Tucholsky, Kurt - Der andre Mann


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

25 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Am 9. Januar 1890 erblickt Kurt Tucholsky als Sohn eines jüdischen Kaufmannes in Berlin das Licht der Welt. Da seine Mutter die Schriftstellerei ihres Sohnes nicht gutheißt, beginnt Tucholsky 1909 ein Jurastudium, in diesem er dann auch sechs Jahre später promoviert. Mit 21 Jahren schreibt er seine ersten nennenswerten Beiträge und Gedichte für die Sozialdemokratische Partei Deutschland. Der große Satiriker, der eigentlich für seine aneckenden, politischen Schriften bekannt war, ist geboren. Sein markanter und direkter Stil findet großen Anklang und so kommt es, dass er ab 1918 als Chefredakteur bei der Zeitschrift „Ulk“ fungiert. Als 34jähriger steigt er sogar zum Korrespondenten der „Weltbühne“ auf und arbeitet dort zusammen mit Karl von Ossietzky. In dieser Zeit entstehen auch die meisten seiner weltberühmten ironisch- zeitkritischen Aufsätze. Tucholsky hat mit seiner Dichtung aktiv zu den Problemen seiner Zeit, zum Beispiel dem 1. Weltkrieg, der Inflation und der Weimarer Republik, Stellung bezogen. Bekannt ist unter anderem sein Antikriegsgedicht „Der Graben“.

Mit seiner zweiten Ehefrau Mary Gerold-Tucholsky lebt er damals in Paris, bis er dann wegen dem Nazi-Regime 1929 nach Schweden emigriert, wo er dann auch am 21. Dezember 1935 stirbt. Es wird heute angenommen, dass er sich mit einer Überdosis Schlaftabletten selbst umbrachte, doch die genauen Umstände sind bis heute nicht völlig geklärt. (nachzulesen in „Neues Deutschland“ vom Anhang III)

Das zu interpretierende Gedicht „Der andre Mann“ wurde am 22. Oktober 1930 unter dem Pseudonym Theobald Tiger veröffentlicht. Tucholsky verwendete in seiner gesamten Schaffenszeit viele Decknamen. Die wohl bekanntesten und wichtigsten waren Peter Panter, Ignaz Worbel, Kasper Hauser und eben der besagte Theobald Tiger. Er benutzte diese, um seine „Suche nach der eigenen Identität in der zerrissenen 21.12.2000, S.13, siehe

Nachkriegsgesellschaft aus[zu]drücken.“1

Wenn man das Gedicht einmal durchliest, kommt man zu dem Schluss, dass es eigentlich biographisch und politisch gedeutet werden könnte. Man könnte annehmen, dass Tucholsky sich auf die Erdrutschwahl wenige Monate vorher bezieht, bei der die Wähler, die hier im Gedicht mit der Frau symbolisiert werden könnten, ihren Parteien, welche dem Ehemann entsprächen, eben nicht treu geblieben sind und er mit diesem Gedicht den erhobenen Zeigefinger gegen all die jenigen richtet, die zur NSDAP, welche den „andren Mann“ darstellen würde, übergelaufen sind. Das diese Interpretation aber in eine Sackgasse führt erkennt man unter anderem, wenn man sich eingehender mit dem Schreibstil Tucholskys beschäftigt. Bei all seinen politischen Texten wird nämlich immer hundertprozentig klar, dass es sich auch um solche handelt. Ein Beispiel hierfür ist eine seiner berühmtesten Satiren: „Hitler und Goethe - Ein Schulaufsatz“. Wie der Titel schon verrät lässt dieser Text einfach keinen Spielraum für Deutungen, die von der politischen abweichen. Diesen gesamten Aspekt belegt auch die eingangs erwähnte Direktheit Tucholskys. Weiterhin muss man sagen, dass das hier verwendete Pseudonym Theobald Tiger ausschließlich für die Verarbeitung und Niederschrift gesellschaftlicher und sozialer Themata, insbesondere für Texte über Frauen und aktuelle Tagesereignisse2, zuständig war. Das lässt nun endgültig darauf schließen, dass es sich hier nicht um eine politische Satire handelt.

Man kann also nur von einem biographischen Hintergrund ausgehen auf den nun, unter anderem, eingegangen werden soll.

