Fiktionale Räume im afroamerikanischen Kriminalroman


Seminararbeit, 2002

19 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Vorüberlegungen zur Bedeutung räumlicher Darstellungen im erzählerischen Kontext

3. Chester Himes - „It was Harlem, where anything might happen.“
3.1 In den Straßen des Ghettos
3.2 „This place was built for vice“ - Privaträume bei Chester Himes
3.3 Öffentliche Räume

4. Sam Greenlee - Die Fassade des bürgerlichen Lebens
4.1 Aussenschauplätze: „The ghetto moved into the streets“
4.2 Der Wohnraum als Maskierung
4.3 Der Poolroom

5. Walter Mosley - „I loved going home“
5.1 Straßenszenen
5.2 Das eigene Haus als Zufluchtsmöglichkeit
5.3 Entertainment

6. Schlussbemerkung

Bibliographie

1. Einleitung

Der Darstellung von Handlungsräume im Prosaroman kommt eine besondere Bedeutung zu, nicht nur, da Räume zur zusätzlichen Charakterisierung von Personen der Handlung dienen, sondern auch, weil mit ihnen verschiedene soziokulturelle Implikationen verbunden sind. Gerade im Zusammenhang mit der Untersuchung des Kriminalromans kann dieser Aspekt besondere Bedeutung gewinnen, vor allem auch unter dem Gesichtspunkt des Einflusses der Lebensumstände auf deviantes Verhalten. Bei der Untersuchung der Darstellung und der Bedeutung fiktionaler Räume, muss man beachten, dass Literatur in ihren Beschreibungen eine grundsätzliche Eigenschaft hat, nämlich die der „Unbestimmtheitsstellen“1, was bedeutet, dass der erzählte Raum immer nur teilweise bestimmt sein kann, wobei die Vorstellung des anderen Teils weitest gehend der Imagination des Lesers überlassen ist. Literarische Perspektivierung ist auf die Auslassung angewiesen, was gleichzeitig eine besondere Betonung derjenigen Objekte mit sich bringt, die explizit dargestellt werden. Dieses inhärente Merkmal der Literatur wird besonders im Vergleich zum Film deutlich, der als optisches Medium die dargestellten Räumlichkeiten in ihrer kompletten Wahrnehmbarkeit wieder gibt.2 Diese Untersuchung will sich im folgenden mit verschiedenen Raumtypen beschäftigen, die im afroamerikanischen Kriminalroman auftreten. Dabei soll grundsätzlich zwischen Privaträumen und der damit im Normalfall verbundenen Rückzugsmöglichkeit, Räumen des öffentlichen, kulturellen Lebens sowie offenen Plätzen unterschieden werden. Auch die Gewichtung der verschiedenen Raumtypen innerhalb der untersuchten Texte weist die oben angesprochenen Unbestimmtheitsstellen auf, woraus ersichtlich wird, dass ein bestimmtes Bild der Lebensumstände gezeichnet werden soll. Dies soll im weiteren berücksichtigt werden, da „gerade die Reduktion und Selektion der Einzelheiten der dargestellten Wirklichkeit eine semiotische Erhöhung dieser Einzelheiten bewirken“3

Das Feld der untersuchten Werke aus dem Bereich des afroamerikanischen Kriminalromans wird sich dabei nicht in den relativ engen Grenzen der Gattung des Detektivromans befinden, sondern wird sich allgemeiner mit Texten befassen, deren Hauptaugenmerk auf Gewalt und kriminellen Aktivitäten liegt.

2. Vorüberlegungen zur Bedeutung räumlicher Darstellungen im erzählerischen Kontext

Charakteristisch für die Darstellung von Räumen zur Wirklichkeitsmodellierung4 im Erzähltext sind vor allem auch die Relationen, die durch sie impliziert werden. Ein fiktionaler Raum, sei es nun ein geschlossener Innenraum oder offenere räumliche Zusammenhänge, dient in seiner Darstellungsweise also nicht nur einer Beschreibung der objektiv erfassbaren lokalen Gegebenheiten, sondern er dient auch der Vermittlung eines Weltbildes an sich. So sind die „allerallgemeinsten sozialen, religiösen, politischen, ethischen Modelle der Welt, mit deren Hilfe der Mensch [...] den Sinn des ihn umgebenden Lebens deutet, [...] stets mit räumlichen Charakteristiken ausgesattet“5. Daraus ergibt sich, dass „das in einem Erzähltext entworfene Koordinatensystem räumlicher Verhältnisse auf dem Hintergrund solcher allgemeiner, kulturell und historisch bestimmter Raummodelle realisiert wird“, was eine Ableitung beispielsweise soziokultureller Gegebenheiten aus der Topographie des Textes erlauben würde.

Wichtig ist des weiteren, dass die Beschreibung von Handlungsräumen auch die sich darin bewegenden Personen eingehender charakterisiert. Dies gilt besonders dann, wenn die Räume durch eine Reflektorfigur geschildert werden, wobei der Charakterisierungsaspekt durch die Selegierung der Beschreibung des Wahrgenommenen durch eben diese Figur zustande kommt. Aber auch z.B. bei der auktorialen Erzählsituation wird die Charakterisierung durch die Zuordnung bestimmter Attribute wie beispielsweise der Beschreibung der Lebensumstände, des Wohnraums o.ä. verstärkt. So heißt es bei Nusser: „Raum bedingt den Menschen, aber er ist auch Ausdruck der sich in ihm Bewegenden. Seine determinierende Funktion wird vornehmlich zur Charakteristik einzelner Figuren genutzt [...]. Die Darstellung eines Milieus oder auch nur eines Interieurs kann die Lebensbeziehungen eines Menschen veranschaulichen [...].“6. Gerade im afroamerikanischen Kriminalroman, dessen Schauplätze im allgemeinen in urbanen Zentren angesiedelt sind, kommt noch ein anderer wichtiger Zug zum tragen. So repräsentiert die Großstadt traditionell häufig den gesellschaftlichen, moralischen Verfall im allgemeinen7. Dies trifft natürlich besonders in der Verbindung von Großstadt mit Verbrechen und Gewalt zu. So reflektiert die Darstellung topographischer Gegebenheiten eines eingrenzbaren Raumes größere Zusammenhänge und Zustände der amerikanischen Gesellschaft, lässt sich also in einen allgemeineren Kontext übertragen: „Umgekehrt erscheint der Raum aber auch als Symptom. Hinweise auf die Entwicklung einer Großstadt etwa können aufschlußreich sein für das Verständnis einer auf Produktion und Profit ausgerichteten Gesellschaft, in der das Verbrechen zum Alltag gehört.“8

