Bei der Lektüre des Textes zeigt sich, daß Goethe sich an einer Diagnose der Neuzeit nach durchgehenden, von der Zeit des historischen Faust des 16. Jahrhunderts bis in seine eigene Zeit reichenden Grundmustern, versuchte. Dargestellt wird im Faust II die Epoche des Übergangs von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Begleiterscheinungen wie Revolution, Restauration und beginnendem Aufstieg des Kapitalismus. Dazu bediente Goethe sich der sogenannten „symphronistischen“ Methode, was so viel bedeutet wie „analogisierendes und typisierendes Zusammendenken auseinanderliegender Zeiträume.“ Diese Hausarbeit stellt den Versuch dar, unter Beachtung der beschriebenen Methode, den ersten und den vierten Akt zu analysieren und die dem Text immanenten Analogien in Beziehung zu setzen zu den historischen Ereignissen der Neuzeit.
Inhaltsverzeichnis
I Einleitung
II Der historische Hintergrund des Kaiserhofs im Faust II
II.1 Der Feudalismus im Übergang dargestellt im ersten Akt
II.1.1 Der schwache Kaiser
II.1.2 Das Papiergeld als Wechsel auf den Tod des Feudalismus
II.1.3 Die Abbildung der Gesellschaft durch die Mummenschanz
II.1.4 Kurze Zusammenfassung des ersten Aktes
II.2 Revolution und Restauration - zentrale Themen des vierten Aktes
II.2.1 Revolution
II.2.2 Neue Herrschaft ohne Revolution
II.2.3 Krieg zwischen Kaiser und Gegenkaiser
II.2.4 Restauration
III Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
I Einleitung
Der erste Teil ist fast ganz subjektiv; es ist alles aus einem befangeneren, leidenschaftlicheren Individuum hervorge- gangen [...]. Im zweiten Teil aber ist fast gar nichts Subjekti- ves, es erscheint hier eine höhere, breitere, leidenschaftslo- sere Welt.1
Im zweiten Teil desFaustwird, wie auch diesem Zitat Goethes zu entnehmen ist, die große Welt thematisiert.2Zu diesem Zweck wird die Individualität, durch die sich die Personen im ersten Teil auszeichneten, zurückgenommen und statt dessen stark typisierte Personen gezeichnet, die mehr als „Träger allgemeiner Zwecke“3erscheinen.
Die große Welt umfaßt sowohl den sozialen und politischen Bereich als auch den Bereich von Wissenschaft und Kunst.4Thematisiert werden also die wichtigsten Komponenten, die eine Gesellschaft ausmachen und über die sie sich selbst definiert bzw. über die sie definiert wird. Aus der Tatsache, daß in dieser Hausarbeit eine Analyse des Ersten und des vier- ten Aktes desFaustII geleistet werden soll, leitet sich ab, daß die Darstel- lung der sozialen und politischen Bereiche von Gesellschaft im Mittelpunkt dieser Hausarbeit stehen wird, denn diese Bereiche werden in den beiden Akten vornehmlich thematisiert.
Bei der Lektüre des Textes zeigt sich, daß Goethe sich an einer Di- agnose der Neuzeit nach durchgehenden, von der Zeit des historischen Faust des 16. Jahrhunderts bis in seine eigene Zeit reichenden Grund- mustern, versuchte. Dargestellt wird imFaustII die Epoche des Über- gangs von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Begleiter- scheinungen wie Revolution, Restauration und beginnendem Aufstieg des Kapitalismus. Dazu bediente Goethe sich der sogenannten „symphronisti- schen“ Methode, was soviel bedeutet wie „analogisierendes und typisierendes Zusammendenken auseinanderliegender Zeiträume.“5 Diese Hausarbeit stellt den Versuch dar, unter Beachtung der be-schriebenen Methode, den ersten und den vierten Akt zu analysieren und die dem Text immanenten Analogien in Beziehung zu setzen zu den histo-rischen Ereignissen der Neuzeit.
II Der historische Hintergrund des Kaiserhofs im Faust II
II.1 Der Feudalismus im Übergang dargestellt im ersten Akt
II.1.1 Der schwache Kaiser
Im ersten Akt wird ein Bild der zerfallenden mittelalterlich feudalen Gesellschaft unter dem Aspekt ihrer ökonomischen, sozialen und kulturel- len Neuformation gezeigt. Der Kaiser als oberster Repräsentant der feuda- len Welt wird als genußsüchtiger Herrscher in Szene gesetzt. Obwohl er weiß, daß sich sein Reich in einer schwierigen Lage befindet, steht ihm der Sinn doch mehr nach Feiern als nach einer Sitzung mit dem Staatsrat, also mit den führenden Repräsentanten von Adel und Klerus.6Seine man- gelnde herrscherliche Kompetenz wird in den Darlegungen der Mitglieder seines Staatsrates sehr eingehend charakterisiert. Dabei werden die Tu- genden, die nach mittelalterlichem Weltbild, einen Herrscher auszuzeich- nen haben, nacheinander abgerufen und problematisiert.7
Den Ausführungen des Kanzlers über die Lage im Reich ist zu ent- nehmen, daß vor allem Raub und Unrecht herrschen.8Aus dieser Darstel- lung geht hervor, daß der Kaiser seiner Aufgabe als oberster Walter der Gerechtigkeit, die auch zu Beginn vom Kanzler als höchste Tugend ganz besonders betont wird9, nicht gerecht wird. Der Kanzler übt in seiner Rede auch deutlich Kritik an dieser Entwicklung und fordert Entschlüsse, Unrecht zu verhindern. Aus seiner Aussage „Entschlüsse sind nicht zu vermeiden“10läßt sich auch ablesen, daß der Kaiser dazu neigt, Ent- schlüsse aufzuschieben und somit seiner herrscherlichen Tätigkeit, die ja eigentlich gerade darin besteht, Entscheidungen zu fällen, nicht gewach- sen ist.
Auch aus den Ausführungen des Heermeisters läßt sich ein Fehl- verhalten des Kaisers ablesen. Neben die Tatsache, daß er es aufgrund seines Versagens als oberster Richter nicht schafft, Frieden im Innern des Reiches zu wahren, tritt nun die Feststellung des Heermeisters, daß das Reich „geplündert und verheert“11worden sei. Das bedeutet, daß der Kai- ser auch die zweite wichtige Aufgabe, sein Reich nach außen zu verteidi- gen, nicht erfüllen kann. Der Heermeister selbst führt die mißliche Lage, in der sich das Reich befindet, aber weniger auf den Kaiser selbst zurück als vielmehr auf den „Bürger“, den „Ritter“ und den „Mietsoldaten“12; womit angedeutet wird, daß der Niedergang des Reiches nicht nur auf das Fehl- verhalten des Kaisers allein zurückzuführen ist, sondern, daß vor allem auch die aufstrebenden Kräfte der neuen Zeit den ständisch gegliederten Feudalstaat vor entscheidende Probleme stellen und diesen dadurch in seiner Handlungsfähigkeit stark einschränken. So funktioniert das Heer nur noch in der gewohnten Weise, wenn der Sold pünktlich bezahlt wird. Aber dieser ist aufgrund der desolaten Finanzlage, in der sich das Reich gemäß den nun folgenden Ausführungen des Schatzmeisters befindet, nur noch schwer oder gar nicht mehr zu bezahlen.
Diese Finanzlage ist ebenfalls auf falsches Regierungsverhalten zurückzuführen. So sagt der Schatzmeister:
Wir haben so viel Rechte hingegeben, Daß uns auf nichts ein Recht mehr übrigbleibt. (Faust II, Verse 4839f.)
