Der Erfolg des Internet aus diffusionstheoretischer Sicht


Hausarbeit (Hauptseminar), 2000

38 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Reichweite und Nutzungsdaten zum Internet
2.1 Reichweiten
2.1.1 Reichweite weltweit
2.1.2 Reichweite in Deutschland
2.1.3 Anzahl der Domains
2.2 Nutzer
2.2.1 Geschlecht
2.2.2 Alter
2.2.3 Bildung
2.2.4 Haushaltseinkommen
2.3 Nutzung
2.3.1 Nutzungsort
2.3.2 Zeitpunkt der Nutzung
2.3.3 Nutzungs-Aktivitäten
2.4 Ansichten der Nutzer zur Zukunft des Internet
2.4.1 Konsequenzen
2.4.2 Aussichten

3. Diffusion of Innovations - Die Diffusionstheorie nach Everett M. Rogers
3.1 Definition des Begriffs und Entwicklung der Diffusionsforschung
3.2 Die vier Basiselemente der Diffusionstheorie
3.2.1 Innovation
3.2.2 Kommunikation
3.2.3 Zeit
3.2.4 Soziales System
3.3 Der Innovations-Entscheidungs-Prozess
3.3.1 Die Wissens-Phase
3.3.2 Die Überzeugungs-Phase
3.3.3 Die Entscheidungs-Phase
3.3.4 Die Implementierungs-Phase
3.3.5 Die Bestätigungs-Phase
3.4 Die Adoptionsrate
3.4.1 Relativer Vorteil
3.4.2 Kompatibilität
3.4.3 Komplexität
3.4.4 Testbarkeit
3.4.5 Beobachtbarkeit
3.5. Übernehmer-Kategorien
3.5.1 Innovatoren
3.5.2 Frühe Übernehmer
3.5.3 Frühe Mehrheit
3.5.4 Späte Mehrheit
3.4.5 Nachzügler

4. Diffusions- und Nutzentheoretischer Ansatz kombiniert
4.1 Der Uses-and-Gratifications-Ansatz
4.2 Der Erwartungs-Bewertungs-Ansatz
4.3 Integration von Diffusionsansatz und Erwartungs-Bewertungs-Ansatz
4.4 Ein Vergleich der Nutzertypologien von Scherer/Berens und der Übernehmer-Kategorien von Rogers

5. Fazit

Literaturverzeichnis

Quellenverzeichnis

1 Einleitung

Mit der „Erfindung“ des Internet Anfang der 70er Jahre in den USA war ein voll- kommen neuartiges Medium geboren. Obwohl zunächst nur Angehörigen des Mili- tärs und verschiedener Universitäten zugänglich, gewann es mit der Entwicklung von benutzerfreundlichen Browsern auch für die breite Bevölkerung immer mehr an Bedeutung. Heute ist es aus der Medienlandschaft kaum mehr wegzudenken. Durch die Verbreitung dieses neuen Mediums und seiner wachsenden Beliebtheit ergeben sich unzählige Fragen: Wird das Internet die klassischen Medien wie TV und Radio verdrängen? Wird es ein „richtiges“ Massenmedium werden? Ist es wirklich etwas neues, oder gibt es lediglich die Inhalte anderer Medien auf eine andere Art aufbereitet wieder? Das ist nur eine kleine Auswahl der Gebiete, mit denen sich Medien- wie auch Kommunikationswissenschaftler derzeit sehr häufig beschäftigen.

Aber wie kam es überhaupt zu einer derartigen „Internet-Mania“? Warum ist dieses Medium so erfolgreich?

Diese Arbeit wird den Aspekt der Verbreitung des Internet näher beleuchten. Ausgehend von der theoretischen Grundlage der Diffusionstheorie von Everett M. Rogers, wird unter anderem gezeigt, wie sich die Verbreitung des Internet entwickelte, welche Vorteile dieses Medium auszeichnen, und in welcher Phase der Adoption wir uns gerade befinden.

Da sich die Theorie von Rogers auf die Verbreitung aller Neuerungen bezieht, kommt neben diesem reinen Diffusionsmodell noch das Modell von Scherer und Berens zur Sprache, das sich konkret mit dem Medium Internet befasst. Darin wird der Diffusionsansatz zusätzlich nutzentheoretisch aufbereitet und ergänzt. Vor dem Hintergrund dieser theoretischen Forschungen und den aktuellen Daten zur Reichweite und Nutzung des Internet wird abschließend diskutiert, wie die Zu- kunft dieses neuen Mediums aussehen wird, d.h. ob der Siegeszug mit explosi- onsartig steigenden Nutzerzahlen weitergehen wird, oder es doch nur eine Art An- fangs-Euphorie war, der das Internet seinen derzeit hohen Rang auf der Agenda vieler Menschen zu verdanken hat.

2 Reichweite und Nutzungsdaten zum Internet

Das Internet ist ein Medium, dass sich in den letzten Jahren in seiner Reichweite sehr gesteigert und auch in seiner Nutzung stark verändert hat. Um die Verbreitung des Internet heute zu sehen soll dieses Kapitel anhand von aktuellen Daten darlegen, wo das Internet jetzt steht.

2.1 Reichweiten

Ein wichtiges Kriterium, um die Diffusion des Internet festzustellen, ist natürlich, sich die Zahlen anzusehen, die das Internet im Bezug auf seine Verbreitung er- reicht hat.

2.1.1 Reichweite weltweit

Weltweit sind derzeit ca. 407 Millionen Menschen online. Diese Zahl bezieht sich auf den November vergangenen Jahres.1 Betrachtet man die Daten der weltweiten Internetnutzung der letzten fünf Jahre, so lässt sich feststellen, das dieses neue Medium nach einem eher ruhigen Start einen wahren „Siegeszug“ angetreten hat. Vor allem in den Jahren 1998 bis 2000 stiegen die Nutzerzahlen fast explosionsar- tig.

Trotz dieser hoch erscheinenden Zahl der Nutzer, so ist der Anteil der Weltbevöl- kerung im Netz mit 6,71% noch sehr gering. In den Industrienationen sind häufig, wie z.B. in Deutschland über 30% der Einwohner online (siehe unten), wogegen in ganz Afrika nur 3,11 Millionen Menschen die Möglichkeit haben, dieses neue Me- dium zu nutzen.2

Die folgende Tabelle zeigt den Anstieg der Nutzerzahlen im Verlauf der Zeit.

Tab 1: Anzahl der Nutzer weltweit (modifiziert nach Nua Ltd 2001)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.1.2 Reichweite in Deutschland

Auch in Deutschland lief die Entwicklung der Reichweite des Internet ähnlich ab, wie weltweit. In den letzten Jahren konnte ein enormer Anstieg verzeichnet wer- den, wogegen die Zunahme der Nutzer im letzten halben Jahr zurückgegangen ist. Die Daten, auf die in dieser Arbeit beim Thema Deutschland Bezug genommen wird, stammen zumeist aus den einzelnen „Wellen“ des GfK Online-Monitors. In den Studien des Forschungsinstituts werden als Internetnutzer die Personen be- zeichnet, die über einen Access verfügen und das Internet zumindest gelegentlich nutzen.3 Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der Reichweitenzahlen seit der ersten Untersuchungswelle.4

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Reichweitenentwicklung seit Beginn des GfK Online Monitors (GfK 2001)

2.1.3 Anzahl der Domains

Auch an der Anzahl der vergebenen Domains lässt sich sehr gut sehen, welch breite Akzeptanz und Beliebtheit das Internet bis jetzt erlangt hat. 109.574.429 verschieden Domains sind nach Angaben der „Internet Domain Survey“ von Network Wizards bis heute vergeben.5 Insgesamt können nach dem derzeitigen System 4,3 Milliarden IP-Adressen vergeben werden. In Abbildung 2 wird die Entwicklung der vergebenen Domains sehr gut sichtbar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2: Anzahl der Domains von 1995 - 2000 (modifiziert nach Internet Software Consortium 2001)

2.2 Nutzer

Auch die Nutzer des Internet, ihre soziodemographischen Daten und ihr Verhalten in dem neuen Medium geben Aufschluss über den Diffusionsprozess. Dieses Unterkapitel zeigt die Aufteilung der „Surfer“ nach Geschlecht, Alter, Bildung und Haushaltseinkommen.