3. Chester Himes - „It was Harlem, where anything might happen.“

3.1 In den Straßen des Ghettos

In den Kriminalromanen von9 Chester Himes liegt der Schwerpunkt der gewählten Schauplätze auf den Straßenszenen, die er als typisch für den Ghetto-Alltag darstellt. Ein Großteil der Handlung, der Verbrechen sowie der polizeilichen Ermittlung durch die beiden Protagonisten Grave Digger Jones und Coffin Ed Johnson findet im Freien statt („Himes conveys this aspect of communal outdoor existence by having major parts of his story take part in the streets.“10 ), wobei Himes immer wieder Bestandsaufnahmen der Umgebung liefert, die einen eindrucksvollen Einblick in die Welt des schwarzen Ghettos in komprimierter Form - da topographisch nur einen eng begrenzten Raum erfassend - liefern:

Their next stop was a dingy bar near the corner of 112th Street. This was the neighborhood of the cheap addicts, whiskey-heads, stumblebums, the flotsam of Harlem; the end of the line for the whores, the hard squeeze for the poor honest laborers and a breeding ground for crime. Blank-eyed whores stood on the street corners swapping obscenities with twitching junkies. Muggers and thieves slouched in dark doorways waiting for someone to rob; but there wasn’t anyone but each other. Children ran down the street, the dirty street littered with rotting vegetables, uncollected garbage cans, broken glass, dog offal - always running, ducking and dodging. God help them if they got caught. Listless mothers stood in the dark entrances of tenements and swapped talk about their men, their jobs, their poverty, their hunger, their debts, their Gods, their religions, their preachers, their children, their aches and pains, their bad luck with the numbers and the evilness of white people. Workingmen staggered down the sidewalks filled with aimless resentment, muttering curses, hating to go to their hotbox hovels but having nowhere else to go.11

Ähnliche Beschreibungen finden sich immer wieder in den Texten von Himes. Deutlich wird hierbei, dass das Ghetto bei Himes symbolisch für die Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung Amerikas steht, da auch die Bewegungsmöglichkeiten der Ghettobewohner deutlich eingeschränkt sind. Auch wird die Wechselwirkung zwischen Raum und den sich darin bewegenden Personen deutlich, die gegenseitige Bedingung zwischen Lebensumständen und kriminellem Verhalten.

Besonders auffällig ist, dass die Straßen hauptsächlich durch die sich auf ihnen aufhaltenden Personen beschrieben, Objekte dagegen weniger fokussiert werden. Daraus kann umgekehrt auch geschlossen werden, dass die Straße ein Hauptaufenthaltsort der Bewohner von Himes‘ Harlem sind. Diese These wird auch dadurch gestützt, dass die Menschen bei vielen Gelegenheiten und aus ganz verschiedenen Anlässen auf den Straßen zusammen kommen, so zum Beispiel zu den drei verschiedenen Protestzügen in Blind Man with a Pistol („Best show they’d had in a month of Sundays. Course the serious people frowned on these monkeyshines, but most citizens, out celebrating the day, were just amused.“12 )oder bei Untersuchungen an einem Mordschauplatz („As the first onlookers were loaded in the police wagon, other curious citizens arrived. [...] People gathered on the adjoining rooming-house steps, trying to see what they were doing.“13 ). Gerade bei diesen Massenaufläufen wird auch deutlich, wie leicht die Stimmung auf der Straße umschlagen kann und Raum bietet für gewalttätiges, kriminelles Verhalten: „Simultaneously the police cars began to move. [...] Seeing the police cars in action the people on the sidewalks began to scream and move into the street. [...] The mob of celebrants had overflowed into the street and stopped all the traffic. The police cars were stuck in a sea of sweating humanity.“14 und etwas später:

The looting broke out on 125th Street at just the moment they were turning into Park Avenue beside the railroad trestle. [...] A number of adventuresome young men took advantage of the distraction and began breaking the store windows in the Block and snatching the first thing they could. Seeing them running with their arms filled with loot, the spectators stampeded in wild-eyed panic to get away from them.15

Das Auffallende an diesen beschriebenen Straßenszenen ist, dass es anscheinend entweder keine Rückzugsmöglichkeiten für die Bewohner des Ghettos gibt oder aber diese ungern genutzt werden. Auf die Privaträume soll im folgenden Kapitel eingegangen werden.

3.2: „This place was built for vice“ - Privaträume bei Chester Himes

Private Wohnräume spielen für die Handlung16 in Himes‘ Romanen eine eher untergeordnete Rolle. Sie tragen jedoch zur Vervollständigung des Bildes der Lebensumstände der handelnden Personen maßgeblich bei. Es ist dabei bemerkenswert, dass man über die Privaträume der Protagonisten selber nur sehr wenig erfährt17 und dass man bei diesen wenigen Stellen den Eindruck erhält, dass die Arbeit und die Vorgänge auf den Straßen des Ghettos die Detectives auch in ihrem Privatraum nicht los lassen („The house felt like a tomb. [...] He went to the telephone extension in the hall, from where he could look outdoors, and called the precinct station in Harlem [...]“18 ).

