Defizite des bisherigen Urhebervertragsrechts und Reformansätze bis zum "Professorenentwurf"


Seminararbeit, 2002

23 Seiten, Note: 13 Punkte


Leseprobe


G L I E D E R U N G

0. Vorspann

1. Interessenlagen
1.1. Urheber
1.2. Kulturverwerter
1.3. Allgemeinheit

2. Probleme
2.1. Vertragsfreiheit
2.2. Vertragslaufzeiten
2.3. Unübertragbarkeit des Urheberrechts
2.4. Vertragsanpassung nach § 36 UrhG
2.5. Film, Funk und neue Medien
2.6. Tarifverträge
2.6.1. Rundfunk
2.6.2. Zeitungen
2.7. Tendenz zur Einmalvergütung
2.8. Mindestvergütungen
2.9. Rechtsverletzungen
2.10. Kartellrecht
2.11. Zusammenfassung

3. Reformen
3.1. Gutachten von E. Ulmer,
3.1.1. Kartellrechtliche Vorschläge
3.1.2. Änderungen des Filmrechts
3.1.3. Gesetz über Sendeverträge
3.1.3.1. Transparenz des Vertragsverhältnisses
3.1.3.2. Befristung des ausschließlichen Senderecht
3.1.3.3. Grenzen der Übertragung von Nutzungs-rechten zuaußerrundfunkmäßigen Zwecken
3.1.3.4. Sendepflicht
3.1.3.5. Vergütung
3.1.3.6. Gewährleistung
3.1.3.7. Enthaltungspflicht
3.1.3.8. Rückruf
3.2. Vorschlag für ein Urhebervertragsgesetz von W. Nordemann,
3.2.1. Vergütung
3.2.2. Lösung vom Vertrag
3.2.3. Weitere Regelungen

4. Auswirkungen der Reformvorschläge

S E M I N A R A R B E I T

0. Vorspann

Der Bundestag hat jüngst das Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern beschlossen. Es wurde ausgefertigt, am 28.03.2002 im Bundesgesetzblatt verkündet1 und wird am 01.07.2002 in Kraft treten. Dem ging ein zäher Streit voraus, der nicht nur parteipolitisch motiviert war. Das Ergebnis wird vor allem von Autorenvereinigungen wie P.E.N. oder SV für verbesserungsbedürftig gehalten. Das resultiert natürlich erstens aus der komplizierten Materie und zweitens aus gewachsenen unterschiedlichen Interessenlagen.

1. Interessenlagen

Das Urheberrecht betrifft verschiedene Gruppen, die oft entgegengesetzte Interessen haben. Es ist die Aufgabe des Gesetzgebers, diese zu wichten und gerecht auszugleichen.

1.1. Urheber

Urheber ist nach § 7 UrhG der Schöpfer eines Werkes, das beispielsweise ein Text, ein Film, ein Radiofeature sein kann. Gemäß

§ 11 UrhG schützt das Urheberrecht den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in dessen Nutzung. Der Gesetzgeber hat die urheberrechtlichen Befugnisse in Urheberpersönlichkeitsrechte (§§ 12 - 14 UrhG), Verwertungsrechte (§§ 15 - 24 UrhG) und sonstige Rechte des Urhebers (§§ 25 - 27 UrhG) eingeteilt. Der Urheber kann also die ihm durch die Auschließlichkeitsrechte eingeräumte Entscheidungsfreiheit zur Wahrung seiner urheberpersönlichkeitsrechtlichen Interessen und als

vermögenswertes Recht einsetzen2.

