Die Struktur des außenpolitischen Entscheidungsapparates der EU und daraus resultierende EU- interne Schwierigkeiten


Seminararbeit, 2002

26 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Einleitung

Die Europäische Union (EU) wird ein auf der Bühne der internationalen Beziehungen immer ernster zu nehmender Akteur. Als Handels- und Wirt- schaftsmacht ist ihr internationales Gewicht dem der USA bereits ebenbür- tig. Doch dieses Potential scheint sie als Akteur in der internationalen Poli- tik bisher nicht oder nur teilweise auszuschöpfen (Müller-Brandeck- Bocquet 2000: 29). Es ist eine deutliche Diskrepanz zwischen dem außen- wirtschaftlichen und außenpolitischen Profil der EU zu diagnostizieren (Weidenfeld/Algieri 1999: 1).

Die folgende Arbeit versucht, die Probleme der EU, als ein starker Ak- teur der Weltpolitik aufzutreten allein aus ihrer inneren Struktur heraus zu erklären, obwohl sich der Autor bewusst ist, damit nur eine verkürzte Antwort zu liefern. So wird beispielsweise die weit verbreitete Capabili- ties-Expectations Gap- Diskussion1, also die Wahrnehmung der EU im Rest der Welt und deren Einflüsse auf das Außenhandeln der EU in dieser Ar- beit nicht behandelt. Externe Einflüsse, die die Europäische Union in ihrer Rolle als Akteur auf der internationalen Bühne beeinflussen und unter Um- ständen einschränken, bleiben in der Arbeit unerwähnt. Außerdem wird lediglich der politische Aspekt des Außenhandelns betrachtet, sicherheits- politische Überlegungen sind nicht Teil dieser Arbeit.

Welche Akteure sind im internen Prozess der Außenpolitikformulierung der EU beteiligt? In welchem Verhältnis stehen sie zueinander? Welche Probleme ergeben sich aus dieser Struktur für den Entscheidungsprozess? Diese Fragen werden im Folgenden zu beantworten versucht.

Ein wichtiges Charakteristikum des EU-Entscheidungssystems im Be- reich der Außenbeziehungen ist ein Dualismus aus „außenpolitischen“ und „sicherheitspolitischen“ Elementen im intergouvernementalen Rahmen der GASP einerseits und den eher „wirtschaftlichen“ und „entwicklungspoliti- schen“ Elementen im supranationalem Rahmen der EG andererseits (Mo- nar 1999: 68f.). Es handelt sich also um eine „zweifach zusammengesetz- te Außenpolitik“ (Roloff 2001: 1057). Im Folgenden soll die Struktur der GASP verdeutlicht werden. Danach wird Weg zur Ausdifferenzierung der zwei Dimensionen des Europäischen Außenhandelns nachgezeichnet, um anschließend die Struktur der zweiten Dimension, den „wirtschaftlichen“ Außenbeziehungen, darzustellen. Im Anschluss sollen aus den gewonne- nen Erkenntnissen die strukturellen Schwierigkeiten der EU Außenpolitik gefiltert werden, um abschließend eine vorsichtige Prognose für den wei- teren Verlauf der EU Außenpolitik zu geben.

1. Die GASP

a.) Von der EPZ zur GASP

Bereits der zentrale Gedanke, der der Westeuropäischen Einigung zu Grunde lag, trug den Samen einer gemeinsamen (Westeuropäischen) Au- ßenpolitik in sich. Als Jean Monet und die französische Regierung 1950 das Einigungsprojekt starteten, geschah dies unter anderem, um einen erneuten Krieg zwischen Deutschland und Frankreich für die Zukunft un- möglich zu machen. Diese Zielsetzung lies eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) zweckmäßig erscheinen (Hoffmann 2000: 189). Die entsprechenden Versuche scheiterten jedoch zunächst.2

Dennoch wurde 1969 auf dem Haager Gipfel der so genannte Da- vignon-Bericht in Auftrag gegeben und ein Jahr später in Luxemburg ver- abschiedet. Dieses daher auch Luxemburger-Bericht genannte Papier erör- terte die Möglichkeiten politischer Einigung innerhalb der Europäischen Gemeinschaft. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Schere zwischen wirt- schaftspolitischer und geopolitischer3(Sicherheits- und Verteidigungspoli- tik) Zusammenarbeit bereits extrem weit geöffnet und vor dem Hinter- grund der zunehmenden Verflechtung der beiden Politikbereiche (Hoff- mann 2000: 190) wurde eine Annäherung notwendig. Auf Grundlage des Luxemburger Berichtes wurde die Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ) ins Leben gerufen. Durch die bis dahin erlitten Rückschläge auf die- sem Gebiet (s. o.), war die EPZ zunächst nur als „unverbindliche Form in- tergouvernementaler Konsultationen konzipiert“ (Thiel 1998: 215) und sollte strikt von den Europäischen Gemeinschaften getrennt bleiben. Einziges lockeres Bindeglied der EPZ an die Europäischen Gemeinschaften soll- te lediglich der 1974 mit der Pariser Schlusserklärung ins Leben gerufene Europäische Rat sein. (Göckler-Fuchs 1997: 12) Seine Rolle soll aber erst später im Text genauer erläutert werden. Im Rahmen der EPZ sollten sich nun die Außenminister der Mitgliedsländer mindestens alle sechs Monate treffen, um die einzelnen Außenpolitiken besser abzustimmen zu können.4Das anvisierte Ziel war die allmähliche politische Einigung Europas (ebd.: 12)

Die nun folgenden Treffen, das erste erfolgte am 19. November 1970 erwiesen sich als äußerst erfolgreich, was bis 1981 zwei weitere EPZ- Berichte5an die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer belegten. Allerdings stagnierte die Weiterentwicklung der EPZ Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre, ihr intergouvernementaler Charakter blieb erhal- ten. Zum einen begab sich Europa aufgrund des sich wieder verschärfen- den kalten Krieges stärker unter den Schutzmantel der USA, stellte also Bmühungen nach einer eigenen Außen- und Sicherheitspolitik vorerst zu- rück, zum anderen lies beispielsweise die Ölkrise die wirtschaftspolitische Zusammenarbeit vorerst wichtiger erscheinen (Hoffmann 2000: 191). Die Schere zwischen wirtschaftlicher und geopolitischer Zusammenarbeit wur- de wieder geöffnet.

