Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre des lutherischen Weltbundes und der katholischen Kirche


Hausarbeit, 2002

62 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

EINLEITUNG

1 HISTORISCHER ZUSAMMENHANG
1.1 RECHTFERTIGUNG BEI PAULUS
1.2 DIE REFORMATION - VERSTÄNDNIS VON RECHTFERTIGUNG IN DER CONFESSIO AUGUSTANA
1.3 DAS KONZIL VON TRIENT

2 DIE GEMEINSAME ERKLÄRUNG ZUR RECHTFERTIGUNGSLEHRE
2.1 VORGESCHICHTE DER GEMEINSAMEN ERKLÄRUNG ZUR RECHTFERTIGUNGSLEHRE
2.2 AUFBAU DER GEMEINSAMEN ERKLÄRUNG
2.3 VERSTÄNDNIS VON DER RECHTFERTIGUNG AUS SICHT DER ERKLÄRUNG
2.4 DARSTELLUNG WEITERER ZENTRALER THEMEN DER GEMEINSAMEN ERKLÄRUNG

3 AUSBLICKE UND BEWERTUNG AUS HEUTIGER SICHT
3.1 DIE GEMEINSAME ERKLÄRUNG AUS ÖKUMENISCHER SICHT
3.2 KRITIKPUNKTE AN DER GEMEINSAMEN ERKLÄRUNG VON KATHOLISCHER UND

EVANGELISCHER SEITE

4 ZUSAMMENFASSUNG

LITERATUR

ERKLÄRUNG

ANHANG

Einleitung

Die Rechtfertigung des Menschen ist ein zentrales Thema christlicher Theologie. Unterschiedliche Auffassungen von Rechtfertigung führten maßgeblich zur Kirchenspaltung im 16. Jahrhundert. Seitdem wurde das Trennende zwischen der evangelischen und der katholischen Kirche vor allem in der Rechtfertigungslehre gesehen. Im 20. Jahrhundert gab es in Deutschland zahlreiche Bemühungen, das Trennende zwischen den beiden Kirchen zu überwinden. 1999 wurde nach langjährigem Dialog die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre des Lutherischen Weltbundes und der Katholischen Kirche“1von Vertretern beider Kirchen in Deutschland unterzeichnet.

Unter Rechtfertigung kann man die Vergebung der Sünden verstehen. Häufig wird Rechtfertigung synonym mit „Sündenvergebung“ gebraucht. Dabei ist anzumerken, dass Rechtfertigung zunächst einen Prozeß gemeint , der den Menschen von seine Gottesferne befreit. Seit der Reformation ist allerdings zwischen beiden Konfessionen strittig, wie der Mensch Rechtfertigung erlangt: die katholische Meinung, dass der Mensch durch gute Werke und die Absolution der Kirche Rechtfertigung erlangt; die lutherische Meinung, dass der Mensch Gerechter und Sünder zugleich ist und Gott ihn allein aus Gnade für gerecht erachtet.

Im Rahmen meiner Facharbeit habe ich mich für die Darstellung und Erörterung der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ entschieden. Sie ermöglicht ein klar umgrenzte Auseinandersetzung mit dem „weiten“ Thema „Rechtfertigung“ und hat einen aktuellen Bezug. Die Facharbeit soll einen Überblick über die Problematik der Rechtfertigung geben und den aktuellen Diskussionsstand zwischen den Konfessionen darlegen.

Die vorliegende Facharbeit beginnt nicht gleich mit der Erörterung der

Gemeinsamen Erklärung, da man, um diese zu verstehen, auch deren Vorgeschichte beleuchten muss. So wird versucht, zunächst den Streit um die Rechtfertigung nachzuzeichnen, indem das paulinische Rechtfertigungsverständnis dargelegt wird sowie der zur Kirchentrennung führende Streit über die Rechtfertigung in der Reformationszeit anhand der katholischen und der lutherischen Position erläutert wird. Im weiterem Verlauf der Facharbeit wird die Gemeinsame Erklärung bearbeitet im Hinblick auf ihren Aufbau und Inhalt. Insbesondere wird dargestellt, welches Verständnis von Rechtfertigung in der Gemeinsamen Erklärung seinen Niederschlag findet. Weiterhin wird die Kritik die Kritiken an der Gemeinsamen Erklärung dargestellt. Am Schluß wird die Bedeutung der Erklärung für die Ökumene beleuchtet, da die Gemeinsamen Erklärung ein Werk der Ökumene darstellt und in dieser Arbeit gewürdigt werden soll.

1 Historischer Zusammenhang

1.1 Rechtfertigung bei Paulus

Für die Auseinandersetzungen um die Rechtfertigungslehre in der Reformationszeit bildet das paulinische Verständnis von der Rechtfertigung die Grundlage. Der Inhalt der paulinischen Rechtfertigungslehre ist, dass der Mensch allein gerecht wird durch den Glauben. Paulus baut sein Verständnis von Rechtfertigung vor dem Bewußtsein auf, „das Gott der Richter ist, dessen Spruch über Sein und Nichtsein, über Leben und Tod des Menschen entscheidet.“2

Wesentlich für das paulinische Rechtfertigungsverständnis sind folgende Perikopen:

- Für Paulus ist die Rechtfertigung eine Gnade göttlichen Handelns. (Röm 5,17).

- In Röm 3,28 stellt Paulus am kürzesten und deutlichsten seine

Auffassung von Rechtfertigung dar.

- Desweiteren ist Röm 1,17 zu nennen. Dort heißt es: „Der Gerechte wird aus Glauben leben.“

- Zentral sind weiterhin: Röm 5,17; 10,4 weiter Gal 2,21; 5,4.

Für Paulus steht fest, dass Gott in der Rechtfertigung aus Gnade (d.h. Gottes Liebe zu uns Menschen) handelt. Das bedeutet, dass der Mensch für sein Heil nichts selber tun kann; der Mensch kann aber glauben und vertrauen, dass die Zusage Gottes erfüllt wird durch Jesus Christus. Paulus schreibt hierzu: „Doch weil wir wissen, dass der Mensch durch Werke des Gesetzes nicht gerecht wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus, sind auch wir gläubig geworden an Christus Jesus, damit wir gerecht werden durch den Glauben an Christus und nicht durch Werke des Gesetzes; denn durch Werke des Gesetzes wird kein Mensch gerecht.“ (Gal 2,16)

Hier wird das Rechtfertigungsverständnis von Paulus deutlich: ihm geht es in keiner Weise um die Erfüllung des Gesetzes, sondern immer allein um die Rechtfertigung vor Gott durch Jesus Christus, der mit seinem Tod die Sünden auf sich genommen hat und durch die Auferstehung den Tod besiegt hat, und uns Menschen das ewige Leben gegeben hat.

In Gal 2,16 verurteilt der Apostel Paulus die Werksgerechtigkeit. Er grenzt sich ab von dem Verständnis, dass der Glaube zu einem Werk wird, das Gott womöglich besser gefällt. „Entscheidend ist nicht, dass sich der Mensch Gott zuwendet, sondern dass der Ausgangspunkt für das Heil des Menschen bei Gott zu suchen ist.“3Dieser Ausschluß hat hohe Bedeutung für spätere Spaltung der Kirchen. Auch Luther kritisierte die Vorstellung, dass der Mensch durch gute Werke gerecht werden könne. (Siehe Kapitel 1.2.ff)

Abschließen möchte ich mit einem Zitat von Udo Hahn, das das paulinische Rechtfertigungsverständnis zutreffend umreißt: „Die Botschaft von der Rechtfertigung ist ‚Evangelium‘ (Römer 1,16f.) - übersetzt: frohe Botschaft. Sie besteht aus drei Elementen: Die Initiative geht allein von Gott aus; Gottes Handeln ist nicht an Vorbedingungen geknüpft; der Glaube ist die Antwort des Menschen im Sinne eines rückhaltlosen Vertrauens.“4

1.2 Die Reformation - Verständnis von Rechtfertigung in der Confessio Augustana

Für den Beginn der Reformation war die Rückbesinnung auf das paulinische Rechtfertigungsverständnis wesentlich. Luther erkannte durch seine Beschäftigung mit dem Römerbrief die befreiende Wirkung der Rechtfertigung des Sünders aus Gnade. Sie wurde für ihn zu einer tiefgreifenden Einsicht, die zur Grundlage des evangelischen Verständnisses von der Rechtfertigung wurde. Um einen besseren Einstieg in die Thematik zu erhalten, soll zunächst der grundlegende Streit um die Rechtfertigung kurz erläutert werden, bevor anhand der Confessio Augustana das lutherische Verständnis von Rechtfertigung dargestellt wird.

In Röm 3,28 tritt ein entscheidender Streitpunkt zwischen Katholiken und Lutheranern deutlich hervor, der auch in der GE eine herausragende Stellung besitzt, nämlich die Frage nach guten Werken: „So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werk, allein durch den Glauben.“ (Röm 3,28) In dieser Beziehung hat Luther eine sehr klare Meinung und Haltung, „indem er das Vertrauen auf Christus betont und das Tun des Menschen davon strikt trennt.“5 Luther nimmt jene Trennung bewußt vor, da er meint, dass der Mensch nicht immer die Wahl hat zwischen Gut und Böse, sondern öfters einen Kompromiß suchen muss. Unterschiedslos wie der Mensch sich positioniert, er muss immer mit der Ungewissheit leben, dass er sich durch den geschlossenen Kompromiß schuldig macht.

Als Beispiel möchte ich hier anführen den Konflikt eines Arbeitnehmers zwischen der Verwicklung seines Betriebes in Rüstungsgeschäfte und dem Bedürfnis nach Erhalt der Arbeitsstelle. Wenn er offen dagegen ankämpft, kann er seine Arbeitsstelle verlieren und kann somit in eine soziale Schieflage geraten. Demnach bleibt ihm nichts weiter übrig, als diese Praxis zu akzeptieren. Dies meinte auch Luther als er sagte, dass wir Menschen nicht immer die Wahl hätten uns frei zu entscheiden. Eine entscheidende Weichenstellung für die Trennung der Kirchen wurde bereits hier gelegt.

Die römisch- katholische Kirche hatte einer anderen Auffassung: zuerst muss der Mensch gute Werke vollbringen, um die Gnade Gottes zu erlangen. Kurz gesagt: ich kann nur Gnade und Vertrauen vor Gott erlangen wenn ich viele gute Werke vollbringe. Dies beflügelte die Menschen, die vor Gott als strenge Diener dastehen wollten, sehr fleißig gute Werke zu vollbringen, um gerechtfertigt zu werden.

Für Luther ist diese Argumentation nicht hinnehmbar. Die Gefahr ist groß, dass der Mensch sein Vertrauen auf Gott immer mit einem guten Werk in Verbindung bringt. Luthers Frage: „Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?“ war mit dieser Praxis der katholischen Kirche nicht glaubwürdig beantwortet. Luther stellt der katholischen Position entgegen, dass der Mensch nichts für sein eigenes Heil tun kann, sondern dass es ein Geschenk des Allerhöchsten ist, und folglich nicht „verdient“ werden kann.6 Für Luther ist der gläubige Sünder bereits errettet. Er muss und kann sich nicht selber erretten, indem er gute Werke schafft. Für Katholiken ist wiederum die protestantische Position völlig unklar. Sie meinen, wenn der Mensch bereits errettet ist, muss er sich auch nicht anstrengen, denn ihm genügt ja der Glaube als Verhältnis zu Gott. Nach Jak 2,17 gehört Glauben und Handeln untrennbar zusammen: „So ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, tot in sich selber“(Jak 2,17) Das bestreiten beide Parteien nicht, nur dass die Werke Vorbedingung zur Erlangung des Heils seien, dass bestreiten die Reformatoren. Für Luther ist die Vergebung der Sünde durch Gott ein Geschenk, was nicht erarbeitet oder durch gute Werke von Menschenhand vollbracht werden kann. Damit stellt Luther die Praxis des Ablaßhandels der katholische Kirche in Frage.

Im folgenden Abschnitt möchte ich auf das wohl wichtigste Werk eingehen, in dem die lutherische Rechtfertigungslehre besonders prägnant dargelegt ist: die „Confessio Augustana“ (CA / Augsburger Bekenntnis) von 1530. Die CA ist der zentrale Bestandteil der reformatorischen Bekenntnisschriften, Martin Luther und Philipp Melanchthon haben in entscheidender Weise diese Bekenntnisschrift geprägt. Sie ist der vorläufige Abschluß der reformatorischen Entwicklung, die mit den 95 Thesen, die Martin Luther 1517 gegen den Ablasshandel der katholischen Kirche verfasste, begann. Die Entwicklung führte zur Entstehung der evangelisch- lutherischen Kirche, obwohl Luther ursprünglich nicht an einer Kirchenspaltung gelegen war.

Auf dem Reichstag in Augsburg 1530, für den die CA als Positionsbestimmung des reformatorischen Glaubens formuliert wurde, ging es Kaiser Karl V. nicht in erster Linie um die Lösung der Religionsfrage sondern um eine geschlossene Macht gegen die Türken. Jedoch hatte der Kaiser Befürchtungen, dass durch den Religionsstreit das Heilige Römische Reich Deutscher Nation zerbrechen könnte. Da Luther als Geächteter nicht selber nach Augsburg reisen konnte, er war auf der Veste Coburg, wurden die Verhandlungen von Philipp Melanchthon geführt, der auch gleichzeitig Verfasser der CA war.7„Formuliert war sie jedoch als gesamtkirchliches Bekenntnis und nicht als Lehrgrundlage einer neuen Kirche.“8 Eine

Einigung kam nicht zustande, obwohl Philipp Melanchthon sehr diplomatisch Formulierungen benutzte, die von den Vertretern der römisch- katholischen Kirche nicht als spaltend angesehen werden konnten. Trotzdem wurde der Inhalt der CA von den Vertretern der römischen Kurie abgelehnt. Wahrscheinlich ist das Fehlen eines Artikels über das Papsttum für die katholische Seite völlig inakzeptabel gewesen und war ein wichtiger Punkt für das Scheitern.9Ebenfalls war Johann Eck, ein Gegner der Reformation, am Scheitern der CA mitbeteiligt. Er verfasste eine Flugschrift, in der er den Reformatoren 380 Sätze mit ketzerischen Inhalt nachweisen wollte.

Am 25. Juni 1530 wurde die CA in ihrer deutschen Fassung durch den kursächsischen Kanzler vor dem Kaiser und den Fürsten in Augsburg verlesen. Die CA war von angesehenen Fürsten und von zwei Reichsstädten unterschrieben worden, angeführt vom Kurfürsten von Sachsen. Kernregionen, wo die CA offiziell anerkannt wurde, waren die Fürstentümer Kur-Sachsen, Hessen, Brandenburg, Braunschweig, Anhalt sowie die Reichsstädte Nürnberg und Reutlingen. Der Kaiser stand unter dem Einfluß der römischen Kurie und wollte deshalb die CA nicht akzeptieren. Dennoch blieben die Unterzeichner bei ihrer harten Haltung und machten somit die CA zur offiziellen Staatsreligion in ihren Fürstentümern.

Die CA behandelt als ein Hauptthema die „Rechtfertigung“ und trug damit zur Kirchenspaltung maßgeblich bei. In den Artikeln 4, 6 und 20 nimmt das Augsburger Bekenntnis explizit zum Thema „Rechtfertigung“ und „Werksgerechtigkeit“ Stellung. Es sei betont, das noch weitere Artikel der CA sich dieser Themenstellung widmen, aber die ausgewählten Artikel für die Kirchenspaltung ausschlaggebend sind. Sie sollen im folgenden erläutert werden.

In Artikel 4 und 6 der CA wird eine sehr demonstrative Abwendung von der bisherigen katholischen Lehrmeinung begangen. Die CA vertritt die neue Lehrmeinung, dass die Sündenvergebung allein durch Christi Gnade geschieht und somit nicht davon abhängt, wieviel der Mensch in seinem Leben gute Werke vollbracht hat. „Weiter wird gelehrt, dass wir Vergebung der Sünde und Gerechtigkeit vor Gott nicht durch unser Verdienst, Werke und Genugtuung erlangen können, sondern dass wir Vergebung der Sünde bekommen und vor Gott gerecht werden aus Gnade um Christi willen durch den Glauben“10Im Artikel 6 heißt es zum selben Thema: „Wer an Christus glaubt, selig ist und nicht durch werke, sondern allein durch den Glauben ohne verdienst Vergebung der Sünde hat.“11Es bedeutet für den Christen eine große Erleichterung: Er muss nicht danach trachten, gute Werke zu vollbringen, um Sündenvergebung vor Gott zu erlangen. Nein, denn „wir glauben, dass Christus für uns gelitten hat und dass uns um seinetwillen die Sünde vergeben, Gerechtigkeit und ewiges Leben geschenkt wird.“12

Die römisch-katholische Kirche vertrat die Ansicht, dass der Mensch sich von seiner Sünden durch das Vollbringen von guten Werken befreien kann (Werksgerechtigkeit). Dies geschah, indem der Mensch (Sünder) zum Beispiel mehrmals den Rosenkranz beten musste oder der heiligen Maria eine Gabe brachte. Aber die Priester waren auch am eigenen Wohl interessiert, so dass es durchaus üblich war, Geld als Buße zu entrichten. Vielerorts herrschte also ein völlige Willkür. Ebenso wurde mit den Ablaßbriefen verfahren. Jeder Gläubige konnte in die Klöster und Kirchen gehen und gegen Geld Ablaßbriefe erwerben, worin ihm die begangene Sünde vergeben wurde. Je nach der „Schwere“ der Sünde wurde der Geldbetrag festgelegt. Luther wendet sich vor allem gegen die Auswüchse dieser Praxis. Der Ablaßhandel ist deshalb auch sein Hauptthema seiner 95 Thesen.

Auch wenn der Sünder nach evangelischem Verständnis allein aus Gnade von Gott gerechtfertigt wird, so kann keinesfalls gemeint sein, dass er sich ‚ruhig zurücklehnen‘ kann und darauf hoffen, das Gott alles lenken wird. Wer in diesem Glauben lebt begeht einen fatalen Irrtum. Vielmehr ist gemeint, dass sich der Mensch täglich bemühen muss, auf dem Wege Christi zu gehen und nicht abzukommen. Dies ist eine weitreichende Herausforderung die an ihn gestellt wird. Dennoch braucht er nicht Angst zu haben oder befürchten zu müssen, ins Unglück zu laufen. Es ist immer unbestreitbar: die unendliche Gnade Gottes hört niemals auf.13

In Artikel 6 der CA steht deutlich, dass „dieser Glaube gute Früchte und gute Werke hervorbringt.“ Dennoch sind die guten Werke keine Bedingung, um Gnade vor Gott zu erlangen. Vielmehr bringt ein rechter Glaube selbsttätig gute Werke hervor. Einzig dieser Grundsatz ist wichtig: Nicht auf die Vollendung guter Werke hin soll der Mensch seinen Glauben entfalten, sondern allein auf Gott und im Glauben an ihn. Martin Luther hat dies in seinen „sola“-Formulierungen (allein durch Christus, allein aus Gnade, allein durch die Schrift, allein aus Glauben) nochmals bekräftigt und untermauert. Hier gibt es für Luther auch keinen Interpretationsraum: zur Rechtfertigung des Menschen bedarf es nicht guter Werke als Vorbedingung.

Der Artikel 20 der CA thematisiert noch einmal sehr genau, was die Reformatoren gegen die Werksgerechtigkeit anführen. Der Artikel ist sehr deutlich und verständlich von Melanchthon formuliert. Es wird offenkundig angemahnt, dass es in den Predigten bisher vor allem um die Werksgerechtigkeit, wie das Beten von Rosenkränzen, Wallfahrten, Fastenordnungen usw. ging und der Glaube völlig außer acht gelassen wurde. Exakt hier greift die Kritik der CA an: sie verwirft die Vorstellung, dass diese guten Werke den Menschen mit Gott versöhnen können, denn die Rechtfertigung des Sünders geschieht allein durch den Tod und die Auferstehung Jesu Christi und kann nicht verdient werden. An dieser Stelle brilliert wieder das diplomatische Geschick von Melanchthon. Er begeht, wie in vielen seiner Artikel einen gefährlichen Gratweg, er nimmt der katholischen Kirche die Angriffspunkte und zeigt gleichzeitig seine Reformvorschläge auf.14

Im nächsten Teil der Facharbeit werde ich die „Gegendarstellung“ der römisch- katholischen Kirche ausführen und erläutern.

