AIDS und AIDS-Therapie


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

13 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Allgemeines zum Thema AIDS
1.1. Historische Entwicklung und Ausbreitung
1.2. Übertragung
1.3. Von der Infektion zur Erkrankung
1.4. Aufbau und Vermehrung des HIV

2. Therapie
2.1. Antiretrovirale Therapie
2.2. Zusätzliche Prophylaxetherapien

3. HIV-Infektion und AIDS bei Kindern
3.1. Infektionsquellen bei Kindern
3.2. Prävention
3.3. Therapie bei Kindern

Quellen

1. Allgemeines zum Thema AIDS

AIDS (=Acquired Immune Deficiency Syndrome) ist eine erworbene Schwäche des Immunsystems. Auslöser von AIDS ist das HI-Virus (=Human Immunodeficiency Virus), das 1983 von Francoise Bareé-Sinoussi unter der Leitung von Luc Montagnier entdeckt wurde. Es gehört zu den Lentiviren, einer Familie der Retroviren, die sich durch ein spezielles Enzym, die "Reverse Transkriptase", auszeichnen. Lentiviren sind "langsame Viren", was bedeutet, dass die Krankheit erst vergleichbar lange nach der Infektion ausbricht. Durchschnittlich dauert es zehn Jahre von der Infektion bis zum Ausbruch der Krankheit.

Viren sind Erreger von Infektionskrankheiten, minimale Partikel (1000 mal kleiner als Bakterien), die sich alleine nicht vermehren können. Sie infizieren lebende Zellen und zwingen diese zur Produktion von Virusbausteinen

1.1. Historische Entwicklung und Ausbreitung

Bei dem ersten bekannten AIDS-Fall handelt es sich um einen 1946 geborenen norwegischen Seefahrer, der verschiedene Kontinente, vor allem West- und Ostafrika bereiste. Bei ihm traten die Symptome 1966 auf, bei seiner Frau ein Jahr später und bei seiner 1967 geborenen Tochter im Alter von 2 Jahren. Im Jahr 1976 verstarb die ganze Familie an einer Krankheit, die nach heutiger Definition AIDS entspricht. Bei der Autopsie wurden die Lymphknoten des Vaters und der Tochter entfernt und konserviert. Aus diesen entnahmen norwegische Forscher DNA-Proben und konnten über 20 Jahre nach dem Tod der beiden AIDS nachweisen.

Die Verbreitung des HI-Virus begann bereits in den späten 70er Jahren, zuerst unter Männern und Frauen mit mehreren Geschlechtspartnern (vor allem in Zentral- und Ostafrika) sowie unter homo- und bisexuellen Männern. Die weitere Verbreitung verlief unter Drogenabhängigen und bis heute sind bereits 21 Millionen Menschen an AIDS gestorben, 15 Millionen davon in der Afrikanischen Sub-Sahara. Man vermutet, dass 36 Millionen Menschen das HI-Virus in sich tragen und die jährliche Zahl der Neuinfektionen bei 5 Millionen liegt. Dies sind Werte, die die von der WHO 1991 getätigten Prognosen um das Doppelte übersteigen.

Ein großes Problem ist, dass zwischen Infektion und Ausbruch der Krankheit durchschnittlich 10 Jahre liegen, in denen man meist nicht von der Infektion weiß und so das Virus noch an andere weitergibt. Nach 15 Jahren sind immernoch 5% der Patienten ohne Symptome.

1.2. Übertragung

Für eine HIV-Infektion ist es notwendig, dass eine ausreichende Menge Viren in die Blutbahn gelangt. Im Blut, in der Samenflüssigkeit und in der Scheidenflüssigkeit HIV-infizierter Personen erreichen die HI-Viren eine so hohe Konzentration, dass eine Übertragung erfolgen kann.

HI-Viren sind auch in anderen Körperflüssigkeiten, wie Speichel, Tränenflüssigkeit, Urin, Stuhl oder Schweiß nachweisbar. Dort sind sie aber in so geringer Menge vorhanden, dass eine Ansteckung unwahrscheinlich ist.