Die fast schon Unmöglichkeit eines Rückzuges in den Schutz des privaten Wohnraums wird immer wieder deutlich gemacht. Beengte und überfüllte Lebensräume sind dabei in Himes’ Harlem nicht die Ausnahme sondern die Regel, wobei diese nicht selten zudem heruntergekommen sind: „The wives slept on homemade individual pallets, six to a room, on the top floor [...] There was a large front room on the second floor with all of ist windows papered shut where the children slept on loose dirty cotton.“19. Das zerfallene Haus, das zu Beginn in Blind Man with a Pistol beschrieben wird20 mag dabei als Extrembeispiel erscheinen. Dennoch sind die Lebensumstände der durchschnittlichen Bewohner Harlems nicht sonderlich viel besser. So führen die Untersuchungen die beiden Detectives immer wieder in Privaträume von möglichen Zeugen, Tätern oder Opfern:

There were no apartments. Each of the four floors had three bedrooms opening to the public hall, and to the rear was a kitchen and a bath and a seperate toilet to serve each floor. There were three tenants on each floor, their doors secured by hasps and staples to be padlocked when they were absent, bolts and chains and floor locks and angle bars to protect them from intruders when they were present. The doors were pitted and scarred either because of lost keys or attempted burglary, indicating a continuous warfare between the residents and enimies from without, rapists, robbers, homicidal husbands and lovers, or the landlord after his rent. The walls were covered with obscene graffiti, mammoth sexual organs, vulgar limericks, opened legs, telephone numbers, outright boasting, insidious suggestions, and impertinent or pertinent comments about various tenants‘ love habits, their mothers and fathers, the legitimacy of their children.21

Wie man an dieser Beschreibung erkennt, ist die Wahrung der Privatsphäre für die Bewohner solcher Häuser nicht machbar, schon allein auf Grund der gemeinsamen Benutzung der Sanitäranlagen sowie der Küche Auch die Privaträume respektive Schlafzimmer an sich bieten wenig Möglichkeit als Rückzugsraum:

The rooms were small. Each was equipped with a built-in washbasin and clothes closet and a radiator, and furnished with a double bed and dressing-table of oak veneer. All the shades were drawn on the windows on the other side, and the rooms were hot and airless as though sealed. All were alike with the exception of the front room which had a second window on the street, from which the tenant could have stolen the hats from the heads of passersby to go along with all his suits and shirts. With the addition of four detectives they were crowded.22

Die Verbindung von Wohnraum und Kriminalität wird in den Beschreibungen immer wieder verdeutlicht. Auch hierbei lässt sich eine Wechselwirkung feststellen, so sagt Grave Digger nach der Untersuchung und Befragung der Bewohner zu Coffin Ed: „Why would anyone live here who was honest? [...] Or how could anyone stay honest who lived here? What do you want? This place was built for vice, for whores to hustle in and thieves to hide out in.“23.

Gegenbilder zu diesen Wohnformen finden sich dagegen bei Himes nur selten. Als Beispiel wird in Cotton Comes to Harlem Der Wohnraum von Mable Hill geschildert, der vom Kriminellen Deke O’Malley als Unterschlupf verwendet wird. Hier kommt das Bild einer mittelständischen schwarzen Wohngegend zum Tragen:

The shades were drawn and the curtains closed and the apartment was just as he had imagined it. A living-room opening through a wide archway to a small dining-room with the closed door of the kitchen beyond. On the other side a door opening to the bedroom and bath. The furniture was the polished oak veneer featured in the credit stores that tried to look expensive, and to one side of the living-room was a long sofa that could be let out into a bed.24

Der Eindruck einer ordentlichen, vielleicht schon übertrieben bürgerlichen Wohnung wird durch die Beschreibung der Küche noch verstärkt: „It was a kitchen that went along with the rest of the apartment - electric stove, refrigerator, coffee maker, eggbeater, potato whipper and the like; all electric - compactly arranged, brightly painted and superbly hygienic.“25. Aber das Idyll der Möglichkeit eines ungestörten Lebens wird durch das Eindringen der kriminellen Energie verkörpert durch O’Malley untergraben. So wird Mable Hill schließlich in ihrem eigenen Apartment in diesem „nigger-heaven house“26 zum Opfer der Gewalt, die durch O’Malleys Auftauchen Einzug gehalten hat27. Auch hier wird also der Privatraum, der ohnehin schon als ein „alien element in the world of Harlem“28 erscheint, als Rückzugsmöglichkeit zerstört.

Die einzige wirkliche Eskapismusmöglichkeit wird am weißen Vorgesetzten der beiden Protagonisten vorgeführt, allerdings auch insofern eingeschränkt, als dass es sich lediglich um eine Vorstellung in dessen Phantasie handelt und ein direkter Rückzug dorthin auf Grund der Verpflichtungen in seinem Beruf nicht möglich ist. Dennoch wird der Kontrast zwischen den Lebenswelten von Schwarzen und Weißen hier verdeutlicht: „All he wanted was to go home to his quiet house in Queens in a quiet white neighborhood and kiss his white wife and look in on his two sleeping white children and crawl into bed between two white sheets and go to hell to sleep.“29.

3.3 Öffentliche Räume

Eine wichtige Rolle im Bild, das Himes von Harlem zeichnet, spielen auch die öffentlichen Räume, die Bars, Clubs, Restaurants usw. Diese Orte dienen vor allem der Flucht vor dem Alltag: „Any establishment which promises the solace and comfort of togetherness and offers diversions allowing one to forget the problems of everyday existence, be it by means of talk and drink, music and dance, food and games, drugs and sex, must be in great demand.“30.

Diese öffentlichen Räume bewegen sich zwischen Legalität und Illegalität - und somit positiver31 und negativer32 Wertung von Seiten der Protagonisten - und sind größtenteils auf nächtliche Aktivitäten beschränkt („Most of these places are closed during the day and only come alive when the lights go on“33 ). Die Einführung solcher Örtlichkeiten in den Handlungsverlauf dient nicht nur allgemein der Vervollständigung des Bildes von Harlem, sondern macht auch die Betonung der Einzigartigkeit und der positiven Seiten des Ghettos von Seiten Himes deutlich: „Himes knew this side of the ghetto, too, and he takes pain to let the reader know that his Harlem has more than just criminals.“34.

