Simulationsspiele in interkulturellen Trainings, Beispiel Ecotonos


Seminararbeit, 2002

19 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1) Einleitung

2) Zur Begriffsbestimmung "Interkultureller Kompetenz"

3) Training Interkultureller Kompetenz
3.1) Informationsorientiertes Training
3.2) Interaktionsorientiertes Training
3.3) Kulturorientiertes Training

4) Simulationsspiele
4.1) Definition
4.2) Exkurs: Entwicklung Interkultureller Kompetenz nach Flechsing
4.3) Aufbau eines Simulationsspiels
4.4) Lernziele

5) Ecotonos
5.1) Besonderheiten
5.2) Entwicklung
5.3) Ablauf der Simulation
5.4) Die Rolle des Beobachters
5.5) Das Debriefing
5.6) Zusammenfassung
5.7) Eigene Erfahrungen mit Ecotonos

6) Literatur

1) Einleitung

Die Globalisierung ist eine der eindeutigsten und bedeutendsten Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, sowohl in politischer, als auch gerade in wirtschaftlicher Hinsicht. Durch die sich daraus ergebenden Chancen für multinationale Unternehmen steigen auch die Auslandseinsätze von Mitarbeitern - hauptsächlich auf der Führungsebene. Durch zum Teil negative Erfahrungen mit solchen Auslandseinsätzen (Frustration, vorzeitige Rückkehr, etc.) hat die Notwendigkeit und die Bereitschaft, Mitarbeiter auf den Auslandseinsatz vorzubereiten in den meisten großen Unternehmen an Bedeutung gewonnen.

Dabei fällt immer häufiger der Begriff der "Interkulturellen Kompetenz" als Schlüsselqualifikation für Auslandsentsandte.

Die aktuelle Literatur zu Interkulturellem Management ist sich einig über deren Wert für internationale Führungskräfte: "So wie Führungskompetenz, Kommunikationskompetenz, Organisationskompetenz oder Managementkompetenz moderne Schlüsselqualifikationen für Fach- und Führungskräfte sind, so gilt Interkulturelle Handlungskompetenz als Schlüsselqualifikation für die internationale Unternehmenstätigkeit und das internationale Management." (Thomas/ Kineast/ Schroll-Machl, 2000, S. 97)

Um diese zu erlangen gibt es eine Vielzahl von Methoden, die in interkulturellen Trainings angewandt werden.

Da der Begriff "Interkulturelle Kompetenz" äußerst vielschichtig ist, möchte ich ihn zunächst kurz umreißen, und mir wichtig erscheinende Komponenten gesondert herausstellen. Anschließend werde ich allgemein auf interkulturelle Trainings zur Vorbereitung von Auslandsaufenthalten eingehen um eine Verortung des Simulationsspieles im Rahmen eines umfassenden Trainings vorzunehmen Schließlich möchte ich die spezielle Methode des Simulationsspiels darstellen, und als explizites Beispiel für ein solches das Spiel "Ecotonos" beschreiben und hinsichtlich der zuvor ausgeführten Komponenten von Interkultureller Kompetenz analysieren.

2) Zur Begriffsbestimmung "Interkultureller Kompetenz"

Keller und Novak definieren Kompetenz in ihrem Pädagogischen Wörterbuch allgemein als "Fähigkeit zu einem bestimmten Handeln" (Keller/ Novak, 1993, S. 215). Voraussetzung für ein situativ angemessenes Handeln ist das "Vorhandensein gewisser Kenntnisse und Fertigkeiten" (ebd.). Ebenso fällt der Begriff "Sozialkompetenz", der die "Kommunikative Kompetenz" (= Fähigkeit zur verbalen und nonverbale Verständigung) ( ebd.) mit einschließt Weiterhin wird betont, dass "Kompetenz etwas ...(sei), was durch Erfahrung, also auch Erziehung und Unterricht erworben werden kann." (ebd.).

Was genau aber ist nun "Interkulturelle Kompetenz"? Und kann sie auch- und wenn ja, in welchem Maße- durch einen speziellen Unterricht erlernt werden?

Aus dem sehr breiten Angebot an Definitionsversuchen in der Literatur habe ich für meine Annäherung an den Bergriff an dieser Stelle einige mir wichtig und repräsentativ erscheinende Ansätze ausgewählt.

K.-H. Flechsing stellt den globalen Bezug des Handelns aller Menschen heraus, der sich in den letzten Jahren durch eine "Verflechtung" der Welt notwendigerweise ergeben hat, und bezeichnet als "Interkulturelle Kompetenz "die "Fähigkeit, sich in kulturellen Überschneidungssituationen angemessen orientieren und verhalten zu können" (Flechsing, 1996, S. 4)