AIDS wird hauptsächlich auf drei Arten übertragen:

1. Durch ungeschützten Geschlechtsverkehr mit einem infizierten Partner oder einer infizierten Partnerin, wobei dies die häufigste Übertragungsart ist.

2. Durch Blutübertragung, in erster Linie bei gemeinsamen Gebrauch von Injektionsspritzen und -nadeln beim intravenösen Drogenkonsum, aber auch durch nicht ausreichend sterilisierte Nadeln etwa beim Tätowieren sowie durch Blut und Blutprodukte.

3. In Form einer "vertikalen Übertragung" von einer infizierten Mutter auf ihr Kind während der Schwangerschaft, Geburt oder durch Stillen. Weltweit erfolgen etwa 75-85% der HIV-Infektionen beim Sexualverkehr. Heterosexueller Geschlechtsverkehr ist heute für mehr als 70% aller HIVInfektionen Erwachsener verantwortlich, homosexueller Verkehr (Mann-Mann) für weitere 5-10%, wobei es regionale Unterschiede gibt.

Bereits ein einziger Sexualkontakt mit einem infizierten Partner oder die einmalige Verwendung einer gebrauchten Spritze beim intravenösen Drogenkonsum kann zu einer Infektion führen.

Das Risiko einer Übertragung der HIV-Infektion von der Mutter auf ihr Kind ("vertikale Transmission") beträgt ohne Therapie etwa 15-40%. Dieser Übertragungsweg ist weltweit für 90% aller HIV-Infektionen bei Kindern verantwortlich.

Durch eine antiretrovirale Therapie ab dem 2. Drittel der Schwangerschaft kann das Infektionsrisiko für das Kind auf 2% vermindert werden. Das Neugeborene sollte nach der Geburt weiter antiretroviral therapiert werden.

Der normale Umgang mit HIV-infizierten Menschen ist bedenkenlos.

AIDS wird nicht übertragen durch:

- Körperkontakte, wie Händeschütteln, Umarmen, Streicheln, Massieren oder Küssen
- Anniesen oder Anhusten
- Gemeinsamen Gebrauch von Geschirr, Gläsern, Besteck und Handtüchern, Bettzeug oder Wäsche
- Benützen von Toilette, Bad und Dusche
- Besuche im Schwimmbad, in der Sauna
- Kindergarten- oder Schulbesuch
- Gemeinsames Spielen
- Besuche beim Arzt, Zahnarzt, Gynäkologen und im Krankenhaus oder durch Blutspenden
- Berührung von Gegenständen wie Telefonkabinen, Türklinken Geld oder in Verkehrsmitteln.
- Haustiere oder Insektenstiche
- Zusammenleben mit HIV-Infizierten oder AIDS-Kranken

Auch durch Insekten besteht keine Infektionsgefahr, da zu geringe Mengen Blut übertragen werden und dieses noch in den Insekten verdaut wird. Dadurch ist das Virus nicht lebensfähig.

Bei der Verabreichung von Blutkonserven besteht ein sehr geringes Restrisiko von 1:500 000 - 1:3 000 000. Spenderblut wird in Österreich seit 1985 routinemäßig auf HIV-Antikörper getestet. Da sich die Antikörper aber erst einige Wochen nach der erfolgten Infektion bilden, ist es möglich, dass zwar bereits Viren im Blut vorhanden, aber noch keine Antikörper nachweisbar sind.

1.3. Von der Infektion zur Erkrankung

Von der Infektion bis zur Erkrankung ist es ein langer Weg. Infektion bedeutet nur die Aufnahme des Virus. Anschließend breitet sich das Virus im Organismus aus und schwächt das Immunsystem um so über Jahre hinweg den Weg für den endgültigen Ausbruch der Krankheit zu ebnen.

Die Hauptlast des Immunsystems tragen die Lymphozyten.

