Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf


Hausarbeit, 2001

34 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung: Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf

2. Das Programms „Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf“
2.1 Welche Gebiete werden in das Programm aufgenommen?

3. Der soziale Sektor im Wandel: Das Handlungsprogramm ein neuer Ansatz?

4. Das Verhältnis zwischen Kommunalpolitik, örtlichem Engagement und Stadtteilbewohnern
4.1 Die Sozialstruktur Duisburgs: Die Teilung der Stadt korrespondiert mit der Verteilung von Lebenslagen im Duisburger Stadtgebiet?

5. Neuorganisation der „sozialen“ Akteure im Handlungsprogramm: Ein programmatischer Weg aus der Krise?
5.1 Das Beispiel Marxloh: Ein Duisburger Stadtteil im Handlungsprogramm
Tabelle 1: Implementationsstruktur in Duisburg-Marxloh
Stadtteilebene
5.2 „Mehrzielprojekte“ im Stadtteil Marxloh: Verknüpfung unterschiedlicher Handlungsfelder als der Königsweg aus der Krise?
5.3 Entwicklung der lokalen Wirtschaft in Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf

6. Schlußbemerkung
Wie immer schließt der Autor seine Arbeit mit einem Schlußwort. Das Thema der Arbeit lautet „Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf“. Ausgehend von den Kriterien zur Gebietsauswahl im zweiten Kapitel lag der Schwerpunkt der Arbeit in der Diskussion um die Frage, ob dieses Handlungsprogramm des Landes im Kontext der Reform des Sozialsektors, im Rahmen traditioneller kommunaler Sozialpolitik und Entwicklungspolitik umsetzbar ist oder in den Fängen hergebrachter Strukturen verläuft. Da mit tradiertem staatlichen Handeln die Situation nicht veränderbar zu sein scheint, sind neue Wege angebracht.

7. Literatur

1. Einleitung: Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf

Die vorliegende Arbeit trägt den Titel „Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf“ . Der Autor versucht mit dieser Arbeit, das gleichnamige Handlungsprogramm des Landes zu erläutern.

In sechs Kapiteln wird der Verfasser unterschiedliche Fragen und Ansichten über das Programm diskutieren. Nicht in der Arbeit behandelt wird das Bundesprogramm „Soziale Stadt“, auf das der Autor nur kurz verweist. Hinweise auf bekannte Quellen müssen in diesem Zusammenhang ausreichen, da eine tiefergehende Beschäftigung mit diesem Thema eine weitere Arbeit erfordern würde. Ebenso ausgeklammert wird der Themenkomplex Internationale Bauausstellung Emscher Park(IBA), welche zwar direkten Bezug zum Thema hat, aber eigentlich wiederum ein eigenes Thema wäre. Auch hier müssen Literaturhinweise ausreichen.

Nun bleibt natürlich die eine Frage zu beantworten: Was kann der Leser denn erwarten?

Nach der Einleitung stellt der Verfasser im zweiten Kapitel das Landesprogramm „Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf“ unter dem Gesichtspunkt der Gebietsauswahl vor. Ausgehend von dieser kurzen Beschreibung der Problemlagen in den jeweiligen Gebietstypen wird ersichtlich, warum das Land in Kooperation mit den Kommunen und nicht staatlichen Trägern bemüht ist, dieses Programm umzusetzen.

Im dritten Kapitel geht es um den Wandel des sozialen Sektors.

Das ressortübergreifende Handlungsprogramm stellt in vieler Hinsicht Sozialpolitik auf den Prüfstand. Der Sozialstaat vermag es nicht mehr, die sozialen Probleme in bestimmten Räumen unserer Städte zu lösen. Notwendig sind neue Formen der Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den Akteuren in der Kommune. Diese Entwicklung soll im dritten Kapitel in einem größeren Zusammenhang diskutiert werden. Im vierten Kapitel wird diese Diskussion weitergeführt. Aktivitäten im Rahmen des neuen Programms zielen auf eine Aktivierung und Motivation von kommunalen Akteuren aus Politik, Verbänden, Vereinen, Bürgerschaft und bei den Betroffenen. Diese forcierte Beteiligung bedarf neuer Modelle der Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Beteiligten. Wie aktiviere ich Bevölkerungsgruppen, denen in unserem Staat Außenseiterpositionen zugeschrieben werden? Wieviel Macht müssen staatliche Träger abgeben, damit Mitsprache auch ein Recht auf Beteiligung bedeutet?

Im Unterkapitel 4.1 geht der Autor auf die Sozialstruktur Duisburgs ein. Wie sieht die Duisburger Sozialstruktur in bezug auf ihre räumliche Verteilung eigentlich aus? Die soziale Situation wird in kurzen Zügen anhand einiger für die Arbeit wichtiger Indikatoren umrissen, welche bei der späteren beispielhaften Erläuterung des Stadtteils Duisburg Marxloh von Bedeutung sind. Darüber hinaus thematisiert der Autor die duisburger Sozialpolitik vor dem Hintergrund der geschilderten Zustände im Stadtgebiet. Der Autor wird hier an einigen Punkten auf widersprüchliches Verhalten in der duisburger Sozialverwaltung eingehen und damit auf den Sachverhalt verweisen, daß mit einem bloßen „Neu- Etikettieren“ von Sozialpolitik im Handlungsprogramm nicht tradierte systematische Handlungsweisen umgekrempelt werden.

In Kapitel 5 stellt der Autor neue Formen der Kooperation im Stadterneuerungsprozeß dar. Wie arbeiten öffentliche und private Akteure zusammen und wie läßt sich diese Zusammenarbeit effektiv gestalten? Anhand des Duisburger Stadtteils Marxlohs erläutert der Autor im Unterkapitel 5.1 diese Neuorganisation beispielhaft.

Das Unterkapitel 5.2 behandelt die Maßnahmen und Projekte im Stadtteil Marxloh. Mit „Mehrzielprojekten“ wird in der Praxis versucht, Handlungsfelder und Akteure im Stadterneuerungsprozess miteinander zu verknüpfen. Gleichzeitig sollen die geschaffenen Projekte eine nachhaltige Entwicklung haben. Der Autor versucht hier ein wenig Licht in diese Bemühungen zu geben.

Im Unterkapitel 5.3 wird die lokale Wirtschaft Marxlohs „unter die Lupe genommen“. Der wirtschaftliche Strukturwandel veränderte den Stadtteil enorm. Der Niedergang der Industrie verursachte viele weitere Folgeprobleme bei den Unternehmen im Stadtteil.

Der Wirtschaftsstandort Marxloh ist gefährdet. Der Stabilisierung und Unterstützung der lokalen Marxloher Ökonomie wird deshalb eine Schlüsselrolle zugewiesen. Die Stadt engagiert sich als Unternehmer und bietet Waren und Dienstleistungen durch Tochtergesellschaften an.

Wie glaubwürdig sind die sozialen Bemühungen des Landes und der Stadt Duisburg, wenn die Stadt gleichzeitig als Konkurrent der lokalen Wirtschaft auftritt?

Den Abschluß der Arbeit bildet die Schlußbemerkung. Hier formuliert der Autor ein kleines Fazit.

2. Das Programms „Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf“

2.1 Welche Gebiete werden in das Programm aufgenommen?

„Dieses Programm wurde für Stadtteile entwickelt, in denen die wirtschaftliche und die soziale, die städtebauliche, die infrastrukturelle und die ökologische Situation besonders angespannt ist. ...Ressortübergreifendes Herangehen, abgestimmter Einsatz von Fördermitteln, verbunden mit der Beteiligung und Aktivierung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger, das ist der Politikansatz, mit dem wir in Nordrhein-Westfalen strukturschwache Stadtteile unterstützen... . Das Programm trägt dazu bei, daß der Strukturwandel ohne die Brüche verläuft, die wir aus anderen europäischen Großstädten und Industriegebieten kennen“(Brusis, Ilse 1997, S.2).

Die Vorgängerin von Landesminister Vesper schrieb diese Sätze als Vorwort in einer Broschüre zum Handlungsprogramm der Landesregierung. Zwei Dinge sind bemerkenswert. Frau Brusis spricht von einem der ressortübergreifenden und bürgernahen Programms. Übergreifendes Handeln soll die Folgen und Entwicklungstendenzen auffangen, die sich durch den Strukturwandel negativ bemerkbar machen. Es gilt gesellschaftliche Brüche zu vermeiden und die Schreckgespenster anderer europäischer Großstädte zu verscheuchen, in denen Verslumung und Segregation schon Bestandteil im Stadtbild sind. Aber sind diese Schreckensbilder nicht jetzt schon Wirklichkeit in Stadtteilen wie Bruckhausen und Marxloh? So beschreibt Thomas Rommelspacher schon 1994 Marxloh als einen Duisburger Stadtteil mit „punktuellen Verslumungserscheinungen“ (Rommelspacher 1994, S.150).[1]

Wie schon Frau Brusis erwähnte zielt das Handlungsprogramm der Landesregierung auf Stadtteile, die durch den Strukturwandel von starken Problemen betroffen sind. Doch unterscheiden sich die betroffenen Gebiete hinsichtlich ihrer Struktur, Lage, Größe und Problemstruktur sehr stark(ILS 2000, S.15). Grob lassen sich zwei Gebietstypen unterscheiden: Beim ersten Typ handelt es sich um die Großwohnsiedlungen oder „Trabantenstädte“ der 60er - 70er Jahre, die sich am Rand der Kernstädte befinden. Der Gebietstyp der Großwohnsiedlung ist funktional monostrukturiert, d.h. es handelt sich hier um reine Wohngebiete(ILS 2000, S. 15)[2]. Für das Handlungsprogramm bedeutet dieser Sachverhalt eine entscheidende Projektausrichtung. Reine Wohngebiete bieten wenig Möglichkeit, nahe gelegene Arbeitsplätze zu schaffen(ILS 2000, S.15). Daneben sind es die begrenzten Freiflächen für Gewerbe, welche die Ansiedlung von Unternehmen erschweren. Dieser Gebietstyp macht 1/3 der geförderten Gebiete aus. Besonders „wohnungsbezogene und wohnumfeldbezogene Maßnahmen“ bilden hier Ansatzpunkte zur Verbesserung der Situation(ILS 2000, S. 15).