2.2.1 Geschlecht

Waren zu Beginn der Untersuchungen des GfK Online-Monitors nur ein Drittel der Nutzer Frauen, so stieg dieser Anteil zwar sehr langsam, aber sicher auf 42%. Wird die allgemeine Zahl der Nutzer auch in den nächsten Jahren noch ansteigen, so wird sich auch der Frauenanteil wohl der 50%-Marke weiter annähern. Die fol- gende Graphik zeigt die Aufteilung der Internetnutzer von Welle 1 bis 7.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.3: Internetnutzer aufgeteilt nach Geschlecht in Prozent (GfK 2001)

2.2.2 Alter

Betrachtet man das Alter der „Surfer“ im Vergleich zur Gesamtbevölkerung, so ist ganz deutlich, dass es in den Altersgruppen von 14-49 Jahre überdurchschnittlich viele Internetnutzer gibt, nur bei den 50-69-jährigen ist dieser Anteil noch geringer.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.4: Altersstruktur im Vergleich zur Bevölkerung in Prozent (GfK 2001)

2.2.3 Bildung

Auch die Bildung spielt im Adoptionsprozess eine nicht unwesentliche Rolle, denn Innovatoren sind laut Rogers meist hochgebildet (s. u.). Heute hat die Gruppe mit den höchsten Prozentzahlen unter den Nutzern die Mittlere Reife (39%). Abbildung 5 zeigt den Bildungsabschluss im Bevölkerungsvergleich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.5: Bildungsabschluss im Bevölkerungsvergleich in Prozent (GfK 2001)

2.2.4 Haushaltseinkommen

Im Bezug auf das Haushaltsnettoeinkommen ist die Gruppe mit einem Einkommen von mehr als 6000 DM mit 34% überdurchschnittlich gut vertreten. Die zweit- stärkste Gruppe sind dann aber diejenigen mit einem Verdienst von 4000-5000 DM. Abgesehen davon geht die Anzahl der Nutzer von niedrigem zu hohem Einkommen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.6: Haushaltsnettoeinkommen im Vergleich zur Bevölkerung in Prozent (GfK 2001)

2.3 Nutzung

In diesem Punkt soll kurz dargestellt werden, was der Internetnutzer wann und wo im Netz tut. Denn die Vielfalt der Aktivitäten, die mit diesem Medium möglich sind machen seinen eigentlichen Vorteil aus.

2.3.1 Nutzungsort

Das Vorhandenseins eines Internet-Zugangs von Zuhause hat sich im letzten Jahr noch um über 10% gesteigert. Bei der Arbeit dagegen gibt es keine großen Unter schiede zu Anfang 2000. Zum ersten Mal taucht in der 7. Untersuchungswelle die Möglichkeit auf, das Internet mobil zu nutzen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.7: Anteile nach Nutzungsorten in Prozent (modifiziert nach GfK 2001)

2.3.2 Zeitpunkt der Nutzung

Am meisten gesurft wird nach Feierabend, zwischen 18 und 22 Uhr liegt die Quote bei 37% (bis 20 Uhr), bzw. bei 34%. Interessant ist auch, dass das Internet am Arbeitsplatz hauptsächlich nur bis Mittag genutzt wird, danach gehen die Zahlen stetig bergab.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.8: Zeitpunkt der Internetnutzung (modifiziert nach GfK 2001)

2.3.3 Nutzungs-Aktivitäten

Das Internet ist ein Kommunikationsmedium. Dies zeigen die am häufigsten genutzten Aktivitäten sehr deutlich: Fast 80% macht der Email-Verkehr aus (privat 52%, beruflich 27%). Doch auch die Informationsfunktion ist nicht zu vernachlässigen. Denn egal, ob Informationen zum Weltgeschehen, über Computer oder Musik gesucht werden, die Anteile liegen bei ca. 25%.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.9: Top Ten der Nutzungs-Aktivitäten (modifiziert nach GfK 2001)

2.4 Ansichten der Nutzer zur Zukunft des Internet

Die ARD/ZDF-Online-Studie 2000 untersuchte auch die Ansichten und Meinungen der Internetnutzer das neue Medium betreffend. So wurden den Befragten Statements zur Zustimmung oder Ablehnung vorgelegt, die sich mit den Konsequenzen und Aussichten des Internet befassten.

2.4.1 Konsequenzen

Welche Folgen, positive wie negative, bringt das Internet mit sich? Die „Surfer“ sehen das sehr differenziert. Denn zum einen sind sie der Ansicht, dass extremistische Inhalte zunehmen werden, wobei sie aber auch die Möglichkeit zur Chancengleichheit sehen. Zudem sind fast alle der Meinung, dass es zu einem Massenmedium werden wird.

Tab.2: Konsequenzen von Onlinemedien (modifiziert nach Van Eimeren/Gerhard 2000, „stimme zu“ in%)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.4.2 Aussichten

Auch die Zukunft der Angebote im Internet wird überwiegend positiv gesehen.

Laut der Befragten werden die Angebote häufiger genutzt und auch einfache wer- den. Nur einer besseren Übersichtlichkeit räumen sie etwas geringere Chancen ein.

Tab.3: Zukunftserwartungen im Bereich Onlineangebote (modifiziert nach Van Eimeren/Gerhard 2000, „stimme zu“ in%)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3 Diffusion of Innovations - Die Diffusionstheorie nach Everett M. Rogers

Hauptgegenstand der Diffusionsforschung sind Innovationen und deren Verbrei- tung.

Das wohl bekannteste und auch am weitesten anerkannte Modell zur Diffusionstheorie stammt von Everett M. Rogers.

In seinen Werken, angefangen mit „Diffusion of Innovations“ von 1962, bündelt er die verschiedensten Studien dieses Forschungszweiges und bringt sie, angereichert mit seinen eigenen Nachforschungen, zu einer allgemein anerkannten Theorie zur Verbreitung von Neuerungen zusammen. In späteren Auflagen wird das Konzept immer weiter ausgeführt und aktualisiert.

3.1 Definition des Begriffs und Entwicklung der Diffusionsfor- schung

Rogers definiert Diffusion wie folgt:

Diffusion is the process by which an innovation is communicated through certain channels over time among the members of a social system. It is a special type of communication, in that the messages are concerned with new ideas.6

Eine Grundannahme dieser Definition ist, dass Kommunikation zweiseitig ist. Zwei oder mehr Individuen tauschen Informationen aus, um Konvergenz oder Divergenz zu erreichen.7

Ein Individuum wird mit einer Neuigkeit konfrontiert, besitzt nun aber weniger In- formationen darüber, als vorhanden sind. Das daraus entstehende Kentnissgefälle wird in der Informationstheorie als „Ungewissheit“ bezeichnet.8 Auch Rogers ver- wendet den Begriff der uncertainty ‚Ungewissheit‘. Dieses Nichtwissen ist ein we- sentlicher Bestandteil, der die Verbreitung der Neuerung vorantreibt. Denn das Individuum versucht nun, durch das Sammeln von Informationen, diese Unge- wissheit zu bekämpfen.

Ist das geschehen, und sind andere Faktoren geprüft worden (s.u.), dann wird „entschieden“, ob die Innovation nun angenommen (adopted) oder abgelehnt (rejected) wird.

