Goethe, Johann Wolfgang von - Faust - Machtverhältnis zwischen Mephisto und dem Herrn


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

6 Seiten, Note: 13 Pkt.


Leseprobe


Das Machtverhältnis zwischen Mephistopheles und dem Herrn

1. Das allgemeine Weltbild - Zum Verhältnis zwischen Teufel und Gott

Im allgemeinen Weltbild sind Gott und Teufel immer als zwei rivalisierende Urmächte charakterisiert worden. So sind Hölle und Himmel auch durch örtlich unterschiedliche Pole gekennzeichnet. Das allgemeine Weltbild kennt den Kampf zwischen Gott und dem Teufel um die Seelen der Menschen - der Gute, der Rechtschaffene, der von Gott geleitete erhält als Belohnung für seinen Lebensweg und sein Lebenswerk den Platz im „Himmel“. Dabei befindet sich der Mensch auf seinem Lebensweg grundsätzlich in der Position der Versuchung - der Teufel verführt den Menschen, er lockt mit süßen Versprechungen auf ein erfülltes, genussreiches Leben im Hier und Jetzt.

Dabei befinden sich Gott und Teufel als zwei Mächte auch auf einer hierarchischen Ebene, jedoch mit für den Menschen unterschiedlichen Bedeutungen - der Teufel stellt das Böse dar, mächtig, versuchend, jedoch häufig der göttlichen Kraft unterliegend. Gott scheitert nicht in seinen Bemühungen, der Mensch scheitert, die von Gott angebotene Existenz in der Unsterblichkeit wahrzunehmen und sein Leben daran auszurichten.

2. Goethes Weltbild - Zum Verhältnis zwischen Mephistopheles und dem Herrn

Goethe hat jedoch in seinem „Faust“ eine ganz neue Definition des Machtverhältnisses dargelegt.

In der Szene „Prolog im Himmel“, die das erste und einzige Zusammentreffen von Gott und Mephisto darstellt, wird eine klare Aussage über das Machtverhältnis der beiden dargelegt.

Mephisto ist nur ein Teil der Schöpfung Gottes, da er selbst zugibt nur ein „Teil des Teils“ (Z.1349) zu sein. Auch als Mephisto zum ersten Mal auf Faust trifft und dieser Mephisto fragt, wer er sei, bekommt Faust die Antwort, Mephisto sei „ein Teil von jener Kraft, Die stets das Böse will und stets das Gute schafft“ (Z.1335).

Mit dieser Selbstcharakterisierung gesteht sich Mephisto ein, in der göttlichen Weltordnung lediglich ein Teil der Schöpfung Gottes zu sein. Jedoch realisiert er auch, dass er eine notwendige, produktive Funktion im Weltplan besitzt:

Seine Funktion ist es, für den Herrn zu arbeiten und zu schaffen, wie es der Herr selbst im Prolog im Himmel sagt: „Des Menschen Tätigkeit kann nur allzu leicht erschlaffen, er liebt sich bald die unbedingte Ruh, Drum geb’ ich gern ihm den Gesellen zu, Der reizt und wirkt und muß als Teufel schaffen“ (Z.340 - 343).

Damit wird belegt, dass der Herr den Teufel erschuf, um des Menschen Tätigkeit anzuregen. Mephisto wird benötigt, um das Leben des Menschen auf der Erde aufzureizen. Die Bedeutung dieses „Aufreizens“ kann im folgenden nur vermutet werden. So ist anzunehmen, dass der Mensch durchaus von Gott, von Gottes Vasall, Mephistopheles, versucht werden soll. So ist das durchaus eine besondere Deutung des allgemeinen Weltbildes. Im allgemeinen Weltbild stellt die Versuchung des Teufels eine dem göttlichen entgegengestellte Macht dar, die den Menschen von seinem Lebensweg abbringt. Das Faustsche Gottesbild stellt diese Versuchungen als auch von Gott beabsichtigt dar. Der Mensch hat diesen Versuchungen zu widerstehen - er wird geprüft.

Durch diese notwendige Funktion Mephistos besteht eine Gebundenheit zwischen den beiden Charakteren. Der Herr benötigt Mephisto um das Leben der Menschen „aufzureizen“, und Mephisto benötigt den Herrn, um die Erlaubnis für diese Tätigkeiten zu erlangen. „Wenn ihr mir die Erlaubnis gebt, ihn meine Straße sacht zu führen“ (Z.313-314).