Die Mehrzahl der Gebiete, die in das Programm aufgenommen wurden, sind altindustrielle Gebiete. Sie sind ehemalige Standorte von Kohle, Stahl, Maschinenbau und Chemie und liegen nahe der Innenstadt oder entfernter vom Zentrum der Städte(besonders im Ruhrgebiet und der Rheinschiene). Sie weisen einen großen Anteil von Industrieflächen auf, d.h. die „Nachfolgenutzung“ dieser Flächen ist ein „Schwerpunkt“ in der Zukunftsgestaltung dieser Stadtteile.(ILS 2000, S. 15). Es sind „gewachsene ältere Stadtteile“, welche zumeist eine andere Sozialstruktur aufweisen wie die von hoher Fluktuation gekennzeichneten Großwohnsiedlungen. Diese Sozialstruktur ist in Hinblick auf die geplante Aktivierung der Bevölkerung bedeutend. Nachbarschaftliche Vereinigungen und gewachsene soziale Netzwerke im Stadtteil bieten gute Anknüpfungspunkte. Herrscht eine relative Anonymität durch hohe Bewohnerfluktuation, so resultieren daraus unterschiedliche Herangehensweisen zur Aktivierung der Bevölkerung(ILS 2000, S.16). Stadtteile in altindustriellen Gebieten sind zudem baulich „hochverdichtet“, was nicht zuletzt aus der engen, größtenteils gründerzeitlichen Bausubstanz mit Blockrandbebauung resultiert(MSKS 1997, S.6). Gemeinsamkeiten besitzen diese Gebietstypen[3] in ihrer einseitigen Sozialstruktur, ihren Umweltproblemen, ihren Gebäude- und Wohnungsdefiziten(Ausstattungsmängel) und dem Fehlen einer ausreichenden Menge von Arbeitsplätzen(MSKS 1997, S.6).

Die Abgrenzung des Fördergebietes gegenüber seinen Nachbargebieten gestaltet sich in der Praxis sehr schwer: Wie groß sollte das Gebiet sein? Wieviel Einwohner sind die Unter- bzw. Obergrenze ? Das ILS verfaßte im Jahr 2000 eine Untersuchung mit dem Titel „Analyse der Umsetzung des integrierten Handlungsprogramms für Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf“. Betont wird in dieser Studie, daß Probleme häufig nicht nur begrenzt in einem Stadtteil auftreten, sondern sich über Stadtteile erstrecken können(z.B. Umweltprobleme). Lösungen erfordern daher oft raumübergreifende Planung und Umsetzung.

Die Auswahl eines Fördergebietes verursacht sehr schnell Neid in anderen problematischen Stadtteilen, die ähnlich Schwierigkeiten haben, aber nicht mit Fördergeldern bedacht werden(ILS 2000, S.17). Die Auswahl dürfte demnach nicht nur unter harten Gesichtpunkten(Indikatoren) geschehen, sondern zudem politische Motivationen widerspiegeln. Wer politisch Druck ausüben kann, dürfte in diesem Fall häufiger in den Genuß von Fördergeldern kommen.

Wie lassen sich nun Fördergebiete eingrenzen?

Bei den betroffenen Stadtteilen handelt es sich immer um „siedlungsstrukturell klar abgegrenzte Gebiete“, die über „räumlich – funktionale Quartierszusammenhänge“ verfügen(ILS 2000, S.18). Die ideale Einwohnerzahl liegt nach ILS Angaben im Bereich von 5.000 bis 25.000. Diese Zahlen gibt das ILS als „Orientierungsgrößen“ an(ILS 2000, S. 18). Insbesondere unter dem Aspekt der Vernetzung von Betroffenen und Organisationen sollten diese Grenzen eingehalten werden. Da persönliche Beziehungen und Kenntnisse von Problemlagen mit der Größe des Gebiets und dem Anstieg der Einwohnerzahl sich immer schwieriger organisieren lassen, erscheint diese Abgrenzung als Richtwert relativ plausibel(ILS 2000, S. 16). Die oben genannten strukturellen und funktionalen Zusammenhänge dürften bei der Gebietsauswahl jedoch entscheidender sein.

3. Der soziale Sektor im Wandel: Das Handlungsprogramm ein neuer Ansatz?

Im Mai 1993 beschloß die Landesregierung das „Handlungsprogramm für Stadtteile mit besonderen Erneuerungsbedarf. Die Landesregierung reagierte damit auf eine sich seit den 80er Jahren verschärfende Situation. Der wirtschaftliche Strukturwandel in Deutschland, die zunehmende Wirtschafts- und Standortkonkurrenz, der Wandel der Industrieproduktion sowie die Entwicklung hin zur Dienstleistungsgesellschaft verändern die Lage in den Städten und Gemeinden, in den Orts- bzw. in den Stadtteilen. Neben räumlichen Nord-Süd und West-Ost Gefällen auf Bundesebene lassen sich auch auf kleinräumiger Ebene der Stadt markante Unterschiede in der Sozial- und Wirtschaftsstruktur feststellen. Begriffe wie „Polarisierung“ und „Segregation“ bezeichnen Strukturen, die anhand von deutlichen Indikatoren wie Bezug von Sozialhilfe, Wohngeld, Ausländeranteile usw. deutlich im Stadtraum auszumachen sind (ILS 1997, S.62). Diese Indikatoren dürfen natürlich nicht kausalistisch interpretiert werden. Aber ihre Häufung und Konzentration in bestimmten Gebieten innerhalb einer Stadt deuten auf gravierende negative Problemlagen hin.Der Begriff „Problemlage“ verweist in diesem Zusammenhang auf die Vielschichtigkeit derartiger Situationen, in denen sich die Betroffenen in ihren jeweiligen Wohngebieten befinden. Was kann der Leser darunter verstehen? Abbildung 1 beschreibt beispielhaft den Zerfallsprozeß von Stadtquartieren. Die erste Ursache wird in diesem Kreisdiagramm nicht explizit genannt. Krätke zeigt einen „Teufelskreises“ aus wirtschaftlichem Rückgang und daraus folgender hoher Arbeitslosigkeit. Dies führe zu Einkommens- bzw. Kaufkraftverlusten und verstärke damit einen weiteren wirtschaftlichen Rückgang der ortsansässigen Unternehmungen (Abwärtstrend). Der Abwärtstrend äußere sich im weiteren Verlauf durch den Zerfall der Bausubstanz und den Rückzug des Staates aus seinen zuvor gestellten öffentlichen Leistungen. Aufgrund der desolaten Situation wandere die qualifizierte Bevölkerung(Mittelschicht) ab und im Gebiet konzentriere sich immer mehr problematische Haushalte.

Die gesamtstädtische Entwicklung scheint in dieser Darstellung relativ unabhängig von diesen lokalen Prozessen.

Abbildung 1: Der zirkuläre und kumulative Degradationsprozeß „aufgegebener Stadtquartiere“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Krätke, Stefan 1995: Stadt- Raum- Ökonomie. Einführung in aktuelle Problemfelder der Stadtökonomie und Wirtschaftsgeographie. Stadtforschung aktuell Bd. 53. Basel, Boston, Berlin. S.186.

Das Handlungsprogramm des Landes für benachteiligte Stadtteile ist „ressortübergreifend“ (MSKS 1998, S. 1). Abbildung 1 zeigt die Vielschichtigkeit und Entwicklungszusammenhänge der Probleme in benachteiligten Stadtteilen. Nur in breit angelegten, neu strukturierten sozialen Programmen so scheint es, lassen sich diese Probleme bewältigen.

Doch woher stammt diese Erkenntnis, wohlfahrtsstaatliches Handeln und Sozialpolitik als übergreifenden Handlungsansatz zu verstehen?

Unsere staatliche Sozialpolitik ist verkürzt gesagt zergliedert in bestimmte Zweck- und Aufgabenbereiche. Diese Zergliederung erkennen wir an der Organisation und Benennung von Verwaltung und ihren spezifischen Formen politischer Steuerung. Alle diese Formen sind relativ „verrechtlicht“, d.h. klar definiert nach Mittel und Zweck.[4] Damit einher gehend sind Verwaltungen nur für klar definierte Aufgaben zuständig.[5]

Sind solche Strukturen und Organisationsformen immer noch ausreichend?

In Zeiten knapper Kassen, in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, in Zeiten stärkerer Diskussion um Mißbrauch und Effizienz von Sozialpolitik ist das Sinnen nach neuen Ansätzen groß.

Hinzu kommt die räumliche Polarisierung von Problemen und das „Scheitern“ klassischer Ansätze von Sozialpolitik, Stadtpolitik, Wirtschaftspolitik usw. in diesen Gebieten. Diese Mißerfolge fördern das Nachdenken über Alternativen. Daher lauten neuerdings die Fragen:

Wie lassen sich verschiedene Politikbereiche und Verwaltungsbereiche derart verknüpfen, daß Synergieeffekte entstehen? Welche Verknüpfungen ergeben passende Strategien für bestimmte Problemlagen?

Neben dieser angedachten und z.T. umgesetzten Neuorganisation staatlicher Politik und Verwaltung vollzieht sich ein weiterer Wandel im Sozialbereich. Dieser Wandel soll hier mit den Begriffen „Verlagerung und Übertragung“ staatlicher Aufgaben an verbandliche Organisationen z.B. Wohlfahrtsverbände beschrieben werden. Darüber hinaus gewinnt Selbstorganisation von Betroffenen als Ersatz und Kompensation fehlender und verfehlter staatlicher und wohlfahrtsstaatlicher Hilfen immer mehr an Gewicht(Hanesch 1996, S. 30). Soziale Dienstleistungen werden privatisiert und an den freien Markt abgegeben. Lebensrisiken des Alters fängt jeder zunehmend durch private Absicherungen auf, da Kranken- und Pflege- und Rentenversichungen diese Risiken nicht mehr voll durch ihren Leistungskatalog abdecken(Heinze u.a. 1999, S.164-213). Aber auch hier gilt es kritisch zu fragen:

Welcher Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger bestreitet schon private Absicherung vor Armut im Alter oder bei Arbeitsunfähigkeit.

