Sugarscape. Können gesellschaftliche Phänomene erkannt und erklärt werden?


Seminararbeit, 2002

17 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Über die Sugarscape
1.1.1 Die Agenten
1.1.2 Die Umwelt
1.1.3 Die Regeln
1.2 Ziele der Sugarscape

2 Die Sugarscape
2.1 Leben und Sterben in der Sugarscape
2.1.1 Stoffwechselwert
2.1.2 Sichtweite
2.1.3 Rohstoffkonten
2.1.4 Bewegungsregel
2.1.5 Wachstumsregel
2.2 Eine Gesellschaft entsteht
2.2.1 Reproduktionsregel
2.2.2 Kulturelle Prozesse
2.2.3 Prototyp einer Geschichte
2.3 Sugar und Spice: Handel in der Sugarscape
2.3.1 Strategie
2.3.2 Wohlfahrtsfunktion
2.3.3 Interne Bewertung
2.3.4 Preisbildung
2.3.5 Handelsregel
2.3.6 Optimalpreisbildung
2.3.7 Neoklassische Agenten
2.3.8 Nicht-neoklassische Agenten

3 Diskussion
3.1 Weitere Anwendung
3.1.1 Zellmarkierung
3.1.2 Erweiterte Bewegungsregel
3.1.3 Erweiterte Kulturregel
3.1.4 Normen und Meinungen
3.1.5 Ergebnis
3.2 Probleme
3.2.1 Rückführbarkeit
3.2.2 Dokumentation
3.2.3 Komplexität
3.3 Diskussion
3.3.1 Generativ
3.3.2 Künstliche Gesellschaften
3.3.3 Fazit

4 Referenzen

5 Online Ressourcen

1 Einleitung

Diese Hausarbeit handelt von einer Sozialen-Computer-Simulation, bekannt als Sugarscape. Mit ihr soll versucht werden, komplexe soziale Zusammenhänge der menschlichen Intuition besser zugänglich und verständlich zu machen. Man sollte also von einer Simulation mit diesen Zielen erwarten können, dass sie gesellschaftliche Probleme und Phänomene erkennen und erklären kann.

1.1 Über d ie Sugarscape

Die Sugarscape ist eine Simulation, in der versucht wird, verschiedene soziale Prozesse mit möglichst einfache n Regeln von Grund auf im Computer entstehen zu lassen. Dabei ist es den Autoren wichtig, komplexe Zusammenhänge mit möglichst einfachen Annahmen erklären zu können. Der Ansatz dabei ist, eine Mischung aus Zellulärenautomaten und einem Agenten-Modellierungsprogramm mit sozialen Regeln zu konfrontieren und so soziale Phänomene, wie z. B.: Handel, Gruppenbildung oder Populations-Schwankungen, in einer künstlichen Gesellschaft zu erzeugen. Dadurch soll es möglich werden, diese gesellschaftlichen Zustände aus einer evolutionäreren Perspektive als kumulierte Einzelzustände zu sehen und interdisziplinär, nämlich demographisch und ökonomisch, zu deuten. Die Sugarscape besteht aus drei Elementen: den Agenten, der Umwelt und den Regeln, die nun im Einzelnen besprochen werden sollen.

1.1.1 Agenten

Die Agenten können als die Bewohner der Sugarscape bezeichnet werden. Jeder dieser Agenten hat gewisse interne Werte, die ihn beschreiben, und die ihn von den anderen unterscheiden. Einige dieser Werte sind konstant, während andere sich durch Interaktion mit anderen Agenten oder der Umwelt verändern können, also variabel sind.

1.1.2 Umwelt

Bei der Umwelt ha ndelt es sich um ein von den Agenten unabhängiges Medium, auf dem sich die Agenten bewegen, und mit dem sie interagieren können. Im Modell der Sugarscape ist die Umwelt eine Fläche von 50x50 Feldern, auf der sich die Sugar-Berge und später auch die Spice-Berge befinden.

1.1.3 Regeln

Bei den Regeln unterscheidet man Agenten-Regeln, Agenten/Umwelt-Regeln und Umwelt- Regeln. Die Agenten-Regeln befassen sich mit Interaktionen der Agenten, wie z. B. dem Handel. Agenten/Umwelt-Regeln sind Regeln, bei denen die Agenten bzw. die Umwelt - Daten des jeweils anderen beim Treffen einer Entscheidung bzw. einer Handlung berücksichtigen. Vorgänge bei denen sich die einzelnen Zellen beeinflussen, werden von Umwelt-Regeln gesteuert.

1.2 Ziele der Sugarscape

Mit dem Sugarscape Programm wollten sich die Autoren Epstein und Axtell ein computer- gestütztes Labor für soziale Versuche erstellen. Sie beabsichtigten, möglichst variabel zu bleiben, damit man unterschiedlichste Phänomene nachstellen und dadurch erklären kann. Sie wollten zeigen, dass auch heterogene und dynamische Agenten-Modelle eindeutige soziale und ökonomische Ergebnisse erzielen können und nicht nur , wie z. B. in der Ökonomie angenommen, statische Gleichgewichte. Sie wollten ein „Computerrarium“ erstellen, aus dem sie, nach Eingabe gewisser Regeln und Werte, Ergebnisse zu gesellschaftlichen Tatsachen, wie zum Beispiel Krieg, Fortpflanzung, Handel, Religion, Umwelt und Krankheiten bekommen können. Wichtig dafür ist natürlich die technologische Entwicklung der letzten Jahre, die solche komplexe n Simulationen überhaupt erst möglich machte.