Ein mittelalterlicher Kaiser war vor allem aufgrund seiner königlichen Re- galien und der Lehen handlungs- und regierungsfähig, denn durch die kluge Vergabe derselben konnte er sich Vasallen verpflichten. Dieses „Do ut des“ - Prinzip bewährt sich jedoch nur, so lange der Kaiser etwas zu vergeben hat und auch zurückgegeben wird. In den Ausführungen des Schatzmeisters wird aber deutlich, daß beide Bedingungen nicht mehr erfüllt sind, denn diejenigen, die die Stützen des Staates waren, stellen zunehmend ihre eigenen Interessen über ihre Verpflichtungen dem Kaiser gegenüber, so daß er zu dem Schluß kommt:
Ein jeder kratzt und schart und sammelt, Und unsere Kassen bleiben leer.
(Faust II, Verse 4850f.)
Zu guter letzt klagt der Marschalk über die notwendigen Sparmaßnahmen und die daraus resultierende Unmöglichkeit, noch eine angemessene Hofhaltung organisieren zu können. Demnach ist auch die in dieser Zeit sehr bedeutende Repräsentativität des Hofes gefährdet.
Zusammenfassend läßt sich gemäß den Ausführungen der obers- ten Repräsentanten des Reiches sagen, daß sich das Reich in einer schweren Depression befindet. Es ist geprägt von vielfältigen Auflösungs- erscheinungen, die sich niederschlagen in vorrevolutionärer Stimmung und fast anarchisch zu nennenden Zuständen.13An dieser Stelle muß be- sonders betont werden, daß dem Kaiser durch die Ausführungen entweder direkt oder indirekt alle Tugenden, die nach mittelalterlichem Weltbild, ei- nen Herrscher auszuzeichnen haben, abgesprochen worden sind und daß dieser somit in seiner Legitimation stark gefährdet ist.14
II.1.2 Das Papiergeld als Wechsel auf den Tod des Feudalismus
Der Kaiser wendet sich, nachdem die Würdenträger des Reiches ih- re Ausführungen beendet haben, Mephistopheles, seinem neu ernannten Narren, mit den Worten zu: „Sag, weißt Du Narr nicht auch noch eine Not?“15Dieser reagiert auf die Frage, indem er nach den Ursachen der zuvor dargestellten Misere forscht und einen Vorschlag zur Behebung derselben macht. Mephistopheles führt die Probleme auf fehlendes Geld zurück und schlägt vor, dieses mit Hilfe „Begabten Manns Natur- und Geisteskraft“16zu beschaffen.
Damit ergeben sich jedoch für das im Feudalismus verankerte Reich vielfältige Probleme, denn zum einen trifft die Analyse Mephistos nicht den Kern des Problems, und zum zweiten werden die Schwierigkeiten des Reiches durch seinen Konsolidierungsplan nicht gelöst, sondern es werden neue geschaffen.
Das Fehlen von Geld ist bei näherer Betrachtung nämlich nicht die Ursache der miserablen Lage des Reiches. Es ist vielmehr eine der Folgeerscheinungen, die unter anderem auf die Unfähigkeit des Kaisers, sein Reich klug zu regieren, zurückzuführen ist. Das Schaffen von Geld mit Hilfe „Begabten Manns Natur- und Geisteskraft“ kann aber nicht zur Konsolidierung des Reiches führen, sondern es trägt vielmehr dazu bei, Prozesse in Gang zu setzen, die die gesellschaftliche Ordnung der Zeit, den Feudalismus, bis ins Mark erschüttern werden.
Zum einen wird durch das Vertrauen in „Begabten Manns Natur- und Geisteskraft“ die göttliche Ordnung und Allmacht, die einen Grundpfei- ler des damaligen Weltbildes ausmacht, in Frage gestellt, wie es der Kanz- ler, der zugleich auch Erzbischof des Reiches ist, sofort problematisiert.17 Zum anderen untergräbt die Etablierung der Geldwirtschaft und die damit verbundene Einführung des kapitalistischen Wirtschaftens das auf Grund- besitz beruhende wenig dynamische feudale System und trägt entschei- dend zur Auflösung der Ständeordnung bei.18Um es in den Worten Jens Kruses auszudrücken: Das Papiergeld „ist ein Wechsel auf das Leben des Kapitalismus und damit auf den Tod des Feudalismus.“19 Die von Mephistopheles gleichzeitig eingeforderte Tätigkeit der ge-sellschaftlichen Kräfte zur Deckung des Geldes20wird, wie sich im Laufe des ersten Aktes noch zeigen wird, nur von einem Teil der Gesellschaft übernommen und zwar den Bürgern in den Städten, die Gewerbe und Handel betreiben.21Durch das Papiergeld werden die alten Zustände demzufolge also nicht wiederhergestellt, sondern es werden neue ge-schaffen.
II.1.3 Die Abbildung der Gesellschaft durch die Mummenschanz
Die Funktion der Mummenschanz innerhalb der Handlungsfolge des ersten Aktes wird in der Sekundärliteratur ganz unterschiedlich gedeu- tet. Die Ausführungen dieser Hausarbeit folgen weitestgehend der An- nahme Schmidts, daß die Mummenschanz - Szene drei Funktionen habe: Zum einen wird durch sie die Gesellschaft rollenhaft typisiert in ihrer Schichtung, ihrer funktionalen Differenzierung, ihren Triebkräften und Hauptinteressen dargestellt. Zum weiteren wird das Geschehen so insze- niert, daß Deutungen durch die Figuren des Textes und den Leser erfor- derlich werden und dadurch wird zu guter letzt ein Raum geschaffen für Selbstreflexion der Gesellschaft.22
Vom Herold wird die Mummenschanz als jährliches Maskenfest an- läßlich der Krönung des Kaisers durch den Papst in Rom eingeleitet.23Die Gesellschaft feiert also an diesem Tag die Erhebung ihres Kaisers in die- ses Amt und zwar in der Form eines Maskenzuges, die es erlaubt, die ge- sellschaftlichen Zustände deutlich zu zeigen und auch zu reflektieren. Denn nur innerhalb von Maskenzügen kann das streng hierarchisch gegliederte, zu der Zeit scheinbar unumstößliche ständische System zu- mindest für kurze Zeit durchbrochen werden, indem untere Schichten mit Hilfe der Maskerade in die Rolle oberer Schichten schlüpfen können und umgekehrt.
So zeigt gerade die zweite Figurengruppe, also dieHolzhauer,Pul-cinellenundParasitenwie weit eine solche Reflexion über die Gesell- schaft im Kontext eines Maskenzuges gehen kann und in welcher Form die Stände aufeinandertreffen. So können die rollenhaft typisiert darge- stellten Holzfäller als Angehörige unterer Schichten behaupten:
Denn wirkten Grobe Nicht auch im Lande, Wie kämen Feine Für sich zustande, So sehr sie witzten? Des seid belehret! Denn ihr erfröret, Wenn wir nicht schwitzten.
(Faust II, Vers 5207-5214).
DiePulcinelleals Repräsentanten der oberen Schichten reagieren darauf:
Ihr seid die Toren, Gebückt geboren. Wir sind die Klugen, die nie was trugen;
(Faust II, Verse 5215-5218).