Nach Lehmann ist sie eine spezielle Form von Handlungskompetenz, die Fach-, Selbst-, Sozial- und Methodenkompetenz einschließt. Interkulturelle Kompetenz meint also demnach Handlungskompetenz in interkulturellen Überschneidungssituationen. Besonderes Augenmerk liegt hier auf der Sozialkompetenz, der Fähigkeit, adäquat mit Menschen eines anderen kulturellen Hintergrundes umgehen und kommunizieren zu können. Auch Flechsing geht in seinem Artikel auf diese einzelnen Kompetenzen ein: Er formuliert in diesem Falle die Sachkompetenz als Wissen um die eigene und fremde kulturelle Prägung und das "Wissen um globale Verflechtungen und Abhängigkeiten" (ebd.); in die Kategorie Sozialkompetenz werden Fähigkeiten wie Empathiefähigkeit oder Konfliktfähigkeit eingeordnet, die Selbstkompetenz beinhaltet hier Wissen und Bewusstsein über die eigenen kulturell geprägten Werte und Einstellungen, sowie ein reflektiertes Selbstverständnis. Die Handlungskompetenz schließlich meint bei Flechsing die "Fähigkeit, die eigene Kultur und eine fremde Kultur zu analysieren" (ebd.). Vorraussetzung hierfür sind auch bestimmte Persönlichkeitseigenschaften wie z.B. die von Delkeskamp formulierten: "Interaktionsfreudigkeit, Flexibilität, Selbstsicherheit, eigenkulturelle Bewusstheit, Stresstoleranz, Fähigkeit, Widersprüche zu ertragen, Empathie" (zitiert in: Hinz-Rommel, 1994, S. 63) Chen und Starosta sehen in "Intercultural Communikation Competence" eine Verbindung aus bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen (Personal Attributes), allgemeinen Kommunikationsfertigkeiten (Communikation Skills), psychologischer

Anpassungsfähigkeit (psycological adaption) und kulturspezifischem Bewusstsein (cultural awareness). (Chen/Starosta, 1998, S. 244).

Bei G. Eder finden wir noch einen weiteren Zugang zum Thema, indem sie

klassische Anforderungen und Merkmale eines interkulturell kompetenten Menschen formuliert:
1) Kontaktinitiative
2) Kommunikationsflexibilität
3) Zielführendes Interaktionshandeln
4) Wertschätzendes Interaktionshandeln und
5) Emotionale Stabilität

(Eder, 1996, S. 415)

Allen Ansätzen gemeinsam ist jedoch die Grundaussage, dass Interkulturelle Kompetenz sowohl kognitive, als auch affektive- und Verhaltenskomponenten beinhaltet. Sie setzt Kenntnisse über das Werte- und Normensystem des jeweiligen kulturellen Bezugsrahmens voraus. Im fremdkulturellen Kontext ist diese allerdings häufig nicht oder nur lückenhaft vorhanden, folglich schließt interkulturelle Kompetenz auch die Fähigkeit zur schnellen Auffassungsgabe und Anpassungsfähigkeit mit ein. (Eder, 1996).

Ich habe den Begriff hier nur kurz umrissen, da er nicht eigentlicher Gegenstand der Arbeit ist, allerdings liegt er als Ziel aller interkulturellen Trainings zugrunde.

3) Training interkultureller Kompetenz

" Unter interkulturellem Training werden alle Trainingsmaßnahmen verstanden, bei denen Schulungsteilnehmern die Informationen, Fertigkeiten und Einstellungen vermittelt werden, die es ihnen ermöglichen, sich einer fremden Kultur anzupassen und in ihr effizient zu funktionieren." (Kohl, 1994; zitiert in Axel/Prümper, 1997, S. 364)

Die Entwicklung und Förderung Interkultureller Kompetenz ist das Hauptziel von interkulturellen Trainings. In Anlehnung an die oben ausgeführten Definitionen sollen sie sowohl Veränderungen im Denken (kognitive Ebene), als auch in den affektiven Reaktionen und des konkreten Verhaltens bewirken. Hierfür gibt es zahlreiche Methoden, die, einzeln oder in Kombination, auf diese verschiedenen Aspekte interkultureller Kompetenz abzielen.

"Allgemein umfasst interkulturelles Training alle Maßnahmen, die darauf abzielen, einen Menschen zur konstruktiven Anpassung, zum sachgerechten Entscheiden und zum effektiven Handeln unter fremdkulturellen Bedingungen und in kulturellen Überschneidungssituationen ui befähigen." (Thomas/ Hagemann, 1992, S. 174) Die verschiedenen Methoden zum Training interkultureller Kompetenz lassen sich grob in drei Kategorien einteilen:

3.1) Informationsorientiertes Training

Diese Art von Vorbereitung auf einen Auslandsaufenthalt zielt rein auf die kognitive Ebene interkultureller Kompetenz ab: dem Teilnehmer werden hauptsächlich Daten und Landeskundliche Informationen über das Gastland vermittelt. Dazu gehören auch politische und soziale Umstände im Gastland, praktische Verhaltenstipps (Do´s and Dont´s) sowie Hinweise über die Lebensumstände der Einheimischen und des Entsandten und so weiter. Sie erfolgt hauptsächlich in Form von Vorträgen oder Videos über das Gastland und vermittelt so einen ersten Eindruck über die Gepflogenheiten und die Kultur. Auch wenn solche Veranstaltungen meist den Vorstellungen der Teilnehmer entsprechen und deren Wissensdurst über das andere Land befriedigen, bleiben sie doch häufig an der Oberfläche. Von der Vermittlung von interkultureller Kompetenz kann hier noch nicht die Rede sein. Trotzdem stellt die sachliche Information über das Gastland einen wichtigen Teil eines umfassenden Vorbereitungstrainings dar.

3.2) Interaktionsorientiertes Training

Hier stehen den Teilnehmern Menschen aus dem Gastland als Ansprechpartner zur Verfügung. Es werden realistische Situationen simuliert, in denen die Angehörigen beider Kulturen in direkte Interaktion treten und sich so aufeinander einstellen können. Durch vorgegebene Diskussionsthemen etwa oder ein Problem, das gemeinsam zu lösen ist, können die Angehörigen beider Kulturen die Kommunikation miteinander aktiv Üben. Eventuelle Missverständnisse, die auf kulturbedingten Verhaltensmustern basieren, können so aufgedeckt und geklärt werden.

