Business Process Reengineering - Eine kritische Analyse


Hausarbeit, 2002

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Gründe für Business Reengineering

3. Das Konzept des Business Reengineering
3.1. Beteiligte am Business Reengineering
3.2. Die Prozessorganisation
3.3. Die Rolle der Informationstechnologie

4. Kritische Würdigung des Reengineering Konzeptes
4.1. Neuigkeitsgehalt des Business Reengineering
4.2. Business Reengineering in der Praxis

5. Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

Der Begriff Business Reengineering (BR) wurde von Dr. Michael Hammer einem ehemaligen Professor für Computerwissenschaften am MIT 1990 in die Organisationsdiskussion eingeführt. Nach Aussage Hammers beriet er Unternehmen nach den Prinzipien des bereits in den 70er und 80er Jahren.[1] Der eigentliche Durchbruch des Konzeptes und seine Verbreitung auch außerhalb der USA erfolgte allerdings erst mit der Veröffentlichung des Buches „Reengineering the Corporation“, das Hammer mit James Champy, der wie Hammer auch aus der Unternehmensberatungsbranche stammt, veröffentlichte. Das Buch entwickelte sich zu einem der meistverkauften Managementbücher der Welt.[2] Neben Hammer und Champy beschäftigten sich Anfang der 90er Jahre zahlreiche weitere Publikationen anderer Autoren, wie z.B. Kaplan/Murdoch und Davenport[3], mit dem gleichen Thema, was dazu geführt hat, dass verschiedene Synonyme für den Begriff Business Reengineering entstanden sind. So wird unter anderem auch von „Process Redesign“, „Business Process Redesign“, „Business Process Reengineering“ (BPR) oder „prozessorientierter Unternehmensgestaltung“ gesprochen.[4] Die einzelnen Autoren legen dabei ihren Schwerpunkt auf verschiedene Aspekte des Reengineering. Zudem wurden von zahlreichen Beratungsunternehmen eigene Reengineeringkonzepte entwickelt. Hinzu kommt, dass die verschiedenen Darstellungen in der Literatur, der Presse und von Unternehmensberatern teilweise widersprüchlich sind.[5] Es ist deshalb wenig verwunderlich, dass eine exakte Definition, was Reengineering ist schwer fällt. Das grobe Konzept dagegen ist von Hammer und Champy einfach und eingängig wie folgt definiert worden: „Business Reengineering ist fundamentales Überdenken und radikales Redesign von Unternehmen oder wesentlichen Unternehmensprozessen. Das Resultat sind Verbesserungen um Größenordnungen in entscheidenden heute wichtigen und messbaren Leistungsgrößen in den Bereichen Kosten, Qualität, Service und Zeit.“[6] Diese Definition enthält vier Schlüsselworte:

- „fundamental“ bedeutet, dass die momentane Arbeitsweise des Unterneh-mens in Frage gestellt wird.
- „radikal“ soll heißen, dass keine oberflächlichen Verbesserungen, sondern eine völlige Neugestaltung des Unternehmen angestrebt wird.
- „Verbesserung um Größenordnungen“ meint, dass BR nicht für Unternehmen gedacht ist, die lediglich Verbesserungen um 10% erzielen wollen.
- „Unternehmensprozesse“ deutet an, dass die Geschäftsprozesse und nicht die funktional gegliederten Abteilungen beim Reengineering im Mittelpunkt stehen.

In diesem Text werde ich versuchen das Konzept des BPR über diese oberflächliche Definition hinaus zu konkretisieren. Weiterhin werde ich mich mit der Frage nach dem Neuigkeitsgehalt und des Erfolgs des BR in der Praxis beschäftigen. Darüber hinaus werde ich einen Überblick über die zum Teil scharfe Kritik von Seiten der Organisationstheorie geben.

2. Gründe für Business Reengineering

Hammer und Champy sehen die drei Kräfte Kunden, Wettbewerb und Wandel als die wesentlichen Triebkräfte des Business Reengineering.[7] Durch neue Informations-technologien, wie Online-Datenbanken werde den Kunden ein einfacher Angebotsvergleich ermöglicht. Dies habe zur Folge, dass sie immer wählerischer werden und einen individuellen Service verlangten. Zudem wachse das Risiko einer Rückwärtsintegration in einzelnen Branchen durch die Verbreitung neuer Technologien erheblich. Außerdem verschärfe sich der Wettbewerb aufgrund der zunehmenden Marktsegmentierung (Nischenmärkte), der Öffnung der Märkte im Zuge der Handelsliberalisierung und dem Auftauchen neuer Wettbewerber, die keinen „organisatorischen Ballast“ mit sich schleppten, zunehmend. Darüber hinaus werde der Wandel zur Norm und verstärke sich mehr und mehr, was in kürzeren Produktlebenszyklen und verkürzten Entwicklungs- und Einführungszeiten zum Ausdruck komme.