1.3 Das Konzil von Trient

Das Konzil von Trient, auch Tridentinum genannt, war die Antwort der römisch- katholischen Kirche auf die Reformation und ihre Bekenntnisschriften. Der Tagungsort war die norditalienische Stadt Trient (heutiges Italien), wonach dieses Konzil benannt wurde. Dieser Ort war bewußt gewählt worden, da er damals noch in den Grenzen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation lag. Man hoffte, die Protestanten würden ebenfalls dem Konzil beiwohnen, um sich gemeinsam einigen zu können. Einberufen wurde das Konzil von Papst Paul III. für das Jahr 1545, und von Papst Pius IV. wurde es 1563 beschlossen. Insgesamt war die Sitzungszeit von 1545-1563 aufgeteilt in drei Tagungsperioden mit einer eine zweijährige (diese Unterbrechung gehen auf Unstimmigkeiten zwischen dem Kaiser Karl der V. und Papst Paul III. zurück) und eine zehnjährige Unterbrechung. Dass man erst 25 Jahre nach der Reformation zu einem Konzil zusammentrat läßt erkennen, dass die Päpste nicht an einem Konzil interessiert waren, weil sie fürchteten, ihre Macht könnte dadurch kleiner werden.

Im Konzil ging es darum, eine Antwort auf die reformatorischen Gedanken zu formulieren. Das Tridentinum kann man nicht einfach als geschlossenes Ganzes betrachten sondern man muss in die drei Tagungsperioden unterteilen und einzeln betrachten.15

In der ersten Tagungsperiode von 1545-1548 ging es vor allem um das sogenannte „Sola-Scriptura-Prinzip“, das „allein die Heiligen Schrift“ in den Mittelpunkt stellt.16Ebenfalls wurden hier die Fragen nach der Gnade, der Rechtfertigung und der Lehre von der Erbsünde erstmals verhandelt. Die zweite Tagungsperiode von 1551-1552 wurde vom Streit mit den Protestanten überschattet. Diese waren gekommen und forderten einen Neuanfang. Das bedeutete, dass alle gefassten Beschlüsse bis dahin aufgehoben werden sollten. Dafür sah aber die römisch- katholische Kirche keinerlei Spielraum. Vor allem an der Macht (Vorsitz) des Papstes, die die Protestanten nicht hinnehmen wollten, war auch der letzte Hoffnung auf eine gemeinsame Einigung gescheitert.17

Mit der Wiederaufnahme des Konzils zehn Jahre später wurde die dritte Tagungsperiode von 1562-1563 zur entscheidendsten. Hier wurden die Themen Eucharistie, Priesterweihe, Messfeier und das Sakrament der Ehe abschließend beraten. Alle Dekrete des Konzils von Trient wurden zusammengefasst und vom Papst Pius IV. am 21. Januar 1564 bestätigt.18

Im „Dekret über die Rechtfertigung“ von 1547 wird besonders auf die Rechtfertigungslehre von Luther eingegangen. Dieses Dekret ist in einzelne Abschnitte, sogenannte Canones, unterteilt. Wichtig sind hier die drei Canones 9, 12 und 32. Alle Canones sind sehr scharf formuliert. Ihre Nichtbeachtung hat den Ausschluß aus der katholischen Kirche zur Folge.

Bereits Canon 9 steht in vollem Gegensatz zur Lehre Luthers. Luthers Leitsatz aus Röm 3,28 wird hier als nicht legitim dargestellt. Der Ausschluß anderer Meinungen wird wie folgt formuliert: „...dass nichts anderes als Mitwirkung zur Erlangung der Rechtfertigungsgnade erfordert werde, und dass es in keiner Weise notwendig sei, sich durch die eigene Willenstätigkeit zuzurüsten und zu bereiten, der sei ausgeschlossen.“19

Noch klarer kommt im Canon 12 die katholische Haltung zu Vorschein. Hier geht es um eine Grundfeste der katholischen Lehre, nämlich die guten Werke: ohne gute Werke ist ein gerechter Glauben nicht möglich, so kann man den ersten Teil des Canon 12 zusammenfassen. Nach tridentinischen Verständnis sind gute Werke Vorbedingung für die Rechtfertigung, folglich wird der Ausschluß formuliert „Wer behauptet ... die Werke selbst seien nur Frucht und Anzeichen der erlangten Rechtfertigung, nicht aber auch Ursache ihres Wachstums, der sei ausgeschlossen.“20Genau die Gegenposition zu Luther und der Bibel (Römer 1ff.).

Hier meldet Luther Widerspruch an, indem er der katholischen Kirche vorwirft die Bibel falsch auszulegen. Er macht dies deutlich indem er seinen Leitgedanken (Röm. 3,28) anwendet. Dadurch kann er die Lehrmeinung des Canon 12 nicht akzeptieren. Es würde bedeuten, dass der Glaube unwichtig wäre und nur die Werke notwendig, um Gnade vor Gott zu erlangen. Folglich tritt hier ein klarer Bruch auf, der die Tiefe Zerstrittenheit innerhalb der beiden Parteien offen legt

Im Canon 32 wird der Gerechtfertigte mit den guten Werken verglichen. Es gehe nicht, dass man allein von Gottes Gnaden gerecht wird, denn die Werke sind nach Meinung des Tridentinum immer auch „...gute Verdienste des Gerechtfertigten selbst...“21Auch wird hier mit den guten Werken ein Stück Gnade und ewiges Leben erarbeitet, ndem behautet wird, dass durch die Werke ein „Zuwachs an Gnade und ewigem Leben erfolgt“.22

Auffällig ist bei den Beschlüssen des Tridentinum die sehr deutliche Sprache. Sie steht im Gegensatz zur diplomatischen Sprache Melanchthons in der CA. Warum im Tridentinum kein Versuch gemacht wurde, protestantische Meinungen aufzunehmen, kann ich mir nur aus dem Zerwürfnis innerhalb des Konzils mit den Protestanten erklären. Denkbar ist auch, dass hier die katholische Kirche Angst vor dem Machtverlust hatte.

2 Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre

2.1 Vorgeschichte der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre

Mit dem Konzil von Trient und den Lehrverurteilungen war die Kirchentrennung beschlossen. Die nachfolgenden Jahrhunderte waren geprägt von gegenseitiger Aus- und Abgrenzung. Die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre des Lutherischen Weltbundes und der Katholischen Kirche“23 wurde am 31. Oktober 1999 in einem feierlichen Festakt im Rathaus der Stadt Augsburg von Vertretern beider Konfessionen unterzeichnet. Mit diesem Tag beginnt eine neue Epoche in der Kirchengeschichte. Die Lehrverurteilungen im 16. Jahrhundert und ihre daraus resultierenden fast 500-jährige Trennung der Konfessionen (vgl. Kapitel 1) können nun in einem neuen Licht gesehen werden. Nach katholischer Rechtsmeinung sind zwar die Aussagen des Tridentinums nicht aufgehoben und weiterhin besteht eine Trennung zwischen den Konfessionen, man hat sich aber auf einen „Konsens in Grundwahrheiten“ geeinigt.

Die GE war das Ergebnis eines langen Prozesses des ökumenischen Dialogs im 20. Jahrhundert zwischen der römisch- katholischen Kirche und den Lutheranern. „Die Frage der Rechtfertigungslehre (spielte, Anm. d. Verf.) bereits zu Beginn des offiziellen Dialogs zwischen Katholiken und Lutheranern eine zentrale Rolle, so dass sich die Arbeit der Verfasser der GE auf die Ergebnisse eines dreißigjährigen Dialogs stützen konnten.“24Ergebnisse dieses Dialogs sind Schriften wie: „Evangelium und Kirche“ aus dem Jahr 197225, „Rechtfertigung durch den Glauben“ aus dem Jahr 198326, „Lehrverurteilungen - kirchentrennend?“ aus dem Jahr 198627und „Kirche und Rechtfertigung“ aus dem Jahr 199428. Diese Zeugnisse wurden in die

GE integriert. Die chronologische Aufzählung der Veröffentlichungen soll verdeutlichen, dass bereits vor der GE an einer Verständigung über die Rechtfertigungslehre gearbeitet wurde. Insofern ist diese GE „nichts Neues“, sondern eine Zusammenfassung und abschließende Konkretisierung und Bewertung des vorangegangenen Dialogs.

Die erste Fassung der GE wurde im Jahr 1996 vorgelegt. Es gab natürlich Kritik aber auch ein hohes Maß an Gemeinsamkeiten auf beiden Seiten. Die vorgebrachten Kritikpunkte an den Themen Rechtfertigung, Taufverständnis und gute Werke verlangten nach einer Überarbeitung der ersten Fassung. So wurde ein Jahr später (1997) die zweite Fassung der GE vorgestellt. Nun begann die eigentliche Arbeit, in der der Vatikan und der Lutherische Weltbund (LWB) die vorliegende Fassung in ihren Gremien vorstellten und inhaltlich überprüften. Der LWB konnte im Sommer 1998 eine positive Rückmeldung seiner Gliedkirchen feststellen. Dies bedeutete, dass in den protestantischen Kirchen ein „grundlegender Konsens“ im Bezug auf die Rechtfertigungsproblematik und die Lehrverurteilungen gefunden war. Von seiten des Vatikans gab es ebenfalls im Sommer 1998 eine grundsätzlich positive Rückmeldung, jedoch mit Vorbehalten, die zum Scheitern der gesamten GE hätte führen können. Kernpunkt der Kritik von römisch- katholischer Seite war die These der GE, dass die Lehrverurteilungen nicht

mehr die andere Konfession betreffen (vgl. GE 41)29 Man löste das Problem, indem man die GE in ihrer vorliegendem Fassung verabschiedete und zusätzlich zwei Schriftsätze hinzufügte: die „Gemeinsame Offizielle Feststellung“ (GOF) und den Anhang (Annex). Beide Dokumente sind untrennbar mit der GE verbunden und gehören zum offiziellen Gesamtteil. In der GOF wurde der erreichte Konsens dargestellt und damit die Unterzeichnung der GE möglich gemacht. In der „Annex“ wurden die katholischen Vorbehalte (von 1998) bearbeitet und konkretisiert. Infolgedessen konnte die katholische Seite nun auch der GE in ihrer Gesamtheit zustimmen. Udo Hahn hat dies sehr treffend formuliert: „Der ‚Anhang (Annex)‘ stellt die Brille dar, durch die die GE zu lesen ist“.30

2.2 Aufbau der Gemeinsamen Erklärung

Die GE ist in fünf Hauptteile aufgegliedert und eine Präambel. Die Hauptteile sind wie folgt überschrieben:

1. Biblische Rechtfertigungsbotschaft
2. Die Rechtfertigungslehre als ökumenisches Problem
3. Das gemeinsame Verständnis der Rechtfertigung
4. Die Entfaltung des gemeinsamen Verständnisses der Rechtfertigung
5. Die Bedeutung und Tragweite des erreichten Konsenses.

Jeder Hauptteil untergliedert sich in Artikel. Insgesamt umfasst die GE 44 Artikel.

Die GE lebt zum großen Teil von der Konsensfindung und der darauffolgenden Konkretisierung für die einzelne Konfession. Besonders im

4. Hauptteil wird das sehr deutlich: zunächst kommt das gemeinsame Bekenntnis, danach die einzelnen konfessionellen Schlußfolgerungen.

Ich habe die GE zum besserem Verständnis und zur schnellen Auffindung von Aussagen zusammengefasst. Ich möchte hier betonen, dass diese Kurzfassung der GE keinen offiziellen Charakter im Sinne der verabschiedeten Fassung von den beiden Kirchen hat. Sie soll eine Hilfestellung zum leichten und zügigen Auffinden von Artikeln darstellen und deren jeweiligen inhaltlichen Schwerpunkt verdeutlichen.

Die Gemeinsame Erklärung (Kurzfassung)

Präambel

(1) Historischer Bezug (Konzil von Trient und lutherische Schriften).

(2) Besonderer Stellenwert der lutherischen Tradition zur Rechtfertigung

(3) Zusammenfassung und Aufzeichnung von vorangegangenen Dialogen zwischen Lutheranern und Katholiken.

(4) Bilanz ziehen zu den Dialogberichten zur Rechtfertigung. Zusammenfassung, verbindliche Grundlagen zu schaffen.

(5) Ziel der Gemeinsamen Erklärung (GE) wird formuliert als gemeinsames Verständnis zur Rechtfertigung und Konsens über Wahrheit der Rechtfertigung.

(6) GE ist eine Zusammenfassung der Dialogberichte und nimmt bewußt Bezug darauf. Die GE soll zeigen, dass sich die Konfessionen auf einen Konsens einigen. (7) GE drückt Hoffnung aus, das die Kirche auf der Grundlage dieser GE neue Entwicklungen macht.

1. Biblische Rechtfertigungsbotschaft

(8) Einsicht zur Rechtfertigung wird aus der Bibel (AT) gewonnen und mit Textstellen belegt.

(9) Einsicht zur Rechtfertigung wird aus der Bibel (NT) gewonnen mit besonderen Verweis auf Paulus (Röm 3,23-25).

(10) Auseinandersetzung mit der paulinischen Rechtfertigungslehre.

(11) Rechtfertigung bedeutet Sündenvergebung und damit Aufnahme bei Gott zur Lebzeit auf Erden.

(12) Rechtfertigung kommt von Jesus Christus, deshalb müssen wir Sünden immer wieder bekennen; aber Gott ist in uns und wird uns gerecht machen.

2. Die Rechtfertigungslehre als ökumenisches Problem

(13) Zur Überwindung der Kirchentrennung ist das gemeinsames

Verständnis der Rechtfertigung Grundvoraussetzung, damit ein Konsens zu Grundwahrheiten der Rechtfertigung gelegt werden kann.

3. Das gemeinsame Verständnis der Rechtfertigung

(14) Bibel und theologische Gespräche haben zum gemeinsamen

Verständnis der Rechtfertigung geführt.

(15) Rechtfertigung ist Werk der Trinität und unteilbar.

(16) Nur durch Christus werden wir gerecht, indem wir an ihn glauben.

Glaube ist Geschenk Gottes durch den Heiligen Geist, der durch Wort und Sakrament wirkt in uns Gläubigen.

(17) Rechtfertigung verdanken wir Gottes Handeln in Jesus und seiner

Barmherzigkeit, die wir uns nur schenkenlassen bzw. im Glauben empfangen aber nie verdienen können.

(18) Rechtfertigung ist christliche Glaubenslehre. Lutheraner lassen nur dieses Kriterium gelten, indem sie betonen, ihre Lehre auf Christus hin zu orientieren. Katholiken sehen sich von mehreren Kriterien in die Pflicht genommen. Beide Konfessionen haben das Ziel, „in allem Christus zu bekennen“.

4. Die Entfaltung des gemeinsamen Verständnisses der Rechtfertigung

(19) Das Heil der Menschen ist völlig von Gottes Gnade abhängig,

d.h. als Sünder steht der Mensch unter Gottes Gericht und kann nicht von sich aus Rechtfertigung von Gott empfangen sondern allein aus Gnade.

(20) Abkehr von der Werksgerechtigkeit. Der Mensch wird nicht durch

Werke allein gerecht.

(21) Nach lutherischer Meinung kann der Mensch nichts zu seiner

Errettung beitragen, weil er Sünder ist und somit die Rechtfertigung nur empfangen kann und keinen eigenen Beitrag leisten kann. Aber er kann sich mit seiner Person am Glauben beteiligen, der vom Heiligen Geist bewirkt wird in ihm.

(22) Lutheraner und Katholiken bekennen gemeinsam die

Sündenvergebung allein aus Gnade und das Geschenk eines neuen Lebens ohne Sünde.

Wenn der Mensch an Christus Glaubt wirkt der heilige Geist in ihm.

17

(23) Lutheraner betonen, dass die Vergebung der Sünden von Gott durch

Christus geschenkt wird und somit die Rechtfertigung frei ist von menschlichem Zutun bzw. Mitwirken.

(24) Katholiken betonen, dass Vergebung der Sünden aus Gottes Gnade

immer mit dem Geschenk eines neuen Lebens verbunden ist, das sich im Heiligen Geist auswirkt.

Gottes Rechtfertigung bleibt aber weiterhin fern von menschlichen Zutun.

(25) Sünder wird durch Heil Gottes allein gerecht. Dieses Heil wird mit

der Taufe geschenkt. Damit wird die Hoffnung auf Gott und seine Liebe aufgezeigt. Ohne Werke kann der Mensch nicht in der Liebe Gottes stehen.

(26) Lutheraner betonen: allein aus Glauben wird der Sünder

gerechtfertigt, der den Menschen zu einem Leben in Hoffnung und Liebe führt. Aus dieser Liebe erwächst das „erneuerte Leben“. Rechtfertigung und Erneuerung sind durch Christus verbunden.

(27) Katholiken betonen: Glaube ist für Rechtfertigung fundamental,

denn ohne Glauben würde es auch keine Rechtfertigung geben.

Mensch wird als Getaufter und als Hörer des Wortes gerechtfertigt. In der Rechtfertigung empfangen die Gerechtfertigten von Christus Glaube, Hoffnung und Liebe und werden somit in die Gemeinschaft aufgenommen. Dieses neue personale Verhältnis zu Gott ist völlig von der Gnade Gottes abhängig

Darum wird die Rechtfertigungsgnade nie Besitz des Menschen sein. Durch die Rechtfertigungsgnade wird das Leben des Menschen erneuert.

(28) Mensch wird in Taufe durch Heiligen Geist mit Christus vereint.

Jedoch ist der Mensch zeitlebens auf Gottes Gnade angewiesen und muss immer wieder um Vergebung bitten.

(29) Lutheraner betonen: der Christ ist „zugleich Gerechter und Sünder“.

Er ist gerecht durch Gott, der in Wort und Sakrament die Sünden vergibt und uns die Gerechtigkeit Christi zu teil werden läßt. Somit wird der Mensch durch Christus vor Gott gerecht. Er bleibt aber Sünder, weil er an falsche Götter glaubt; aber durch Christus ist diese Sünde vergeben. Damit können wir zu Lebzeiten ein Stück gerecht werden und leben. Durch die Taufe sind wir gerecht. Die Sünde besteht darin, da wir nicht ungeteilt lieben.

(30) Katholiken betonen: In der Taufe wird die Sünde vergeben, allerdings verbleibt im Menschen eine aus der Sünde kommende und zur Sünde drängende Neigung (Konkupiszenz), die aber nicht Sünde im eigentlichen Sinne ist.

(31) Mensch wird vor Gott allein durch den Glauben an das Evangelium gerechtfertigt. Christus zeigt den Gerechtfertigten in seinem Handeln den Willens Gottes, der für die Gerechtfertigten die Richtschnur darstellt ebenso wie die Gebote.

(32) Richtige Zuordnung von Gesetz und Evangelium ist für die Lutheraner wesentlich für das Verständnis von Rechtfertigung. Gesetz ist Forderung und Anklage zugleich, in dem der Mensch als Sünder lebenslang steht, um sich im Glauben an Gottes Barmherzigkeit allein Christus zuzuwenden, der ihn rechtfertigt.

(33) Die Katholiken bekennen: Der Gerechtfertigte soll das Gesetz achten auch wenn es durch das Evangelium erfüllt und überwunden ist. Sie verneinen nicht, dass das ewige Leben durch Christus verheißen wird.

(34) Alle Gläubigen können sich auf die Barmherzigkeit und Verheißung Gottes verlassen. Wenn ihr Glaube bedroht ist, können sie durch die Kraft der Auferstehung Jesu auf die Gnade Gottes bauen und ihr gewiss sein.

(35) Lutheranern war wichtig, dass sich der Gläubige in Bedrohung ganz auf Gott verlässt und nicht auf sich selbst. Er kann im Vertrauen auf Gottes Zusage sich des Heils gewiß, aber nicht sicher sein.

(36) Katholiken stimmen Art. 35 zu und unterstreichen dies mit einem Zitat aus dem Zweiten Vatikanischen Konzil: Man kann nicht an „Gottes Barmherzigkeit und an Christi Verdienst zweifeln.“

(37) Gute Werke, d.h. christliches Leben, in Glaube, Hoffnung und Liebe, sind Früchte der Rechtfertigung. Wenn der Gerechtfertigte in Christus lebt und Gnade empfängt, bringt er gute Frucht. Das ist für Christen. die gegen die Sünde kämpfen eine Verpflichtung, die er erfüllen muss. Darum sollen wir Werke der Liebe tun.

(38) Gute Werke tragen nach katholischer Meinung zum Wachsen der Gnade vor Gott bei und vertiefen die Gemeinschaft der Christen. Durch die Werke wird der Mensch Lohn im Himmel empfangen. Hier soll die Verantwortung des menschlichen Handelns herausgestellt werden. Aber es soll nicht verneint werden, dass die Werke Geschenke sind und somit die Rechtfertigung ein Gnadengeschenk ist, das nicht verdient werden kann.

(39) Lutheraner sehe auch ein Wachstum des Gedanken der und ein Wachstum an Glauben. Jedoch ist die Gerechtigkeit durch Gott, immer vollkommen.

5. Die Bedeutung und Tragweite des erreichten Konsenses

(40) Katholiken und Lutheraner haben Konsens gefunden über

Rechtfertigung und haben ihre unterschiedlichen Blickwinkel für beide Seiten tragbar formuliert.