3.3) Kulturorientiertes Training

Hier soll vom Teilnehmer selbst erfahren werden, wie die Kategorie Kultur das Verhalten und Verstehen des Einzelnen beeinflusst. Gegensätzliche Kulturstandards werden bewusst gegenübergestellt und miteinander verglichen. So erfahren die Teilnehmer aktiv die Kommunikationsschwierigkeiten und Missverständnisse, die in einer interkulturellen Situation auftreten können. Dabei steht weniger die Information über konkrete Kulturstandards im Vordergrund als viel mehr die "allgemeine Förderung der interkulturellen Handlungskompetenz" (Thomas/ Hagemann 1992, S. 186). In diese Kategorie interkulturellen Trainings fallen auch die sogenannten Simulationsspiele, auf die ich nun im folgenden Teil gesondert eingehen möchte.

4) Simulationsspiele

4.1) Definition

"Simulationsspiele sollen Verständnis für grundlegende Prozesse interkulturellen Lernens vermitteln" (Thomas/ Hagemann, 1992, S: 185)

In Simulationsspielen werden mögliche (Konflikt-) Situationen simuliert, in denen die Teilnehmer miteinander interagieren und verschiedene Phantasiekulturen mit den dazugehörigen Verhaltensweisen und Werte- und Normensystemen repräsentieren. Sie basieren auf dem Prinzip "Learning by doing". D. Sisk beschreibt Simulationsspiele als "experimental exercises which (...) challenge assumptions, expand perspectives and faciliate change" (Sisk, 1995, S. 81). Ein Simulationsspiel ist aber auch mehr als eine Simulation. Der Terminus "Spiel" verweist hier auf die besonders interessante Eigenschaft eines Spiels dessen Ablauf und Ausgang ganz oder teilweise von den Entscheidungen der Spieler abhängt. (Sisk, 1995) So gesehen handelt es sich hier um eine Kombination aus einer Simulation und einem Spiel. Den Teilnehmern wird die Möglichkeit gegeben, auf spielerische Art und Weise und in einem ungezwungenen Klima neue, bzw. andere Verhaltensweisen zu testen und damit umzugehen. Es ermöglicht eine Erweiterung des Blickwinkels der Teilnehmer und spricht durch seine Vielschichtigkeit sowohl die kognitive als auch die affektive Ebene des Verstehens an. Nach Flechsing stellen Simulationsspiele eine Möglichkeit zur kulturellen Sensibilisierung dar, der ersten Stufe seines Stufenmodells zur Entwicklung interkultureller Kompetenz. (Flechsing, 1996)

4.2) Exkurs: Entwicklung interkultureller Kompetenz nach Flechsing

Grundlegend ist hier zunächst eine generelle Sensibilisierung für die möglicherweise entstehenden Probleme in einer interkulturellen Begegnung. Dem Teilnehmer soll der Einfluss der Werte und Einstellungen einer Kultur auf das Handeln des Individuums bewusst gemacht werden. Ziel ist es, auch die weniger offensichtlichen Elemente einer fremden Kultur (deep culture) erkennen zu können und den eigenen Ethnozentrismus zu reflektieren.

Im zweiten Schritt werden mit verschiedenen Methoden der Kulturanalyse allgemein der Einfluss auf das Verhalten der Menschen anhand der Leitfrage nach "kulturübergreifenden Mustern oder Dimensionen" (Flechsing, 1996, S. 8) erklärt.. Dabei soll auch die eigene Kultur kritisch reflektiert und in Relation zu den anderen gebracht werden, die Dimensionen die eigenes Verhalten beeinflussen, sollen so weitestgehend erkannt werden.

Nach einer Analyse der eigenen und der Zielkultur folgt die Beschäftigung mit kulturellen Regeln der Zielkultur, die der Lernende möglichst anhand von bereits erarbeiteten Werten und Normen selbst ableiten sollte. Diese Regeln sollen schließlich im Idealfall in der entsprechenden Kultur selbst anhand einer Analyse kritischer Situationen überprüft, und gegebenenfalls verifiziert oder falsifiziert werden. Laut Flechsing entwickelt sich interkulturelle Kompetenz immer "im Kontrast Eigenkultur und Fremdkultur oder Selbstreflexion und Fremdreflexion" (ebd., S. 13)