Lymphozyten zählen zu den Leukozyten und nur sie sind fähig Antigene als fremd zu erkennen und eine Immunreaktion auszulösen.

Die Lymphozyten werden grob in T (Thymus) und B-Lymphozyten unterteilt. Die B- Zellen sind die Hauptproduktionsstätten der Antikörper. Die T-Zellen werden wiederum in drei Hauptgruppen unterteilt: Die T-Helfer-Zellen (Th)(mit CD4 Oberflächenprotein), die T-Unterdrücker-Zellen (TS (Suppressor)) (mit CD8) und die Zytotoxischen T-Zellen. Die T-Lymphozyten können selbst keine Antikörper erzeugen, sie sind jedoch mit oberflächlichen Antigenrezeptoren ausgestattet um so Signale an die B-Lymphozyten zur Antikörperproduktion zu geben.

Die Aufgabe Zytotoxischer T-Lymphozyten ist es Antigenbefallene Zellen zu zerstören. Weiters wird der Fortschritt der Infektion an der Menge der „übrigen“ CD4-Proteine gemessen.

CD4-Zahl:

Jene Lymphozyten, die CD4 (cluster of differentiation) als Oberflächeneigenschaft besitzen (T-Helfer-Zellen) sind die bevorzugten Zielzellen des HI-Virus. Durch den Virusbefall wird die Zelle außer Gefecht gesetzt, wodurch ein Ungleichgewicht zwischen T-Unterdrücker-Zellen (T8/Th) und T-Helfer-Zellen (T4/TS) entsteht. Die T-Zellen, deren Aufgabe es ist den B-Zellen die Dosierung der Antikörperproduktion mitzuteilen geben so falsche Anweisungen. Dadurch werden zu wenig Antikörper gebildet und das Immunsystem wird geschwächt. Der Normalwert beträgt etwa 800-1200 Zellen/µl und ist von Beginn der HIV- Infektion an deutlichen Veränderungen unterworfen. Je höher die CD4-Zahl desto stabiler ist der Zustand des Immunsystems.

Aus diesen Messungen sowie nach der Häufigkeit der unten genannten Symptome wird das Fortschreiten der Infektion in drei klinische Stadien (A, B, C) und 3 Laborkategorien (CD4 Zellzahl pro µl Blutplasma) unterteilt. Diese Einteilung wird seit einer Aktualisierung 1993 unverändert international verwendet.

Tabelle 1

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Kategorie A: Man ist HIV-Infiziert, jedoch zeigen sich noch keine deutlichen Symptome, möglicherweise eine permanente Lymphknotenschwellung.

Kategorie B: Eine Reihe von Krankheiten tritt auf, die bei HIV-negativen Patienten kaum in dieser Häufigkeit und Intensität vorkommen. Meist wird die Infektion in diesem Stadium entdeckt.

- Unklares Fieber über mehrere Wochen
- Pilzinfektionen im Mundbereich
- Pilzinfektionen im Genitalbereich
- Gürtelrose
- Gebärmutterhalskrebs
- Gehirnhautentzündung
- Nervenschmerzen im Beinbereich
- Blutvergiftung
- Lungenentzündung
- anhaltende Durchfälle

Kategorie C: ausgeprägtes AIDS

Symptome:

- wiederkehrende bakterielle Infektionen

- Pilzbefall in Speiseröhre, Atemweg, Lunge, ...

- Gehirnhautentzündung durch (Hefe-)Pilze

- Kaposi Sarkom (bösartiges Geschwür in Blutgefäßen)

- Tuberkulose

- Besondere Empfindlichkeit auf Salmonellenvergiftung u.ä.

- HIV-Auszehrungssyndrom (Wasting-Syndrom) (extreme Abmagerung)

- siehe Kategorie B ...