Nach Ansicht der Reengineering Autoren, die für eine prozessorientierte Organisa-tionsgestaltung plädieren sind die bisherigen funktional gegliederten Organisations-strukturen nicht mehr geeignet um die neuen Anforderungen zu erfüllen. So ist in einer funktional gegliederten Organisation beispielsweise kein Mitarbeiter (MA) für den gesamten Prozess verantwortlich, sodass niemand den Stand der Auftragsabwicklung kennt und eine einheitliche Kundenkommunikation nur unter erheblichen zusätzlichen Abstimmungsaufwand möglich ist. Zudem führt das Ressortdenken und die mangelnde Transparenz der betrieblichen Abläufe zur Entstehung von „operativen Inseln“, die unnötige Schnittstellen, Doppelarbeiten und Redundanzen verursachen. (vgl. Abb.1)[8]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Mängel traditioneller Organisationskonzepte[9]

Diese Dysfunktionalitäten in den bestehenden funktional ausgerichteten Organisationsstrukturen lassen sich laut Hammer und Champy nicht durch die Optimierung einzelner Prozessschritte beseitigen, vielmehr sei es notwendig, dass die Unternehmen umdenken und sich ihrer alten Organisationsstruktur durch BR entledigten.[10] Sie gehen sogar so weit zu behaupten, dass das von Adam Smith beschriebene System der Arbeitsteilung in der heutigen Arbeitswelt überholt sei.[11] Dies ist sicherlich eine zu sehr verallgemeinerte Aussage, die so nicht auf alle Unternehmen und alle Arten von Prozessen zutreffen kann, da eine funktionale Arbeitsteilung in der Regel erhebliche Vorteile bei der Produktivität mit sich bringt. Auch andere Autoren sprechen allerdings in Hinblick auf die mangelnde Prozessorientierung von einer Strukturkrise in den Unternehmen.[12]

3. Das Konzept des Business Reengineering

3.1. Beteiligte am Business Reengineering

Bevor ein Reengineeringprojekt in einem Unternehmen beginnen kann muss zunächst einmal geklärt werden, von wem ein solches Projekt durchgeführt werden sollte. Der Impuls für den Start eines so umfassenden Projektes, wie dem BPR kann dabei nur vom Topmanagement ausgehen, da nur hier die nötige Durchsetzungs-fähigkeit für eine radikale Veränderung des Unternehmens gegeben ist. Zudem ist es notwendig, „die interne Reorganisation mit den externen Wettbewerbsanforderungen und der Wettbewerbsstrategie abzugleichen“[13], was nur im Topmanagement geschehen kann. Das BPR beinhaltet somit bei der Gestaltung des organisa-torischen Wandels einen strikten Top Down Ansatz. „Eine partizipative Bottom-up-Gestaltung wäre in einer solchen Situation nicht nur vom Ergebnis her wahrscheinlich zu konservativ, sondern auch vom Prozess her zu aufwendig bzw. langwierig.“[14] Problematisch ist dagegen die Durchsetzbarkeit der Ergebnisse des Reengineering Prozesses bei einer unzureichenden Beteiligung der Betroffenen, zumal auch das Wissen und die Ideen der betroffenen Mitarbeiter nur unzureichend berücksichtigt werden. Dieser Problematik sind sich Hammer und Champy durchaus bewusst. Sie sprechen sogar von einer Kommunikationsschlacht, die das Topmanagement zu führen hat, um die Notwendigkeit für ein Business Reengineering Projekt im Unternehmen zu vermitteln.[15]