4.3) Aufbau eines Simulationsspiels

Simulationsspiele hängen zunächst sehr stark von der Bereitschaft und der Motivation der Teilnehmer ab. Sie repräsentieren in zwei oder mehr Gruppen jeweils Phantasiekulturen mir fiktiven Normen, Werten und Verhaltensmustern. Dazu interagieren die Gruppen miteinander, z.B. in einer Problemlösesituation oder an einer gemeinsamen Aufgabe. Ein Simulationsspiel kann nach dem Modell von Gudykunst und Hammer als "experimental-kulturunspezifische" Methode klassifiziert werden (vgl. Axel/Prümper, 1997, S. 365): es bleibt allgemein gehalten, also nicht auf eine bestimmte Kultur bezogen und soll die Teilnehmer durch direktes Erfahren für den Einfluss von kulturellen Werten und Normen auf ihr Verhalten sensibilisieren. Die anschließende Problematisierung der im Spiel entstandenen Konflikte und Kommunikationsstörungen (Debriefing) stellt den eigentlichen Hauptteil der Übung dar. Durch gezieltes Nachfragen und spezielle Debriefing-Techniken (siehe Punkt 5.5) sollen die Teilnehmer ihr Verhalten "aus der Vogelperspektive" betrachten und analysieren. Auch affektive Komponenten wie z.B. Frustration und sonstige Gefühle während der Interaktion werden im Debriefing angesprochen und diskutiert. So können vor allem die affektiven- und die Verhaltenskomponenten interkulturellen Handelns erfahrbar gemacht und anschließend aufgearbeitet werden. Es existieren bereits eine Vielzahl von verschiedensten Simulationsspielen, von verschiedener Spieldauer und für unterschiedliche Zielgruppen. Ein Spiel kann von einer Stunde bis zu einem halben Tag dauern. Viele Simulationsspiele benötigen bestimmte Requisiten, z.B. Buttons, um die Zugehörigkeit zu einer Gruppe zu definieren. Als Zielgruppen werden zum einen junge Menschen/ Studenten genannt, beispielsweise vor oder nach einem längeren Auslandsstudium, aber auch als Training Tool für Studenten der Politik, Geographie oder Geschichte, da in entsprechend designten Spielen der Einfluss und die Auswirkungen der Wirtschaftlicher Situation oder der geographischen Lage eines Landes sehr deutlich gemacht werden kann. (vgl. Sisk, 1995) Zum anderen besteht die größte Zielgruppe aus Angestellten von Firmen, die sich auf einen Auslandsaufenthalt vorbereiten aber auch deren Familien. D. Sisk bezeichnet das Experimentelle Lernen als "one of the basic tenets of adult learning theory" (Sisk, 1995, S. 87)

4.4) Lernziele

Mit Hilfe eines Simulationsspiels können verschiedene Änderungen im Denken und Verhalten der Teilnehmer bewirkt werden. In Anlehnung an Sisk lauten die wichtigsten wie folgt:

a) Kritisches Denken: Durch die anschließende Analyse des eigenen Verhaltens und dessen Folgen für den Spielverlauf sowie die Auswirkungen auf das Verhalten der anderen werden die Teilnehmer zur Reflexion angeregt

b) Soziale Werte: Einige Spiele können nur "gewonnen" werden, wenn die Spieler der verschiedenen Gruppen Kooperieren und Kompromisse eingehen. Dadurch sollen die Fähigkeiten zur Empathie und Konfliktfähigkeit gefördert werden.

c) Verantwortung: Hier ist die persönliche Verantwortlichkeit des Einzelnen für sein Verhalten und seine Reaktionen gemeint. Die Teilnehmer erfahren den direkten Einfluss ihrer Entscheidungen auf die Gruppe und die Gruppendynamik. Sie lernen, ihre Reaktionen zu überdenken und mit unmittelbarem Feedback umzugehen. Jede Handlung in einer Simulationssituation hat Einfluss auf einen Selbst und alle anderen. So soll ein konstruktiver und effektiver Umgang miteinander und vor allem mit "dem Anderen" (der fremden Kultur) angeregt werden.

d) Wissen und Fähigkeiten: Auch die kognitiven Lernerfolge sind bei einem Simulationsspiel nicht zu vernachlässigen. Immer ausgehend vom Vorwissen der Teilnehmer werden beispielsweise unterschiedliche Fragetechniken, Kommunikationsregeln und der konstruktive Umgang mit anderen Meinungen angesprochen.

e) Gruppendynamik: In einem Spiel bildet sich bei den einzelnen Teilnehmers für gewöhnlich ein mehr oder weniger starkes Zugehörigkeitsgefühl zur eigenen Gruppe aus. Die Teilnehmer erhalten Einsichten in Gruppendynamische Prozesse, lernen Vertauen zu anderen und können die Wechselwirkung Individuum- Gruppe in einer "sicheren Umgebung" ohne Risiko testen

Am Beispiel des 1993 konzipierten Simulationsspiele "Ecotonos" möchte ich nun den Verlauf einer solchen Simulation beschreiben.

5) Ecotonos

5.1) Besonderheiten

Ecotonos ist ein sehr Vielfältiges Spiel. Es lässt quasi unendlich viele Varianten zu, da beispielsweise die Zuordnung der verschiedenen Normen und Verhaltensweisen der Kulturen nach dem Zufallsprinzip erfolgt. So entstehen bei jedem neuen Spiel komplett neue Kulturen, deren Eigenschaften immer wieder neu kombiniert und zu einem logischen Gesamtbild kombiniert werden können. Auch die Aufgabenstellung kann je nach Situation und angestrebten Lernerfolg entsprechend ausgewählt werden. So eröffnet Ecotonos die Möglichkeit, dieses Spiel sowohl mit unterschiedlichen Zielgruppen durchzuführen, als auch öfter mit der gleichen Gruppe zu unterschiedlichen Zeitpunkten. (Hofner Saphiere, 1995)

Durch die kulturellen Regeln, die bei jedem Spiel in neuer Kombination aufeinander treffen, entstehen bei jedem Spiel unterschiedliche Effekte und Kommunikationsprobleme. Die erfordert natürlich auch eine hohe Flexibilität beim Spielleiter.

Ein weiterer besonderer Aspekt bei Ecotonos ist Variable "Majorität/ Minorität". Wenn während der Simulation die Gruppen zu multikulturellen Gruppen gemischt werden, verläuft die nach einem vorgegebenen Schema, so dass sich in einer Gruppe immer eine Minderheit befindet (siehe Punkt 5.3). So wird das Debriefing um diese Dimension erweitert, und kann so äußerst vielschichtig ausfallen.