Demgegenüber versuchen sich dieParasitendenHolzhauerngegenüber schmeichelnd zu verhalten:
Ihr wackern Träger Und eure Schwäger, die Kohlenbrenner, Sind unsre Männer. Denn alles Bücken, Bejahndes Nicken, Gewundne Phrasen, Das Doppelblasen, Das wärmt und kühlet, Wie´s einer fühlet, Was könnt es frommen? Es möchte Feuer Selbst ungeheuer Vom Himmel kommen, Gäb es nicht Scheite Und Kohlentrachten, Die Herdesbreite Zur Glut entfachten.
(Faust II, Verse 5237 - 5254).
Aus der Anlage des Gesprächs kann man schließen, daß es sich hierbei um eine Auseinandersetzung zwischen Adel, Klerus und Drittem Stand um die jeweiligen Leistungen, die jeder für die Gesellschaft erbringt, handelt. Nach dieser Lesart würden dieHolzhauerden Dritten Stand rep- räsentieren, diePulcinelleund dieParasitenden Adel und den Klerus. Be- lege für diese These sind recht schwer zu finden, da an dieser Stelle zwar fundamentale Kritik an den gesellschaftlichen Zuständen geübt wird, aber eben nicht unmittelbar und direkt sondern gebrochen und eher andeu- tungsweise. Dennoch soll hier zumindest der Versuch unternommen wer- den, Belege zu nennen, die zur Formulierung dieser These geführt haben.
In dieser Textpassage werden nach Ansicht der Verfasserin dieser Hausarbeit, Stereotype der Zeit abgerufen, durch die die höheren Stände noch bis heute charakterisiert werden. Da ist zum einen die Darstellung des Adels und des Klerus unter der Maske derPulcinelle24, die sich etwas auf die Tatsache einbilden, daß andere für die Erhaltung des eigenen Le- bensstandards arbeiten müssen.25Außerdem wird auf die Eitelkeit des Adels und des Klerus angespielt, die sich im Tragen wertvoller Kleidung und Pantoffeln ausdrückt.26Zum anderen wird bei der Darstellung der bei- den Stände unter der Maske derParasiteninsbesondere die Neigung zu großen „Fressgelagen“ hervorgehoben.27Auch werden in dieser Passage durch die unterschiedliche Darstellungsform der beiden höheren Stände - die einen als „täppische, fast läppische“28unkluge Regenten, die sich je- doch für besonders schlau halten und die anderen als „schmeichelnd- lüsterne“29Herrscher, die die Leistung der Untertanen zu würdigen wissen - unterschiedliche Umgangsformen der Regenten mit ihren Untertanen aufgezeigt. Es stellt sich jedoch heraus, daß beide „Regententypen“ letztlich doch nur die Erfüllung der eigenen Genußsucht verfolgen.30
DenHolzhauern,PulcinellenundParasitenfolgt noch einTrunk-ner31, der sich nach dem Motto „Borgt der Wirt nicht, borgt die Wirtin, / Und am Ende borgt die Magd“32bei allen verschuldet, was nach Meinung Zabkas so gedeutet werden kann, daß „an der Spitze der sozialen Hierar- chie ein genußsüchtiger Bankrotteur - der Monarch stehe“.33 Neben dieser Kritik der feudalen Gesellschaft mit Hilfe der Darstel- lung dieser Figuren werden in der Mummenschanz noch weitere Probleme der Zeit thematisiert. Wie bereits erwähnt, fordert gerade der Maskenzug dazu auf, das ablaufende Geschehen angemessen zu deuten; dies wird sowohl vom Leser des Textes verlangt, aber es wird auch text-intern ver- sucht und zwar vomHerold, der „die Bedeutung der Gestalten“34„amts- gemäß entfalten“35möchte. Es läßt sich jedoch feststellen, daß er „in äu- ßerlicher Deskription hilflos steckenbleibt.“36Dies fällt ganz besonders in dem Teil der Mummenschanz auf, in dem derKnabe LenkerundPlutus auftreten.37Ihre Funktion als „`Allegorien´ (Vers 5531) ökonomischer Neu- erung“38und der dahinterstehende Modernisierungsprozeß wird vomHe-roldnicht durchschaut und kann demzufolge nicht erklärt werden. Auf die- se Weise wird die Hilflosigkeit der Zeitgenossen eingefangen, die sich durch die Undurchschaubarkeit des Übergangsprozesses vom Feudalis- mus zum Kapitalismus ergab.39Außerdem werden mit Hilfe der Figuren desKnaben Lenkerund desPlutusauch die Gefahren der neuen Ökono- mie, insbesondere die Inflationsgefahr inszeniert.40Dabei repräsentiert der Knabe Lenkerals Verkörperung der „Poesie“41den Erfindungsreichtum und die Kreativität; beides Eigenschaften, die für den Erfolg innerhalb einer an der ökonomischen Lehre orientierten Gesellschaft von außerordentlicher Bedeutung sind. Wohingegen der magische Stab desPlutusfür notwendige regulierende Mechanismen steht, die die Gefahren der Ökonomie bändigen helfen.42
Am Ende der Mummenschanz steht die Allegorie des brennenden Pan- des Kaisers. Diese Brandszene provozierte in der Forschung ganz unterschiedliche Deutungen. Zumeist wird sie als allegorische Darstellung der Französischen Revolution und damit gleichzeitig als Untergang des Feudalsystems gedeutet.43Doch diese Deutung greift eindeutig zu kurz, denn imFaustII wird nicht allein die Ablösung des Feudalismus vom Kapi- talismus thematisiert, sondern auch die dazwischen liegende Phase der Restauration. Ihre Darstellung steht zwar erst im vierten Akt im Vorder- grund des Geschehens, aber sie wird auch schon im ersten Akt ange- legt.44Gerade die Brandszene ist sehr gut geeignet, diese These zu bele- gen, denn so verkündet derHeroldam Ende seiner Ausführungen zur Mummenschanz:
Ein Aschenhaufen einer Nacht Liegt morgen reiche Kaiserpracht.
(Faust II, Vers 5968f.)
Auch Plutus hilft mit seinem Stab, den Schrecken zu beenden.45Am Ende dieser Szene steht also ein „durch die Zurücknahme des `allgemeinen Brands´ restaurierter Kaiser.“46
II.1.4 Kurze Zusammenfassung des ersten Aktes
Im ersten Akt wird ein Bild der mittelalterlich feudalen Gesellschaft unter dem Aspekt ökonomischer und kultureller Neuformation gezeichnet. Zu Beginn wird der desolate Zustand des Feudalstaats von den versam- melten Würdenträgern des Staatsrates - den Repräsentanten von Adel und Klerus- dargelegt.
Der Vorschlag von Mephisto, den Staat mit Hilfe von Geld zu sa- nieren, wird vom Kaiser dankbar aufgenommen. Dadurch werden die Pro- bleme jedoch nicht - wie von ihm erwartet - gelöst, sondern es werden neue geschaffen. Die Etablierung der Geldwirtschaft zieht gesellschaftli- che Veränderungen nach sich, die sich am frappierendsten in der Zerstö- rung der ständischen Ordnung durch die aufstrebenden bürgerliche Kräfte niederschlagen. Letztlich wird im ersten Akt gezeigt, daß der Durchbruch der Neuzeit mit der Einführung der Ökonomie in enger Verbindung steht.
Da die Geldwirtschaft und ihre Funktionsweisen jedoch von den im Feudalismus verankerten Figuren nicht verstanden wird, kommt es zu Verwirrungen und schließlich zu einer Inflation in Form des brennenden Pan. Die daran anschließende Restauration des feudalistischen Staates wird im ersten Akt angedeutet und im vierten Akt schließlich eingehender thematisiert.