(41) Lehrverurteilungen aus dem 16. Jahrhundert sind damit beseitigt,

wenn sie die Rechtfertigung betreffen. Die lutherische Lehre wird nicht vom Konzil zu Trient verurteilt, ebenso verurteilen die lutherischen Bekenntnisschriften nicht die Lehren der katholischen Kirche.

(42) Die Lehrverurteilungen zur Rechtfertigung sind nicht

gegenstandslos, sondern sollen Warnung sein, die wir in der Praxis und in der Lehre beachten sollen.

(43) Es gibt noch viele offene Fragen, jedoch ist mit der GE ein Grundstein gelegt worden zum gemeinsamen Verständnis und Leben.

(44) Dank an Heiligen Geist und Christus Wie bereits oben beschrieben, wurde die GE nicht in ihrer ursprünglichen Fassung verabschiedet, sondern es wurden noch zwei Anhangstexte formuliert, die „Gemeinsame Offizielle Feststellung“ und der Annex. Insbesondere der Annex arbeitet die gefundenen Gemeinsamkeiten heraus. Um einen Überblick auf die Annex und die „Gemeinsame Offizielle Feststellung“ zu geben habe ich, wie bereits bei der GE, eine Kurzzusammenfassung formuliert. Gemeinsame Offizielle Feststellung

(1) Gegenseitige Übereinstimmungen werden Anhand der GE (Art. 40 und 41) bekräftigt.

(2) Im Blick auf die Antwortnoten der Konfessionen zur GE und des erreichten Konsens in der GE wurde der Konsens in der Annex weiter erläutert. Festgestellt wurde, dass die gegenseitigen Lehrverurteilungen im Blick auf die GE nicht mehr treffen.

(3) Verpflichtung zur Weiterführung des Dialoges und Verständigung in der Lehre von der Rechtfertigung. Ziel ist es, als eine„volle Kirchengemeinschaft, zu einer Einheit in Verschiedenheit zu gelangen, in der verbleibende Unterschiede miteinander ‚versöhnt‘ würden und keine trennende Kraft mehr hätten.“ Bekräftigung der Ökumene auf diesem Weg.

Der Anhang („Annex“) - Kurzfassung -

(1) Es wird betont das in der GE „Grundwahrheiten der

Rechtfertigungslehre“ beschrieben wurden. Die gegenseitigen Lehrverurteilungen sind nicht mehr von Bedeutung.

(2) Hier wird noch mal auf GE 15 Bezug genommen, dass wir aus Gnade und nicht aufgrund unsere Verdienste von Heiligen Geist angenommen sind. (2A) Rechtfertigung ist Sündenvergebung, durch die uns ein „Leben in

Christus geschenkt“ wird. Wir sind aber immer vom Wirken des Heiligen Geistes abhängig, der in uns durch Christus wirkt. Da wir aber nicht ohne Sünde sind „können Lutheraner und Katholiken gemeinsam, den Christen als „simul iustus et peccator“ („Gerechter und Sünder zugleich“) verstehen.“

(2B) Konkupiszenz (Neigung zur Sünde - Erbsünde -) wird konfessionell

verschieden gesehen. Nach lutherischer Vorstellung ist

Konkupiszenz das Begehren des Menschen und die Suche nach sich selbst. Diese Suche nach „sich selbst“ und nicht nach Gott ist Sünde. Nach katholischer Vorstellung ist Konkupiszenz „eine auch nach der Taufe im Menschen verbleibende, aus der Sünde kommende und zur Sünde drängende Neigung.“

Lutherischerseits kann man die Auffassung teilen, dass die Begierde das „Einfallstor der Sünde“ darstellt. Durch die Macht der Sünde ist der Mensch immer in Gefahr sich gegen Gott zu stellen. Diese Neigung entspricht nicht mit Gottes Plan vom Menschen. Sünde hat „personalen Charakter“, die zur Trennung Menschen von Gott führt. Die Taufe ist ein geschenktes Heil Gottes, damit ist die Gefahr der Sünde durch „die Erneuerung des Menschen in Christus durch die Taufe“ vergeben. Jedoch darf nicht der Eindruck entstehen das der Gerechtfertigte ohne Sünde ist: Der Kampf gegen das Böse dauert ein ganzes Leben lang.

(2C) Rechtfertigung geschieht allein aus Gnade. Glauben ist unabhängig

von Werken (GE 15, 18, 25). Jedoch ist der Mensch angehalten sich zu mühen indem der Heilige Geist uns die Kraft zur Erneuerung schenkt.

(2D) Aufforderung an uns Menschen gute Werke zu tun, „ist die Aufforderung, den Glauben zu üben.“ „ ... somit kann der Mensch ohne Werke nicht in der Liebe Gottes stehen“.

(2E) Durch die Rechtfertigung aus Gnade sind wir ohne Vorbehalt bei Gott aufgenommen. Gott wird beim Endgericht alles in das Ewige Leben mit aufnehmen, was „seinem Willen entspricht“. Alles Unrechte wird vom ewigen Leben ausgeschlossen. Auf diesen Lohn (Gnadenlohn) haben wir keinerlei Anspruch.

(3) „Rechtfertigungslehre ist Maßstab oder Prüfstein des christlichen Glaubens.“ Die Rechtfertigungslehre ist auf Christus ausgerichtet. Somit ist die Rechtfertigung ein „grundlegendes trinitarisches Glaubensbekenntnis der Kirche.“

(4) Antwort der katholischen Kirche betont, dass es keinerlei Infragestellung der Autorität der Lutherischen Weltbund gibt. Beide Konfessionen „haben den Dialog als gleichberechtigte Partner („par cum pari“) geführt“.

2.3 Verständnis von der Rechtfertigung aus Sicht der Erklärung

Ich möchte in diesem Kapitel die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede aufzeigen, worauf sich die Kommissionen der GE verständigt haben.

Es ist ein klarer Konsens erkennbar. Beide Seiten haben eine tragbare Lösung gefunden und die sogenannten „Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre“ formuliert: „Es ist unser gemeinsamer Glaube, dass die Rechtfertigung das Werk des dreieinigen Gottes ist. Der Vater hat seinen Sohn zum Heil der Sünder in die Welt gesandt. Die Menschwerdung, der Tod und die Auferstehung Christi sind Grund und Voraussetzung der Rechtfertigung. Daher bedeutet Rechtfertigung, dass Christus selbst unsere Gerechtigkeit ist.“31Der Mensch kann die Gemeinschaft mit Gott niemals selber herbeiführen. Somit kann sich dieser auch nicht auf diese Gemeinschaft mit Gott vorbereiten. Gott kann nur selber aktiv werden durch seine barmherzige Gnade (sola gratia). Der Mensch kann Gott nur als denkendes und handelndes Wesen, über den Glauben erfahren. Demzufolge muss sich der Mensch seiner Haltung zu Gott bewußt werden, indem er Gottes Macht als die einzige betrachtet, die uns lebendig macht.32

Rechtfertigung meint im Sinne der GE: Wir werden alle vor Gott gerecht allein durch seine Gnade. Kein Mensch kann sich durch gute Werke selbst rechtfertigen. Rechtfertigung ist somit immer ein Gnadengeschenk. Gottes rechtfertigendes Handeln können wir Menschen nur durch den Heiligen Geist empfangen, der in uns wirkt.

Die GE versteht die Rechtfertigungslehre als „Maßstab oder Prüfstein des christlichen Glaubens“33, dem kein Element der Lehre widersprechen darf. Damit einigten sich die beiden Konfessionen auf die zentrale Stellung der Rechtfertigungslehre für die christliche Theologie. Auch in der GE 18 wird die Wichtigkeit der Rechtfertigungslehre für die Theologie betont: sie steht in einem wesenhaften Bezug zu allen Glaubenswahrheiten, die miteinander in einem inneren Zusammenhang zu sehen sind.“34

Beide Konfessionen haben nun die Möglichkeit auf Grundlage der GE ihre Lehrmeinung zu anderen Theologischen Themen zu korrigieren oder sie anzugleichen. Dadurch ist es möglich in Fragen der Rechtfertigung erstmals mit einer gemeinsamen Stimme zu sprechen.

Weiterhin haben sich beide Konfessionen auf ein gemeinsames anthropologisches Grundverständnis geeinigt. Der Mensch ist „simul iustus et peccator “- Gerechter und Sünder zugleich. Mit dieser Gewissheit können und müssen wir leben. Diese Aussage ist Zuversicht und Mahnung zugleich. Der Mensch ist bereits zu Lebzeiten gerecht aber er bleibt immer der Sünde verbunden.

Auch von der Bedeutung der guten Werke hat man in der GE ein gemeinsames Verständnis erlangt. Beide Konfessionen haben sich darüber verständigt, dass der Mensch niemals mit seinen Werken zu Recht vor Gott kommt, sondern dass sie uns helfen sollen, im Glauben zu bestehen. Daraus folgt, dass wir allein durch Gottes Gnade gerecht gemacht werden. Andererseits wird diese Gnade nicht uns sofort zuteil, sondern erst indem wir uns zu Gott hinwenden und an ihn glauben.35Nicht durch das eigene Zutun wird der Mensch vor Gott gerecht, sondern durch die vorbehaltlose Rechtfertigung, die allein von Gott ausgeht wird der Mensch in die Gemeinschaft mit Gott aufgenommen.

Wir Christen alle sind bereits zu Lebzeiten gerecht vor dem Herrn. Freilich hat der Mensch nicht den Weitblick Gottes, aber er kann Gottes Gnade gewiss sein. Trotzdem soll dies nicht bedeuten der Mensch wäre bereits zu Lebzeiten auf Erden errettet, hier würde der Mensch einen Irrtum unterliegen. In der Annex 2E wird dies sehr deutlich dargestellt. Gott wird den Menschen niemals aus seiner barmherzigen Gnade entlassen beziehungsweise fallen lassen. Dennoch wird am Tage des Endgerichtes „ausgesiebt“. Alles was Gott wohlgefällt wird er mit in das ewige Leben einbeziehen, die Sünden aber die der Mensch in seinem Leben begangen hat, werden nicht angenommen. Dies korrespondiert mit dem Verständnis des „simul iustus et peccator “- Gerechter und Sünder zugleich in der GE.36Es wird in diesem „simul iustus et peccator “ ein Paradox ausgedrückt. Normalerweise geht diese Behauptung nicht, da es der Logik widerspricht. Dennoch soll die Gleichzeitigkeit von „Gerechter“ und „Sünder“ verdeutlichten, dass beide Dinge nicht voneinander trennbar sind.

An der oben genannten Definition von Rechtfertigung wird eine Veränderung sichtbar. Der erreichte Konsens liegt sehr nahe der ursprünglichen lutherischen Position. Hier sind zu nennen die vier Exklusivartikel, die im Wirken von Luther einen großen Stellenwert besitzen und in der GE sinngemäß enthalten sind37: (1) allein Christus, (2) allein aus Gnade, (3) allein durch das Wort, (4) allein im Glauben. Diese Exklusivartikel Luthers schlagen sich in der GE (15, 18) nieder. Besonders wird im Artikel 15 der GE, letzter Absatz, betont, dass wir allein aus Gnade und Glauben angenommen werden und nicht durch unsere Verdienste.

Zusammenfassend kann man sagen: Das Hauptergebnis der vorliegenden GE ist, dass sich Katholiken und Lutheraner gemeinsam darauf verständigt haben, wie der Mensch (Sünder) Rechtfertigung durch Gott erreicht. Die Kernbotschaft der GE ist, dass allein durch den dreieinigen Gott (Trinität) die Rechtfertigung des sündigen Menschen bewirkt wird. Das heißt: Allein aus Gnade nimmt Gott sich aller Sünder an. Denen, die an ihn glauben und somit auch an Jesus Christus, den Auferstandenen, wird der Weg bereitet zu einem Neuanfang in der christlichen Gemeinschaft. Durch das Leiden Jesu und seine Auferstehung ist die Sünde besiegt und jeder Mensch wird befreit von der Last der Sünde.38

2.4 Darstellung weiterer zentraler Themen der

Gemeinsamen Erklärung

In diesem Kapitel möchte ich drei inhaltlichen Gesichtspunkte der GE näher erläutern, die eng in Zusammenhang mit dem Thema Rechtfertigung stehen: „Glaube“, „Gnade“ (Sündenvergebung) und „Sünde“.

Ich werde die Themen einzeln betrachten, indem ich beginne mit dem in der GE erreichten Bekenntnis. Danach werde ich die einzelnen Unterschiede darlegen: die Unterschiede des erreichten Konsenses zu den Positionen im Zeitalter der Kirchenspaltung, sowie die trotz der GE weiter bestehenden konfessionellen Akzentsetzungen.

Zentral für das in Kapitel 2.3 erläuterte Verhältnis von Rechtfertigung ist das Thema Glaube. In der GE wird in Artikel 15 und 16 der Glaube im Bezug auf die Rechtfertigung näher erläutert. Bei Konfessionen legen ein gemeinsames Bekenntnis ab:

„(15) Es ist unser gemeinsamer Glaube, daß die Rechtfertigung das Werk des dreieinigen Gottes ist. Der Vater hat seinen Sohn zum Heil der Sünder in die Welt gesandt. Die Menschwerdung, der Tod und die Auferstehung Christi sind Grund und Voraussetzung der Rechtfertigung. Daher bedeutet Rechtfertigung, daß Christus selbst unsere Gerechtigkeit ist, derer wir nach dem Willen des Vaters durch den Heiligen Geist teilhaftig werden. Gemeinsam bekennen wir: Allein aus Gnade im Glauben an die Heilstat Christi, nicht aufgrund unseres Verdienstes, werden wir von Gott angenommen und empfangen den Heiligen Geist, der unsere Herzen erneuert und uns befähigt und aufruft zu guten Werken.

(16) Alle Menschen sind von Gott zum Heil in Christus berufen. Allein durch Christus werden wir gerechtfertigt, indem wir im Glauben dieses Heil empfangen. Der Glaube selbst ist wiederum Geschenk Gottes durch den Heiligen Geist, der im Wort und in den Sakramenten in der Gemeinschaft der Gläubigen wirkt und zugleich die Gläubigen zu jener Erneuerung ihres Lebens führt, die Gott im ewigen Leben vollendet“.39

In der Reformationszeit hat die katholische Kirche den Standpunkt

vertreten, nur die Kirche als Institution kann den wahre Glauben und Lehre bezeugen. Somit kann der Mensch nicht allein, sondern nur durch die Kirche den wahren Glauben erlangen und gerechtfertigt werden.

Nach lutherischer Auffassung im 16. Jahrhundert kann der Glaube nicht durch die Kirche (Institution), sondern nur durch den Heiligen Geist im Menschen bewirkt werden. Der Glaube ist damit eine Beziehung zwischen dem einzelnen Menschen und Gott ohne andere Einflüsse. Die Kirche ist bei Luther keine Institution, die für die Entstehung von Glauben notwendig wäre.

Durch das jetzige gemeinsame „allein aus Gnade und Glauben“40, welches in der Annex (2C) nochmals konkretisiert wurde („allein aus Gnade...allein durch Glauben“), soll der Geschenkcharakter der Rechtfertigung hervorgehoben werden. Lüning betont, dass dadurch auch deutlich werden soll, dass die katholische Theologie niemals diesen Geschenkcharakter der Rechtfertigung in Frage gestellt hat.41

Die Rechtfertigung des Sünders bewirkt Gott um Christi willen. Der Mensch muss die Rechtfertigung im Glauben annehmen. Das meint, dass der Mensch am Empfangen dieses Geschenkes mitwirken muss.42 Es bestünde nun die Gefahr, dass hier das „Mitwirken“ mit guten Werke nach katholischer Vorstellung verstanden wird. Diese Befürchtung ist begründet und deshalb haben die katholischen Vertreter das „allein“ von Luthers Lehre „als gemeinsame Formulierung übernommen“, um solche Mißdeutungen keinen Vorschub zu leisten.43 Die Formulierung des „allein“ war der katholischen Seite deshalb möglich da sie in ihrer Lehrmeinung ebenfalls die „werklose“ Rechtfertigung kennen. Nach katholischem Verständnis wird diese, „werklose“ Rechtfertigung mit dem Begriff der Gottesliebe widergespiegelt. Im Gegensatz zur lutherischen Auffassung wo dieser Begriff mit Glauben als Vertrauen verbunden wird.44

Ein eng damit zusammenhängender Punkt ist die Gnade (Sündenvergebung). Sie wird in der GE im Artikel 22 in einem gemeinsamen Bekenntnis wie folgt formuliert:

„(22) Wir bekennen gemeinsam, daß Gott aus Gnade dem Menschen die Sünde vergibt und ihn zugleich in seinem Leben von der knechtenden Macht der Sünde befreit und ihm das neue Leben in Christus schenkt. Wenn der Mensch an Christus im Glauben teilhat, rechnet ihm Gott seine Sünde nicht an und wirkt in ihm tätige Liebe durch den Heiligen Geist. Beide Aspekte des Gnadenhandelns Gottes dürfen nicht voneinander getrennt werden. Sie gehören in der Weise zusammen, daß der Mensch im Glauben mit Christus vereinigt wird, der in seiner Person unsere Gerechtigkeit ist

(1 Kor 1,30): sowohl die Vergebung der Sünden, als auch die heiligende

Gegenwart Gottes “45

Im 16. Jahrhundert hat die katholische Kirche den Standpunkt vertreten, Gnade (Sündenvergebung) kann nur die Kirche geben, beispielsweise durch Ablaßbriefe. Folglich ist der Mensch als Sünder auf die Kirche angewiesen. Die Katholiken haben hier eine deutliche Wendung vollzogen. Sie sehen die Sündenvergebung nun nicht mehr als ein Akt der Kirche an, sondern es ist ein Akt zwischen Mensch (Sünder) und Gott. Damit hat sich die katholische Kirche völlig von der heilsbedeutenden Rolle der Kirche bei der Sündenvergebung getrennt. Sie bekennen nun, dass Gott den Sünder befreit aus Gnade und ihm ein neues Leben schenkt. Sie übernehmen damit die lutherische Auffassung, dass die Gnade Gottes im Bezug auf die Rechtfertigung frei bleibt von menschlichen Zutun.. Jedoch betonen die katholischen Vertreter, „daß die vergebende Gnade Gottes immer mit dem Geschenk eines neuen Lebens verbunden ist.“46 Sie sehen in der Sündenvergebung die innere Erneuerung des Menschen, die sie besonders herausgestellt wissen wollen. Die katholische Seite hat sich damit von der Werksgerechtigkeit gelöst. In der GE 15 sagen auch die Katholiken, dass kein Mensch durch gute Werke vor Gott gerechtfertigt wird.

Die traditionelle protestantische Theologie betrachtet die Gnade als ein Geschenk Gottes. Hier liegt wieder die Auffassung von Martin Luther (Exklusivpartikel -„allein aus Gnade“; und Thesen) zugrunde. Der Kirche kommt nach evangelischem Verständnis keine Heilsbedeutung zu, es ist der Mensch wichtig und wie er gerechtfertigt wird vor Gott. Die Lutheraner sehen diese Vorstellungen in der GE 22 umgesetzt. Aber sie verweisen ausdrücklich darauf, dass die Sündenvergebung uns durch Christus geschenkt wird.47Christus ist für uns am Kreuz gestorben und hat damit die unsere Sünde auf sich genommen, damit wir Leben können.

Zentral für das Verständnis der Rechtfertigungslehre ist weiterhin der Sündenbegriff, da das Rechtfertigungsgeschehen die Sündenvergebung meint. In diesem Zusammenhang ist es notwendig die Rolle der Konkupiszenz (Begierde) zu betrachten. Sie wird in der GE in den Artikeln 28 - 30 behandelt. Diese Frage nach der Begierde und die daraus folgende Sünde wird weiterhin unterschiedlich gesehen. Katholiken sehen alles, was aus der Begierde hervorgeht oder zu ihr führt als Sünde an. Lutheraner sehen die Begierde selbst als Sünde an. Dieser Unterschied ist aber auf inhaltliche Aspekte zurückzuführen der Begriffe „Sünde“ und „Konkupiszenz“.

Lutherischerseits ist die Begierde selbst Sünde, weil die Sünde für die Lutheraner den Inhalt hat „nicht Gott die Ehre zu geben, sondern sich selber zu begehren.“48Diese Einstellung des Menschen wird auch durch die Taufe (wo Sündenvergebung vollzogen wird) nicht aufgehoben, sondern bleibt erhalten. Da der Mensch diese Haltung besitzt bleibt er „Sünder“.

Die katholische Seite hat eine andere inhaltliche Prägung und Auffassung. Sie verstehen, ebenso wie die Lutheraner, die „Sünde“ immer als eine Trennung des Menschen von Gott. Allerdings vertreten sie die Meinung, dass der Mensch durch die Taufe von der Begierde befreit wird, da in der Taufe die Sünde vergeben und getilgt worden ist. Demnach kann nach katholischen Verständnis die „Sünde“ überwunden werden. Sie bringen das zum Ausdruck, indem sie die Erneuerung des Menschen in der Taufe Sündenvergebung besonders betonen. Sie verstehen nur die aus der Begierde kommende bösen Taten als Sünde.