Mit der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) von 1986 wurde die EPZ erstmals vertraglich festgeschrieben, die Mitgliedsländer gingen hinsicht- lich ihrer Zielsetzung bestimmte Verpflichtungen ein.6Trotz der teilweise recht unverbindlichen Formulierungen der EEA konnte die EPZ in zuneh menden Maße als einheitliche Interessenvertretung der Europäischen Ge- meinschaft (EG) in der internationalen Politik auftreten. Die EG wurde so- mit auch von außen zunehmend als einheitlicher Akteur wahrgenommen (Pfetsch 1997: 218). Ein weiterer entscheidender Qualitätssprung für die EPZ durch die EEA war die erstmalige, wenn auch nur äußerst vage Auf- nahme von Fragen der Sicherheit in den Gemeinschaftsrahmen (Glöckler- Fuchs 1997: 22).

Das Ende des kalten Krieges bedeutete den entscheidenden Schub auf dem Weg von der EPZ zu GASP. Die ursprünglichen Ziele des Europäi- schen Einigungsprozesses waren erreicht oder auf dem besten Wege da- hin: Die deutsch-französische Freundschaft bewies an der Problematik der deutschen Einigung ihre Konstanz, der Wohlstand war seit dem Ende des zweiten Weltkrieges nach Europa zurückgekehrt und mit dem Vertrag von Maastricht waren die wirtschaftliche Integration, sowie die Währungsunion endgültig auf den Weg gebracht. Zusätzlich änderte der Zusammenbruch des Ostblocks Europas Verhältnis zu den USA in zweifacher Hinsicht. Ei- nerseits war mit dem Ende des kalten Krieges das diplomatische Gewicht der einzigen verbliebenen Supermacht USA verglichen mit dem jedes ein- zelnen Europäischen Staates größer als je zuvor. Ein Streben Europas nach mehr Autonomie, als Ausgleich des diplomatischen Ungleichgewichts, wurde gerade mit dem Ende der sowjetischen Bedrohung sinnvoll. Ande- rerseits war auch die USA nicht mehr bereit, ihre Ressourcen in dem Maße wie bisher auf die Wahrung der Stabilität und Sicherheit in Europa zu ver- wenden. Eine Europäische GASP war damit notwendig geworden (Hoff- mann 2000: 191). Die EPZ, als „Koordinierungsinstrument der Außenmi- nister“ (Thiel 1998: 216) außerhalb des EG-Systems stehend, schien nicht mehr zeitgemäß. Dem Entwicklungsdruck wurde im Vertrag von Maastricht 1992 Rechnung getragen. In Titel V des EU-Vertrages wurde die EPZ in die GASP umgewandelt. Die Struktur dieser zweiten Säule der Europäischen Union soll im Folgenden erläutert werden.

b.) Warum der Schritt von EPZ zu GASP?

Bereits der Name macht den Qualitätssprung der Vereinbarungen von Maastricht deutlich. Die Elemente dieses Qualitätssprunges sollen nun kurz erläutert werden.

Erstens wurden die Außen- und vor allem auch die Sicherheitspolitik im Namen explizit genannt und somit auch offensichtlich zum Gegenstand der Vereinbarungen. Besonders die Sicherheitspolitik stellte ein Novum gegen- über der EPZ dar. Zweitens ist nicht mehr von Zusammenarbeit, sondern von Gemeinsam die Rede. Der rein intergouvernementale Charakter der EPZ scheint in der GASP verändert worden zu sein, das heißt, die strikte Trennlinie zwischen EPZ/GASP und der EG wurde allmählich aufgeweicht. Zusätzlich wurden drittens das Mehrheitsentscheidungsverfahren neben dem Einstimmigkeitsprinzip eingeführt und viertens konkretere Richtlinien für das Verhalten der EU-Vertragspartner in internationalen Organisatio- nen festgeschrieben. Die wichtigste institutionelle Änderung in der GASP ist die Abschaffung der Außenministertreffen im Rahmen der EPZ und de- ren Eingliederung in den Rat7, sowie die Aufwertung der Kommission in- nerhalb der GASP durch die Gleichstellung ihres Initiativrechtes mit dem der Mitgliedsstaaten. (Glöckler-Fuchs 1997: 19-24).

Doch warum konnten sich die Vertragspartner zu diesem für ihre innere Autonomie weitreichenden Schritt weg vom nationalen Standpunkt, hin zum Europäischen entschließen? Dazu muss die Entwicklung der EG in den Kontext der Veränderungen der internationalen Umwelt kurz vor dem Ab- schluss des Vertrages von Maastricht 1992 gestellt werden. Mit dem Ende des kalten Krieges musste sich die EU (beziehungsweise bis 1992 die EG) völlig neuen Herausforderungen stellen. Die GASP ist die Antwort der Union auf die Veränderungen in ihrer Umwelt, insbesondere auf den Zusammenbruch des Ostblocks und auf die Folgen der Globalisie- rung. Das Ende des kalten Krieges senkte zwar einerseits das Risiko eines direkten Angriffs auf Europäisches Territorium, andererseits verdeutlichte aber gerade der Jugoslawien-Konflikt die Gefahren für die Europäische Sicherheit, die sich aus regionalen Konflikten an der Europäischen Periphe- rie ergeben (Rat der Europäischen Union 2002: 8 f.). Außerdem, veränder- te sich, wie bereits oben erwähnt das Verhältnis Europas zu den USA. Die EU war herausgefordert, sich allein den neuen Gefahren an ihren Grenzen zu stellen.

Zusätzlich dazu sahen die Regierungen der Mitgliedsstaaten in einer Zusammenarbeit in außenpolitischen Fragen eine Möglichkeit, einen Teil ihrer Handlungsautonomie, die durch die Globalisierung zunehmend schwand, zurück zu gewinnen (Hoffmann 2000: 191 f.).

Ein dritter externer Anstoß zur GASP war der 1990 eingeführte neue Korb der KSZE.8Die Marktwirtschaft wurde als vierter Korb hinzugefügt.

„Diese Verbindung einer wirtschaftspolitischen Ordnung mit den Grundlagen der internationalen Beziehungen strahlte auch auf den europäischen Einigungsprozeß aus. In Anbetracht der zunehmenden Globalisierung wirkte eine außenpolitisch wenig handlungsfähige Wirt- schaftsmacht nicht zeitgemäß.“ (Pfetsch 1997: 219)

Die Verflechtung von Wirtschafts- und Geopolitik wurde durch den neu- en KSZE-Korb offensichtlich. Die wirtschaftspolitisch bereits stark integrier- te Union musste, um handlungsfähig zu bleiben, auch die Integration der Geopolitik vorantreiben.