Es gilt also festzuhalten, daß begleitend zu den Prozessen der Neuorganisation des sozialen Bereiches und unseres Staatswesens weitere Prozesse der Verlagerung und Aufgabenzuschreibung ablaufen, deren Folgen z.T. erst in zeitlicher Verzögerung die Betroffenen positiv oder negativ treffen werden.[6]

Das Handlungsprogramm des Landes umfaßt 28 Stadtteile in NRW. Die begrenzte Teilnehmerzahl weist auf den experimentellen Charakter[7] bzw. Modellcharakter des Programms hin. Die Erschließung neuer Potentiale zur Beseitigung, Milderung von Problemlagen und die Erhöhung von Zielgenauigkeit von Sozialpolitik gehen einher mit Sparzwang und Kürzung sozialer Leistungen. Inwieweit die Paarung von Neuorganisation auf kleinräumiger Ebene und Sparzwang auf großräumiger und lokaler Ebene Entwicklungstrends in benachteiligten Stadtteilen zu lenken vermag, bleibt aufgrund des relativen jungen Alters des Programms offen. Des weiteren liegen die Ursachen vieler Probleme wie z.B. für Arbeitslosigkeit nicht auf der lokalen Ebene(Bensch 1997, S.183).

Kann lokales Handeln trotzdem Erfolg haben?

Der lokalen Ebene kommt in diesen Prozessen des Sozialsektors als letzte Auffangstation eine Aufgabe zu, die angesichts leerer Kassen immer schwieriger zu bewältigen ist. Die Kommunalpolitik muß in dieser Situation Potentiale wecken. Die Aktivierung und Einbindung unterschiedlicher Gruppen (Vereine, Verbände, Bürger...) bietet hier die Möglichkeit, Verbesserungen in betroffenen Gebieten durch Zusammenarbeit zu erreichen. Die Gestaltung der Zusammenarbeit ist dabei Dreh- und Angelpunkt. Im folgenden Kapitel diskutiert der Autor das Verhältnis zwischen den unterschiedlichen Beteiligten.

4. Das Verhältnis zwischen Kommunalpolitik, örtlichem Engagement und Stadtteilbewohnern

Die schon angesprochene Verlagerung von Aufgaben, die der Staat nicht zu erfüllen vermag, verlangt als Grundvoraussetzung das Vorhandensein von tragenden Strukturen.

Benachteiligte Stadtteile verfügen über verschiedene aktive und zu aktivierende Potentiale in der Bürgerschaft. Vereine, Einzelhandel, Betroffene, Verbände usw. können eine solche Struktur für einen Stadtteil bilden(ILS 2000, S.32).

In der Kommunalpolitik ist die Bürgerbeteiligung schon länger elementarer Bestandteil. In der „kleinsten Form“ ist es die turnusmäßige Möglichkeiten der Bevölkerung durch die Wahl. Dieses Engagement ist relativ tradiert und bedarf zwar immer wieder der Motivierung und Aktivierung durch die jeweiligen Parteien und Interessengruppen, aber unterscheidet sich doch wesentlich von der klassischen Bürgerarbeit, wie sie in den Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf von Nöten ist(Alemann1997, S.57-60). In bezug auf die politische Beteiligung von Ausländern muß die Herkunft berücksichtigt werden. Kommunales Wahlrecht erhalten nur Bürger aus den EU-Ländern. Dies kann man sicherlich als Begründung nutzen, um die Beseitigung der schlechten Integration von Nicht EU-Bürgern aus seinem Verantwortungsbereich zu drängen. Wer kann schon Wahlgesetze und das Staatbürgerschaftsrecht ändern. Gesellschaftlich-politische Teilhabe in problematischen Gebieten und Stadtteilen ist aber wesentlicher Angelpunkt von Integration. In den Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf sind die Ausländeranteile sehr hoch. Gerade in einer solchen Situation kann Dialog nur auf der Basis gleicher Rechte und Pflichtengelingen. „Nur über eine umfassende Teilhabe aller Bürger am gesellschaftlichen Leben seien Konflikte zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu vermeiden oder einzudämmen“(Sattler 2001, S.5).

Die Aufgabe der Motivation der Stadtteilbevölkerung gewinnt an Bedeutung. Gleichzeitig bedeutet diese Aktivierung von Bevölkerung ein Aufeinandertreffen von unterschiedlichen Interessen und Machtpositionen mit unterschiedlichen Ressourcen(Geld, Sprache, Organisationsgrad, Religion usw.). Mitspracherechte und Machtabgabe sind hierbei eingebettet in einen breiten politischen Prozess. Werden Entscheidungen politisch getroffen und administrativ durch die Verwaltung umgesetzt, so finden sich rechtliche und transparente Strukturen, d.h. Legitimität. Die relativ offenen Entscheidungsprozesse in den Stadtteilen müssen demnach gut organisiert sein, um vergleichbare Legitimität zu erreichen. Die Entscheidungen fallen notwendigerweise auf breiter politischer Basis, da sie Akzeptanz bei den Betroffenen finden müssen, um Bestand zu haben. Dies ist ein schwieriger Prozeß.

Bevor der Autor jedoch ausführlicher auf Organisations- und Beteiligungsformen eingeht, gibt er einen kleinen Einblick in die Sozialstruktur und ihre Ausprägung im Raum der Stadt Duisburg.

Der Autor zieht diese spezielle einer allgemeinen Betrachtung vor, da er später thematisch den Stadtteil Marxloh aufgreift. Er setzt dieses Kapitel vor das fünfte Kapitel über die „Neuorganisation der „sozialen“ Akteure im Handlungsprogramm: Ein programmatischer Weg aus der Krise?“, um auf die notwendige Kenntnis der Sozialstruktur als Voraussetzung kommunalen Handelns zu verweisen. Hinzu kommt die Tatsache, daß die Problemlagen in bestimmten Duisburger Stadtteilen durchaus vergleichbar mit denen anderer Städte sind.

4.1 Die Sozialstruktur Duisburgs: Die Teilung der Stadt korrespondiert mit der Verteilung von Lebenslagen im Duisburger Stadtgebiet?

„Der Sozialstatus der Wohnbevölkerung weist innerhalb des Duisburger Stadtgebiets ein Süd-Nord- sowie ein weniger signifikantes Rand-Kern-Gefälle auf. In den meisten südlich der Ruhr gelegenen Stimmbezirken ist ein geringerer Anteil der Wohnbevölkerung als „sozial benachteiligt“ einzustufen als im Duisburger Norden. In den am westlichen und östlichen Stadtrand gelegenen Bezirken ist der Anteil wohlhabender Einwohner höher als in den weiterhin eher altindustriell geprägten rheinnahen Bezirken“ (N.U.R.E.C.-Institut 1999, S.25). Des weiteren muß noch erwähnt werden, daß die „nicht industriell“ geprägten Uferbereiche des Rheins im Süden und Norden relativ wohlhabende Bevölkerung aufweisen. Hochfeld als nahe dem Zentrum gelegener Stadtteil liegt dagegen unter dem Durchschnitt in bezug auf den Sozialstatus (N.U.R.E.C.-Institut 1999,S.25).

Die Studie des N.U.R.E.C.- Instituts aus dem Jahr 1999(Datensatz 1998) verweist auf die Unterschiede in den einzelnen Stadtteilen. Insbesondere die Bevölkerung in den nördlich der Ruhr gelegenen Altindustriegebieten ist stark von sozialen Problemen betroffen. Zu ähnlichen Resultaten kommt auch das Institut für Sozial- und Kulturforschung e.V. (ISK). In seinem „Sozialbericht über die Stadt Duisburg Zwischenbericht“ aus dem Jahr 1993 und dem gleichnamigen Endbericht von 1994 wurden der Stadtraum von Duisburg mit unterschiedlichen Indikatoren untersucht.

Trotz des Alters dieser Studie sind die geschilderten Sachverhalte weiterhin zutreffend. So weisen die westlichen Stadtbezirke Homberg-Ruhrort, Rheinhausen Bergheim, Rumeln-Kaldenhausen und im Süden Buchholz, Wedau, Rahm, Großenbaum, Mündelheim, Huckingen und Ungelsheim hohe Anteile an Eigentümern am Wohnungsbestand auf. Diese Gebiete decken sich ungefähr mit den Gebieten hoher Mieten(ISK 1993, S.99-101). Ausgenommen sind die dem Zentrum nahen Gebiete Dellviertel, Altstadt, Duissern und Neudorf, die sicher aufgrund ihrer Lage und Wirtschaftsstruktur anders zu beurteilen sind.

In den Stadtteilen Kaßlerfeld, Hochfeld, Hüttenheim, Wanheim, Hochemmerich(Rheinhausen) und nördlich der Ruhr(Marxloh, Bruckhausen,) konzentriert sich die ausländische Bevölkerung(ISK 1993, S.51). In diesen Gebieten sind die Mieten relativ niedrig und der Eigentümerbestände am Wohnungsbestand gering, was nicht zuletzt im Zusammenhang mit der dort tätigen(verschmutzenden) Industrie zu sehen ist. Zugleich sind diese Wohnungen im Stadtvergleich schlechter ausgestattet.(ISK 1993, S.110). Des weiteren befinden sich in diesen Gebieten die wenigsten Bürger mit Studienabschlüssen(ISK 1993, S.39). Diese Entwicklung ist typisch. Gut qualifizierte Bewohner kehren problematischen Stadtteilen den Rücken und siedeln sich in unbelasteten Stadtteilen an.[8] Der Wegzug gut qualifizierter Bürger verstärkt die Negativspirale in diesen Stadtteilen. Verlust an Kaufkraft und aktiver Bevölkerung sind nur zwei Aspekte in diesem Prozeß. Zugleich homogenisiert sich die Bevölkerung in bezug auf ihren Sozialstatus. Zurück bleiben sozial schwache Bürger, Bürger mit sozialen Defiziten, Arbeitslose, Ausländer(als auf dem Wohnungsmarkt benachteiligte Gruppe) und Sozialhilfeempfänger. Besonders die Gebiete nördlich der Ruhr weisen einen hohen Anteil von Sozialhilfeempfängern, Wohngeldempfängern und Arbeitslosen auf.[9]

Die sozialräumliche Teilung des Stadtgebietes entspräche demnach der Verteilung von Lebenschancen. In bestimmten Gebieten sammelt der gesunde Mittelstand Eigentum und erwirbt Bildungschancen, in den „problembehafteten“ Gebieten nördlich der Ruhr(und Hochfeld, Hüttenheim) verstärken sich die Probleme durch Wegzug der qualifizierten und Ankunft der benachteiligten Bevölkerung. Gibt es hierfür weitere Indikatoren?

