Die Funktion des IWF


Trabajo Escrito, 2002

20 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


„Die Funktion des IWF"

I. Einleitung

Seit dem zweiten Weltkrieg haben sich die wirtschafts- und währungspolitischen Beziehungen vertieft. In diesem Zusammenhang gibt es derzeit fünf Organisationen, die man als Träger dieser Zusammenarbeit sehen kann. Neben der WTO, der OECD und der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich sind dies der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbankgruppe.

Jede dieser Organisationen übernimmt spezifische Aufgaben im gegenwärtigen globalisierten Umfeld der Weltwirtschaft.

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Rolle des IWF, dessen Ziel es ist, geordnete Währungsbeziehungen zwischen den Mitgliedsstaaten zu fördern.

Zunächst wird beleuchtet, aus welchem historischen Hintergrund der IWF entstanden ist, wie er organisiert ist und welche Aufgaben er innerhalb der internationalen Gemeinschaft wahrnimmt.

Gerade in jüngerer Zeit ist es in bestimmten Regionen immer wieder zu massiven Zahlungsbilanzschwierigkeiten gekommen, die nicht selten in Finanz- und Währungskrisen geendet sind und insbesondere in den betroffenen Regionen zu schwersten sozialen Missständen geführt haben. Wie der IWF in solchen Situationen agiert, wird in einem zweiten Abschnitt am Praxisfall der Asienkrise dargestellt, wobei auch einige kritische Aspekte der ergriffenen Maßnahmen diskutiert werden. Dabei wird auch auf die Frage eingegangen, ob die Handlungsweise des IWF der veränderten weltwirtschaftlichen Lage durch Globalisierungseinflüsse Rechnung trägt.

Ein kurzer Exkurs widmet sich schließlich dem in jüngerer Zeit oft diskutierten Insolvenzrecht zur Entschuldung souveräner Staaten.

Die Arbeit hat das Ziel, eine theoretische Basis für anschließende Diskussionen zu liefern. Aus Zeit- und Platzgründen beschränken sich die Ausführungen jeweils nur auf die wichtigsten Sachverhalte, was meines Erachtens für ein grundsätzliches Verständnis jedoch eher förderlich sein dürfte.

II. Der IWF - Organisation und Institution

1. Gründung des IWF - die Währungspolitischen Rahmenbedingungen in den 40er Jahren

Um die Notwendigkeit der Gründung des IWF zu verstehen, erscheint es sinnvoll, einen kurzen Abriss über die währungspolitische Situation in der Zwischenkriegszeit zu geben.

Vor Beginn des ersten Weltkriegs herrschte ein System fester Wechselkurse. Bekannt als klassischer Goldstandard, zeichnete sich dieses Wechselkursregime dadurch aus, dass die Notenbanken von ihnen ausgegebene Banknoten zu einem festgesetzten Kurs in Gold umtauschten. Über den Goldpreis ergaben sich so feste Paritäten zwischen den einzelnen Währungen1. Eine weitere positive Eigenschaft der Goldwährung war der diesem System innewohnende Ausgleich der Zahlungsbilanz. Das Ende des Goldstandards steht im engen Zusammenhang mit der Weltwirtschaftskrise der dreißiger Jahre. Hohe Arbeitslosigkeiten und Massenschließungen von Unternehmen veranlassten zunächst das Vereinigte Königreich im Jahre 1931 zur Abwertung des Pfundes. Da die heimischen Produkte im Ausland preiswerter werden, wenn der Wechselkurs steigt2, erhoffte man sich durch diese Maßnahme eine Erhöhung der Exporte. Eine solche währungspolitische Maßnahme führt im Inland zu einer Erhöhung und im Ausland zu einer Senkung des

Außenbeitrags3. Eine beinahe zwangsläufige Reaktion anderer Länder waren ebenfalls Abwertungen der dortigen Währungen, so dass Vorteile im Export durch gegenseitige Abwertungsmaßnahmen maximal von kurzer Dauer sein konnten. Die Konsequenz derartiger währungspolitischer Handlungen ist ein Vertrauensverlust in die Währungen, da der reale Wert einer Währungseinheit immer weiter abnimmt. Die Wertaufbewahrungsfunktion4 des Geldes ging verloren, was zu einer erhöhten Nachfrage nach Gold führte, die die Zentralbanken aufgrund begrenzter Goldbestände dauerhaft nicht bedienen konnten. Zunächst wurden deshalb ausländische Währungen neben Gold zum Reservemedium. Die gravierenden Auswirkungen auf den Welthandel durch „Abwertungswettläufe, zeitweiligen Mangel an internationalen Reserven, Importbeschränkungen, Devisenkontrollen ...“5 führten in Folge der Konferenz von Bretton-Woods im Jahre 1944 zur Gründung des IWF als ein internationales Regime zur Kontrolle und Überwachung von Wechselkursen und damit in Zusammenhang stehenden Größen.

2. Die Organisationsstruktur des Währungsfonds

Dem IWF gehören gegenwärtig 182 Mitgliedsstaaten6 an; dies sind bis auf wenige Ausnahmen alle Staaten der Welt7. Jedem Mitglied steht es frei, aus dem IWF auszutreten. Die Organe sind der Gouverneursrat, das Exekutivdirektorium, der Interimsausschuss sowie der Entwicklungsausschuss. Im folgenden sollen die Funktionen dieser vier Einrichtungen kurz umrissen werden.

Jedes Land entsendet in den Gouverneursrat einen Gouverneur8, der die Interessen eines Landes als Bevollmächtigter vertritt. Dieses höchste Gremium des IWF trifft einmal jährlich zusammen und entscheidet über zentrale Fragen, z.B. die „Aufnahme neuer Mitglieder, ... die Festsetzung und Änderung der Anteile der Mitgliedsländer am Fonds („Quoten“) oder ... die Neuzuteilung von Sonderziehungsrechten“9.