Schon nach dem ersten Lesen des Gedichts ist festzustellen, dass alles in einer sehr einfachen und allseits verständlichen Sprache geschrieben ist. Man kann deshalb annehmen, dass es für die breite Masse gedacht ist, die sich damit identifizieren kann und soll. Beim zweite Blick fallen aber doch ein paar dichterische Eigenheiten auf. So sind zum Beispiel elf der 31 Verse eingerückt dargestellt. Das dies eine sehr wichtige Rolle spielen muss, ist nicht von der Hand zu weisen. Liest man nämlich nur die eben genannten elf Verse, ergibt sich ein eigenes Gedicht, dass zwar am Ende die gleiche Aussage hat, aber eben auf ungefähr ein Drittel des Textes verkürzt ist. Bei diesem Gedicht treten mit einer Ausnahme, nämlich dem allerletzten Vers, nur Paarreime auf, was beim Original-Gedicht nicht der Fall ist. Dort verläuft das Reimschema nämlich ziemlich ungeordnet mit zwei Kreuzreimen am Anfang der ersten, zweiten und dritten Strophe und einem Paarreim über das Ende der dritten Strophe hinaus. Das legt die Vermutung nahe, dass er damit die emotionale (verwirrte, nicht definierbare) und die rationale Denkweise über die Liebe gegenüberstellen will. Er drückt damit aus, dass man die Liebe bei einer zu geordneten Denkweise - hier in den eingerückten Versen die Paarreime - nur zu einem Teil, eben das vorher genannte Drittel, begreifen kann. Ferner stechen die Betonungen heraus, die auch völlig ungeordnet auftreten, und so das Bild von der irrationalen Liebe abrunden.

Eine weitere Formalie ist die Zahl 3, die sich immer wieder im Gedicht findet. Sie kann sozusagen als eine Art Schlüsselzahl angesehen werden, welche Inhalt und Form sehr gut zusammenspielen lässt. So tauchen zum Beispiel im ganzen Gedicht zwei mal drei Kreuzreime auf, drei mal drei Paarreime und drei unreine Reime. (V. 9/11, V. 24/25, V. 26/27) Weiterhin fallen zwei mal drei Ausrufezeichen auf. Außerdem ist jede Anzahl von Versen in einer Strophe durch drei teilbar und zu guter Letzt besteht auch die Überschrift aus nur drei Worten. Den inhaltlichen Zusammenhang erschließt sich, wenn man sich die Personenkonstellationen im Gedicht vor Augen führt. Es treten eine Frau und zwei Männer auf, was drei Personen entspricht. Der Zahl 3 muss hier eindeutig ein hoher Stellenwert zugewiesen werden.

Wenn man sich eingehender mit Tucholsky beschäftigt, dann wird einem auch klar, warum er gerade die 3 wählt. Er hatte während seiner gesamten Beziehung zu seiner zweiten Ehefrau Mary Gerold-Tucholsky eine wahnsinnige Verlustangst und Eifersucht. Immer wenn sie auf Reisen war schickte er ihr Briefe, die fast jedes Mal mit den Sätzen: „Hast Du Dich schon verlobt? Bezahlt er es? Bleibst Du gleich da? Behalte ich die Möbel? [...]“3begannen. Tucholsky hatte ohnehin sein ganzes Leben ein riesengroßes Problem mit Frauen. 1913 schrieb er einmal über die Schriftstellerin Mechthild Lichnowsky: „Außerdem aber kann sie [Mechthild Lichnowsky] schreiben. Und denken. Und sehen. Kurz: keine Frau.“4Es ist bekannt, dass sich „Der liberale Tucholsky [...] außer Stande [sah], intellektuelle Fähigkeiten beim Weib zu akzeptieren, ohne die Frau zugleich zu maskulinisieren.“5Als er kurz vor dem Tod einen Abschiedbrief an seine Ex-Frau schrieb, tritt dieser Aspekt noch einmal zu Tage, denn er spricht sie in diesem Brief nicht mit „Du“ sondern mit „Er“ an.6Durch diese Eigenschaften mogelte sich immer ein imaginärer Dritter in seine Beziehungen. Er traute in seinem ganzen Leben keiner einzigen Frau und sah diese auch nicht als ebenbürtig an. Tucholsky betrachtete das gesamte weibliche Geschlecht nur als Mittel zur Fortpflanzung, dies lässt sich mit dem Original-Zitat von ihm: „Mit den Mädchen muß man schlafen, wozu sind sie sonst da!“7(sic) belegen.