Daraus ist eine klare Hierarchie zu erkennen: Mephisto ist dem Herrn unterworfen und muss ihn um Erlaubnis bitten, der Herr jedoch entscheidet über die Prüfungen des Menschen.

Mephisto selbst hat großen Respekt vor dem Herrn und „hütet sich mit ihm zu brechen“ (Z. 351).

Obwohl es zeitweise den Anschein hat, dass Mephisto sich seine Unterwürfigkeit nicht eingestehen will, da er teilweise sehr überheblich und naiv reagiert, erkennt man doch, dass er sich selbst als begrenzt wahrnimmt.

Gegenüber Faust muss er seine Unterlegenheit dem Herrn gegenüber öfter eingestehen.

Zum Beispiel versagen seine Kräfte, als Faust ihn bittet Gretchen Gefühle für ihn empfinden zu lassen. Doch gibt er das nicht zu, sondern versucht Faust hinzuhalten und vertröstet ihn. „Ich sag’ Euch: mit dem schönen Kind Geht’s ein für allemal nicht geschwind.“ (Z.2655-2656). Auch am Ende des Stücks, als Faust Mephisto befiehlt Gretchen sofort aus dem Kerker zu befreien, gesteht Mephisto seine Schwäche offen ein: „Ich führe dich, und was ich tun kann höre! Habe ich alle Macht im Himmel und auf Erden? [...] Ich wache! Die Zauberpferde sind bereit, ich entführe euch. Das vermag ich“ (S.136 Z.61-66).

Die Frage „Habe ich alle Macht auf Erden“ sagt deutlich, dass Mephisto weiß, keine Allmacht zu haben, da es eine rhetorische Frage ist, die keiner Antwort mehr bedarf.

Auch erklärt Mephisto Faust, dass selbst er nicht die vollkommene Erkenntnis erwerben kann, da „dieses Ganze nur für einen Gott gemacht wurde“ (Z.1780-1781).

Mephisto gibt seine Begrenztheit auch gegenüber dem Herrn zu, da er sagt: „ Von Sonn’ und Welten weiß ich nichts zu sagen.“ (Z.279).

Mephisto kann also nur einen Teil der Welt wahrnehmen, jedoch nicht den gesamten Kosmos überschauen.

Auch scheint diese Schwäche Mephisto zu stören, da er Faust gegenüber negative Aussagen darüber macht.

„Er findet sich in ew’gen Glanze, Uns hat er in die Finsternis gebracht“ (Z.1782-1783) Mephisto empfindet sich mit den Menschen auf der Erde gleichgestellt und es stört ihn, dass der Herr über allem steht.

Doch trotz dieser unterwürfigen Position fordert Mephisto den Herrn zu einer Wette auf. Er möchte sich Faust annehmen und ihn vom richtigen Weg abbringen: „Was wettet ihr, den sollt ich noch verlieren“ (Z.312). Denn Mephisto kennt Faust und weiß um seine Schwächen. Aus diesem Wissen heraus fordert Mephisto zur Wette auf. Auch ist er sehr selbstbewusst, denn er behauptet:

„Mir ist für meine Wette gar nicht bange.“ (Z.331).

Mephisto möchte mit dieser Wette den Herrn als Gegenspieler gewinnen.

Der Herr nutzt diese Chance, um dem Teufel eine Lektion zu erteilen und ihm aufzeigen, wer der Mächtigere ist: „Und steh beschämt, wenn du erkennen mußt, Ein guter Mensch in seinem dunklen Drange ist sich des rechten Weges wohl bewußt“ (Z.327-329).

Gott selbst hat Faust erschaffen und ist sich deshalb sicher, dass er die Wette gewinnen wird. Deshalb nimmt der Herr die Wette an und lässt Mephisto schaffen.

Durch diese Wette entsteht nun ein exemplarischer Kampf um den Menschen im Allgemeinen. Gott und Mephisto sind sich beide sicher, die Wette zu gewinnen.

3. Auswirkungen auf den Ausgang des Dramas

Diese Wette hat nun Auswirkungen auf den Ausgang des Dramas.