5.2) Entwicklung

1990 wurde Ecotonos mit 2000 Menschen in verschiedenen Situationen hauptsächlich in den USA und Japan getestet und weiterentwickelt. Durch die Tests und das Feedback der Teilnehmer bildeten sich die häufigsten Faktoren heraus, die Multikulturelle Interaktionen beeinflussen: ⇒ Wie wird an ein Problem herangegangen? (Approach)

⇒ Art und Weise des Zuhörens (listening style)

⇒ Wie wird mit Differenz umgegangen? (approach to difference)

⇒ Einstellungen bezüglich Teamwork (attitudes regarding teamwork) ⇒ Was wird unter Führung verstanden? (beliefs about leadership) ⇒ Raum- und Distanzverhalten ( customs regarding space and touch)

⇒ Gestik, Mimik, Augenkontakt (gestures and eye contact

⇒ Zeitverhalten (focus on and use of time)

⇒ Art des Argumentierens und Sprechens (explanation or speaking style)

⇒ Orientierung an Gegenwart, Vergangenheit oder Zukunft ( past/ present/ future orientation)

(Ecotonos- Spielanleitung, Kap. 9)

Ausgehend von diesen Erkenntnissen wurden die "Rule Cards", die unterschiedlichen Regeln für die einzelnen Kulturen entwickelt. Es wurden für die drei Kulturen, die repräsentiert werden sollen jeweils eine Verhaltensweise entwickelt, die sich in unterschiedlicher Ausprägung auf die oben genannten Faktoren bezieht. Die Namen für die drei Kulturen- Zante, Aguila und Delphenius- wurden inspiriert aus Recherchen in Kinderbüchern, Sachbüchern, Bilder- und Wörterbüchern aus verschiedenen Kulturen. Die Worte sollten Assotiationen hervorrufen, aber dennoch kulturell so neutral wie möglich sein. (vgl. Hofner Saphiere, 1995, S. 120) Ursprünglich sollten jeder Regel auch eine konkrete Verhaltensweise zugeordnet werden, was sich jedoch als zu kompliziert und langwierig herausstellte, da die Mitspieler diese Verhaltensweisen ja auch einüben mussten. In der aktuellen Version bleibt die konkrete Umsetzung des Wertes oder der Einstellung der jeweiligen Gruppe überlassen.

5.3) Ablauf der Simulation

Die eigentliche Simulation verläuft in drei Phasen: (1) Acculturation, (2) Monocultural problem solving und (3) Multicultural problem solving.

(1) Nachdem die Teilnehmer in die drei Gruppen eingeteilt wurden, werden die "Rule Cards" für jede Kultur per Zufall, je nach Fokus zwischen drei und zehn Stück, gezogen. Die Auswahl der Regeln bezieht sich immer auf die oben genannten Faktoren; jeder dieser Faktoren ist auf den Regelkarten in drei unterschiedlichen Ausprägungen enthalten.

Ein Beispiel: Faktor = "Raum- und Distanzverhalten" "Aquila": Ihr haltet immer eine Armlänge Abstand zueinander, Berührungen jeder Art sind Dir unangenehm "Delphinus": Du fühlst Dich am wohlsten, wenn Du sehr nahe an Deinem Gesprächspartner stehst, berührst Ihn aber nie "Zante": Du fühlst Dich nur wohl, wenn Du andere im Gespräch berührst und selbst berührt wirst. So erhaltet Ihr das Gefühl von Nähe und Vertrauen.

Der erste Teil der Simulation besteht nun darin, sich mit den oft fremden Regeln vertraut zu machen. Auf den ersten Blick kann es für die Teilnehmer auch erscheinen, als ob die verschiedenen Regeln überhaupt nicht "zusammenpassen". Dies ist allerdings ein beabsichtigter Effekt, da in realen Kulturen auch nicht immer alles so ohne weiteres logisch zusammenhängt. Dies ist nun auch die erste Aufgabe für die neu geschaffenen Kulturen: sie sollen sich eine Geschichte zu ihrer Kultur überlegen ("Myth Creation"). Diese Geschichte soll erzählen, wo und wie die Kultur lebt, wie sie entstanden ist, und wie sich die Regeln und Verhaltensweisen entwickelt haben. Außerdem sollen die Verhaltensweisen diskutiert werden; wie sie möglicherweise zusammenhängen und wie sie umgesetzt werden können. Auf diese Weise soll eine gewisse Identifikation mit der Kultur erreicht werden. Natürlich müssen zunächst auch die ungewohnten Verhaltensweisen eingeübt werden (Bsp.: "Wenn Du jemandem nicht zustimmst, schnippst Du mit den Fingern").

(2) Nun erhält jede der monokulturellen Gruppen den gleichen Auftrag: entweder eine praktische Aufgabe (Task), wie z.B. eine Brücke zu bauen, oder eine Diskussionsaufgabe (Case Study), wie z.B. eine Stelle in einer Firma zu besetzen. Die Lösung des Problems soll unter Berücksichtigung der zuvor festgelegten Werte und Normen und mit Ausführung der "kulturspezifischen" Verhaltenweisen erreicht werden.

(3) Um eine Multikulturelle Situation zu simulieren werden die Gruppen nach vorgegebenem Schema gemischt, so dass nun unterschiedliche Konstellationen auch in Bezug auf Majoritäten und Minoritäten entstehen.

Hier zur Veranschaulichung ein Beispiel:

Ausgangsgruppe: 21 Teilnehmer; also sieben in jeder "Kultur".