Um seinen Hang zum Anti-Feminismus und um die gerade angesprochene Mary Gerold-Tucholsky geht auch in diesem Gedicht. Seine Biographie belegt nämlich, dass sich seine damalige Frau zwar erst 1933 von ihm scheiden ließ, aber sich bereits schon zwei Jahre vor dem Erscheinen des Gedichtes von ihm trennte. Mit einiger Sicherheit kann man sagen, dass er mit diesem Text die Trennung von ihr verarbeiten will und ihr zugleich einen Vorwurf macht, und somit die ganze Schuld am Scheitern der Beziehung ihr zuschiebt. Denn nur diese Einstellung passt in sein groteskes Frauenbild, dass wahrscheinlich von seiner schlechten Beziehung mit seiner Mutter herrührt.

Weiterhin ist es offensichtlich, dass Tucholsky die Problematik des Gedichts nicht nur auf sich allein sondern auch auf die gesamte Leserschaft ausdehnen möchte und verallgemeinert in diesem Zuge das Gedicht in den Verszeilen 24 bis 28.

Das Gedicht ist in vier Strophen gegliedert, die gleichzeitig auch die Sinnesabschnitte wiederspiegeln. Die Längen der Strophen variieren sehr stark - nur bei den ersten beiden lässt sich eine Übereinstimmung nachweisen. Strophe drei steht mit Sicherheit im Zentrum des Gedichts, sowohl in Umfang, Inhalt wie auch in der Aussage. Die vierte und letzte Strophe rundet das ganze nur mit der offensichtlichen Pointe beziehungsweise Moral ab.

In der ersten Strophe wird als erstes die Grundsituation geklärt. Eine Frau, wahrscheinlich, wie eingangs erwähnt, Tucholskys Frau selber, macht in einer Gesellschaft die Bekanntschaft eines attraktiven Mannes, der ihr auf den ersten Blick gefällt. („Er ist zu dir nett“ V. 3, „Er sieht gut aus“ V. 5, „Er tanzt ausgezeichnet“ V. 6) Diese Kontaktaufnahme ist rein visuell, sie nimmt nur sein Äußeres wahr. Es ist eine Momentaufnahme, welche der Frau nur kurze optische Eindrücke vermittelt - diese beeindrucken sie aber sehr. Die Kürze, die augenblickliche Wahrnehmung, dieser Situation wird mit einer Anreihung kurzer Hauptsätze (Parataxe) wiedergegeben. Ein weiterer Beleg dafür, dass es sich bei der Frau um Mary Gerold handelt, liefert auch die Anrede in der ersten Strophe. Tucholsky spricht sie hier mit „Du“ an, was unmissverständlich auf eine Person aus seinem näheren Umfeld hindeuten muss. Trotz dieser offensichtlichen Verbindung, bleibt natürlich eine allgemeine und anonyme Deutung weiterhin möglich.

Beim tieferen Einblick in die erste Strophe sieht man wieder Tucholskys Frauenbild durchschimmern. Er lässt die (seine) Frau nämlich ziemlich naiv aussehen. Es wird beschrieben, wie sie einen andren Mann kennenlernt und sie nur seine Vorzüge sieht. Durch die Verwendung von Anaphern an den Anfängen von den Versen drei bis sechs wird aber schon von Beginn an deutlich, dass es mit dem „neuen“ Mann genauso monoton werden wird, wie es jetzt gerade mit ihrem Mann (also Tucholsky selber) ist. Das gleiche Bild wird auch noch einmal in Strophe drei aufgegriffen. Da es die Beobachtungen der Frau sind, die hier beschrieben werden, heißt das, dass sie die drohende Monotonie schon von Anfang an hätte begreifen müssen, weil sie ja selber diesen einheitlichen „Denkstil“ wählt. Da sie aber erst einen Denkanstoß (Strophe drei) und eine Moral (Strophe vier) braucht, um dahinter zu kommen, dass es mit dem „andre[n] Mann“ (V. 1) auch nicht andres sein wird, als mit ihrem aktuellen, zeichnet Tucholsky hier seine Frau als ein bisschen dümmlich und sehr langsam verstehend. Außerdem legt sie Maßlosigkeit an den Tag, als sie sagt, dass er ihr „alle Tenniscracks nennen“ (V. 4) könne.

Am Ende von Strophe eins kommt es dann noch zur Konfrontation mit dem eigenen Mann, der, und das ahnt der Leser/Hörer bereits, dabei schlecht wegkommen wird.

Nach Worten Tucholskys zieht die (seine) Frau in der zweiten Strophe einen Vergleich zwischen den zwei Männern, doch im Endeffekt läuft es darauf hinaus, dass sie alle negativen - äußerlichen - Merkmale ihres aktuellen Mannes aufzählt. Da sie ihn schon so gut kennt, hält sie sich auch nicht weiter mit Überlegungen und Vergleichen auf, sie rechnet einfach erbarmungslos mit ihm ab. Es reicht schon „hinten am Hals der Speck“ (V. 11) und „Wie er schon dasteht“ (V. 10) Sie hat anscheinend nur Augen für „ihren“ neuen Mann, der im Bezug auf Glanz, Glamour und Ausstrahlung eindeutig das Rennen gegen ihren Ehemann macht.