II.2 Revolution und Restauration - zentrale Themen des vierten Aktes
Um den vierten Akt angemessen analysieren zu können, ist es wichtig, dem geschichtlichen Kontext, in dem er entstanden ist, Beachtung zu schenken. Goethe begann mit der Arbeit an diesem Akt ein halbes Jahr nach der Juli-Revolution von 1830, die er als „die größte Denkübung“47am Ende seines Lebens bezeichnete.
Im Vorfeld war es der Restauration Metternichs gelungen, die ge- sellschaftlich-politischen Veränderungen, die sich im Zuge der Französi- schen Revolution von 1789 und der daran anschließenden Napoleoni- schen Expansion in Europa ergeben hatten, weitestgehend rückgängig zu machen. In Frankreich waren die Bourbonen mit Karl X. erneut an die Macht gekommen, dessen „Juliordonnanzen“48führten zur besagten Juli- Revolution. Die Bourgeoisie ernannte in der Folge Louis-Philippe aus dem Hause Orleans zum „Bürgerkönig“. Damit begann die sogenannte „golde- ne Zeit“ des Großbürgertums; es „kam gesellschaftlich an die Macht und erhielt ökonomisch freie Hand, indem es politisch in die Hülle des feudalen Staates schlüpfte."49Der revolutionäre Funke sprang von Frankreich auch nach Deutschland über. Hier vermochte er aber nur lokal begrenzte Stroh- feuer zu entfachen. Vor allem mit der Hilfe des deutschen Bürgertums ge- lang es, die restaurierten Herrschaftsstrukturen zu erhalten.
So läßt sich in knappen Sätzen die geschichtliche Situation darstellen, in der die Produktion des vierten Aktes liegt. Daß die beschriebenen geschichtlichen Ereignisse in den Text eingearbeitet worden sind, ist in der heutigen Forschung unbestritten.50Die Fragen, die sich dann noch stellen, sind, auf welche Art und Weise dies geschehen ist und welche Aussagen damit verbunden sind.
Zunächst einmal läßt sich feststellen, daß der vierte Akt in Bezug auf die Gesamthandlung zum einen die Fäden des ersten Aktes unmittel- bar wieder aufnimmt. Die Figur des Kaisers taucht wieder auf und der be- reits angekündigte Zerfall des Feudalstaates führt nach mittelalterlichem Muster zur Aufstellung eines Gegenkaisers und zum Parteienkrieg. Zum anderen weist Fausts Plan der Landgewinnung durch Deichbau voraus auf den Fünften Akt, in dem er die Herrschaft über die von ihm geschaffene Polderlandschaft ausübt.51
Goethe selbst sagte:
Dieser Akt bekommt wieder einen ganz eigenen Charakter, so daß er, wie eine für sich bestehende kleine Welt, das übrige nicht berührt und nur durch einen leisen Bezug zu dem Vorhergehenden und Folgenden sich dem Gan- zen anschließt.52
Wovon handelt nun diese „für sich bestehende kleine Welt“? Folgt man den Annahmen Jochen Schmidts, dann steht die Herausbildung des neu- zeitlichen Machtstaates im Zentrum des Geschehens. Es werden unter anderem drei für diese Entwicklung wesentliche Aspekte behandelt: die Revolution, die Restauration und die Bedeutung des Militärwesens.53
II.2.1 Revolution
Zu Beginn des vierten Aktes steht ein Streitgespräch zwischen Faust und Mephisto. Vordergründig handelt es sich bei diesem Gespräch um einen naturwissenschaftlichen Disput, der im 18. Jahrhundert zwi- schen Geologen, den sogenannten Neptunisten und Vulkanisten, über die Entstehung der Gesteine ausgetragen wurde. Die Vertreter des Neptunis- mus erklärten Gesteine (auch vulkanische) als Ablagerungen aus dem Wasser, wohingegen die Vulkanisten vulkanische Ursprünge für die Gesteinsbildung annahmen.54
Tatsächlich werden in diesem Dialog jedoch politisch-historische Theorien der Zeit diskutiert.55Mephisto ergreift als Anhänger des Vulka- nismus Partei für revolutionäre Umstürze56, wohingegen Faust als Neptu- nist, Revolution ablehnt und auf evolutionäre also langsame und auf Tradi- tion beruhende Gesellschaftsentwicklung setzt.57Beide Seiten kommen ausführlich zu Wort und am Ende setzt sich keine durch. Sie erscheinen wie zwei Seiten einer Medaille- einerseits unvereinbar, andererseits un- trennbar.
Die Tatsache, daß die politische Auseinandersetzung der Figuren in der Form eines naturwissenschaftlichen Diskurses versprachlicht wor- den ist und daß so Vorstellungen aus den Bereichen der Naturwissen- schaft und der Geschichtswissenschaft parallelisiert worden sind, wirft die Frage auf, warum Goethe diesen Weg wählte. Beschäftigt man sich ein- gehender mit seinen Briefen zur Zeit der Juli-Revolution von 1830, so fällt auf, daß er sich in der Darstellung der politischen Ereignisse des öfteren naturwissenschaftlicher, speziell geologischer Metaphern bedient. So be- zeichnet er die Revolution in seinen Briefen als „Pariser Erdbeben“58oder die „westliche Explosion"59und ihre Auswirkungen als „Erschütterungen“60.
Demgegenüber sind auch in seinen naturwissenschaftlichen Schriften historische Erfahrungen verarbeitet worden.61Festzuhalten bleibt also:
daß sich in Goethes wissenschaftlichen Aufsätzen und Briefen historische und wissenschaftliche Erfahrungen und Diskurse gegenseitig durchdringen und daß die für Goethes Versprachlichung historischer Erfahrungen so wichtige wissen- schaftliche Diskursivität durchaus nicht so eindeutig ist, wie gerne angenom- men wird. [...] Vulkanismus und Neptunismus, Umwälzung und Beständigkeit, Revolution und Restauration werden einmal als unvereinbar, einmal als un- trennbar bezeichnet.62
Die gesamte Szene zeigt die Komplexität der Zeit auf, in dessen Kontext der vierte Akt steht. Das Revolutionszeitalter, beziehungsweise die Neuzeit, wird dem Rezipienten als eine Zeit innerer Widersprüche und Zerrissenheit nahegebracht, in der es keine Lösungen mehr gibt, die Ab- solutheitscharakter beanspruchen können.63Durch die Vermengung na- turwissenschaftlicher mit politisch-historischen also geisteswissenschaftli- chen Problemstellungen der Zeit und die Gestaltung einer gewissen Gleichberechtigung der darin jeweils vertretenen Theorien ist es gelungen, diese Komplexität aufzuzeigen.
II.2.2 Neue Herrschaft ohne Revolution
Am Ende des Disputs soll Mephisto erraten, welches „Gelüst“64Faust nun umtreibt. Seine Vorschläge, ein herrschaftliches und höfisches Leben zu führen, werden von Faust kategorisch abgelehnt. Da Mephisto nun mit seinem Latein am Ende scheint, schlägt er ironisch die Eroberung des Mondes vor. Faust versucht aber weiterhin, ihm des Rätsels Lösung zu entlocken und gibt ihm die Hinweise:
[...] dieser Erdenkreis Gewährt noch Raum zu großen Taten. Erstaunenswürdiges soll geraten, Ich fühle Kraft zu kühnem Fleiß.
(Faust II, Verse 10181-10184)
Auch diesen Wink ist Mephisto nicht in der Lage richtig zu deuten. Er vermutet daraufhin, daß Faust der Sinn danach steht, Ruhm zu erlangen. Doch wütend antwortet der:
Herrschaft gewinn ich, Eigentum! Die Tat ist alles, nichts der Ruhm.