2 Die Sugarscape

Nachdem nun die Grundlagen der Sugarscape dargestellt wurden, sollen auf den nächsten Seiten die Regeln, kulturelle Prozesse und der Handel genauer beschrieben werden

2.1 Leben und Sterben in der Sugarscape

Um Leben und Sterben zu ermöglichen, muss man Knappheit in das System einführen. Dazu wird die Umwelt um den Rohstoff Sugar erweitert, den die Agenten konsumieren. Um eine möglichst große Vielfalt zu erhalten, entschieden sich Epstein und Axtell dazu, zwei Sugar-Berge schräg gegenüber in der Umwelt zu pla tzieren. Dadurch entstehen Regionen mit viel Sugar, bis hin zu Regionen in denen es keinen Sugar gibt. Jeder Agent bekommt nun genetische Attribute, wie z. B. Sichtweite , Stoffwechselwert und Rohstoffkonten. Außerdem werden einige Grundregeln, wie z. B. die Bewegungsregel, eingeführt, die das Überleben in der Sugarscape erst ermöglichen. Die wichtigen Werte sollen im Folgenden besprochen werden.

2.1.1 Stoffwechselwert

Der Stoffwechselwert (Metabolism) legt die Menge an Sugar fest, die ein Agent in jeder Periode konsumieren muss. Kann der Agent diesen Wert nicht konsumieren, stirbt er. Der Stoffwechselwert wird durch einen Zufallsgenerator an die verschiedenen Agenten verteilt. Die Werte, die der Zufallsgenerator verteilen kann, werden vorher durch ein Intervall festgelegt.

2.1.2 Sichtweite

Die Sichtweite (Vision) wird ebenfalls an die Agenten verteilt. Wie auch der Stoffwechsel, wird sie durch einen Zufallsgenerator aus einem bestimmten Intervall genommen. Sie legt fest, wie weit ein Agent über die Sugarscape sehen kann, bzw. bei Veränderung des Intervalls , wie hoch die Transparenz der Sugarscape ist. Der Neoklassische Extremfall der absoluten Markttransparenz wäre also bei einer durchschnittlichen Sichtweite von 50 Einheiten gewährleistet.

2.1.3 Rohstoffkonten

Um Rohstoffe (Sugar bzw. später auch Spice) ansammeln zu können, benötigt jeder Agent ein Konto. Auf diesem wird die Anzahl der Einheiten des Rohstoffs, die er gesammelt hat, gutgeschrieben. Fällt dieses Konto jedoch auf Null, stirbt der Agent. Da es kein Limit für diese Konten gibt, kann ein Agent theoretisch unendlich viel eines Rohstoffes sammeln. Der Kontostand eines Agenten gibt Aufschluss über seinen Wohlstand.

2.1.4 Bewegungsregel

Der Grundgedanke der Sugarscape, alles möglichst einfach zu halten, ist auch bei der Erstellung der alles entscheidenden Bewegungsregel nicht vergessen worden. Sie ist die einzige Regel, die in der Lage ist, die Sugarscape ohne eine andere Agenten-Regel zu betreiben. Als Grundgedanken der Bewegungsregel kann man den Drang sehen, sich besser zu stellen. Epstein und Axtell beschränkten sich also bei der Regel darauf, den Agenten die Stelle innerhalb seiner Sichtweite suchen zu lassen, bei der er die maximale Sugar-Menge vo rfindet und ihn dann dorthin gehen zu lassen.

Agenten-Bewegungsregel M:

- Schaue soweit, wie die Sichtweite es zulässt, in die vier möglichen Richtungen und finde die freie Position, bei der es den meisten Sugar gibt;

- Wenn es auf mehreren Positionen gleich viel Sugar gibt, wähle die naheste;

- Gehe zu dieser Position;

- Sammle den ganzen Sugar an dieser Position;

2.1.5 Wachstumsregel

Die Wachstumsregel ist die erste und wichtigste Regel aus der Kategorie der Umweltregeln. Sie beschreibt, in welcher Geschwindigkeit die Rohstoffe auf der Sugarscape nachwachsen. Diese Regel hat großen Einfluss auf die Knappheit und damit auch auf die Überlebenschancen der Agenten. Wächst nämlich der Rohstoff zu langsam nach, können Agenten mit hohem Stoffwechselwert nicht mehr genügend Rohstoffe sammeln, was ihre Rohstoffkonten auf Null fallen lässt und den Tod zur Folge hat. Sugarscape-Wachstumsregel Gα:

- In jeder Zelle wächst der Sugar α Einheiten pro Zeitintervall, bis er die Kapazitätsgrenze dieser Zelle erreicht hat.

2.2 Eine Gesellschaft entsteht

Damit das Ziel der Autoren, eine Gesellschaft von Grund auf neu zu schaffen, erreicht werden kann, müssen nun einige zusätzliche Regeln dem Sugarscape Programm und somit den Agenten und der Umwelt zur Verfügung gestellt we rden. Eine modellierte Proto- Geschichte kann demnach nur entstehen, wenn die Autoren der Sugarscape zwei zusätzliche Regeln, die Kultur- und die Sexregel, erstellen. Im Folgenden soll nun auf die beiden Regeln und auf die Entstehung der Proto-Geschichte eingegangen werden.