Laut Rogers bringt Diffusion auch immer eine soziale Veränderung mit sich: „When new ideas are invented, diffused and are adopted or rejected, leading to certain consequences, social change occurs.”9

Die Wurzeln der Diffusionsforschung liegen in den Anfängen der Europäischen Sozialforschung. Der Franzose Gabriel Tarde stellte um 1900 einige Generalisie- rungen über die Verbreitung von Innovationen zusammen, die er „Gesetze der Imitation“ nannte. Tarde kam in seinen Studien zu dem Ergebnis, dass eine Inno- vation besser angenommen wird, je ähnlicher sie schon vorher akzeptierten Ideen ist.10

In den darauf folgenden Jahren hat sich die Diffusionsforschung in verschiedenen Forschungstraditionen, die meist unabhängig voneinander agierten, weiter entwickelt. Die sieben wichtigsten Bereiche sind dabei nach Schenk Anthropologie, Soziologische Forschung, Agrarsoziologie, Erziehungswissenschaft, Medizinsoziologie, Marketing und Kommunikationswissenschaft.11

Rogers unterteilt die Entwicklung der Diffusionsforschung zusätzlich in acht verschiedene Typen: Zeitpunkt des Wissens über eine Neuerung, Adoptionsrate verschiedener Neuerungen, Innovationsbereitschaft, Meinungsführer, Diffusionsnetzwerke, Adoptionsrate in verschiedenen sozialen Systemen, Kommunikationskanäle und Konsequenzen von Innovationen.12

Als bahnbrechend in der Entwicklung der Diffusionsforschung gilt eine Studie von Ryan und Gross, die 1943 die Verbreitung von Saatgut (Hybrid Seed Corn) unter amerikanischen Farmen im US-Bundesstaat Iowa untersuchten.13

3.2 Die vier Basiselemente der Diffusionstheorie

Aus der Definition von Diffusion (s.o.) ergeben sich die vier Basiselemente der Diffusionstheorie nach Rogers:

Innovation, Kommunikationskanäle, Zeit und das Sozialsystem.

3.2.1 Innovation

Unter Innovation versteht man Ideen, Verfahrensweisen oder Objekte, die von Mitgliedern eines sozialen Systems als „neu“ angesehen werden.14

Ob ein Objekt neu ist, entscheidet nur das Individuum selbst. Es zählt nur die sub- jektive Einschätzung, nicht die tatsächlichen Fakten, d.h. neu ist, was neu scheint. Bezogen auf den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit, das Internet, heißt dies folgendes: für jemanden, der erst mit der Entwicklung des ersten Browsers 199315 davon hörte, ist das Internet völlig neu. Tatsächlich aber gehen die Anfänge des Internet auf das ARPANET aus dem Jahr 1969 zurück, das vom U.S. Department of Defense entwickelt wurde, um Daten ohne einen zentralen Fixpunkt zu verschi- cken.16

Rogers schreibt Innovationen fünf Charakteristika zu, die - wiederum vom Individuum aus gesehen - die verschiedenen Adoptionsraten von Neuerungen erklären sollen. Diese Merkmale sind wie folgt:

- Relativer Vorteil (Relative Advantage): bezeichnet den Vorteil, den die Innovation gegenüber vorangegangenen Ideen hat.
- Kompatibilität (Compatibility): bezeichnet das Maß, mit dem die Neuerung mit alten Werten und Normen vereinbar ist.
- Komplexität (Complexity): bezeichnet die Schwierigkeit der Handhabung und des Verstehens einer Neuheit.
- Testmöglichkeit (Trialability): bezeichnet die Möglichkeit, dass eine Innova- tion zu einem gewissen Maß getestet und geprüft werden kann.
- Beobachtbarkeit der Ergebnisse (Observability): bezeichnet das Maß, mit dem die Ergebnisse einer Innovation zu beobachten sind.17

Diese Merkmale von Innovationen stehen mit Ausnahme der Komplexität in positiver Relation zur Adoptionsrate. Im Zusammenhang mit der Adoptionsrate werden diese Eigenschaften später noch näher erläutert.

3.2.2 Kommunikationskanäle

„Communication is the process by which participants create and share information with one another in order to reach a mutual understanding.”18

Als Kommunikationskanäle werden Mittel angesehen, durch die Informationen von einem Individuum zum nächsten gelangen.

Rogers unterscheidet nur grob zwischen den Massenmedien an sich und der in- terpersonellen Kommunikation. Beide sind wichtig im Verlauf einer Diffusion, aber auf verschiedenen Ebenen des Innovations-Entscheidungs-Prozesses (s.u.). Wichtig für die Verbreitung einer Neuheit ist auch, ob die Kommunikationspartner eher homophil oder heterophil sind. Im Grunde ist es eine gute Vorraussetzung für Kommunikation, wenn die Beteiligten homophil sind, d. h., wenn sie sich in be- stimmten Attributen wie Bildung oder sozialer Status ähneln, aber im Sinne der Diffusion ist es von Vorteil, wenn sie eher heterophil sind, denn sonst gibt es ver- mutlich keine Informationen, die ausgetauscht werden können.19

So werden zwei Menschen die sich mit Technik oder technischen Neuerungen nicht beschäftigen, wohl erst über die Massenmedien von dem neuen Medium Internet erfahren, da sie sich über derartige Themen nicht unterhalten. Ist aber einer der beiden Kommunikationspartner ein „Technikfreak“, so wird er seine In- formationen über die Innovation wohl auch an seinen Gesprächspartner weiterge- ben.

3.2.3 Zeit

Der Innovations-Entscheidungs-Prozess, also der Prozess vom Wissen über eine Innovation bis hin zur Entscheidung über Annahme oder Ablehnung der Neuheit, nimmt eine gewisse Zeitspanne in Anspruch. Bei der Entscheidung über die An- nahme oder Ablehnung einer Innovation durchläuft das Individuum verschiedene Phasen, auf die in einem eigenen Kapitel zum Innovations-Entscheidungs-Prozess noch näher eingegangen wird.

Desweiteren ist die Zeit involviert im Bereich der Innovationsbereitschaft eines Individuums oder einer Gruppe von potentiellen Adoptern, das bedeutet, wie relativ früh oder spät eine Innovation angenommen wird.

Das dritte Gebiet in der Diffusionstheorie, bei dem die Zeit eine Rolle spielt, ist die Adoptionsrate einer Neuerung in einem sozialen System.20

Sowohl die Adopterkategorien, also auch die Adoptionsrate werden später noch detaillierter beschrieben.

3.2.4 Soziales System

„A social system is defined as a set of interrelated units that are engaged in joint problem-solving to accomplish a common goal.” 21

Die Struktur eines sozialen Systems nimmt auf verschiedenen Wegen großen Einfluss auf die Diffusion von Innovationen. So sind bestehende Normen innerhalb eines Sozialsystems oft ein Hinderungsgrund für die Verbreitung von neuen Ideen. Denn ein soziales System gibt den Menschen ein Gefühl von Stabilität in ihrem Leben, und ist somit auch eine Art Information, die Ungewissheit verringert.22

So würde auch das Internet in Kulturkreisen mit einer gewissen Technikaversion, wie z.B. den Huttern, keine Verbreitung finden. Hier in Deutschland dagegen, einem Land, das technischen Fortschritt begrüßt, bzw. stets an dessen Entwicklung arbeitet, wurde das Internet mit offenen Armen empfangen. Die oben (in Abb.1) dargestellten Nutzerzahlen zeigen dies recht deutlich.

In einem sozialen System nehmen verschiedenen Individuen unterschiedliche Rol- len an. Als Beispiele nennt Rogers z.B. Opinion Leader ‚Meinungsführer‘.

Opinion Leader sind Menschen, die Einstellungen und Verhalten ihrer Mitmen- schen beeinflussen können, aufgrund des höheren Ansehens, dass sie in der Ge- sellschaft haben. Nach Elihu Katz gibt es drei Kriterien, die Meinungsführer von Nicht-Führern“ unterscheiden: „who one is“, d.h. die Personifikation von Werten, „what one knows“, d.h. die Kompetenz, die er besitzt und „whom one knows“, d.h. wo er im sozialen Netzwerk steht.23 Daher können die Meinungsführer als gutes Modell für das Innovationsverhalten ihrer Mitmenschen angesehen werden. Das Prinzip der Meinungsführerschaft impliziert auch eine Heterophilität der an der Kommunikation beteiligten Personen.

Aus der Gesellschaft heraus ergeben sich nach Rogers drei Typen von Innovati- ons-Entscheidungen: die optionale Innovations-Entscheidung, bei der ein Indivi- duum unabhängig von anderen entscheidet; die kollektive Innovations- Entscheidung, bei der die Entscheidung durch Konsens der Mitglieder des Sys- tems zustande kommt, und die autoritäre Innovations-Entscheidung, bei der einige wenige, aber mächtige Mitglieder über die Entscheidung bestimmen.

