Gliederung
0 EINLEITUNG
1 WAS BEDEUTET LESEN- UND SCHREIBENLERNEN?
1.1 Das Entwicklungsmodell des Lesen- und Schreibenlernens
1.1.1 Zur Entwicklung des Schreibens
1.1.2 Zur Entwicklung des Lesens
2 VERSCHIEDENE METHODEN DES LESENLERNENS
3 SPRACHERFAHRUNGSANSATZ NACH BRÜGELMANN
3.1 Zielsetzungen und Zugriffsweisen
3.2 Die „didaktische Landkarte“
4 LERNSCHWIERIGKEITEN BEIM SCHRIFTSPRACHERWERB
4.1 Hörbare Sprachstörungen
4.2 Nichthörbare Sprachstörungen
4.3 Verzögerte Lernentwicklung
4.4 Ungünstiges Problemlöseverhalten
4.5 Mangelnde Anpassung von Seiten der Schule
5 FÖRDERMÖGLICHKEITEN
5.1 Verschiedene Möglichkeiten der Schriftsprachvermittlung
6 SCHLUSSWORT
7 LITERATURANGABEN
0 Einleitung
In Anlehnung an das Seminar „Probleme des Lesen- und Schreibenlernens“ wurde ich aufmerksam und wollte mich einmal im Rahmen einer Hausarbeit mit dieser Thematik beschäftigen.
Im Hinblick auf meinen zukünftigen Beruf als Lehrerin bin ich der Meinung, dass es wichtig ist, zu wissen, wie der Lese- und Schreibprozess vonstatten geht. Vor allen Dinge sollte man wissen, wie ich einem Kind mit Problemen helfen kann, dass es wieder motiviert ist und mehr lernen möchte.
So habe ich erst einige Anmerkungen zum Lesen- und Schreibenlernen allgemein vorgenommen, um dann die verschiedenen Methoden des Lesenlernens zu beleuchten. Im Anschluss daran wird exemplarisch der Spracherfahrungsansatz als eine Methode des Lesen- und Schreibenlernens dargestellt. Zudem ist der Spracherfahrungsansatz nach Brügelmann, der individuell auf die Erfahrungen und Fähigkeiten des Kindes eingeht, eine sehr sinnvolle Alternative zu den Fiebellehrgängen, die noch heute starke Präsenz in den Schulen haben.
Weiterhin wird auf die Lernschwierigkeiten beim Schriftspracherwerb eingegangen und im Anschluss daran, werden Fördermöglichkeiten dargestellt.
1 Was bedeutet Lesen- und Schreibenlernen?
Der Schriftspracherwerb ist ein Teil des Spracherwerbs und hat eine besondere Beziehung zur Lautsprache, da sie von ihr abgeleitet ist. Um die gesprochene Sprache in die Schriftform umsetzen zu können und umgekehrt, muss das Kind bestimmte Charakteristika der mündlichen Sprache erkennen und Unterschiede zwischen Laut- und Schriftsprache reflektieren können. Dabei wird bei dem Kind die sprachlich-kognitive Fähigkeit vorausgesetzt.1
Im Gegensatz zur Lautsprache wird bei der Schriftsprache die Kommunikation mit anderen Partner ausgeschlossen, da man keinen konkreten Gesprächspartner vor Augen hat. Somit wird eine andere Einstellung zur Situation gefordert. Eine weitere Besonderheit stellt das Fehlen von außersprachlichen Kommunikationsmitteln wie Mimik, Gestik bei der Schriftsprache dar. Um dennoch verständlich zu sein, müssen Sachverhalte expliziter verschriftlicht werden. Zudem muss bei der Schriftsprache mehr auf grammatische und semantische Formen geachtet werden als dies bei der Lautsprache üblich ist. Beim Erwerb der Schriftsprache müssen die Lautformen der Wörter bewusst gemacht werden, hingegen in der mündlichen Sprache ein Wort automatisch ausgesprochen wird.2
1.1 Das Entwicklungsmodell des Lesen- und Schreibenlernens
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten3
1.1.1 Zur Entwicklung des Schreibens
Die erste Stufe des Schreibenlernens beinhaltet das Kritzeln, welches auf Nachahmung beruht. Diese Gebilde bedeuten für jedes Kind unterschiedliche Dinge und zudem werden motorische Grundfertigkeiten und die Auge-Hand- Koordination gefördert.