Der Wohnungsmarkt dürfte ein weiteres Indiz für die räumliche Konzentration sozial Schwacher sein.

Die interessanten Daten über den Bestand von Sozialwohnungen in den einzelnen Duisburger Stadtteilen fehlen in den genannten Untersuchungen. Auch in den neueren Schriften des ILS (Nr. 123, 166) sowie im Wohnungsbericht der Stadt Duisburg aus dem Jahre 1998 fehlen diese Angaben. Der Bestand und die Verteilung von Sozialwohnungen im Stadtgebiet von Duisburg könnten weiteren Ausschluß über eine räumliche Konzentration von sozial schwachen Bevölkerungsteilen geben. Da die Zahl der Sozialwohnungen durch Rückführung des sozialen Wohnungsbau schrumpft, dürfte eine verschärfte Nachfrage nach günstigem Wohnraum zu räumlichen Konzentration sozial Schwacher führen(Stadt Duisburg Wohnbericht 1997, S.42-43). Diese Häufung hat natürlich Folgen, die bis in die einzelnen Häuserblocks hineinreichen können.[10] Zudem führt die Verknappung günstigen Wohnraums zu unverhältnismäßigen Folgen auf dem Wohnungsmarkt.

Gerade sozial schwache Personenkreise müssen Wohnraum in Stadtteilen annehmen, in denen Mieten „relativ“ günstig sind oder zu dessen Wohnungsmarkt dieser Personenkreis überhaupt Zugang hat. Doch der Schein günstiger Wohngebiete ist nicht zweifelsfrei und sollte die Rückführung staatlichen sozialen Wohnungsbaus nicht rechtfertigen. Ausstattung und Qualität der Wohnungen können sich nach Stadtteilen erheblich unterscheiden. „Relativ normale“ Mieten für miesen Wohnraum dürfen nicht als akzeptierte Lösung einer neuen Wohnungsfrage herhalten.[11] Die Segmentierung des Wohnungsmarktes dürfte die Entwicklung zur einseitigen Sozialstruktur in den Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf weiter verstärken.

Im Duisburger Stadtgebiet fallen anhand der genannten Verteilungen besonders der Duisburger Norden auf. Nicht zufällig stammen zwei der im Landesprogramm aufgenommenen Stadtteile aus diesem Gebiet. Aktuell hinzugekommen ist der Stadtteil Duisburg Hochfeld, welcher in einer ähnlichen Situation wie Marxloh und Bruckhausen steckt. Mit dem integrierten Handlungsprogramm für Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf versuchen Land und Stadt auf diese Entwicklung zu reagieren, bzw. mit dem Zepter der aktiven Gestaltung neue Entwicklungrichtungen zu weisen. Die Einbeziehung der Stadtteilbewohner wird aufgrund der Sozialstruktur nicht einfacher. Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger und die ausländische Bevölkerung gehören nicht überwiegend zu den klassischen Ehrenamtlern, die kontinuierlich Zeit aufbringen. Das klassische Ehrenamt in der Form der Bürgerarbeit zielt womöglich an diesen sozialen Gruppen vorbei und entspricht wohl weniger den „Ulrich Beckschen“ Vorstellungen. Auch wenn Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger viel Zeit haben, so nehmen sie doch relativ wenig ehrenamtliche Tätigkeiten auf.[12] Der Organisation des Stadtteilerneuerungsprozesses kommt aufgrund der beschrieben soziostrukturellen Rahmenbedingungen eine Schlüsselrolle zu. Klassische Top-Down Politik ist fehl am Platze. Die breite engagierte Mittelschicht fehlt in diesen Stadtteilen als Sprachrohr für ihre Anliegen und als Anknüpfungspunkt zur Aktivierung. Die Organisation des Prozesses bedarf somit einer gezielten Basisarbeit, neuer Formen der Zusammenarbeit zwischen verschieden Trägern und transparente Prozesse. Im folgenden Kapitel diskutiert der Autor die Organisation der Akteure, ihre Formen der Zusammenarbeit im Stadtteil. Es wird aufgezeigt, daß die bloße Schaffung neuer Gremien ohne eine Revision der Machtverteilung und Berücksichtigung der Sozialstruktur aussichtslos ist. Neue Kooperationsformen verlangen neue „Ideologien“.

5. Neuorganisation der „sozialen“ Akteure im Handlungsprogramm: Ein programmatischer Weg aus der Krise?

In diesem Kapitel erläutert der Autor die Zusammenarbeit der Akteure im Stadterneuerungsprozeß.

Auf welche Weise muß die Verwaltung, d.h. die öffentliche Hand beteiligt sein? Wie aktiviere ich die Bevölkerung zur Teilnahme an Prozessen, die ihren Stadtteil betreffen?

Sicherlich lassen sich keine Pauschallösungen postulieren, sondern es muß jeweils vor Ort auf gewachsene Strukturen und Traditionen geachtet werden(ISL 2000, S.46).

Als „ressortübergreifendes“ Handlungsprogramm gestaltet sollen in den jeweiligen Stadtteilen unterschiedliche nichtstaatliche Träger (Wohlfahrtsverbände, Privatwirtschaft usw.), Verwaltung und Bevölkerung miteinander kooperieren. Die Nennung dieser Teilnehmer deutet schon auf ein gewichtiges Problem hin.

Auf welchen Ebenen agieren diese Teilnehmer im Erneuerungsprozeß miteinander?

Es treffen im Prozeß der Stadterneuerung unterschiedlich hierarchisch organisierte Interessen und Interessenvertreter aufeinander, die über unterschiedliche Handlungszwänge, Kompetenzen und Erfahrungen mit fach- und trägerübergreifender Zusammenarbeit verfügen.[13] Somit stellt sich die Frage nach der Gestaltung solcher Prozesse und der Nutzung der vielseitigen Trägereigenschaften.

Die Rolle der öffentlichen Träger ist wie vermuten läßt der entscheidende Faktor beim Gelingen von Projekten. In 70% aller Projekte sind öffentliche Akteure beteiligt und koordinieren diese in Zusammenarbeit mit anderen Trägern(ILS 2000, S.30).

Das ILS schreibt aus diesem Grunde der öffentlichen Hand die stärkste Position und damit letztlich auch Verpflichtung zum handeln zu. „Der Erneuerungsprozess wird eindeutig von öffentlichen Akteuren und Projektträgern geprägt“(ILS 2000, S.30). Damit wird jedoch wenig über die Ausgestaltung und Organisation dieser Prozesse gesagt. Rommelspacher nennt die Neuorganisation staatlichen Verwaltungshandeln eine Antwort auf die Strukturkrise des Ruhrgebiets, durch welche eine Phase des „Experimentierens mit Instrumenten von Verwaltungshandeln“ einsetzte. Die Verwaltung sollte über gegebene Ressortgrenzen hinweg kooperieren und „örtliche Potentiale und Ressourcen“ einbinden(Rommelspacher 1995, S.150). Als Vorbild eines solchen übergreifenden Handlungsansatzes sieht Rommelspacher die Ende der 80er Jahre entstandene Diskussion um die Bedeutung und Entwicklung „weicher Standortfaktoren“. In dieser Diskussion um die Entwicklung solcher Potentiale wurden „Verfahrensinnovation“ entwickelt. Diese fanden Ausdruck in „flexiblen Arbeitsformen“(z.B. Kooperationen) von öffentlichen und privaten Organisationen(Rommelspacher 1995, S.150). Ressortübergreifendes Handeln und Kooperation zwischen verschiedenen Trägern hat also Vorläufer, d.h. das berühmte Rad mußte nicht zweimal erfunden werden.

Das ILS macht wie schon erwähnt als zentralen Akteur die öffentliche Verwaltung und Ämter aus. Entscheidend für das Gelingen von Zusammenarbeit sind die Kooperationsebenen, auf denen diese initiiert wird. Absprachen auf „Dezernatsebene“ erleichtern die Durchsetzung von Projektzusammenarbeit erheblich. Konkurrenz und Machtstreitigkeiten um Zuständigkeiten können durch solche Absprachen schon im Vorfeld vermieden werden(ILS 2000, S. 35). Dezernenten sind die direkten Stellvertreter des Stadtoberhauptes. Der Prozeß der Stadterneuerung erhält durch Absprachen auf dieser Ebene die notwendige „politische Rückendeckung“(MSKS 1998, S.7).