Problematisch ist jedoch, daß der Urheber das volle Risiko künstlerischen Schaffens trägt. Ein Werk entstehen zu lassen bedarf vielmals eines langen Prozesses, in dem Ansätze und Umsetzungen verworfen werden, weil sie den Ansprüchen des Künstler nicht gerecht werden. Zudem kommt häufig vor, daß Urheber am Markt vorbei produzieren. Sie richten sich eher nicht nach Nachfrage und Trends, sondern setzen ihre Gedanken nach eigenem Geschmack um in der Hoffnung, daß andere dies schätzen werden. Die zeitliche Verschiebung von Angebot und Nachfrage ist für das Urheberrecht typisch. Beispielsweise sind Wolfgang Amadeus Mozart, Vincent van Gogh, Camille Claudel oder Egon Schiele als freie Künstler verarmt gestorben, ihre Werke haben erst später wirklich und nachhaltig Weltruhm erlangt. Das Urheberrecht richtet sich nach dem freischaffenden Urheber, nicht nach dem Arbeitnehmerurheber, da bei letzterem der Arbeitgeber den Großteil der Risiken übernimmt3. Es muß dafür sorgen, daß der Urheber an den finanziellen Früchten beteiligt wird, die andere aus der Nutzung seines Werkes ziehen. Jedoch kann es nicht gewährleisten, daß der Urheber Käufer oder Lizenznehmer findet. Viele freischaffende Urheber leben deshalb unter dem Existenzminimum4und sind sozial schutzbedürftig. Das typische Jahreseinkommen selbständiger Urheber und ausübender Künstler liegt zwischen 10.000 und 15.000 € bei hohen beruflichen Belastungen5. Die Relation zwischen gezahlten Vergütungen und Belastungen durch die Arbeit stimmt nicht. Deshalb besteht gesetzgeberischer Handlungsbedarf.

Das Interesse des Urhebers besteht darin, an seinem Werk so viele Nutzungsrechte wie möglich zu behalten, um sie so vorteilhaft wie möglich einsetzen zu können6. Für Fotografien zum Beispiel sind zur Zeit circa 90 gängige Verwendungsmöglichkeiten bekannt, darunter Nutzung durch Vervielfältigung in Print- und digitalen Medien, Online- Nutzung, Nutzung im Fernsehen und für Ausstellungen, Vorführungen oder Messen. Die Nutzungsfrequenz eines Fotos kann innerhalb von 10 Jahren bei durchschnittlich 25 bis 100 Verwendungen liegen7. Es liegt demnach nicht im Interesse eines Urhebers, einem Verwerter die Nutzungsrechte für alle bekannten Nutzungsarten räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkt für ein pauschales Honorar einzuräumen.

1.2. Kulturverwerter

Die Verwerter wollen ein Werk vervielfältigen, veröffentlichen und öffentlich wiedergeben. Dazu benötigen sie Lizenzen, die sie unmittelbar beim Urheber oder mittelbar von einer Verwertungsgesellschaft erwerben. Eine Verwertungsgesellschaft, wie GEMA, VG Wort oder VG Bild-Kunst, ist kraft § 11 WahrnG verpflichtet, jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen einfache Nutzungsrechte einzuräumen. Die Verwerter haben, wenn der Urheber die ausschließlichen Nutzungsrechte nicht einer Verwertungsgesellschaft eingeräumt hat, grundsätzlich keinen Anspruch auf Einräumung einer Lizenz. Ausnahme hiervon ist die Zwangslizenz in § 61 UrhG zugunsten von Tonträgerherstellern. Ohne Anspruch müssen sich die Verwerter also der privatautonomen Entscheidung der Urheber beugen.

Die Werkverwerter müssen sich folglich um den vertraglichen Erwerb von Nutzungsrechten kümmern, was sie als Hindernis betrachten. Sie hätten lieber gesetzliche Lizenzen, also die sanktionierte Erlaubnis, die Verwertungshandlung ohne Zustimmung des Urhebers vornehmen zu dürfen8.

Weiterhin besteht das Interesse der Verwerter darin, möglichst viele Nutzungsrechte möglichst billig zu erwerben, um das Werk umfassend zu verwerten. Inzwischen verfügen die größeren Medienkonzerne da über zahlreiche Möglichkeiten. Ein Roman wird beispielsweise nicht nur als Buch herausgebracht, sondern auch als Hörbuch. Vielleicht dient es auch als Vorlage für einen Film, der dann im Kino, im Fernsehen und auf Videokassette erscheint. Da der Erfolg eines Werkes jedoch nicht vorhersehbar ist, wollen die Verwerter sich zunächst für die geplante Verwertung ein (Haupt-)Nutzungsrecht einräumen lassen. Da sie jedoch hoffen, daß die Kulturkonsumenten Gefallen an dem Werk finden, sich dieses also als gewinnbringend herausstellt, wollen sie sich auch alle anderen Verwertungsmöglichkeiten sichern, bestenfalls nicht durch Zeit, Inhalt oder Verbreitungsgebiet begrenzt.