⇀ Multikulturelle Gruppe A: 3 Teiln. aus Aquila, 4 Teiln. aus Zante. Also zwei ca. gleichgroße Gruppen. (Joint Venture)

⇀ Multikulturelle Gruppe B: 1 Teiln. aus Aquila, 5 Teiln. aus Delphinus. Eine eindeutige Überzahl der Delphinus-Gruppe.

⇀ Multikulturelle Gruppe C: 3 Teiln. aus Aquila, 2 Teiln. aus Delphinus, 3 Teiln. aus Zante. Eine ungefähr ausgewogene Gruppe, in der alle drei Kulturen enthalten sind.

In diesen neu entstandenen Gruppen wird nun die gleich Aufgabe gestellt, die zuvor in der Monokulturellen Gruppe bearbeitet wurde. Dabei sollen natürlich die zuvor eingeübten Verhaltensweisen und die Werte und Einstellungen der Kulturen beibehalten werden. Das betonte Ziel ist es, auch in der Multikulturellen Gruppe zu einer Lösung zu kommen. Die ist allerdings erfahrungsgemäß selten der Fall. Das Hauptaugenmerk für das Debriefing liegt eher auf dem Prozess an sich und auf der Interaktion zwischen den "Kulturen".

5.4) Die Rolle der Beobachter

Während die Simulation durchgeführt wird sind- neben dem Spielleiter- noch zwei weitere Beobachter anwesend. Ihre Aufgabe ist es, zunächst die monokulturellen und später die multikulturellen Gruppen zu beobachten und ihre Erkenntnisse dann auch im Debriefing anzusprechen. Sie sollen als Außenstehende auf gruppendynamische und individuelle Prozesse achten, die einem Mitspieler, der unmittelbar involviert ist, unter Umständen verborgen bleiben. Hierbei geht es hauptsächlich um verbales und nonverbales Verhalten während der Diskussion, um verschiedene Strategien des Problemlösens, Arten des Zuhörens und Argumentierens sowie persönliche Differenzen in der Gruppe. Inwiefern können als persönlich empfundene Differenzen in der multikulturellen Gruppe auf die kulturell vorgeschriebenen Verhaltensweisen zurückzuführen sein? In der multikulturellen soll vor allem auf Stereotypisierung und Machtaspekte geachtet werden. Ein besonderer Fokus liegt- in beiden Phasen, der mono- und der multikulturellen, auch auf dem Prozess der Lösungsfindung: Welche Argumente, Strategien oder Fähigkeiten haben

zur Lösung des Problems beigetragen, welche haben den Prozess behindert? Wie wird in den einzelnen Gruppen mit Unterschieden umgegangen? Des weiteren hat der Beobachter die Aufgabe, den Gruppen für Fragen zur Seite zu stehen und darauf zu achten, dass sie die vorgegebenen Verhaltensweisen auch anwenden und die Regelkarten verstehen. Allerdings muss darauf geachtet werden, dass der Beobachter nicht in das Spiel eingreift oder es manipuliert. (vgl. Ecotonos- Spielanleitung, Kap. 5)

5.5) Das Debriefing

Das Debriefing stellt den eigentlichen Hauptteil eines jeden Simulationsspieles dar. Der Ablauf des Debriefings ist ausschlaggebend für den Lerneffekt der Teilnehmer. Hierfür gibt es zahlreiche Strategien, die je nach Situation und Vorwissen der Teilnehmer einzeln oder in Kombination angewandt werden können.

a) Vorbereitung des Debriefings: Zunächst ist es wichtig, die Simulation an sich zu beenden. Die Teilnehmer werden ausdrücklich darauf hingewiesen, ihre vorgegebenen Rollen abzulegen um die Situation reflektieren zu können.

b) Monokulturelles Debriefing: Als nächstes werden die Mythen, die sich die Kulturen zu ihrer Entstehung ausgedacht haben, den anderen vorgestellt. So können Verhaltensweisen meist besser verstanden und eingeordnet werden. Die Teilnehmer haben Gelegenheit, zu erzählen, wie die Situation in der monokulturellen Gruppe aussah, und was geschah, als sie die Gruppe wechselten. Auch die Beobachter schildern ihre Eindrücke. Bereits hier sollten Parallelen zur Realität gezogen werden.

c) Multikulturelles Debriefing: Dies ist wohl der wichtigste Teil in diesem Spiel. Die Teilnehmer werden aufgefordert, über die Interaktionen in der Multikulturellen Gruppe zu sprechen. Zunächst sollen die Konfliktsituationen beschrieben, und dann auf die Gefühle der Teilnehmer eingegangen werden. Eine effektive Methode für das Debriefing ist an dieser Stelle das sogenannte D.I.E. model: Dazu werden die Aussagen der Teilnehmer auf einer Flipchart oder eienem Overhead-Projektor gesammelt und vom Spielleiter jeweils mit einem "D" für Beschreibung (Description), einem "I" für Interpretation, und einem "E" für Urteil/ Wertung (evaluation/judgement) gekennzeichnet. So soll veranschaulicht werden, was eine reine Beschreibung ist, und wie viel möglicherweise falsch interpretiert oder Beurteilt wurde. Angesichts der nun vorhandenen Kenntnis der Geschichte der anderen Kulturen (aus den monokulturellen D.) kann auch eine Diskussion über den Ursprung von bestimmten Verhaltensweisen und Einstellungen entstehen. Wichtig ist es auch hier, immer einen Bezug zum praktischen Leben herzustellen