Ihre naive Schlussfolgerung im inneren Monolog lautet dann schlussendlich: „Der da wäre ein Mann für mich!“ und sie meint damit die Person, die sie erst einmal, und da in „Gesellschaft“ (V. 2), gesehen hat.

Sprachlich gesehen hat sich im Vergleich zur ersten Strophe nichts getan und gerade darin liegt die Besonderheit. Es treten haargenau die gleichen Reimschemata auf und auch die eingerückten Verse entsprechen sich. Den inhaltlichen Zusammenhang erschließt man, wenn man sich die Handlung beziehungsweise den Denkprozess der Frau vor Augen führt. Nach ihrer subjektiven Meinung nämlich vergleicht sie die beiden Nebenbuhler nach genau den gleichen gerechten Kriterien. Als objektiver Leser/Hörer weiß man natürlich längst, dass dieses Abwägen bei weitem nicht gerecht ist, aber aus ihrer Sichtweise mag das wohl zutreffen.

In der dritten Strophe schaltet sich Tucholsky selbst mit seinen Argumenten ein. Um diese in ihrer Aussage noch zu bestärken, tritt er als „wahre[r] / und gute[r] alte[r] Papa“ (V. 14-15) auf. (Metapher für einen weisen, lebenserfahrenen Mann) Die am Anfang dieser Strophe benutze Floskel „gnädige Frau“ (V. 14) muss als Stilmittel der Ironie angesehen werden, denn Gnade gewährt die Frau ihrem Mann wirklich nicht. Sie gibt ihm nicht den Hauch einer Chance vor ihrem „neuen“ Mann zu bestehen. Mit dieser in unserer heutigen Gesellschaft nicht mehr gemäßen Anrede will der Autor auch erreichen, dass man ihm jetzt unbedingt zuhört und seine Hinweise beziehungsweise Ratschläge gut durchdenkt. Er führt jetzt an, dass es eigentlich kein Unterschied macht, ob sie nun zu dem neuen Mann geht, oder bei ihrem alten Mann bleibt, denn „in ein zwei Jahren [...] [würde sie] ebenso da[stehen]!“. (V. 17)

Weiterhin wird in dieser Textpassage das Bild er Monotonie wieder aufgegriffen. Fünf Zeilen lang (V. 18-22) ziehen sich noch einmal Anaphern entlang, welche die Langeweile unterstreichen sollen. Gestützt wird das Ganze durch die Parallelismen in den Versen 18, 19 und 21. („Dann kennst du“)

Wiederum sind die Sätze ziemlich kurz gehalten, wenngleich auch einige Hypotaxen herausstechen. Umfangreiche Satzgefüge sind aber eigentlich auch gar nicht von Nöten, da die Argumentation des Dichters keine Grund-Folge-Darstellung verlangt. Die bildhaften Beispiele „dann kennst du ihn in Unterhosen“, (V. 19) „dann wird er satt in deinem Besitze“ (V. 20) und „dann kennst du alle seine Witze“ (V. 21) überzeugen auf Anhieb und benötigen keine weiteren Erklärungen.

In der 24. Verszeile wechselt der Autor die Anrede vom persönlichen und intimen Du zum Wir, denn er will nun seine vielen vorher genannten Hinweise verallgemeinert wissen. Mit dem Ausspruch: „wenn man uns näher kennt, gibt sich das mit dem happy end“ (V. 24-25) schert er alle Männer über einen Kamm und das noch mit einem kleinen negativen Touch, was eigentlich ungewöhnlich für die „Mann-Frau-Einstellung“ Tucholskys ist. Des weitern will er vor dem Blick durch die rosarote Brille bewahren. („Beurteil uns nie nach den besten Stunden.“ V. 28)

Die letzte Strophe besteht nur noch aus drei Versen, denn viel ist nicht mehr zu sagen. Man kann sich nämlich als Leser/Hörer schon lange die Moral dieser amourösen Begegnung denken, die da lautet: „bleib bei dem eigenen Mann!“ Interessanterweise wählt Tucholsky hier wieder die allgemeine Ausdrucksform „dem“ und schreibt nicht „deinem“. In der letzten Strophe findet man aber auch wieder das persönliche Du als Anrede. Der Dichter wendet sich noch einmal an die Frau, die am Anfang des Gedichts beim Vergleich mit den beiden Männern nur dem Schein verfallen war und so gar nicht auf andere, sichere Qualitäten geachtet hatte. Er rundet das ganze ab, indem er die Perfektion des Partners, welche die Frau fordert, anzweifelt und versucht ihre Meßlatte etwas nach unten zu schrauben. („einigermaßen auskommen“ V. 30)