Hannes Etzelstorfer Aufbau und Vermehrung des HIV Seite 6/13

1.4. Aufbau und Vermehrung des HI-Virus

Aufbau eines HI-Virus:

Im Inneren des Virus befinden sich zwei Kopien einer einsträngigen RNA1 (1), die in einer Proteinhülle(2) verpackt sind. Weiters beinhaltet das Virus drei Enzyme:

- Die

„Reverse Transkriptase"(3) dient 2 zur Umwandlung der RNA in DNA, die dann in die DNA der Wirtzelle eingeschrieben wird

- Die Protease(4) ist dafür verantwortlich ein neu erschaffenes Virus zu vervollständigen (reifen)

- Die Integrase(5) integriert die virale DNA in jene der Wirtszelle

Vermehrung eines HI-Virus:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Virus nähert sich (A) einer T-Helfer-Zelle (CD4+Lymphozyt) und bindet sich an einen Rezeptor an der Zellmembran. Dann verschmilzt (B) die Hülle des HIV mit der Membran der Zelle und die Viruspartikel werden ins Zellinnere abgegeben. Daraufhin werden die

Bild 1

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

RNA-Stränge mithilfe der „Reversen Transkriptase“ umgewandelt (C) in virale DNA und durch die

Integrase in die DNA der Zelle eingefügt (D). Die Zelle ist nun infiziert und bildet weitere Viren bis zu ihrem eigenen Absterben.

1. RNA-Stränge (Ribonukleinsäure) Die RNA eines Virus entspricht der DNA in einer menschlichen Zelle und trägt die gesamte Information über das Lebewesen.

2. Therapie

Es ist bisher nicht möglich AIDS zu heilen oder den Ausbruch bei bereits HIVpositiven Menschen zu verhindern. Trotzdem wurden bereits enorme Fortschritte erzielt. Die Therapie erfolgt in drei parallel verlaufenden Schritten:

2.1. Mit Hilfe der Antiretroviralen Therapie versucht man die Teilung der infizierten Zellen einzudämmen.

2.2. Zusätzlich werden Maßnahmen zur Behandlung und Verhinderung von Begleitkrankheiten getroffen.

2.1. Antiretrovirale Therapie

Die antiretrovirale Therapie wird schon sehr lange eingesetzt, enorme Fortschritte wurden aber vor allem in den letzten fünf Jahren erzielt.

Sie richtet sich gegen das HI-Virus. Ihr Ziel ist es die Ausbreitung des Virus im menschlichen Organismus zu hemmen.

Prinzipiell gibt es mehrere Eingriffsmöglichkeiten in den Lebenszyklus der HI-Viren.

1. Hemmung der Bindung an die Wirtszelle: Die Rezeptoren der Zellen werden mithilfe von Medikamenten blockiert. So ist es dem HI-Virus nicht möglich anzudocken und in die Zelle einzudringen.

2. Hemmung der Reversen-Transkriptase, die die virale RNA in DNA umwandelt.

3. Hemmung der Integrase, die die virale DNA in die DNA der Wirtszelle einbaut: An der Stelle an der die Integrase in die DNA der Zelle eingreift um die virale DNA einzugliedern wirken diese Medikamente und blockieren den Vorgang.

4. Hemmung der Vermehrung des HIV-Genes, sobald es in die DNA der Wirtszelle eingebaut ist. Die Zelle wird zwar infiziert, bildet aber keine weiteren Viren und stirbt nach einiger Zeit ab

Bild 3+4

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

5. Hemmung der Protease: Nach dem Entstehen eines neuen Virus und dessen Austreten aus der Wirtszelle ist die Protease dafür zuständig die weiteren Enzyme auszubilden, „das Virus zu reifen“. Durch die Hemmung der Protease kann das neue Virus nicht fertiggestellt werden und kann so keinen Schaden anrichten.

Bild 5+6

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Links: „reife“ Viren, alle Teile des Virus sind vollständig ausgebildet.

Rechts: „unreife Viren“, das Virus wurde nach austritt aus der Zelle durch die Hemmung der Protease nicht vervollständigt. (Bild 4: Zellen „hohl“)

Um eine möglichst hohe Effektivität der Therapie zu erreichen sollten mindestens drei Medikamente gleichzeitig, in einer sogenannten Kombinationstherapie eingenommen werden.