d) Process Mapping: Um den Prozess der Problemlösung zu diskutieren, kann es hilfreich sein, diesen graphisch darstellen zu lassen. Hierzu werden die Gruppen aufgefordert, den Weg, der sie (möglicherweise nicht) zur Lösung der gestellten Aufgabe geführt hat, anschaulich zu machen, und zu erklären. Wie kam es zu einem Konsens, oder was hat eine Lösung verhindert oder unmöglich gemacht? Die so entstandenen Bilder und Illustrationen werden anschließend von den einzelnen Gruppen vorgestellt und diskutiert. Zum Beispiel lassen sich oft eindeutige Machtunterschiede erkennen- und nicht nur in der Gruppe mit der eindeutigen Mehrheit. Dies sollte natürlich in der Diskussion aufgegriffen werden. Anhand der Zeichnungen lassen sich auch die Gruppendynamischen Prozesse der drei Gruppen miteinander vergleichen, und es können Fragen nochmals aufgegriffen werden, die in den vorangegangenen Gesprächen offen geblieben sind.

Abschließend sollten die erarbeiteten Ergebnisse zusammengefasst werden. Ein eindeutiger Bezug zu realen Situationen sollte noch einmal angesprochen werden. Die Ergebnisse des Spiels und des Debriefings können am Ende komprimiert aufgegriffen und auf reale Situationen übertragen werden.

5.6) Zusammenfassung

Ecotonos ist ein Spiel, das alle drei Komponenten Interkultureller Kompetenz anspricht. (vgl. Punkt 2) Auf der kognitiven Ebene vermittelt es Kenntnis über den Einfluss von kultureller Prägung auf das Treffen von Entscheidungen und Problemlösen. Auch die Methode des D.I.E models schafft eine kognitive Grundlage zur Analyse des eigenen Verhaltens in kulturellen Überschneidungssituationen. Man kann den Unterschied zwischen einer monokulturellen und einer multikulturellen Interaktionssituation in einer ungezwungenen und "geschützten" Atmosphäre kennen lernen und erfahren. Gerade durch die "Case Studies", also die Aufgaben, bei denen über ein Problem diskutiert wird, können Fähigkeiten wie seinen Standpunkt durchsetzen, zuhören können, mit Diversität umgehen können oder Synthesen aus verschiedenen Meinungen zu bilden sehr gut trainiert und ausgebaut werden.

Die Emotionen, die in Konfliktsituationen entstehen (affektive Ebene) können "am eigenen Leib" erfahren werden. Die Simulationsphase schafft für die Teilnehmer Situationen, in denen sie vielleicht bisher nicht waren und auf die sie sich vorbereiten möchten, oder die sie bereits erlebt haben und in denen sie hilflos waren oder sie nicht richtig zu interpretieren wussten. Andres als in einer realen Situation können aber hier die Gefühle von Hilflosigkeit und Frustration angesprochen und produktiv verarbeitet werden. Außerdem haben die Teilnehmer die Möglichkeit, sich selbst und ihre eigenen Reaktionen besser kennen zulernen und kritisch zu überdenken. Nicht zuletzt kann im Idealfall eine Verhaltensänderung bewirkt werden. Dies wäre quasi das Endziel eines jeden interkulturellen Trainings und ist nicht leicht zu erreichen. Allerdings hat ein Simulationsspiel immer eine Sensibilisierung für die Problematik zur Folge und regt durch die ausführliche Analyse im Debriefing zum weiteren Nachdenken an. So sind meiner Meinung nach Simulationsspiele ein effektives Werkzeug, um- entsprechend Flechsings Stufenmodell- die Entwicklung interkultureller Kompetenz sowohl anzustoßen, als auch zu fördern

5.7) Eigene Erfahrungen mit Ecotonos

Abschließend möchte ich noch von meinen eigenen Erfahrungen mit Ecotonos berichten. Ich habe das Spiel bereits zweimal selbst durchgeführt, einmal im Rahmen meines Referates und einmal in privatem Rahmen, um es zu üben. Ich fand die Wirkung des Spiels in zweierlei Hinsicht beeindruckend: In den beiden Spielen waren die Regelkarten, wie vom Spiel beabsichtigt, in völlig anderer Kombination vergeben. In beiden Fällen hätte man nach dem ersten Anschein sagen können, dass sich die Regeln zum Teil widersprechen, oder schwer zu vereinbaren sind. In beiden Spielen zeigte sich jedoch, dass die Teilnehmer während der Phase der "Myth Creation" ihre nicht zusammenpassenden Regeln in letztlich logischen Zusammenhang bringen, die Entwicklung ihrer Kultur erklären und die Entstehung ihrer Regeln plausibel begründen konnten. In der Phase der Multikulturellen Gruppen zeigten selbst die, die sich mit den neuen kulturellen Regeln zunächst nicht besonders wohlgefühlt hatten, ethnozentristisches Verhalten und Verteidigten ihren Standpunkt vehement, sofern dies die Regeln zuließen.

Faszinierend wirkte auf mich auch die Eigendynamik, die das Spiel entwickelte. Da jeder Spieler durch die unendlichen Interpretationsmöglichkeiten immer auch seine eigene Persönlichkeit mit einbringt, entstehen in jedem Spiel (zumindest in den beiden von mir durchgeführten) neue Aspekte und andere Möglichkeiten zur Umsetzung der Regeln.