Für die laufenden Geschäfte ist das Exekutivdirektorium, das sich aus 24 Personen zusammensetzt, zuständig. Fünf dieser Direktoren werden von den Mitgliedern mit den höchsten Quoten10, der Rest jeweils von bestimmten Ländergruppen ernannt. Der Geschäftsführende Direktor, Dienstherr der Mitarbeiter der IWF und Vorsitzender des Exekutivdirektoriums, wird von diesem Gremium im Fünf-Jahres-Turnus gewählt. Der Interimsausschuss hat die Aufgabe der Beratung des Gouverneursrats in „Fragen der Funktionsweise des internationalen Währungssystems“11. Faktisch hat dieses Gremium, das ebenso wie das Exekutivdirektorium zusammengesetzt ist und zweimal jährlich zusammentrifft, die Rolle des Leitungsgremiums inne.

Der Entwicklungsausschuss als gemeinsames Gremium der Weltbank und des IWF hat Beratungsfunktion in Hinblick auf die besonderen Eigenschaften der Low-Income- Countries.

Bei den Abstimmungen im Gouverneursrat und dem Exekutivdirektorium ist die finanzielle Beteiligung eines Landes, die sogenannte Quote, von Bedeutung. Die Quote berechnet sich aus mehreren ökonomischen Größen des betreffenden Landes12 und ist für die Einzahlungsverpflichtung, der sogenannten Subskriptionsverpflichtung, entscheidend. Neben 250 Grundstimmen, die jedem Mitglied zustehen, hat jedes Land je einhunderttausend Sonderziehungsrechte (SZR)13 seiner Quote eine zusätzliche Stimme. Im Gegensatz zu anderen internationalen Organisationen, wie zum Beispiel der WTO, richtet sich der Stimmenanteil eines jeden Landes nach seiner finanziellen Beteiligung am IWF.

Die Quote bestimmt die Höhe der Ausleihungen in Notsituationen. Gegenwärtig beträgt die Quotensumme des IWF 210 Mrd. SZR nach der letzten Erhöhung am 22. Januar 199914. Der IWF beschäftigt momentan etwa 2.700 Mitarbeiter.

3. Erhöhung der Quoten und die Funktionsweise der Sonderziehungsrechte

In Abschnitt I.2. wurde die Eigenschaft der Quoten bereits kurz umrissen. Quoten fungieren demgemäss als ein Grundstock finanzieller Mittel des IWF. Die für jedes Land individuell ermittelte Quote bestimmt die jeweilige Subskriptionsverpflichtung sowie die Zuteilung von Sonderziehungsrechten. „Bei einer Zuteilung [von Sonderziehungsrechten] erhalten alle teilnehmenden Länder Sonderziehungsrechte in Höhe eines einheitlichen Prozentsatzes ihrer im Zeitpunkt des Zuteilungsbeschlusses geltenden Quote“15. Um den Vorgang nochmals zu verdeutlichen, sei hier der fiktive Fall eines Landes, das dem Währungsfonds beitritt, gewählt. Auf Grundlage der ökonomischen Bedeutung und Leistungsfähigkeit dieses Landes wird die Quote ermittelt. In Höhe dieser Quote hat das Land Zahlungen an den IWF zu leisten16 und bekommt hierfür ohne Gegenleistung eine bestimmte Menge an Sonderziehungsrechten zugeteilt. Da nicht permanent neue Mitglieder in den Fonds eintreten und der Mittelbedarf zumindest in jüngerer Zeit angestiegen ist, wie noch gezeigt wird, existiert das Verfahren der Quotenerhöhungen. Mindestens alle 5 Jahre findet eine allgemeine Quotenüberprüfung statt, bei der als Ergebnis die Quoten der Länder generell angestiegen sind sowie die Quoten einiger einzelner Länder aufgrund von Änderungen der jeweiligen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit angehoben wurden. Die letzte Quotenerhöhung im Jahre 1999 betrug 45 v. H., womit sich die bereits genannte Quotensumme in Höhe von insgesamt 210 Mrd. SZR ergibt.

Es soll nun auf die Rolle der Sonderziehungsrechte eingegangen werden. Sonderziehungsrechte werden einem Landes gemäß seiner Quote zugeteilt, sie können vom IWF wieder eingezogen werden und haben unbegrenzte Gültigkeit. Die Teilnahme am SZR-System ist freiwillig. Ein Inhaberland der SZR ist berechtigt, bei einem sich aus der Zahlungsbilanz ergebenden Finanzierungsbedarf Devisen von einem anderen Mitgliedsland zu kaufen und diese mit SZR zu bezahlen. Die Auswahl (Designierung) der Länder, die konvertible Währung gegen SZR abgeben müssen, obliegt dem Fonds. Die Designierung betrifft vor allem solche Länder, deren Reservepositionen hinreichend stark vorhanden sind. Dabei ist als Höchstgrenze für die Ankaufsverpflichtung von SZR das Zweifache der einem Land selbst zugeteilten SZR zu beachten, die aber bei entsprechender Bereitschaft des ankaufenden Landes überschritten werden kann. Für jedes zugeteilte SZR ist eine periodisch berechnete Gebühr an den IWF zu zahlen, wohingegen das Halten eines SZR in gleicher Höhe verzinst wird. Dies hat zur Folge, dass ein Land, das genau die ihm zugeteilten SZR hält, keine Nettozahlungen zu leisten hat. Wenn ein Land mehr (weniger) SZR hält, als ihm ursprünglich zugeteilt wurden, so erhält es Zinsen (zahlt es die Gebühr, was einer Zinszahlung entspricht).

Sonderziehungsrechte bringen für teilnehmende Länder also grundsätzlich das Recht mit sich, bei Devisenbilanzproblemen Devisen zu kaufen, wie auch die Pflicht, Devisen an bedürftige Länder zu verkaufen. Aufgrund dieser Eigenschaft gelten SZR als Reservemedium in der Devisenbilanz. Die Berechnung des Tageswerts eines SZR erfolgt durch ein Korbverfahren, in dem der gewichtete Devisenkurs der vier bedeutendsten Währungen berücksichtigt wird17.