4. Sam Greenlee - Die Fassade des bürgerlichen Lebens

4.1 Aussenschauplätze: „The ghetto moved into the streets“

Ähnlich wie bei Himes spielt35 sich auch bei Greenlee ein großer Teil der Geschehnisse bzw. des Lebens der Ghettobewohner auf den Straßen ab, diesmal allerdings im Ghetto von Chicago. Die Grundzüge bleiben dennoch die gleichen: namenlose Menschen, die die dreckigen Bürgersteige füllen, sobald das Wetter es zulässt, Jugendgangs, Drogensüchtige, Prostituierte und andere Vertreter von Halb- und Unterwelt komplettieren das Bild:

Baseballs, footballs, basketballs filled the air in the ghetto [...]. The junkies stood and sat in the warm sun [...]. The winos drank their sweet wine beneath the El tracks [...]; the unemployed who still stubbornly hoped were in the Loop and at the factories on the periphery of the city [...]; their more realistic black brothers stood and joked in front of the poolrooms [...] Whores arose, dressed and moved into the unfamiliar sunlight toward a restaurant and late afternoon breakfast.36

Dass dies kein Ausnahmezustand ist, sondern zum alltäglichen Straßenbild gehört, zeigt dabei besonders der letzte Satz, mit dem der beschreibende Absatz (der im übrigen ähnlich Himes eine Art Totale auf die Straßenszene bietet und so durch die dichte Beschreibung dem Leser die Atmosphäre des Ghettolebens vermittelt) schließt: „The ghetto moved in the streets - from the hovels where they had huddled during the winter - where they would stay until the Chicago cold forced them to return to their small smelly rooms for another winter.“37.

Der wichtigste Aspekt in Greenlees Beschreibung des Ghettos ist die unterschwellige Aggression und Frustration der Menschen auf der Straße - zusätzlich angeheizt durch das Wetter - , die sich schließlich auch (wie vom Protagonisten sowohl vorhergesehen als auch gewünscht) in Straßenschlachten entladen: „The city lay gasping like a big beast. Tempers shortened, and the ghetto lay like a bomb waiting to explode“38. Auch die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm trägt zur vorherrschend beklemmenden Atmosphäre bei:

But the sounds of the ghetto were not there: the jukeboxes silent and no soul music from inside the bars and restaurants, barbecue joints or from the loudspeakers hung outside the record store; none of the laughter, shouts to friends, the teasing arguments or quick, staccato bursts of angry profanity, no whistling, humming or someone singing to themselves. [...] The air hung hot and heayvy and there was no hint of a sudden rain to break the heat wave.39

An dieser Stelle merkt man bereits, dass bereits im Vorfeld die Straßenunruhen den normalen Lebensablauf im Ghetto stark beeinflussen, dass die positiven Seiten komplett wegfallen. Die Beschreibung der Aufstände an sich zeigt dann auch kriegsähnliche Zustände, die geprägt sind von Gewalt und Kriminalität:

They moved close to the street through the darkened alleys, then burst out of alleys in several places. [...] They went for the pawnshops first, smashing the windows and grabbing whatever they could from the inside until the cops approached and then scrambled further down the street. By now, there were hundreds in the streets, rampaging, smashing and finally burning and south of Forty-seventh, when the cops were ordered inside the quadrangle, they burst into Fifty-first as well.40

Wichtig ist jedoch dabei die Feststellung, dass es sich im Gegensatz zu Himes beschriebener Welt hierbei nicht um Alltagskriminalität handelt. Vielmehr entlädt sich die aufgestaute Frustration über die Lebensumstände im Ghetto, das ja die Unterdrückung der Schwarzen von Seiten der Weiße durch die „Verbannung“ an einen eingegrenzten Raum symbolisiert, und kann somit vielmehr als Protest als als zur eigenen Bereicherung dienenden Tat gesehen werden.

So ist es dann auch nicht verwunderlich, dass trotz der massiven Zerstörungen und des Rückzugs des öffentlichen Lebens von den Straßen die positiven Aspekte sich nicht vollständig verdrängen lassen:

He walked down the middle of the street, past the television cables, cops, cars, cartridge boxes, trucks, television vans, ambulances, equipment and debris. He stopped, facing toward the park a short distance away, listening to the alien sounds. No music, he thought, no good here without the music. [...] He breathed deeply, trying to shut out the foreign smells until he could grasp one which belonged on this street and finally he could.41

und sich schließlich sogar ein positiver Effekt einstellt: „There was pride and defiance in the ghetto in place of sullenness and despair.“42 Dennoch fällt durch die gewalttätigen Auseinandersetzungen die Straße als freier Bewegungsraum für die Bewohner des Ghettos weg.43

4.2 Der Wohnraum als Maskierung

Wie bei Himes spielen auch bei Greenlee private Wohnräume für die Handlung keine größere Rolle. Abgesehen vom Apartment des Protagonisten, auf das später eingegangen wird, erhält der Leser lediglich einen kurzen Einblick in die Wohnräume zweier Charaktere, die entscheidende Rollen in der Jugendgang einnehmen, die der Protagonist Freeman zur Bildung einer paramilitärischen Untergrundorganisation heran zieht. Auch hier erfährt man allerdings nicht viel, so heißt es über das erste Apartment lediglich: „There was a long, narrow living room, a small bedroom with kitchen and bath in the rear.“44 und es wird erwähnt, dass dort „Japanese prints“ an der Wand hängen, was zwar darauf schließen lässt, dass der Bewohner, der dort alleine lebt, es relativ gut getroffen hat, sonst aber kaum Schlüsse zulässt. Das andere Apartment wird dagegen schon ein wenig ausführlicher beschrieben:

He lived in a single-room kitchenette with small bathroom and shower. It was in the rear of a large kitchenette apartment building and included a back porch overlooking the El tracks. The room was neat and spare; it had a combination gas range and refrigerator, a television set tucked into one corner, two chairs, a card table covered with oilcloth and a transistor radio seated on a small table near the head of the bed which doubled as a couch.45

Auch diese Beschreibung ist noch nicht sehr aussagekräftig, wird aber noch ergänzt durch die Anmerkung: „He snubbed out the butt, washed the dishes and tidied the room, a spotless oasis in the smelly, dirty building. He had a thing about cleanliness.“, wodurch zumindest eine gewisse Auffälligkeit erreicht wird, ein Heraustreten aus der Anonymität der Wohnanlage durch die Singularität dieses speziellen Apartments. Wichtig zu bemerken ist bei beiden Beschreibungen, dass die Wohnungen jeweils einen Teil der Persönlichkeit der in ihnen Lebenden ausdrückt, einmal durch die Wanddekoration, das andere mal durch die charakterlich bedingte Ordnungsliebe. Ganz anders verhält es sich mit dem Wohnraum des Protagonisten selber. Da es sich um ein Apartment im Sinne des selbst auferlegten Projektes handelt, die schwarze Bevölkerung Amerikas von der Unterdrückung der Weißen zu befreien, und er dazu Scheinidentitäten annimmt, wobei er seinen Mitmenschen immer das Bild bietet, was sie erwarten, ist es dementsprechend auch zum Zwecke der Vervollständigung seiner Tarnung. Es entspricht dabei dem von Freeman gewählten Lebensstandard eines aufstrebenden, erfolgreichen, ehrgeizigen Schwarzen:

In less than a month the apartment said everything about the new Freeman. Cantilevered bookshelves covered the wall of one end of the living room. He drank and served Chivas Regal, Jack Daniels black label, Beefeaters gin, Remy Martin, Carlsberg, Heineken’s, La Batts and Ballantine. He had matching AR speakers in teak cabinets, Garrard changer with Shure cartridge and a Fisher solid-state amp with seventy-five watts power per channel. A Tandberg stereo tape recorder, a color television set, which could be played through the stereo system, and videotape completed the system.

There was a Bokhara prayer rug on the plastic parquet floor, wall-to-wall nylon carpeting in the bedroom and wall-to-wall terry cloth in the bathroom. His glasses were of crystal, his beer mugs pewter, his salad bowl Dansk and his women phony.46

Bezeichnend ist hierbei die detaillierte Beschreibung des Lebensraums, vor allem auch im Vergleich zu den beiden anderen erwähnten Beschreibungen von Apartments. Dies ist umso auffallender, als dass ja deutlich ist, dass dies nur eine Fassade darstellt, nicht aber ein wirklicher Privatraum eingerichtet nach den Vorlieben des Bewohners ist. Der Einsatz eben dieser detaillierten Beschreibung zeigt jedoch zwei Dinge: Zum Einen betont sie die Genauigkeit des Protagonisten im Aufbau seiner neuen Identität, zum anderen aber spiegelt es auch auf ironische Weise die typischen Standards der schwarzen Mittelschicht wieder (die dem Protagonisten so sehr verhasst ist47 ).

Aus diesen Fakten lässt sich ableiten, dass auch dieser Wohnraum wiederum keine wirkliche Rückzugsmöglichkeit in den Privatraum bietet, sondern lediglich einen Zweck erfüllen soll. Dies wird auch gegen Ende des Textes noch einmal verdeutlicht, wenn Freeman seinen (eigentlich einzigen) alten Freund, einen Polizisten, in seiner Wohnung tötet, um das Projekt nicht zu gefährden.48

4.3 Der Poolroom

In Greenlees Roman werden nicht sehr viele öffentlich zugängliche Orte, die zum Amusement dienen, beschrieben. Neben diversen kurzen Erwähnungen von Bars o.ä.49 spielt der Poolroom als Aufenthaltsort die größte Rolle, über dessen Aussehen jedoch nicht viel bekannt wird.

Zunächst dient der Poolroom, der als „headquarters“50 der Jugendgang fungiert, die Freeman für sein Projekt gewinnen will, als Ort, an dem der erste Kontakt geknüpft wird, wobei deutlich ist, dass dieser Raum von eben jener Gang „beherrscht“ wird, sie dort also das Sagen haben51, was natürlich auch zu einem gewissen Grad impliziert, dass das gewalttätige Verhalten der Gangmitglieder dort toleriert wird.

Später wird der Poolroom vor allem zum Training52 und zu Besprechungen, was die Organisation der Untergrundtruppe sowie deren Einsätze angeht53, benutzt. Man kann also sagen, dass er seine Funktion ändert von einem Treffpunkt zur Unterhaltung hin zu einem weiteren funktionalisierten Raum, der wegen seiner Zweckmäßigkeit aufgesucht wird.

5. Walter Mosley - „I loved going home“

5.1 Straßenszenen

Im Gegensatz zu den zuvor besprochenen54 Werken gibt es in Walter Mosleys Devil in a Blue Dress fast keine Straßenszenen und wenn Straßen beschrieben werden, so sind diese meist leer55. Dieses Phänomen lässt sich durch mehrere Dinge erklären: Zum einen liegt es an den geographischen Gegebenheiten von Los Angeles, wo es auch kein konzentriertes Ghetto im Sinne von Himes Harlem oder Greenlees Chicagoer Ghetto, sondern wo die Wohnbezirke relativ weit auseinander gezogen sind; zum anderen liegt es wohl auch daran, dass die Bewohner „no time to walk down the streets“56 haben, da „the promise of getting rich“57 sie in Los Angeles zum Arbeiten treibt.