Die nächst höhere Stufe der Schreibentwicklung ist das Erkennen von Graphem und Graphemreihen an Hand von figurativen Merkmalen, d.h. die Kinder malen Buchstabenreihen. In diesen ersten Schreibversuchen entwickeln Kinder eine eigene Ideen- oder Bilderschrift mit bekannten Graphemen.
In der Stufe des Schreibens von Lautelementen erkennen die Kinder eine Beziehung zwischen Graphemen und Phonemen. Sie lernen von der gegenständlichen Bedeutung zu abstrahieren und sich auf die lautliche Seite der Sprache einzulassen, sie entwickeln also eine phonetische Strategie. Auf der weiteren Stufe setzen sie sich auch mit dem Wortkonzept auseinander, indem sie eine Mischung aus phonetischer Schreibweise und der Verwendung orthographischer Muster einbeziehen. Sie erkennen die Auslautverhärtung anhand von Beispielen und übertragen sie später auf andere Wörter, wobei es auch zu Übergeneralisierungen kommen kann. So lernen Kinder über einen längeren Zeitraum hinweg, sich den normgerechten Schreibweisen anzunähern und entfalten orthographische Kenntnisse.4
1.1.2 Zur Entwicklung des Lesens
Schon vor Schuleintritt ahmen einige Vorschulkinder das Lesen nach. Bei diesem „ Als-ob-Vorlesen “ erfinden die Kinder Geschichten und betonen diese, als ob sie sie vorlesen würden.
Beim Erraten von W ö rtern haben Kinder noch keine Einsicht in die GraphemPhonem-Beziehungen der Schrift. Die Kinder orientieren sich meist an markanten Merkmalen wie z.B. dem <x> in „Taxi“ und würden das Wort „Metaxa“ auch als das Wort „Taxi“ entziffern, da sie sich das <x> gemerkt haben.
Beim Benennen von Lautelementen orientiert sich das Kind überwiegend an den
Anfangsgraphemen. Diese erste Graphem-Phonem-Korrespondenz ist zur Unterscheidung wenig vertrauter Wörter, die aber noch nicht gelesen werden. Beim Buchstaben erlesen werden schrittweise Grapheme in Phoneme übersetzt und synthetisiert. Da dieses für Kinder sehr aufwändig ist, wird die Bedeutung nur selten entschlüsselt.
Das fortgeschrittene Lesen entwickelt sich durch das wiederholte Erkennen bestimmter Graphemgruppen, die als Einheiten erkannt werden. Größere funktionelle Einheiten wie mehrgliedrige Grapheme wie das <sch> oder häufige Endungen wie <en> werden sofort erkannt und brauchen nicht mehr synthetisiert werden.
Während der Stufe des automatisierten Worterkennens und der Hypothesenbildung kann das Kind seine Aufmerksamkeit auf den Inhalt richten.5
2 Verschiedene Methoden des Lesenlernen
Es kann unterschieden werden zwischen den synthetisch-einzelheitlichen, ganzheitlich-analytischen und methodenintegrierten Ansätzen.
Bei der ganzheitlichen Methode geht man davon aus, dass Lesen Sinnentnahme ist und sich auf Wörter und Sätze bezieht. Die Kinder lernen ganze Wörter auswendig, speichern diese und können sie wiedererkennen. Im nächsten Schritt wird analytisch gearbeitet und aus dem Wort werden Laute ausgegliedert. Diese Methode ist sehr umstritten, da das zentrale Prinzip der Buchstabenschrift, die Graphem-Phonem- Zuordnung, erst spät deutlich wird.