Trotz der inhaltlichen Unterschiede stimmen Katholiken und Lutheraner dahingegen überein, „dass die Sünde trotz der Begierde im gläubigen Menschen aufgrund seiner Zugehörigkeit zu Christus keinen Macht mehr hat, über ihn zu ‚herrschen‘“.49Die Gefahr besteht aber weiterhin, dass der Mensch sich der Begierde hingibt und damit nicht mehr Christus sondern die Sünde in seinem inneren herrscht. Deshalb ist der Kampf gegen das Böse ein immerwährender.

3 Ausblicke und Bewertung aus heutiger Sicht

3.1 Die gemeinsame Erklärung aus ökumenischer Sicht

Unbestreitbar ist die GE der größte Erfolg zur Verständigung beider Konfessionen seit der Reformation. Zweifelsohne gibt es noch Streitpunkte (siehe Kapitel 3.2.) aber es ist ein zukunftsweisender Schritt gemacht worden. Die noch ausstehenden Punkte wie Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft, Sakramentsverständnis werden in zukünftiger Zeit geklärt werden. Dieses wird auch in der GE 43 zum Ausdruck gebracht. Beide Seiten haben in der GE Formulierungen getroffen, die eine eindeutige ökumenische Sprache aufzeigen. „Es ist unser gemeinsamer Glaube, daß die Rechtfertigung das Werk des dreieinigen Gottes ist. Der Vater hat seinen Sohn zum Heil der Sünder in die Welt gesandt. Die Menschwerdung, der Tod und die Auferstehung Christi sind Grund und Voraussetzung der Rechtfertigung.“50 In diesem Artikel der GE wird eine „Sternstunde“ der Ökumene offenbar, indem vom „gemeinsamen Glauben“ berichtet wird, ebenso in der „Gemeinsamen Offiziellen Feststellung“ vom 11. Juni 1999.

In Artikel 3 der GOF dieser heißt es: „Lutheraner und Katholiken werden ihre Bemühungen ökumenisch fortsetzen, um in ihrem gemeinsamen Zeugnis die Rechtfertigungslehre in einer für den Menschen unserer Zeit relevanten Sprache auszulegen, unter Berücksichtigung der individuellen und sozialen Anliegen unserer Zeit.“51Dies hat es seit dem 16. Jahrhundert nicht mehr gegeben, dass der Dialog der römisch - katholischen Kirche und des Lutherischen Weltbunds nicht mehr von gegenseitiger Abgrenzung und Ausgrenzung bestimmt ist.

Was bedeutete nun diese GE konkret für die Ökumene? Zunächst hat sie neben ihrem historischen Stellenwert auch ganz klare Vorteile für die Christen in den jeweiligen Ortsgemeinden. So hat sich der Dialog mit evangelischen Christen in den Ländern mit überwiegend katholischem Einfluß verbessert. Beispiele sind Länder wie Polen, Spanien, Brasilien.52

Wo in einem Land eine der beiden Konfessionen die Minderheit darstellt, wird diese GE zur Grundlage einer Gesprächsbasis. Beide Seiten können nun in diesen Ländern auf gleicher Augenhöhe miteinander sprechen. Erstmals wird den Menschen die Möglichkeit gegeben auf Grundlage eines gemeinsamen Textes (GE) ihr Zusammenleben neu auszurichten. In der Vergangenheit da jeder auf seiner Position beharrte war eine Verständigung nur schwer möglich.

Allgemein kann man zunächst feststellen, dass sich alle Kirchenvertreter positiv zur GE geäußert haben. So nannte Papst Johannes Paul II. in einer Ansprache, die am 31. Oktober 1999 (Reformationstag) im Vatikan stattfand, diese GE einen „Meilenstein“.53„Das vorliegende Dokument (GE, Anm. d. Verf.) stellt eine sichere Grundlage dar, um die theologische Forschung auf ökumenischem Gebiet fortzuführen und die Schwierigkeiten anzugehen, die darin weiter bestehen.“54

Die deutschen Bischöfe der Vereinigten Evangelisch- Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) haben gemeinsam die GE gewürdigt. Für sie bildet diese Erklärung eine Grundlage für nachfolgende Dialoge. Immer wiederkehrend wird von allen die historische Bedeutung unterstrichen. Oberkirchenrat Dr. Ernst Öffner, der evangelisch -lutherische Regionalbischof für Augsburg und Schwaben, sprach in diesem Zusammenhang von dem Ziel der ökumenischen Eucharistiegemeinschaft: „zunächst wenigstens die gegenseitige Einladung zum Mahl am Tisch des Herrn.“552003 zum ersten gemeinsamen Kirchentag in Berlin wird dieses Ziel vermutlich erstmals auf offizieller Ebene umgesetzt.

Es gibt noch zahlreiche weitere Stellungnahmen von der deutschen Seite die sich über alle Gesellschaftsschichten von Politik bis Ortsgemeinde ziehen. Hier bieten die Veröffentlichungen des Lutherischen Weltbundes eine breite Auswahl. Da diese inhaltlich relativ identisch sind, führt eine weitere Ausführung zu wenig neue Sichtweisen und wird im Rahmen der Darstellung nicht weiter verfolgt.

Auch außerhalb Deutschlands gab es zahlreiche Reaktionen auf die GE, auf die ich im folgenden eingehen möchte. In den Vereinigten Staaten von Amerika „haben reformierte, anglikanische, römisch-katholische und lutherische Kirchenführer sowie Theologieprofessoren die Gemeinsame Erklärung als ‚wegweisendes ökumenisches Dokument‘ gewürdigt.“56 An diese Tatsache sieht man, welchen Erfolg die GE auslöste. Nach Angaben des Lutherischen Weltbundes war die GE in vielen Ländern der Ausgangspunkt für neue Dialoge zwischen den Konfessionen. Überlegungen zu praktischen Konsequenzen aus der Einigung schlossen sich an.

In Argentinien wurde die GE gemeinsam von katholischen und evangelischen Christen gefeiert.57 In einem Land mit überwiegend katholischem Einfluß kann die GE der „Türöffner“ sein zu Gesprächen untereinander. Diese „Türöffner- Prinzip“ habe ich am Anfang dieses Punktes bereits dargelegt.

In Norwegen wurde die GE in einem außergewöhnlichen Rahmen gefeiert. Beide Konfessionen trafen sich hierzu in der Nidaros-Kathedrale in der Stadt Trondheim. Beide Bischöfe, Finn Wagle (Norwegische Kirche) und sein Amtsbruder Georg Müller (römisch-katholische Kirche), gestalteten Gottesdienst und Predigt gemeinsam.58Hier wurde die Kanzelgemeinschaft erstmals begangen, was einen sehr mutigen Schritt auf dem Weg zur Kircheneinheit darstellt. Besser kann man dieses Dokument der GE nicht würdigen, als die Aussagen und Punkte umzusetzen und somit ein ökumenisches Zeichen für die gesamte weltweite Christenheit zu geben.

Ich werde die praktischen Folgen der GE an einem Beispiel erläutern. Gehen wir von einer Familie aus in der beide Konfessionen zusammenleben. Die Mutter ist katholisch und der Vater evangelisch. Beide gehen sonntags getrennt in die Heiligen Messe bzw. zum Gottesdienst. Vor Abschluß der GE sah die Sündenvergebung (Rechtfertigung) wie folgt aus. Die Mutter mußte zur Sündenvergebung das Sakrament der Beichte vollziehen. Sie ging demnach zum Priester in den Beichtstuhl und beichtete dort ihre Sünden. Nach dem katholischen Verständnis konnte nun die Frau durch sogenannte Werke wie zum Beispiel Rosenkranz ihrer Sünde rein werden.

Auf evangelisch- lutherischer Seite wird die Sündenvergebung durch den Pfarrer im Gottesdienst vollzogen nach der Predigt vor dem Abendmahl. Der Vater vollzieht mit der Gemeinde das Beichtgebet und in der Stille, dabei bittet er um Vergebung der Sünden. Wenn er die Sünden bereut und Gott um Gnade bittet folgt in der evangelischen Praxis durch den Pfarrer die Freisprechung von Sünden (Absolution). Damit kann der Gläubige als Gerechtfertigter zum Mahl des Herrn kommen. Hierin wird das evangelische Verständnis von Sündenvergebung (Rechtfertigung) deutlich.

Nach Unterzeichnung der GE ist besonders bei dem katholischen Rechtfertigungsverständnis zu Neuorientierung gekommen. Bei der Sündenvergebung steht nicht mehr die Werksgerechtigkeit im Vordergrund, sondern der Mensch und Gottes Gnade. Der Annex drückt dies aus: „allein aus Gnade im Glauben an die Heilstat Christi, nicht aufgrund unseres Verdienstes, werden wir vor Gott angenommen.“59Für den evangelischen Vater hat sich direkt nichts an der Beichte und Absolution geändert.60

Allerdings können nun beide Partner gemeinsam auf der Grundlage dieser GE ihre Sünden bekennen und Vergebung erlangen. Somit ist nicht mehr für die Frau die Beichte mit guten Werken verbunden, sondern ebenso wie der Vater Sündenvergebung allein aus Gnade von Gott empfangen.

3.2 Kritikpunkte an der gemeinsamen Erklärung von katholischer und evangelischer Seite

Natürlich hat die GE, bei aller historischer Bedeutung und Tragweite, auch Kritik hervorgerufen.. Die wesentlich Kritiken beziehen sich nicht auf den Gesamtinhalt der GE, sondern auf ausgewählte Textpassagen oder einzelne Wortformulierungen. In diesem Kapitel werden ich die einzelnen konfessionellen Kritiken dargestellten mit ihren jeweiligen inhaltlichen Hauptaussagen. Ich möchte darauf hinweisen, dass in der vorhandenen Literatur keine genauen Quellenangaben aufgeführt wurden.

Von katholischer Seite wurde kritisiert61, dass in GE 15 die Rechtfertigung des Menschen (Sünder) durch Gottes Gnade keinen reinen juristischen (richterlichen) Charakter besitzt, der uns Menschen äußerlich freispricht, sondern den Menschen erneuert und innerlich (Seele) ändert. Deshalb wird darauf verwiesen, dass nach katholischer Meinung die Sündenvergebung auch immer mit einer Erneuerung des Menschen einhergeht.

Die Lutheraner kritisieren diese enge Verflechtung von richterlichen und innerlichen Standpunkten in Gottes Heilshandeln (Rechtfertigung). Sie sehen die Gefahr, dass der erneuerte Mensch, als freidenkendes Wesen, meinen könnten, zu seiner eigenen Rechtfertigung beitragen zu können.62

Die Aussage in GE 28-30 der Mensch sei „Gerechter und Sünder zugleich“ wird von beiden Seiten als zu schwammig kritisiert.

Katholische Kritiker widersprechen der Lehre, dass der gerechtfertigte Mensch einerseits ganz Sünder bleibe, aber ebenso ganz Gerechter sei. Hier wird nach katholischer Lehrmeinung die göttliche Autorität in Abrede gestellt, indem die Heilende und zugleich erneuernde Wirkung nicht mehr gegeben ist, wenn der gerechtfertigte Mensch weiterhin „simul iustus et peccator“ ist. Lutherischerseits ist die bleibende Sündhaftigkeit des Gerechtfertigten Menschen fundamental wichtig. Sonst bestünde die Gefahr eines sich Hervorheben vor Gott.63(vgl. hierzu Kapitel 2.4)

In der Frage der Begriffes Sünde und Begierde (Konkupiszenz) gibt es konfessionell unterschiedliche Sichtweisen. Der Getaufte (Gerechtfertigte) Mensch bleibt auch weiterhin durch seine sündige (begehrliche) Haltung in dieser Begierde, betonen die Lutheraner. Die katholische Meinung sieht die an dem Getauften haftende Begierde nicht als Sünde an, da durch das Sakrament der Taufe, die Sünde des Menschen vergeben worden ist und er durch Gottes Gnade innerlich wiedergeboren (erneuert) wird.64

Die Lutheraner kritisierten die Formulierung „allein aus Gnade“ (sola gratia), mit der der in GE 15 gemeinsam beschlossene Gnadencharakter der Rechtfertigung dargestellt wird. Das lutherische Bekenntnis „allein durch (im) Glauben“ fehlt dabei völlig. Dadurch können nach lutherischer Auffassung die guten Werke wieder als eine Art der Rechtfertigung implementiert werden. Dies würde aber Luthers Auffassung (Thesen gegen den Ablaßhandel) „allein aus Glauben“ (sola fide) widersprechen. Die Lutheraner sehen hier die Gefahr, dass bei einer Nichterwähnung des „sola fide“ die Werke als Rechtfertigungsgrund gesehen werden könnten.65 Um dieses Missverständnis zu vermeiden drängen hier die Lutheraner auf eine klaren Deutung.

Die Lutheraner geben kritisch zu bedenken, ob der Begriff „Mitwirkung des Menschen“ in der GE (20) beim Gottes rechtfertigendem Handeln zulässig ist. Hier sehen sie die Allmacht und Souveränität von Gottes Barmherzigkeit (Gnadenhandeln) gefährdet. Wenn der Mensch (Sünder) meinte, er könne durch eigenes Zutun (Anmerkung: kath. gesehen gute Werke) Heil erlangen, ist Gottes Gnadenhandeln wirkungslos.66

Ein weiterer Kritikpunkt ist für Lutheraner in GE 18, insbesondere der Begriff „Kriterium“. Dieser Punkt ist in besonderer Weise wichtig. Katholiken betonen in GE 18 „sich von mehreren Kriterien in die Pflicht genommen sehen“. Damit sehen die Kritiker auf lutherischer Seite die Gefahr, dass dadurch möglicherweise der Gehorsam gegenüber dem Papst Heilsbedeutung erlangt und somit nicht mehr die Rechtfertigung im Vordergrund steht.67

Die kritischen Aussagen beziehen sich allein auf die GE. Aus diesem Grund haben die beiden Kommissionen die Anhangstexte die „Gemeinsame Offizielle Feststellung“ und die „Annex“ verfasst. Beide Texte sind eng mit der GE verbunden. Durch dies Anhangstexte wurde es möglich, die GE zu unterzeichnen. Gewiss sind die Kritiken nicht völlig aus dem Wege geräumt. Aber in GE 43 wird deutlich, dass man weiterhin zusammenarbeiten will, um die noch ausstehenden Fragen, wie das Sakramentsverständnis, die Lehre von der Kirche etc. zu klären.

4 Zusammenfassung

Die Unterzeichnung der Gemeinsame Erklärung am 31. Oktober 1999 ist ein historischer Akt gewesen. Darüber besteht keinerlei Zweifel. Erstmals seit 500 Jahren haben sich Katholiken und Lutheraner in einem wichtigen theologischen Schwerpunkt, der Rechtfertigung, auf einen gemeinsamen „Konsens in Grundwahrheiten der Rechtfertigung“68verständigt.

Die sogenannten Lehrverurteilungen von Lutheranern in der „Confessio Augustana“ formuliert, von Katholiken im Tridentinum formuliert, werden von der Formulierungen über die Rechtfertigung in der Gemeinsamen Erklärung nicht mehr getroffen.69 Hierdurch wird es den beiden Konfessionen erstmals möglich, eine gemeinsame Position zu vertreten.

Selbstverständlich kann man anfragen, warum bei einer Gemeinsamen Erklärung jede Konfession nochmals ihre Schwerpunkte (Gemeinsame Offizielle Feststellung und Annex) darlegen musste und diese Gemeinsame Erklärung nicht in ihrer Urfassung verabschiedet wurde. Dies ist aber nur aus der innerkirchlichen Tradition her zu verstehen. Diese Gemeinsame Erklärung ist ein kirchliches Werk und kein weltlicher Vertrag, wie er uns geläufig ist. Es ging um theologische und geistige Inhalte in der Gemeinsamen Erklärung. Daraus ergibt sich folglich eine andere Sprache und eine andere Formulierungsart, als wir sie gewohnt sind.

Es war Ziel der GE, die kirchentrennenden Punkte darzustellen und zu einem gemeinsamen Bekenntnis zu kommen. Dadurch verlieren die gegenseitigen Verurteilungen ihre Bedeutung.70„Keine uniforme Einheit ist das Ziel, sondern eine Einheit, in der verbleibende Unterschiede keinen trennenden Charakter mehr haben.“71

An der GE ist zu erkennen, dass noch viele offene Fragen geklärt werden müssen. In der Gemeinsamen Erklärung wird dies im Artikel 43 deutlich. Hier werden weitere Themen wie zum Beispiel das Kirchenverständnis angesprochen. Dennoch hat Papst Johannes Paul II. einen sehr hoffnungsvollen Satz geprägt: es handelt sich bei der Gemeinsamen Erklärung um ein „Zwischenziel auf dem Weg der Einheit und Gemeinschaft unter den Christen“72

Ich habe in der Auseinandersetzung mit dieser Gemeinsamen Erklärung selbst gemerkt, wie stark man von seiner Konfession geprägt ist und es nicht einfach, ist sich zu öffnen und die anderen Meinungen neutral zu betrachten. Aus diesem Grunde habe ich vollste Hochachtung gegenüber dieser Erklärung und ihren gemeinsamen Bekenntnissen.

Literatur

Grundlagentexte:

Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre des Lutherischen Weltbundes und der Katholischen Kirche1997, zit. nach Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott - eine gemeinsame lutherisch-katholische Erklärung, Paderborn 1999, S. 77-95

(im Text jeweils zitiert als GE)

Quellen zur Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre, zit. nach Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott - eine gemeinsame lutherisch-katholische Erklärung, Paderborn 1999, S. 96-107

Gemeinsame offizielle Feststellung des Lutherischen Weltbundes und der Katholischen Kirche vom 11. Juni 1999, zit. nach Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott - eine gemeinsame lutherisch-katholische Erklärung, Paderborn 1999, S. 108-109

(im Text jeweils zitiert als GOF)

Annex zur gemeinsamen offiziellen Feststellung, zit. nach Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott - eine gemeinsame lutherisch-katholische Erklärung, Paderborn 1999, S. 110- 114

(im Text jeweils zitiert als Annex)

Weitere verwendete Literatur:

Das Augsburger Bekenntnis Deutsch, 1530-1980. Revidierter Text, hrsg. von Günther Gaßmann, 2. Aufl. Göttingen 1979.

(im Text jeweils zitiert als CA)

Bericht der Evangelisch-lutherisch / Römisch-katholischen Studienkommission: Das

Evangelium und die Kirche (Malta-Bericht) 1972, in: Dokumente wachsender

Übereinstimmung, Sämtliche Berichte und Konsenstexte interkonfessioneller Gespräche auf Weltebene, Bd. I: 1931-1982, hrsg. von Harding Meyer u.a., Paderborn, Frankfurt 1983, S. 248-271

Die Bibel. Nach der Übersetzung Martin Luthers. Revidierte Fassung von 1984. Stuttgart 1985

Evangelischer Erwachsenenkatechismus: Kursbuch des Glaubens, 5., neu bearb. u. erg. Aufl., Gütersloh: 1989

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Gemeinsame römisch-katholische / evangelisch-lutherische Kommission (Hrsg.): Kirche und Rechtfertigung, Das Verständnis der Kirche im Licht der Rechtfertigungslehre, Paderborn - Frankfurt 1994

Hahn, Udo: Rechtfertigung, Güthersloh 2001 (=Güthersloher Taschenbücher, 687, Grundbegriffe Christentum)

Lehrverurteilungen - kirchentrennend?, Bd. I: Rechtfertigung, Sakramente und Amt im

Zeitalter der Reformation und heute, hrsg. von Karl Lehmann und Wolfhart Pannenberg, Freiburg, Göttingen 1986

Lüning, Peter: „Worum geht es?“, in: Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott - eine gemeinsame lutherisch-katholische Erklärung, Paderborn 1999, S. 9-23 (Kapitel 1) (=Handreihungen für Erwachsenenbildung, Religionsunterricht und Seelsorge)

Lutherisch / Römisch-katholischer Dialog in: den USA: Rechtfertigung durch den Glauben (1983), in: Rechtfertigung im ökumenischen Dialog, Dokumente und Einführung, hrsg. von Harding Meyer und Günther Gaßmann, Frankfurt 1987, S. 107-200

Miggelbrink, Ralf: Wie spricht die gegenwärtige Theologie von der Rechtfertigung?, in: Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott - eine gemeinsame lutherisch-katholische Erklärung, Paderborn 1999, S. 52-75 (Kapitel 3) (=Handreihungen für Erwachsenenbildung, Religionsunterricht und Seelsorge)

Unser Glaube. Die Bekenntnisschriften der evangelisch- lutherischen Kirche, 3.,erw. Aufl., Gütersloh 1991

Verwendete Internetquellen:

www.lutheranworld.org: Nachrichten zur GE

Quelle: www.lutheranworld.org/News/LWI/DE/000650/DE.html Seiten 3 Quelle: www.lutheranworld.org/News/LWI/DE/000642/DE.html Seiten 3 Quelle: www.lutheranworld.org/News/LWI/DE/000597/DE.html Seiten 2 www.jorg-sieger.de: Kleine Kirchengeschichte, Das Konzil von Trient Quelle: www.joerg-sieger.de/gesch/23_neu (23.01.2002, 4 Seiten)

www.heiligenlexikon.de: Konzil von Trient

Quelle: www.heiligenlexikon.de /Glossar/Konzil_von_Trient.htm (23.01.2002, 1 Seite)

Erklärung

Ich versichere hiermit, das ich die vorliegende Arbeit selbständig verfasst, keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel verwendet und sämtliche Stellen, die benutzten Werke im Wortlaut oder dem Sinn nach entnommen sind, mit Quellenangaben kenntlich gemacht habe.