Die Durch- und Umsetzung von Projekten erfolgt nicht nur in den oberen Zirkeln von Verwaltung und Politik, sondern sie bedarf bestimmter Voraussetzungen vor Ort. Um die Zielgenauigkeit eines Projektes zu erhöhen, müssen Akteure Informationen besitzen und austauschen. Die Aktivierung von Betroffenen und Aktiven im Problemgebiet scheint daher die naheliegende Lösung zum Abbau dieses Informationsdefizits zu sein. Denn wer kennt die Zustände besser als die Menschen, welche tagtäglich mit ihnen arbeiten und leben(MSKS 1998, S.6-7)? Das Problem sind wie so oft die fehlende Bereitschaft, vorhandene Ängste und Sprachprobleme (es gibt sicherlich noch eine Vielzahl weiterer Gründe, die zu Hemmungen führen) bei den Betroffenen. Hierbei spielt sicherlich die Bereitschaft von Verwaltung und Politik zur Kooperation mit den Betroffenen eine entscheidende Rolle. Das ILS nennt vier gravierende Schwierigkeiten bei der Beteiligung von Bürgern. Der zeitliche Abstand zwischen Planung und Durchführung von Maßnahmen, die hohe Bevölkerungsfluktuation, Sprachprobleme durch hohe Ausländeranteile und die fehlende Kontinuität des staatlichen Engagements in den Stadtteilen führen zu einem Verlust von Bereitschaft zur Mitarbeit(ILS 2000, S.48). Der sichtbaren erfolgsorienterten Ausgestaltung und Organisation von Projekten im Stadtteil kommt damit eine Schlüsselrolle zu.

Die Aktivierung sozial benachteiligter Gruppen ist sehr problematisch. Wie schon erwähnt häufen sich in diesen Milieus „soziale Defizite“. Statistische Zusammenhänge zwischen staatlichen Hilfen(Sozialhilfe, Wohngeld) und geringer Wahlbeteiligung(ISK 1994, S.34) lassen vermuten, daß fehlendes politisches „Mindes-Engagement“ auch fehlende Bereitschaft zur Mitarbeit im eigenen Stadtteil und Wohngebiet bedeuten.

Wie resigniert ist die Bevölkerung in den Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf? Muß hier die Bevölkerung erneuert werden?

Die Bereitschaft der Verwaltung zu Mitarbeit und Mitsprache bedeutet in dieser Hinsicht eine Neuausrichtung des Verhältnisses Empfänger und Spender von Sozialleistung. In den Kategorien „Geber und Nehmende“ und „Macht und Ohnmacht“ lassen sich kooperative Strukturen mit Betroffenen schwerlich aufbauen. Das ISK spricht in seiner 1994 erschienen Studie „Sozialbericht über die Stadt Duisburg. Endbericht“ über die Sozialpolitik der Verwaltung in Duisburg ein harsches Urteil, was nicht zuletzt zum Ausstieg der Stadt aus der Förderung (und Mitarbeit) dieser Studie führte. So spricht das ISK von „Verschärfungen sozialer Benachteiligung durch die kommunale Sozialverwaltung“(ISK 1994, S.16). Dazu kommt die Feststellung, daß dieses Ergebnis systematisch erzeugt wird.

„Der ausgrenzenden Wahrnehmung sozialer Probleme durch die Sozial- und Jugendverwaltung entspricht eine spezifische Art und Weise, in der die Sozial- und Jugendverwaltung soziale Probleme aufnimmt und bearbeitet“(ISK 1994, S.17).

In den betroffenen Stadtteilen häufen sich die sozialen Probleme und die Sozialverwaltung benachteiligt systematisch sozial Schwache, die besonders häufig in diesen Stadtteilen wohnen. Hat die Stadt Duisburg ihre erneuerungsbedürftigen Stadtteile und ihre Bewohner abgeschrieben? Wird hier Stadterneuerung zur Kosmetik, indem man einige Fassaden neu streicht und die Probleme mit ihren Bewohnern dort verstummen läßt oder fehlen die geeigneten Konzepte?

Natürlich sind derartige Fragen überspitzt formuliert und treffen sicherlich nicht auf das gesamte Bemühen der Stadt Duisburg in den betroffenen Stadtteilen zu. Trotzdem tradiert jede Institution gewisse Verhaltensweisen, Methoden und Denkmuster, welche sich nicht immer mit den Grundsätzen (Grundrechten) unseres Sozialstaates decken. Die Kooperation verschiedener Institutionen mit sozialen Trägern und die Aktivierung von Betroffenen im Stadtteil verlangen eine Teilung von Macht. Mitsprache und Information von Mitstreitern müssen Bestandteil partnerschaftlicher Zusammenarbeit sein. In diesem Sinne müssen Traditionen überdacht und wenn nötig aufgegeben werden.

Die Aktivierung und Zusammenarbeit mit Betroffenen ist aufgrund der schon genannten Probleme schwierig, aber nicht unmöglich. Die Voraussetzung in den Stadtteilen und Wohngebieten ist sehr heterogen, was eine vielseitige Ausgestaltung der Maßnahmen erfordert. In den betroffenen Gebieten konzentrieren sich sozial Schwache und Benachteiligte(MSKS 1997, S.12). Gleichzeitig handelt es sich bei diesen Personengruppen häufig um „artikulationschwache Bevölkerungsgruppen“, welche ganz spezifische Formen der Aktivierung brauchen. „Niederschwellige Angebote“ können den Einstieg zur Mitarbeit erleichtern und verringern Vorbehalte und Ängste gegenüber den professionellen Akteuren(ISL 2000, S.46). Insbesondere drei Formen der Bewohnerbeteiligung haben sich herausgebildet.

1. Bewohner können „projekt- und themenspezifisch“ zur Mitarbeit aktiviert werden, wobei hierbei besonders die zeitliche Spanne zwischen Planung und Realisierung frustrierend wirken kann.

2. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, „zielgruppenspezifisch“ Bewohner eines Stadtteils oder Wohngebiets anzusprechen. Kleinere Wohnumfeldverbesserungen, Beteiligung türkischer Mütter an bestimmten(abgestimmten) Aufgaben usw. ; hier könnten sich bestimmte Gruppen in eine Gesamtentwicklung einbringen, ohne sich mit einer Gesamtaufgabe zu überfordern. Problematisch ist bei dieser Vorgehensweise die hohe Bevölkerungsfluktuation in diesen Gebieten, wodurch eine kontinuierliche Arbeit erschwert wird.

3. Eine weitere Möglichkeit der Beteiligung kann räumlich abgegrenzt die Bewohner eines Stadtteils oder Quartiers einbeziehen. Hier bieten sich z.B. Stadtteilkonferenzen als Treffpunkt und Ausgangspunkt zur Aktivierung an(ISL 2000, S.47).

Der Duisburger Stadtteil Marxloh wurde ins Programm „Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf“ aufgenommen. Im folgendem Kapitel sollen daher die hier aufgeworfenen Fragen beispielhaft an diesem Stadtteil erläutert werden.

Welche Träger sind im Stadtteil aktiv und wie entwickelte sich die Zusammenarbeit zwischen den Teilnehmern und verschiedenen Personengruppen?

5.1 Das Beispiel Marxloh: Ein Duisburger Stadtteil im Handlungsprogramm

Der Duisburger Stadtteil Marxloh soll in dieser Arbeit beispielhaft dargestellt werden. Organisatorisch ist der Stadtteil sehr eng mit den beiden anderen im Programm aufgenommen Stadtteilen Bruckhausen und Hochfeld verknüpft, hält doch mittlerweile die EG DU als übergreifende Entwicklungsgesellschaft die planerischen Fäden aller am Programm beteiligten Duisburger Stadtteile zusammen(EG DU 1999 Vorwort). Duisburg- Marxloh liegt im Norden Duisburgs und gehört seit 1929 zum Stadtgebiet. Die gewerblich –industrielle Nutzung in seiner Umgebung prägt den Stadtteil bis heute.(MSKS 1998, S.25). Daneben sind die dichte Bebauung, die einseitige Sozialstruktur, ein hoher Ausländeranteil und ein großer Anteil von Haushalten, die heute von staatlichen Tranfereinkommen leben typische Merkmale. Vor dem Hintergrund des Strukturwandels sank die Zahl der Arbeitsplätze dramatisch. Gleichzeitig stieg die Arbeitslosigkeit an. Diese Faktoren führen in wechselseitiger Verstärkung zu einen problematischen Prozeß der Abkopplung und Abspaltung von den „wohlhabenderen Stadtteilen“ in Duisburg. Die breite Verarmung und „Verslumung“(Rommelspacher 1994, S.150), der Verfall der Bausubstanz, die subjektiv gestiegene Wahrnehmung von Kriminalität, Arbeitslosigkeit usw. verursachten in den vergangenen Jahren das schlechte Image Marxlohs als „sozialen Brennpunkt“. Wer kann, zieht aus diesen Stadtteilen weg und versucht sein Glück an Orten, die bessere Chancen in puncto Arbeitsmarkt, Ausbildung und Lebensqualität bieten(Rommelspacher u.a. 1998, S.43). Mit diesem Wegzug von „qualifizierten Personen“ dreht sich die Abwärtsspirale noch schneller.