2.2.1 Reproduktionsregel

Die sexuelle Reproduktion ist der erste Schritt, den Agenten menschlichere Eigenschaften zu geben. Da dies im Regelwerk der Sugarscape gewährleistet sein muss, standen die Autoren erneut vor der Herausforderung, menschliche Verhaltensweisen in eine möglichst einfache Regel zu fassen. Daraus entstand die Agenten-Reproduktionsregel (Agent sex rule), die im Allgemeinen nach der Bewegungsregel ausgeführt wird.

Agenten-Reproduktionsregel S:

- Wähle per Zufall einen Nachbar-Agenten aus;

- Wenn dieser Agent fruchtbar und vom anderen Geschlecht ist und neben einem der Agenten ein freies Feld existiert (für das Kind), dann wird ein Kind geboren

- Wiederhole das mit allen Nachbarn

Um diese Regel benutzen zu können, benötigt man einige Intervalle, die vorher im Sugarscape-Programm eingestellt werden müssen. Folgende Intervalle werden nun für eine einfache Simulation benötigt:

- Männer und Frauen werden fruchtbar zwischen 12 und 15 Jahren

- Frauen werden wieder unfruchtbar zwischen 40 und 50 Jahren

- Männer werden wieder unfruchtbar zwischen 50 und 60 Jahren

- Männer und Frauen sterben zwischen 60 und 100 Jahren

Es wird angenommen, dass eine Runde einem Jahr entspricht. Das Geschlecht der Agenten wird mit gleicher Wahrscheinlichkeit per Zufall auf die Kinder verteilt. Etwas komplizierter als das Geschlecht ist die Vergabe der genetischen Attribute geregelt. Ähnlich wie bei den Menschen bekommen die Kinder der Agenten mit gleicher Wahrscheinlichkeit die Sichtweite vom Vater oder der Mutter übertragen und auch der Stoffwechselwert wird nach dieser Regel an das Kind weitergeleitet. Daraus ergeben sich folgende Möglichkeiten:

Tabelle 1: Verteilung der genetischen Attribute

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Startet man nun die Sugarscape mit diesen Einstellungen, so erhält man eine relativ konstante Population, bei der die Bevölkerungsschwankungen nicht mehr als 10% ausmachen. Die langfristige Agentena ufnahmefähigkeit ist in diesem Fall ca. 500. Der Wert der Aufnahmefähigkeit ist wichtig, da man durch ihn sehr einfach die Effekte der verschiedenen Regeln darstellen und interpretieren kann.

2.2.2 Kulturelle Prozesse

Neben Nahrungsaufnahme und Fortpflanzung spielt aber auch die Kultur eine große Rolle in der menschlichen Geschichte . Will man also einen Prototyp einer Geschichte erstellen, so benötigt man eine Art Kulturregel. Da Kultur ein gruppendynamischer Effekt ist, ist der Einfluss der Umgebung die wichtigste Komponente. Epstein und Axtell versuchen dieses Problem durch einen kulturellen Binärcode zu lösen. Wie jeder Binärcode besteht auch dieser aus Nullen und Einsen. Diese werden dem Agenten zufällig zugeteilt oder von seinen Eltern vererbt. Hat ein Agent mehr Nullen als Einsen in seinem Code, dann gehört er der Blauen Gruppe an, hat er mehr Einsen als Nullen, gehört er der Roten Gruppe an. Damit sich die Agenten gegenseitig beeinflussen können, gibt es die Kulturelle-Übertragungsregel.

Kulturelle-Übertragungsregel K:

- Für jeden Nachbar wird eine Nummer des Kulturcodes ausgesucht;

- Stimmt diese Nummer mit dem Nachbarn überein, passiert nichts;

- Stimmt diese Nummer mit dem Nachbarn nicht überein, so wird im Kulturcode des Nachbarn die Nummer so geändert, dass sie mit der Nummer des Agenten übereinstimmt;

Kommt ein Agent in eine neue Nachbarschaft, verändert er die umliegenden Agenten leicht durch seine kulturellen Eigenschaften. Da er nur eine von 11 Positionen verändert, ist die Einflussnahme eines einzelnen Agenten nur sehr gering, aber schon eine Gruppe von 6 Agenten kann einen kompletten „Nuller“ (Binärcode: 00000000000), also einen Blauen, in einen Roten (Binärcode: 11111100000) verwandeln. Aber nicht nur Nachbarn beeinflussen sich, auch Kinder werden von ihren Eltern beeinflusst. Dazu wird jede Position des Kulturcodes der Mutter und des Vaters verglichen. Stimmt die Position überein, wird sie für das Kind übernommen. Stimmt sie nicht überein, wird sie mit gleicher Wahrscheinlichkeit an die Eins oder die Null verlost.