(Faust II, Verse 10187f.)
Von allem ist dir nichts gewährt. Was weißt du, was der Mensch begehrt? Dein widrig Wesen, bitter, scharf, Was weiß es, was der Mensch bedarf?.
(Faust II, Verse 10192 -10195)
Vor die Darlegung des faustischen Planes der Meereseindei- chung, ist also eine Auseinandersetzung zwischen Faust und Mephisto gestellt, in der Mephisto entlarvt wird, die wirklichen Bedürfnisse und das tatsächliche Verlangen Fausts gar nicht zu kennen. Er schlägt Herrschaft und Ruhm im Rahmen der alten ständisch geprägten Gesellschaft als er- strebenswerte Größen vor und verkennt dabei, daß es Faust darum geht, tätig zu sein und mit Hilfe seines Geistes, die Natur zu bezwingen, um da- durch schließlich Eigentum und Herrschaft zu gewinnen.65Diese ganz neue Form der Herrschaft, errungen und legitimiert durch geistige Tätigkeit und nicht durch Abstammung und Geburt, markiert die Epochenschwelle zwischen feudalistischer und bürgerlicher Gesellschaft, in der der Zweite Teil von GoethesFaustspielt.66Faust agiert in diesem Kontext als Vertre- ter des Bürgertums und anhand seines Beispiels wird schließlich das Di- lemma nachgezeichnet, in dem sich speziell das deutsche Bürgertum in der Zeit dieses Übergangs befunden hatte.
Der Plan, der im Zentrum der letzten beiden Akte stehen wird, ist also gefaßt und verkündet. Seine Umsetzung ist jedoch bisher offen- geblieben. Fest steht, daß Faust - wie aus den vorangegangenen Dispu- ten zu entnehmen war - zwei Wege zur Erlangung von Herrschaft für sich ablehnt: Zum einen die Revolution und zum anderen die durch Abstam- mung und Geburt legitimierte alte Herrschaft. Schließlich ist es Mephisto, der mit seiner Lösung den Weg aus diesem Dilemma, neue Herrschaft ohne wirklichen Umbruch begründen zu wollen, weist. Diese Lösung lautet angesichts des im Hintergrund aufziehenden Krieges zwischen Kaiser und Gegenkaiser:
[...] Klug ist das Bemühen , Zu seinem Vorteil etwas auszuziehen. Man paßt, man merkt auf jedes günstige Nu. Gelegenheit ist da, nun, Fauste, greife zu!
(Faust II, Verse 10236 - 10239)
Befestige dich bei großen Sinnen, Indem du deinen Zweck bedenkst. Erhalten wir dem Kaiser Thron und Lande, So kniest du nieder und empfängst Die Lehn von grenzenlosem Strande.
(Faust II, Verse 10302 - 10306)
Demnach soll der Zweck des Unternehmens, Eigentum und neue Herrschaft zu begründen, mit dem Mittel der Restauration des im Feudalismus verankerten und in die Krise geratenen Kaisers erreicht werden.67
Anhand dieser Szene lassen sich deutliche Bezüge zur Rolle des deutschen Bürgertums im Revolutionszeitalter finden. Dieses Bürgertum wählte den Weg des geringsten Widerstands. Es unterstützte und restau- rierte die in die Krise geratene Aristokratie, anstatt sich ihrer zu entledi- gen68, weil es der Meinung war, daß es nur so gelänge, den eigenen Be- sitzstand vor dem revolutionären Pöbel zu wahren und ihn eventuell sogar zu mehren.
II.2.3 Krieg zwischen Kaiser und Gegenkaiser
Faust geht vor allem aus Mitleid gegenüber dem Kaiser69auf den Vorschlag Mephistos ein, beide treten in den Krieg ein und unterstützen den Kaiser mit „Trug! Zauberblendwerk! Hohle[m] Schein.“70Mit dem Ein- satz der von Mephisto beschafften drei gewaltigen Gesellen gelingt es Faust, das Vertrauen des Kaisers zu erlangen. Zusammen mit Raufebold, Habebald und Haltefest kann Faust an der Seite des Obergenerals in das Kriegsgeschehen eingreifen. Die drei Gewaltigen verkörpern wie Faust das Neue; die an Besitz und Eigentum orientierte bürgerlich-kapitalistische Gesellschaft.71Sie treten jedoch im Kostüm des Feudalismus auf - gehar- nischt und im Ritterkragen - und können so als eigentlich feindliche Kräfte des Feudalismus, dessen Vertrauen erringen.72Manfred Birk sieht in der Betonung des Mittelalterlichen im Verlauf der gesamten Kriegsszenerie deutliche Bezüge zum Patriotismus während der napoleonischen Befrei- ungskriege und der damit einhergehenden Rückbesinnung auf das Mittel- alter als ein Zeitalter nationaler Größe.73Die von Mephisto im Laufe der Kampfhandlungen zusätzlich herbeigeschafften leeren Ritterrüstungen machen deutlich, daß es sich dabei jedoch um hohlen Patriotismus han- delt und um Propaganda, die sich aber hervorragend dazu eignet, Schlachten zu gewinnen.74Insgesamt sind die drei Gewaltigen und die leeren Ritterrüstungen die Mittel, mit denen Faust versucht, seinen Zweck der Gewinnung von Eigentum und Herrschaft durch Belehnung im Rah- men des feudalistischen Staates zu erreichen.75
Die Betonung des magischen Elements in der Kriegsszene kann nach Meinung Manfred Birks als ein weiteres Indiz für die Epochenschwel- le, in dessen Zusammenhang GoethesFaustanzusiedeln ist, gedeutet werden. Die neuzeitliche Kriegstechnik - wie der Einsatz von Schießpul- ver76und die planvolle Benutzung der Wasserkraft77- können den im Mit- telalter befangenen Zeitgenossen demnach nur wie „Zauberblendwerk“ erscheinen.78So bemerkt der Kaiser beim Anblick seiner mit Schießpulver ausgestatteten Truppen:
Doch wie bedenklich! Alle Spitzen Der hohen Speere seh ich blitzen; Auf unsres Phalanx blanken Lanzen Seh ich behende Flämmchen tanzen. Das scheint mir gar zu geisterhaft.
(Faust II, Verse 10593 - 10597)
Ihm wird die ganze Sache immer unheimlicher. Als Mephisto schließlich den Oberbefehl fordert79, antwortet der Kaiser:
Den Stab kann ich dir nicht verleihen, Du scheinst mir nicht der rechte Mann; Befiel und such uns zu befreien! Geschehe, was geschehen kann.
(Faust II, Verse 10703 - 10706)
Demnach ist er also mißtrauisch und nicht bereit Mephisto, den christlich geweihten Stab zu verleihen. Trotzdem greift er zur Erhaltung der eigenen Macht auf die „teuflische“ Kriegstechnik von Faust und Mephisto zurück.
II.2.4 Restauration
Nachdem Faust und Mephisto schließlich den Sieg für den Kaiser errungen haben, flüchtet der Kaiser sofort zurück in sein altes Weltbild und beruhigt sich selbst mit den Worten:
Hat sich in unsern auch Gaukelei geflochten, Am Ende haben wir uns nur allein gefochten. Zufälle kommen ja dem Streitenden zugut.
(Faust II, Verse 10857 - 10859)
Schließlich stimmt er aus Dankbarkeit „Herr Gott, dich loben wir!“80an und schreitet unvermittelt zur Erzämterverleihung und Restauration seines Staates.