Zusammenfassend sind also drei wichtige Anstöße zu nennen, die die Mitgliedsstaaten zur Gründung der GASP veranlassten: Das Ende des kal- ten Krieges, die fortschreitende wirtschaftliche Globalisierung, sowie die zunehmende Verflechtung von Wirtschafts- und Geopolitik. Dabei sind die- se drei Punkte nicht strikt voneinander zu trennen oder unabhängig von- einander gültig. Vielmehr besteht zwischen ihnen ein Kausalzusammen- hang. Der Zusammenbruch des Ostblocks machte erst die (weltweite) wirtschaftliche Globalisierung möglich. Durch die Globalisierung ver- schmolzen Wirtschafts- und Geopolitik, da Wirtschaftspolitik in entgrenz- ten (Wirtschafts-) Räumen offensichtlich keine reine Binnen-Politik mehr sein kann, sondern immer auch den internationalen Kontext zu berücksichtigen hat. .

Nun, da die Beweggründe der Vertragspartner in Maastricht 1992 die GASP, als eine der drei Säulen der EU9ins Leben zu rufen, geklärt sind, soll im Folgenden beleuchtet werden, auf was sie sich einigen konnten, dass heißt, welche vertragliche Fixierung, also Struktur, man der GASP gab. Es wird allerdings darauf verzichtet die Entwicklung der GASP von Maastricht bis Amsterdam im einzelnen nachzuzeichnen. Die weiter unten dargestellte Struktur ist die momentan aktuelle. Es ist jedoch darauf hin- zuweisen, dass mit dem Vertrag von Amsterdam Versuche unternommen wurden, die anfänglich geringe Effizienz der GASP zu erhöhen. Zum einen wurde davon abgerückt, ausschließlich das Einstimmigkeitsprinzip in den Verhandlungen anzuwenden. Durch die zusätzliche Einführung von Mehr- heitsentscheidungen, sollte die Blockade des Verhandlungsprozesses durch das Veto eines Mitgliedslandes verhindert werden.

Zum anderen versuchte man das Erscheinungsbild und Auftreten der GASP, das bis zum Amsterdamer Vertrag größtenteils durch die Troika10bestimmt wurde kontinuierlicher zu gestalten, indem man den Hohen Ver- treter GASP einführte (Regelsberger 2000: 225), der die jeweilige Präsi- dentschaft in ihrer Arbeit unterstützen sollte (Weidenfeld/Algieri 1999: 3), sowie die Möglichkeit für den Ministerrat schuf, einen Sonderbeauftragten für bestimmte politische Fragen oder bestimmte Regionen zu ernennen (Algieri 1998: 102). Das Ziel eines kontinuierlicheren Erscheinungsbildes der GASP wurde bei der Umgestaltung der Kommission durch die Schaf- fung der Generaldirektion Außenbeziehungen mit dem dafür zuständigen Komissarsposten ebenfalls verfolgt (Vertretung der Europäischen Kommis- sion in Österreich 2001: 11). Auf diese Neuerungen wird weiter unten noch genauer eingegangen, sie verdeutlichen jedoch bereits das Bemühen der Mitgliedsstaaten, die politische Integration der EU voran zu treiben und den evolutionären Charakter der GASP (Peterson 1998: 15-17).

c.) Struktur der GASP

Um die Arbeitsweise und Struktur der GASP und die daraus resultieren- den Schwierigkeiten für die Europäische Außenpolitik zu verstehen, ist es notwendig, die beteiligten Akteure, sowie deren Rolle in der 2. Säule der EU zu kennen. Innerhalb der GASP finden sich die gleichen Akteure wie innerhalb der EG (1. Säule der EU). Allerdings stehen sie hier in einem anderen Verhältnis zueinander. Es werden im Folgenden nicht sämtliche Akteure genannt, sondern nur die, für die Bearbeitung der eingangs be nannten Fragestellung relevanten. Die wesentlichen Akteure innerhalb der GASP sind:

1. Der Europäische Rat - Der Europäische Rat ist das entscheidende

Organ der GASP. Er bestimmt als Gesetzgeber die „Grundsätze und allgemeinen Leitlinien“ und beschließt einstimmig über die „ge- meinsamen Strategien“, auf die weiter unten noch genauer einge- gangen wird (Müller-Brandeck-Bocquet 2000: 32). Die starke Posi- tion des Rates und der damit verbundene immer noch stark inter- gouvernementale Charakter der GASP liegt begründet in dem sen- siblen Politikbereich, in dem sich die GASP bewegt, nämlich der Außen- und Sicherheitspolitik.

2. Der Rat der Europäischen Union - Auf Grundlage der vom Europäi- schen Rat festgelegten allgemeinen Leitlinien und gemeinsamen Strategien trifft der Ministerrat die für die GASP erforderlichen Ent- scheidungen. Hierzu treten die nationalen Fachminister dieses Ge- bietes, also die Außenminister der Mitgliedsländer im Rat (Allge- meine Angelegenheiten) zusammen Entscheidungen des Minister- rates sind beispielsweise die „gemeinsamen Standpunkte“ und die „gemeinsamen Aktionen“.. Diesen beiden Ratsbeschlüssen haben die Mitgliedsländer zu folgen, mit dem Ziel, die Außenpolitiken der Mitgliedsstaaten in eine gemeinsame Richtung zu lenken (Smith 1999: 10). Eine Besonderheit hierbei ist, dass Entscheidungen des Ministerrates, bei denen es sich um Durchführungsmaßnahmen der gemeinsamen Aktionen oder gemeinsamen Standpunkte handelt oder die auf einer gemeinsamen Strategie des Europäischen Rates basieren mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden. Der Euro- päische Rat beschließt demnach einstimmig über Themen und Re- gionen, auf die eine gemeinsame Strategie angewandt wird (inter- gouvernemental), der Ministerrat beschließt dann auf dieser Grundlage die jeweilige Umsetzung mit einer Mehrheitsentschei- dung (supranational). Ursprünglich war also das Instrument der gemeinsamen Strategie mit dem Vertrag von Amsterdam einge- führt worden, um eine vermehrte Anwendung von Mehrheitsent- scheidungen anstatt des Einstimmigkeitsprinzips anzuregen (Algie- ri 1998: 96). Die restlichen Entscheidungen werden allerdings nach wie vor im Rat mit dem Einstimmigkeitsverfahren getroffen (Ver- tretung der Europäischen Kommission in Österreich 2001.: 12). Außerdem kann ein Mitgliedsland verlangen, dass ein Beschluss, der im Ministerrat mit Mehrheitsentscheidung getroffen werden soll aus „wichtigen Gründen der nationalen Politik, die es auch nennen muß, die Absicht hat, einen mit qualifizierter Mehrheit zu fassen- den Beschluß abzulehnen“ (Algieri 1998: 98). In diesem Fall kann der Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit entscheiden, den Be- schluss an den Europäischen Rat zur einstimmigen Beschlussfas- sung zu überweisen. Somit bewegt sich die GASP zwischen Inter- gouvernementalismus und Supranationalismus, obgleich auch mit starker intergouvernementaler Tendenz.11

Die Vorbereitungen der Verhandlungen des Rates (Allgemeine Angelegenheiten) obliegen dem Ausschuss der ständigen Vertreter (Botschafter der Mitgliedsstaaten), dem COREPER (Comité des Représentants permanents).