1.3. Allgemeinheit

Im Interesse der Allgemeinheit liegt ein reichhaltiges Kulturangebot. Daraus ergeben sich Schranken, aber auch ein Schutzgrund des Urheberrechts9. Art. 5 GG gewährleistet die Meinungs-, Informations- , Wissenschafts- und Kunstfreiheit. Ideen, Erkenntnisse und Informationen dürfen nicht monopolisiert werden, weil sonst die kulturelle Freizügigkeit im Austausch und in der Weiterentwicklung von Gedanken aufhören würde10.

2. Probleme

Da sich die Interessen im Umgang mit geistigem Eigentum nicht gleichen, muß man Kompromisse eingehen. Dabei ist jedoch zu beachten, daß einige Interessen schützenswerter sind als andere. Bei Verträgen wird eine Gleichberechtigung der Vertragsparteien angestrebt. Dies ist aber im Urhebervertragsrecht nicht der Fall. Die Verwerterseite ist der Urheberseite generell wirtschaftlich und professionell überlegen11. Der Gesetzgeber hat es bisher nicht geschafft, dies auszugleichen. Im folgenden werden Defizite in unterschiedlichen Bereichen und deren Auswirkungen aufgezeigt.

2.1. Vertragsfreiheit

Im Bereich des deutschen Urhebervertragsrechts herrscht grundsätzlich Vertragsfreiheit. Das Urheberrecht enthält neben den besonderen, weitgehend dispositiven Regelungen für Verlagsverträge im Verlagsgesetz (VerlG) vom 19.06.1901 im fünften Abschnitt des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) vom 09.09.1965 lediglich allgemeine Bestimmungen zur Gestaltung und zur Beendigung von Nutzungsverträgen, die ebenfalls weitgehend dispositiver Natur sind. Im günstigsten Fall kann ein Vertrag ein Mittel sein, einen angemessenen Interessenausgleich zu erreichen. Dies hat jedoch ein Gleichgewicht der Kräfte zur Bedingung. Wenn das nicht gegeben ist, kann die unbegrenzte Vertragsfreiheit zu Ergebnissen führen, die zu den Grundforderungen der Gerechtigkeit in Widerspruch stehen12. Im Urhebervertragsrecht hat die Vertragsfreiheit oft zur Folge, daß zum Nachteil des Urhebers meist durch Formularverträge vom Gesetz abgewichen wird.

[...]


1 BGBl. I 2002, S. 1155 ff.

2 Schack, Rn. 12

3 Dittrich, S. 208

4 Fohrbeck/Wiesand, S. 261

5 Schimmel, S. 290

6 Nordemann, S. 2

7 Fotorecht, S. 1

8 Schack, Rn. 13

9Schricker, S. 246

10Schack, Rn. 166

11BVerfGE 75, 108 (109)

12Ulmer, Nr. 6

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Defizite des bisherigen Urhebervertragsrechts und Reformansätze bis zum "Professorenentwurf"
Hochschule
Universität Leipzig
Veranstaltung
Seminar zum Urhebervertragsrecht
Note
13 Punkte
Autor
Jahr
2002
Seiten
23
Katalognummer
V106994
ISBN (eBook)
9783640052691
Dateigröße
406 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Defizite, Urhebervertragsrechts, Reformansätze, Professorenentwurf, Seminar, Urhebervertragsrecht
Arbeit zitieren
Susanne Kreft (Autor:in), 2002, Defizite des bisherigen Urhebervertragsrechts und Reformansätze bis zum "Professorenentwurf", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106994

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