Die Adoption des Internet als neues Medium kann man der ersten, der hier aufge- führten Innovations-Entscheidungen zuordnen. Denn niemand wird von einer hö- heren Autorität gezwungen, das Internet zu nutzen. Jeder kann selbst entschei- den, ob er oder sie zu den „Onlinern“ oder „Offlinern“ gehören will. Es ergeben sich zwar vielleicht auch Nachteile aus einer dem Internet gegenüber negativen Entscheidung, wie z.B. Karrierechancen, aber die Entscheidung bleibt dem Indivi- duum selbst überlassen. Es ist keine Gruppe von Personen nötig, um in diesem Aspekt ein Urteil zu fällen.

3.3 Der Innovations-Entscheidungs-Prozess

The innovation-decision process is the process through which an individual (or other decision-making unit) passes (1) from first knowledge of an innova- tion, (2) to forming an attitude toward the innovation, (3) to a decision to ad- opt or reject, (4) to implementation of the new idea, and (5) to confirmation of this decision.24

Wird nun ein Individuum mit einer Innovation konfrontiert, so beginnt es, den Innovations-Entscheidungs-Prozess zu durchlaufen

Dieser Adoptionsprozess ist eingeteilt in fünf Phasen: Knowledge ‚Wissen‘, Persuasion ‚Überzeugung‘, Decision ‚Entscheidung‘, Implementation ‚Gebrauch‘ und Confirmation ‚Bestätigung‘.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 10: Der Innovations-Entscheidungs-Prozess (Rogers 1995, S. 163)

3.3.1 Die Wissens-Phase

Die Wissens-Phase ist die erste Phase, die das Individuum im Laufe des Adoptionsprozessen durchläuft. In ihr wird es mit einer Neuerung konfrontiert und eignet sich Wissen an, wie diese Neuheit funktioniert.25

Die Frage ist nur, wie die Person von der Innovation erfährt. Einige Forscher sa- gen, dass sie zufällig davon erfährt, während andere Untersuchungen ergaben, dass Individuen auch nach ihren Neigungen und Vorlieben entsprechenden Innovationen suchen.26 Aber das kann auch je nach Art der Innovation verschieden sein. Auch im Falle des Internet dürften beide Formen vorkommen. Die technisch hoch interessierten suchen aktiv nach einem derartigen Medium, vielleicht, weil sie sich so etwas schon lange „wünschen“. Die breite Masse wird dagegen wohl erst in den Massenmedien davon erfahren.

Das Individuum sucht dann aber aktiv nach Informationen über die Neuheit, um die Ungewissheit über Vorteile und Nachteile zu verringern. Rogers unterscheidet zwischen drei verschiedenen Arten von Wissen: awareness-knowledge bedeutet, dass die Person weiß, dass die Innovation existiert, how-to-knowkedge besteht aus dem Wissen, das man braucht, um diese Neuheit zu nutzen und principlesknowledge, über die Funktionsprinzipien.27

In dieser ersten Phase des Innovations-Entscheidungs-Prozesses sucht sich die Person nähere Informationen über die Neuheit über die Massenmedien.

Am Beispiel Internet würde das heißen, das Individuum hört von diesem neuen Medium im Radio, sieht einen Bericht darüber im Fernsehen und fragt sich nun: Was ist das Internet eigentlich? Wie funktioniert es? Was brauche ich dazu, um es zu benutzen? Wieviel kostet es?

3.3.2 Die Überzeugungs-Phase

In der zweiten Phase des Adoptionsprozesses bildet das Individuum eine Einstel- lung gegenüber der Innovation, die sowohl positiv, als auch negativ ausfallen kann. Dies ist abhängig von den oben beschrieben Eigenschaften einer Innovati- on, wobei in dieser Phase vor allem der relative Vorteil, die Kompatibilität und die Komplexität eine große Rolle spielen. Denn hier versucht die Person die Unge- wissheit über die erwarteten Konsequenzen einer Neuerung zu reduzieren. Hat das Individuum nun eine Einstellung gebildet, dann heißt das noch nicht, dass, sei es eine positive, sie auch letzten Endes zur Adoption führt, oder vice versa. Es ist vielmehr eine Tendenz, dass das Verhalten und die Einstellungen konsistent wer- den.28

In dieser Phase tauchen nun Fragen auf wie: Was bringt mir das Internet eigentlich? Welchen Vorteil habe ich, wenn ich es benutze? Wird das Internet mein Leben irgendwie beeinflussen? Wie schwer ist es, es zu benutzen? Muss ich das Surfen im Internet richtig lernen?

In der Überzeugungs-Phase wendet sich die Person nun weniger an die Massen- medien, um zu den gewünschten Informationen zu kommen. Vielmehr spielt in dieser und in der darauffolgenden Entscheidungs-Phase die interpersonale Kom- munikation die größte Rolle. Antworten auf die oben gestellten Fragen werden demnach nicht in Fernsehberichten oder Zeitschriftenartikeln gesucht, sondern im Gespräch, wahrscheinlich mit einem Meinungsführer, der - das Internet betreffend - kompetent erscheint.

3.3.3 Die Entscheidungs-Phase

Hier fällt das Individuum nun ein Urteil über die Annahme oder Ablehnung einer Innovation, wobei Adoption definiert wird als eine Entscheidung, vollen Gebrauch von einer Innovation zu machen. In dieser Phase ist die vierte Eigenschaft einer Neuerung, die Prüfbarkeit, von großer Bedeutung, da die Ungewissheit über die Folgen einer Adoption der Neuheit vermindert wird, kann man sie vorher in gewis- sem Maße testen. So ist der Adoptionsprozess bei Innovationen, die getestet wer- den können meist kürzer.29

Es ist jedoch auch durchaus möglich, dass die Neuerung abgelehnt wird. Rogers unterscheidet zwei Arten von Ablehnung, eine aktive und eine passive. Bei der aktiven Zurückweisung hat das Individuum eine Adoption in Erwägung gezogen, die Innovation vielleicht auch getestet, beschließt aber, sie abzulehnen. Bei der passiven Ablehnung wurde der Gebrauch der Neuerung eigentlich nie richtig be- dacht.30

Das Merkmal der Prüfbarkeit ist beim Internet gut gegeben. Denn wer das Surfen einmal versuchen möchte, der kann das ohne neues Zubehör für den Computer kaufen zu müssen tun. Internet Cafés sind dazu ein idealer Ort. Um potentiellen Nutzern näher an das neue Medium heran zu führen bieten Online-Dienste wie AOL z.B. 20 Stunden kostenloses Surfen an.31 Hier muss der Nutzer allerdings bereits eine leicht positive Einstellung zum Internet entwickelt haben, da er sich, um diesen Service zu nutzen, schon ein Modem kaufen muss.

3.3.4 Die Implementierungs-Phase

Der Einsatz einer Innovation erfolgt dann, wenn das Individuum die Neuheit in Gebrauch nimmt. Bis zu dieser Phase hat sich der gesamte Innovations- Entscheidungs-Prozess im Kopf abgespielt, beim Einsatz ist nun auch eine Ver- haltensänderung erforderlich. In dieser Phase kommt auch wieder die Eigenschaft der Komplexität ins Spiel, denn ist die Innovation zu kompliziert, dann wird es zu Schwierigkeiten beim Einsatz kommen. Die Dauer der Implementierungs-Phase kann sehr unterschiedlich sein, abhängig von der Innovation. Ihr Ende wird gese- hen, wenn der Gebrauch der Neuerung für die Person zu einer „normalen“ Tätig- keit geworden ist.32

Hat sich nun jemand dazu entschieden, die Innovation Internet anzunehmen, so steht er vielleicht, je nach Ausmaß seiner technischen Affinität, vor dem Problem, wie er sein Modem konfigurieren muss, oder wie man mit einem Browser im Netz navigiert.

Ein weiterer wichtiger Punkt in dieser Periode ist nach Rogers die Re-Invention, definiert als „the degree to which an innovation is changed or modified by a user in the process of ist adoption and implementation.“33 Sie findet zumeist in der Implementierungs-Phase statt.

Beim Internet von Re-Invention zu sprechen ist sehr schwer, denn es gibt einfach so viele verschiedene Arten, es zu nutzen. So sucht der eine eher nach Informati- onen, während der andere hauptsächlich Emails verschickt (s.o. Abb.9). Auch beim Zugang gibt es unterschiedliche Möglichkeiten: Online-Dienste wie T-Online oder AOL, Service Provider wie CompuServe oder Call-by-Call Anbieter wie Talkline.