Alle wörtlich entnommenen Stellen habe ich als Zitate markiert.

Eisenach, den 08. April 2002 Albrecht Strümpfel

Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre des lutherischen Weltbundes und der katholischen Kirche

Inhaltsverzeichnis des Anhang

GEMEINSAME ERKLÄRUNG ZUR RECHTFERTIGUNGSLEHRE

PRÄAMBEL

1. BIBLISCHE RECHTFERTIGUNGSBOTSCHAFT

2. DIE RECHTFERTIGUNGSLEHRE ALS ÖKUMENISCHES PROBLEM

3. DAS GEMEINSAME VERSTÄNDNIS DER RECHTFERTIGUNG

4. DIE ENTFALTUNG DES GEMEINSAMEN VERSTÄNDNISSES DER RECHTFERTIGUNG

4.1 Unvermögen und Sünde des Menschen angesichts der Rechtfertigung

4.2 Rechtfertigung als Sündenvergebung und Gerechtmachung

4.3 Rechtfertigung durch Glauben und aus Gnade

4.4 Das Sündersein des Gerechtfertigten

4.5 Gesetz und Evangelium

4.6 Heilsgewißheit

4.7 Die guten Werke des Gerechtfertigten

5. DIE BEDEUTUNG UND TRAGWEITE DES ERREICHTEN KONSENSES9 Quellen zur Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre

ANHANG (ANNEX) ZUR GEMEINSAMEN OFFIZIELLEN FESTSTELLUNG VOM 11. JUNI

GEMEINSAME OFFIZIELLE FESTSTELLUNG DES LUTHERISCHEN WELTBUNDES UND DER

KATHOLISCHEN KIRCHE VOM 11. JUNI

Gemeinsame Erklärung zur

Rechtfertigungslehre

Präambel

(1) Die Lehre von der Rechtfertigung hatte für die lutherische Reformation des 16. Jahrhunderts zentrale Bedeutung. Sie galt ihr als der "erste und Hauptartikel"1, der zugleich "Lenker und Richter über alle Stücke christlicher Lehre"2 sei. Ganz besonders wurde die Rechtfertigungslehre in der reformatorischen Ausprägung und ihrem besonderen Stellenwert gegenüber der römisch-katholischen Theologie und Kirche der damaligen Zeit vertreten und verteidigt, die ihrerseits eine anders geprägte Rechtfertigungslehre vertraten und verteidigten. Hier lag aus reformatorischer Sicht der Kernpunkt aller Auseinandersetzungen. Es kam in den lutherischen Bekenntnisschriften3und auf dem Trienter Konzil der römisch-katholischen Kirche zu Lehrverurteilungen, die bis heute gültig sind und kirchentrennende Wirkung haben.

(2) Die Rechtfertigungslehre hat für die lutherische Tradition jenen besonderen Stellenwert bewahrt. Deshalb nahm sie auch im offiziellen lutherisch-katholischen Dialog von Anfang an einen wichtigen Platz ein.

(3) In besonderer Weise sei verwiesen auf die Berichte "Evangelium und Kirche" (1972)4und "Kirche und Rechtfertigung" (1994)5 der internationalen Gemeinsamen römisch- katholischen/evangelisch-lutherischen Kommission, auf den Bericht "Rechtfertigung durch den Glauben" (1983)6 des katholisch-lutherischen Dialogs in den USA und die Studie "Lehrverurteilungen - kirchentrennend?" (1986)7 des Ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen in Deutschland. Einige von diesen Dialogberichten haben eine offizielle Rezeption erfahren. Ein wichtiges Beispiel ist die verbindliche Stellungnahme, die die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands zusammen mit den anderen Kirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland mit dem höchstmöglichen Grad kirchlicher Anerkennung zu der Studie über die Lehrverurteilungen verabschiedet hat (1994)8.

(4) All die genannten Dialogberichte und auch die Stellungnahmen dazu zeigen in ihrer Erörterung der Rechtfertigungslehre untereinander ein hohes Maß an gemeinsamer Ausrichtung und gemeinsamem Urteil. Es ist darum an der Zeit, Bilanz zu ziehen und die Ergebnisse der Dialoge über die Rechtfertigung in einer Weise zusammenzufassen, die unsere Kirchen in der gebotenen Präzision und Kürze über den Gesamtertrag dieses Dialogs informiert und es ihnen zugleich ermöglicht, sich verbindlich dazu zu äußern.

(5) Das will diese Gemeinsame Erklärung tun. Sie will zeigen, daß aufgrund des Dialogs die unterzeichnenden lutherischen Kirchen und die römisch-katholische Kirche9nunmehr imstande sind, ein gemeinsames Verständnis unserer Rechtfertigung durch Gottes Gnade im Glauben an Christus zu vertreten. Sie enthält nicht alles, was in jeder der Kirchen über Rechtfertigung gelehrt wird; sie umfaßt aber einen Konsens in Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre und zeigt, daß die weiterhin unterschiedlichen Entfaltungen nicht länger Anlaß für Lehrverurteilungen sind.

(6) Unsere Erklärung ist keine neue und selbständige Darstellung neben den bisherigen Dialogberichten und Dokumenten, erst recht will sie diese nicht ersetzen. Sie bezieht sich vielmehr - wie der Anhang über die Quellen zeigt - auf die genannten Texte und deren Argumentation.

(7) Wie die Dialoge selbst so ist auch diese Gemeinsame Erklärung von der Überzeugung getragen, daß eine Überwindung bisheriger Kontroversfragen und Lehrverurteilungen weder die Trennungen und Verurteilungen leicht nimmt, noch die eigene kirchliche Vergangenheit desavouiert. Sie ist jedoch von der Überzeugung bestimmt, daß unseren Kirchen in der Geschichte neue Einsichten zuwachsen und daß sich Entwicklungen vollziehen, die es ihnen nicht nur erlauben, sondern von ihnen zugleich fordern, die trennenden Fragen und Verurteilungen zu überprüfen und in einem neuen Licht zu sehen.

1. Biblische Rechtfertigungsbotschaft

(8) Zu diesen neuen Einsichten hat unsere gemeinsame Art und Weise geführt, auf das Wort Gottes in der Heiligen Schrift zu hören. Gemeinsam hören wir das Evangelium, daß "Gott die Welt so sehr geliebt hat, daß er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat" (Joh 3,16). Diese frohe Botschaft wird in der Heiligen Schrift in verschiedener Weise dargestellt. Im Alten Testament hören wir das Wort Gottes von der menschlichen Sündhaftigkeit (Ps 51,1-5; Dan 9,5f.; Koh 8,9f.; Esra 9,6f.) und vom menschlichen Ungehorsam (Gen 3,1-19; Neh 9,16f.26) sowie von der Gerechtigkeit (Jes 46,13; 51,5-8; 56,1; [vgl. 53,11]; Jer 9,24) und vom Gericht Gottes (Koh 12,14; Ps 9,5f.; 76,7-9).

(9) Im Neuen Testament werden bei Matthäus (5,10; 6,33; 21,32), Johannes (16,8-11), im Hebräerbrief (5,3; 10,37f.) und im Jakobusbrief (2,14-26) die Themen "Gerechtigkeit" und "Rechtfertigung" unterschiedlich behandelt10. Auch in den paulinischen Briefen wird die Gabe des Heils auf verschiedene Weise beschrieben, unter anderem: als "Befreiung zur Freiheit" (Gal 5,1-13; vgl. Röm 6,7), als "Versöhnung mit Gott" (2 Kor 5,18-21; vgl. Röm 5,11), als "Frieden mit Gott" (Röm 5,1), als "neue Schöpfung" (2 Kor 5,17), als "Leben für Gott in Christus Jesus" (Röm 6,11.23), oder als "Heiligung in Christus Jesus" (vgl. 1 Kor 1,2; 1,30; 2 Kor 1,1). Herausragend unter diesen Bezeichnungen ist die Beschreibung als "Rechtfertigung" des Sünders durch Gottes Gnade im Glauben (Röm 3,23-25), die in der Reformationszeit besonders hervorgehoben wurde.

(10) Paulus beschreibt das Evangelium als Kraft Gottes zur Rettung des unter die Macht der Sünde gefallenen Menschen: als Botschaft, die die "Gerechtigkeit Gottes aus Glauben zum Glauben" (Röm 1,16f.) verkündet und die "Rechtfertigung" (Röm 3,21-31) schenkt. Er verkündet Christus als "unsere Gerechtigkeit" (1 Kor 1,30), indem er auf den auferstandenen Herrn anwendet, was Jeremias über Gott selbst verkündet hat (Jer 23,6). In Christi Tod und Auferstehung sind alle Dimensionen seines Erlösungswerks verwurzelt, denn er ist "unser Herr, der wegen unserer Verfehlungen hingegeben, wegen unserer Gerechtigkeit auferweckt wurde" (Röm 4,25). Alle Menschen bedürfen der Gerechtigkeit Gottes, denn "alle haben gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verloren" (Röm 3,23; vgl. Röm 1,18-3,20; 11,32; Gal 3,22). Im Galaterbrief (3,6) und im Römerbrief (4,3-9) versteht Paulus den Glauben Abrahams (Gen 15,6) als Glauben an den Gott, der den Sünder rechtfertigt (Röm 4,5) und beruft sich auf das Zeugnis des Alten Testaments, um sein Evangelium zu unterstreichen, daß jene Gerechtigkeit allen angerechnet wird, die wie Abraham auf Gottes Versprechen vertrauen. "Der aus Glauben Gerechte wird leben" (Hab 2,4; vgl. Gal 3,11; Röm 1,17). In den paulinischen Briefen ist Gottes Gerechtigkeit zugleich Gottes Kraft für jeden Glaubenden (Röm 1,16f.). In Christus läßt er sie unsere Gerechtigkeit sein (2 Kor 5,21). Die Rechtfertigung wird uns zuteil durch Christus Jesus, "den Gott dazu bestimmt hat, Sühne zu leisten mit seinem Blut, Sühne, wirksam durch Glauben" (Röm 3,25; vgl. 3,21-28). "Denn aus Gnade seid ihr durch den Glauben gerettet, nicht aus eigener Kraft - Gott hat es geschenkt - , nicht aufgrund eurer Werke" (Eph 2,8f.).

(11) Rechtfertigung ist Sündenvergebung (Röm 3,23-25; Apg 13,39; Lk 18,14), Befreiung von der herrschenden Macht der Sünde und des Todes (Röm 5,12-21) und vom Fluch des Gesetzes (Gal 3,10-14). Sie ist Aufnahme in die Gemeinschaft mit Gott, schon jetzt, vollkommen aber in Gottes künftigem Reich (Röm 5,1f.). Sie vereinigt mit Christus und seinem Tod und seiner Auferstehung (Röm 6,5). Sie geschieht im Empfangen des Heiligen Geistes in der Taufe als Eingliederung in den einen Leib (Röm 8,1f.9f.; 1 Kor 12,12f.). All das kommt allein von Gott um Christi willen aus Gnade durch den Glauben an das "Evangelium vom Sohn Gottes" (Röm 1,1-3).

(12) Die Gerechtfertigten leben aus dem Glauben, der aus dem Wort Christi kommt (Röm 10,17) und der in der Liebe wirkt (Gal 5,6), die Frucht des Geistes ist (Gal 5,22f.). Aber da Mächte und Begierden die Gläubigen äußerlich und innerlich anfechten (Röm 8,35-39; Gal 5,16-21) und diese in Sünde fallen (1 Joh 1,8.10), müssen sie die Verheißungen Gottes immer wieder hören, ihre Sünden bekennen (1 Joh 1,9), an Christi Leib und Blut teilhaben und ermahnt werden, in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes gerecht zu leben. Darum sagt der Apostel den Gerechtfertigten: "Müht euch mit Furcht und Zittern um euer Heil! Denn Gott ist es, der in euch das Wollen und das Vollbringen bewirkt, noch über euren guten Willen hinaus" (Phil 2,12f.). Die frohe Botschaft aber bleibt: "Jetzt gibt es keine Verurteilung mehr für die, welche in Christus Jesus sind" (Röm 8,1) und in denen Christus lebt (Gal 2,20). Durch die gerechte Tat Christi wird es "für alle Menschen zur Gerechtsprechung kommen, die Leben gibt" (Röm 5,18).

2. Die Rechtfertigungslehre als ökumenisches Problem

(13) Die gegensätzliche Auslegung und Anwendung der biblischen Botschaft von der Rechtfertigung waren im 16. Jahrhundert ein Hauptgrund für die Spaltung der abendländischen Kirche, was sich auch in Lehrverurteilungen niedergeschlagen hat. Für die Überwindung der Kirchentrennung ist darum ein gemeinsames Verständnis der Rechtfertigung grundlegend und unverzichtbar. In Aufnahme von bibelwissenschaftlichen, theologie- und dogmengeschichtlichen Erkenntnissen hat sich im ökumenischen Dialog seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil eine deutliche Annäherung hinsichtlich der Rechtfertigungslehre herausgebildet, so daß in dieser gemeinsamen Erklärung ein Konsens in Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre formuliert werden kann, in dessen Licht die entsprechenden Lehrverurteilungen des 16. Jahrhunderts heute den Partner nicht treffen.

3. Das gemeinsame Verständnis der Rechtfertigung

(14) Das gemeinsame Hören auf die in der Heiligen Schrift verkündigte frohe Botschaft und nicht zuletzt die theologischen Gespräche der letzten Jahre zwischen den lutherischen Kirchen und der römisch-katholischen Kirche haben zu einer Gemeinsamkeit im Verständnis von der Rechtfertigung geführt. Es umfaßt einen Konsens in den Grundwahrheiten; die unterschiedlichen Entfaltungen in den Einzelaussagen sind damit vereinbar.

(15) Es ist unser gemeinsamer Glaube, daß die Rechtfertigung das Werk des dreieinigen Gottes ist. Der Vater hat seinen Sohn zum Heil der Sünder in die Welt gesandt. Die Menschwerdung, der Tod und die Auferstehung Christi sind Grund und Voraussetzung der Rechtfertigung. Daher bedeutet Rechtfertigung, daß Christus selbst unsere Gerechtigkeit ist, derer wir nach dem Willen des Vaters durch den Heiligen Geist teilhaftig werden. Gemeinsam bekennen wir: Allein aus Gnade im Glauben an die Heilstat Christi, nicht aufgrund unseres Verdienstes, werden wir von Gott angenommen und empfangen den Heiligen Geist, der unsere Herzen erneuert und uns befähigt und aufruft zu guten Werken11.

(16) Alle Menschen sind von Gott zum Heil in Christus berufen. Allein durch Christus werden wir gerechtfertigt, indem wir im Glauben dieses Heil empfangen. Der Glaube selbst ist wiederum Geschenk Gottes durch den Heiligen Geist, der im Wort und in den Sakramenten in der Gemeinschaft der Gläubigen wirkt und zugleich die Gläubigen zu jener Erneuerung ihres Lebens führt, die Gott im ewigen Leben vollendet.

(17) Gemeinsam sind wir der Überzeugung, daß die Botschaft von der Rechtfertigung uns in besonderer Weise auf die Mitte des neutestamentlichen Zeugnisses von Gottes Heilshandeln in Christus verweist: Sie sagt uns, daß wir Sünder unser neues Leben allein der vergebenden und neuschaffenden Barmherzigkeit Gottes verdanken, die wir uns nur schenken lassen und im Glauben empfangen, aber nie - in welcher Form auch immer - verdienen können.

(18) Darum ist die Lehre von der Rechtfertigung, die diese Botschaft aufnimmt und entfaltet, nicht nur ein Teilstück der christlichen Glaubenslehre. Sie steht in einem wesenhaften Bezug zu allen Glaubenswahrheiten, die miteinander in einem inneren Zusammenhang zu sehen sind. Sie ist ein unverzichtbares Kriterium, das die gesamte Lehre und Praxis der Kirche unablässig auf Christus hin orientieren will. Wenn Lutheraner die einzigartige Bedeutung dieses Kriteriums betonen, verneinen sie nicht den Zusammenhang und die Bedeutung aller Glaubenswahrheiten. Wenn Katholiken sich von mehreren Kriterien in Pflicht genommen sehen, verneinen sie nicht die besondere Funktion der Rechtfertigungsbotschaft. Lutheraner und Katholiken haben gemeinsam das Ziel, in allem Christus zu bekennen, dem allein über alles zu vertrauen ist als dem einen Mittler (1 Tim 2,5f.), durch den Gott im Heiligen Geist sich selbst gibt und seine erneuernden Gaben schenkt [vgl. Quellen zu Kap. 3.].

4. Die Entfaltung des gemeinsamen Verständnisses der Rechtfertigung

4.1 Unvermögen und Sünde des Menschen angesichts der Rechtfertigung

(19) Wir bekennen gemeinsam, daß der Mensch im Blick auf sein Heil völlig auf die rettende Gnade Gottes angewiesen ist. Die Freiheit, die er gegenüber den Menschen und den Dingen der Welt besitzt, ist keine Freiheit auf sein Heil hin. Das heißt, als Sünder steht er unter dem Gericht Gottes und ist unfähig, sich von sich aus Gott um Rettung zuzuwenden oder seine Rechtfertigung vor Gott zu verdienen oder mit eigener Kraft sein Heil zu erreichen. Rechtfertigung geschieht allein aus Gnade. Weil Katholiken und Lutheraner das gemeinsam bekennen, darum gilt:

(20) Wenn Katholiken sagen, daß der Mensch bei der Vorbereitung auf die Rechtfertigung und deren Annahme durch seine Zustimmung zu Gottes rechtfertigendem Handeln "mitwirke", so sehen sie in solch personaler Zustimmung selbst eine Wirkung der Gnade und kein Tun des Menschen aus eigenen Kräften.

(21) Nach lutherischer Auffassung ist der Mensch unfähig, bei seiner Errettung mitzuwirken, weil er sich als Sünder aktiv Gott und seinem rettenden Handeln widersetzt. Lutheraner verneinen nicht, daß der Mensch das Wirken der Gnade ablehnen kann. Wenn sie betonen, daß der Mensch die Rechtfertigung nur empfangen kann (mere passive), so verneinen sie damit jede Möglichkeit eines eigenen Beitrags des Menschen zu seiner Rechtfertigung, nicht aber sein volles personales Beteiligtsein im Glauben, das vom Wort Gottes selbst gewirkt wird [vgl. Quellen zu Kap. 4.1.].

4.2 Rechtfertigung als Sündenvergebung und Gerechtmachung

(22) Wir bekennen gemeinsam, daß Gott aus Gnade dem Menschen die Sünde vergibt und ihn zugleich in seinem Leben von der knechtenden Macht der Sünde befreit und ihm das neue Leben in Christus schenkt. Wenn der Mensch an Christus im Glauben teilhat, rechnet ihm Gott seine Sünde nicht an und wirkt in ihm tätige Liebe durch den Heiligen Geist. Beide Aspekte des

Gnadenhandelns Gottes dürfen nicht voneinander getrennt werden. Sie gehören in der Weise zusammen, daß der Mensch im Glauben mit Christus vereinigt wird, der in seiner Person unsere Gerechtigkeit ist (1 Kor 1,30): sowohl die Vergebung der Sünden, als auch die heiligende Gegenwart Gottes. Weil Katholiken und Lutheraner das gemeinsam bekennen, darum gilt:

(23) Wenn Lutheraner betonen, daß Christi Gerechtigkeit unsere Gerechtigkeit ist, wollen sie vor allem festhalten, daß dem Sünder durch den Zuspruch der Vergebung die Gerechtigkeit vor Gott in Christus geschenkt wird und sein Leben nur in Verbindung mit Christus erneuert wird. Wenn sie sagen, daß Gottes Gnade vergebende Liebe ("Gunst Gottes")12ist, verneinen sie damit nicht die Erneuerung des Lebens des Christen, sondern wollen zum Ausdruck bringen, daß die Rechtfertigung frei bleibt von menschlicher Mitwirkung und auch nicht von der lebenserneuernden Wirkung der Gnade im Menschen abhängt.