2.2.3 Prototyp einer Geschichte

Nun haben Epstein und Axtell genug Regeln, um eine n funktionierenden Proto typen unserer Geschichte zu generieren. Dazu kombinieren sie die Wachstumsregel (Gα), die Bewegungsregel (M), die Reproduktionsregel (S) und die Kulturregel (K). Beginnend mit einer Ursuppe schaffen es einige der Agenten, sich vor dem Verhungern auf die Sugar- Berge zu den anderen Agenten zu retten. Diese Agenten beeinflussen sich kulturell, bis sich auf beiden Bergen Stämme jeweils einer Kultur gebildet haben. Währenddessen vermehren sie sich, bis sie die Aufnahmefähigkeit der Sugarscape erreicht haben. Da die Stämme jetzt so groß geworden sind, dass sie einander sehr nahe kommen, beginnen sie damit, sich kulturell auszutausche n, mit dem Ergebnis, dass mal der eine und mal der andere Stamm die Oberhand bekommt, sie dann aber im Allgemeinen nicht halten kann. Eine zuverlässige Voraussage, welcher der Stämme der dominante sein wird, ist aber auf keinen Fall möglich. Man kann also durch sehr einfache Regeln eine relativ komplexe Geschichte aufbauen, die in einem dynamischen, aber stabilen Zustand endet.

2.3 Sugar und Spice: Handel in der Sugarscape

Tauschhandel kann nur ermöglicht werden, nachdem ein zweiter Rohstoff, das Spice, zum Tauschen eingeführt worden ist. Jeder Agent verfügt nun über zwei Stoffwechselwerte und zwei Rohstoffkonten, auf denen ihm die beiden Rohstoffe Sugar und Spice gutgeschrieben werden. Die Agenten müssen sich zwischen den Sugar-Bergen und den Spice-Bergen hin und her bewegen, da sie sterben, wenn eines der Rohstoffkonten auf null fällt. Nach der Einführung des Spice wird die Agentenaufna hmefähigkeit der Sugarscape sinken. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe. Erstens werden Agenten mit einer niedrigen Sichtweite den zweiten Rohstoff nicht finden und verhungern. Zweitens werden Agenten mit hohem Stoffwechselwert so schnell den Berg wechseln müssen, dass sie nicht genug sammeln können und nach wenigen Runden ebenfalls verhungern werden.

Damit die Agenten sich ihre Rohstoffe nicht mehr durch Standortwechsel beschaffen müssen, wird ihnen nun die Möglichkeit gegeben, Handel zu betreiben. Beide Agenten berechnen ihren internen Preis für Sugar bzw. Spice. Zum Handel kommt es allerdings nur dann, wenn beide Agenten davon einen Vorteil haben. Nun wird überprüft, ob sich global ein Gleichgewichtspreis entwickelt. Dies scheint allerdings sehr stark von den Annahmen abzuhängen, die man über die Agenten trifft. Hier kann man vor allem zwei Gruppen unterscheiden: neoklassische und nicht-neoklassische Agenten.

Auch wenn ein Agent sich seine Rohstoffe durch Handel beschafft, ist es wichtig für ihn, weiterhin auch selber Rohstoffe zu sammeln. Dazu muss er wissen, welchen Rohstoff er dringender zum Überleben benötigt. Er e rstellt also eine Strategie.

2.3.1 Strategie

Damit den Agenten nicht auf einmal ein Rohstoff ausgeht, müssen sie immer rechtzeitig den Berg wechseln. Dazu benötigen sie eine Strategie, die ihnen sagt, wann der andere Rohstoff wichtiger ist als der, auf dessen Berg sie sich gerade befinden. Um dies herauszu- finden, berechnet der Agent den Wohlfahrtswert nach jedem Rohstoff, indem er sein aktuelles Guthaben auf dem Rohstoffkonto durch seinen Stoffwechsel teilt. Dadurch erhält er die Anzahl der Runden, welche er mit dem aktuellen Guthaben noch überleben kann. Nun teilt er den Wert für Spice (ω1) durch den Wert für Sugar (ω2) und erhält ω. Ist ω größer als 1, so ist Sugar für ihn der relativ wichtigere Rohstoff, ist ω aber kleiner als 1, so ist Spice relativ wichtiger.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.3.2 Wohlfahrtsfunktion

Nun muss die Strategie des Agenten in seine Bewegungsregel implementiert werden. Dazu erstellten Epstein und Axtell die Wohlfahrtsfunktion. Es handelt sich dabei im eine CobbDouglas-Nutzenfunktion, was bedeutet, dass sich die Exponenten zu eins addieren:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nun wird die Agenten-Bewegungsregel (M) so angepasst, dass der Agent nicht mehr an die Position wechselt, an der der meiste Sugar ist, sondern an die Position, an der die Wohlfahrtsfunktion maximal wird.

Agenten Bewegungsregel M:

- Schaue soweit, wie die Sichtweite es zulässt, in die vier möglichen Richtungen;

- Finde die naheste, freie Position, an der die Wohlfahrtsfunktion maximal wird;

- Gehe zu dieser neuen Position;

- Sammle den ganzen Rohstoff an dieser Position;

Wobei sich der bei dieser Regel zu benutzende Wohlstandswert inklusive dem zu sammelnden Ro hstoff an der neuen Position versteht. Der Agent schaut also bei der Berechnung seines Wohlfahrtswertes eine Runde in die Zukunft.