4. Ziele und Aufgaben des IWF

Nachdem nun die Voraussetzungen zum Verständnis der vielfältigen komplexen Funktionen des IWF bekannt sind, werden in diesem Abschnitt die Aufgaben des Währungsfonds beschrieben, wie sie sich aus Artikel I des IWF-Abkommens ergeben. Die Rolle der Organisation hat sich aber in den letzten Jahren wegen eines veränderten weltwirtschaftlichen Umfelds stark gewandelt. Die sich daraus ergebenden und gegenwärtig heftig diskutierten Veränderungen der Aufgabenstellung des IWF sollen deshalb im dritten Teil der Arbeit im Zusammenhang mit der Asienkrise erläutert werden.

Zusammengefasst formuliert Artikel I des „Übereinkommens über den Internationales Währungsfonds“18 die übergeordneten Ziele wie folgt: „Der IWF wurde geschaffen, um die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Währungspolitik zu fördern; die Ausweitung und ein ausgewogenes Wachstum des Welthandels zu erleichtern; die Stabilität der Wechselkurse zu fördern; bei der Errichtung eines multilateralen Zahlungssystems mitzuwirken; den Mitgliedsländern in Zahlungsbilanzschwierigkeiten die allgemeinen Fondsmittel zeitweilig und unter angemessenen Sicherungen zur Verfügung zu stellen und die Dauer und das Ausmaß der Ungleichgewichte der internationalen Zahlungsbilanzen der Mitgliedsländer zu verringern.“19. Für die Zielsetzung in zweiter Ebene lassen sich meines Erachtens somit folgende zentrale Aufgabenstellungen des IWF herausarbeiten:

- Überwachungs- und Beratungsfunktion in Bezug auf die Währungspolitik,
- Finanzierungsrolle bei Zahlungsbilanzproblemen eines Mitgliedslandes,
- Dienstleistungen, technische Hilfe und Ausbildung.

a) Überwachungs- und Beratungsfunktion in Bezug auf die Währungspolitik (Surveillance)

Jedes Mitgliedsland hat sich beim Beitritt zum IWF verpflichtet, mit den anderen Mitgliedsländern in der Form zusammenzuarbeiten, dass es diese fortlaufend über das Berechnungs- bzw. Ermittlungsverfahren des Wechselkurses unterrichtet, wobei ein Land grundsätzlich frei in der Wahl des Wechselkursregimes ist. Untersagt sind Beschränkungen des Devisenumtausches, Manipulationen der Wechselkurse sowie eine unsolide Wirtschafts- und Währungspolitik, „um eine wirksame Anpassung der Zahlungsbilanz zu verhindern oder unfaire Wettbewerbsvorteile zu erlangen“20.

Insbesondere die Abkehr vom Festkurssystem in den 70er Jahren bedeutete für den IWF, dass die Überwachung der Wirtschaftspolitik der Länder immer weiter in den Vordergrund rückte. Nochmals verbessert wurde die Überwachung in der Konsequenz der sog. „Tequila Krise“21 Mitte der neunziger Jahre sowie der Asienkrise Ende der neunziger Jahre.

Der IWF überwacht deshalb insbesondere die Wechselkurspolitik eines jeden Mitgliedslandes, um sicherzustellen, dass die oben genannten Verpflichtungen nicht verletzt werden. Im Rahmen obligatorischer sogenannter Konsultationen untersucht der IWF die gesamtwirtschaftliche Lage seiner Mitglieder. In der Regel wird hier ein Ein-Jahres-Turnus praktiziert, wobei der Geschäftsführende Direktor ergänzende Beratungen eines Landes fordern kann. Dies erfolgt dann, wenn ein aus Verdachtsindikatoren zusammengesetztes Frühwarnsystem eine solche außerplanmäßige Überprüfung sinnvoll erscheinen lässt.

Eine Konsultation besteht aus zwei Phasen. Zunächst werden statistische Daten zu allen wichtigen außenwirtschaftlichen und stabilitätspolitischen Größen gesammelt (Phase 1), die dann im Rahmen einer Erörterung mit wichtigen Vertretern der Regierung erläutert werden (Phase 2). Nach Abschluss der Konsultation wird von den IWF Mitarbeitern ein Bericht verfasst, welcher nachfolgend dem Exekutivdirektorium übergeben wird, der über die Wirtschaftsleistung eines Landes abschließend entscheidet. Diesbezügliche Vorschläge zur Stärkung verbesserungswürdiger Wirtschaftsbereiche werden der Regierung des überprüften Mitgliedslandes zugestellt. Der IWF darf dabei allerdings keinen Zwang in Bezug auf die Erfüllung von währungspolitischen Verpflichtungen ausüben, wird aber Druck in der Form ausüben, dass eine dauerhafte Missachtung von Verpflichtungen zu einem Entzug der Berechtigung zur Kreditaufnahme führt. Des Weiteren kann der Währungsfonds die Aufforderung zum Verlassen des IWF aussprechen.

Länder, die großen Einfluss auf das weltwirtschaftliche Geschehen haben, werden in kleineren zeitlichen Abständen und besonders tiefgehend überprüft, da der Einfluss der Wirtschaftspolitik eines großen Landes die wirtschaftliche Stabilität vieler Länder oder sogar der Weltwirtschaft gefährden kann.

Die Ergebnisse der Konsultationen werden bei Zustimmung des betreffenden Mitglieds publiziert. Halbjährlich wird die weltwirtschaftliche Lage im World Economic Outlook des IWF veröffentlicht. Die Bundesbank bemerkt hierzu, dass „Transparenz ... die Effizienz der Märkte [erhöht]“22. Dies ist auch unmittelbar nachvollziehbar, da Marktversagen aufgrund asymmetrischer Informationen so unterbunden werden kann. Die Einwilligung zur Veröffentlichung kann meines Erachtens als „Signaling“ interpretiert werden. In kurzen Worten bezeichnet „Signaling“ im ordnungspolitischen Sinne, dass es für die gut informierte Marktseite (z.B. Land, das um ausländische Investitionen bemüht ist), nutzensteigernd sein kann, der anderen Markseite (z.B. potentieller ausländischer Investor) glaubwürdige Informationen über die gebotene Qualität bereitzustellen. Unterbliebe die Bereitstellung der Informationen, so wäre damit zu rechnen, dass zumindest ein Teil der Transaktionen nicht zustande kommt23.

b) Finanzierungsrolle bei Zahlungsbilanzproblemen eines Mitgliedslandes

„...[D]er Fonds [ist] in erster Linie eine Überwachungsinstitution Dennoch ist seine finanzielle Funktion von großer Bedeutung“24. Gemäß diesem Zitat aus einer IWF Publikation nimmt die Finanzierungsfunktion des IWF den zweiten Rang in den Prioritäten der Aufgaben ein.