Die Verleihung der Erzämter erscheint angesichts der immer noch vorhandenen, durch den Krieg nicht gelösten Probleme des Reiches dem Leser wie eine Farce. Der groß angekündigte Neuanfang gerät zur bloßen Wiederbelebung des Antiquierten und Überständigen. Die zelebrierte Ü- berhöhung81der alten Kräfte des Reiches und die Tatsache, daß sich der Kaiser nicht zuerst um die Belange des Reiches, sondern um seine Hof- haltung kümmert82, markieren deutlich, daß durch diesen Rückfall in obso- let gewordenen Herrschaftsformen, die Probleme wohl auch zukünftig nicht gelöst werden können.83
Im Text sind noch weitere Indizien versteckt, die die mangelnde Zukunftsfähigkeit dieses Restaurationsversuches verdeutlichen. Die aus- giebige Zitation der Goldnen Bulle von 135684in den Versen 10935 bis 10960, die zum einen der poetischen Gestaltung der Restauration dient85, macht zum anderen aber auch deutlich, welchen Gefahren diese Restau- ration ausgeliefert ist. Die Geschichte hatte gezeigt, daß die Konstitution des Kurfürstenkollegiums, durch die der Bestand des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation gesichert werden sollte, aufgrund der den Kur- fürsten verliehenen großen Machtfülle eher zu dessen langsamen Verfall führte.
Diese historische Erfahrung wird im Text auch mehrfach angedeu- tet. Während der Kaiser den Fürsten höchste Privilegien verleiht - wie die Erweiterung des Besitzes durch die hinzugewonnenen Gebiete, Richtertätigkeiten, Steuer-, Zins- und Zollrechte, Berg-, Salz- und Münzre- gal und schließlich das Kürrecht86- wird seine Rede mehrfach vom Erz- kanzler unterbrochen. Dessen Kommentare machen deutlich, daß die Subordination der Fürsten nur gespielt ist und daß die Fürsten eigene Zwecke verfolgen.87Die Loyalität gegenüber dem Kaiser wird im Tausch gegen staatlichen Einfluß und Erweiterung der eigenen Machtfülle gebo- ten. „Du machst uns stark und fest und stärkest deine Macht.“88ist das die Szene bestimmende Motto.89Die in Mittelalter und Neuzeit beobachtbaren Territorialisierungsbestrebungen der deutschen Fürsten und deren zwie- spältiges Verhältnis gegenüber dem Kaiser, das zwischen Unterordnung und Erhebung schwankte, wird in dieser Szene besonders deutlich kontu- riert.
Das anschließende Gespräch zwischen dem Erzbischof und dem Kaiser verdeutlicht noch einmal die schwache und gefährdete Position des Staatsoberhauptes. Die Angst vor dem Verlust der Legitimation, die dem Kaiser wegen des Bundes mit „Satanas“ droht, ist das entscheidende In- strument, mit dem es dem Erzbischof gelingt, Lehen und den Neubau ei- ner Kirche zu erpressen.90Zweimal kehrt er noch zurück, um seine Forde- rungen um Zehnt und Zins des soeben für die Kirche gewonnenen Landes und schließlich des an Faust verliehenen Strandes zu erweitern.
Erstaunlich ist, daß innerhalb dieser Szene, in der eigentlich die Rolle der Kirche im Zuge der Restauration charakterisiert wird, fast beiläu- fig die Belehnung Fausts zur Sprache kommt. Der vermeintlich eigentliche Zweck der Beteiligung Fausts und Mephistos am Krieg ist szenisch über- haupt nicht ausgestaltet worden. Diese Belehnungslücke ist in derFaust- Forschung vielfach diskutiert und ganz unterschiedlich gedeutet worden. Joachim Müller ist beispielsweise der Meinung, daß durch die Auslassung die neue Form der tätigen Landgewinnung abgehoben werden soll von der einfachen territorialen Machtbestätigung und -erweiterung der Fürsten.91 Doch diese These überzeugt nicht wirklich, denn dieser Effekt hätte auch durch besondere szenische Gestaltung erzielt werden können. Der Ansatz Jens Kruses erscheint da wesentlich sinnvoller. Er sieht in der Lücke ein den vierten Akt bestimmendes Element, durch das Spannung erzeugt wird. Die Widersprüche und Paradoxien des vierten Aktes verdichten sich demnach in dieser Lücke und die Gründe dafür liegen in der besonderen historischen Situation, in dessen Kontext dieser Akt steht. Der Versuch Fausts und - in Analogie dazu - des deutschen Bürgertums, durch den Erhalt der Adelsherrschaft eigene Herrschaft zu erringen, kann demnach nur geplant, aber nicht inszeniert werden.92
III Zusammenfassung
Im Zentrum dieser Hausarbeit stand die Analyse des Ersten und vierten Aktes desFaustII. Es wurde zu zeigen versucht, daß sich Goethe an einer Diagnose der Neuzeit nach durchgehenden, von der Zeit des historischen Faust des 16. Jahrhunderts bis in seine eigene Zeit reichenden Grundmustern, versuchte.
Wie diese Analyse zeigte, wurde insbesondere die Epoche des Ü- bergangs von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Begleiterscheinungen wie Revolution, Restauration und beginnender Aufstieg des Kapitalismus thematisiert.
Goethe gelang es in diesem Zusammenhang, das Wesen und die Problematik der Moderne zu verdeutlichen, indem er auf vergangene Ent- wicklungen verwies und die Zukunft des im Text und in seiner Gegenwart soeben restaurierten Kaiserreichs relativ offen ließ. Das Zusammenden- ken auseinanderliegender Zeiträume und vor allem die Tatsache, daß die Gegenwart und die Zukunft mit dem Verweis auf vergangene Entwicklun- gen gedeutet wird, deutet auf eine hinter dem Ganzen stehende zyklische Geschichtsauffassung hin, der Goethe allem Anschein nach anhing.
Insgesamt hat sich diese Analyse gelohnt, da durch das Aufspüren der im Text versteckten Analogien zu den historischen Ereignissen der Neuzeit, viele Aspekte zu Tage traten, die sowohl zum Verständnis des Textes als auch zum Verständnis dieser von Umbrüchen gekennzeichne- ten Epoche beitrugen.
Literaturverzeichnis
Textausgabe:
Johann Wolfgang von Goethe: Faust. Der Tragödie zweiter Teil in fünf Akten, Reclam, Stuttgart 1986.
Quellen und Nachschlagewerke:
Beutler, Ernst (Hrsg.): Johann Wolfgang von Goethe. Gedenkausgabe der Werke, Briefe und Ge- spräche. Briefe der Jahre 1814-1832, Zürich / Stuttgart ²1965.
Beutler, Ernst (Hrsg.): Johann Wolfgang von Goethe. Gedenkausgabe der Werke, Briefe und Ge- spräche. Goethes Gespräche. Zweiter Teil. Zürich / Stuttgart ²1966.
Dieck, Alfred (Hrsg.): Goethe über den Faust. Göttingen 1958.
Schulze, Hans K.: Monarchie. In: Geschichtliche Grundbegiffe. Hrsg. von: Otto Brunner, Werner Conze, Reinhart Koselleck. Band IV. Stuttgart 1978, S. 141 - 168.
Wolf, Arnim: Goldene Bulle 1356. In: Lexikon des Mittelalters, Band IV, München / Zürich 1989, Sp. 1542f.