Zunächst wird sich die Wette, die Mephisto Faust anbietet, auf den Ausgang der Tragödie nicht spürbar auswirken. Sie hat lediglich die Funktion Faust zu testen, denn durch die Wette zwischen dem Herrn und Mephisto ist von Anfang an deutlich, dass Mephisto nur im Leben des Faust wirken darf, jedoch nicht nach seinem Tod. „Solang’ er auf der Erde lebt, Solange sei dir’s nicht verboten.“ (Z.315-316). Der Inhalt der Wette zwischen Faust und Mephisto sagt aus, dass solange Faust am Leben ist Mephisto ihm dienen muss, mit dem Ziel, dass Faust eine vollkommene Zufriedenstellung erlangt. Wenn dies geschehen ist, dann muss Faust Mephisto im Jenseits auf ewig dienen.

Doch durch die Zusage des Herrn an Faust „So werd’ ich ihn bald in die Klarheit führen“ (Z.309), ist von Anfang an klar, dass Faust nie die Möglichkeit dazu haben wird, da er nach seinem Tod wieder in die Obhut des Herrn fällt. Jedoch hat die Wette Mephistos mit dem Herrn Auswirkungen. Aufgrund dieser Wette schreitet der Herr am Ende der Tragödie nicht ein und hält Faust zurück mit Mephisto mitzugehen. Denn der Inhalt der Wette sagt aus, dass solange Faust lebt Mephisto wirken darf wie er möchte und da Faust am Ende lebendig ist, darf bzw. will der Herr sich nicht einschalten.

4. Zusammenfassende Bemerkungen: Allgemeines Weltbild und Goethes Auslegung

Im allgemeinen ist zu sagen, dass man in dem Stück „Faust“ das Machtverhältnis zwischen Mephisto und dem Herrn ganz klar bestimmen kann. Es besteht eine klare Unterwürfigkeit Mephistos dem Herrn gegenüber. Goethe hat den Teufel nicht als gleichwertige Urmacht dem Herrn gegenübergestellt, jedoch Mephisto eine ganz klare eigenständige Funktion zugesprochen. So erhält man während des Stücks teilweise doch den Anschein einen gleichwertigen Kampf um Faust beizuwohnen. Man erkennt Stärken bei Mephisto, die man nicht vermutet hätte, da dieser am Anfang nur als Teil der Schöpfung Gottes und als unterlegener Diener des Herrn dargestellt wird.

Man erhält während der Szene „Prolog im Himmel“ den Anschein, den Ausgang der Tragödie vorhersehen zu können, was jedoch durch die Stärke die Mephisto im Laufe der Geschichte zeigt, ins Schwanken gerät.

Doch denke ich Goethe hat eine gute und interessante Neudefinition des Machtverhältnisses zwischen Gott und dem Teufel dargestellt und damit seinem Werk „Faust“ einen spannenden, nicht immer eindeutigen Verlauf verliehen.

Quellenverzeichnis

Primärquelle:

GOETHE, J.W.: Faust - der Tragödie erster Teil. Ernst Klett Verlag: Stuttgart 1981

Sekundärquellen:

KOMP, A.: Johann Wolfgang Geothe-Faust I-Inhalt-Hintergrund-Interpretation. Mentor: München 1996

SUDAU, R.: Johann Wolfgang Goethe-FaustI und FaustII-Oldenbourg Interpretationen Oldenbourg, München 1993

Ende der Leseprobe aus 6 Seiten

Details

Titel
Goethe, Johann Wolfgang von - Faust - Machtverhältnis zwischen Mephisto und dem Herrn
Note
13 Pkt.
Autor
Jahr
2001
Seiten
6
Katalognummer
V107357
ISBN (eBook)
9783640056309
Dateigröße
446 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Habe viel Arbeit rein gesteckt...brauch es jetzt aber nicht mehr! Hoffe, es hilft weiter....
Schlagworte
Goethe, Johann, Wolfgang, Faust, Machtverhältnis, Mephisto, Herrn
Arbeit zitieren
Diana Bär (Autor:in), 2001, Goethe, Johann Wolfgang von - Faust - Machtverhältnis zwischen Mephisto und dem Herrn, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107357

Kommentare

  • Gast am 19.10.2003

    Nicht schlecht!.

    13 Punkte? Da frag ich mich doch, wo die letzten zwei geblieben sind. Kann man wirklich nichts dran aussetzen, meiner Meinung nach.

Blick ins Buch
Titel: Goethe, Johann Wolfgang von - Faust - Machtverhältnis zwischen Mephisto und dem Herrn



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