Dabei ist bereits in der Therapieplanung zu beachten, dass es leicht zu Mutationen des Virus kommen kann und daher zu einer Resistenz gegen ein bestimmtes Medikament. Aus diesem Grund sollte man darauf achten, dass zu den verwendeten Medikamenten möglichst unterschiedliche Alternativen zur Verfügung stehen. Auch innerhalb einer Wirkstoffgruppe (z.B.: Proteasehemmer) gibt es eine breit gefächerte Medikamenten-Palette. Eine wichtige Voraussetzung für die antiretrovirale Therapie ist es daher die Resistenzmuster zu kennen.

Bei einer Entstehung von 10 Milliarden Viren pro Tag werden innerhalb kurzer Zeit zahlreiche Mutationen gebildet, die zu einer enormen Variationsbreite führen. Deshalb wird man heute und auch in Zukunft mit dem Problem der Resistenz verschiedener Viren gegen verschiedene Medikamente kämpfen müssen. Steigt während der Behandlung die Virenkonzentration an, so ist dies ein deutliches Zeichen für eine Resistenz. Da es sehr aufwendig und eine zusätzliche Belastung seitens des Patienten wäre den Grund dafür ausfindig zu machen empfiehlt es sich gleich zwei oder alle drei verwendeten Substanzen zu ersetzen.

Das erfordert jedoch eine gute Mitarbeit (=Compliance) seitens des Patienten.

Unter Compliance/Adhärenz versteht man den aktiven Teil des Patienten während einer Behandlung, sprich das Einnehmen von 10-20 Tabletten täglich. Weiters müssen diese Tabletten in absolut regelmäßigen Abständen eingenommen werden, da jede Unregelmäßigkeit dem Virus Zeit gibt sich anzupassen und Resistenz zu entwickeln. Eine weitere schlimme Belastung für den Patienten sind die Nebenwirkungen (z.B.: Nierensteine, Form der Diabetes, ...). Außerdem wäre es auch äußerst schlimm die mutierten Virusformen, die im Laufe einer Therapie entstehen, durch ungeschützten Geschlechtsverkehr auf andere (ev. bereits HIVpositive) Mitmenschen zu übertragen, da sich dadurch die Variationsbreite der Viren erhöhen würde, was eine Behandlung weiter erschwert.

Zwischen Erfolg und Misserfolg einer Therapie liegt jedoch ein großer Bereich. In der HIV-Ambulanz der Universitätsklinik Innsbruck wurden vier völlig unterschiedliche

Auswirkungen gleicher Therapien an HIV-Patienten dokumentiert:

A: Es gibt im klinischen Alltag durchaus eine große Zahl (55%) an Patienten bei denen im Laufe einer Kombinationstherapie die Anzahl der CD4+Lymphozyten ansteigt, während die Vermehrung der Viren stark verringert wird (Idealfall).

Bild 7

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

B: Bei anderen Patienten (25%) jedoch Steigt zwar die Zahl der CD4-Zellen ebenso an, jedoch bei weiterer Vermehrung der Viren.

C: Bei einer kleinen Gruppe (5%) bleibt der Zustand des Immunsystems gleich oder verschlechtert sich obwohl die Vermehrung der Viren deutlich unterdrückt wird.

D: Bei einem weiteren Teil der Patienten (15%) spricht die Therapie gar nicht an.

Die Vorgänge in Gruppe B konnten sich die Spezialisten bisher noch nicht erklären. Möglicherweise stellt diese große Menge an HIV-Zielzellen eine weitere große Gefahr dar.

Einige wichtige Regeln für die Anwendung einer antiretroviralen Therapie:

- Die antiretrovirale Therapie sollte initiiert werden, bevor ein schweres Immunmangelsymptom besteht. Dies geschieht meist im Stadium II der Infektion.

- Die Therapie muss von Anfang an eine Kombination von drei oder mehr antiretroviralen Medikamenten einschließen, ein sequentieller Beginn ist zu vermeiden.