In Aktion treten sollte der Fonds vor allem bei kurzfristigen Zahlungsbilanzschwierigkeiten eines Mitgliedslandes. Ein Zahlungsbilanzproblem liegt dann vor, wenn ein Land nicht mehr in der Lage ist, seine Importe mit Devisen zu bezahlen. Das Land ist mit anderen Worten gegenüber dem Ausland verschuldet, da es in diesem Fall weniger exportiert (wofür es Devisen erhält) als es importiert (wofür es Devisen hergeben muss). Die Konsequenzen einer solchen ungesunden Zahlungsbilanzentwicklung sind Kaufkraftverluste der eigenen Währung sowie eine Reduktion der Importe aus dem Ausland. Um diese Folgen, die mit hohen Wohlstandsverlusten einhergehen können, zu vermeiden, kann ein Land vom IWF Devisen zur Überbrückung des eigenen Mangels an fremden Währungen leihen.

Diese Zahlungsbilanzhilfen sind zu untergliedern in Kreditfazilitäten und konzessionäre Zahlungsbilanzhilfen.

Erstgenannte lassen sich wiederum in zwei Arten untergliedern, die Tranchenpolitik sowie Sonderfazilitäten. In vier Teilbeträgen zu je 25 v.H. seiner Quote kann ein Land vier Kredittranchen beim IWF im Rahmen der Tranchenpolitik aufnehmen. Es ist aber auch möglich, das Dreifache der eigenen Quote für einen Zeitraum von maximal drei Jahren aufzunehmen (sog. Erweiterte Fondsfazilität), wenn es sich um sehr hartnäckige Strukturverzerrungen handelt. Die Auszahlung macht der IWF grundsätzlich von seiner Einschätzung der Intensität der Anpassungsanstrengungen sowie der voraussichtlichen Rückzahlungsfähigkeit des Schuldners abhängig. Daneben gibt es noch weitere Hilfsmöglichkeiten, z.B. die Notstandshilfe bei Naturkatastrophen sowie die Unterstützung von sogenannten Post-Conflict-Countries und den Finanzierungsmechanismus für Krisenfälle, die der Tranchenpolitik zuzuordnen sind. Besonders erwähnenswert ist die Unterstützung durch den 1995 ins Leben gerufenen Währungsstabilisierungsfonds, der erstmals in der Folge der Tequila-Krise von 1995 in Aktion trat. Hier geht es um Unterstützungen für den Fall hoher Inflationsraten, wobei ein striktes gesamtwirtschaftliches Anpassungsprogramm zur Senkung der Inflation für diese ergänzende Kreditbereitstellung vorausgesetzt wird.

Sonderfazilitäten kommen hingegen zur Anwendung, wenn ein Land unerwartet und unverschuldet von außenwirtschaftlichen Belastungen getroffen wird. Alle im Rahmen der Tranchenpolitik bereitgestellten Mittel werden zum Marktzinssatz verzinst.25

Konzessionäre Zahlungsbilanzhilfen sind im wesentlichen Kredite im Rahmen der sogenannten Strukturanpassungsfazilität an Low-Income-Countries zu besonders günstigen Bedingungen. Im Rahmen dieser Finanzierungsmöglichkeit erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit der Weltbank. Die Finanzmittel werden hier freiwillig und unter Verzicht auf Zahlung eines Marktzinssatzes von Mitgliedern des IWF bereitgestellt.

Um einen Eindruck vom gesamten Finanzierungsvolumen der vom IWF herausgegebenen Kredite zu vermitteln, soll Anlage 3 dienen. Die ausstehenden Kredite des IWF sind seit 1960 bis zur Asienkrise Ende der Neunziger Jahre stark angestiegen sind. Die Bedeutung der Industrieländer als Kreditnehmer spielt seit Beginn der 80er Jahre kaum noch eine Rolle. Festzustellen ist darüber hinaus, dass seit Beginn der neunziger Jahre die sogenannten Transformationsländer26 Schuldner waren.

Anlage 4 gibt einen Überblick über die bisher größten Kredite des IWF. Deutlich erkennbar ist, dass besonders hohe Kreditzusagen im Zuge der Finanzkrisen in Mexiko 1994-95, Südostasien 1997-98 und Russland 1996 gemacht wurden.

c) Dienstleistungen, technische Hilfe und Ausbildung

Dieser Aspekt umfasst ein ebenfalls bedeutendes Tätigkeitsfeld des IWF. Wie schon erwähnt, publiziert der IWF ein breites Spektrum von Veröffentlichungen. Von großer Bedeutung ist das International Financial Statistics Yearbook sowie der World Economic Outlook. Auf die ordnungspolitische Funktion solcher Organe ist bereits eingegangen worden (s.o.).

In zahlreichen Mitgliedsländern ist das ökonomische know-how, was unabdingbar für die Durchführung einer soliden Währungspolitik ist, nicht vorhanden. Zu diesem Zweck hält der IWF einen Stamm zahlreicher Sachverständiger vor, die den Mitgliedern bei Bedarf beratend zur Seite stehen. Des Weiteren verfügt der IWF insbesondere am Standort Washington sowie in Wien über Ausbildungszentren für ökonomische relevante Themenstellungen.