2.3.3 Interne Bewertung

Um Handel aber überhaupt zu ermöglichen, muss man zunächst feststellen, wer potentieller Käufer und wer Verkäufer ist. Zu diesem Zweck benutzten die Autoren die Grenzrate der Substitution (GRS). Sie gibt Aufschluss darüber, welchen relativen Wert Sugar im Vergleich zu Spice hat, d. h. wie viel Spice ein Agent für eine Einheit Sugar geben würde. Die GRS berechnet sich folgendermaßen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Richtung des Rohstoffaustauschs

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.3.4 Preisbildung

Nun, da man die Möglichkeit einer subjektiven Bewertung jedes Rohstoffes durch den Agenten hat, kann man sich die Bildung eines Preises mittels einer Preisbildungsfunktion vorstellen. Ein Beispiel dafür wäre das geometrische Mittel zwischen der GRS des Agenten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Preisfunktion ist: p Einheiten Spice für eine Einheit Sugar und umgekehrt. Die hier angesprochene Preisbildungsfunktion ist nur ein Beispiel und kann durch andere Funktionen ersetzt werden.

2.3.5 Handelsregel

Der Handel in der Sugarscape ist ein dezentralisierter Tauschhandel zwischen benachbarten Agenten. Die Autoren erhoffen sich durch die Einführung des Handels eine effizientere Nutzung der vorhandenen Ressourcen mit dem Ziel, die nach der Einführung des zweiten Rohstoffes gesunkene Agentena ufnahmefähigkeit wieder zu erhöhen. Aus diesem Gedanken entstand die Handelsregel:

Agenten-Handelsregel T:

- Beide Agenten berechnen ihre Grenzrate der Substitution (GRS), sind diese gleich, dann Ende;

- Preis, Menge und Richtung werden berechnet;

- Der Handel findet statt, wenn beide einen Vorteil davon haben und kein „cross over“ stattfindet;

- Beginne von vorne;

Mit „cross over“ ist gemeint, dass nach einem Handel der Verkäufer von Sugar zum Käufer wird und umgekehrt. In einer solchen Situation käme man in eine Endlosschleife, bei der das Sugarscape-Programm nicht mehr aus der Handelsregel aussteigen kann.

2.3.6 Optimalpreisbildung

Nachdem durch die Handelsregel die Mikroebene entstanden ist, kann man nun beobachten, wie sich die Makroebene entwickelt. Dazu betrachtet man alle Preisbildungen in der Sugarscape und wertet jede Runde in einer Grafik aus. Da gleich viel Sugar und Spice in die Sugarscape gegeben wurde und die Stoffwechselwerte in einem esten Interva ll mit gleicher Wahrscheinlichkeit verteilt werden, müsste sich der durchschnittliche Preis also bei ca. 1:1, also eine Einheit Spice für eine Einheit Sugar, einspielen.

2.3.7 Neoklassische Agenten

In der neoklassischen Ökonomie werden gewisse Annahmen wie unend liche Lebensdauer, feste Präferenzen und hohe Sichtweite getroffen, damit ein Gleichgewicht zwischen Menge und Preis entstehen kann. In der Sugarscape bildet sich bei diesen neoklassischen Annahmen zwar ein Gleichgewichtspreis, der dem der neoklassischen Theorie entspricht, es wird aber nicht die optimale Menge umgesetzt. Das globale Gleichgewicht zwischen Menge und Preis wird nicht erreicht, obwohl die Verteilung lokal optimal ist. Dies bedeutet, dass es die Agenten nicht schaffen, den kompletten Vorteil, den ihnen der Handel bietet, zu extrahieren. Der Grund dafür ist wohl, dass die Agenten permanent produzieren und konsumieren und sich dadurch das globale Optimum ständig verändert. Außerdem können sie nur mit ihren jeweiligen Nachbarn in Handelsbeziehungen treten. Es wären also weit mehr Agenten bereit zu dem Gleichgewichtspreis zu kaufen, allerdings wird ihnen dieser nicht oft genug angeboten, um alle zu befriedigen. Als weiterer Punkt ist zu nennen, dass die neoklassische Annahme der absoluten Markttransparenz in der Sugarscape mit der hohen Sichtweite nur bedingt durchgesetzt wurde und nur mit einer Sichtweite von 50 Zellen gegeben wäre. Da die Sugarscape sich aber an der Gesellschaft orientiert, wäre diese Annahme eine unnötige Abweichung vom Vorbild, und die Sugarscape erneut realitätsnäher als die Gleichgewichtstheorie.

Zu den positiven Effekten des Handels gehört vor allem die Steigerung der Agentenaufnahmefähigkeit der Sugarscape. Aber auch die Erhöhung der Wohlfahrt. Negativ sei anzumerken, dass durch Handel die soziale Ungleichheit in der Sugarscape a nsteigt.

2.3.8 Menschliche Agenten

Den Agenten werden nun „natürlichere“ Eigenschaften gegeben, indem man sie ste rben lässt und sich ihre Präferenzen gegenüber Sugar bzw. Spice verändern können. Dies erreicht man, indem man Kultur und sexuelle Reproduktion wieder einführt. Schnell wird ersichtlich, dass diese Eigenschaften gegenläufig zur Gleichgewichtsbildung stehen. Durch Veränderung der Präferenzen treten zyklische Preisschwankungen auf, und das Ersetzen der alten Agenten durch jüngere führt dazu, dass die Preisvarianz steigt. Dies ist wohl auf die unterschiedlichen Wohlfahrtswerte der jüngeren und älteren Agenten zurückzuführen. Man kann sich vorstellen, dass ein junger Agent mit einem zugeteilten Rohstoffkonto einen anderen Wohlfahrtswert hat, als ein alter Agent, der bereits sehr viel Sugar und Spice gesammelt hat. Der junge Agent ist wahrscheinlich bereit, viel höhere Preise zu zahlen als der alte Agent, dessen Rohstoffkonten prall gefüllt sind.