Mit dem integrierten Handlungsprogramm versuchen Land und Stadt diesen Prozeß zu stoppen. Schon 1985 begann mit der Umsetzung des „Stadterneuerungsprogramms Marxloh“ das Bemühen um Stabilisierung. Mit dem 1991 verabschiedeten Programm Duisburg 2000 und dem 1993 folgenden „Modell für ein ressortübergreifendes Handeln zur Verbesserung der Wohn- und Arbeitssituation in Marxloh“ wurden erste Schritte unternommen(MSKS 1998, S.25). Verschiedene Träger bildeten sich im Stadtteil. Das Stadtteilprojekt Marxloh arbeitet als „Beschäftigungs- und Qualifizierungsträger“. Die Entwicklungsgesellschaft Duisburg- Marxloh(EGM) ist eine städtische Tochtergesellschaft. Die EGM ist als „Sanierungsträger“ für städtebauliche Erneuerung, Umweltbelastung und Wirtschaftsförderung tätig (N.U.R.E.C. 1999, S.69). Stadtteilprojekt und EGM entwickelten 1994 in Zusammenarbeit mit der Stadt das „Projekt Marxloh“ als verknüpfenden ressortübergreifenden Ansatz. Das „Projekt Marxloh“ wurde 1994 als umsetzendes Gremium für das Landesprogramm vom Stadtrat verabschiedet. Die Aufnahme in das Landesprogramm erfolgte dagegen schon 1993(ILS 2000, S.150). In der EG DU faßte der Rat der Stadt Duisburg 1998 die Koordination der Aktivitäten im Stadtteil Marxloh zusammen. Darüber hinaus gliederte der Rat die Träger in Hochfeld sowie in Bruckhausen der EG DU ein, d.h. die EG DU wurde als Rechtsnachfolgerin von EGM und EGB(Bruckhausen) gegründet. Die EG DU kooperiert mit der GfB(Gesellschaft für Beschäftigung mbH)(N.U.R.E.C.1999, S.69). Im Jahre 1995 wird Marxloh in des europäische Förderprogramm URBAN aufgenommen. Das Programm URBAN ist eine Gemeinschaftsinitiative und Teil der Strukturpolitik der EU(N.U.R.E.C. 1999, S.70). „URBAN hilft bei der wirtschaftlichen, kulturellen, ökologischen und sozialen Wiederbelebung problematischer Stadtviertel“(Presse- und Informationsdienst der Bundesregierung(Hrsg.) 2000, S.160). Die Mittel für die Umsetzung des Programms stammen aus einer Mischfinanzierung von EU, dem Land NRW und der Stadt Duisburg (N.U.R.E.C. 1999, S.70). Daneben wurden im Rahmen der Internationalen Bauausstellung(IBA) Projekte im Stadtteil unterstützt.[14] Diese kurze Auflistung beweist eine Sache sehr gut. Erneuerungsprozesse im Stadtteil sind immer auch Gründungsprozesse und sie sind anfangs sehr unübersichtlich!

Tabelle 1 zeigt die Implementationsstruktur verschiedener Organisationen in Duisburg Marxloh. Auffallend ist zunächst der kleine Kreis von Personen, die den Erneuerungsprozeß steuern. Sie kommen hauptsächlich aus der höheren Ebene der Stadtverwaltung und Stadtpolitik. Der Vertreter des Stadtteilausschusses kann, muß aber nicht der Ortspolitik entstammen. Erst auf der unteren Ebene des Stadtteilausschusses können sich also „Bewohnervertreter“ wiederfinden. Die Stadtteilkonferenz ist das Gremium, in welchem sich Einrichtungen, Institutionen und Bewohner treffen sich und kommunizieren. Die weiter unten aufgeführten Organisationen sind Interessenorganisationen der lokalen Wirtschaft, der Institutionen/Einrichtungen und berufene Arbeitskreise. Rommelspacher charakterisiert 1995 diese Struktur als eine „modifizierte Top-Down-Strategie“ und verweist darauf, daß die Stadt in dieser Organisation der Kräfte „die Herrschaft über das Verfahren dezidiert in der Hand behält“(Rommelspacher 1995, S.151). Letztlich resultiert daraus eine Begünstigung von Gruppen, die der Stadt und Verwaltung nahestehen. Dieses Defizit versucht die EG DU nun(neuerdings) auszugleichen. Die „Weiterentwicklung der in den betroffenen Ortsteilen vorhandenen Beteiligungsstrukturen“ soll durch die Einrichtung der schon oben genannten Stadtteilausschüsse (vgl. Tab. 1) gewährleistet sein, da in ihnen neben Vertretern der Ortspolitik auch Vertreter aus den Ortsteilforen(z.B. Runde Tische) sitzen. Diese Bürgerbeteiligung soll institutionalisiert die Transparenz des Erneuerungsprozesses und dessen Maßnahmen sichern(Stadt Duisburg (Hrsg.)2000, S.126).

Bieten sich hier die erforderlichen Mitwirkungsmöglichkeiten der Bewohner an? Aufgrund der sozialen Situation in diesen Stadtteilen scheint diese Vorgehensweise ergänzungsbedürftig. Besonders artikulationsschwache Bevölkerungsteile dürften in institutionalisierten Beteiligungsformen weniger zurecht kommen als organisierte Interessengruppen.

Tabelle 1: Implementationsstruktur in Duisburg-Marxloh

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: ILS (Hrsg.) 2000: Analyse der Umsetzung des integrierten Handlungsprogramms für Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf. Dortmund. S. 152(verändert).

Aus diesem Grunde kommt den Einrichtungen auf der lokalen Ebene eine Schlüsselfunktion bei der Vermittlung des Erneuerungsprozesses zu.

Die Einbindung organisierter Interessen (Wohlfahrtsverbände, Vereine, Wirtschaftsverbände, usw.) in Organsiationsformen gelingt. Immer noch gestalten überwiegend die Stadtverwaltung und Stadtpolitiker durch ihre strukturellen, finanziellen und personellen Ressourcen den Erneuerungsprozeß, aber im untergeordneten Gremium der Stadtteilkonferenz wird direkter Einfluß sichtbar. Da informelle Kontakte zwischen untergeordneten Einrichtungen der Verwaltung wie das Bürgerbüro und der Wohnbevölkerung nicht explizit aufgeführt werden können, darf man hier eine indirekte Einflußnahme voraussetzen. Die Untersuchungen über Wünsche, Meinungsbilder, Erfahrungen der Bewohner durch Institute( N.U.R.E.C., ILS) und Wissenschaft nehmen ebenfalls Einfluß auf den Erneuerungsprozeß. Durch diese erhalten die Akteure und die Öffentlichkeit relativ objektive Informationen über die Lage im Stadtteil. Diese Informationen können nicht so einfach übergangen werden.

Die Veränderungen in Marxloh sind Gegenstand des folgenden Kapitels. Viele Projekte und Maßnahmen veränderten die Situation der Menschen im Stadtteil. Erst auf dieser Ebene legitimieren die Akteure ihre neu geschaffenen bzw. neu vernetzten Strukturen. Es ist die stille Frage nach der Effizienz und Brauchbarkeit dieser Strukturen für Analyse von Problemlagen, Planung und Umsetzung von Gegenmaßnahmen. Daneben gilt es, die Rolle der Bewohner und Betroffenen in diesen Maßnahmen zu erläutern. Daher lautet die Leitfrage für das anschließende Kapitel:

Wird das Programm im Stadtteil zielgerecht umgesetzt und in welcher Weise profitieren die Stadtteilbewohner von dieser Entwicklung?

5.2 „Mehrzielprojekte“ im Stadtteil Marxloh: Verknüpfung unterschiedlicher Handlungsfelder als der Königsweg aus der Krise?

Im Stadtteil Marxloh sind und werden im Rahmen des integrierten Handlungskonzeptes und des Programms URBAN Projekte und Maßnahmen in fast allen Bereichen umgesetzt. Dabei sollen die getroffenen Maßnahmen möglichst viele Ziele umfassen. Das Zauberwort lautet „Mehrzielprojekte“ und betont den integrierten Ansatz.

Mit der Renovierung von Häuserzeilen im Marxloher Zentrum wurden beispielsweise mehrere Ziele verbunden. Im Rahmen des Programms Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf wurden in Marxloh über 400 Häuserfassaden „aufgewertet“(ILS 2000, S.153). Das Ziel der Aufwertung von Wohnraum und Wohnumfeld wurde hier mit dem Ziel der Beschäftigung kombiniert.

Die Gestaltung von Grün- , Frei-, Spiel- und Sportflächen sind ebenso mit dem Engagement der Bürger verbunden. Hier konnten Bürger und Bürgerinnen mit gestalten und planen. So arbeiteten Eltern und Kindergärten in der „Spielraumplanung“ mit. Die spätere Betreuung der geschaffenen Spielplätze lag später in den Händen der Bewohner des Stadtteils(ILS 2000, S.153).

Die gesamten Maßnahmen im Stadtteil zielen darauf, die Lebensqualität in Marxloh zu steigern. Besonders dem Wohnumfeld wurde durch die Stadt und den unterschiedlichen Trägern im Stadtteil besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die Steigerung der Attraktivität des Stadtteils müßte demnach zumindest teilweise die Wünsche zum Wohnortwechsel beeinflussen. Besonderes Anliegen der Stadt ist es, daß die junge und qualifizierte Bevölkerung im Stadtteil verbleibt, um so eine weitere "Homogenisierung" der Sozialstruktur(Häufung sozial Schwacher usw.)entgegenzutreten. Auch Rommelspacher wertet die Qualität des Wohnraums und Wohnumfeldes in dieser Hinsicht. „Eine preisgünstige Wohnung und insbesondere ein Wohnumfeld, in dem der Problemdruck gering ist, marginalisieren auch in Marxloh die Abwanderungspläne...“(Rommelspacher u.a. 1998,S.52). In dieser Studie wollen merklich weniger Bewohner Marxlohs umziehen, die über geeigneten, günstigen Wohnraum in einem schönen Wohnumfeld verfügen(Rommelspacher u.a. 1998,S.44). Inwieweit Meinungsbilder in und außerhalb des Stadtteils die Entscheidung zum Wegzug beeinflussen bleibt ungewiß. Hier bleibt nur anzumerken, daß Vorurteile und „Images“ ein langes Leben haben(ILS 2000, S.154). Dem entspricht auch eine „Zweiteilung“ der Projekte und Maßnahmen. Größere Projekte sind eher eine Art „Leuchtturmprojekt“. Die Ausstrahlung solcher Veranstaltungen dienen der Verbreitung eines bestimmten „Image“ für den Stadtteil. Das pompöse Fest zur Gestaltung des Marxloher Zentrums(1999) darf dieser Kategorie zugeordnet werden. Im Stadtteil Marxloh wurde damals ein schönes multikulturelles Fest zum Wendepunkt im Abwärtstrend stilisiert. Renovierte Häuserzeilen im alten gründerzeitlichem Glanz lockten viele Menschen in den sonntäglich verkaufsoffenen Stadtteil und vermittelten ein neues Bild des verrufenen Stadtteils. Stiller klingt dagegen die tägliche Arbeit zwischen Akteuren und den Betroffenen im Stadtteil. Stadtteilkonferenzen, Bürgertreffs, soziale Projekte in Jugendzentren, Kirchen usw. dienen weniger dem repräsentativen Zweck als den Betroffenen selbst.