Die literaturgeschichtliche Einordnung des Gedichts lässt sich weitaus einfacher als die Interpretation des selbigen vornehmen. Sie fällt eindeutig in die Bewegung der „Neuen Sachlichkeit“, die ab dem zweiten Viertel des 20. Jahrhunderts ihren Lauf nahm. Sie ist definiert als „Rückkehr zur Wirklichkeit [...] unter Verzicht auf subjektive Bewertung“8Diesen Umstand sieht man sehr gut an der Position des lyrischen Ichs im Gedicht. Obwohl es augenscheinlich um Tucholsky selber geht, verwendet er nicht seine, sondern die Perspektive eines dritten, der nur in den Versen 14 und 15 näher als „wahre[r] / und gute[r] alte[r] Papa“ definiert ist, um die Objektivität zu wahren. Außerdem behandelt er in diesem Gedicht ein sehr reales Thema und geht damit weg von dem „verblassenden Expressionismus“, welcher den Hang zur Übertreibung und Subjektivität hatte.

Tucholskys Gedicht „Der andre Mann“ hinterlässt beim Leser eine sehr starke Wirkung. Durch die verständliche und ausdrucksstarke Wortwahl kann man sich sehr gut in die beschriebene Situation hineindenken. Wie für Tucholsky üblich begegnet er uns mit einer einfachen und volksverbunden Sprache, die den gerade genannten Aspekt noch unterstreicht. Auch die besprochene persönliche Anrede „Du“ beziehungsweise „Wir“ trägt dazu bei, dass man sich gut mit dem Gedicht identifizieren kann. Abschließend kann man sich nur wundern, warum dieses Gedicht nicht so richtig den Durchbruch geschafft hat. Normalerweise sind es ja die banalen Dinge, wie diese Eheszene, welche die Menschheit faszinieren, denn „the real life is the most exciting one!“9

 by David Skodawessely

Literaturverzeichnis:

Bilder:

(Kopf)

www.nativetongues.com/menschen/berliner/tucholsky.html www.nabu.de/naturerbe/stechlinreise.htm

www.rhetorik.ch/Tucholsky/Tucholsky.html

home.t-online.de/home/d.nix/weimar/weim06/weim607.htm www.uni-konstanz.de/.../hauptteil_umgang_mit_buchern.html www.geocities.com/legalhistory/JURISTEN/panter.jpg www.kultur-netz.de/hdk/bio_tuch.htm

www.uni-muenster.de/Rektorat/muz/muz0045a.htm

(Text)

http://www.uwosh.edu/colleges/cols/images/lareautigers.gif

Literatur:

(Internet)

http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/TucholskyKurt/ (Anhang II) http://www-ft.ee.tu-berlin.de/~batke/Privat/frauen.html (Anhang V) http://www.ktg-minden.de/kt-frauen.htm (Anhang IV)

(Printmedien)

Tucholsky, Kurt: Der andre Mann (Anhang I)

Neues Deutschland vom 21.12.2000 (Anhang III)

Hepp, Michael: Kurt Tucholsky, Reinbek bei Hamburg 1998

von Gero, Wilpert: Sachwörterbuch der Literatur, Stuttgart 1979

Zwerenz, Gerhard: Kurt Tucholsky, Biographie eines guten Deutschen, München 1979

Anhang I

(Tucholsky, Kurt: „Der andre Mann“)

4 Der andre Mann

Du lernst ihn in einer Gesellschaft kennen. Er plaudert. Er ist zu dir nett.

Er kann dir alle Tenniscracks nennen. Er sieht gut aus. Ohne Fett.

Er tanzt ausgezeichnet. Du siehst ihn dir an... Dann tritt zu euch beiden dein Mann.

Und du vergleichst sie in deinem Gemüte. Dein Mann kommt nicht gut dabei weg. Wie er schon dasteht du liebe Güte! Unten hinten am Hals der Speck! Und du denkst bei dir so: „Eigentlich...

4.1 Der da wäre ein Mann für mich!“

Ach, gnädige Frau! Hör auf einen wahren Und guten alten Papa!

Hättst du den Neuen: in ein, zwei Jahren

Ständest du ebenso da!