5. Exkurs: Die Weltbankgruppe

Der Vollständigkeit halber scheint es angebracht, auch auf die zweite Bretton-Woods Institution, die Weltbank, kurz einzugehen. Ziel der vier unter dem Dach der Weltbankgruppe vereinten Institutionen ist es, die wirtschaftliche Entwicklung in Low-Income-Countries zu verbessern. Die Förderung von Entwicklungsprojekten mittels finanzieller und technischer Hilfe steht hier im Vordergrund der Aktivitäten. Die Aufgabenstellungen von IWF und Weltbank sind eigentlich komplementär, wobei es in der Praxis gerade in jüngerer Zeit partiell zu Überschneidungen der Aufgaben bis hin zu ineffizientem Konkurrenzdenken gekommen ist27. Dies ist meines Erachtens wenig verwunderlich, wenn man beispielsweise die oben beschriebene Strukturanpassungsfazilität des IWF betrachtet. Diese könnte man ebenso gut dem Aufgabenbereich der Weltbank zuordnen.

Die Bundesbank kommentiert dies in folgender Weise kritisch: „...die Rolle der Bretton-Woods-Institutionen in einer globalisierten Weltwirtschaft [ist] umfassend zu überdenken ...“28. Die Vorschläge gehen gegenwärtig von einer Zusammenlegung bis hin zu einer Neudefinition der Aufgabenstellungen von IWF und Weltbank.

6. Zwischenbemerkung

Die vorangegangene Darstellung basiert primär auf einer theoretischen Sichtweise der Rolle des IWF. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass hier nur die wichtigsten Punkte erörtert werden konnten. Wie der IWF in der Praxis agiert, soll der zweite Teil der Arbeit anhand des Beispiels der Asienkrise zeigen. Es schließen sich daran Bemerkungen zur Rolle des IWF in einem veränderten weltwirtschaftlichen Umfeld der Gegenwart an.

III. Die Asienkrise und die Maßnahmen des IWF

1. Die Asienkrise: Ursachen und Verlauf - ein Überblick

29 In den frühen achtziger Jahren waren die Märkte Thailands, Koreas, Indonesiens, Malaysias sowie den Philippinen durch hohes Wachstum und niedrige Inflationsraten, durch ausgeglichene öffentliche Haushalte und überdurchschnittliche Investitionsraten gekennzeichnet. Die Entwicklungen auf diesen „emerging markets“ wurden oft auch als das „ostasiatische Wunder“ bezeichnet. Dies galt bis etwa 1996. Ab 1990 kam es zu einem heftigen Zufluss ausländischem Kapitals, das zu hohen Anteilen im Immobiliensektor relativ risikoreich investiert wurde. Eine zusätzliche Ausweitung vorrangig kurzfristiger Kredite aus dem Ausland an den privaten Sektor nahm, verglichen mit dem Wachstum des BIP, ökonomisch ungesunde Größen an. Die so aufgebrachten Gelder wurden ebenfalls in riskante langfristige Vermögenswerte investiert. Wenn die Gläubiger kurzfristiger Kredite ihre in langfristiges, also illiquides Vermögen gebundenen Gelder zurückfordern, sind Insolvenzprobleme die logische Konsequenz.

Das Voranschreiten der Entwicklungen wurde nicht zuletzt durch die Bindung des ostasiatischen Währungen an den US-Dollar nachhaltig beeinflusst. Ausländische Investoren befürchteten bei dieser Situation keine Risiken durch Wechselkursänderungen. Die lokale Notenbank kann den festen Wechselkurs nur über Interventionen am Devisenmarkt, also durch An- und Verkauf Ihrer Währungsreserven fest pflocken, was letztlich voraussetzt, dass bei hohen Kapitalexporten ausreichend Devisenreserven hierfür zur Verfügung stehen. Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass die Globalisierung insbesondere die Geschehnisse auf den Finanzmärkten beeinflusst. In einer Autarkiesituation wird steigende Kapitalnachfrage durch eine die Nachfrage dämpfende Erhöhung der Zinsen ausgeglichen, da die Investitionen nur so hoch wie die Ersparnisse sein können. Bei liberalisierten Finanzmärkten, kann ein Land jedoch auf die Ersparnisse anderer Länder bei konstanten Zinssatz zurückgreifen30. Es kann in dieser Situation deshalb dazu kommen, dass zu viel investiert wird. Das Funktionieren des Marktmechanismus wird diesbezüglich außer Kraft gesetzt.

Im Frühjahr 1997, nach einer Phase sogenannter Überhitzung (beispielweise im Immobiliensektor31 ) und gleichzeitig hoher kurzfristiger Auslandsverschuldung „platze die Seifenblase“ und es kam zu Abwertungen des überbewerteten thailändischen Bath, verursacht durch heftige weltweite Devisenspekulationen, die die thailändische Notenbank wegen begrenzter Reserven nicht mehr ausgleichen konnte. Es setzte sich ein kumulativer Prozess in Gang: Auf die ersten Abwertungen des Baht reagierten die ausländischen Investoren mit Abzug ihres Kapitals, was die Nachfrage nach Devisen im Inland weiter erhöhte und letztlich zu einer Abwertungsspirale führte. Ausländische Banken vermieden Neuengagements von Krediten in der Region, was den Wechselkurs wiederum weiter in die Höhe trieb. Bereits im Sommer desselben Jahres war die Krise auf die anderen Tigerstaaten übergesprungen. Ursächlich hierfür war die weitreichende Verunsicherungen auf den internationalen Finanzmärkten, da man in den Nachbarländern eine ähnliche Entwicklung wie in Thailand erwartete. Des Weiteren hatte der thailändische Bath zu einem Zeitpunkt stark abgewertet, als die übrigen südostasiatischen Länder noch die festen Dollarparitäten durchzuhalten versuchten. Thailand war gegenüber seiner Konkurrenten in der Lage, Exporte preiswerter anzubieten und somit konkurrenzfähiger.