Das synthetische Verfahren zum Lesenlernen geht von einer Buchstaben-Laut- Schrift aus. Um diese Schrift lesen zu können, benötigt man Kenntnis über die Laut- Phonem-Zuordnung. Die präzise Zuordnung von Lauten und Buchstaben sowie das Synthetisieren der Phoneme und Grapheme zu Silben oder kurzen Wörtern ist
Hauptbestandteil der Methode. Nachteilig an dieser Methode ist, dass die Kinder anfangs nur wenig sinnvolle Worterfahrungen machen.6 Das synthetische und das analytische Verfahren überbetonen zu Beginn der Lehrgänge nur eine Aktivität des Lesens, nämlich entweder die Kombination (Synthese) oder die Durchgliederung (Analyse). Da zwischen beiden Verfahren kein Gegensatz herrscht, sondern eher eine Einheit, wurde aus diesen das methodenintegrierte Verfahren entwickelt. Um Lesen zu lernen, muss man beides erlernen, nämlich das Zusammensetzen von Buchstaben zu Wörtern und das Speichern von möglichst vielen Wörtern als Ganzheit.7 Deshalb geht es von Anfang an um sinnvolle Wörter und zugleich können tatsächliche Leseerfahrungen ermöglicht werden.
Allerdings sei gesagt, dass jede Fibel und jedes Verfahren, das angewandt wird, von denen, die es anwenden, abhängt. Erfolge hängen auch von der Motivation der Kinder und Lehrer ab und die kreative Umsetzung eines jeden Lehrers.
3 Der Spracherfahrungsansatz nach Brügelmann
3.1 Zielsetzungen und Zugriffsweisen
Der Spracherfahrungsansatz zielt auf einen offenen, individualisierten und situativ angelegten Unterricht, in dem die Erfahrungen und Fähigkeiten des einzelnen Kindes aktiviert werden.
Für die Kinder werden Lernangebote gemacht anstatt sie im „Fibelgleichschritt“ an die Schriftsprache heranzuführen. Bei der großen Methodenvielfalt erfolgt dann eine Beobachtung und begleitende Förderung. Wichtig bei diesem Ansatz nach Brügelmann ist die individuelle Systematik eines jeden Kindes. Damit sich der Lehrer orientieren kann, hat Brügelmann die sogenannten „didaktische Landkarte“ entworfen.
Auf der Tatsache, dass der Schrifterwerb und der Spracherwerb ähnlich verlaufen, wurde der Spracherfahrungsansatz konzipiert. Denn bei beiden ist eine Denkentwicklung zu verzeichnen, ein aktiver Prozess der Hypothesenbildung. In diesem Prozess muss das Kind Erfahrungen mit der Schrift aus einzelnen Situationen gewinnen und diese verallgemeinern. Die zentrale Bedingung des Spracherwerbs ist die Fähigkeit der Kinder, soziale Situationen zu verstehen und aktiv einzusetzen. Nach Brügelmanns Beobachtungen ist dieses bei Spontanschreibern feststellbar.
Didaktisch gesehen, muss die Probierhaltung der Spontanschreiber im Unterricht herausgefordert und gefördert werden. Die Zielsetzung dabei ist, dass die Kinder sich auf das Schreiben einlassen. Begründet ist dieser Ansatz in der Annahme, dass sich der Schriftspracherwerb und der Spracherwerb zwar sehr ähnlich sind, es aber zwei bedeutende Unterschiede gibt: Die Umwelt bietet meistens zu wenig Angebote, um Erfahrungen mit der Schrift zu sammeln. Zudem ist die Schrift zur Verständigung nur selten notwendig. Schrifterwerb ist deshalb in einem erhöhten Maße auf organisierte Förderung angewiesen. Die Prinzipien von Sprachentwicklung und Schrifterwerb sind Brügelmanns Meinung nach aber identisch. Es kommt deshalb darauf an, Schreibsituationen zu schaffen, die möglichst weitgehend natürlichen Sprachlernsituationen in Familien entsprechen.
Ein Kernpunkt ist also, Erfahrungen zu ermöglichen, dass man durch Lesen und Schreiben anderen etwas mitteilen und von ihnen Informationen gewinnen kann. Die kommunikative Funktion der Schrift steht im Vordergrund. Lesen und Schreiben müssen als soziale Handlungen möglichst viele Aktivitäten im Klassenzimmer bestimmen und Folgen für das eigene Verhalten haben.
Ein weiterer Kernpunkt ist, dass die Schüler die wechselseitige Übersetzbarkeit von Schrift und Sprache begreifen müssen. Lesen und Schreiben müssen also an der gesprochenen Sprache anknüpfen. Zudem ist wichtig, dass Kinder am besten dann mit den Aufbauprinzipien und Elementen der Schrift vertraut gemacht werden, wenn sie die Schriftzeichen gegenständlich manipulieren können. Hierfür können Druckmaterial, Stempel, Buchstabenklötze, Computer etc. im Klassenzimmer ihren Einsatz finden und ihre Funktionen erfüllen.