- Bei Änderungen der Therapie müssen zumindest zwei Medikamente auf einmal ausgetauscht werden.

- Die Messung der Virenzahl und der CD4+ Zellzahl sind von essentieller Bedeutung.

- Eine Reduktion der Virenzahl unter die Nachweisgrenze, sollte das Ziel der

Behandlung sein - bei zu geringem Ansprechen oder einer Verschlechterung sollte eine Therapiemodifikation überlegt werden.

2.2. Zusätzliche Prophylaxetherapien

Nicht nur die Ausbreitung des Virus muss behandelt werden, sondern auch jene Krankheiten, die durch das geschwächte Immunsystem auftreten (siehe Seite 5). Grundsätzlich werden diese Krankheiten wie bei gesunden Menschen behandelt, wobei hier das Problem besteht, dass die Infektionen selten vollständig heilen und bereits nach kurzer Zeit wieder auftreten. Verabreicht werden:

- Antibiotika gegen Bakterien; zum Teil werden vorbeugend Breitband- Antibiotika verabreicht
- Virostatika gegen Viren
- Antimykotische Mittel gegen Pilze
- Antikörperpräparate
- Eiweißhaltige, hochkalorische Ernährung
- Impfungen: Hier unterscheidet man zwischen Lebend- und Tot-Impfstoffen.

Lebend-Impfstoffe: Hier werden geschwächte Krankheitserreger geimpft, die den Körper anregen Antikörper zu bilden.

Tot-Impfstoffe: Hier wird zum Beispiel ein Teil der Hülle eines Virus geimpft um dem Körper Antikörper gegen die Hülle des Virus bilden zu lassen (surface-Antikörper).

Bei HIV-Patienten werden hauptsächlich Tot-Impfstoffe verabreicht, da das Immunsystem meist zu instabil ist die geschwächten Antikörper zu bekämpfen. Für die meisten Lebend-Impfungen ist eine Mindest-CD4-Anzahl von 300CD4-Zellen/µl nötig.

Als Fallbeispiel ist die Krankengeschichte eines achtjährigen Jungen anzuführen, der seit seiner Geburt HIV-positiv war, wovon aber niemand wusste, da er nicht bei seinen leiblichen Eltern aufwuchs. Ihm wurde eine lebende Impf-Tuberkulose verabreicht, die sein Immunsystem nicht verarbeiten konnte. So erkrankte er an Tuberkulose. Kurz darauf brach AIDS aus und er verstarb im Alter von elf Jahren.

3. HIV-Infektion und AIDS bei Kindern

Die ersten Kinder mit HIV-Infektion wurden bereits 1983 beschrieben. Etwa 10 Millionen Kinder sind im Jahre 2000 mit HIV infiziert.

Auch bei Kindern Stellen HIV-Infektion und AIDS weltweit bereits ein schwerwiegendes Problem dar, jedoch mit sehr großen regionalen Unterschieden. Die Hauptlast der HIV-Infektionen trifft die Entwicklungsländer in denen 95% aller HIV-Infizierten Kinder zur Welt kommen, während in Industriestaaten 1-2% aller Infektionen auftreten.

Unter den hiesigen Bedingungen (Forschungsergebnisse einer Studie in Deutschland) liegt die vertikale Mutter-zu-Kind - HIV-Übertragung unter 10%, in weniger entwickelten Staaten jedoch zählt AIDS mit einer vertikalen Übertragungsrate von 50% bereits zu den häufigsten Erkrankungen und Todesursachen im Kindesalter und wird sich voraussichtlich in Zukunft noch verdoppeln.

3.1. Infektionsquellen bei Kindern

Fast alle HIV-positiven Kinder (jünger als 15 Jahre) infizieren sich über ihre Mütter, wobei man hier im globalen Durchschnitt von einer Ansteckungsrate zwischen 25 und 45% ausgeht.