(24) Wenn die Katholiken betonen, daß dem Gläubigen die Erneuerung des inneren Menschen durch den Empfang der Gnade geschenkt wird13, dann wollen sie festhalten, daß die vergebende Gnade Gottes immer mit dem Geschenk eines neuen Lebens verbunden ist, das sich im Heiligen Geist in tätiger Liebe auswirkt; sie verneinen damit aber nicht, daß Gottes Gnadengabe in der Rechtfertigung unabhängig bleibt von menschlicher Mitwirkung [vgl. Quellen zu Kap. 4.2.].

4.3 Rechtfertigung durch Glauben und aus Gnade

(25) Wir bekennen gemeinsam, daß der Sünder durch den Glauben an das Heilshandeln Gottes in Christus gerechtfertigt wird; dieses Heil wird ihm vom Heiligen Geist in der Taufe als Fundament seines ganzen christlichen Lebens geschenkt. Der Mensch vertraut im rechtfertigenden Glauben auf Gottes gnädige Verheißung, in dem die Hoffnung auf Gott und die Liebe zu ihm eingeschlossen sind. Dieser Glaube ist in der Liebe tätig; darum kann und darf der Christ nicht ohne Werke bleiben. Aber alles, was im Menschen dem freien Geschenk des Glaubens vorausgeht und nachfolgt, ist nicht Grund der Rechtfertigung und verdient sie nicht.

(26) Nach lutherischem Verständnis rechtfertigt Gott den Sünder allein im Glauben (sola fide). Im Glauben vertraut der Mensch ganz auf seinen Schöpfer und Erlöser und ist so in Gemeinschaft mit ihm. Gott selber bewirkt den Glauben, indem er durch sein schöpferisches Wort solches Vertrauen hervorbringt. Weil diese Tat Gottes eine neue Schöpfung ist, betrifft sie alle Dimensionen der Person und führt zu einem Leben in Hoffnung und Liebe. So wird in der Lehre von der "Rechtfertigung allein durch den Glauben" die Erneuerung der Lebensführung, die aus der Rechtfertigung notwendig folgt und ohne die kein Glaube sein kann, zwar von der Rechtfertigung unterschieden, aber nicht getrennt. Vielmehr wird damit der Grund angegeben, aus dem solche Erneuerung hervorgeht. Aus der Liebe Gottes, die dem Menschen in der Rechtfertigung geschenkt wird, erwächst die Erneuerung des Lebens. - Rechtfertigung und Erneuerung sind durch den im Glauben gegenwärtigen Christus verbunden.

(27) Auch nach katholischem Verständnis ist der Glaube für die Rechtfertigung fundamental; denn ohne ihn kann es keine Rechtfertigung geben. Der Mensch wird als Hörer des Wortes und Glaubender durch die Taufe gerechtfertigt. Die Rechtfertigung des Sünders ist Sündenvergebung und Gerechtmachung durch die Rechtfertigungsgnade, die uns zu Kindern Gottes macht. In der Rechtfertigung empfangen die Gerechtfertigten von Christus Glaube, Hoffnung und Liebe und werden so in die Gemeinschaft mit ihm aufgenommen[14[. Dieses neue personale Verhältnis zu Gott gründet ganz und gar in der Gnädigkeit Gottes und bleibt stets vom heilsschöpferischen Wirken des gnädigen Gottes abhängig, der sich selbst treu bleibt und auf den der Mensch sich darum verlassen kann. Deshalb wird die Rechtfertigungsgnade nie Besitz des Menschen, auf den er sich Gott gegenüber berufen könnte. Wenn nach katholischem Verständnis die Erneuerung des Lebens durch die Rechtfertigungsgnade betont wird, so ist diese Erneuerung in Glaube, Hoffnung und Liebe immer auf die grundlose Gnade Gottes angewiesen und leistet keinen Beitrag zur Rechtfertigung, dessen wir uns vor Gott rühmen könnten (Röm 3,27) [vgl. Quellen zu Kap. 4.3.].

4.4 Das Sündersein des Gerechtfertigten

(28) Wir bekennen gemeinsam, daß der Heilige Geist in der Taufe den Menschen mit Christus vereint, rechtfertigt und ihn wirklich erneuert. Und doch bleibt der Gerechtfertigte zeitlebens und unablässig auf die bedingungslos rechtfertigende Gnade Gottes angewiesen. Auch er ist der immer noch andrängenden Macht und dem Zugriff der Sünde nicht entzogen (vgl. Röm 6,12-14) und des lebenslangen Kampfes gegen die Gottwidrigkeit des selbstsüchtigen Begehrens des alten Menschen nicht enthoben (vgl. Gal 5,16; Röm 7,7.10). Auch der Gerechtfertigte muß wie im Vaterunser täglich Gott um Vergebung bitten (Mt 6,12; 1 Joh 1,9), er ist immer wieder zu Umkehr und Buße gerufen, und ihm wird immer wieder die Vergebung gewährt.

(29) Das verstehen Lutheraner in dem Sinne, daß der Christ "zugleich Gerechter und Sünder" ist: Er ist ganz gerecht, weil Gott ihm durch Wort und Sakrament seine Sünde vergibt und die Gerechtigkeit Christi zuspricht, die ihm im Glauben zu eigen wird und ihn in Christus vor Gott zum Gerechten macht. Im Blick auf sich selbst aber erkennt er durch das Gesetz, daß er zugleich ganz Sünder bleibt, daß die Sünde noch in ihm wohnt (1 Joh 1,8; Röm 7,17.20); denn er vertraut immer wieder auf falsche Götter und liebt Gott nicht mit jener ungeteilten Liebe, die Gott als sein Schöpfer von ihm fordert (Dtn 6,5; Mt 22,36-40 parr.).

Diese Gottwidrigkeit ist als solche wahrhaft Sünde. Doch die knechtende Macht der Sünde ist aufgrund von Christi Verdienst gebrochen: Sie ist keine den Christen "beherrschende" Sünde mehr, weil sie durch Christus "beherrscht" ist, mit dem der Gerechtfertigte im Glauben verbunden ist; so kann der Christ, solange er auf Erden lebt, jedenfalls stückweise ein Leben in Gerechtigkeit führen. Und trotz der Sünde ist der Christ nicht mehr von Gott getrennt, weil ihm, der durch die Taufe und den Heiligen Geist neugeboren ist, in täglicher Rückkehr zur Taufe die Sünde vergeben wird, so daß seine Sünde ihn nicht mehr verdammt und ihm nicht mehr den ewigen Tod bringt15. Wenn also die Lutheraner sagen, daß der Gerechtfertigte auch Sünder und seine Gottwidrigkeit wahrhaft Sünde ist, verneinen sie nicht, daß er trotz der Sünde in Christus von Gott ungetrennt und seine Sünde beherrschte Sünde ist. Im letzteren sind sie mit der römisch- katholischen Seite trotz der Unterschiede im Verständnis der Sünde des Gerechtfertigten einig.

(30) Die Katholiken sind der Auffassung, daß die Gnade Jesu Christi, die in der Taufe verliehen wird, alles was "wirklich" Sünde, was "verdammenswürdig" ist, tilgt (Röm 8,1)16, daß jedoch eine aus der Sünde kommende und zur Sünde drängende Neigung (Konkupiszenz) im Menschen verbleibt. Insofern nach katholischer Überzeugung zum Zustandekommen menschlicher Sünden ein personales Element gehört, sehen sie bei dessen Fehlen die gottwidrige Neigung nicht als Sünde im eigentlichen Sinne an. Damit wollen sie nicht leugnen, daß diese Neigung nicht dem ursprünglichen Plan Gottes vom Menschen entspricht, noch daß sie objektiv Gottwidrigkeit und Gegenstand lebenslangen Kampfes ist; in Dankbarkeit für die Erlösung durch Christus wollen sie herausstellen, daß die gottwidrige Neigung nicht die Strafe des ewigen Todes verdient17und den Gerechtfertigten nicht von Gott trennt. Wenn der Gerechtfertigte sich aber willentlich von Gott trennt, genügt nicht eine erneute Beobachtung der Gebote, sondern er muß im Sakrament der Versöhnung Verzeihung und Frieden empfangen durch das Wort der Vergebung, das ihm kraft des Versöhnungswerks Gottes in Christus gewährt wird [vgl. Quellen zu Kap. 4.4.].

4.5 Gesetz und Evangelium

(31) Wir bekennen gemeinsam, daß der Mensch im Glauben an das Evangelium "unabhängig von Werken des Gesetzes" (Röm 3,28) gerechtfertigt wird. Christus hat das Gesetz erfüllt und es durch seinen Tod und seine Auferstehung als Weg zum Heil überwunden. Wir bekennen zugleich, daß die Gebote Gottes für den Gerechtfertigten in Geltung bleiben und daß Christus in seinem Wort und Leben den Willen Gottes, der auch für den Gerechtfertigten Richtschnur seines Handelns ist, zum Ausdruck bringt.

(32) Die Lutheraner verweisen darauf, daß die Unterscheidung und richtige Zuordnung von Gesetz und Evangelium wesentlich ist für das Verständnis der Rechtfertigung. Das Gesetz in seinem theologischen Gebrauch ist Forderung und Anklage, unter der jeder Mensch, auch der Christ, insofern er Sünder ist, zeitlebens steht und das seine Sünde aufdeckt, damit er sich im Glauben an das Evangelium ganz der Barmherzigkeit Gottes in Christus zuwendet, die allein ihn rechtfertigt.

(33) Weil das Gesetz als Heilsweg durch das Evangelium erfüllt und überwunden ist, können Katholiken sagen, daß Christus nicht ein Gesetzgeber im Sinne von Mose ist. Wenn Katholiken betonen, daß der Gerechtfertigte zur Beobachtung der Gebote Gottes gehalten ist, so verneinen sie damit nicht, daß die Gnade des ewigen Lebens den Kindern Gottes durch Jesus Christus erbarmungsvoll verheißen ist18[vgl. Quellen zu Kap. 4.5.].

4.6 Heilsgewißheit

(34) Wir bekennen gemeinsam, daß die Gläubigen sich auf die Barmherzigkeit und die Verheißungen Gottes verlassen können. Auch angesichts ihrer eigenen Schwachheit und mannigfacher Bedrohung ihres Glaubens können sie kraft des Todes und der Auferstehung Christi auf die wirksame Zusage der Gnade Gottes in Wort und Sakrament bauen und so dieser Gnade gewiß sein.

(35) Dies ist in besonderer Weise von den Reformatoren betont worden: In der Anfechtung soll der Gläubige nicht auf sich, sondern ganz auf Christus blicken und ihm allein vertrauen. So ist er im Vertrauen auf Gottes Zusage seines Heils gewiß, wenngleich auf sich schauend niemals sicher.

(36) Katholiken können das Anliegen der Reformatoren teilen, den Glauben auf die objektive Wirklichkeit der Verheißung Christi zu gründen, von der eigenen Erfahrung abzusehen und allein auf Christi Verheißungswort zu vertrauen (vgl. Mt 16,19; 18,18). Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil sagen Katholiken: Glauben heißt, sich selbst ganz Gott anvertrauen,19der uns aus der Finsternis der Sünde und des Todes befreit und zum ewigen Leben erweckt20. Man kann nicht in diesem Sinn an Gott glauben und zugleich dessen Verheißungswort für nicht verläßlich halten. Keiner darf an Gottes Barmherzigkeit und an Christi Verdienst zweifeln. Aber jeder kann in Sorge um sein Heil sein, wenn er auf seine eigenen Schwächen und Mängel schaut. In allem Wissen um sein eigenes Versagen darf der Glaubende dessen gewiß sein, daß Gott sein Heil will [vgl. Quellen zu Kap. 4.6.].

4.7 Die guten Werke des Gerechtfertigten

(37) Wir bekennen gemeinsam, daß gute Werke - ein christliches Leben in Glaube, Hoffnung und Liebe - der Rechtfertigung folgen und Früchte der Rechtfertigung sind. Wenn der Gerechtfertigte in Christus lebt und in der empfangenen Gnade wirkt, bringt er, biblisch gesprochen, gute Frucht. Diese Folge der Rechtfertigung ist für den Christen, insofern er zeitlebens gegen die Sünde kämpft, zugleich eine Verpflichtung, die er zu erfüllen hat; deshalb ermahnen Jesus und die apostolischen Schriften den Christen, Werke der Liebe zu vollbringen.

(38) Nach katholischer Auffassung tragen die guten Werke, die von der Gnade und dem Wirken des Heiligen Geistes erfüllt sind, so zu einem Wachstum in der Gnade bei, daß die von Gott

empfangene Gerechtigkeit bewahrt und die Gemeinschaft mit Christus vertieft werden. Wenn Katholiken an der "Verdienstlichkeit" der guten Werke festhalten, so wollen sie sagen, daß diesen Werken nach dem biblischen Zeugnis ein Lohn im Himmel verheißen ist. Sie wollen die Verantwortung des Menschen für sein Handeln herausstellen, damit aber nicht den Geschenkcharakter der guten Werke bestreiten, geschweige denn verneinen, daß die Rechtfertigung selbst stets unverdientes Gnadengeschenk bleibt.

(39) Auch bei den Lutheraner gibt es den Gedanken eines Bewahrens der Gnade und eines Wachstums in Gnade und Glauben. Sie betonen allerdings, daß die Gerechtigkeit als Annahme durch Gott und als Teilhabe an der Gerechtigkeit Christi immer vollkommen ist, sagen aber zugleich, daß ihre Auswirkung im christlichen Leben wachsen kann. Wenn sie die guten Werke des Christen als "Früchte" und "Zeichen" der Rechtfertigung, nicht als eigene "Verdienste" betrachten, so verstehen sie gleichwohl das ewige Leben gemäß dem Neuen Testament als verdienten "Lohn" im Sinn der Erfüllung von Gottes Zusage an die Glaubenden [vgl. Quellen zu Kap. 4.7.].

5. Die Bedeutung und Tragweite des erreichten Konsenses

(40) Das in dieser Erklärung dargelegte Verständnis der Rechtfertigungslehre zeigt, daß zwischen Lutheranern und Katholiken ein Konsens in Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre besteht, in dessen Licht die in Nr. 18-39 beschriebenen verbleibenden Unterschiede in der Sprache, der theologischen Ausgestaltung und der Akzentsetzung des Rechtfertigungsverständnisses tragbar sind. Deshalb sind die lutherische und die römisch-katholische Entfaltung des Rechtfertigungsglaubens in ihrer Verschiedenheit offen aufeinander hin und heben den Konsens in den Grundwahrheiten nicht wieder auf.

(41) Damit erscheinen auch die Lehrverurteilungen des 16. Jahrhunderts, soweit sie sich auf die Lehre von der Rechtfertigung beziehen, in einem neuen Licht: Die in dieser Erklärung vorgelegte Lehre der lutherischen Kirchen wird nicht von den Verurteilungen des Trienter Konzils getroffen. Die Verwerfungen der lutherischen Bekenntnisschriften treffen nicht die in dieser Erklärung vorgelegte Lehre der römisch-katholischen Kirche.

(42) Dadurch wird den auf die Rechtfertigungslehre bezogenen Lehrverurteilungen nichts von ihrem Ernst genommen. Etliche waren nicht einfach gegenstandslos; sie behalten für uns "die Bedeutung von heilsamen Warnungen", die wir in Lehre und Praxis zu beachten haben21.

(43) Unser Konsens in Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre muß sich im Leben und in der Lehre der Kirchen auswirken und bewähren. Im Blick darauf gibt es noch Fragen von unterschiedlichem Gewicht, die weiterer Klärung bedürfen ; sie betreffen unter anderem das Verhältnis von Wort Gottes und kirchlicher Lehre sowie die Lehre von der Kirche, von der Autorität in ihr, von ihrer Einheit, vom Amt und von den Sakramenten, schließlich von der Beziehung zwischen Rechtfertigung und Sozialethik. Wir sind der Überzeugung, daß das erreichte gemeinsame Verständnis eine tragfähige Grundlage für eine solche Klärung bietet. Die lutherischen Kirchen und die römisch-katholische Kirche werden sich weiterhin bemühen, das gemeinsame Verständnis zu vertiefen und es in der kirchlichen Lehre und im kirchlichen Leben fruchtbar werden zu lassen.

(44) Wir sagen dem Herrn Dank für diesen entscheidenden Schritt zur Überwindung der Kirchenspaltung. Wir bitten den Heiligen Geist, uns zu jener sichtbaren Einheit weiterzuführen, die der Wille Christi ist.

2"Rector et iudex super omnia genera doctrinarum" (Weimarer Ausgabe von Luthers Werken, 39,I,205).

Stellungnahme des Gemeinsamen Ausschusses der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands und des Deutschen Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes zum Dokument "Lehrverurteilungen- kirchentrennend?" (13. September 1991), in: Lehrverurteilungen im Gespräch, hrsg. von der Geschäftsstelle der Arnoldshainer Konferenz (AKf), dem Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und dem Lutherischen Kirchenamt der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) (Frankfurt 1993) 57-160 [=zit.: VELKD].

zu 3: Das gemeinsame Verständnis der Rechtfertigung, Abschnitte 17 und 18: Vgl. insbesondere LV 75; VELKD 95.

- "Ein auf den Glauben zentriertes und forensisch verstandenes Bild von der Rechtfertigung ist für Paulus, und in gewissem Sinn für die Bibel insgesamt, von entscheidender Bedeutung, wenn dies auch keinesfalls die einzige biblische oder paulinische Weise ist, das Heilswerk Gottes darzustellen" (USA Nr.146).

- "Katholiken wie Lutheraner können die Notwendigkeit anerkennen, die Praxis, die Strukturen und die Theologien der Kirche daran zu messen, inwieweit sie 'die Verkündigung der freien und gnädigen Verheißungen in Christus Jesus, die allein durch den Glauben recht empfangen werden können' (Nr.28), fördern oder hindern" (USA Nr.153). Von der "grundlegenden Affirmation" (USA Nr.157; vgl. Nr.4) heißt es:

- "Diese Affirmation dient wie die reformatorische Lehre von der Rechtfertigung allein durch den Glauben als Kriterium, an dem alle kirchlichen Bräuche, Strukturen und Traditionen gemessen werden, gerade weil die Entsprechung dazu das 'solus Christus', allein Christus, ist. Ihm allein ist letztlich zu vertrauen als dem einen Mittler, durch den Gott im Heiligen Geist seine rettenden Gaben ausgießt. Alle an diesem Dialog Beteiligten bekräftigen, daß alle christliche Lehre und Praxis und alle christlichen Ämter in einer Weise wirksam sein sollen, daß sie 'den Gehorsam des Glaubens' (Röm 1,5) an Gottes Heilshandeln in Christus Jesus allein, durch den Heiligen Geist, für das Heil der Gläubigen und zu Lob und Ehre des himmlischen Vaters fördern" (USA Nr.160).

- "Darum behält die Rechtfertigungslehre und vor allem ihr biblischer Grund in der Kirche für immer eine spezifische Funktion: im Bewußtsein der Christen zu halten, daß wir Sünder allein aus der vergebenden Liebe Gottes leben, die wir uns nur schenken lassen, aber auf keine Weise, wie abgeschwächt auch immer, 'verdienen' oder an von uns zu erbringende Vor- und Nachbedingungen binden können. Die 'Rechtfertigungslehre' wird damit zum kritischen Maßstab, an dem sich jederzeit überprüfen lassen muß, ob eine konkrete Interpretation unseres Gottesverhältnisses den Namen 'christlich' beanspruchen kann. Sie wird zugleich zum kritischen Maßtab für die Kirche, an dem sich jederzeit überprüfen lassen muß, ob ihre Verkündigung und ihre Praxis dem, was ihr von ihrem Herrn vorgegeben ist, entspricht" (LV 75).

- "Eine Einigung darin, daß die Rechtfertigungslehre ihre Bedeutung nicht nur als besondere Teillehre im Ganzen der Glaubenslehre unserer Kirchen hat, sondern daß ihr darüber hinaus eine Bedeutung als kritischer Maßstab für Lehre und Praxis unserer Kirchen insgesamt zukommt, ist aus lutherischer Sicht ein fundamentaler Fortschritt im ökumenischen Dialog zwischen unseren Kirchen, der nicht genug zu begrüßen ist" (VELKD 95; vgl.157).

- "Zwar hat die Rechtfertigungslehre bei Lutheranern und Katholiken einen unterschiedlichen Stellenwert innerhalb der 'hierarchia veritatum': Doch stimmen beide Seiten darin überein, daß die Rechtfertigungslehre ihre spezifische Funktion darin hat, ein kritischer Maßstab zu sein, 'an dem sich jederzeit überprüfen lassen muß, ob eine konkrete Interpretation unseres Gottesverhältnisses den Namen 'christlich' beanspruchen kann. Sie wird zugleich zum kritischen Maßstab für die Kirche, an dem sich jederzeit überprüfen lassen muß, ob ihre Verkündigung und ihre Praxis dem, was ihr von ihrem Herrn vorgegeben ist, entspricht. 'Die kriteriologische Bedeutung der Rechtfertigungslehre für die Sakramentenlehre, die Ekklesiologie sowie für den ethischen Bereich bedarf allerdings noch vertiefter Studien" (Gutachten 106f).

zu 4.1.: Unvermögen und Sünde des Menschen angesichts der Rechtfertigung, Abschnitte 19-21: Vgl. insbesondere LV 48ff; 53; VELKD 77-81; 83f.