3.2 Die „didaktische“ Landkarte
Die „didaktische“ Landkarte von Brügelmann ist mit einer Lernzielskizze zu vergleichen, da Einsichten, Erfahrungen und Fertigkeiten beim Schrifterwerb wichtig sind.
Die „Landkarte“ umfasst acht Felder für Aktivitäten, die auf jedem Fall im Anfangsunterricht angeboten werden müssen. Ihre Funktionen sind, es dem Lehrer zu ermöglichen, den Überblick in einem offenen, individualisierten und differenzierten Unterricht zu behalten und dabei eine systematische Förderung der Schüler zu ermöglichen. Das Ziel dieser didaktischen Landkarte besteht darin, die Kinder zum Textgebrauch zu befähigen (Lernzielfeld 8) und dafür müssen sie zum sinnentfassenden Lesen fähig sein, um z.B. aus Sachbüchern und Lexika die Informationen zu entnehmen und so die eigene Handlungskompetenz selbstständig und zielgerichtet zu erweitern. Zudem soll die Schrift als Darstellungsmittel genutzt werden, um eigene Texte schreiben zu können.
Um dieses Ziel zu ermöglichen und zu erreichen, ist es wichtig, dass Lesen und Schreiben etwas mit Themen und Handlungen zu tun hat, die für die Kinder bedeutsam sind. Außerdem ist wichtig, dass die Freude an Büchern geweckt wird, indem den Kindern vorgelesen wird und sie mit der Produktion eigener Texte beginnen.
Im folgenden sollen die einzelnen „Stationen“ der „didaktischen Landkarte“ aufgezeigt werden.
- Symbolverst ä ndnis
Den Kindern wird das Wissen vermittelt, dass unsere Schrift ein Zeichensystem ist und besondere Eigenschaften hat. So ist das Lesen und Schreiben an den Wortlaut gebunden.
- Schriftaufbau
Die Kinder lernen das selbstständige Erlesen und Verschriften durch Einsicht in die Parallelität von Schriftkette und Lautfolge. Dabei ist Lesen sowohl Recodieren (Erlesen, Synthese) als auch Decodieren (sinnentnehmendes Lesen, den Kontext nutzen). Genau dieses nutzen die Kinder, um seltene oder fremde Wörter zu lesen; zuerst recodiert es den Schriftaufbau, um dann durch das Decodieren eine Bedeutung zu erfassen.
- Funktion der Schriftverwendung
Für Kinder ist es wichtig zu wissen, wozu die Schrift überhaupt notwendig ist, damit die Motivation Lesen und Schreiben zu lernen aufrechterhalten wird. Sie erfahren, dass mit dem Erlernen von Lesen und Schreiben soziale Formen (jemandem etwas mitteilen etc) und persönlicher Nutzen (eigene Vorstellung klären etc) ermöglicht werden.
- Sprach-Analyse
Die Schüler lernen, Laute auszugliedern (akustische Analyse), Laute zu unterscheiden (akustische Diskrimination) und Laute zu verbinden (Synthese). Hinzu kommen die optische Analyse und Diskrimination.
- Buchstabenkenntnis
Bei dem Erkennen von Buchstaben in Formvarianten und der Zuordnung der verschiedenen Laute können Schwierigkeiten auftreten. So sind nur geringfügige Unterschiede in der graphischen Form (m, n) und der Raumlage (d, b, q, p) festzustellen. Kindern fällt es schwer, ähnlich klingende Laute zu diskriminieren.
- Gliederung der Bausteine
Das Durchgliedern von Wörtern in Buchstabengruppen und nicht nur in Laute erleichtert das Lesen und Schreiben. Dadurch wird das Lesen beschleunigt und die Buchstabenpositionen in der Zeichenfolge erleichtert.
- Sicht-Wortschatz
Der Sichtwortschatz ist der Bestand derjenigen Wörter, die bereits automatisiert sind und somit simultan erfasst werden können.