3. Die Präsidentschaft - Die halbjährlich wechselnde Präsidentschaft

vertritt die EU in allen außen- und sicherheitspolitischen Fragen als Mitglied der Troika. Zusätzlich teilt sich das Präsidentschaftsland in seiner Rolle als Vorsitz des Ministerrates das Initiativrecht mit der Kommission und ist für die Durchführung der im Ministerrat getrof- fenen Beschlüsse verantwortlich. Der Vorsitz war bisher immer ein wichtiger Impulsgeber für die GASP und bestimmte nicht selten ih- re Richtung.12

4. Der Hohe Vertreter für die GASP - Der Posten des Hohen Vertre- ters für die GASP (Hoher Vertreter) wurde, wie bereits oben er- wähnt eingeführt, um der Außendarstellung der EU mehr Kontinui- tät zu verleihen. Auf der Regierungskonferenz in Wien im Dezem- ber 1998 hatten sich die Staats- und Regierungschefs dahingehend geäußert, eine Person mit „politischen“ Profil mit diesem durch den Vertrag von Amsterdam neu geschaffenen Amt zu betreuen. Er sollte dadurch mehr als nur der „Zuarbeiter“ des Ratsvorsitzes werden (Regelsberger 1999: 248).

Diesem Anspruch wurde man gerecht, indem man den damaligen Generalsekretär der NATO, Javier Solana auf der Regierungskonfe- renz 1999 in Köln zum ersten Hohen Vertreter ernannte. Er war seither in der Lage, diesem Amt eine starke Rolle in der Formulie- rung der Europäischen Außenpolitik zu geben (TAZ vom 27.5.2002, S. 5). Dies verdeutlicht allerdings auch, dass das zunehmend große Gewicht des Hohen Vertreters in hohem Maße abhängig ist, von der Persönlichkeit, die dieses Amt ausfüllt. Es bleibt also abzuwarten, welche Rolle dieser Akteur nach dem Ende von Solanas Amtszeit im Jahr 2004 spielen wird.

Der Hohe Vertreter ist in Personalunion zugleich Generalsekretär des Ministerrates sowie Generalsekretär der Westeuropäischen U- nion. Seine Hauptaufgabe liegt in der Unterstützung des Minister- rates bei der „Konzipierung, Ausarbeitung und Durchführung politi- scher Beschlüsse“ (Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich 2001: 13). Außerdem kann er im Namen des Rates den politischen Dialog mit Drittstaaten führen. Ihm zur Seite steht die Strategieplanungs- und Frühwarneinheit. Ihre Aufgabe besteht darin, mögliche Kollisionen von Ereignissen in der internationalen Politik mit den Interessen der Union vorauszusehen oder gegebe- nenfalls zu diagnostizieren und mögliche Reaktionen darauf anzu- bieten. Dadurch soll die Geschlossenheit und Sichtbarkeit der GASP weiter gesteigert werden (Müller-Brandeck-Bocquet 2000: 34 f.). 5. Das Europäische Parlament - Das Europäische Parlament (EP) spielt im Rahmen der GASP eine äußerst schwache Rolle, eine Tat- sache, die den intergouvernementalen Charakter der 2. Säule der EU noch unterstreicht. Allerdings besitzt das EP zwei äußerst effek- tive Mittel, um die GASP in eine „Gemeinschafts-“ Richtung zu zwingen. Erstens nutzt das EP immer wieder seine starke Position in EU-Haushaltsfragen, um seine außenpolitischen Absichten zur Geltung zu bringen. Zu diesem Zwecke kann es Gelder blockieren, die für Aktionen im Rahmen der GASP vorgesehen sind. (Monar 1999: 88f.). Diese Praxis beruht auf der vertraglich festgelegten „Verzahnung zwischen supranationaler Finanzierung und intergou- vernementaler Durchführung der Gemeinsamen Außen- und Si- cherheitspolitik“ (Roloff 2001: 1059). Im Zuge dieser Strategie ist es dem EP aber nur möglich den gesamten politischen Prozess zu blockieren. Eigene Vorstellungen oder teilweise Änderungswünsche kann es nicht einbringen (Jünemann 2000: 75).

Eine zweite Möglichkeit für das EP Einfluss auf Entscheidungen im Rahmen der GASP zu nehmen ist, seine relativ starke Position als demokratische Kontrollinstanz in der Gestaltung der EG Außenbe- ziehungen dazu zu nutzen, seinen Vorstellungen auch innerhalb der GASP mehr Gewicht zu verleihen. So hat das EP wiederholt außenwirtschaftliche Maßnahmen, die im Gemeinschaftsbereich liegen blockiert, um außenpolitische Vorstellungen im Rahmen der GASP zu realisieren (Monar 1999: 77). Der Ratsvorsitz, die Kommission und der Hohe Vertreter für die GASP unterrichten das Parlament regelmäßig über alle für die GASP relevanten Fragen, ohne das das EP darauf jedoch direkt Einfluss nehmen kann (Europäischer Konvent 2002: 9).

6. Die Kommission - Die Europäische Kommission nimmt bei der

Gestaltung der Europäischen Außenbeziehungen eine äußerst wichtige Position ein. Sie ist zum einen in die GASP integriert, übernimmt aber gleichzeitig außenpolitische Aufgaben für die EG, die eindeutig außerhalb der GASP liegen, wie zum Beispiel die Außenhandels- und Entwicklungspolitik. Die Kommission spielt daher für die Kohärenz der beiden Dimensionen der Außenbeziehungen der EU eine große Rolle. Sie ist gewissermaßen das Scharnier zwischen der 1. und der 2. Säule der EU (Emmanoulidis 2002: 2). Mit dem Ziel diese Rolle bestmöglich auszufüllen, wurde die Kommission 1999 intern umstrukturiert und eine neue Generaldirektion Außenbeziehungen geschaffen (Jünemann 2000: 79). Der zuständige Generalsekretär, Chris- topher Patten soll zum einen das Gesicht der EG- Außenbeziehungen sein und gleichzeitig in der GASP als „Schnitt- stelle zwischen dem Allgemeinen Rat, der Kommission sowie dem Hohen Vertreter für die GASP fungieren“ (Vertretung der Europäi- schen Kommission in Österreich 2001: 11) und somit helfen die EU-Außenbeziehungen kohärenter und effizienter zu gestalten. Zu- sätzlich dazu wurden mit dem Amsterdamer Vertrag die Kommissi- on und der Ministerrat für die Kohärenz der Maßnahem im Rahmen der GASP und im Rahmen der EG-Außenbeziehungen verantwortlich gemacht, ohne diese Verantwortung jedoch zu präzisieren (Roloff 2001: 1059).