Die Vernetzung unterschiedlicher Träger im Stadtteil unterstützt die Erfordernis, möglichst mehrere Ziele in einem Projekt zu verwirklichen

Es werden Informationen ausgetauscht und Informationsdefizite behoben, wodurch die „Erarbeitung“ gemeinsamer Ziele und die Zusammenarbeit in Projekten erst sinnvoll wird. Die Vernetzung der verschiedenen Träger und Zielen eröffnet damit die Chance, Fähigkeiten und Ressourcen zu verknüpfen(Synergieeffekte). Insbesondere im Hinblick auf die Umsetzung von Mehrzielprojekten resultieren daraus bessere Erfolgschancen. Läßt sich diese Vorgehensweise auch in der Entwicklung der lokalen Wirtschaft fortsetzen?

Im folgenden Unterkapitel 5.3 erläutert der Autor kritisch die Entwicklung der lokalen Wirtschaft als Anliegen des Programms.

5.3 Entwicklung der lokalen Wirtschaft in Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf

Die wirtschaftliche Entwicklung in den Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf ist aufgrund der hohen Arbeitslosenzahlen eine enorm wichtige Aufgabe. Besonders die Entwicklung einer funktionierenden lokalen Wirtschaft gilt als Weg zum Erfolg. Die unterschiedliche Bedeutung des Begriffs „lokale Wirtschaft“ und die Anwendung dieses Begriffs auf Stadtteile im Landesprogramm sollten erläutert werden. Nach Rommelspacher grenzt sich dieser Begriff von der englischen Bedeutung der „local economy“ ab, der nicht die formelle abgrenzbare kleinräumige Wirtschaft“ beschreibt, sondern die Gemeinwesenarbeit in einem bestimmten Gebiet. Diese Gemeinwesenarbeit kann natürlich ökonomische Effekte haben. In diesem Zusammenhang führt Rommelspacher das Konzept der „räumlichen Funktionscluster“ ein.

Dieses besagt, das die wirtschaftliche Entwicklung ausgeht von spezifischen räumlichen Entwicklungsbedingungen. Die gewachsenen Beziehungen zwischen Forschung und Unternehmen, zwischen Unternehmen und viele andere Faktoren bilden eine Unternehmenskultur im Raum. Der jeweilige Wirtschaftsraum erhält durch diese Kultur ein bestimmtes Profil und Wettbewerbspotential(Rommelspacher 1997, S.11-13).

Läßt sich dieses wirtschaftliche Konzept auf Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf anwenden?

Rommelspacher bejaht diese Frage mit einer Einschränkung. So müssen Stadtteile anders bewertet werde als Regionen. Hinzu kommt die Ballung von wirtschaftlichen und sozialen Problemen, die dieser Ansatz nicht umfaßt. Die räumliche Lage(zentrale Lage, Stadtrandlage oder periphere Lage) und die Sozialstruktur gilt es in diese Überlegungen mit einzubeziehen(Rommelspacher 1997, S.14).

Die Stadt Duisburg verfolgt diesen breiten Ansatz bei der Aktivierung des vom Strukturwandel betroffenen Arbeits- und Wirtschaftsstandortes Duisburg.

Diese Strategie formuliert die Stadt Duisburg besonders deutlich in ihrem Entwicklungsprogramm „Duisburg 2000“. Dort sind vier arbeitsmarktpolitische Schwerpunkte aufgeführt.

Abb. 1: Aktive Arbeitsmarktpolitik der Stadt Duisburg

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Stadt Duisburg(Hrsg.) 1999: Zukunft Duisburg. S.76-78. (Eigener Entwurf nach Überschriften des Kapitels aktive Arbeitsmarktpolitik).

Im Stadtteil Marxloh werden diese Vorhaben umgesetzt!

Qualifizierungs- und Ausbildungsmaßnahmen(vgl. Punkt 3+4a/b) für Jugendliche und Arbeitslose werden durch Kooperationen der ortsansässigen Bildungsträger, Unternehmen, Arbeitsverwaltung und GfB organisiert. Hohe Vermittlungsquoten in den ersten Arbeitsmarkt und hohe Abschlußquoten verweisen auf den Erfolg dieser Bemühnungen(ILS 2000, S.153). Die mittelständischen lokalen Unternehmer beschäftigen viele Menschen am Ort und gestalten durch die Qualität ihres Warenangebots den Standort mit. Den Stadtteil Marxloh als attraktiven Einkaufs- und Wohnort zu erhalten und wiederzubeleben ist von entscheidender Bedeutung (vgl. Punkt 2). Die ortsansässige Wirtschaft organisierte sich dafür in zwei kooperierende Zusammenschlüsse. TIAD ist der Zusammenschluß der türkischen Gewerbetreibenden und der Werbering die Organisation der deutsche Einzelhändler. Das Büro für Wirtschaftsentwicklung(BfW) unterstützt seit 1996 als Teil der EG DU die Kooperationen in der lokalen Privatwirtschaft (MSKS 1998, S.48). Das BfW bietet darüber hinaus Beratung bei der Gründung eines Geschäftes und für bestehende Unternehmen. Ziel ist die „Stabilisierung der wirtschaftlichen Basis Marxlohs“(ILS 2000, S.155). Neben dem Büro für Wirtschaftsentwicklung(BfW) steht die Agentur zur Aktivierung unternehmerischer Initiativen(AFAG) den Unternehmen und Neugründern von Unternehmen beratend zur Seite. Besonders türkische Existenzgründer greifen auf dieses Angebot zurück(ILS 2000, S.155). Die EG DU ist darum bemüht, Freiflächen, alte Industrieflächen (z.B. Schachtgelände im Norden) und Leerstände wirtschaftlich als Gewerbegebiet nutzbar zu machen(N.U.R.E.C. 1999, S. 70ff).

Diese Tätigkeiten für die lokale Wirtschaft scheinen um so wichtiger, da die Bevölkerung das Versorgungsangebot am Wohnort als schlechter werdend charakterisiert. „Aus der Sicht der Marxloher Bevölkerung ist das Marxloher Einkaufsangebot durch einen anhaltenden Attraktivitätsverlust gekennzeichnet“(N.U.R.E.C. 1999, S. 53).[15]

Die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit durch Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramme des städtischen Unternehmens GfB verursacht unerwünschte Nebeneffekte.

Die Entwicklung des Ortsteilzentrums Schwelgern im ehemaligen Verwaltungsgebäude des Schwelgern Stadions bewertet das ILS als „zentrales Projekt“(ILS 2000, S.155). Im Ortsteilzentrum sind viele Einrichtungen untergebracht. Ein Bürgerbüro als Anlaufstelle für Ratsuchende, ein Stadtteilcafe´, ein kommerzieller Party Service türkischer Frauen und ein reiches Platzangebot für unterschiedlichste Veranstaltungen verweisen auf eine vielseitige Nutzung durch die Marxloher. Daneben wurde das Außengelände als Spiel und Freizeitraum gestaltet. Ausgebaut wurde das Ortsteilzentrum jedoch mit Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen(ILS 2000, S.155) und nicht durch ortsansässige Handwerksbetriebe. Wiederum wird hier das Anliegen deutlich, Verbesserungen im Stadtteil mit beschäftigungspolitische Zielen zu kombinieren. Die Frage der Effizienz von Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen durch die Stadt auf dem zweiten Arbeits- und Bildungsmarkt drängt sich hier besonders auf. Die Stadt bildet Gesellschaften wie die GfB und wird damit zum Unternehmer, d.h. zum Anbieter von Dienstleistung auf einem Markt, der durch den Strukturwandel schon „gebeutelt“ ist. Natürlich ist diese Formulierung überspitzt.[16] Man kann auf die notwendige Differenzierung bei der Beurteilung der Qualifikation der Arbeitslosen verweisen, auf die Notwendigkeit des Erwerbs von Qualifikation durch Beschäftigung; es gibt hier sicherlich noch eine Vielzahl weiterer Kriterien. Doch die Frage nach den Auswirkungen unternehmerischer Tätigkeit des Staates auf die privaten Anbieter bleibt bestehen.

Das Anliegen des Programms zur Entwicklung einer lokalen mittelständischen Wirtschaft in den Ortsteilen wird durch Staatsunternehmen behindert. So urteilt die Welt am Sonntag in ihrer Ausgabe vom 7.1.2001: „Staat bedroht Handwerk in NRW. Privatisierte Stadtwerke-Töchter und Beschäftigungs- Gesellschaften entziehen dem Mittelstand Aufträge in Millardenhöhe...“(Welt am Sonntag 7.1.01, S.76). Es muß demnach eigentlich selbstverständlich sein, kommunale Wirtschaftsaktivitäten auf ihre Wirkungen hin zu untersuchen.

Rechtfertigen ihre gewünschten Beschäftigungseffeke den Konkurrenzdruck auf die privaten Anbieter im Stadtteil?

In der Studie des ILS aus dem Jahr 2000, welche sich mit der Umsetzung des Programms befaßt, fehlen sämtliche Untersuchungen über den Einflusses kommunaler Wirtschaftsaktivitäten durch Tochtergesellschaften auf die lokale Privatwirtschaft.[17] Da die Studie im Auftrag des Landes durchgeführt wurde, dürfte es sich um eine gewollte Verzerrung der Umsetzungsergebnisse durch das ILS handeln. Hinweise auf statistische Schwierigkeiten zur Evaluierung derartiger Gesamtprozesse dürften „Augenwischerei“ sein. Natürlich lassen sich Bürgerbeteiligung, interkulturelles Miteinander, Motivationen und viele andere angestrebte Ziele nur schwer evaluieren. Die wirtschaftliche und beschäftigungswirksame Entwicklung durch lokale Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik gerät aber nicht unter diesen Deckel des Methodenmangels und könnte auch unter dem geschilderten Aspekt Gegenstand von Untersuchungen sein. Die unabhängigen Ergebnisse dieser Untersuchungen müßten dann die parteilosen Entscheidungsgrundlagen für das Engagement des Landes und der Stadt bilden.