- Verfassen und Verstehen von Texten
Die Schrift soll hier als Informationsquelle und Darstellungshilfe betrachtet werden.8
4 Lernschwierigkeiten beim Schriftspracherwerb
Lernen Kinder das Lesen und Schreiben, so knüpfen sie an ihren sprachlichen Fähigkeiten an und erweitern diese durch die Auseinandersetzung mit der Schrift. Aufgrund dieser Tatsache muss man Überlegungen anstellen, inwieweit Kinder mit Störungen der mündlichen Sprache erschwerende Bedingungen beim Schriftspracherwerb haben.
Hierfür können verschiedene Faktoren ursächlich sein:
4.1 Hörbare Sprachstörungen
Hörbare Sprachstörungen betreffen überwiegend Probleme der Pragmatik, der Semantik, der Aussprache und der Grammatik.
So besteht die Möglichkeit, dass eine Sprachstörung den Schriftspracherwerb erschweren kann, aber auch im Gegenteil, eine Auseinandersetzung erfolgt und die sprachlichen Fähigkeiten erweitert werden.
Kinder mit einer phonologischen Aussprachestörung verschriften oder lesen ihr individuelles Phonemsystem, sodass Fehler unweigerlich auftreten. Somit ist für diese Kinder der Zugang zur Schriftsprache erschwert.
So ist Scholz9 der Meinung, dass Kinder mit einer Aussprachestörung erst dann an die Schriftsprache herangeführt werden sollen, wenn ihre gesprochene Sprache unauffällig ist.
Eine gegensätzliche Ansicht ist von Osburg10 und besagt, dass Kinder mit einer Aussprachestörung gezielt an die Schriftsprache herangeführt werden sollen, da die produktive Auseinandersetzung mit dieser positive Auswirkungen auf die Aussprache haben können. Dieser fördernde Umgang mit Schriftsprache kann aber erst dann erfolgen, wenn die individuellen sprachlichen Fähigkeiten und Schwierigkeiten des Kindes diagnostiziert werden und durch eine fundierte Förderung auf die Schwierigkeiten des Kindes eingegangen wird.
4.2 Nichthörbare Sprachstörungen
Nichthörbare Sprachstörungen betreffen den Erwerb des metasprachlichen Bereichs, wodurch somit eine Reflexion von Sprache erschwert ist. Resultierend daraus kann die phonologische Bewusstheit und die Vorstellung über Funktion und Aufbau der Schrift als metasprachliche Fähigkeit ein erschwerender Faktor beim Schriftspracherwerb sein, da sie in enger Beziehung zu relevanten Teilprozessen des Lesens und Schreibens stehen.
Im Umkehrschluss muss allerdings gesagt werden, dass eine normgerechte Aussprache oder gute metasprachliche Fähigkeiten im phonologischen Bereich keine notwendige Voraussetzung für einen erfolgreichen Schriftspracherwerb darstellt.
4.3 Verzögerte Lernentwicklung
Die Verzögerung beim Erwerb von Lese- und Schreibstrategien führt auch zu einer Verzögerung der nachfolgend darauf aufbauenden Lernstrategien. Diese Entwicklungsverzögerung kann schnell zu einer Lernstörung führen, da das Kind einem Leidensdruck ausgesetzt ist.
4.4 Ungünstiges Problemlöseverhalten
Darunter ist zu verstehen, dass diese Kinder ihre vorhandenen sprachlichen Fähigkeiten nicht genügend nutzen, um Lese- und Schreibanforderungen zu erfüllen. Oftmals ist auch ein Vermeideverhalten oder Ausweichverhalten festzustellen, sodass ihnen wichtige Erfahrungen mit der Schriftsprache fehlen.
4.5 Mangelnde Anpassung von Seiten der Schule
Behindernde Faktoren stellen auch schulische Lernbedingungen dar, da oftmals eine mangelhafte Passung von individuellen Lernvoraussetzungen und den schulischen Maßnahmen erfolgt.
Beispielsweise einheitliche Fibellehrgänge, die noch sehr stark verbreitet sind, lassen die unterschiedlichen Voraussetzungen der Kinder unberücksichtigt sowie ein unterschiedliches Lerntempo und die individuellen Zugänge zur Schrift nicht beachtet werden.11
5 Fördermöglichkeiten
Um ein Förderkonzept erstellen zu können, muss eine eingehende Diagnostik durchgeführt werden, damit die Defizite und Kompetenzen des Kindes herausgestellt werden. Dieses kann durch Lernbeobachtungen, Analyse von Schreibproben, Analyse von Leseproben und weitere verschiedene Möglichkeiten erfolgen.