3 Diskussion

Das Sugarscape Programm wurde aber nicht nur von Axtell und Epstein benutzt, auch andere Autoren basieren ihre Forschungen darauf. So zum Beispiel die Autoren Felix Flentge, Daniel Polani und Thomas Uthmann (2001) in ihrer Arbeit über die Bedeutung und Entstehung von Besitz: „Modelling the Emergence of Possession Norms using Memes“. Allerdings gibt es auch immer wieder Autoren, die Kritik an der Sugarscape haben. Obwohl diese in der Minderheit sind und meist auch nur wenige Punkte kritisieren, will ich hier einige dieser Punkte am Beispiel eines Textes von Pietro Terna (2001) erlä utern.

3.1 Weitere Anwendung

In dem Text „Modelling the Emergence of Possession Norms using Memes“ haben die Agenten der Sugarscape die Möglichkeit, Zellen mit einer Markierung als Eigentum zu beanspruchen. Im Alltag hat sich aber herausgestellt - wie man zum Beispiel am KaschmirKonflikt sieht - dass es nicht ausreicht, etwas als sein Eigentum zu beanspruchen, sondern es muss auch von den anderen als besetzt respektiert werden. Dazu benötigt man Normen, die die Eigentumsansprüche regeln. Diese Normen wurden von den Autoren mit Hilfe der Sugarscape entwickelt und getestet.

3.1.1 Zellmarkierung

Damit die Zellen einem Agenten zugeschrieben werden, kann der Agent Zellen markieren. Diese Markierung macht sie jedoch noch nicht zu seinem Eigentum, denn nur wenn die anderen diese Zelle durch ihr Verhalten als besetzt anerkennen, kann man davon sprechen, dass sie Eigentum des Agenten ist.

3.1.2 Erweiterte Bewegungsregel

Um zu gewährleisten, dass fruchtbare Agenten weiter in Kontakt kommen, auch wenn sie das Eigentum eines anderen respektieren, wird die Bewegungsregel um eine Prüfung der eigenen Fruchtbarkeit und der Fruchtbarkeit der Nachbarschaft erweitert. Nur wenn beide Agenten fruchtbar sind , darf das Eigentum des anderen Agenten missachtet we rden.

3.1.3 Erweiterte Kulturregel

Die Kulturregel beinhaltet nun ein evolutionistisches Element. Es verändert nicht immer der in die Nachbarschaft kommende Agent die benachbarten Agenten, sondern es verändert der Agent mit mehr Sugar den Agenten mit weniger Sugar. Man kann also sagen, dass die Agenten von den erfolgreicheren lernen und damit ihre Meinungen übernehmen.

3.1.4 Normen und Meinungen

Nach den obigen Erweiterungen war es den Autoren möglich, Normen zur Anerkennung des Besitzes anderer in einer Gesellschaft entstehen zu lassen. Sie konnten zeigen, wie sich diese Normen auf die verschiedenen Agenten auswirken.

Jeder Agent hat eine Meinung zu Besitz und eine Meinung zu Sanktionen, welche sein Verhalten gegenüber markierten Zellen und anderen Agenten im Umgang mit markierten Zellen regeln. Akzeptiert ein Agent Eigentum, wird er nie von einer markierten Zelle Sugar sammeln, auf sie wechseln oder als eigene Zellen markieren. Hat ein Agent eine positive Meinung gegenüber Sanktionen, so wird allen seinen Nachbarn Sugar abgezogen, wenn sie Eigentum verletzen. Da eine Sanktion nicht ohne Eigenaufwand stattfindet, wird ihm, als Kosten für die Sanktion, ebenfalls ein geringer Betrag von seinem Rohstoffkonto abgezogen. Da die erweiterte Kulturregel den erfolgreicheren Agenten bevorzugt, werden sich auf Dauer nur die erfolgreichen Meinungen durchsetzen.

3.1.5 Ergebnis

Die Simulation zeigt, dass Normen einen positiven Einfluss auf das Leben in der Sugarsca- pe haben, da sie die Wahrscheinlichkeit des Überlebens einer Population, auch unter widrigen Bedingungen, erhöhen. Gerade die schwächeren Agenten, also die mit einem hohen Stoffwechselwert und einer niedrigen Sichtweite, können besser überleben. Allerdings sind die erfolgreicheren Agenten diejenigen, die den Besitz missachten, was zum Verschwinden der Besitznorm in den meisten Fällen führt. Für die Autoren der Sugarscape ist dieses Experiment von ganz anderer Bedeutung, denn es legt die Schlussfolgerung nahe, dass die von Epstein und Axtell immer wieder erwähnte Anpassungsfähigkeit der Sugarscape an andere Fragestellungen wirklich existiert. Felentge, Polani und Uthmann schreiben dazu in ihrem Aufsatz: „Als Basis für unser Modell benutzten wir das Sugarscape- Modell von Epstein und Axtell, da dieses durch seine Einfachheit ohne weiteres für unser Ziel erweitert werden konnte“1.

3.2 Probleme

Aber auch die Sugarscape hat nicht nur positive Kritiken. Einige Wissenschaftler beschreiben in ihren Texten einige Probleme, die sie meinen, im Sugarscape-Programm und am Ansatz der Sugarscape gefunden zu haben.