3.3.5 Die Bestätigungs-Phase

Mit dem Gebrauch einer Neuheit ist der Innovations-Entscheidungs-Prozess oft noch nicht beendet. Denn auch nach der Implementierung suchen viele noch weiter Informationen zu der angenommenen Innovation. Rogers beschreibt diese Phase wie folgt:

At the confirmation stage the individual [ ] seeks reinforcement of the inno- vation-decision already made or reverses a previous decision to adopt or re- ject the innovation if exposed to conflicting messages about the innovation.

At the confirmation stage the individual seeks to avoid a state of dissonance or to reduce it if it occurs.34

Dissonanz ist nach Festinger ein unangenehmer Gefühlszustand, den die Person zu mindern oder ganz zu eliminieren versucht.35

Der zweite wichtige Aspekt in der Bestätigungs-Phase ist discontinuance ‚Einstellung‘ im Sinne von Unterbrechung. Discontinuance ist die Entscheidung, eine Innovation abzulehnen, nachdem sie zuvor angenommen wurde. Rogers unter- scheidet hier zwischen zwei Arten: replacement ‚Ersetzen‘ und disenchantment ‚Ernüchterung‘. Ersetzen bedeutet, dass das Individuum die Neuheit ablehnt, um eine bessere zu adoptieren. Ernüchterung tritt ein, wenn die Person die Innovation zurückweist, weil sie damit nicht zufrieden ist.36

Im Fall des Internet ist ein Ersetzen nur bedingt möglich, denn momentan gibt es keine wirklichen Alternativen. Erst mit dem „Internet 2“, mit der das Zukunftsinstitut ab dem Jahr 2005 rechnet, wird es die von vielen Unternehmen und Experten an- gekündigte „digitale Revolution“ geben.37 Man kann allerdings davon ausgehen, dass aufgrund der immer schneller werdenden Übertragungsraten in den nächsten Jahren immer mehr Nutzer auf das mobile Internet über WAP oder später auch GPRS und UMTS zugreifen werden.

Der zweite Fall der Discontinuance ist hier wohl wahrscheinlicher, da es natürlich sein kann, dass man mit dem, was das Internet bietet nicht zufrieden ist. Man hat sich mehr davon versprochen, und ist nach der ersten Phase der Euphorie nun enttäuscht, dass man vielleicht doch nicht alles findet, wie man zu Beginn ange- nommen hat.

3.4 Die Adoptionsrate

“Rate of adoption is the relative speed with which an innovation is adopted by members of a social system. It is generally measured as the number of individuals who adopt a new idea in a special period […].”38

Damit ist die Adoptionsrate ein numerischer Indikator für die Steigung der Adoptionskurve einer Innovation.

Erklärt wird das hauptsächlich über die schon oben angesprochenen fünf Attribute einer Innovation: Relativer Vorteil, Kompatibilität, Komplexität, Testmöglichkeit und Beobachtbarkeit der Ergebnisse. Weitere Variablen, die eine Rolle spielen sind die verschiedenen Typen der Innovationsentscheidung (optional, kollektiv, autoritär), die Kommunikationskanäle, das soziale System und das Ausmaß der Maßnahmen der Change Agents.39

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.11: Variablen, die die Adoptionsrate beeinflussen (Rogers 1995, S. 207)

3.4.1 Relativer Vorteil

„Relative advantage is the degree to which an innovation is perceived as being better than the idea it supersedes.“40

Der relative Vorteil lässt sich in mehrere Unterkategorien aufteilen. Zum einen sind da die ökonomischen Faktoren: Der potentielle Nutzer wird sich fragen, inwiefern ihm die Innovation finanziell nutzt, bzw. was sie ihn kostet.

Finanziell gesehen ist das Internet mit den geringer werdenden Zugangskosten immer attraktiver geworden. Zusätzlich sparen kann der User durch die immer schneller werdenden Übertragungsraten, z.B. mit einer DSL-Leitung, da er damit weniger Zeit im Netz verbringen muss, um die gleichen Informationen zu bekom- men.

Fällt der Preis einer Neuerung innerhalb ihres Diffusionsprozesses, so ist eine Beschleunigung der Adoptionsrate sehr gut möglich.

Eine weiterer Grund für die Annahme einer Innovation ist der Aspekt des Status- objekts. Wird eine Neuheit jedoch hauptsächlich aus dieser Motivation heraus an- genommen, so kommt es oft zu einer Overadoption, das bedeutet, dass eine Per- son eine Innovation annimmt, obwohl sie sie eigentlich zurückweisen sollte.41 In der jetzigen Zeit ist das Internet bestimmt kein Statussymbol mehr, aber zu Be- ginn seiner Verbreitung, als der Zugang noch bedeutend kostspieliger war, war es etwas besonderes. Overadoption kann heute jedoch auch noch vorkommen, wenn sich jemand einen Internetzugang beschafft, nur um „mitreden“ zu können, oder um nicht als „rückständig“ zu gelten.

Zusammenfassend kann man dem Internet folgende Vorteile zusprechen:

Möglichkeit, schnell, sowie zeit- und ortsunabhängig an Informationen zu gelangen, geringe finanzielle Zugangskosten, sehr viele verschiedene Aktivitätsmöglichkeiten innerhalb des Internet, wie Chatten, Emails verschicken, einfach nur surfen, wissenschaftlich recherchieren, einkaufen, etc., dazu sehr hohe Aktualität, und eine bisher unbekannte Vielfalt an Informationen „an einem Ort.

3.4.2 Kompatibilität

„Compatibility is the degree to which an innovation is perceived as consistent with the existing values, past experiences, and needs of potential adopters.“42 Je mehr eine Innovation mit den oben benannten Begriffen kompatibel ist, desto besser und schneller wird sie angenommen.

Rogers unterscheidet drei Bereiche, mit welchen eine Innovation kompatibel sein kann: mit kulturellen Werten und Glauben, mit zuvor eingeführten Ideen und mit den Bedürfnissen des Nutzers für diese Neuerung.43

Wie oben beschrieben, ist das Internet eigentlich keine Neuheit, die die Werte ei- ner Kultur bedroht oder stark verändert. Mit Ausnahme der Kulturen, die Technik im allgemeinen ablehnen, wie z. B. die Hutter oder die Amish Poeple. Das grund- legende am Internet ist auch dessen Globalität, es spielt keine Rolle, welche Sprache man spricht, oder mit welcher Währung man bezahlt. Einzige Vorausset- zung ist ein Telefonanschluss, denn es natürlich in vielen Kulturen nicht selbstver- ständlich gibt. Zuvor eingeführte Ideen stellen auch kein Hindernis für die Verbrei- tung des Internets dar. Denn die Voraussetzungen für das Internet, wie die Ent- wicklung von Telefonleitungen und Datenfernübertragung, wurden auch schon ohne Probleme angenommen.

Es ist wichtig, dass mit vorangegangenen Neuheiten keine schlechten Erfahrungen gemacht werden, da dieser sog. Innovations-Negativismus ein Hindernis bei der Diffusion von neuen Ideen sein kann.44

3.4.3 Komplexität

„Complexity is the degree to which an innovation is perceived as relatively difficult to understand and use.“45

Dieses Merkmal einer Innovation korreliert als einziges negativ mit der Adoptionsrate. Denn je komplexer eine Idee ist, desto langsamer und auch unwahrscheinlicher wird sie angenommen.

Wie komplex eine Neuheit erscheint, hängt sehr mit der Affinität des Nutzers mit diesem Themengebiet zusammen. Für einen „Computer-Freak“ ist auch das Inter- net eine ganz einfache und logische Sache, aber für einige, auch vor allem ältere Menschen, ist es etwas völlig neues und wohl auch unverständliches. Die breite Masse hat mit dem Internet allerdings wenig Probleme. Die Konfiguration des Modems läuft fast von selbst und ähnelt sehr stark der üblichen Installation von Programmen auf dem PC, und die Browser sind so benutzerfreundlich konzipiert, dass man anhand der bebilderten Schaltflächen fast immer genau erkennen kann, was man damit machen kann.