Innerhalb der GASP ist die Rolle der Kommission verglichen mit der EG allerdings weitaus schwächer. Der Präsident der Kommission nimmt an den Verhandlungen des Europäischen Rates teil, die Kommission ist bei den Verhandlungen des Ministerrates vertreten, ist an der Durchführung gemeinsamer Maßnahmen beteiligt und wirkt ferner an der Europäischen Außenvertretung in Form der Troika (bzw. Quadriga - s. Anm. 9) mit. Das Initiativrecht teilt sich die Kommission im Rahmen der GASP mit dem Rat, daher spricht man in diesem Zusammenhang auch vom „Geteilten Initiativrecht“ (Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich 2001: 10).

2. Die Außenbeziehungen der EG

a.) Warum die Ausdifferenzierung zweier Dimensionen des Europäischen Außenhandelns?

Die Europäische Gemeinschaft war von Beginn an als Wirtschaftsge- meinschaft konzipiert. Ziel der Europäischen Integration war die Schaffung eines gemeinsamen Binnenmarktes. Daher ist auch leicht verständlich, warum bereits in den Gründungsverträgen supranationale Vertragsschlie- ßungskompetenzen im Bereich der Handelspolitik von den Mitgliedsstaaten an die Gemeinschaft abgegeben wurden und bis heute die Handelspolitik der eigentliche Kern des Außenhandelns der EG geblieben ist (Müller- Brandeck-Bocquet 2000: 37). So konnte die EG, noch bevor die EPZ ins Leben gerufen wurde, ein bereits dichtes Netz von Handelsabkommen ü- ber die Welt spannen und somit ihre internationale Stellung ausbauen13. Im Laufe dieser Entwicklung emanzipierte sich das wirtschaftliche Element des EG-Außenhandelns vom politischen Element. Die bereits in den Grün- dungsverträgen enthaltenen supranationalen Kompetenzen der EG im Be- reich der Außenwirtschaftspolitik trennten sich von der nach wie vor inter- gouvernementalen Zusammenarbeit im Bereich der allgemeinen Außenpo- litik im Rahmen der EPZ bzw. GASP (Monar 1999: 67 f.).

Im Zuge einer immer engeren Verknüpfung von Wirtschaftspolitik und allgemeiner bzw. Außenpolitik wird diese Trennung jedoch zunehmend realitätsferner. Rein wirtschaftliche Abkommen sind heute immer schwerer vorstellbar (Müller-Brandeck-Bocquet 2000: 37).14

„Die Zersplitterung der außenwirtschaftlichen und au- ßenpolitischen Vertretung europäischer Interessen ist zunehmend anachronistisch“ (Emmanoulidis 2002: 1).

Dieser Entwicklung wurde Rechnung getragen, indem mit dem Vertrag von Amsterdam die außen- und sicherheitspolitische Agenda um eine Viel- zahl von politischen Themenbereichen erweitert wurde. Somit verwischen zunehmend die Themen der GASP und des EG-Außenhandelns (Algieri 1998: 102), was eine Abstimmung der beiden Teile des EU-Außenhandelns notwendig macht um Reibungsverluste zu vermeiden. Verantwortlich für diese Abstimmung bzw. die Kohärenz der beiden Elemente des EU- Außenhandelns sind, wie bereits weiter oben erwähnt, die Kommission und der Ministerrat. Die Mitgliedsländer zeigen sich allerdings bisher nur äußerst zögerlich bereit, Kompetenzen an die GASP abzugeben, während sie gleichzeitig versuchen, an die EG verlorene Kompetenzen zurück zu gewinnen. Diese Versuche scheitern jedoch zumeist an der Haltung des Europäischen Gerichtshofes, der in seiner Rechtssprechung eher dazu neigt, die Kompetenzen der EG durch seine Auslegung des Gemeinschafts- rechtes zu festigen bzw. zu erweitern (Monar 1999: 68).

b.) Struktur des Außenhandelns der EG

Das Außenhandeln der EG und demnach die wirtschaftlichen Außenbeziehungen der EU unterliegen dem Akteursverhältnis der 1. Säule der EU. Die wesentlichen Akteure sind:

1. Die Kommission - Die Kommission verfügt im Rahmen des Außen- handelns der EG über das Initiativ- und das Verhandlungsmonopol. Des Weiteren ist sie verantwortlich für die Durchführung der in die- sem Zusammenhang beschlossenen Maßnahmen. In ihrer Rolle als Verhandlungsführer und bei der Durchführung der ist der Maßnah- men wird die Kommission jedoch stark durch den Rat eingeengt.

2. Der Rat der Europäischen Union - Der Ministerrat kontrolliert die Kommission in ihrer Rolle als Verhandlungsführer und bei der Durch- führung der im Rahmen des Außenhandelns der EG zu treffenden Maßnahmen. Als Verhandlungsführer ist die Kommission an das ihr vom Ministerrat vorgegebene Verhandlungsmandat gebunden und muss einem eigens für diesen Zweck geschaffenen Ausschuss (Aus- schuss nach Artikel 113) ständig Bericht über den Fortgang der Ver- handlungen machen. Die Durchführung der im Rahmen des Außen- handelns der EG beschlossenen Maßnahmen kann von den Mit- gliedsstaaten jederzeit in speziellen Ausschüssen blockiert werden, da die Kommission die Maßnahmen dem Rat vor ihrer Durchführung vorschlagen muss.

Auf Vorschlag der Kommission schließt der Rat die Abkommen ab. Da dies im Rahmen der 1. Säule der EU geschieht, entscheidet die gewählte Rechtsgrundlage über das Abstimmungsverfahren im Rat (Einstimmigkeit oder qualifizierte Mehrheit), sowie über die Beteili- gung des Parlamentes (Monar 1999: 73). Wie bereits oben erwähnt, ist es heute nahezu unmöglich, rein wirtschaftspolitische Abkommen zu schließen. Viel häufiger ist es der Fall, dass so genannte gemisch- te Abkommen15abgeschlossen werden, die den Kompetenzrahmen der EG überschreiten und bei denen neben der Kommission auch die Mitgliedsstaaten als eigenständige Akteure in den Verhandlungspro- zess eintreten (Müller-Brandeck-Bocquet 2000: 39). Somit kommt es zwischen Kommission und Ministerrat regelmäßig zu Streitigkeiten über die zu wählende Rechtsgrundlage, die in diesem Fall nichts weiter sind, als Kompetenzstreitigkeiten (Monar: 1999:71).