Sekundärliteratur:
Birk, Manfred: Goethes Typologie der Epochenschwelle im vierten Akt des „Faust II“. In: Aufsätze zu Goethes „Faust II“. Hrsg. von Werner Keller. Darmstadt 1992, S. 243 - 266.
Höhle, Thomas / Hamm, Heinz: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. In: Weimarer Beiträge 6. 1974.
Kruse, Jens: Poetische Struktur und Geschichte in Goethes Faust II. Diss., Los Angeles 1982.
Metscher, Thomas: Faust und die Ökonomie. In: Aufsätze zu „Goethes Faust II“. Hrsg. von Werner Keller. Darmstadt 1972, S. 278 - 289.
Müller, Joachim: Der vierte Akt im Zweiten Teil von Goethes „Faust“. Aktion und Bezüge. In: Sit- zungsberichte der sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Philologisch- historische Klasse, Bd. 122, Heft 1. Berlin 1981.
Schmidt, Jochen: Goethes Faust. Erster und Zweiter Teil: Grundlagen - Werk - Wirkung. München 1999.
Zabka, Thomas: Faust II - Das Klassische und das Romantische. Goethes „Eingriff in die neueste Literatur“. Tübingen 1993.
[...]
1Goethe im Gespräch mit Eckermann, 17.02.1831, in: Alfred Dieck (Hrsg.): Goethe über den Faust, Göttingen 1958, S. 50f.
2Vgl. Thomas Höhle, Heinz Hamm: Faust. Der Tragödie zweiter Teil, in: Weimarer Beiträge, 6, 1974, S. 49.
3Karl Rosenkranz zitiert nach Jochen Schmidt: Goethes Faust, Erster und Zweiter Teil: Grundlagen - Werk - Wirkung, München 1999, S. 213.
4 Jochen Schmidt: Goethes Faust, Erster und Zweiter Teil: Grundlagen - Werk - Wirkung, München 1999, S. 213. (Künftig zitiert: Jochen Schmidt: Goethes Faust, München 1999.)
5Jochen Schmidt: Goethes Faust, München 1999, S. 216.
6Vgl. Faust II, Verse 4765 - 4769.
7Siehe dazu Hans K. Schulze: Monarchie, in: Geschichtliche Grundbegriffe, hrsg. von Otto Brunner, Werner Conze, Reinhart Koselleck, Band IV, Stuttgart 1978, S. 166.
8Vgl. Faust II, Verse 4778 - 4802.
9 Vgl. Faust II, Verse 4772 - 4775.
10Faust II, Vers 4809.
11Faust II, Vers 4826.
12 Faust II, Verse 4815 - 4819.
13Vgl. Faust II, Vers 4793 und Thomas Metscher: Faust und die Ökonomie, in: Aufsätze zu Goethes „Faust II“, hrsg. von Werner Keller, Darmstadt 1972, S. 283f. (Künftig zitiert: Thomas Metscher: Faust und die Ökonomie, Darmstadt 1972.)
14 Vgl. zur Rolle des Kaisers auch: Manfred Birk: Goethes Typologie der Epochenschwelle im vierten Akt des „Faust II“, in: Aufsätze zu Goethes „Faust II“, hrsg. von Werner Keller, Darmstadt 1992, S. 251. (Künftig zitiert: Manfred Birk: Goethes Typologie der Epochenschwelle, Darmstadt 1992.)
15Faust II, Vers 4876.
16Faust II, Vers 4896.
17Vgl. Faust II, Verse 4897-4915.
18 Vgl. Jochen Schmidt: Goethes Faust, München 1999, S. 220f.
19Jens Kruse: Poetische Struktur und Geschichte in Goethes Faust II, Diss., Los Angeles 1982, S. 114.
20Vgl. Faust II, Verse 5009f., 5039f., 5055.
21Vgl. Faust II, Verse 6077f., 6088-6094.
22Vgl. Jochen Schmidt: Goethes Faust, München 1999, S. 223.
23 Vgl. Faust II, Verse 5068-5071.
24Die Pulcinelle repräsentieren den Hanswurst der neapolitanischen Commedia dell´arte
25Vgl. Faust II, Verse 5215 - 5218.
26Vgl. Faust II, Verse 5219 - 5224.
27Vgl. Faust II, Verse 5255 - 5262.
28Faust II, Regieanweisung vor Vers 5215.
29Faust II, Regieanweisung vor Vers 5237.
30Vgl. zu diesem Teil der Mummenschanz auch Thomas Zabka: Faust II - Das Klassi- sche und das Romantische. Goethes „Eingriff in die neueste Literatur“, Tübingen 1993,
S. 232 (Künftig zitiert: Thomas Zabka: Faust II, Tübingen 1993).
31Faust II, Verse 5263 - 5290.
32 Faust II, Verse 5281f.
33Thomas Zabka: Faust II, Tübingen 1993, S. 232.
34Faust II, Vers 5506.
35Faust II, Vers 5507.
36Jochen Schmidt: Goethes Faust, München 1999, S. 223.
37Vgl. Faust II, Verse 5520 - 5986.
38Jochen Schmidt: Goethes Faust, München 1999, S. 223.
39Siehe dazu auch Jens Kruse: Poetische Struktur und Geschichte in Goethes Faust II, Diss., Los Angeles 1982, S. 105.
40Ebd.
41Faust II, Vers 5573.
42 Vgl. Faust II, Vers 5573.
43So zum Beispiel von Thomas Metscher: Faust und die Ökonomie, Darmstadt 1972, S. 285. Daneben gibt es noch die Meinung, daß dadurch die Inflation des Papiergeldes dargestellt wird. Vgl. dazu Jochen Schmidt: Goethes Faust, München 1999, S. 223.
44Vgl. Jens Kruse: Poetische Struktur und Geschichte in Goethes Faust II, Diss., Los Angeles 1982, S. 119ff.
45Vgl. Faust II, Verse 5970 - 5985.
46 Jens Kruse: Poetische Struktur und Geschichte in Goethes Faust II, Diss., Los Angeles 1982, S. 122.
47Goethe im Gespräch mit F. v. Müller im August 1830. In: Johann Wolfgang von Goethe, Gedenkausgabe der Werke, Briefe und Gespräche, Goethes Gespräche, Zweiter Teil, Zürich / Stuttgart, ²1966, S. 718.
48Diese beinhalteten die Auflösung der Nationalkammer, sowie Bestimmungen zur Pressezensur und Wahlrechtsänderungen.
49Jens Kruse: Poetische Struktur und Geschichte in Goethes Faust II, Diss., Los Angeles 1982, S. 313.
50 Vgl. Jens Kruse: Poetische Struktur und Geschichte in Goethes Faust II, Diss., Los Angeles 1982, S. 309; Jochen Schmidt: Goethes Faust, München 1999, S. 228; Thomas Zabka: Faust II, Tübingen 1993, S. 250 und Manfred Birk: Goethes Typologie der Epochenschwelle, Darmstadt 1992, S. 246f.
51Vgl. Joachim Müller: Der vierte Akt im Zweiten Teil von Goethes „Faust“. Aktion und Bezüge, in: Sitzungsberichte der sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Philologisch-historische Klasse, Bd. 122, Heft 1, Berlin 1981, S. 3. (Künftig zitiert: Joachim Müller: Der vierte Akt im Zweiten Teil von Goethes „Faust“, Berlin 1981.)
52Goethe im Gespräch mit Eckermann vom 13. Februar 1831. (zitiert nach Joachim Müller: Der vierte Akt im Zweiten Teil von Goethes „Faust“, Berlin 1981, S. 4.)