Auf die Diagnostik von Störungen im Schriftspracherwerb soll im folgenden nicht näher eingegangen werden.
Der aktuelle Stand eines Kindes mit Lese- und Schreibschwierigkeiten wird durch die Analyse von Schreib- und Leseproben ermittelt. Bei der Auswahl der Fördermaßnahmen hat man die nächst höhere Entwicklungsstufe im Blick, dabei ist die ständige Aufgabe, die Stärken und Schwächen der Kinder beim Lesen und Schreiben zu erkennen.
Damit Kinder Lesen und Schreiben lernen, benötigen sie bestimmte Fähigkeiten und Einsichten, die durch eine Auseinandersetzung mit der Schrift erfolgen kann. Dabei ist immer wichtig, dass die Kinder spezielle Erfahrungen machen, die durch ein individuelles Lernangebot erfolgen können.
5.1 Verschiedene Möglichkeiten der Schriftsprachvermittlung
Ziel dieses Kapitels ist, einige Möglichkeiten aufzuzeigen, die auf die unterschiedlichen Vorerfahrungen der Kinder Bezug nehmen und einen Motivationseffekt beinhalten. Denn durch diese Art und Weise kann Kindern mit Schwierigkeiten beim Lesen und Schreibenlernen geholfen werden.
- Spracherfahrungsansatz
Da diese Methode des Lesen- und Schreibenlernens bereits in Kapitel 3 behandelt wurde, soll hier nicht weiter darauf eingegangen werden.
- Vorlesen
Bevor Kinder selber anfangen das Lesen zu lernen, ist es sinnvoll ihnen vorzulesen, damit sie auf diesem Weg Einsichten in die Sprachform geschriebener Texte erhalten. Zudem wird so die Motivation gesetzt auch selber Lesen zu lernen.
- Einsichten in die Struktur der Schrift gewinnen
Da Kinder, wenn sie in die Schule kommen, meistens ihren eigenen Namen „schreiben“ können, sollte dieses Vorwissen aufgegriffen werden, damit sie so Erfahrungen zu Phonem-Graphem-Beziehungen erwerben können.
- Eigene Texte schreiben
Schon zu Beginn des Schriftspracherwerbs sollten Kinder dazu ermutigt werden, eigene Wörter und Texte zu schreiben. Durch verschiedene Schreibanlässe kann dieses erfolgen, wobei das Malen als zusätzliches Ausdrucksmittel hinzugezogen werden sollte. Hierbei wird die Orthographie erstmals völlig außer Acht gelassen, da die Schreibmotivation und die Förderung der Fähigkeit, Sprache in Schriftsprache umzusetzen, im Vordergrund stehen.
- F ö rderung bei h ö rbaren Sprachst ö rungen
Anknüpfend an die Ausführungen von Kapitel 4.1 soll hier auf die Fördermöglichkeiten eingegangen werden. Wie dort diskutiert wurde, sollte die geschriebene Sprache mit in die Förderung sprachauffälliger Kinder integriert werden, da so beide sprachlichen Fähigkeiten erweitert werden können. Die geschriebene Sprache macht die gesprochene Sprache bewusster und kann Kindern helfen, ihre gestörten sprachlichen Prozesse zu überwinden. So beschreibt Osburg ein Mädchen, dass ein Rätsel lösen möchte und aufgrund der Reduktion der Mehrfachkonsonanz und der Alveolarisierung zu keinem Ergebnis gelangt. Unter Einbezug des Spielens mit der Schrift gelingt diesem Mädchen einen Monat später eine bedeutungsunterscheidende Realisierung der Phoneme.
- F ö rderung bei nichth ö rbaren Sprachst ö rungen
Wie bereits in Kapitel 4.2 dargestellt, handelt es sich hierbei um die metasprachliche Ebene, welche die Phonemanalyse, Silbensegmentierung, Synthesefähigkeit sowie sinnerfassendes Lesen beinhaltet.
Bei der Förderung ist wichtig, dass zwischen Angeboten unterschieden wird, die den Kindern einen Aspekt der Schriftsprache bewusst machen sollen und Angebote, die der wiederholten Übung eines bestimmten Teilbereiches der Schriftsprache dienen.