3. Das Europäische Parlament - Die Beteiligung des EP am

Entscheidungsprozess im Rahmen des Außenhandelns der EG hängt von der gewählten Rechtsgrundlage ab. Die Beteiligungsmöglichkeiten reichen dabei von einer ausdrücklichen Zustimmung des EP (z.B. Aussoziierungsabkommen) über eine bloße Informationspflicht des Ministerrates und der Kommission gegenüber dem EP (z.B. Handelsabkommen), bis hin zu einer formellen Konsultierung des EP (ebd.: 76). Wie bereits weiter oben erwähnt, nutzt das Parlament diese vergleichsweise starke Stellung im Außenhandeln der EG, um seine außenpolitischen Vorstellungen auch im Rahmen der GASP durchzusetzen.

3. Die strukturellen Schwierigkeiten des EU- Außenhandelns

Es sind bereits einige strukturelle Probleme deutlich geworden. Diese sollen nun systematisch aus der bisherigen Arbeit herausgefiltert und zusammengefasst dargestellt werden.

Die Aufteilung der Gestaltung der Europäischen Außenbeziehungen in ein außenwirtschaftspolitisches Aufgabenfeld unter dem supranationalen Dach der EG einerseits und dem außenpolitischen Bereich unter dem in- tergouvernementalen Dach der GASP andererseits ist ein wichtiges Cha- rakteristikum des EU-Außenhandelns und zugleich eine Quelle vieler fun- damentaler Probleme. In den Fällen, in denen beide Element des Außen- handelns der EU gleichermaßen betroffen sind, also konkret dann, wenn im Rahmen der GASP Entscheidungen getroffen werden, die die Kompe- tenzen der Gemeinschaft überschneiden treten diese Probleme zu Tage. In diesem Fall kann die Kommission ihre starke Stellung im Rahmen des EG-Außenhandelns nutzen, um den GASP-Beschluss scheitern zu lassen. Diese Praxis hat auf die Effektivität und Effizienz der EU-Außenpolitik ei- nen äußerst negativen Einfluss (Roloff 2001: 1057 f.).

Der intergouvernementale Charakter der GASP macht sie in hohem Ma- ße abhängig vom Willen einzelner Mitgliedsstaaten. Dies kann ebenso zu mangelnder Kohärenz des Außenhandelns der beiden ersten EU-Pfeiler führen. Während die EG aufgrund einer Mehrheitsentscheidung tätig wird, kann dies im Rahmen der GASP aufgrund der Struktur des dortigen Ent- scheidungssystems jederzeit von einer Minderheit der Staaten verhindert werden.

Das EP hat, wie bereits oben ausgeführt im Rahmen der GASP eine äu- ßerst schwache Stellung. Deswegen versucht es seine relative starke Posi- tion im Rahmen des EG-Außenhandelns zu nutzen, um auch Einfluss auf Entscheidungen der GASP nehmen zu können. Leider ist es aber dem EP nur möglich Entscheidungen im Rahmen der GASP über seine starke Stel- lung in Haushaltsfragen zu blockieren (Jünemann 2000: 75) oder die Zu- stimmung zu Entscheidungen im Rahmen des EG-Außenhandelns zu ver- weigern. So kann das EP trotz seiner schwachen Stellung im Rahmen der GASP die Kohärenz des Außenhandelns der 1. und 2. Säule der EU negativ beeinflussen.

Diese drei Elemente, Konflikt der Kommission mit der GASP, Konflikt unter den Mitgliedsstaaten und Konflikt des EP mit der GASP können auf- grund der Struktur des Entscheidungssystems des Außenhandelns der EU zu einer „Paralyse der europäischen Außenpolitik“ (Roloff 2001: 1058) füh- ren und haben dies auch immer wieder getan. Ein Zustand der nicht nur für die EU unangenehm ist, sondern auch für ihre Verhandlungspartner äußerst ärgerlich sein kann, da sich Verhandlungen unter Umständen sehr in die Länge ziehen können.16Um dies zu verhindern, muss die Kohärenz der beiden Elemente des EU-Außenhandelns verbessert werden.

4. Fazit und Ausblick

Die bisherigen Ausführungen zeigen ein eindeutiges Ergebnis. Das Ent- scheidungssystem der Außenbeziehungen der EU hat einen in den interna- tionalen Beziehungen völlig neuartigen Charakter. Das Zusammenspiel von intergouvernementalen Elementen im Rahmen der GASP und supranatio- nalen Elementen im Rahmen des Außenhandelns der EG führt zu einer Reihe von Problemen für die Außenpolitik der EU. Aufgrund mangelnder Kohärenz ist das Außenhandeln der EU oft langwierig und schwerfällig.

Dennoch trägt die problematische Struktur der Gestaltung des EU- Außenhandelns auch die Möglichkeit für eine zukunftsgerechte Außenpoli- tik in sich. Die Herausforderungen an die Außenpolitik sind von einem Staat allein heute kaum mehr zu bewältigen.17Die Mitgliedsstaaten der EU werden sich immer mehr dieser Tatsache bewusst und verzichten im zu- nehmenden Maße zugunsten der Suche nach gemeinsamen Wegen auf die Möglichkeit der Paralyse der Europäschen Außenpolitik. Die Struktur der EU-Außenpolitik ist dafür der geeignete institutionelle Rahmen (Monar 1999: 78). Die oben dargestellten Blockadeszenarien sind demnach auch als Verhandlungsmöglichkeiten zu verstehen. In dem Maße, in dem auch die Staaten dies so auffassen wird sich die EU als Akteur in den Internati- onalen Beziehungen etablieren und sich vermehrt Verhör verschaffen. Das Bewusstsein, nur gemeinsam „Europäische Interessen“ (die es sicherlich an anderer Stelle noch zu formulieren gilt) durchsetzen zu können ist da- für von entscheidender Bedeutung.