Dann kennst du seine Nuancen beim Kosen; Dann kennst du ihn in Unterhosen; Dann wird er satt in deinem Besitze; Dann kennst du alle seine Witze. Dann siehst du ihn in Freude und Zorn, von oben und unten, von hinten und vorn... Glaub mir: wenn man uns näher kennt, gibt sich das mit dem happy end.

Wir sind manchmal reizend, auf einer Feier... Und den Rest des Tages ganz wie Herr Meyer. Beurteil uns nie nach den besten Stunden.

Und hast du einen Kerl gefunden,

mit dem man einigermaßen auskommen kann: dann bleib bei dem eigenen Mann

Kurt Tucholsky (1890 - 1935)

Anhang II

(Biographie Tucholskys)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

6 Kurt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

6.1 Schriftsteller

1890

9. Januar: Kurt Tucholsky wird als Sohn eines jüdischen Kaufmanns in Berlin geboren. ab 1909 Jurastudium in Berlin und Genf.

1911

Beiträge und Gedichte für den "Vorwärts", das Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD).

1912

Der Kurzroman "Rheinsberg - ein Bilderbuch für Verliebte" erscheint.

1913

Tucholsky wird Literatur- und Theaterkritiker der Zeitschrift "Die Schaubühne" (ab 1918 "Die Weltbühne").

1914

Sammlung von Grotesken in "Der Zeitsparer".

1915

Abschluß des Jurastudiums mit Promotion. Während des Ersten Weltkriegswird Tucholsky zum Heer einberufen.

1918

Chefredakteur der Zeitschrift "Ulk" in Berlin.

1920

Heirat mit Else Weil. Mitglied der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD).

1923

Tätigkeit als Volontär und Privatsekretär in einem Berliner Bankhaus.

1924

Tucholsky lebt als Korrespondent der "Weltbühne" und der "Vossischen Zeitung" in Paris. Er schreibt unter verschiedenen Pseudonymen, darunter Kaspar Hauser, Peter Panter und Theobald Tiger. Die verschiedenen Pseudonyme sollen die Suche nach der eigenen Identität in der zerrissenen Nachkriegsgesellschaft ausdrücken. Nach der Scheidung von Weil heiratet Tucholsky Mary Gerold.

1926

Er wird Herausgeber der "Weltbühne", die sich unter seiner Leitung von einer reinen Theaterzeitschrift zu einem Organ der linken Intellektuellen entwickelt.

1927

Der Reisebericht "Ein Pyrenäenbuch" erscheint.

1928

Publikation des Sammelbandes "Mit 5 PS".

1929

Die Satire "Deutschland, Deutschland über alles. Ein Bilderbuch von Kurt Tucholsky und vielen Fotografen. Montiert von John Heartfield" erscheint. Emigration nach Schweden.

1931

Der Roman "Schloß Gripsholm" wird veröffentlicht.

1933

Scheidung von Gerold.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten werden Tucholskys Bücher verbrannt. Er selbst wird aus Deutschland ausgebürgert.

1935

21. Dezember: Kurt Tucholsky stirbt in Hindas (Schweden) an den Folgen eines Selbstmordversuchs.

(sk/ji)

Anhang IV

(Abschiedsbrief von Tucholsky an Mary Gerold)