3.2.1 Rückführbarkeit

Einige der Wissenschaftler, darunter auch Pietro Terna , bemängeln die fehlende Rückführbarkeit der Ergebnisse auf die Regeln. So schreibt Terna: „Diese ganze Arbeit kann nicht durch einen Umkehrschluss bestätigt werden (z.B. aus einem bestehenden Ergebnis die Agenten-Strukturen und Regeln ableiten, die dies hervorbringen), was in der Tat im Moment unmöglich ist und wahrscheinlich immer bleiben wird“2. Der hier geforderte Umkehrschluss kann von der Sugarscape tatsächlich noch nicht geleistet werden; ob dies allerdings ein wirklich ausschlaggebendes Kriterium für eine gute Simulation ist, und ob dies immer so bleiben wird, ist zumindest fraglich. Die Autoren der Sugarscape sahen dies nicht so, denn sie waren sich bewusst, dass ihre Simulation sehr komplexe Zusammenhänge als Ergebnis haben würde und deshalb wohl kaum rückgeführt werden kann.

Lässt man ein solches Kriterium also gelten, würden soziale Simulationen wie die Sugarscape nicht mehr gemacht werden können, da ab einer gewissen Komplexität die Rückführbarkeit der Ergebnisse doch zumindest unwahrscheinlich wird.

3.2.2 Dokumentation

Ein weit verbreitetes Argument gegen Simulationen und Modellierungen, man habe nicht ausreichend dokumentiert, wird auch der Sugarscape vorgehalten. Pietro Terna zitiert in seinem Kommentar zur Sugarscape einen anonymen Kritiker, der bemängelt, dass die Autoren es versäumt hätten, zu erwähnen, wie viele Kombinationen sie versucht hätten, bis sie letztendlich zu vernünftigen Ergebnissen gekommen seien. Dieser Vorwurf ist zu großen Teilen berechtigt, denn tatsächlich ist eine solche Information im Buch nicht enthalten. Aber nicht nur das, es fehlen auch noch weitere wichtige Informationen, bei denen sich die Sekundärliteratur auch teilweise widerspricht, z. B. wird nicht gesagt, wann ein Agent seinen Sugar konsumiert. Während im Buchtext3 geschrieben steht, dass er nur bei Bewegung, also bei einem Ortswechsel, Sugar verbraucht, interpretieren es die Autoren der StarLogo Version der Sugarscape so, dass er für jede Runde Sugar in Höhe seines Stoffwechselwertes konsumiert. Tatsächlich denke ich, dass die Annahme der Autoren der StarLogo Version richtig ist, da sonst die Agenten in den Regionen ohne Sugar unendlich lange überleben könnten, wenn sie sich einfach nicht bewegen.

3.2.3 Komplexität

Ein weiterer Kritikpunkt an der Sugarscape ist die starke Komplexität. Es wird oft davon ausgegangen, dass einfache Simulationen den Vorteil haben, weniger fehleranfällig zu sein. Pietro Terna vertritt die Auffassung , dass die Durchführbarkeit eines Umkehrschlusses ein Zeichen für die Einfachheit einer Simulation ist. Allerdings beteuern die Autoren der Sugarscape Epstein und Axtell immer wieder, dass ihre Simulation auf sehr einfachen Grundannahmen basiert und lediglich die Ergebnisse komplex sind. Fraglich ist hier auch, ob nicht eine Simulation, bei der man den Umkehrschluss machen kann, so einfach ist, dass man sie sich auch denken kann, und somit gar keine Simulation benötigt wird.

3.3 Diskussion

Künstliche Gesellschaften haben nicht zum Ziel, die wirkliche Gesellschaft in ihrer realen Form darzustellen. Allerdings sollten sie doch versuchen, deren Phänomene möglichst genau darzustellen. Dabei muss der nicht immer einfache Spagat zwischen Komplexität und Einfachheit gelingen. Denn umso komplexer die zu erklärenden Phänomene sind, desto schwieriger wird es, die Simulationen einfach zu halten.

3.3.1 Generativ

Epstein und Axtell war es von Anfang an klar, dass ihre Simulation einen neuen Weg wissenschaftlichen Arbeitens darstellt, denn „Auf jeden Fall scheinen die Agentenbasierten Simulationen weder deduktiv noch induktiv im normalen Sinne zu sein. Aber was sind sie dann? Wir denken generativ ist ein passender Begriff […]. Denn wir betrachten eine gegebene Makrostruktur, erklärt durch eine gegebene Mikrospezifikation“4. Mit dieser Meinung stehen Axtell und Epstein nicht alleine da, auch Axelrod (1997) sah in Simulationen einen dritten Forschungsweg.