3.4.4 Testbarkeit

„Trialability is the degree to which an innovation may be experiented with on a limited basis.“46

Auch hier zeigt sich ein positiver Zusammenhang mit der Adoptionsrate, denn die Möglichkeit, die Idee bzw. das Produkt vorher zu testen, verbessert die Chancen, dass es angenommen wird, sowie die Geschwindigkeit der Adoption. Denn durch den Umstand, etwas prüfen zu können verringert sich die Ungewissheit darüber.47 Wie schon unter 1.3.3 dargestellt, ist es ohne Probleme möglich das Internet zu testen.

3.4.5 Beobachtbarkeit

„Observability is the degree to which the results of an innovation are visible to oth- ers.“48

Dies bedeutet, je besser man die Ergebnisse einer Innovation beobachten und vor allem auch kommunizieren kann, desto eher und schneller wird die Neuerung an- genommen.49

Da das Internet auch ein Kommunikationsmedium ist, und diese Funktionen, wie Email und Chatten, auch sehr häufig genutzt werden (s.o. Abb.9), so ist diese Ei- genschaft beim Internet absolut gegeben. Auch die Erfolge, die man mit dem In- ternet erzielt sind sehr gut nachweisbar und kommunizierbar. Über das World Wi- de Web gefundene Informationen können zu Demonstrationszwecken ausge- druckt oder auch als Anhang einer Email beigefügt werden.

3.5 Übernehmer-Kategorien

Rogers teilt die Übernehmer einer Innovation in fünf verschiedene Gruppen, bzw. Kategorien ein. Ausgangspunkt dieser Einteilung ist die innovativeness, die ‚Inno- vationsbereitschaft‘ bzw. die ‚Innovativität‘. Rogers definiert diese wie folgt: „innovativeness, [is] the degree to which an individual or other unit of adoption is relatively earlier in adopting new ideas than other members of a system.“50 Die Übernehmer-Kategorien sind: Innovators ‚Innovatoren, Early Adopters ‚frühe Übernehmer, Early Majority ‚ frühe Mehrheit‘, Late Majority ‚späte Mehrheit‘ und Laggards;Nachzügler‘.

Die kumulierten Prozentzahlen der Übernehmer eines sozialen Systems ergeben folgende Diffusions- bzw. Adoptionskurve:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.12: S-förmige Diffusionskurve einer Innovation (modifiziert nach Rogers 1995, S. 106)

Dies entspricht einer Normalverteilung. Rogers betont auch, dass es sich bei die- sen Gruppen nur um Idealtypen handelt, wodurch ein vernünftiger Vergleich erst möglich wird.51

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.13. Adopter-Kategorien (Rogers 1995, S. 262)

Im folgenden werden die einzelnen Kategorien anhand ihrer Charakteristika näher beschrieben.

3.5.1 Die Innovatoren

Ein sehr wichtiges Merkmal der Innovatoren ist die Risikofreudigkeit, die aber meist nur vor dem Hintergrund finanzieller Sicherheit existiert. Zudem haben sie meist ein höheres Verständnis von Technik. Aufgrund der wenigen Informationen, die dem Individuum zu diesem relativ frühen Adoptionszeitpunkt zur Verfügung stehen, müssen Innovatoren auch ein hohes Maß an Ungewissheit bewältigen können. Personen dieser Kategorie haben meisten einen gehobenen sozialen Status, sind „Kosmopoliten“, aber keine formellen Führungspersonen.52

Die ersten Individuen, die das Internet nutzten waren zumeist Forscher, oder Universitätszugehörige, da zu Beginn auch nur Universitäten, Forschungseinrichtungen und das Militär an das Netzwerk angeschlossen waren.

Die ersten Privatpersonen mussten auch zu den Besserverdienenden zählen, da zu dem Zeitpunkt Computer noch recht teuer waren. Zusätzlich war eine gewisse technische Affinität nötig, da man nicht einfach über ein Modem ins Internet ging, sondern den Computer noch kompliziert an das Telefon anschließen musste.

3.5.2 Frühe Übernehmer

Individuen dieser Kategorie sind eher in das lokale System integriert, als die sehr kosmopolitischen Innovatoren. So finden sich unter den frühen Übernehmern auch sehr viele Meinungsführer. Diese Gruppe ist immer noch von einem höheren so- zio-ökonomischen Status, und besser informiert als die breite Mehrheit. Die frühen Übernehmer dienen vielen Personen als Informationsquelle und Vergleichsperson im sozialen System.53

Sieht man sich die Merkmale der Internetnutzer dieser Kategorie an, so bestätigt sich das. Die weitaus größte Gruppe ist die der leitenden Angestellten mit 30%. Ausgangspunkt: Soziales System: Deutschland. Nutzerzahl 01/1998: 5,6 Mio., das entspricht 12%.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.14: Internetnutzung nach beruflicher Stellung (GfK Online-Monitor 1998).

3.5.3 Frühe Mehrheit

Mitglieder dieser Kategorie sind fest im sozialen System verankert. Sie suchen oft Rat bei ihren Mitmenschen und nehmen eine Adoption erst an, nachdem sie von den Erfahrungen der Innovatoren und frühen Übernehmer gehört und diese auch abgewogen haben. Personen der Gruppe der frühen Mehrheit nehmen im sozialen System keine Führungsrollen ein, sind aber sozio-ökonomisch immer noch im ü- berdurchschnittlichen Bereich.54

Die Zahlen des 5. GfK Online-Monitors bestätigen diese Daten, denn auch hier liegt die größte Gruppe der Internetnutzer bei einem Haushaltsnettoeinkommen von mindesten 6000 DM. Personen mit einem Einkommen von unter 2000 DM im Monat liefern mit 6% den kleinsten Anteil.

Ausgangspunkt: Soziales System: Deutschland, Nutzerzahl 01/2000: 27,7 Mio., das entspricht 21%.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.15. Internetnutzung nach Haushaltseinkommen (GfK Online-Monitor, 2000)

3.5.4 Späte Mehrheit

Hauptmerkmal der Individuen in der vierten Übernehmer-Kategorie ist die Skepsis. Sie nehmen eine Innovation erst an, wenn sich bereits überdurchschnittlich viele Personen dafür entschieden haben. Denn Mitglieder der späten Mehrheit haben zumeist ein geringeres Einkommen und sind weniger informiert. Oft ist es eine Art „Gruppendruck“, der sie zur Adoption einer Innovation verleitet.55

Da wir uns momentan in der Phase der frühen Mehrheit befinden, gibt es keine empirischen Daten, die dies belegen könnten.

Einige Forscher gehen sogar davon aus, dass das Internet diese Phase gar nicht erreichen wird. Eine Studie zur Zukunft des Internets von Matthias Horx sagt auch eine Stagnation der Online-Nutzerzahlen voraus.56

3.5.5 Nachzügler

Die Nachzügler zeichnet eine sehr starke Traditionsgebundenheit aus. Sie bilden zudem die am meisten lokal orientierte Gruppe. Sie haben oft nur Kontakt zu e- benso traditionsbewussten Personen, und aufgrund dieser Homophilität ihrer Be- ziehungen im sozialen System übernehmen sie eine Innovation erst dann, wenn sie schon fast wieder veraltet ist. Ihre Entscheidungen treffen sie hauptsächlich nur aus bisherigen Erfahrungen heraus.57

Aus oben genannten Gründen gibt es auch hierzu noch keine empirischen Daten.

4 Diffusions- und Nutzentheoretischer Ansatz kombiniert

Scherer und Berens werfen einen etwas spezialisierteren Blick auf die Verbreitung des Internet als Rogers. Da es sich bei der Innovation Internet um ein Medium handelt, sehen sie es nicht als genügend an, es nur aus diffusionstheoretischer Sicht zu betrachten, sondern auch Aspekte der Medienauswahl und Medienver- wendung mit einzubeziehen. Da unter den Medien stets Konkurrenz um die Nutzer herrscht, erachten sie es als sinnvoll, hier zusätzlich den Uses-and-Gratifications- Ansatz heran zu ziehen, da dieser die Gründe der Zuwendung zu einem bestimm- ten Medium untersucht.58

4.1 Der Uses-and-Gratifications-Ansatz

Der Uses-and-Gratifications-Ansatz untersucht, warum sich ein Individuum einem bestimmten Medium zuwendet, und vor allem, aus welchen Motiven und Bedürfnissen heraus dies geschieht.