Im Zusammenhang mit der Straße bzw. mit der Fortbewegung innerhalb von Los Angeles spielt das Auto die wichtigste Rolle: „anywhere they [people] have to go they go there in a car. The poorest man has a car in Los Angeles; he might not have a roof over his head but he has a car.“58 Auch diese Eigenart wird letztlich durch die geographischen Bedingungen veranlasst, dennoch ist es bezeichnend vor allem für die Szenen, wenn der Protagonist Easy Rawlins dennoch - ob gezwungenermaßen oder freiwillig - zu Fuß geht.59

5.2 Das eigene Haus als Zufluchtsmöglichkeit

Ein auffallendes Element in Mosleys Roman ist der Besitz eines eigenen Hauses von Seiten des Protagonisten. Die Wichtigkeit dieses Besitzes wird dabei auch immer wieder betont, wobei es weniger um materielle Werte, als um den psychologischen Aspekt des Besitzens verbunden mit dem daraus resultierenden Selbstwertgefühl geht: „I felt that I was just as good as any white man, but if I didn’t even own my front door then people would look at me like just another poor beggar, with his hand outstretched.“60 Dieser Aspekt kommt auch bei den Beschreibungen des Hauses zum Vorschein:

I loved going home. Maybe it was that I was raised on a share-cropper’s farm or that I never owned anything until I bought that house, but I loved my little home. There was an apple tree and an avocado in the front yard, surrounded by thick St. Augustine grass. At the side of the house I had a pomegranate tree that bore more than thirty fruit every season and a banana tree that never produced a thing. There were dahlias and wild roses in beds around the fence and African violets that I kept in a big jar on the front porch.

The house itself was small. Just a living room, a bedroom, and a kitchen. The bathroom didn’t even have a shower and the back yard was no larger than a child’s rubber pool. But that house meant more to me than any woman I ever knew.61

Das Haus stellt also für den Protagonisten ein wirkliches Heim und eine Rückzugsmöglichkeit dar, dessen er sich sicher fühlt. Dies wird auch deutlich, als er von einem Freund den Rat erhält die Stadt zu verlassen. Seine Reaktion darauf: „I looked at my house. My beautiful home. “I just can’t,“ I said.“62 So verwundert es nicht, dass es bei Willett heißt: „At least Rawlins has his house [...], his refuge from the concrete jungle symbolising the desire for stability that differentiates Rawlins from the loners in earlier crime fiction.“63 Es stellt sich aber die Frage, ob dieses Heim tatsächlich seine Funktion als „refuge“ erfüllt.

Gerade durch die Wichtigkeit des Hauses für den Protagonisten stellt es auch eine Schwäche für ihn dar, kann er an dieser Stelle getroffen werden. Dies zeichnet sich zunächst ab, als er um seine Rechnungen bezahlen zu können einen zwielichtigen Auftrag annimmt („when I got that mortgage I found out that I needed more than just friendship. Mr. Albright wasn’t a friend but he had what i needed [i.e. money]“64 ) und damit - wenn auch nicht absichtlich - der Kriminalität zu einem gewissen Grad Einzug in sein Leben gewährt.

Bezeichnenderweise ist das Heim des Protagonisten immer wieder das Ziel von Eindringlingen, was letztlich eine Ungestörtheit und Privatsphäre verhindert. So wird er besipielsweise direkt vor seinem Haus von zwei Polizisten abgefangen, sogar geschlagen und zur Wache abtransportiert65, wo er dann in einen Raum gesteckt wird, der gerade im Vergleich mit der Idylle des Eigenheims einen starken Kontrast bietet:

It was a small room, maybe twelve by twenty, and I had some fear that it was to be the last room I ever inhabited. [...] I sat down in the chair and looked up the leaves coming in through the window. [...} Also coming in through the window was a line of black ants that ran down the side of the wall and around to the other side of the room where the tiny corpse of a mouse was crushed into a corner.66

Gerade das Bild der toten Maus vermittelt hier ein Beklemmungsgefühl und verleiht dem Raum eine Grabesähnliche Atmosphäre.

Auch diverse Kriminelle schrecken nicht davor zurück, in Rawlins Privatbereich einzudringen, ihn dort auch körperlich zu bedrohen67. Easys Reaktion auf den Einbruch von Mr. Albright, seinem zwielichtigen Auftraggeber, wird dabei kaltschnäuzig abgeschmettert: „“You got no excuse to be breakin‘ into my house, Mr. Albright. What would you do if I broke into your place?“ “I’d tear your nigger head out by ist root.““68 Hierbei wird deutlich, dass der Protagonist nicht mehr Herr in seinem Hause ist, dass ihm seine Rückzugsmöglichkeit durch das Eindringen von „Fremdkörpern“ genommen wird und er sich dagegen auch nicht adäquat wehren kann ohne seine Gesundheit, wenn nicht sogar sein Leben zu riskieren..

5.3 Entertainment

Wie auch in den anderen besprochenen Romanen, nehmen bei Mosley öffentliche Räume eine wichtige Stellung ein vor allem, was die Bildung eines Gemeinschaftsgefühls betrifft. In Devil in a Blue Dress ist die wohl wichtigste Lokalität in diesem Bereich „John’s place“69, ein illegaler Nachtclub, der noch aus den Zeiten der Prohibition stammt. Der Club an sich hat mehrere Besonderheiten, abgesehen von der Illegalität. Zum einen verkehrt dort hauptsächlich Stammpublikum, größtenteils Schwarze, die von Houston nach Los Angeles gezogen sind und sich auch von früher schon kennen („There mut’ve been over two hundred regulars that frequented John’s and we all knew each other“70 ), was dem ganzen eine familiäre Atmosphäre verleiht, die ja gerade in Großstädten und in Los Angeles auch was das Straßenleben angeht71 fehlt. Zum anderen bietet der Club einen bis zu einem gewissen Grade geschützten Bereich, da der Eingang in einem kleinen Geschäft versteckt liegt und somit nicht für jeden sichtbar ist und da zudem nicht jeder hinein gelassen wird: „if you knew the right words, or were a regular, then she’d [i.e. Hattie, who works in the shop] let you in the club through the back door.“72 Diese und andere ähnlich versteckte Lokalitäten („Bars and pool rooms are often concealed from public gaze and entry is not open to all“73 fordern also nicht nur eine Kenntnis der Gegend sowie deren Bewohner um sie zu erreichen, sie bieten auch gewissermaßen einen Schutz und Rückzugsraum für ihre Besucher.