Offen bleibt allerdings die Frage, wie dieses Bewusstsein gestärkt wer- den kann. Die oft in diesem Zusammenhang geforderte stärkere Integrati- on der GASP in den Gemeinschaftsrahmen (z.B.: Emmanoulidis 2002: 2) wäre dafür eventuell eine Möglichkeit. Dies wäre ein Verfassungssprung im Sinne der föderalistischen Integrationstheorie (Giering 2000: 263 f.). Hier würde das Bewusstsein der Notwendigkeit einer in die Gemeinschaft integrierten GASP durch einen institutionellen Vorgriff gewissermaßen auf- gezwungen. Die Frage von wem bleibt allerdings offen. Daher ist wohl eher die schrittweise Integration der GASP in den Gemeinschaftsrahmen durch spill- over Effekte aus der Wirtschaftspolitik im EG-Rahmen realis- tisch. Die positiven Erfahrungen in der vergemeinschafteten Europäischen Wirtschaftspolitik werden auf Dauer dazu führen, dass die Mitgliedsstaaten zu der Einsicht kommen, dass es für die Verfolgung ihrer außenpolitischen Ziele vorteilhafter ist, Kompetenzen dieses Politikbereiches auf die Ge- meinschaftsebene zu transferieren. Unter diesen Umständen wird die EU ihr eingangs erwähntes außenpolitisches Potential in Zukunft auszufüllen wissen.

5. Literaturliste

- Algieri, Franco, 1998: Die Reform der GASP-Anleitung zu begrenz- tem gemeinsamen Handeln, in: Weidenfeld, Werner (Hrsg.): Ams- terdam in der Analyse. Strategien für Europa; Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung, S. 89-120.

- Emmanoulidis, Janis, 2002: EU-Reformvorschläge. Vereinfachung der Instrumente (http://www.cap.uni- muenchen.de/konvent/reformen/frage_antwort_04.htm, am 16.07.02).

- Europäischer Konvent, Das Sekretariat, 2002: Vermerk des Präsidi- ums für den Konvent. Betr.: Die außenpolitischen Maßnahmen der EU (http://www.auswaertiges- amt.de/www/de/infoservice/download/pdf/eu/konvent/161.pdf, am 29.08.02)

- Giering, Claus, 2000: Integrationstheorien, in: Weidenfeld, Wer- ner/Wessels, Wolfgang (Hrsg.): Europa von A bis Z. Taschenbuch zur europäischen Integration; Bonn: Europa Union Verlag (7. Auflage), S. 262-267.

- Ginsberg, Roy H., 1999: Conceptualizing the European Union as an International Actor: Narrowing the Theoretical Capability- Expectations Gap, in: Journal of Common Market Studies 37 (3), S. 429-454.

- Glöckler-Fuchs, Juliane, 1997: Institutionalisierung der europäi- schen Außenpolitik; München: R. Oldenbourg Verlag (= Lehr und Handbücher der Politikwissenschaft).

- Hill, Christopher, 1993: The Capability-Expectations Gap, or Con- ceptualizing Europes’ International Role, in: Journal of Common Market Studies 31 (3), S. 305.328.

- Hill, Christopher, 1998: Closing the Capability-Expectations Gap?, in: Peterson, John/Sjursen, Helene (Hrsg.): A Common Foreign and Security Policy for Europe? Competing Visions of the CFSP; London: Routledge, S. 18-38.

- Hoffmann, Stanley, 2000: Towards a Common European and Secu- rity Policy?, in: Journal of Common Market Studies 38 (2), 189-198.

- Jünemann, Annette, 2000: Auswärtige Politikgestaltung im EU- Mehrebenensystem. Eine Analyse der strukturellen Probleme am Beispiel der Euro-Mediterranen Partnerschaft, in: Schubert, Klaus/Müller-Brandeck-Bocquet, Gisela (Hrsg.): Die Europäische U- nion als Akteur der Weltpolitik; Opladen: Leske + Budrich, S. 66-80.

- Monar, Jörg, 1999: Die interne Dimension der Mittelmeerpolitik der Europäischen Union: Institutionelle und verfahrensmäßige Probleme, in: Zippel, Wulfdiether (Hrsg.): Die Mittelmeerpolitik der EU; Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft, S. 65-90.

- Müller-Brandeck-Bocquet, Gisela, 2000: Die Mehrdimensionalität der EU-Außenbeziehungen, in: Schubert, Klaus/Müller-Brandeck- Bocquet, Gisela (Hrsg.): Die Europäische Union als Akteur der Weltpolitik; Opladen: Leske + Budrich, S. 29-44.

- Neuss, Beate, 2000: No Buisiness as Usual: Die Osterweiterung der EU als Herausforderung eigener Art, in: Schubert, Klaus/Müller- Brandeck-Bocquet, Gisela (Hrsg.): Die Europäische Union als Akteur der Weltpolitik; Opladen: Leske + Budrich, S. 45-63.

- Peterson, John, 1998: Introduction: The European Union as a Glo- bal Actor, in: Peterson, John/Sjursen, Helene (Hrsg.): A Common Foreign and Security Policy for Europe? Competing Visions of the CFSP; London: Routledge, S. 1-17.

- Pfetsch, Frank R., 1997: Die Europäische Union. Geschichte, Institutionen, Prozesse; München: Wilhelm Fink Verlag (=Uni Taschenbücher, Band 1987).

- Rat der Europäischen Union, 2002: Gemeinsame Außen- und Si- cherheitspolitik; Luxemburg: Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften.

- Regelsberger, Elfriede, 1999: Gemeinsame Außen- und Sicherheits- politik, in: Weidenfeld, Werner/Wessels, Wolfgang (Hrsg.): Jahrbuch der Europäischen Integration 1998/99; Bonn: Europa Union Verlag, S. 243-250.

- Regelsberger, Elfriede, 2000: Gemeinsame Außen- und Sicherheits- politik, in: Weidenfeld, Werner/Wessels, Wolfgang (Hrsg.): Europa von A bis Z. Taschenbuch zur europäischen Integration; Bonn: Europa Union Verlag (7. Auflage), S. 221-226.

- Roloff, Ralf, 2001: Die Außenbeziehungen der Europäischen Union zwischen Globalisierung und Regionalisierung, in: Zeitschrift für Politikwissenschaft 11 (3), S. 1045-1072.

- Smith, Karen E., 1999: The Making of EU Foreign Policy. The Case of Eastern Europe; Houndmills etc.: Macmillan Press Ltd.

- TAZ vom 27.5.2002, S. 5: Europas eiliger Netzeknüpfer. Javier So- lana und seine Arbeit als EU-Chefdiplomat; Berlin: TAZ Verlags- und Vertriebs GmbH.

- Thiel, Elke, 1998: Die Europäische Union. Von der Integration der Märkte zu gemeinsamen Politiken; Opladen: Leske + Budrich (5. Auflage).

- Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich, 2001.: Fact

Sheet zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäi- schen Union (http://europa.eu.int/austria/factsheets/gasp1.pdf, am 29.08.02).

- Weidenfeld, Werner/Algieri, Franco, 1999: Europas neue Rolle in der Welt (http://www.cap.uni-muenchen.de/publikationen/download.htm, am 25.07.02).