Mitte 1997 befanden sich die Länder in einer Situation fortwährender Abwertungen32, (sogenannten Abwertungswettläufen zur Sicherstellung ihrer Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den anderen Tigerstaaten), Zahlungsunfähigkeit und Kapitalabfluss. Das Vertrauen in die makroökonomische Solidität der Länder war stark erschüttert, die Kreditwürdigkeit auf niedrigstem Niveau.33

2. Die Hilfen des IWF und deren Beurteilung

Die im August 1997 angelaufenen Finanzierungsprogramme des IWF umfassten ca. 35 Mrd. US Dollar zum Zwecke der Anpassungs- und Reformprogramme für Indonesien, Korea sowie Thailand. Weitere etwa 85 Mrd. US Dollar „wurden von anderen multilateralen und bilateralen Quellen“34 bereitgestellt.

Der IWF knüpfte die Kreditvergabe an die Umsetzung diverser makroökonomischer Maßnahmen sowie an Strukturreformen insbesondere im Finanzsektor. Verlangt wurde beispielsweise eine restriktive Fiskalpolitik35 sowie die Senkung der Inflationsraten. Die Reformen im Finanzsektor wirkten insbesondere auf die Schließung insolventer Finanzinstitute sowie auf eine an internationalen Standards orientierte Aufsicht und Regulierung des Finanzmarktes hin.

Die in Zusammenhang mit der Auszahlung von den betroffenen Ländern gemachten Reformzusagen galten schon damals als eher vage, während die Zahlungsbilanzprobleme keinesfalls als kurzfristig bezeichnet werden konnten.36

In der Literatur wird das Maßnahmenpaket des IWF von den meisten Ökonomen als „therapeutischer Overkill“37 beurteilt.

Einerseits sei die restriktive Politik hinsichtlich der Staatsausgaben und der Inflationsraten verfehlt gewesen, da andere Bereiche38 Auslöser für die krisenhafte Entwicklung waren. Man kann die diesbezüglich vom IWF verordnete Politik sogar als krisenverschlimmernd bezeichnen, da eine antizyklische Fiskalpolitik eher positive Auswirkungen gehabt hätte. Der IWF begründete seine Maßnahmen damit, dass „Vertrauen wiederhergestellt und die Abwärtsspirale bei den Wechselkursen gestoppt werden sollte39. Wie Anlage 7 zeigt, wurde letzteres nicht erreicht. Die Auflage, dass insolvente Finanzinstitute unverzüglich zu schließen seien, wird als weiterer Kritikpunkt an der Politik des IWF gesehen. Während einer Krise Bankenschließungen durchzuführen, führt zu neuen Schockwellen und verstärkt die Krise ebenfalls40.

Dem IWF wird darüber hinaus oft vorgeworfen, die Krise an sich zu verursacht oder großen Anteil daran gehabt zu haben. Die Gläubiger haben ein höheres Risiko bei der Kreditvergabe nur deshalb auf sich genommen, weil sie durch die Kreditvergabepraxis des IWF in anderen Krisen antizipieren konnten, dass der IWF im Falle von Zahlungsschwierigkeiten hohe Kredite bereitstellen wird. Dieser „bail- out“ des Privatsektors ist ein Widerspruch zum marktwirtschaftlichen Prinzip, wonach Investoren Gewinnchancen realisieren und Verlustrisiken tragen sollen. Risikoreicheres Verhalten der Gläubiger bzw. Investoren ist die Folge, wenn Verluste sozialisiert werden. Die Deutsche Bundesbank meint hierzu, dass der IWF „nicht die Funktion eines „lenders of last resort“ wahrnehmen“41 soll. Viel wichtiger sei hingegen das Prinzip der katalytischen Finanzierung, womit ein „bail-in“ des Privatsektors und entsprechend ein „bail-out“ der internationalen Gemeinschaft gemeint ist, um die Anreizstrukturen nicht zu verzerren und diesen sogenannten moral hazard nicht zu verursachen.42

Zusammenfassend kann hier behauptet werden, dass der IWF die Krise durch sein Eingreifen nicht gelindert, sondern möglicherweise sogar verstärkt hat. Aus diesem Grunde sind gerade in jüngerer Zeit Vorschläge zur Reform der Bretton-Woods Institutionen gemacht worden, was im folgenden Abschnitt kurz beleuchtet werden soll.

3. Muss der IWF reformiert werden ?

Das weltwirtschaftliche Umfeld hat sich insbesondere in den letzten Jahren nachhaltig verändert. Finanz- und Währungskrisen im Ausmaß der Asienkrise sind Phänomene, die es bis vor wenigen Jahren nicht gegeben hat. Als Folge derartiger Entwicklungen ändert sich auch das Tätigkeitsfeld der Bretton-Woods Institutionen. Diskutiert werden heute zahlreiche Reformmöglichkeiten, die von der Abschaffung über eine Fusion bis hin zur Neudefinition der Aufgaben reichen. Insbesondere wird verlangt, dass sich der IWF auf seine Kernkompetenzen zurückbesinnt und seine Finanzierungsaufgaben auf „kurzfristige und marktgerecht verzinste Liquiditätshilfen“43 beschränkt. Für Siebert44 steht die Verbesserung der vorhandenen Instrumente sowie die Lösung des moral-hazard-Problems im Zentrum der Reformbemühungen. Insbesondere durch intensivere Bankenaufsicht, durch mehr Transparenz und Überwachung (surveillance) und damit in Verbindung stehende Konzentration auf Prevention sollen zukünftige Krisen vermieden werden. Tendenziell in diese Richtung gehen auch die Vorschläge der Deutschen Bundesbank45 zur Rolle des IWF in einem veränderten weltwirtschaftlichen Umfeld. Neben dem Prinzip der katalytischen Finanzierung steht auch hier die Stärkung der Überwachungs- und Beratungsfunktion im Vordergrund der Vorschläge. Die Abschaffung der Bretton- Woods Institutionen lehnt die Bundesbank ab, da es ihrer Ansicht nach „in einer zunehmend von marktwirtschaftlichen Prinzipien geprägten Weltwirtschaft ... elementare Aufgaben [für sie gibt]46. Des Weiteren erscheine eine Zusammenlegung des IMF und der Weltbank nicht zweckmäßig, da eine „Verwischung von monetären und entwicklungspolitischen Aufgaben“47 ordnungspolitisch nicht wünschenswert sei. Insgesamt wird sich in den nächsten Jahren zeigen, wie und ob sich der IWF an die veränderten Aufgaben anpassen wird. Das endgültige Verhalten des IWF in der Argentinienkrise wird sicherlich schon ersten Aufschluss darüber geben können.

