. Dieser Ansatz wurde von Marx und Engels entwickelt, um den damaligen „Klassenkampf“ zwischen den wohlhabenden Bürgern und den Fabrikarbeitern zu beenden. Im Zuge dessen entstanden Arbeitervereine und Gewerkschaften, wodurch die Arbeiter im Kollektiv über einen längeren Zeitraum mehr Druck auf die Politik ausüben konnten und somit kleinere Erfolge erzielten, wie die Verbesserung der prekären Lebensverhältnisse der Fabrikarbeiter und deren Familien (Schwabe o.J.). Ein nächster großer Meilenstein in der Entwicklung der Sozialen Arbeit entstand am Anfang des 20. Jahrhunderts. Zu diesem Zeitpunkt wurde endgültig der Begriff der Armenpflege durch den Begriff der Wohlfahrtspflege ersetzt. Die Vergesellschaftung der Fürsorge unterschied sich deutlich zu den Strukturen der Armut und Hilfe. Die alte Armenpflege und die dadurch entstandene Wohlfahrtspflege sollten sich im 20. Jahrhundert zu der heutigen Sozialen Arbeit entwickeln. Nun ging es in der Wohlfahrtspflege darum, sich von der Sozialpolitik des Staates abzugrenzen. Es ging, um die begriffliche Klärung und Abgrenzung der beiden Arbeitsgebiete der Wohlfahrtspflege der freien Verbände von der Sozialpolitik. Die alte Wohlfahrtspflege beschäftigte sich nur mit den äußeren Seiten der menschlichen Not, wie Kleidung, Nahrung, Unterkunft, Bildung und Moral. Wohingegen die neue Fürsorge sich auch mit der anderen Seite des Menschen, seiner inneren Natur, beschäftigte. In dem Fall wird nicht nur die Armut als die menschliche Not gesehen, sondern auch das Erleben und Erleiden der Armut in der Fürsorge berücksichtigt. Eine weitere Veränderung war, dass die alte Erziehung nur von den Schwierigkeiten ausging, die ein Kind machte. Die neue Erziehung hingegen ging von den Schwierigkeiten aus, die das Kind hatte. So gesehen fand in der Fürsorge in Bezug auf die Arbeit mit dem Menschen eine Umwertung zum „ganzen Menschen“ statt (Schilling & Klus 2018, S. 37). Einen sehr großen Schritt in der Entstehung der Sozialen Arbeit leistete Alice Salomon. Sie beeinflusste die Soziale Arbeit als professionellen Berufszweig in Deutschland wie kaum jemand anderes. Sie gab für Praxis, Theorie und Ausbildung wegweisende Impulse, die bis in die heutige Zeit noch Wirkung haben. Ebenfalls gilt Salomon als Repräsentantin der Frauenbewegung. Ebenso ist sie eine Pionierin der gesellschaftlichen Reformbewegung und gilt als Gründerin des sozialen Frauenberufes. Ziel von Salomon war es, Frauen die soziale Hilfearbeit zu ermöglichen und sie für die Tätigkeit in der Sozialen Arbeit vorzubereiten, damit sie für die dortigen Tätigkeiten qualifiziert sind. Ein weiterer Gedanke war, dass durch die Beteiligung der Frauen in der Sozialen Arbeit diese gleichzeitig an gesellschaftlichen Reformen beteiligt werden. In der Industriegesellschaft herrscht eine andauernde Not durch Ursachen, auf die der einzelne Mensch keinen Einfluss hat, die aber durch gesellschaftliche Umstände bedingt sind. Diese Not kann unterschiedliche Ursachen habe, wie zum Beispiel wirtschaftliche, geistig-sittliche, gesundheitliche oder weitere Ursachen, die im Menschen liegen (Schilling & Klus 2018, S. 38). Das Ziel der Wohlfahrtspflege ist es, die Entwicklung der Persönlichkeit des Menschen durch die optimalste Anpassung des Menschen an seine Umwelt, aber auch die Anpassung der Umwelt an die betreffenden Bedürfnisse des Menschen zu unterstützen, um eine bestmöglichste Entwicklung zu erreichen. Dafür sollte eine soziale Diagnose erstellt werden. Diese Erstellung der sozialen Diagnose stellte für Salomon dann die Grundlage dar, um den Menschen besser helfen zu können. In den sozialen Diagnosen sollten die wichtigsten psychosozialen Daten mit der Klientel zusammen festgestellt werden. Salomon war es wichtig, dass die Aufgaben in der Wohlfahrtspflege von ausgebildeten Fachkräften übernommen werden. Sie gründete 1908 im Berliner