-"Diejenigen, in denen die Sünde herrscht, können nichts tun, um die Rechtfertigung zu verdienen, die ein freies Geschenk der Gnade Gottes ist. Selbst die Anfänge der Rechtfertigung, z.B. Reue, das Gebet um Gnade und das Verlangen nach Vergebung, müssen Gottes Werk in uns sein" (USA Nr. 156,3).

-"Beiden geht es ... nicht ... darum, ein wahrhaftes Beteiligtsein des Menschen zu leugnen Eine Antwort ist kein 'Werk'. Die Antwort des Glaubens ist selbst erwirkt durch das unerzwingbare und von außen auf den Menschen zukommende Wort der Verheißung. 'Mitwirkung' kann es nur in dem Sinne geben, daß das Herz beim Glauben dabei ist, wenn das Wort es trifft und Glauben schafft" (LV 53,12-22).

-"Nur wenn die lutherische Lehre die Beziehung Gottes zu seinem Geschöpf bei der Rechtfertigung jedoch mit solcher Betonung auf den göttlichen Monergismus oder die Alleinwirksamkeit Christi konstruiert, daß die freiwillige Annahme von Gottes Gnade, die selbst ein Geschenk Gottes ist, keine wesentliche Rolle bei der Rechtfertigung spielt, dann kennzeichnen die Trienter Canones 4,5,6 und 9 noch einen beachtlichen Unterschied bezüglich Rechtfertigung" (Gutachten 25).

-"Das strikte Betonen der Passivität des Menschen bei seiner Rechtfertigung hatte auf lutherischer Seite niemals den Sinn, etwa das volle personale Beteiligtsein im Glauben zu bestreiten, sondern sollte lediglich jede Mitwirkung beim Geschehen der Rechtfertigung selbst ausschließen. Diese ist allein das Werk Christi, allein Werk der Gnade" (VELKD 84,3-8).

zu 4.2.: Rechtfertigung als Sündenvergebung und Gerechtmachung, Abschnitte 22-24: Vgl. insbesondere USA Nr. 98-101; LV 53ff; VELKD 84ff; vgl. auch die Zitate zu 4.3.

-"Durch die Rechtfertigung werden wir zugleich gerecht erklärt und gerecht gemacht. Rechtfertigung ist darum keine rechtliche Fiktion. Indem er rechtfertigt, bewirkt Gott, was er verheißt; er vergibt Sünden und macht uns wahrhaft gerecht" (USA Nr. 156,5).

-"...die reformatorische Theologie übersieht nicht, was die katholische Lehre hervorhebt: den schöpferischen und erneuernden Charakter der Liebe Gottes; und behauptet nicht ...: die Ohnmacht Gottes gegenüber einer Sünde, die bei der Rechtfertigung 'nur' vergeben, nicht aber in ihrer von Gott trennenden Macht aufgehoben wird" (LV 55,25- 29).

-"...diese [=die lutherische Lehre] hat nie die 'Anrechnung der Gerechtigkeit Christi' als wirkungslos im Leben des Glaubenden verstanden, weil Christi Wort wirkt, was es sagt. Entsprechend versteht sie die Gnade als Gottes Gunst, aber diese durchaus als wirksame Kraft... Denn 'wo Vergebung der Sünden ist, da ist auch Leben und Seligkeit'" (VELKD 86,15-23).

-"...die katholische Theologie übersieht nicht, was die evangelische Theologie hervorhebt: den personalen und worthaften Charakter der Gnade; und behauptet nicht...: die Gnade als dinghaften, verfügbaren 'Besitz' des Menschen, und wäre es auch geschenkter Besitz" (LV 55,21-24).

zu 4.3.: Rechtfertigung durch Glauben und aus Gnade, Abschnitte 25-27: Vgl. insbesondere USA Nr. 105ff; LV 56-59; VELKD 87-90.

-"Übersetzt man von einer Sprache in die andere, dann entspricht einerseits die reformatorische Rede von der Rechtfertigung durch den Glauben der katholischen Rede von der Rechtfertigung durch die Gnade, und dann begreift anderseits die reformatorische Lehre unter dem einen Wort 'Glaube' der Sache nach, was die katholische Lehre in Anschluß an 1 Kor 13,13 in der Dreiheit von 'Glaube, Hoffnung und Liebe' zusammenfaßt" (LV 59,5-15).

-"Wir betonen, daß der Glaube im Sinn des ersten Gebotes immer auch die Liebe zu Gott und Hoffnung auf ihn ist und sich in der Liebe zum Nächsten auswirkt" (VELKD 89,8-11).

-"Katholiken ... - wie die Lutheraner - lehren, daß nichts, was dem freien Geschenk des Glaubens vorausgeht, die Rechtfertigung verdient und daß alle heilbringenden Gaben Gottes durch Christus allein geschenkt werden" (USA Nr. 105).

-"Die Reformatoren verstehen ... den Glauben als die durch das Verheißungswort selbst ... gewirkte Vergebung und Gemeinschaft mit Christus. Das ist der Grund für das neue Sein, durch das das Fleisch der Sünde tot ist und der neue Mensch in Christus ('sola fide per Christum') sein Leben hat. Aber auch wenn ein solcher Glaube den Menschen notwendig neu macht, so baut der Christ seine Zuversicht nicht auf sein neues Leben, sondern allein auf die Gnadenzusage Gottes. Ihre Annahme im Glauben reicht aus, wenn 'Glaube' als 'Vertrauen auf die Verheißung' (fides promissionis) verstanden wird" (LV 56,18-26).

-vgl. Tridentinum sess. 6 cap.7: "... Daher erhält der Mensch in der Rechtfertigung selbst zusammen mit der Vergebung der Sünden durch Jesus Christus, dem er eingegliedert wird, zugleich alles dieses eingegossen: Glaube, Hoffnung und Liebe" (DH 1530).

-"Nach evangelischem Verständnis reicht der Glaube, der sich an Gottes Verheißung in Wort und Sakrament bedingungslos festklammert, zur Gerechtigkeit vor Gott aus, so daß die Erneuerung des Menschen, ohne die kein Glaube sein kann, nicht ihrerseits zur Rechtfertigung einen Beitrag leistet" (LV 59,19-23).

-"Als Lutheraner halten wir fest an der Unterscheidung von Rechtfertigung und Heiligung, von Glaube und Werken, die jedoch keine Scheidung bedeutet" (VELKD 89,6-8).

-"Die katholische Lehre weiß sich mit dem reformatorischen Anliegen einig, daß die Erneuerung des Menschen keinen 'Beitrag' zur Rechtfertigung leistet, schon gar nicht einen, auf den er sich vor Gott berufen könnte... Dennoch sieht sie sich genötigt, die Erneuerung des Menschen durch die Rechtfertigungsgnade um des Bekenntnisses zur neuschaffenden Macht Gottes willen zu betonen, freilich so, daß diese Erneuerung in Glaube, Hoffnung und Liebe nicht als Antwort auf die grundlose Gnade Gottes ist" (LV 59,23-29).

-"Sofern die katholische Lehre betont, daß die Gnade personal und worthaft zu verstehen ist..., daß die Erneuerung nichts als - von Gottes Wort selbst erwirkte ...- Antwort ... ist und daß die Erneuerung des Menschen keinen Beitrag zur Rechtfertigung leistet, schon gar nicht einen, auf den wir uns vor Gott berufen könnten..., wird sie von unserem Widerspruch ... nicht mehr getroffen (VELKD 89,12-21).

zu 4.4.: Das Sündersein des Gerechtfertigten, Abschnitte 28-31: Vgl. insbesondere USA Nr. 102ff; LV 50-53; VELKD 81ff.

-"Wie gerecht und heilig sie [= die Gerechtfertigten] auch immer sein mögen, sie verfallen von Zeit zu Zeit in die Sünden des täglichen Daseins. Noch mehr, das Wirken des Heiligen Geistes enthebt die Gläubigen nicht des lebenslangen Kampfes gegen sündhafte Neigungen. Die Begierde und andere Auswirkungen der Erbsünde und der persönlichen Sünde bleiben nach katholischer Lehre im Gerechtfertigten, der darum täglich zu Gott um Vergebung beten muß" (USA Nr. 102).

-"Die Trienter und die reformatorische Lehre stimmen darin überein, daß die Erbsünde und auch noch die verbliebene Konkupiszenz Gottwidrigkeit sind..., Gegenstand des lebenslangen Kampfes gegen die Sünde..., daß beim Gerechtfertigten, nach der Taufe, die Konkupiszenz den Menschen nicht mehr von Gott trennt, also tridentinisch gesprochen, nicht mehr 'im eigentlichen Sinn Sünde' ist, lutherisch gesprochen: 'peccatum regnatum' (beherrschte Sünde)" (LV 52,14-24).

-"Es geht ... um die Frage, in welcher Weise beim Gerechtfertigten von Sünde gesprochen werden kann, ohne die Wirklichkeit des Heils einzuschränken. Während die lutherische Seite diese Spannung mit der Wendung 'beherrschte Sünde' (peccatum regnatum) zum Ausdruck bringt, die die Lehre vom Christen als 'Gerechtem und Sünder zugleich' (simul iustus et peccator) voraussetzt, meinte die römische Seite die Wirklichkeit des Heils nur so festhalten zu können, daß sie den Sündencharakter der Konkupiszenz bestritt. Im Blick auf die Sachfrage bedeutet es eine erhebliche Annäherung, wenn LV die im Gerechtfertigten verbliebene Konkupiszenz als 'Gottwidrigkeit' bezeichnet und sie damit als Sünde qualifiziert" (VELKD 82,29-39).

zu 4.5.: Gesetz und Evangelium, Abschnitte 32-34:

-Nach der paulinischen Lehre handelt es sich hier um den Weg des jüdischen Gesetzes als Heilsweg. Dieser ist in Christus erfüllt und überwunden. Insofern ist diese Aussage und die Konsequenz daraus zu verstehen.

-In bezug auf die Canones 19f des Tridentinums äußert sich die VELKD (89,28-36): "Die Zehn Gebote gelten selbstverständlich für den Christen, wie an vielen Stellen der Bekenntnisschriften ausgeführt ist... Wenn in Canon 20 betont wird, daß der Mensch zum Halten der Gebote Gottes verpflichtet ist, werden wir nicht getroffen; wenn Canon

20 aber behauptet, daß der Glaube nur unter der Bedingung des Haltens der Gebote selig machende Kraft hat, werden wir getroffen. Was die Rede des Canons von den Geboten der Kirche betrifft, so liegt hier kein Gegensatz, wenn diese Gebote nur die Gebote Gottes zur Geltung bringen; im anderen Fall würden wir getroffen". zu 4.6.: Heilsgewißheit, Abschnitte 35-37:

Vgl. insbesondere LV 59-63; VELKD 90ff.

-"Die Frage ist, wie der Mensch trotz und mit seiner Schwachheit vor Gott leben kann und darf" (LV 60,5f).

-"Grundlage und Ausgangspunkt (der Reformatoren) ... sind: die Verläßlichkeit und Allgenügsamkeit der Verheißung Gottes und der Kraft des Todes und der Auferstehung Christi, die menschliche Schwachheit und die damit gegebene Bedrohung des Glaubens und des Heils" (LV 62,17-20).

-Auch Trient betont, es sei notwendig zu glauben, "daß Sünden nur umsonst [= d.h. ohne eigenes Verdienst], allein durch die göttliche Barmherzigkeit um Christi willen vergeben werden und immer vergeben wurden" (DH 1533) und daß man nicht zweifeln darf "an der Barmherzigkeit Gottes, am Verdienst Christi und an der Kraft und Wirksamkeit der Sakramente" (DH 1534); Zweifel und Unsicherheit seien nur im Blick auf sich selbst angebracht.

-"Luther und seine Anhänger gehen einen Schritt weiter. Sie halten dazu an, die Unsicherheit nicht nur zu ertragen, sondern von ihr wegzusehen und die objektive Geltung der 'von außen' kommenden Lossprechung im Bußsakrament konkret und persönlich ernst zu nehmen... Da Jesus gesagt hat: 'Was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein' (Mt 16,19), würde der Glaubende ... Christus zum Lügner erklären ..., wenn er sich nicht felsenfest auf die in der Lossprechung zugesprochene Vergebung Gottes verließe... Daß dieses Sich-Verlassen noch einmal subjektiv ungewiß sein kann, daß also Vergebungsgewißheit nicht Vergebungssicherheit (securitas) ist, weiß Luther ebenso wie seine Gegner - aber es darf sozusagen nicht noch einmal zum Problem gemacht werden: der Glaubende soll den Blick davon ab- und nur dem Vergebungswort Christi zuwenden" (LV 60,18-34).

-"Heute können Katholiken das Bemühen der Reformatoren anerkennen, den Glauben auf die objektive Wirklichkeit von Christi Verheißung zu gründen: 'Was du auf Erden lösen wirst...' ... und die Gläubigen auf ein ausdrückliches Wort der Sündenvergebung auszurichten... Luthers ursprüngliches Anliegen [ist nicht zu verurteilen], von der persönlichen Erfahrung abzusehen und allein auf Christus und sein Vergebungswort zu vertrauen" (Gutachten 27).

-Eine gegenseitige Verurteilung bezüglich des Verständnisses von Heilsgewißheit ist "zumal dann nicht [zu begründen], "wenn man vom Boden eines biblisch erneuerten Glaubensbegriffs aus denkt... Denn es kann zwar geschehen, daß ein Mensch den Glauben, die Selbstüberantwortung an Gott und sein Verheißungswort verliert oder aufgibt. Aber er kann nicht in diesem Sinne glauben und zugleich Gott in seinem Verheißungswort für unverläßlich halten. In diesem Sinne gilt mit den Worten Luthers auch heute: Glaube ist Heilsgewißheit" (LV 62,23-29).

-Zum Glaubensbegriff des Zweiten Vatikanischen Konzils vgl. Dei Verbum Nr. 5: "Dem offenbarenden Gott ist der 'Gehorsam des Glaubens' ... zu leisten. Darin überantwortet sich der Mensch Gott als ganzer in Freiheit, in dem er sich 'dem offenbarenden Gott mit Verstand und Willen voll unterwirft' und seiner Offenbarung willig zustimmt".

-"Die lutherische Unterscheidung zwischen der Gewißheit (certitudo) des Glaubens, der allein auf Christus blickt, und der irdischen Sicherheit (securitas), die sich auf den Menschen stützt, ist in LV nicht deutlich genug aufgenommen worden Der Glaube [reflektiert] nie auf sich selbst, sondern [hängt] ganz und gar an Gott, dessen Gnade ihm durch Wort und Sakrament, also von außen (extra nos) zugeeignet wird" (VELKD 92,2-9). zu 4.7.: Die guten Werke des Gerechtfertigten, Abschnitte 38-40:

Vgl. insbesondere LV 72ff, VELKD 90ff.

-"Das Konzil schließt jedes Verdienst der Gnade - also der Rechtfertigung - aus (can. 2: DS 1552) und begründet das Verdienst des ewigen Lebens im Geschenk der Gnade selbst durch Christusgliedschaft (can. 32: DS 1582): Als Geschenk sind die guten Werke 'Verdienste'. Wo die Reformatoren ein 'gottloses Vertrauen' auf die eigenen Werke anprangern, schließt das Konzil ausdrücklich jeden Gedanken an Anspruch und falsche Sicherheit aus (cap. 16: DS 1548f.). Erkennbar ... will das Konzil an Augustinus anknüpfen, der den Verdienstbegriff einführt, um trotz des Geschenkcharakters der guten Werke die Verantwortlichkeit des Menschen auszusagen" (LV 73,9-18).

-Wenn man die Sprache der 'Ursächlichkeit' in Canon 24 personaler faßt, wie es im Kapitel 16 des Rechtfertigungsdekretes getan wird, wo der Gedanke der Gemeinschaft mit Christus tragend ist, dann wird man die katholische Verdienstlehre so umschreiben können, wie es im ersten Satz des zweiten Absatzes von 4.7. geschieht: Beitrag zum Wachstum der Gnade, der Bewahrung der von Gott empfangenen Gerechtigkeit und der Vertiefung der Christusgemeinschaft.

-"Viele Gegensätze könnten einfach dadurch behoben werden, daß der mißverständliche Ausdruck 'Verdienst' im Zusammenhang mit dem wahren Sinn des biblischen Begriffs 'Lohn' gesehen und bedacht wird" (LV 74,7-9).

-"Die lutherischen Bekenntnisschriften betonen, daß der Gerechtfertigte dafür verantwortlich ist, die empfangene Gnade nicht zu verspielen, sondern in ihr zu leben... So können die Bekenntnisschriften durchaus von einem Bewahren der Gnade und einem Wachstum in ihr sprechen... Wird Canon 24 in diesem Sinne von der Gerechtigkeit, insofern sie sich in und am Menschen auswirkt, verstanden, dann werden wir nicht getroffen. Wird die 'Gerechtigkeit' in Canon 24 dagegen auf das Angenommensein des Christen vor Gott bezogen, werden wir getroffen; denn diese Gerechtigkeit ist immer vollkommen; ihr gegenüber sind die Werke des Christen nur 'Früchte' und 'Zeichen'" (VELKD 94,2-14).

-"Was Canon 26 betrifft, so verweisen wir auf die Apologie, wo das ewige Leben als Lohn bezeichnet wird: '... Wir bekennen, daß das ewige Leben ein Lohn ist, weil es etwas Geschuldetes ist um der Verheißung willen, nicht um unseres Verdienstes willen'" (VELKD 94,20-24).

* * *

Anhang (annex) zur

Gemeinsamen offiziellen Feststellung vom 11. Juni 1999

1. Die folgenden Erläuterungen unterstreichen die in derGemeinsamen Erklärung zur

Rechtfertigungslehre (GE) erreichte Übereinstimmung in Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre; so wird klargestellt, daß die früheren wechselseitigen Verurteilungen die katholische und die lutherische Rechtfertigungslehre, wie sie in der Gemeinsamen Erklärung dargestellt sind, nicht treffen.

2. "Gemeinsam bekennen wir: Allein aus Gnade im Glauben an die Heilstat Christi, nicht

aufgrund unseres Verdienstes, werden wir von Gott angenommen und empfangen den Heiligen Geist, der unsere Herzen erneuert und uns befähigt und aufruft zu guten Werken." (GE 15)

A. "Wir bekennen gemeinsam, daß Gott aus Gnade dem Menschen die Sünde vergibt und ihn

zugleich in seinem Leben von der knechtenden Macht der Sünde befreit (...)" (GE 22). Rechtfertigung ist Sündenvergebung und Gerechtmachung, in der Gott "das neue Leben in Christus schenkt" (GE 22). "Gerechtfertigt aus Glauben, haben wir Frieden mit Gott" (Röm 5,1). "Wir heißen Kinder Gottes, und wir sind es" (1 Joh 3,1). Wir sind wahrhaft und innerlich erneuert durch das Wirken des Heiligen Geistes und bleiben immer von seinem Wirken in uns abhängig. "Wenn jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung, das Alte ist vergangen, Neues ist geworden." (2 Kor. 5,17). Die Gerechtfertigten bleiben in diesem Sinne nicht Sünder.

Doch wir würden irren, wenn wir sagten, daß wir ohne Sünde sind (1 Joh 1, 8-10; vgl. GE 28). Wir "verfehlen uns in vielen Dingen" (Jak 3,2). "Wer bemerkt seine eigenen Fehler? Verzeihe mir meine verborgenen Sünden!" (Ps 19,13) Und wenn wir beten, können wir nur wie der Zöllner sagen: "Gott, sei mir Sünder gnädig!" (Luk 18,13). Unsere Liturgien geben dem vielfachen Ausdruck. Gemeinsam hören wir die Mahnung: "Daher soll die Sünde euren sterblichen Leib nicht mehr beherrschen, und seinen Begierden sollt ihr nicht gehorchen" (Röm 6,12). Dies erinnert uns an die beständige Gefährdung, die von der Macht der Sünde und ihrer Wirksamkeit im Christen ausgeht. Insoweit können Lutheraner und Katholiken gemeinsam den Christen alssimul iustus et peccator verstehen, unbeschadet ihrer unterschiedlichen Zugänge zu diesem Themenbereich, wie dies in GE 29-30 entfaltet wurde.