IV. Exkurs: Insolvenzverfahren für

hochverschuldete Staaten

In Teil III dieser Arbeit ist gezeigt worden, dass die von der Asienkrise betroffenen Länder letztlich aufgrund Ihrer Zahlungsbilanzschwierigkeiten verschuldet waren. Im privaten Sektor wird im Falle einer Überschuldung das Insolvenzrecht angewendet. Es ist nun zu fragen, ob ein internationales Insolvenzrechts auch bei Zahlungsunfähigkeit souveräner Schuldner, also ganzer Länder oder Regionen, angewendet werden sollte.

Im Jahre 1996 wurde die HIPC48 -Initiative des IMF und der Weltbank auf den Weg gebracht. Zugrunde lag die Erkenntnis, dass die Schulden einiger Länder mit besonders niedrigem Einkommen gegenüber multilateralen und öffentlichen bilateralen Gläubigern kaum noch tragfähig sind.

Die gegenwärtig gültige erweiterte HIPC-Initiative lässt sich in folgender Weise kurz skizzieren: Ein besonders hochverschuldetes Land hat zunächst in einer dreijährigen Phase nachzuweisen, dass die von ihm verfolgte Wirtschaftspolitik solide ist und Armutsbekämpfung verfolgt. Daran anschließend erreicht das Land den Entscheidungszeitpunkt, wo bestimmt wird, welche Schuldenhöhe für das entsprechende Land maximal tragfähig ist. Gläubiger müssen der Schuldenerleichterung zu diesem Zeitpunkt zustimmen.

Nachdem der Schuldner wiederum bewiesen hat, dass er eine solide Wirtschaftspolitik im Sinne der Armutsbekämpfung und Entschuldung durchgeführt hat, wird der sogenannte gleitende Abschlusspunkt erreicht. Dies ist der Zeitpunkt, an dem die Schuldenreduzierung auf ein tragfähiges Maß erfolgt, wobei auch private Gläubiger einbezogen sind.49

Heute haben mehr als 40 Länder, zumeist vom afrikanischen Kontinent, den Status eines HIPC, während vor etwa einem Jahr nur die Hälfte zu dieser Gruppe gehörte. Damit lässt sich die Bemühung der internationalen Gemeinschaft erkennen, die Entschuldung der ärmsten Länder voranzutreiben. Würden solche Maßnahmen nicht durchgeführt, so wäre in diesen Ländern das ohnehin schon geringe Wirtschaftswachstum und damit auch die Versuche der Armutsbekämpfung vor Ort in Frage gestellt, was nicht im Sinne der multilateralen Institutionen und der Industrieländer sein kann.

Auf die zukünftige Kreditvergabepraxis dürfte das internationale Insolvenzrecht somit entscheidenden Einfluss haben. Durch die Einbeziehung des privaten Sektors wird erreicht, dass die Verluste kommerzieller Gläubiger nicht mehr vollständig sozialisiert werden. Die Kreditvergabepolitik wird sich dann an den Risiken der jeweiligen Engagements orientieren, was zu höherer Effizienz führt.

V. Fazit

Mehr als 50 Jahre nach der Gründung erscheint die Aufgabenstellung des IWF in einer globalisierten Welt mit liberalisierten Finanzmärkten aktueller denn je. Damit einhergegangen ist, zumindest was die Praxis anbetrifft, eine kaum unübersehbare Änderung der Rolle des IWF. Dass sich die Theorie nicht vollständig mit der Praxis decken kann, ist daher nicht verwunderlich.

Wenn man allein die Überwachungsfunktion des IWF betrachtet, so stellt sich hier die Frage, weshalb es überhaupt zu Währungs- und Verschuldungskrisen kommen kann. Theoretisch dient die Überwachung gerade dazu, solche Ungleichgewichte frühzeitig zu erkennen und dann schon im Keim zu ersticken. Ökonomen sind sich bei der Bewertung dieses Punktes der Asienkrise aber einig: Die Krise war nicht vorauszusehen.

Von herausragender Bedeutung ist es deshalb, dass diese Organisation, wie es auch für andere multilaterale Organisationen gilt, den Anforderungen der Gegenwart gerecht wird. Genau dies scheint momentan in vollem Gange zu sein. Meines Erachtens müssten die Hauptanliegen für die Zukunft folgende zwei sein: Einerseits muss, beispielsweise durch ein ausgefeiltes Frühwarnsystem, vermieden werden, dass es überhaupt zu derartig schweren Krise kommt, die eine ganze Region in ihrem Wachstum um Jahre zurückwirft.

Des Weiteren ist von eminenter Wichtigkeit festzulegen, welche Maßnahmen ergriffen werden, wenn es denn zu einer solchen Währungskrise gekommen ist. Der asiatische Fall hat gezeigt, dass der IWF den betroffenen Ländern gegen vage Reformzusagen milliardenschwere Kreditpakete ausgezahlt hat. Momentan verhält sich der IWF anders. Erst wenn die gegenwärtig bestehenden Zweifel am Reformwillen Argentiniens ausgeräumt sind, wird der Weg für Finanzhilfen geebnet. Ob dies der richtige Weg ist, wird vermutlich erst in einigen Monaten abschließend zu beurteilen sein.

Auch bei schärfster Kritik muss man berücksichtigen „Der IWF ist nicht der liebe Gott, der alles weiß“50, zumal in Krisensituationen vom IWF verlangt wird, schnell zu handeln. Die Kritik entsteht hingegen meist Jahre später, wenn die Folgen der Maßnahmen für alle erkennbar sind.