Das Reengineeringkonzept von Hammer und Champy nennt fünf Personen bzw. Personengruppen, die das Business Reengineering gestalten, den Leader, die Prozessverantwortlichen, das Reengineeringteam, den Lenkungsausschuss und den Reengineering Zar.[16] Der Leader ist der Initiator des gesamten Projektes, weshalb die Rolle des Leaders i.d.R. selbst gewählt ist. Er muss ein Mitglied des Topmanagements sein, das die Macht besitzt, die Unternehmensorganisation völlig umzukrempeln. Zu seinen Aufgaben zählt es die Mitarbeiter vom BR zu überzeugen. Außerdem ernennt er die Prozessverantwortlichen und hält ihnen den Rücken frei, falls es zu Konflikten bei der Umsetzung des Reengineering z.B. mit anderen Ressortleitern kommt. Bei den Prozessverantwortlichen handelt es sich um Manager der oberen Führungsriege mit Linienverantwortung die im Unternehmen hoch angesehen sind. Ihre Aufgabe ist es ein Reengineering Team für jeweils einen Prozess zusammenzustellen und zu leiten, welches die eigentliche Arbeit, also die Neugestaltung des jeweiligen Unternehmensprozesses durchführt. Ein solches Team sollte aus 5-10 Personen bestehen und sich aus Insidern (Mitarbeitern des Unternehmens) und Außenstehenden (i.d.R. Unternehmensberatern) zusammensetzen. Die Insider sollten Mitarbeiter sein, die am bisherigen Geschäftsprozess beteiligt sind und zu den besten und angesehensten Mitarbeitern des Unternehmens zählen, da dies deutlich macht, dass das BR ernst genommen wird. Es ist nötig, dass die Teammitglieder einen Großteil ihrer Zeit dem Reengineering widmen können, da das Projekt ansonsten an Dynamik verliert. Nach Möglichkeit sollten sie aus ihren bisherigen Arbeitsstellen herausgelöst werden. Dieses Kernteam kann bei Bedarf weitere Mitarbeiter oder auch Kunden und Lieferanten zur Hilfe hinzuziehen. So kann es beispielsweise die EDV-Abteilung beauftragen ein Konzept für die Einführung neuer, für den neugestalteten Prozess benötigter, Software auszuarbeiten. Der Lenkungsausschuss setzt sich aus Mitgliedern der oberen Führungsriege zusammen. Den Vorsitz sollte der Leader führen. Die Aufgabe des Ausschusses besteht darin, die unternehmensweite Gesamtstrategie für das BPR zu planen und übergeordnete Fragen und Probleme der Reengineering Teams zu klären. Für die eigentliche Koordination der konkreten Reengineering Aktivitäten und die Unterstützung der Prozessverantwortlichen und Teams ist der Reengineering-Zar zuständig. Er ist der Stabschef des Leaders und kümmert sich um den Aufbau einer Infrastruktur für das BR im Unternehmen. Weiterhin bereitet er die Implementierung der von den Prozessteams entworfenen neuen Prozesse durch die frühzeitige Beschaffung der benötigten Ressourcen vor.

[...]


[1] vgl. Nippa 1996 S. 62 Z. 31 ff.

[2] vgl. Gaitanides/Müffelmann zfo 03/1996 S.186 Z. 13 ff.

[3] vgl. Nippa 1996 S.68 Abb. 1

[4] vgl. Theuvsen zfbf 01/1996 S. 62 Z. 15 ff.

[5] vgl. Kieser zfo 03/1996 S.180 Z. 62

[6] vgl. Hammer Champy 1994 S. 48 Z. 18 ff.

[7] vgl. Hammer/Champy 1994 S. 30 Z. 20 ff.

[8] vgl. Vahs 2001 S.190 Z. 11 ff.

[9] s. Vahs 2001 S. 191 Abb. 71

[10] vgl. Hammer/Champy 1994 S.11 Z. 20 ff.

[11] vgl. Hammer/Champy 1994 S.43 Z. 5 ff.

[12] vgl. Vahs 2001 S. 190 Z.15 ff.

[13] s. Nippa 1996 S. 49 Z.7ff.

[14] s. Picot/Franck 1996 S. 20 Z. 30 ff.

[15] vgl. Hammer/Champy 1994 S.203 Z. 34 ff.

[16] vgl. Hammer Champy S.134 ff.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Business Process Reengineering - Eine kritische Analyse
Hochschule
Hochschule Bremen  (FB Betriebswirtschaft)
Note
2,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
20
Katalognummer
V10667
ISBN (eBook)
9783638170314
Dateigröße
688 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Business, Process, Reengineering, Eine, Analyse
Arbeit zitieren
Dirk Cordes (Autor:in), 2002, Business Process Reengineering - Eine kritische Analyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10667

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