Ein Problem bei der Durchführung der Spiele war die begrenzte Zeit. Durch die Kürze einer Seminarsitzung mussten wir das eigentlich für ca. drei Stunden konzipierte Spiel auf die Hälfte kürzen, wodurch letztlich die Intensität des Lernerfolges zu leiden hatte. Im Vergleich der beiden Spiele stellte sich heraus, dass das privat zur Übung durchgeführte Spiel im allgemeinen besser verlief, als das in der Seminarsitzung gespielte. Obwohl die Teilnehmer des Übungsspiels, im Gegensatz zu den Seminarteilnehmern, keinerlei Vorwissen in Bezug auf interkulturelle Situationen hatten bewertete ich die Mythen der Kulturen allgemein als kreativer und logischer, die Diskussionen zwischen den Kulturen als intensiver und das Debriefing als erfolgreicher. Das könnte zu einen gerade am nicht vorhandenen Vorwissen der Spieler gelegen haben; möglicherweise waren sie unvoreingenommener und inetressierter.

Hauptsächlich führe ich diesen Effekt aber auf die Atmosphäre während des Spiels zurück. Das Probespiel fand in meiner Wohnung statt und die Teilnehmer waren Bekannte und Freunde von meiner Kommilitonin, mit der ich das Referat vorbereitete und mir. Außerdem waren die meisten untereinander gut befreundet. So entstand eine sehr angenehme Stimmung, in der die Mitspieler in ihren Rollen auch aufgehen konnten. Dies zeigt für mich, wie wichtig die Atmosphäre während eines solchen Simulationsspieles ist. Ich würde jedem, der ein solches durchführen möchte und nicht unter Zeitdruck steht, raten, dem eigentlichen Spiel eine intensive Kennenlern- Runde vorauszuschicken und auch den Raum nach Möglichkeit gemütlich und angenehm zu gestallten.

Insgesamt bewerte ich das Spiel Ecotonos als sehr effektives Werkzeug zur Sensibilisierung für Probleme in interkulturellen Situationen. Das hat mir das Probespiel mit den "interkulturell ungeübten" Teilnehmern gezeigt, die nach dem Spiel auch emotional sehr aufgewühlt und voller Interesse für die Thematik waren. Nicht zuletzt finde ich die Vielfältigkeit des Spiels positiv, die es von anderen mir bekannten Spielen abhebt. Je nachdem welche Lernerfolge angestrebt werden, können die Regelkarten und die Aufgaben ausgewählt werden. Es besteht auch die Möglichkeit, selbst "Tasks" oder "Case Studies" zu verfassen und so das Spiel ganz auf die jeweilige Zielgruppe abzustimmen. So ist Ecotonos für jede Art interkulturellen Trainings geeignet; sowohl für Erwachsene als auch für Kinder, für Manager oder Studenten.

6) Literatur

- Bergemann N.J./ Sourisseaux A.L.J.: Interkulturelles Management, 1992 Heidelberg: Physica

- Brislin, R./ Yoshida, T.: Interkultural Communication Training: An Introduction, 1994, Sage Publications

- Chen, G./ Starosta, W.J.: Foundations of Intercultural Communication. 1998, Boston

- Clement, U./ Clement U.: Interkulturelles Coaching. In: In: Götz, K. (Hrsg): Interkulturelles Lernen/ Interkulturelles Training, 2000, München: Hampp

- Flechsing, K-H.: Die Entwicklung interkultureller Kompetenz als ein Zeil globalen Lehrens und Lernens. 1996, www.gwdg.de/~kflechs/iikdiaps3-96.htm

- Götz, K./ Bleher, N.: Unternehmenskultur und Interkulturelles Training. In: Götz, K. (Hrsg): Interkulturelles Lernen/ Interkulturelles Training, 2000, München: Hampp

- Hinz-Rommel, W.: Interkulturelle Kompetenz. 1994 Münster u.a.

- Hofner Saphiere, D. M.: Ecotonos: A Multicultural Problem-Solving Simulation. In: Fowler, S. M./ Mumford M. (Hrg.) Intercultural Sourcebook: Cross-Cultural Training Methods Vol.1, Yarmouth, 1995, Intercultural Press

- Luchtenberg, S. Interkulturelle Kommunikative Kompetenz. 1999 Opladen/

Wiesbaden

- Nipporica Associates: Ecotonos: A Multicultural Problem-Solving Simulation. Yarmouth, 1993, Intercultural Press

- Prümper J./ Axel M. Interkulturelle Kompetenz durch interkulturelles Training. In: Clermont A./ Schmeisser W. (Hrg.): Internationales Personalmanagement. München, 1997

- Sisk, Dorothy A.: Simulationgames as Training Tools. In: Fowler, S. M./ Mumford, M. (Hrg.) Intercultural Sourcebook: Cross-Cultural Training Methods Vol.1, Yarmouth, 1995, Intercultural Press

- Thomas, A./ Kinast, E./ Schroll-Machl, S.: Entwicklung interkultureller Handlungskompetenz von international tätigen Fach- und Führungskräften durch interkulturelle Trainings. In: In: Götz, K. (Hrsg): Interkulturelles Lernen/ Interkulturelles Training, 2000, München: Hampp

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Simulationsspiele in interkulturellen Trainings, Beispiel Ecotonos
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Veranstaltung
Das Konzept Interkulturelle Kompetenz
Autor
Jahr
2002
Seiten
19
Katalognummer
V107354
ISBN (eBook)
9783640056279
Dateigröße
427 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Simulationsspiele, Trainings, Beispiel, Ecotonos, Konzept, Interkulturelle, Kompetenz
Arbeit zitieren
Isabel Wendorff (Autor:in), 2002, Simulationsspiele in interkulturellen Trainings, Beispiel Ecotonos, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107354

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