Es bleiben weitere kritische Fragen: Mit welcher Berechtigung greift die Internationale Gemeinschaft in die Wirtschaftspolitiken verschiedener Länder ein ? Welche Auswirkungen haben die vom IWF an bestimmte Kredite geknüpfte Bedingungen für die soziale Lage im Land ? Werden soziale Disparitäten innerhalb der Länder durch die Politik des IWF geschürt ? Sind die Handlungen des IWF möglicherweise durch die Interessen der einflussreichsten Ländern motiviert ? Kann es überhaupt ein internationales Insolvenzrecht geben und ist es zulässig, ein souveränes Land, ähnlich einem privaten Schuldner, für bankrott zu erklären ? Steigert oder vermindert das Verhalten des IWF tatsächlich die Effizienz auf den Märkten ?

All diese Fragen lassen sich kaum abschließend beantworten und mögen deshalb Anlass zu einer fruchtbaren Diskussion sein.

[...]


1 Im Jahr 1914 kostete eine Unze Gold in den Vereinigten Staaten 35 US-$, wohingegen der Preis in Deutschland 147 Reichsmark betrug. Der Wechselkurs (RM/$) betrug also 4,20. Vgl. Van Suntum, U. (1999), S.
205

2 Eine Abwertung des Pfundes bedeutet, dass der Wechselkurs (Pfund /$) steigt. Das Pfund hat im Fall des Goldstandards demzufolge einen niedrigeren Wert pro Unze Gold

3 Der Außenbeitrag ist die Differenz aus Exportwert und Importwert

4 Zu den Funktionen des Geldes vgl. Jarchow, H. (1998), S. 1-3

5 Jarchow, H./Rühmann, P. (1997), S. 108

6 Vgl. IMF (Hrsg.): „Der IWF auf einen Blick“

7 Kuba, Nord-Korea, Taiwan sind keine Mitglieder des IWF, vgl. Deutsche Bundesbank (1997), S. 15 (Fußnote)

8 In der Regel ist dies der Finanzminister oder der Notenbankchef eines jeden Landes. Deutschland wird durch den Präsidenten der Deutschen Bundesbank vertreten.

9 Deutsche Bundesbank (1997), S. 15

10 Momentan sind dies USA, Japan, Deutschland, Vereinigtes Königreich und Frankreich

11 Driscoll (1998), S.10

12 z.B. BIP, Währungsreserven, Wohlstand

13 SZR ist die Buchführungs- und Rechnungseinheit des IWF. Am 24.04.02 galt: 1 SZR = 1.26012 $ Die Berechnung mittels der Standardkorbtechnik ist anhand der Anlage 1 nachzuvollziehen

14 Eine genauere Betrachtung von Quoten, Quotenerhöhungen und SZR s.u.

15 Jarchow, H.-J/Rühmann, P. (1997), S. 178

16 diese Zahlungen erfolgen in sog. Reserveaktiva, das sind SZR oder vom Fonds festgelegte Währungen

17 siehe Anlage 1

18 auszugsweise nachzulesen in: Ferber, M., Winkelmann, G. (1985), S. 119-132

19 IMF (Hrsg.): „Der IWF auf einen Blick“

20 Deutsche Bundesbank (1997), S. 24

21 bezeichnet die mexikanische Finanzkrise

22 Deutsche Bundesbank (2000), S. 23

23 die Problematik asymmetrischer Informationen kann nachgelesen werden bei Fritsch, M./Wein, T./Ewers, H.J., (1999) S. 262 - 300

24 Driscoll (1998), S.18

25 das Verfahren zur Berechnung des Zinssatzes kann anhand der Anlage 2 nachvollzogen werden

26 Transformationsländer sind Länder, die sich gegenwärtig in einer Phase der Überführung ihres Wirtschaftssystems z.B. von der Zentralverwaltungs- zur Marktwirtschaft befinden

27 Vgl. Deutsche Bundesbank (2000), S. 22

28 Deutsche Bundesbank (2000), S. 22

29 Anlage 5 enthält eine Zeittafel zum Verlauf der Asienkrise

30 Vgl. Hesse, H./Auria, L. (1998), S. 2

31 charakterisiert durch hohe Leerstände und stark sinkende Immobilienpreise, siehe Anlage 6

32 siehe Anlage 7

33 Vgl. IWF (Hrsg.): „Erholung von der Asienkrise und die Rolle des IWF“

34 IWF (Hrsg.): „Erholung von der Asienkrise und die Rolle des IWF“

35 d.h. die Staatsausgaben waren zu senken

36 Wie oben gezeigt (II.4 b) rechtfertigen nur kurzfristige Zahlungsbilanzprobleme ein Eingreifen des IWF

37 Nunnenkamp, P. (1998), S. 32

38 z.B. die Leistungsbilanzentwicklung

39 Nunnenkamp, P. (1998), S. 33

40 es sind dann auch solche Banken von Schließungen betroffen, deren Kreditvergabe vorsichtig erfolgt, die aber aufgrund der Paniksituation von der Krise betroffen sind; was nicht wünschenswert ist.

41 Deutsche Bundesbank, 2000, S. 26

42 Ausführlich bei Deutsche Bundesbank (2000), S.24 - 28

43 Diehl, M./Nunnenkamp, P. (2001), S. 11

44 Siebert, H. (1998)

45 Deutsche Bundesbank (2000)

46 Deutsche Bundesbank (2000), S. 22

47 Deutsche Bundesbank (2000), S. 22

48 Heavily Indebted Poor Countries

49 ausführlich kann das Verfahren nachgelesen werden in: IWF: Jahresbericht 2001, S. 56 ff.

50 Horst Köhler in: Der Spiegel, 14/2000

Final del extracto de 20 páginas

Detalles

Título
Die Funktion des IWF
Universidad
University of Göttingen
Calificación
1,3
Autor
Año
2002
Páginas
20
No. de catálogo
V106945
ISBN (Ebook)
9783640052202
Tamaño de fichero
452 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Funktion
Citar trabajo
Torsten Bleich (Autor), 2002, Die Funktion des IWF, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106945

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