Etwa die Hälfte dieser Ansteckungen findet während der Schwangerschaft und der Geburt statt und die andere Hälfte während der Stillzeit.

Ein kleiner Anteil (<5%) infiziert sich durch Bluttransfusionen, unsterile medizinische Instrumente, frühen Geschlechtsverkehr bzw. sexuellen Missbrauch und (intravenösen) Drogenkonsum. HIV-Ansteckung durch Bluttransfusionen und medizinische Instrumente kommt fast ausschließlich in Entwicklungsländern vor.

Ansteckung während der Schwangerschaft bzw. bei der Geburt Bei einer normal verlaufenden Schwangerschaft ist eine Ansteckung unwahrscheinlich, da kein mütterliches Blut in den Kreislauf des Kindes gelangt (Blut-Plazenta-Schranke). Übertragen werden nur Antikörper. Ist jedoch die Mutter in schlechter gesundheitlicher Verfassung wird auch das Abwehrsystem des Kindes geschwächt ebenso wie durch Fruchtwasserentzündungen oder vorzeitigen Blasensprung (über 4 Stunden vor der Geburt). Zusätzliche Maßnahmen während der Geburt wie Saugglocke oder Dammschnitt sollten vermieden werden, da dadurch die Gefahr eines Blutkontakts erhöht wird. Meist werden gefährdete Kinder per Kaiserschnitt geboren, da dies die schnellste und für die Kinder risikoärmste Methode ist.

Ansteckung während der Stillzeit

Studien der WHO1 und der Sonderorganisation der vereinten Nationen UNAIDS kommen zu folgenden Ergebnissen:

Durchschnittlich infizieren sich 15% der Kinder HIV-positiver Mütter während der Stillzeit über die Muttermilch.

Extremwerte mit bis zu 29% zeigen sich bei einer Neuinfektion der Mutter während der Stillzeit und bei einer AIDS-Erkrankung im Endstadium.

Weitere Faktoren sind die Zeit die das Kind gestillt wird und ob eine Beifütterung vorgenommen wird. In den ersten fünf Monaten ist die Ansteckungsgefahr am höchsten, lässt dann nach und steigt im Laufe der Zeit wieder langsam an.

1. WHO: World Health Organisation Weltgesundheitsorganisation

Zur Beifütterung weist eine kürzlich veröffentlichte Studie aus Südafrika folgende Werte auf: Bei Kindern die nicht ausschließlich gestillt wurden lag das Risiko einer Ansteckung in den ersten drei Monaten bei 24,1%, bei ausschließlich gestillten Neugeborenen bei 14,6% und bei sofort nach der Geburt abgestillten bei 18,8%. Eine noch nicht erwiesene Begründung wäre, dass in der Muttermilch Antik ö rper mitgeliefert werden die den kindlichen Organismus bei der Abwehr der Viren unterst ü tzen. Bei einer Beif ü tterung durch die mit unsauberem Wasser hergestellten Ersatzprodukte werden die Darmw ä nde des Neugeborenen angegriffen und erm ö glichen so die vermehrte Aufnahme von Viren.

Erwiesen ist jedoch, dass Mastitis1 und Rhagaden2 an der Brustwarze zu einem erhöhten Übertragungsrisiko führen.

3.2. Prävention

1994 zeigte eine Studie, dass durch die Gabe von AZT3 während der Schwangerschaft die Ansteckungsgefahr bei der Geburt und in den ersten Lebenswochen deutlich verringert werden kann (von 25 auf 8%). In vielen Kliniken werden die Kinder in der 38.Schwangerschaftswoche noch vor dem Einsetzen der Wehen per Kaiserschnitt entbunden um so das Infektionsrisiko zu verringern. Durch die Verbreitung dieser Methoden wäre eine Ansteckungsrate von 2% zu erreichen jedoch werden sie bisher nur vereinzelt angewandt.

3.3. Therapiemöglichkeiten bei Kindern

Der Grundsätzliche Aufbau der Therapie entspricht dem bei Erwachsenen, jedoch sind Kinder natürlich empfindlicher und schwieriger in Bezug auf die Compliance.