6. Schlussbemerkung

Die vorangehende Untersuchung hat gezeigt, dass es einige Ähnlichkeiten zwischen den verschiedenen Romanen gibt. Diese liegen zunächst einmal darin, dass die unterschiedliche Räumlichkeiten wie Straße, Wohnraum und öffentliche Lokalitäten immer wieder in den Texten aufgegriffen werden, wobei immer wieder das Bild der Stadt als „Dschungel“74 evoziert wird. Dies gilt besonders im Hinblick auf den allgemein auftretenden Schauplatz des Ghettos, das durch die darin herrschenden Lebensbedingungen zu einer Art Brutstätte der Kriminalität75 wird.

Es ist dabei insgesamt besonders auffällig, dass es kaum, um nicht zu sagen keine, Rückzugsmöglichkeiten für die Personen der Handlung - also allgemein gesagt: die Bewohner des Ghettos - gibt. Wie die Betrachtung der verschiedenen Räume gezeigt hat ist die Schaffung oder der Erhalt einer Privatsphäre so gut wie unmöglich, da Wohnräume beispielsweise meist schon durch mehrere Personen bewohnt werden und wenn es doch zunächst theoretisch Rückzugsmöglichkeiten gibt, dann werden sie durch Kriminalität und Gewalt durchbrochen. Zudem scheint es so, dass gerade in den von Himes und Greenlee fiktionalisierten Ghettos die Straße den Lebensbedingungen innerhalb der Wohnräume vorgezogen wird, was darauf schließen lässt, dass der Großteil der Bewohner sich nur mehr oder minder notgedrungen (z.B. durch das Wetter bedingt) dorthin zurück ziehen will. Man kann also davon ausgehen, dass sie mit ihrer Wohnsituation nicht so zufrieden sind, dass sie sich gerne dort aufhalten würden; sie nehmen lieber die teilweise auch nicht gerade einladende Straße, die ja anscheinend auch von einigen kriminellen Elementen als Aufenthaltsort gewählt wird und zudem nicht unbedingt ein schönes Bild (Verdreckung, teilweise Ratten etc.) bietet, in Kauf.

Die Einführung verschiedener Lokalitäten, die der Unterhaltung dienen, zeigt, dass diese Plätze wohl am ehesten so etwas wie Privatheit, zumindest im Sinne von „Sich- Zuhause-Fühlen“ bieten. Hier ist bis zu einem gewissen Grad ein Ausleben der Kultur und eine Herausbildung von Identität möglich: „In less formal places, bars, dance halls, bookie joints and the streets themselves, space exists for the construction of black culture and of individual identity through that culture.“76

Die gegenseitige Beeinflussung von Raum und den Menschen, die sich in ihm bewegen, die ja auch schon zu Beginn der Untersuchung erwähnt wurde, tritt im afroamerikanischen Kriminalroman besonders deutlich hervor. Ein ungestörtes, bürgerliches Leben erscheint im Lebensraum des Ghettos mit seinen herunter gekommenen Häusern, seinen vielen bereits kriminellen Bewohnern und den wenig Möglichkeiten, seine Grenzen zu überschreiten, beinahe unmöglich. Dies gilt vor allem auch angesichts der Tatsache, dass selbst (weitgehend) unbescholtene Bürger nicht verschont bleiben von Einbrüchen und anderen kriminellenHandlungen.

Abschließend lässt sich feststellen, dass die Rückzugsmöglichkeit (und damit vielleicht auch die Möglichkeit, dem Teufelskreis aus Kriminalität zu entkommen) für die Personen der verschiedenen Texte kaum gegeben ist. Umso passender ist der Titel dieser Untersuchung, da, auch wenn auf den ersten Blick nicht nur die Tatorte untersucht wurden, prinzipiell alle untersuchten Räume potentielle Tatorte oder eben Orte der Täter sind.

Bibliographie

Freese, Peter, The ethnic detective: Chester Himes, Harry Kemelman, Tony Hillerman, Essen 1992.

Greenlee, Sam, The Spook who Sat by the Door, Detroit 1969.

Himes, Chester, Blind Man with a Pistol, First Vintage Books Edition, New York 1989.

Himes, Chester, Cotton Comes to Harlem, Canongate Crime Edition, Great Britain 2001.

Ingarden, Roman, Vom Erkennen des literarischen Kunstwerks, Tübingen 1968.

Kennedy, Liam, „Black Noir: Race and Urban Space in Walter Mosley’s Detective Fiction“, Cirminal Proceedings: The Contemporary American Crime Novel, hg. Peter Messent, London 1997, 42-61.

Mosley, Walter, Devil in a Blue Dress, 5-star Edition, London 2001.

Nusser, Peter, Der Kriminalroman, Stuttgart 1980

Schulte-Sasse, Jochen und Renate Werner, Einführung in die Literaturwissenschaft, München 1977.

Skinner, Robert E., Two Guns from Harlem: The Detective Fiction of Chester Himes, Ohio 1989.

Stanzel, Franz K., Theorie des Erzählens, Göttingen 1979.

Willett, Ralph, The Naked City: Urban Crime Fiction in the USA, Manchester 1996.

[...]