Hieß es in der Medienwirkungsforschung bisher immer „What do media do to people?“, so fragte Katz 1957: „What do people do with the media?“59

Grundannahme dieses Ansatzes ist, dass sich Nutzer aktiv zu einem Medium wenden, um gewisse Bedürfnisse zu befriedigen.

Katz, Gurevitch und Haas unterteilen diese Bedürfnisse in fünf Kategorien:

- Kognitive Bedürfnisse (z.B. Informationsbeschaffung)
- Affektive Bedürfnisse (z.B. emotionale Erfahrungen)
- Persönliche Integration (z.B. Stärkung des Selbstbewusstseins)
- Soziale Integrität (z.B. Stärkung von familiären Kontakten)
- Spannungsabbau (z.B. Flucht aus dem Alltag)60

4.2 Der Erwartungs-Bewertungs-Ansatz

Wichtig für das Model von Scherer und Berens ist eine Weiterführung des Uses- and-Gratifications-Ansatz, der Erwartungs-Bewertungs-Ansatz von Palmgreen und Rayburn. Ausgangspunkt für diesen Ansatz ist die Annahme, dass sich der potentielle Nutzer aufgrund von Erwartungen über die Gratifikationsleistungen des Mediums für selbiges entscheidet.61

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.16: Der Erwartungs-Bewertungs-Ansatz ( modifiziert nach Scherer/Berens 1998, S. 60)

Der Nutzer sollte bestimmte Vorstellungen haben, welche Leistungen ein Medium überhaupt bringen kann. Informationen darüber stammen zum einen aus Erfah- rungen mit diesem Medium, zum anderen bezieht er sie aus anderen Medien oder von persönlichen Quellen wie Freunden und Bekannten. Wichtig dabei ist vor al- lem, dass der potentielle Nutzer auch einen persönlichen Bedarf nach diesen Leis- tungen hat.62

4.3 Integration von Diffusionsansatz und Erwartungs- Bewertungs-Ansatz

Diese beiden Ansätze lassen sich in mehreren Punkten kombinieren.

Die Adoption einer Innovation ist im zweiten Ansatz die Zuwendung zu einem Me- dium. Sieht man sich das aus der Diffusionsforschung stammende Merkmal einer Innovation, den relativen Vorteil an, so stellt dieser im Erwartungs-Bewertungs- Ansatz die Erwartungen des potentiellen Nutzers dar, dass das neue Medium bessere Leistungen erbringt, als eines der alten. Es ist jedoch nicht allein ent- scheidend, dass es diesen relativen Vorteil gibt, er muss für das Individuum auch relevant sein.

Die Erfahrungen eines Nutzers, die hier nur vermittelt sind, werden bei Rogers als das Wissen über eine Innovation und die wahrnehmbaren Eigenschaften der Neuheit bezeichnet.63

Aus der Integration der beiden Ansätze ergibt sich folgendes neues Modell:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.17: Integration von Diffusions- und Erwartungs-Bewertungs-Ansatz (Scherer/Berens 1998, S. 62)

4.4 Ein Vergleich der Nutzertypologien von Scherer/Berens und der Übernehmer-Kategorien von Rogers

Scherer und Berens berufen sich in ihren Darstellungen auf die Untersuchung Typologie der Wünsche Intermedia 96/97. Personen, die zum Zeitpunkt dieser Umfrage schon Online-Nutzer waren können der Übernehmer-Kategorie der frühen Übernehmer zugerechnet werden, aus Gründen der Einfachheit werden sie hier als Innovatoren bezeichnet.

Scherer und Berens stellen hier fest, dass die Online-Nutzer dem typischen und auch bei Rogers beschriebenen Bild der Innovatoren entspricht:

„Es handelt sich vielfach um hochgebildete junge Männer mit überdurch- schnittlich hohem Einkommen. Sie sind in der Lage mit moderner Techno- logie umzugehen und haben in der Regel auch den finanziellen Spielraum, sich diese Technologie zu leisten“.64

Zudem sind sie daran interessiert, sich weiterzuentwickeln und zu verbessern. Ein gewisser Ehrgeiz ist auch immer vorhanden. Es sind hauptsächlich aufgeschlos- sene Personen (Rogers verwendet den Begriff kosmopolitisch), dazu einflussreich, und sehr oft gelten die Online-Nutzer auch als Meinungsführer.

Betrachtet man die Kommunikationsbedürfnisse, so sind Personen, die das Inter- net nutzen überdurchschnittlich an Themen wie Technik, Hintergrundberichte über Medien und an Wissenschaft interessiert. Auch das deckt sich mit den Angaben von Rogers. Als Motive für die Online-Nutzung wurden u.a. die Erweiterung von Wissen, die Hilfe bei praktischen Fragen und die soziale Integration angegeben. Die Motive unterscheiden sich, betrachtet man berufliche und private Nutzung ge- trennt.

Scherer und Berens entwickeln aus den Daten dieser Studie zwei Nutzertypen: Typ I hat ein sehr großes Interesse an einer Vielzahl von Themen. Typ II interessiert sich hauptsächlich für ein Thema: Moderne Technik.65

Scherer und Berens haben sich in ihrer Untersuchung primär mit den Motiven der Nutzer beschäftigt. Integriert man diese Befunde in das Diffusionsmodell, so erhält dieses eine größere Erklärungskraft.

Ihr Fazit lautet wie folgt:

„Die Differenzierung der Nutzertypen verdeutlicht, dass ganz unterschiedliche Motive einer heterogenen Nutzerschaft zu dem selben Ergebnis führen: der Nutzung eines neuen Mediums und damit zur Diffusion.“66

5 Fazit

Es lässt sich aus den obigen Daten und Ausführungen zweifellos feststellen, dass sich das Internet in der Gesellschaft etabliert hat und auch aus der Medienland- schaft nicht mehr wegzudenken ist. Viele Aspekte spielen bei der Verbreitung dieses neuen Mediums eine Rolle, sei es die breite Angebotsvielfalt oder die Aktualität, das Internet bietet zahlreiche Funktionen in einem Medium, was TV und Radio bisher noch vermissen lassen. An Informationsvielfalt ist das Internet wohl nicht zu übertreffen, kaum ein Unternehmen oder eine Institution ist nicht im WorldWideWeb mit einer eigenen WebSite vertreten.

Doch was wird in den nächsten Jahren mit diesem Medium geschehen? Auf diese Frage gibt es viele verschiedene Antworten.

Eine Studie, die 1998 am Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft an der Uni- versität Erfurt durchgeführt wurde, ergab, das bis zum Jahre 2010 wohl 25-40% der Haushalte in den entwickelten Industriestaaten über einen privaten Anschluss verfügen werden. Die Befragten Experten waren auch der Meinung, dass die be- kannten Modi der Internetnutzung erhalten bleiben werden. Ausschlaggebend für die Wahl eines Mediums sei eher der Beziehungsaspekt, als die zu erledigende Aufgabe. Ihrer Meinung nach werden die gleichen soziodemographischen Merk- male wie heute eine Rolle dabei spielen, ob jemand zu den „Onlinern“ oder „Offli- nern“ gehört.67 Die ARD/ZDF-Offline-Studie 2000 besagt ähnliches: Auch hier werden soziodemographische, speziell finanzielle Gründe für oder gegen eine In- ternetnutzung angegeben. Sehr kritisch sehen die Befragten hier das Internet in Bezug auf soziale Kontakte. Sie befürchten durch die Internetnutzung einen Rück- gang der persönlichen Kontakte68. Die zweite jährliche Studie von ARD und ZDF, die Online-Studie geht in der neuesten Ausgabe (2000) davon aus, dass sich die Nutzerzahlen in Deutschland bei 40-45% der Bevölkerung einpendeln werden.69 Laut GfK Online-Monitor, 7. Welle, sind in Deutschland jedoch schon 46% der 14- 69-jährigen im Netz. Die Schlussfolgerung dieser Studie ist, dass das Internet die „kritische Masse“ erreicht hat, und damit die weitere Diffusion gesichert ist70. Das würde bedeuten, dass wir aus dem Stadium der frühen Mehrheit, in dem wir uns jetzt befinden noch herauswachsen, und auch noch die weiteren von Rogers defi- nierten Stadien der späten Mehrheit oder sogar der Nachzügler noch erreichen werden. Das Zukunftsinstitut sieht die weiteren Verbreitungschancen jedoch negativer, es gibt eine eher kritische Prognose für die Zukunft dieses Mediums ab: „Das Internet erlebt in den nächsten Jahren eine Adaptionskrise - die Nutzerzahl stagniert, die Euphorie verfliegt.“71

Welche dieser verschiedenen Prognosen nun eintritt, d.h., ob die Nutzerzahlen weiter ansteigen und das Internet zu einem Massenmedium machen werden, oder ob sich die Marke doch bald einpendeln wird, darüber kann nur die Zukunft selbst Auskunft geben. Jedoch werden nachfolgende Generationen wohl schon von klein auf mit diesem Medium aufwachsen (zumindest in den Industrienationen), was für eine immer größer Reichweite des Internet spricht. Eine große Rolle bei der zu- künftigen Entwicklung werden jedoch sowohl der mobile Sektor, als auch völlig neue Technologien spielen.