Antiretrovirale Therapie

Zur Zeit stehen in Österreich kaum mehr als fünf verschiedene antiretrovirale Produkte zur Verfügung, die für Kinder unter zwölf Jahren zugelassen sind. Weltweit sind zwölf Medikamente für Kinder im Einsatz. Über andere, bei Erwachsenen erfolgreiche Produkte liegen bisher noch keine Berichte über die Wirkung bei Kindern vor.

In den Anfängen wurden bei Kinder nur Monotherapien eingesetzt, jedoch entwickelten sich wie bei Erwachsenen bald resistente Viren. Mittlerweile verwendet man hauptsächlich Dreifach-Kombinationstherapien. Stehen bei Resistenz nicht mehr genügend zugelassene Medikamente zur Verfügung, so müssen auch andere Produkte herangezogen werden. Bei diesen muss die Dosis entsprechend gering gehalten werden, da die Daten über ihren Einsatz bei Kindern noch dürftig sind.

Ein enormes Problem bilden die Nebenwirkungen der Medikamente, die bei Kindern viel stärker auftreten als bei Erwachsenen. Dadurch sind die Patienten oft gezwungen die Therapie umzustellen oder gar abzubrechen. Es können zum Beispiel Nierensteine oder gar eine Form der Diabetes auftreten.

1. Mastitis (Brustdrüsenentzündung) (hier: Infektiöse Mastitis) tritt häufig während der Stillzeit auf und wirkt sich als geschwollene, verhärtete, manchmal gerötete und druckschmerzhafte Stelle in der betroffenen Brust aus mit Fieber und Schüttelfrost als Begleiterscheinungen.

2. Rhagade ist eine Schmerzhafte Rissbildung

3. AZT (Azathioprim): Medikament, das die Vermehrung infizierter Zellen verhindert indem es Zidovudin in die DNA-Ketten eingliedert und diese zum Abbruch bringt.

Hannes Etzelstorfer HIV-Infektion bei Kindern Seite 12/13

Vor allem für Kinder spielen Faktoren wie Tablettengröße und Anzahl, Erhältlichkeit in Saftform, sowie der Geschmack des Medikaments eine große Rolle. Weiters sind bestimmte Diätvorschriften während einer Therapie für Kinder oft nicht zumutbar.

Compliance:

Die Teils komplizierten Vorgänge zur Behandlung sind oft eine sehr starke Belastung für die Kinder und die Betreuungspersonen (Eltern, Betreuung in Schule und Kindergarten...). Da die strenge Einhaltung der Einnahmezeiten sehr wichtig ist sollte vor Therapiebeginn überlegt werden, wie die Therapie in den Tagesablauf integrierbar ist. Durch das beharren der Betreuungspersonen auf die Einnahme entstehen oft Abwehrverhalten seitens der Kinder oder Spannungen innerhalb der Familie.

Hannes Etzelstorfer Seite 13/13

Quellen

Roche AIDS CD-ROM

Monatsschrift Kinderheilkunde 11-2000

Austria Codex (Medikamentenverzeichnis)

Funktionelle Pathologie G. Wick, S. Schwarz, O. Förster, M. Peterlik

Wiener medizinische Wochenschrift

Themenheft: „Aktuelle Aspekte der antiretroviralen Therapie“

www.unaids.org

www.aidshilfe.at

Tabelle 1: Roche AIDS CD-ROM

Bild 1 - Bild 6 : Roche AIDS CD-ROM

Bild 7: Wiener medizinische Wochenschrift

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
AIDS und AIDS-Therapie
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2001
Seiten
13
Katalognummer
V107380
ISBN (eBook)
9783640056538
Dateigröße
576 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
mehrere Abbildungen
Schlagworte
AIDS, AIDS-Therapie
Arbeit zitieren
Hannes Etzelstorfer (Autor:in), 2001, AIDS und AIDS-Therapie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107380

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