1 Vgl. dazu Ingarden, Roman, Vom Erkennen des literarischen Kunstwerks, Tübingen 1968.

2 Vgl. dazu Stanzel, Franz K., Theorie des Erzählens, Göttingen 1979, S. 152-156.

3 Ebd., S. 158.

4 Vgl. Schulte-Sasse, Jochen und Renate Werner, Einführung in die Literaturwissenschaft, München 1977, S. 166: „“Modell“ meint in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß Erzähltexte mit Hilfe bestimmter Darstellungsverfahren Objektzusammenhänge und Handlungszusammenhänge erstellen, die in ihren Relationen analog zu denen der Wirklichkeit zu denken sind.“.

5 Ebd., S.167.

6 Nusser, Peter, Der Kriminalroman, Stuttgart 1980, S. 73.

7 Vgl. Willett, Ralph, The Naked City: Urban Crime Fiction in the USA, Manchester 1996, S. 134.

8 Ebd., S. 73.

9 Himes, Chester, Blind Man with a Pistol, First Vintage Books Edition, New York 1989, S.37.

10 Freese, Peter, The ethnic detective: Chester Himes, Harry Kemelman, Tony Hillerman, Essen 1992, S. 46.

11 Himes, Chester, Cotton Comes to Harlem, Canongate Crime Edition, Great Britain 2001, S. 47.

12 Himes, Chester, Blind Man with a Pistol, First Vintage Books Edition, New York 1989, S.101f.

13 Ebd., S. 58f.

14 Ebd., S. 104f.

15 Ebd., S. 108.

16 Ebd., S. 84.

17 Z.B.: Himes, Chester, Cotton Comes to Harlem, Canongate Crime Edition, Great Britain 2001, S. 172ff.

18 Ebd., S. 173.

19 Himes, Chester, Blind Man with a Pistol, First Vintage Books Edition, New York 1989, S.12.

20 Ebd., S. 7-14.

21 Ebd., S. 62f.

22 Ebd., S. 79.

23 Ebd., S. 84.

24 Himes, Chester, Cotton Comes to Harlem, Canongate Crime Edition, Great Britain 2001, S. 58f.

25 Ebd., S. 61.

26 Ebd., S. 120.

27 Ebd., S. 188f.

28 Freese, Peter, The ethnic detective: Chester Himes, Harry Kemelman, Tony Hillerman, Essen 1992, S. 53.

29 Himes, Chester, Cotton Comes to Harlem, Canongate Crime Edition, Great Britain 2001, S. 77.

30 Freese, Peter, The ethnic detective: Chester Himes, Harry Kemelman, Tony Hillerman, Essen 1992, S. 48.

31 Z.B.: Himes, Chester, Cotton Comes to Harlem, Canongate Crime Edition, Great Britain 2001, S. 45, 151f.

32 Z.B.: ebd., S. 48, 68f.

33 Ebd., S. 49.

34 Skinner, Robert E., Two Guns from Harlem: The Detective Fiction of Chester Himes, Ohio 1989, S. 45.

35 Greenlee, Sam, The Spook who Sat by the Door, Detroit 1969, S. 144.

36 Ebd., S. 144.

37 Ebd., S. 144.

38 Ebd., S. 147.

39 Ebd., S. 151f.

40 Ebd., S. 164.

41 Ebd., S. 168.

42 Ebd., S. 194.

43 Vgl. z.B. ebd., S.202.

44 Ebd., S. 121.

45 Ebd., S. 220.

46 Ebd., S. 81.

47 Vgl. ebd., S. 61.

48 Ebd., S. 244f.

49 Z.B.: ebd., S. 130, 179.

50 Ebd., S. 85.

51 Ebd., S. 86.

52 Ebd., S. 94.

53 Ebd., S. 201, 203.

54 Mosley, Walter, Devil in a Blue Dress, 5-star Edition, London 2001, S. 19.

55 Z.B.: Ebd., S. 56, 74, 83.

56 Ebd., S. 56.

57 Ebd., S. 56.

58 Ebd., S. 55.

59 Z.B.: ebd., S. 83.

60 Ebd., S. 16.

61 Ebd., S. 19f.

62 Ebd., S. 89.

63 Willett, Ralph, The Naked City: Urban Crime Fiction in the USA, Manchester 1996, S. 31.

64 Mosley, Walter, Devil in a Blue Dress, 5-star Edition, London 2001, S. 28.

65 Ebd., S. 74f.

66 Ebd., S. 76.

67 Ebd., S. 107ff, 152ff.

68 Ebd., S. 108.

69 Ebd., S. 31.

70 Ebd., S. 36.

71 S. ebd., S. 55.

72 Ebd., S. 31.

73 Kennedy, Liam, „Black Noir: Race and Urban Space in Walter Mosley’s Detective Fiction“, Cirminal Proceedings: The Contemporary American Crime Novel, hg. Peter Messent, London 1997, S. 52.

74 Willett, Ralph, The Naked City: Urban Crime Fiction in the USA, Manchester 1996, S. 12: „The city as jungle, originally a hobo expression for a dangerous, lawless place on the edge of town, has been one of the most popular images of urban life among sociologists, the ecological dimension offering a way of making some sense (the law of the jungle) of the frenzied struggles of individuals and groups.“

75 Ebd., S. 13f: „Slums [...] were facts of life, timeless, generalized parts of the landscape [...]; poverty was naturalised while being identified [...] as a source of crime. [...] Increasingly from the 1960s onward the slum turned into a region of empty tracts, smouldering fires and disused buildings, the dumping ground for the detritus of the new, technological ‘civilisation‘. Hard drugs replaced booze; armed gangs roamed the streets; violent, random crime was endemic.“

76 Ebd., S. 65.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Fiktionale Räume im afroamerikanischen Kriminalroman
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Veranstaltung
Der afroamerikanische Kriminalroman
Note
2
Autor
Jahr
2002
Seiten
19
Katalognummer
V107077
ISBN (eBook)
9783640053520
Dateigröße
432 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fiktionale, Räume, Kriminalroman
Arbeit zitieren
Alexandra Palme (Autor:in), 2002, Fiktionale Räume im afroamerikanischen Kriminalroman, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107077

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