Literaturverzeichnis

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Nua Ltd (Hrsg.): How many online? URL: http://www.nua.ie/surveys/how_many_online/world.html Stand: 31.03.01.

[...]


1 Durch den Konkurs der Nua Ltd. gibt es leider wurden keine aktuelleren Zahlen.

2 Nua Ltd (Hrsg): How many online? URL: http://www.nua.ie/surveys/how_many_online/world.html Stand: 31.03.01.

3 Gesellschaft für Konsum-, Markt- und Absatzforschung (GfK) (Hrsg.): GfK Online-Monitor. 7. Un- tersuchungswelle. Februar 2001: http://www.gfk.de. Stand: 31.03.01, S. 7.

4 Die Untersuchungswellen der GfK sind immer halbjährlich, d.h. die ungeraden Zahlen bezeichnen den Jahreswechsel und die geraden die Mitte des Jahres.

5 Network Wizard (Hrsg.): Internet Domain Survey, January 2001. URL: http://www.isc.org/ds. Stand: 30.03.01.

6 Rogers, Everett M.: Diffusion of Innovations. New York: The Free Press 1995, S. 5.

7 Rogers: Diffusion of Innovations 1995, S. 6.

8 Vgl. Noelle-Neumann, Elisabeth u.a. Hrsg.): Fischer-Lexikon. Publizistik Massenkommunikation. Frankfurt a. M.. Fischer Taschenbuch Verlag 2000, S. 149.

9 Rogers: Diffusion of Innovations 1995, S. 6.

10 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 40.

11 Schenk, Michael: Medienwirkungsforschung. Tübingen: Mohr 1987, S.280.

12 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 94.

13 Vgl. Schenk: Medienwirkungsforschung. 1987, S. 280.

14 Schenk: Medienwirkungsforschung. 1987, S. 284.

15 1993 wurde der erste Browser für das World Wide Web „Mosaic“ entwickelt, der das Navigieren im Netz grundlegend vereinfachte, und es damit für den „Normalverbraucher“ erst interessant machte.

16 Vgl. Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 316.

17 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 16f.

18 Rogers: Diffusion of Innovations 1995, S. 6.

19 Rogers: Diffusion of Innovations 1995, S. 18f

20 Vgl. Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 20.

21 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 23.

22 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 24.

23 Vgl. Weimann, Gabriel: The Influentials. People who influence people. New York 1994.

24 Rogers: Diffusion of Innovation. 1995, S. 161.

25 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 162.

26 Vgl. Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 162-164.

27 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 165.

28 Vgl. Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 167-169.

29 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 171.

30 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 172.

31 America Online (Hrsg): AOL Software. URL: http://www.aol.de/software. Stand: 22.04.01.

32 Vgl. Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 172f.

33 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 174.

34 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 181.

35 Festinger, L. A.: A Theory of Cognitive Dissonance. Stanford, Calif.: Stanford University Press 1957, S. 3.

36 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 182.

37 Horx, Matthias: Die Zukunft des Internet. Eine aktuelle Studie des Zukunftsinstituts. URL: http://www.zukunftsinstitut.de. Stand: 08.04.01.

38 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 206.

39 Change Agents sind Individuen, die versuchen, einen Klienten in seinem Adoptionsprozess in einer Weise zu beeinflussen, die einer Agentur nutzt. Rogers 1995, S. 27.

40 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 212.

41 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 213-215.

42 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 224.

43 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 224.

44 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 227.

45 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 242.

46 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 243.

47 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 243.

48 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 244.

49 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 244.

50 Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 252.

51 Vgl. Rogers: Diffusion of Innovations. 1995, S. 262f.

52 Vgl. Schenk: Medienwirkungsforschung. 1987, S. 292.

53 Vgl. Schenk: Medienwirkungsforschung. 1987, S. 292f.

54 Vgl. Schenk: Medienwirkungsforschung. 1987, S. 293.

55 Vgl. Schenk: Medienwirkungsforschung. 1987, S. 293.

56 Horx, Matthias: Die Zukunft des Internet. Eine aktuelle Studie des Zukunftsinstituts. URL: http://www.zukunftsinstitut.de. Stand: 08.04.01.

57 Vgl. Schenk: Medienwirkungsforschung. 1987, S. 293.

58 Vgl. Scherer, Helmut/Berens, Harald: Kommunikative Innovatoren oder introvertierte Technik- fans? Die Nutzer von Online-Medien diffusions- und nutzentheoretisch betrachtet. In: Hagen, Lutz M. (Hrsg.): Online-Medien als Quelle politischer Information. Empirische Untersuchungen zur Nut- zung von Internet und Online-Diensten. Opladen/Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 1998, S.54f.

59 Severin, Werner J./Tankard, James W. Jr.: Communication Theories. Origins, Methods, and Uses in the Mass Media. Fourth Edition. Longman Publishers USA 1997, S. 330.

60 Severin/Tankard: Communcation Theories. 1998, S. 333.

61 Scherer/Berens: Kommunikative Innovatoren oder introvertierte Technikfans?. 1998, S. 59f.

62 Vgl. Scherer/Berens: Kommunikative Innovatoren oder introvertierte Technikfans?. 1998, S. 60f. 32

63 Vgl. Scherer/Berens: Kommunikative Innovatoren oder introvertierte Technikfans?. 1998, S. 61. 33

64 Scherer/Berens: Kommunikative Innovatoren oder introvertierte Technikfans? 1998, S. 65.

65 Vgl. Scherer/Berens: Kommunikative Innovatoren oder introvertierte Technikfans? 1998, S. 65- 84.

66 Scherer/Berens: Kommunikative Innovatoren oder introvertierte Technikfans?. 1998, S. 85f.

67 Beck, Klaus; Glotz, Peter; Vogelsang, Gregor: Die Zukunft des Internet. Internationale Delphi-Befragung zur Entwicklung der Online-Kommunikation. Konstanz: uvk Medien 2000.

68 Grajczyk, Andreas, Mende, Annette: ARD/ZDF-Offline-Studie 2000.Nichtnutzer von Online: Zugangsbarrieren bleiben bestehen. In: Media Perspektiven 08/2000, S. 358.

69 Van Eimeren, Birgit/Gerhard, Heinz: ARD/ZDF-Online-Studie 2000: Gebrauchs- wert entscheidet über Internetnutzung, in: Media Perspektiven 08/2000, S. 349.

70 Gesellschaft für Konsum-, Markt- und Absatzforschung (GfK) (Hrsg.): GfK Online-Monitor. 7. Untersuchungswelle. Februar 2001: http://www.gfk.de. Stand: 31.03.01, S. 32.

71 Horx, Matthias: Die Zukunft des Internet. Eine aktuelle Studie des Zukunftsinsti- tuts. URL: http://www.zukunftsinstitut.de. Stand: 08.04.01.

Ende der Leseprobe aus 38 Seiten

Details

Titel
Der Erfolg des Internet aus diffusionstheoretischer Sicht
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Veranstaltung
Hauptseminar
Note
1,7
Autor
Jahr
2000
Seiten
38
Katalognummer
V107036
ISBN (eBook)
9783640053117
Dateigröße
591 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erfolg, Internet, Sicht, Hauptseminar
Arbeit zitieren
Silke Mattle (Autor:in), 2000, Der Erfolg des Internet aus diffusionstheoretischer Sicht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107036

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