B. Der Begriff "Konkupiszenz" wird auf katholischer und auf lutherischer Seite in

unterschiedlicher Bedeutung gebraucht. In den lutherischen Bekenntnisschriften wird Konkupiszenz verstanden als Begehren des Menschen, durch das der Mensch sich selbst sucht und das im Lichte des geistlich verstandenen Gesetzes als Sünde angesehen wird. Nach katholischem Verständnis ist Konkupiszenz eine auch nach der Taufe im Menschen verbleibende, aus der Sünde kommende und zur Sünde drängende Neigung. Unbeschadet der hier eingeschlossenen Unterschiede kann aus lutherischer Sicht anerkannt werden, daß die Begierde zum Einfallstor der Sünde werden kann. Wegen der Macht der Sünde trägt der ganze Mensch die Neigung in sich, sich gegen Gott zu stellen. Diese Neigung entspricht nach lutherischem und katholischem Verständnis nicht "dem ursprünglichen Plan Gottes vom Menschen" (GE 30). Die Sünde hat personalen Charakter und führt als

solche zur Trennung von Gott. Sie ist das selbstsüchtige Begehren des alten Menschen und mangelndes Vertrauen und mangelnde Liebe zu Gott.

Die Wirklichkeit des in der Taufe geschenkten Heils und die Gefährdung durch die Macht der Sünde können so zur Sprache kommen, daß einerseits die Vergebung der Sünden und die Erneuerung des Menschen in Christus durch die Taufe betont und andererseits gesehen wird, daß auch der Gerechtfertigte "der immer noch andrängenden Macht und dem Zugriff der Sünde nicht entzogen (vgl. Röm 6, 12-14) und des lebenslangen Kampfes gegen die Gottwidrigkeit (...) nicht enthoben" ist (GE 28).

C. Rechtfertigung geschieht "allein aus Gnade" (GE 15 und 16), allein durch Glauben, der

Mensch wird "unabhängig von Werken" gerechtfertigt (Röm 3, 28; vgl. GE 25). "Die Gnade ist es, die den Glauben schafft, nicht nur, wenn der Glaube neu im Menschen anfängt, sondern solange der Glaube währt" (Thomas von Aquin, S. Th. II/II 4,4 ad 3). Gottes Gnadenwirken schließt das Handeln des Menschen nicht aus: Gott wirkt alles, das Wollen und Vollbringen, daher sind wir aufgerufen, uns zu mühen (vgl. Phil. 2,12 f.). "(...) ... alsbald der Heilige Geist, wie gesagt, durchs Wort und heilige Sakramente solch sein Werk der Wiedergeburt und Erneuerung in uns angefangen hat, so ist es gewiß, daß wir durch die Kraft des Heiligen Geistes mitwirken können und sollen (...)" (FC SD II,

64 f. BSLK 897, 37 ff).

D. Gnade als Gemeinschaft der Gerechtfertigten mit Gott in Glaube, Hoffnung und Liebe

wird stets vom heilsschöpferischen Wirken Gottes empfangen (vgl. GE 27). Doch der Gerechtfertigte ist dafür verantwortlich, die Gnade nicht zu verspielen, sondern in ihr zu leben. Die Aufforderung, gute Werke zu tun, ist die Aufforderung, den Glauben zu üben (vgl. BSLK 197, 45 f.). Die guten Werke des Gerechtfertigten soll man tun, "nämlich daß wir unsern Beruf fest machen, das ist, daß wir nicht wiederum vom Evangelio fallen, wenn wir wiederum sundigeten" (Apol. XX, 13, BSLK 316, 18-24; unter Bezugnahme auf 2 Petr. 1,10. Vgl. auch FC SD IV,33; BSKL 948, 9-23). In diesem Sinn können Lutheraner und Katholiken gemeinsam verstehen, was über das "Bewahren der Gnade" in GE 38 und 39 gesagt ist. Freilich, "alles, was im Menschen dem freien Geschenk des Glaubens vorausgeht und nachfolgt, ist nicht Grund der Rechtfertigung und verdient sie nicht" (GE 25).

E. Durch die Rechtfertigung werden wir bedingungslos in die Gemeinschaft mit Gott

aufgenommen. Das schließt die Zusage des ewigen Lebens ein: "Wenn wir nämlich ihm gleich geworden sind in seinem Tod, dann werden wir mit ihm auch in seiner Auferstehung vereinigt sein" (Röm 6,5; vgl. Joh 3,36; Röm 8,17). Im: Endgericht werden die Gerechtfertigten auch nach ihren Werken gerichtet (vgl. Mt 16,27; 25,31-46; Röm 2,16; 14,12; 1 Kor 3,8; 2 Kor 5,10 etc.). Wir gehen einem Gericht entgegen, in dem Gott in seinem gnädigen Urteil alles annehmen wird, was in unserem Leben und Tun seinem Willen entspricht. Aber alles, was unrecht in unserem Leben ist, wird aufgedeckt und nicht in das ewige Leben eingehen. Die Konkordienformel stellt ebenfalls fest: "Wie dann Gottes Wille und ausdrücklicher Befehl ist, daß die Gläubigen gute Werk tuen sollen, welche der heilige Geist wirket in den Gläubigen, die ihnen auch Gott umb Christi willen gefallen läßt, ihnen herrliche Belohnung in diesem und künftigen Leben verheißet" (FC SD IV, 38; BSLK 950, 18-24). Aller Lohn aber ist Gnadenlohn, auf den wir keinen Anspruch haben.

3. Die Rechtfertigungslehre ist Maßstab oder Prüfstein des christlichen Glaubens. Keine

Lehre darf diesem Kriterium widersprechen. In diesem Sinne ist die Rechtfertigungslehre ein "unverzichtbares Kriterium, das die gesamte Lehre und Praxis der Kirche unablässig

auf Christus hin orientieren will" (GE 18). Als solche hat sie ihre Wahrheit und ihre einzigartige Bedeutung im Gesamtzusammenhang des grundlegenden trinitarischen Glaubensbekenntnisses der Kirche. Gemeinsam haben wir "das Ziel, in allem Christus zu bekennen, dem allein über alles zu vertrauen ist als dem einen Mittler (1 Tim 2,5 f.), durch den Gott im Heiligen Geist sich selbst gibt und seine erneuernden Gaben schenkt" (GE 18).

4. In der Antwortnote der Katholischen Kirche soll weder die Autorität lutherischer Synoden noch diejenige des Lutherischen Weltbundes in Frage gestellt werden. Die Katholische Kirche und der Lutherische Weltbund haben den Dialog als gleichberechtigte Partner ("par cum pari") begonnen und geführt. Unbeschadet unterschiedlicher Auffassungen von der Autorität in der Kirche respektiert jeder Partner die geordneten Verfahren für das

Zustandekommen von Lehrentscheidungen des anderen Partners. 11. Juni 1999

Gemeinsame offizielle Feststellung des Lutherischen Weltbundes und der katholischen Kirche

vom 11. Juni 1999

1. Auf der Grundlage der in der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre (GE)

erreichten Übereinstimmungen erklären der Lutherische Weltbund und die Katholische Kirche gemeinsam: "Das in dieser Erklärung dargelegte Verständnis der Rechtfertigungslehre zeigt, dass zwischen Lutheranern und Katholiken ein Konsens in Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre besteht" (GE 40). Auf der Grundlage dieses Konsenses erklären der Lutherische Weltbund und die Katholische Kirche gemeinsam. "Die in dieser Erklärung vorgelegte Lehre der lutherischen Kirchen wird nicht von den Verurteilungen des Trienter Konzils getroffen. Die Verwerfungen der lutherischen Bekenntnisschriften treffen nicht die in dieser Erklärung vorgelegte Lehre der römisch-katholischen Kirche." (GE 41)

2. Im Blick auf den Beschluß des Rates des Lutherischen Weltbundes über die Gemeinsame Erklärung vom 16. Juni 1998 und die Antwort der Katholischen Kirche auf die Gemeinsame Erklärung vom 25. Juni 1998 sowie die von beiden Seiten vorgebrachten Anfragen wird in der (als "Anhang" bezeichneten) beigefügten Feststellung der in der Gemeinsamen Erklärung erreichte Konsens weiter erläutert; so wird klargestellt, dass die früheren gegenseitigen Lehrverurteilungen die Lehre der Dialogpartner, wie sie in der Gemeinsamen Erklärung dargelegt wird, nicht treffen.

3. Die beiden Dialogpartner verpflichten sich, das Studium der biblischen Grundlagen der Lehre von der Rechtfertigung fortzuführen und zu vertiefen. Sie werden sich außerdem auch über das hinaus, was in der Gemeinsamen Erklärung und in dem beigefügten Anhang behandelt ist, um ein weiterreichendes gemeinsames Verständnis der Rechtfertigungslehre bemühen. Auf der Basis des erreichten Konsenses ist insbesondere zu denjenigen Fragen ein weiterer Dialog erforderlich, die in der Gemeinsamen Erklärung selbst (GE 43) besonders als einer weiteren Klärung bedürftig benannt werden, um zu voller Kirchengemeinschaft, zu einer Einheit in Verschiedenheit zu gelangen, in der verbleibende Unterschiede miteinander "versöhnt" würden und keine trennende Kraft mehr hätten. Lutheraner und Katholiken werden ihre Bemühungen ökumenisch fortsetzen, um in ihrem gemeinsamen Zeugnis die Rechtfertigungslehre in einer für die Menschen unserer Zeit relevanten Sprache auszulegen, unter Berücksichtigung der individuellen und der sozialen Anliegen unserer Zeit.

Durch diesen Akt der Unterzeichnung bestätigen

die Katholische Kirche und der Lutherische Weltbund

die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre in ihrer Gesamtheit

Quellen zur Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre

In den Teilen 3 und 4 der "Gemeinsamen Erklärung" wird auf Formulierungen aus verschiedenen lutherisch/katholischen Dialogen zurückgegriffen. Im einzelnen handelt es sich um folgende Dokumente: "Alle unter einem Christus", Stellungnahme der Gemeinsamen Römisch-katholischen / Evangelisch-lutherischen Kommission zum Augsburgischen Bekenntnis 1980, in: Dokumente wachsender Übereinstimmung, hrsg. von Harding Meyer, Hans Jörg Urban, Lukas Vischer, Bd. I: 1931-1982 (Paderborn/Frankfurt 1983) 323-328. Denzinger-Schönmetzer, Enchiridion Symbolorum... 32. bis 36. Auflage [zit.: DS]. Denzinger-Hünermann, Enchiridion Symbolorum ... seit der 37. Auflage, zweisprachig [zit.: DH]. Gutachten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen zur Studie Lehrverurteilungen - kirchentrennend? (Vatikan 1992), unveröffentlicht, [zit.: Gutachten].

"Justification by Faith", lutherisch-katholischer Dialog in den USA, 1983, deutsch: Rechtfertigung durch den Glauben, in: Rechtfertigung im ökumenischen Dialog, hrsg. von Harding Meyer und Günther Gaßmann (= Ökumenische Perspektiven Nr. 12) Frankfurt 1987, 107-200 [= zit.: USA].

Lehrverurteilungen - kirchentrennend?, Bd. I: Rechtfertigung, Sakramente und Amt im Zeitalter der Reformation und heute, hrsg. von Karl Lehmann und Wolfhart Pannenberg (Freiburg 1986) [zit.: LV].

[...]


1zur Verbesserung der Lesbarkeit im folgenden Gemeinsame Erklärung bzw. GE

2Evangelischer Erwachsenenkathechismus, 1989, S. 440

3Hahn, Udo: Rechtfertigung, 2001, S. 20

4Hahn, Udo: Rechtfertigung, 2001, S. 22

5Hahn, Udo: Rechtfertigung, 2001, S. 12

6Vgl. Hahn, Udo: Rechtfertigung, 2001, S. 12

7Vgl. Hahn, Udo: Rechtfertigung, 2001, S. 25

8Hahn, Udo: Rechtfertigung, 2001, S. 25

9Hahn, Udo: Rechtfertigung, 2001, S. 25

10CA 4

11CA 6

12CA 4

13Vgl. GE 32

14Vgl. Hahn, Udo: Rechtfertigung, 2001, S. 25

15Vgl. www.joerg-sieger.de, Kleine Kirchengeschichte, S. 1

16Vgl. www.heiligenlexikon.de, Glossar Konzil von Trient, S. 1

17Vgl. www.joerg-sieger.de, Kleine Kirchengeschichte, S. 3

18Vgl. www.joerg-sieger.de, Kleine Kirchengeschichte, S. 4

19Vgl. Trient Canon 9, zit. nach: Hahn, Udo: Rechtfertigung, 2001, S. 27

20Vgl. Trient Canon 12, zit. nach: Hahn, Udo: Rechtfertigung, 2001, S. 27

21Vgl. Trient Canon 12, zit. nach: Hahn, Udo: Rechtfertigung, 2001, S. 27

22Vgl. Trient Canon 12, zit. nach: Hahn, Udo: Rechtfertigung, 2001, S. 27

23Text ist abgedruckt in: Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott - die GE, 1999, S. 77 - 114

24Lüning, Peter: Worum geht es?, in: Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott - die GE, 1999, S. 10

25Bericht der Evangelisch-lutherisch/Römisch-katholischen Studienkommission: Das Evangelium und die Kirche (Malta-Bericht) 1972

26Lutherisch/Römisch-katholischer Dialog in: den USA: Rechtfertigung durch den Glauben, 1983

27Lehrverurteilungen - kirchentrennend?, 1986

28Gemeinsame römisch-katholische/evangelisch-lutherische Kommission (Hrsg.): Kirche und Rechtfertigung. 1994

29Vgl. Lüning, Peter: Worum geht es?, in: Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 11

30Vgl. Hahn, Udo: Rechtfertigung, 2001, S. 44 und Zitat S. 45

31GE 15

32Vgl. Miggelbrink, Ralf: Wie spricht gegenwärtig katholische Theologie von der Rechtfertigung? in: Lüning, Peter: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 53- 54

33Annex 3

34GE18

35Vgl. Annex 2D Vgl. Miggelbrink, Ralf: Wie spricht gegenwärtig katholische Theologie von der Rechtfertigung? in: Lüning, Peter: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 53- 54

36Vgl. GE 29, 30 und vgl. Annex 2B

37Hahn Udo: Rechtfertigung, Gütersloh 2001, S. 56

38Vgl. Lüning, Peter: Worum geht es?, in: Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 10

39GE 15 und 16

40GE 15

41Vgl. Lüning, Peter: Worum geht es?, in: Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 17

42Vgl. Lüning, Peter: Worum geht es?, in: Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 17

43Vgl. Lüning, Peter: Worum geht es?, in: Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 17

44Vgl. Lüning, Peter: Worum geht es?, in: Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 18

45GE 22

46GE 24

47Vgl. GE 23

48Vgl. Lüning, Peter: Worum geht es?, in: Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 17

49 Vgl. Lüning, Peter: Worum geht es?, in: Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 17 30

50GE 15

51GOF Art.3

52Vgl. Miggelbrink, Ralf: Wie spricht gegenwärtig katholische Theologie von der Rechtfertigung? in: Lüning, Peter: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 51

53Miggelbrink, Ralf: Wie spricht gegenwärtig katholische Theologie von der Rechtfertigung? in: Lüning, Peter: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 51

54Papst Joh. Paul II, zit nach: Miggelbrink, Ralf: Wie spricht gegenwärtig katholische Theologie von der Rechtfertigung? in: Lüning, Peter: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 51

55Öffner, zit. nach www.lutheranworld.org/News/LWI/DE/000642.DE.html

56Vgl. www.lutheranworld.org/News/LWI/DE/000597/DE.html

57Vgl. www.lutheranworld.org/News/LWI/DE/000650/DE.html

58Vgl. www.lutheranworld.org/News/LWI/DE/000650/DE.html

59Annex 2

60Hahn, Udo: Rechtfertigung, 2001, S. 50

61Vgl. Lüning, Peter: Worum geht es?, in: Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 12

62Vgl. Lüning, Peter: Worum geht es?, in: Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 12

63Vgl. Lüning, Peter: Worum geht es?, in: Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 13

64Vgl. Lüning, Peter: Worum geht es?, in: Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 13

65Vgl. Lüning, Peter: Worum geht es?, in: Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 13- 14

66Vgl. Lüning, Peter: Worum geht es?, in: Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 14

67 Vgl. Lüning, Peter: Worum geht es?, in: Lüning, Peter u.a.: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 14 37

68GE 43

69GE 41 und 42

70Vgl. Miggelbrink, Ralf: Wie spricht gegenwärtig katholische Theologie von der Rechtfertigung? in: Lüning, Peter: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 52

71Miggelbrink, Ralf: Wie spricht gegenwärtig katholische Theologie von der Rechtfertigung? in: Lüning, Peter: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 52

72Papst Johannes Paul II., zit. nach: Miggelbrink, Ralf: Wie spricht gegenwärtig katholische Theologie von der Rechtfertigung? in: Lüning, Peter: Gerechtfertigt durch Gott- die GE, 1999, S. 52

1 Schmalkaldische Artikel II,1 (Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, 3. Aufl., Göttingen 1956, 415).

3Es sei darauf hingewiesen, daß eine Reihe von lutherischen Kirchen nur die Confessio Augustana und Luthers Kleinen Katechismus zu ihren verbindlichen Lehrgrundlagen rechnen. Diese Bekenntnisschriften enthalten keine die Rechtfertigungslehre betreffenden Lehrverurteilungen gegenüber der römisch-katholischen Kirche.

4Bericht der Evangelisch-lutherisch/Römisch-katholischen Studienkommission "Das Evangelium und die Kirche" ("Malta-Bericht") 1972, in: Dokumente wachsender Übereinstimmung [= DWÜ], Sämtliche Berichte und Konsenstexte interkonfessioneller Gespräche auf Weltebene, Bd. I: 1931-1982, hrsg. von Harding Meyer/Hans Jörg Urban/Lukas Vischer (Paderborn/Frankfurt 1983), 248-271.

5Gemeinsame römisch-katholische/evangelisch-lutherische Kommission (Hrsg.): Kirche und Rechtfertigung, Das Verständnis der Kirche im Licht der Rechtfertigungslehre (Paderborn - Frankfurt 1994).

6Lutherisch/Römisch-katholischer Dialog in den USA: Rechtfertigung durch den Glauben (1983), in: Rechtfertigung im ökumenischen Dialog, Dokumente und Einführung, hrsg. von Harding Meyer und Günther Gaßmann (Frankfurt 1987) 107-200.

7Lehrverurteilungen - kirchentrennend?, Bd. I: Rechtfertigung, Sakramente und Amt im Zeitalter der

Reformation und heute, hrsg. von Karl Lehmann und Wolfhart Pannenberg (Freiburg/Göttingen 1986).

8Gemeinsame Stellungnahme der Arnoldshainer Konferenz, der Vereinigten Kirche und des Deutschen Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes zum Dokument "Lehrverurteilungen - kirchentrennend?", in: Ökumenische Rundschau 44 (1995) 99-102; einschließlich der diesem Beschluß zugrundeliegenden Stellungnahmen, vgl. Lehrverurteilungen im Gespräch. Die ersten offiziellen Stellungnahmen aus der evangelischen Kirche in Deutschland, Göttingen 1993.

9In dieser Erklärung gibt das Wort "Kirche" das jeweilige Selbstverständnis der beteiligten Kirchen wieder, ohne alle damit verbundenen ekklesiologischen Fragen entscheiden zu wollen.

10Vgl. Malta-Bericht Nr. 26-30; Rechtfertigung durch den Glauben Nr. 122-147. Die nicht-paulinischen neutestamentlichen Zeugnisse wurden im Auftrag des US-Dialogs "Rechtfertigung durch den Glauben" untersucht von J. Reumann: Righteousness in the New Testament, mit Antworten von J. Fitzmyer und J.D. Quinn (Philadelphia, New York 1982), S. 124-180. Die Ergebnisse dieser Studie wurden im Dialogbericht "Rechtfertigung durch den Glauben" in den Nr. 139-142 zusammengefaßt.

11Vgl. Alle unter einem Christus, Nr. 14, in: DWÜ, Bd. I, 323-328.

12Vgl. WA 8, 106.

13Vgl. DS 1528.

14Vgl. DS 1530.

15Vgl. Apol. II,38-45.

16Vgl. DS 1515.

17Vgl. DS 1515.

18Vgl. DS 1545.

19Vgl. DV 5.

20Vgl. DV 4.

21Lehrverurteilungen - kirchentrennend?, 32.

Ende der Leseprobe aus 62 Seiten

Details

Titel
Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre des lutherischen Weltbundes und der katholischen Kirche
Veranstaltung
Diakonenausbildung
Note
2,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
62
Katalognummer
V106770
ISBN (eBook)
9783640050451
Dateigröße
714 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Sehr umfangreich.
Schlagworte
Gemeinsame, Erklärung, Rechtfertigungslehre, Weltbundes, Kirche, Diakonenausbildung
Arbeit zitieren
Albrecht Strümpfel (Autor:in), 2002, Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre des lutherischen Weltbundes und der katholischen Kirche, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106770

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