[...]


1 Dazu vor allem: Hill 1993 sowie Hill 1998 und Ginsberg 1999.

2So scheiterte beispielsweise der 1952 vom französischen Ministerpräsidenten René Pleven vorgestellte Plan einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft später in der französischen Nationalversammlung (Pfetsch 1997: 209).

3 Ich übernehme hier den Begriff Geopolitik in dem Sinne, wie ihn zum Beispiel auch Hoffmann verwendet (siehe zum Beispiel Hoffmann 2000: 190).

4 „ durch regelm äß ige Unterrichtung und Konsultationen eine bessere gegenseitige Verst ä ndigung ü ber die gro ß en Probleme der internationalen Politik zu gew ä hrleisten “ (Erster Bericht der Au- ßenminister an die Staats- und Regierungschefs der EG-Mitgliedsstaaten vom 27. Oktober 1970 [Luxemburger Bericht], in: Europa-Archiv, 22/1970, S. D520-524; aus: Thiel 1998: 216).

5Kopenhagener Bericht von 1973 und Londoner Bericht von 1981.

6In Artikel 30.2.d EEA verpflichten sich jeder einzelne Vertragspartner auf die Vermeidung von Maßnahmen oder Stellungsnahmen, die der „ Wirksamkeit [der Gemeinschaft] als koh ä rente Kraft in den internationalen Beziehungen oder in internationalen Organisationen schaden w ü rden “

(Pfetsch 1997: 218).

7 Die Treffen finden daher nun in den Sitzungen des Rates in Brüssel statt. Durch diese Zusam- menfassung wird die Entscheidungsstruktur der GASP im Vergleich zur EPZ entscheidend verein- heitlicht, da GASP- und Ratsfragen unter einem Dach zusammengefasst sind (Glöckler-Fuchs 1997: 24).

8 Die vier Körbe der KSZE: 1. Korb - Demokratie, 2. Korb - Menschenrechte, 3. Korb - Gewaltverzicht, 4. Korb - Marktwirtschaft (Pfetsch 1997: 219).

9 1. Säule der EU: Europäische Gemeinschaften, 2. Säule der EU: Gemeinsame Außen- und Si- cherheitspolitik (GASP), 3. Säule der EU: Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres (ZJI)

10 Die Troika setzt sich zusammen aus dem Außenminister des Landes, das momentan die EU- Präsidentschaft inne hat (dies ist die eigentliche auswärtige Vertretung), sowie dem aus dem vor- herigen und nachfolgenden Präsidentschaftsland (als deren Unterstützung). Innerhalb der GASP hat sich die Zusammensetzung der Troika allerdings gewandelt. Heute besteht sie aus dem Au- ßenminister des aktuellen Präsidentschaftslandes, sowie dem des nachfolgenden und dem Hohen Vertreter GASP. Die Troika wird zum Quartett durch den hinzutretenden Kommissar für Außen- beziehungen. (TAZ vom 27.5.2002: 5).

11 Die Tendenz ist zusätzlich deswegen eher intergouvernemental, da die Staaten über ein so genanntes konstruktives Veto verfügen. Ein Mitgliedsstaat kann demnach eine Entscheidung des Rates (Allgemeine Angelegenheiten) für sich ablehnen, akzeptiert aber, dass die Entscheidung für die EU bindend ist (Rat der Europäischen Union 2002: 19).

12Als Beispiel kann hier die Europäisch-Mediterrane Partnerschaft dienen. Unter französischer Ratspräsidentschaft gelang es, eine bedeutende Initiative im Mittelmeerraum zu starten, da Frank- reich ein Interesse daran hatte. Für Frankreich und andere Mitgliedsländer bedeutete diese Initiati- ve ein Gegengewicht zu der von Deutschland vorangetriebenen Osterweiterung der EU (Monar 1999: 78).

Auch die deutsche Präsidentschaft konnte die GASP in die von ihr gewünschte Richtung lenken. 1994 gelang es ihr, der EU-Osterweiterung einen entscheidenden Schub zu geben (Neuss 2000: 55).

13Bereits in den 1960er Jahren schloss die Gemeinschaft Handels- bzw. Präferenzabkommen mit Griechenland bzw. den AKP-Staaten ab. In den 1980er Jahren wurde die EG-Kommission unter anderem in den Weltwirtschaftsgipfel einbezogen (Monar 1999: 67 f.).

14 Als Beispiel kann hierfür die Europäisch- Mediterrane Partnerschaft dienen. Sie berührt Politikbereiche sowohl der 1. als auch der 2. Säule der EU (Jünemann 2000: 69f.)

15 Assoziierungsabkommen umfassen enge wirtschaftliche Kooperation und finanzielle Hilfsmaßnahmen. Daher sind sie allerdings mehr als bloße wirtschaftspolitische Abkommen und werden auch als „gemischte Abkommen“ bezeichnet (Monar 1999: 71).

16 Als beispielsweise die Kommission am Rande der Konferenz von Malta im April 1997 ein Assoziierungsabkommen mit Jordanien verhandelt hatte, waren einige EU-Mitgliedsländer der Meinung, die Kommission hätte ihr Verhandlungsmandat überschritten und bestanden darauf, dass die Verhandlungen neu beginnen sollten. Dies führte dazu, dass das Abkommen erst im November 1997 unterzeichnet wurde (Monar 1999: 86).

17 Eine Ausnahme stellt hier allein die USA dar, die aber auch im zunehmenden Maße auf die Kooperation mit ihren Partnern verantwortlich ist. Auch sie könnte allein den „Krieg gegen den Terror“ nicht gewinnen. Anders ist das momentane Werben des US-Präsidenten um eine Teilnahme der EU-Staaten an einem Krieg gegen den Irak nicht zu verstehen.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Die Struktur des außenpolitischen Entscheidungsapparates der EU und daraus resultierende EU- interne Schwierigkeiten
Hochschule
Technische Universität Darmstadt
Veranstaltung
PS Die Europäische Union - Funktionsweise und Wirkungen, Probleme und Herausforderungen
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
26
Katalognummer
V107112
ISBN (eBook)
9783640053872
Dateigröße
490 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schwerpunkt der Arbeit liegt auf dem Dualismus zwischen intergouvernementalen und supranationalen Elementen der EU - Außenpolitik
Schlagworte
Struktur, Entscheidungsapparates, Schwierigkeiten, Europäische, Union, Funktionsweise, Wirkungen, Probleme, Herausforderungen
Arbeit zitieren
Kristian Lempa (Autor:in), 2002, Die Struktur des außenpolitischen Entscheidungsapparates der EU und daraus resultierende EU- interne Schwierigkeiten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107112

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