53Jochen Schmidt: Goethes Faust, München 1999, S. 228. Auch Jens Kruse analysierte den Vierten Akt mit dem Schwerpunkt auf Revolution und Restauration; vgl. Jens Kruse: Poetische Struktur und Geschichte in Goethes Faust II, Diss., Los Angeles 1982, S. 307 - 364.
54Vgl. dazu Jochen Schmidt: Goethes Faust, München 1999, S. 231.
55Vgl. Manfred Birk: Goethes Typologie der Epochenschwelle, Darmstadt 1992, S. 246: „Goethe greift hiernichtin die zeitgenössische naturwissenschaftliche Kontroverse zwischen Vulkanismus und Neptunismus ein: Zur Debatte stehen vielmehr deren Analogien in der politischen Theorie; Im Disput auf dem Gebirgsplateau geht es um dieNatur(V.10123) der politischen Geschichte.“
56Vgl. Faust II, Verse 10088ff.: „Was ehmals Grund war ist nun Gipfel. / Sie gründen auch hierauf die rechten Lehren, / Das Unterste ins Oberste zu kehren. / Denn wir entrannen knechtisch-heißer Gruft / Ins Übermaß der Herrschaft freier Luft.“
57Vgl. Faust II, Verse 10097ff.: „Als die Natur sich in sich selbst gegründet, / Da hat sie rein den Erdball abgeründet [...] Da grünt´s und wächst´s, und um sich zu erfreuen, / Bedarf sie nicht der tollen Strudeleien.“ Vgl. insgesamt Jochen Schmidt: Goethes Faust,München 1999, S. 231.
58Brief Goethes an Zelter vom 05.10.1830. In: Johann Wolfgang von Goethe, Gedenkausgabe der Werke, Briefe und Gespräche, Briefe der Jahre 1814 - 1832, Zürich / Stuttgart, ²1965, S. 936.
59Brief Goethes an Wilhelm von Humboldt vom 19.10.1830. In: Johann Wolfgang von Goethe, Gedenkausgabe der Werke, Briefe und Gespräche, Briefe der Jahre 1814 - 1832, Zürich / Stuttgart, ²1965, S. 938.
60 Brief Goethes an Wilhelm von Humboldt vom 19.10.1830. In: Johann Wolfgang von Goethe, Gedenkausgabe der Werke, Briefe und Gespräche, Briefe der Jahre 1814 - 1832, Zürich / Stuttgart, ²1965, S. 938.
61Siehe dazu Jens Kruse: Poetische Struktur und Geschichte in Goethes Faust II, Diss., Los Angeles 1982, S. 335f.
62Jens Kruse: Poetische Struktur und Geschichte in Goethes Faust II, Diss., Los Angeles 1982, S. 338.
63Vgl. Jochen Schmidt: Goethes Faust,München 1999, S. 232.
64 Faust II, Vers 10133.
65Vgl. Faust II, Verse 10198 - 10209 und 10212 - 10233: Da wagt mein Geist, sich selbst zu überfliegen; / Hier möcht ich kämpfen, dies möcht ich besiegen. [...] Da faßt ich schnell im Geiste Plan auf Plan: / Erlange dir das köstliche Genießen, / Das herrische Meer vom Ufer auszuschließen.“
66 Vgl. dazu Manfred Birk: Goethes Typologie der Epochenschwelle, Darmstadt 1992, S. 249f.
67Vgl. Jens Kruse: Poetische Struktur und Geschichte in Goethes Faust II, Diss., Los Angeles 1982, S. 345.
68 Vgl. ebd, S. 315f.
69Vgl. Faust II, Vers 10291: „Er jammert mich; er war so gut und offen.“
70Faust II, Vers 10300.
71Vgl. Jens Kruse: Poetische Struktur und Geschichte in Goethes Faust II, Diss., Los Angeles 1982, S. 354.
72Vgl. Faust II, Verse 10327 - 10330: „(Ad Spectatores.) Es liebt sich jetzt ein jedes Kind / Den Harnisch und den Ritterkragen; / Und, allegorisch, wie die Lumpe sind, / Sie werden nur um desto mehr behagen.“
73Vgl. Manfred Birk: Goethes Typologie der Epochenschwelle, Darmstadt 1992, S. 254.
74 Vgl. ebd. Die leeren Rüstungen können aber textimmanent auch so gedeutet werden, daß durch sie versinnbildlicht wird, „daß das gesamte Kampfgeschehen nur eine leere Hülle ist, in der das `Gespenst´ des Faustschen ZWECKS rumort.“ Jens Kruse: Poeti- sche Struktur und Geschichte in Goethes Faust II, Diss., Los Angeles 1982, S. 355.
75Vgl. Jens Kruse: Poetische Struktur und Geschichte in Goethes Faust II, Diss., Los Angeles 1982, S. 353.
76Vgl. Faust II, Verse 10744 - 10751. Die Erfindung des Schießpulvers ab Mitte des 15. Jahrhunderts revolutionierte die Kriegsführung.
77Vgl. Faust II, Verse 10712 - 10716. Das planvolle Benutzen der Wasserkraft war vor allem im Niederländischen Freiheitskampf (1568-1648) gegen die spanische Herrschaft eingesetzt worden.
78 Vgl. Manfred Birk: Goethes Typologie der Epochenschwelle, Darmstadt 1992, S. 257.
79Vgl. Faust II, Vers 10692.
80Faust II, Vers 10866.
81Aus dem Marschall wird ein Erzmarschall und so weiter.
82Vgl. Faust II, Vers 10934.
83Vgl. Jochen Schmidt: Goethes Faust,München 1999, S. 228 und Manfred Birk: Goethes Typologie der Epochenschwelle, Darmstadt 1992, S. 259.
84Die Goldene Bulle wurde von Karl IV. erlassen, nachdem er sich als Gegenkönig gegen den Kaiser Ludwig den Bayern durchgesetzt hatte. Sie regelte die Königswahl für das Reich und schrieb die privilegierte Stellung der sieben Kurfürsten fest. Sie war das wichtigste Grundgesetz des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und blieb bis 1806 in Kraft. Vgl. dazu: Arnim Wolf: Goldene Bulle 1356, in: Lexikon des Mittelalters, Band IV, München / Zürich 1989, Sp. 1542f.
85 Vgl. Thomas Zabka: Faust II, Tübingen 1993, S. 248.
86Vgl. Faust II, Verse 10939, 10945, 10947f. und 10958f.
87Vgl. Faust II, Verse 10961 - 10964: „Mit Stolz in tiefster Brust, mit Demut an Gebärde, / Stehn Fürsten dir gebeugt, die Ersten auf der Erde. / So lang das treue Blut die vollen Adern regt, / Sind wir der Körper, den dein Wille leicht bewegt.“ (Hervorhebung durch die Verfasserin).
88Faust II, Vers 10952.
89Vgl. Thomas Zabka: Faust II, Tübingen 1993, S. 231.
90 Vgl. Faust II, Verse 10981 - 11011.
91Vgl. Joachim Müller: Der vierte Akt im Zweiten Teil von Goethes „Faust“, Berlin 1981, S. 20.
92 Vgl. Jens Kruse: Poetische Struktur und Geschichte in Goethes Faust II, Diss., Los Angeles 1982, S. 362ff.
- Arbeit zitieren
- Claudia Strieter (Autor:in), 1999, Goethe, Johann Wolfgang von - Faust - Der gesellschafts-geschichtliche Horizont des Kaiserhofs im Zweiten Teil von Faust, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106633
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