3.3.2 Künstliche Gesellschaften

Künstliche Gesellschaften und Simulationen, wie zum Beispiel die Sugarscape, wollen nicht den realen Sachverhalt darstellen. Sie wollen uns helfen, mit unserer Intuition Zusammen- hänge zwischen komplexen Verhältnissen zu erkennen. Durch die Logik der Computer haben wir die Möglichkeit, trotz einfachster Annahmen komplexe Ergebnisse und Erklärungen zu bekommen, die man dann demoskopisch überprüfen kann. Den Wissen- schaftlern helfen die Modelle, teure Großflächenversuche zu vermeiden und trotzdem das gewünschte Resultat zu erhalten. Dennoch ist der ständige Vergleich mit der Realität ein wichtiges Mittel, um eine Simulation möglichst nah an der realen Fragestellung zu ha lten. Dabei ist es nicht so wichtig wie groß eine Simulation ist, sondern eher wie transparent sie bleibt. Den Autoren der Sugarscape ist es meiner Ansicht nach gelungen, trotz der enormen Vielfalt äußerst transparent in der Gestaltung der Sugarscape zu bleiben. Axtell und Epstein beschränken sich bei jeder Regel auf das absolute Minimum, was dazu führt, dass immer klar ist, welche Regeln gerade aktiv sind. Dies wird durch die modulare Bauweise der Sugarscape unterstützt, welche zu dem Grundprogramm nur wenige Regeln benötigt, um ein brauchbares Ergebnis zu liefern. Zudem vermeiden sie mit diesem System Verwirrun- gen, da zu jeder Zeit klar ist, welche Regeln sich gegenseitig beeinflussen. Auch wenn die Ergebnisse und Annahmen immer komplexer werden, so wird diese Komplexität nicht durch eine Verkomplizierung des Sugarscape-Programms erreicht, sondern entsteht durch mehrere Simulationen, die im Laufe des Buches weitgehend unabhängig voneinander durchgeführt werden. Man darf also nicht der Sugarscape unrecht tun, indem man sie als eine zu komplexe Simulation abtut, sondern man muss beachten, dass es sich bei der Sugarscape um viele kleine und wenig komplexe Simulationen handelt, die dann als Ganzes ein komplexes Ergebnis liefern.

3.3.3 Fazit

Die Sugarscape hat nicht nur gezeigt das man mit einfachen Annahmen von Grund auf komplexe Szenarien aufbauen kann, sie hat auch gezeigt, dass man mit Simulationen Sachverhalte deutlich machen kann, die bisher der Gleichgewichts-Theorie vorbehalten waren. Die Möglichkeiten, die das „Computerrarium“ Sugarscape uns bietet, sind noch lange nicht ausgeschöpft und man kann sich noch viele Gebiete vorstellen, in denen die Anwendung der Sugarscape Ergebnisse erzielen kann. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass der Weg, den Axtell und Epstein mit der Sugarscape eingeschlagen haben, als ein Schritt in die richtige Richtung, nämlich hin zu Simulationen, die wirkliche gesellschaftliche Probleme lösen und dabei vor Komplexität nicht zurück schrecken, gewe rtet werden kann.

4 Referenzen

AXELROD R (1997) Advancing the Art of Simulation in the Social Science, In Conte R, Hegselmann R und Terna P (eds.) Simulating Social Phe nomena. Berlin: Springer.

EPSTEIN J M und AXTELL R (1996) Growing Artificial Societies: Social Science from the Bottom Up. Cambridge, MA: MIT Press.

FLENTGE F, POLANI D und UTHMANN T (2001), Modelling the Emergence of Possession. Norms using Memes, Journal of Artificial Societies and Social Simulation vol. 4, no. 4, http://www.soc.surrey.ac.uk/JASSS/4/4/3.html

TERNA P (2001) Creating Artificial Worlds: A Note on Sugarscape and Two Comments. Journal of Artificial Societies and Social Simulation vol. 4, no. 2,

http://www.soc.surrey.ac.uk/JASSS/4/4/3.html

Online Ressourcen

Sugarscape Programme auf http://georg-freund.de/modellierung/sugarscape/

- FLENTGE F (1999) Agentenbasierte Simulation zur E ntstehung von Eigentumsno rmen

- MINAR N (2000) SWARM Sugarscape

- StarLogo Sugarscape

Georg Freund Seite 17 von 17 2002

[...]


1FLENTGE F, POLANI D und UTHMANN T (2001), Modelling the Emergence of Possession Norms using Memes,Journal of Artificial Societies and Social Simulationvol. 4, no. 4

2 TERNA P (2001), Modelling the Emergence of Possession Norms using Memes, Journal of ArtificialSocieties and Social Simulationvol. 4, no. 4

Georg Freund Seite 14 von 17 2002

3„Jedesmal wenn sich ein Agent bewegt, verbrennt er etwas Sugar - eine Menge gleich der Höhe seines Stoffwechselwertes.” vergleiche EPSTEIN J M, AXTELL R (1996), Seite 6 (Life and Death on the Sugarscape)

Georg Freund Seite 15 von 17 2002

4EPSTEIN J M und AXTELL R (1996) Growing Artificial Societies: Social Science from the Bottom Up. Cam bridge, MA: MIT-Press Georg Freund Seite 16 von 17 2002

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Sugarscape. Können gesellschaftliche Phänomene erkannt und erklärt werden?
Hochschule
Universität Bayreuth
Veranstaltung
Modellierung und Simulation sozialer Dynamiken
Note
1.0
Autor
Jahr
2002
Seiten
17
Katalognummer
V107593
ISBN (eBook)
9783640058488
Dateigröße
430 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Hausarbeit handelt von der Sozialen Simulation Sugarscape. Der Kommentar meines Profs: Eine sehr gute Arbeit für alle die sich in das Thema einarbeiten wollen.
Schlagworte
Sugarscape, Modellierung, Simulation, Dynamiken
Arbeit zitieren
Georg Freund (Autor:in), 2002, Sugarscape. Können gesellschaftliche Phänomene erkannt und erklärt werden?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107593

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