6.2 Kurt Tucholsky, Tucholsky und die Frauen

Den Schlüssel zum Verständnis für Kurt Tucholskys Verhältnis zu Frauen muss man in seinen familiären Verhältnissen suchen, speziell in der Beziehung zu seiner Mutter. Der Vater war ja gestorben, als Kurt 15 Jahre alt war. Die Führung der Familie lag danach in den Händen seiner Mutter. Doris Tucholsky war eine intelligente uns selbstbewusste Frau, aber sie konnte ihren Kindern keine "Nestwärme" vermitteln. Zwar zeichnete sie Kurts literarische Versuche als Kind und Jugendlicher auf und wir verdanken ihr, dass sie bis heute bekannt sind, jedoch tat sie das nicht aus Rührung oder mütterlichem Stolz, sondern um sich köstlich über die unfreiwillige Komik dieser Ergüsse zu amüsieren. Tucholsky suchte sein Leben lang nach einer Frau die ihm diesen Mangel an Mutterliebe ersetzen konnte. Darüber hinaus war er aber auch ein Typ Mann, der auf Frauen wirkte und der auf Frauen flog. Er hatte zahllose Affären und wäre nach unserem heutigen Sprachgebrauch sicher als "womenizer" zu bezeichnen. Viele dieser Affären inspirierten ihn zu Gedichten und Artikeln. Auch seinen ersten großen Bucherfolg: "Schloss Rheinsberg" verdankt er einer Liebesaffäre. Er verarbeitet darin die Erlebnisse mit seiner Freundin, der Medizinstudentin Eise Weil auf dem genannten Schloss. Eise Weil wurde später seine erste Ehefrau. Seine zweite Ehefrau und die Liebe seines Lebens lernte er als Soldat im Baltikum kennen. Es war Mary Gerold. Die Beziehung der beiden verlief aber, wie bei einem unsteten Menschen wie Kurt Tucholsky nicht verwunderlich keineswegs in ruhigen Bahnen. Nachdem sie sich in Alt-Autz kennen- und liebengelernt hatten folgte eine erste Trennung. Kurt Tucholsky wurde (auch auf eigenen Wunsch hin) nach Bukarest versetzt. Die beiden blieben in Briefkontakt. 1920 kommt Mary nach Berlin, doch es kommt zu einer Entfremdung der beiden und er heiratet Eise Weil. Diese Ehe stand von Anfang an unter einem schlechten Stern, da er wie er seinem Tagebuch anvertraute von Mary nicht loskommt. 1924 wird die Ehe geschieden. Er hat danach ein Verhältnis mit der Journalistin Lisa Matthias, einer lebenslustigen Frau, die ihm intellektuell und emotional nicht viel geben konnte ihn aber wegen ihres "Sex- Appeals" faszinierte. Sie war das Vorbild für die "Lottchen" Geschichten. Im Jahre 1924 heiratet er Mary Gerold. Er lebt mit ihr in Paris und durchlebt dort wohl die größten Höhen und Tiefen seines bisherigen Lebens. Zunächst einmal ist er grenzenlos glücklich und es entstehen so optimistische Werke wie das "Pyrenäenbuch" und die "Nachher"-Serie. Später leben sich beide erneut auseinander und es kommt zur Trennung im Jahre 1928.Die Ehe wird 1933 geschieden. Kurt Tucholsky betrieb diese Scheidung mit großer Eile um Mary zu schützen, da nach Hitlers Machtergreifung mit Repressalien auch gegen seine Angehörigen zu rechnen war. Im Exil hatte er noch intensivere Beziehungen zu der Schweizer Ärztin Hedwig Müller und zu Gertrude Meyer, einer schwedischen Jüdin mit deutscher Mutter. Sie versorgte ihn in seinen letzten Jahren in Hindas und war seine Sekretärin und Dolmetscherin. Als er sich entschließt, aus dem Leben zu scheiden, hinterlässt er in seinem Testament Mary Gerold, abgesehen von einigen Legaten, seinen gesamten Nachlass und einen erschütternden Abschiedsbrief.

In diesem schreibt er; (er verwendet jenen eigenwilligen Stil den er in den meisten Briefen an Mary verwendet nämlich statt des "Du" - "Er" zu schreiben) "Will Ihm zum Abschied die Hand geben und Ihn um Verzeihung bitten, für das, was Ihm einmal angetan hat. Hat einen Goldklumpen in der Hand gehabt und

sich nach Rechenpfennigen gebückt; hat nichts

verstanden und hat Dummheiten gemacht,

hat zwar nicht verraten, aber betrogen, und hat nicht verstanden.

...Jetzt sind es beinahe auf den Tag sieben Jahre, dass

weggegangen ist, nein, dass hat weggehen lassen - und nun stürzen

die Erinnerungen nur so herunter, alle zusammen. Ich weiß, was

ich in Ihm und an Ihm beklage: unser ungelebtes Leben."

Nach dem Ende des Naziterrors sorgte Mary Gerold - Tucholsky für die

Herausgabe der Werke von Kurt Tucholsky. Seine Mutter Doris Tucholsky kam

1943 im KZ Theresienstadt ums Leben. Letzte Änderung am 29. Dezember 2001

Anhang V

(Zitate über Frauen)

7 http://www-ft.ee.tu-berlin.de/~batke/Privat/frauen.html

8 Frauen

Frauen sind wie Übersetzungen: die schönen sind nicht treu, und die treuen sind nicht schön.

George Bernard Shaw Wenn Frauen nicht mehr wissen, was sie tun sollen, ziehen sie sich aus, und das ist wahrscheinlich das Beste, was Frauen tun können.

Samuel Beckett

Kein kluger Mann widerspricht seiner Frau. Er wartet, bis sie es selbst tut.

Humphrey Bogart

Feminismus existiert nur, um häßliche Frauen in die Gesellschaft zu integrieren.