Die Phonemanalyse beinhaltet das Bewusstmachen der Beziehung zwischen
Laut- und Schriftsprache, wobei Lautgebärden oder Handzeichen eine wichtige Unterstützung sind, um die eigene Aussprache bewusster wahrzunehmen. Zusätzlich kann die eigene Artikulation einzelner Phoneme im Spiegel beobachtet und bewusst gemacht werden.
Die Silbensegmentierung, die den natürlichen Sprechrhythmus der Sprache darstellt, kann durch Silbenhüpfen und -klatschen in Kombination mit einer verlangsamten Sprache veranschaulicht werden.
Die Synthesef ä higkeit stellt einen entscheidenden Schritt in der Leseentwicklung dar, da das Kind eine grundlegende Beziehung zwischen Laut- und Schriftsprache erfasst hat. In der Fördersituation dienen verschiedene Materialien wie z.B. der „Wortfächer“ der intensiven Vorbereitung der Kinder auf die Synthese.
Wenn die Kinder das Prinzip der Synthese verstanden haben und anwenden können, stellt das sinnerfassende Lesen eine nächste Entwicklungsstufe dar. Um in der Förderung das sinnerfassende Lesen anzuregen und zu fördern, sind Aufgaben wie die Zuordnung von Bild zu Wort notwendig, um die Sinnentnahme zwingend erforderlich zu machen.12
6 Schlusswort
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Auseinandersetzung mit dem Erwerb des Lesen und Schreibenlernens sowie Lösungen für die aufkommenden Probleme zu finden.
Gerade als zukünftige Lehrperson erachte ich es als sehr wichtig, zu wissen, wie Kinder das Lesen und Schreiben erlernen und vor allen Dingen, wo Probleme auftreten können. Somit denke, gibt die vorliegende Arbeit einen guten Überblick über die Theorie des Lesen- und Schreibenlernens. Praktische Anwendungsmöglichkeiten wurden ausgelassen, dass dieses sonst zu umfangreich geworden wäre.
Im Hinblick auf meinen zukünftigen Beruf habe ich einiges in Erfahrungen bringen können und bin jetzt der Meinung, dass man auf alle Fälle keine Fiebeln einsetzen sollte, da diese die Erfahrungen und Fertigkeiten der Schüler nicht aufgreifen.
7 Literaturangaben
Brügelmann, Hans (1992): Kinder auf dem Weg zur Schrift. Bottighofen: Libelle- Verlag.
Crämer, Claudia; Schumann, Gabriele: Schriftsprache. In: Baumgartner, Stephan; Füssenich, Iris (1999): Sprachtherapie mit Kindern. 4. Auflage. München, Basel: Reinhardt Verlag.
Menzel, Wolfgang (1975): Fibeln und Lesebücher für die Primarstufe - Kritische Analyse. Paderborn: Schöningh.
Menzel, Wolfgang (1994): Lesen lernen - schreiben lernen. Braunschweig:
Westermann.
[...]
1 vgl. Crämer, Schumann In: Baumgartner, Füssenich (1999): Sprachtherapie mit Kindern. S. 258.
2 vgl. ebd. S. 259.
3 vgl. Modell von Valtin (1993) Aus: Crämer, Schumann S. 270.
4 vgl. Crämer, Schumann S. 275-276.
5 vgl. Crämer, Schumann S. 276-277.
6 vgl. Menzel (1975): Fibeln und Lesebücher für die Primarstufe, S. 17-24.
7 vgl. Menzel (1994): Lesen lernen - schreiben lernen, S. 22.
8 vgl. Brügelmann (1992): Kinder auf dem Weg zur Schrift, S. 158-182.
9 vgl. Crämer, Schumann, S. 281.
10 vgl. Crämer, Schumann, S. 281.
11 vgl. Crämer, Schumann, S. 280-290.
12 vgl. Crämer, Schumann, S. 301-319.
- Arbeit zitieren
- Nicola Schlarmann (Autor:in), 2002, Die Lese- und Schreibprozesse bei Kindern unter besonderer Berücksichtigung des Spracherfahrungsansatzes nach Brügelmann sowie aufkommende Probleme und Fördermöglichkeiten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106974