Pestalozzi-Fröbelhaus die erste zweijährige, überkonfessionelle Soziale Frauenschule in Deutschland und war bis 1927 dort Direktorin. Des Weiteren gründete Salomon Weiterbildungsinstitutionen für soziale und pädagogische Frauenarbeit (Schilling & Klus 2018, S. 39). Zu Beginn der einsetzenden Sozialpolitik der nationalsozialistischen Parteidiktatur waren viele Menschen in Deutschland arbeitslos. Dadurch zielte die Partei zunächst auf die Zerschlagung der öffentlichen und privaten Fürsorgestrukturen, auf die Einrichtung von Arbeitsbeschaffungspro-grammen und der schrittweisen politischen Gleichschaltung der Republik ab. In dieser Zeit wurde das gesamte Wohlfahrtswesen übernommen und danach die Bedeutung der Wohlfahrtspflege, in die vom Staat organisierte „Volkspflege“ bzw. die „Erb- und Ras-senpflege“ umgewandelt. Den kirchlichen Wohlfahrtsverbänden blieb lediglich die Sor-ge um die sogenannte „Minderwertigen“. Diese Gruppe beinhaltete Kriminelle, Ob-dachlose, Arbeitsscheue, Erbkranke und Anstaltsinsassen aller Art (Schilling & Klus 2018, S. 40). Nach dem Zweiten Weltkrieg versuchten die Fachkräfte wieder dort anzu-setzen, wo der Entwicklungsprozess der Fürsorge bzw. der Sozialen Arbeit als Ausbil-dungssystem und Profession von dem Nationalsozialismus unterbrochen wurde. So wurde nach dem Wiederaufbau das System der Weimarer Republik erst einmal beibe-halten. Aber durch die Beeinflussung der Westalliierten wurde der Wiederaufbau der Sozialen Arbeit nach dem Muster des Sozialwesens in hohem Maße von England und den USA geprägt. Es wurden Methoden, wie zum Beispiel die Einzelfallhilfe, Gruppen-arbeit und Gemeinwesenarbeit übernommen (Schilling & Klus 2018, S. 41f.). Die nach den beiden Weltkriegen entstandene moderne Gesellschaft mit der modernen Sozialen Arbeit, als gesellschaftliche Reaktion auf die spezifischen sozialen Probleme der mo-dernen Gesellschaft, sind am Ende des 20. Jahrhunderts weltweit verbreitet (Engelke, Spatscheck & Borrmann 2016, S. 83f.). Die Soziale Arbeit wurde in allen modernen Industriestaaten ein großes Beschäftigungsfeld. Mit der Zunahme der Aufgaben und Arbeitsfelder wuchs auch die Anforderung an die Ausbildung und Wissenschaft der Sozialen Arbeit. In den 1960er Jahren wurde im Zuge der Bildungsreform in Deutsch-land die Ausbildung für Sozialwesen/Sozialpädagogik von den Höheren Fachschulen der Bildungsbereich an die neu gegründeten Fachhochschulen verlegt (Engelke, Spatscheck & Borrmann 2016, S. 93f.). Durch die Verlegung der Bereiche an Fach-hochschulen wurde somit seit den 1960er Jahren die Berufsbezeichnung Sozialarbeite-rInnen/SozialpädagogInnen verwendet. Damit war die Soziale Arbeit auf dem Weg zur Professionalisierung. Im heutigen Zeitalter sind die Bereiche Sozialarbeit und Sozialpä-dagogik zusammengewachsen. Die beiden Bereiche sind im Laufe der Zeit soweit mit-einander verschmolzen, dass es gerechtfertigt erscheint, alle Tätigkeiten in den sozialen Feldern unter dem Oberbegriff der Sozialen Arbeit zu behandeln (Schilling & Klus 2018, S. 107f.). Seit Beginn des 21. Jahrhunderts boomt das Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit. Es gibt derzeit mehr Arbeitsplätze als Absolventen an Fachhochschulen und ein Anstieg an Fort- und Weiterbildungen in der Sozialen Arbeit ist auch festzustellen. Die Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit erweitern sich ebenfalls noch, da neue Aufgabenfel- der, wie zum Beispiel Arbeiten im Bereich der Flüchtlingshilfe, entstehen (Engelke, Spatscheck & Borrmann 2016, S. 114). Nach der ausführlichen Betrachtung der Ent-wicklung der Sozialen Arbeit, wie sie in den letzten Jahrhunderten entstanden ist und welche Fortschritte sich erreicht hat, wird sich nun im weiteren Verlauf der Hausarbeit mit dem Themenpunkt des heutigen Verständnis der Sozialen Arbeit beschäftigt.
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