Bukowski

Wenn eine Frau nicht spricht, soll man sie um Himmels willen nicht unterbrechen.

Enriyeu Castaldo

Der gute Ruf einer Frau beruht auf dem Schweigen mehrerer Männer.

Maurice Chevalier

Vorsicht vor einem Weibe, welches logisches Denken offenbart! Denn Logik und das Weib sind so heterogen, daß es Unnatur ist, wenn sie zusammen auftreten.

Johannes Cotta

Es gibt drei Arten von Frauen: die schönen, die intelligenten und die Mehrheit.

Rainer Werner Fassbinder

Frauen sind für mich wie Elefanten. Ich sehe sie gern an, aber ich würde keinen haben wollen.

W.C. Fields

Die große Frage, die ich trotz meines dreißigjährigen Studiums der weiblichen Seele nicht zu beantworten vermag, lautet: 'Was will eine >Frau< eigentlich?'

Sigmund Freud

Drei Arten von Männern versagen im Verstehen der Frauen: junge Männer, Männer mittleren Alters und alte Männer.

irisches Sprichwort

Womit verhüten Emanzen - mit dem Gesicht.

Oskar Lafontaine

Der Charakter einer Frau zeigt sich nicht, wo die Liebe beginnt, sondern wo sie endet.

Rosa Luxenburg

Frauen verbinden am liebsten die Wunden, die sie selbst geschlagen haben.

Jacques Marchand

Die Frau ist der annehmbarste Naturfehler.

John Milton

Der Zweck heiligt die Mittel. Dies muß sich der liebe Gott gedacht haben, als er das Weib erschuf.

Thomas Niederreuther

Wenn du siehst, wen einige Mädchen heiraten, weißt du, wie sehr sie es hassen müssen, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen.

Helen Rowland

Einmal weiblich, immer weiblich. Die Natur ist zwar nicht unfehlbar, doch hält sie stets an ihren Fehlern fest.

Saki

Das niedrig gewachsene, schmalschultrige, breithüftige und kurzbeinige

Geschlecht das schöne zu nennen, dies konnte nur der vom Geschlechtstrieb umnebelte männliche Intellekt fertigbringen.

Arthur Schoppenhauer

Es ist Sache der Frau, so früh wie möglich zu heiraten. Die Aufgabe des Mannes ist es, so lange unverheiratet zu bleiben wie er kann.

George Bernard Shaw

Bei der Brautwerbung ist der Mann solange hinter einer Frau her, bis sie ihn hat.

Jacque Tati

Fürchte den Bock von vorn, das Pferd von hinten und das Weib von allen Seiten.

Anton Tschechow

Mit den Mädchen muß man schlafen, wozu sind sie sonst da!

Kurt Tucholsky

Die Frau kontrolliert ihren Sex, weil sie für Sex all das bekommt, was ihr noch wichtiger ist als Sex.

Esther Vilar

Die Frau ist ein menschliches Wesen, das sich anzieht, schwatzt und sich auszieht.

Voltaire

Es ist nicht wahr, daß Frauen einen Mann suchen, der viel arbeitet, es genügt ihnen einer, der viel verdient.

aus der Zeitschrift "Werben und Verkaufen"

Frauen machen sich nicht schön, um Männern zu gefallen. Sie tun es, um andere Frauen zu ärgern.

Marcel Ayme (1902-1967)

JMB

Letzte Änderung: Thu Feb 1 10:23:51 CET 2001

[...]


1Biographische Daten und Zitat: http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/TucholskyKurt/, siehe auch Anhang II.

2 Hepp, Michael: Kurt Tucholsky, Reinbek bei Hamburg 1998, S.31.

3Ebd., S.97.

4Zwerenz, Gerhard: Kurt Tucholsky, Biographie eines guten Deutschen, München 1979, S. 30.

5 Ebd., S.31.

6http://www.ktg-minden.de/kt-frauen.htm, siehe auch Anhang IV.

7 http://www-ft.ee.tu-berlin.de/~batke/Privat/frauen.html.

8 von Gero, Wilpert: Sachwörterbuch der Literatur, Stuttgart 1979 6, S.548.

9 eigenes Zitat.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Tucholsky, Kurt - Der andre Mann
Note
1
Autor
Jahr
2001
Seiten
25
Katalognummer
V107108
ISBN (eBook)
9783640053834
Dateigröße
555 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Tucholsky der andre mann interpretation gedicht
Arbeit zitieren
David Skodawessely (Autor:in), 2001, Tucholsky, Kurt - Der andre Mann, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107108

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