6. Schlußbemerkung

Wie immer schließt der Autor seine Arbeit mit einem Schlußwort. Das Thema der Arbeit lautet „Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf“. Ausgehend von den Kriterien zur Gebietsauswahl im zweiten Kapitel lag der Schwerpunkt der Arbeit in der Diskussion um die Frage, ob dieses Handlungsprogramm des Landes im Kontext der Reform des Sozialsektors, im Rahmen traditioneller kommunaler Sozialpolitik und Entwicklungspolitik umsetzbar ist oder in den Fängen hergebrachter Strukturen verläuft. Da mit tradiertem staatlichen Handeln die Situation nicht veränderbar zu sein scheint, sind neue Wege angebracht.

Begreift man das Erneuerungsprogramm als „Experiment“, so liegt es nahe, dieses auch als Lernprojekt zu begreifen. Besonders in der Zusammenarbeit mit der Bevölkerung können in diesem „Versuchsfeld“ wechselseitige notwendige Erfahrungen gemacht werden. Begreift man Stadtentwicklung als Experiment des Sparens und der Auslagerung von sozialen Aufgaben aus staatlicher Verantwortung, so wirft dies ein anderes Licht auf das Handeln der Akteure. Im dritten Kapitel zeigte der Autor daher Stadtentwicklung im Kontext der Umstrukturierungsprozesse des sozialen Sektors. Die zunehmenden Sparzwänge in der Kommune, die durch ihre prekären Finanzen beengt agieren, führen häufig zu suboptimalen Lösungen in der Neustrukturierung kommunaler Sozial- und Stadtteilpolitik. Ergänzende politische Zwänge entlarven Kürzungen auch als versteckte Klientelpolitik. Im Rahmen des Handlungsprogramms könnten diese Aufgabenverlagerungen an nichtstaatliche Organisationen reduzierte Sozialpolitik kaschieren.

Das breit angelegte Programm zur Entwicklung benachteiligter Stadtteile bietet dagegen auch die Möglichkeit, diese Zwänge zu überwinden. Die Finanzierung aus unterschiedlichen Quellen zeigt, wie z.B. in Marxloh Bewegung in den Stadtteil kommt. An vielen Stellen im Stadtteil keimen Projekte, die das Miteinander der verschiedenen Volks- und Sozialgruppen fördern. Beschäftigungsprojekte bieten, obwohl in dieser Arbeit bisweilen kritisch beäugt, vielen Marxlohern einen Weg in den ersten Arbeitsmarkt. Neue Ausbildungsangebote bereiten oft chancenlose Jugendliche und Arbeitslose auf den Arbeitsmarkt vor. Abzuwarten bleibt, ob sich diese Bemühungen als nachhaltig erweisen.

Die Lebenssituation und die Lebensumstände in den Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf lassen sich nicht schlagartig ändern. Sowohl das äußere Erscheinungsbild des Stadtteils und das Selbstbild der Bewohner entwickelte sich über einen längeren Zeitraum. Identifikation mit dem Wohnort läßt sich nicht mit dem Anstrich von Fassaden heraufbeschwören. Unterschiedliche Wertvorstellungen, Kulturauffassungen über den Wohnraum, Traditionen der Bewohner im Stadtteil usw. stellen unterschiedliche Ansprüche an die Nutzung des Raumes. Das Marxloher türkische „Eckstehermilieu“ beängstigt Bevölkerungsteile, welche den öffentlichen Raum anders zu nutzen pflegen. Der Ruf vom Dach der Moschee klingt fremd, so fremd, daß er die nicht islamischen Bewohner zu Protesten aufregt. Es treffen immer unterschiedliche Einstellungen(Identifikationen) aufeinander. Stadtteilentwicklung sollte in diesem Falle nicht zum Schöpfer von Identität werden, sondern Raum geben und schaffen für Moderation und Kommunikation. In diesem Kontext sind interkulturelle Einrichtungen wie das Schwelgern Stadion oder etablierte Gesprächsrunden zwischen türkischen und deutschen lokalen Unternehmerverbänden als Fortschritt zu werten.

Weiterhin kritisch ist die im vierten Kapitel diskutierte bestimmende Rolle der Stadt Duisburg im Erneuerungsprozeß. Nach Habermas resultiert die Loyalität der Bevölkerung für den Staat(in diesem Fall die Kommune) aus den Leistungen, welche ihr entgegengebracht werden(Sozialleistungen usw.)(Habermas 1973). Kurz gesagt: Kommunalpolitik ist die Politik, die von der Bevölkerung direkt wahrgenommen wird, deren Folgen sie direkt sieht und spürt. Geben staatliche Würdenträger diese Entscheidungsgewalt auf, so wird ihren Trägern die Möglichkeit zur Profilierung genommen. Personalisierte Erfolge erhöhen die Chance zur Wiederwahl von Partei-Politikern. Das Stadtentwicklungspolitik im Rahmen des Handlungsprogramms neuer Kooperationsformen bedarf widerspricht demnach der politischen Logik. In Kapitel 4.1 beschrieb der Autor nicht ohne Grund die Duisburger Sozialstruktur als Parameter für das legitimatorische Gefälle von Stadtpolitik im Stadtgebiet. Die extreme jahrelange Häufung von Problemen dürfte der Hoffnung auf staatliche Hilfe zuwider laufen. Doch: Besonders in Duisburg klammern sich die staatlichen Entscheidungsträger an ihre Macht, obwohl kommunales Handeln in bestimmten Stadtteilen kaum noch Wirkung zeigt. Beispiele aus anderen in das Landesprogramm aufgenommenen Städten wie Ahlen, Hamm usw.(ILS 2000 Kap. 4) könnten hier hilfreiche Vorbilder sein.

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Stadt Duisburg(Hrsg.) 2000: Beteiligungsbericht 1999/2000. Duisburg.

Stadt Duisburg(Hrsg.) 2001: Haushaltsplan 2000/2001. Duisburg.

Stadt Duisburg Amt für Statistik und Stadtforschung(Hrsg.)1984: Leben und Lebensbedingungen in Duisburg. Daten+Information H. 15. Duisburg.

Stadt Duisburg(Hrsg.) 1999: Zukunft Duisburg. Fortschreibung des Entwicklungsprogramms „Duisburg 2000“. Duisburg.

Wagner, E.; Ritter, G. 1968: Zur Stadtgeographie von Duisburg. Duisburger Hochschulbeiträge 1. Duisburg.

Wehling, H.-G. 1998: Der Rahmen kommunalpolitischen Handelns. In: BpB (Hrsg.) 1998: Information zur politischen Bildung Nr. 248. S. 3-4.

Wehling, H.-G. 1998: Kommunalpolitik in Geschichte und Gegenwart. In: BpB(Hrsg.) 1998: Information zur politischen Bildung Nr. 248. S.4-15.

Wehling, H.-G. 1998: Gesellschaftliche Akteure in der Kommune. In: BpB(Hrsg.) 1998: Information zur politischen Bildung Nr. 248. S.33-37.

Welt am Sonntag vom 7.1.01: Staat bedroht Handwerk in NRW. S.76.

Internetseiten

www. soziale stadt.de

www. difu.de

www. msks.de

www.mbw.nrw.de

www.murl.nrw.de

www.bmvbw.de

www.uni-dortmund.de/geogrphie/

[...]


[1] Auch in Schriften der Stadt Duisburg finden sich Hinweise auf eine solche Lage. Vgl. Stadt Duisburg 1998: Wohnbericht 1997. Beiträge zum Wohnungswesen H.9. (hier besonders Seite 18ff.)

[2] Im Bericht des ILS aus dem Jahr 2000 ist auf Seite 15 auch eine Tabelle aufgeführt, welche die im Programm befindlichen Stadtteile nach Gebietstyp auflistet. Die Duisburger Stadtteile sind in der Kategorie gewachsener altindustrieller Stadtteil aufgeführt.

[3] diese Gebietstypen sind idealtypisch, d.h. es gibt „Zwischen und Mischformen“(ILS 2000, S.15)

[4] vgl.: Neumann, L,F.; Schaper, K. 1998: Die Sozialordnung der Bundesrepublik Deutschland. Bonn. (hier besonders Kap. 9)

[5] vgl.: Heinze, G.,R.; Schmid, J.; Strünck, C. 1999: Vom Wohlfahrtsstaat zum Wettbewerbsstaat. Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik in den 90er Jahren. Opladen.

[6] Die Aufgaben des Sozialstaats und mögliche Verlagerungen von Aufgaben an andere Träger in der Beurteilung/Akzeptanz durch die Bevölkerung siehe Blanke, B. u.a. 1999, S.3-12.

[7] die fehlende Erfahrung der Städte in bezug auf neue Vorgehensweisen, hier erhält Stadtteilentwicklung den Charakter eines „Experimentes“, was insbesondere im Prozeß der Zielfindung deutlich wird. (ILS 2000, S.26)

[8] obwohl hier nicht klar ist, wie in diesen z.T. früheren Arbeitervierteln der Bildungsstand der Bevölkerung war. Wichtig ist auch, daß Ungelernte in früherer Zeit wesentlich bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt hatten und als „Normalfall“ unter den Arbeitern einen anderen Sozialstatus hatten. siehe dazu Bechmann, U. 1999, S.16.

[9] vgl.: Dangschat, J.S. 1997: Armut und sozialräumliche Ausgrenzung in den Städten der Bundesrepublik Deutschland. In: Friedrichs, J. (Hrsg.) 1997: Die Städte in de 90er Jahren. Demographische, ökonomische und soziale Entwicklungen. Wiesbaden.

[10] Vgl. Neuhöfer, M. 1998: Überforderte Nachbarschaften. Eine Analyse von Siedlungen des sozialen Wohnungsbaus und die Wohnsituation von Migranten. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament. B 49/98, S.35-45. Neuhofer beschreibt in diesem Artikel das problematisch Verhältnis von Migranten, sozial Schwachen im sozialen Wohnungsbau. Konfliktlinien treten hier sehr schnell auf, wenn hohe Ausländeranteile(über 50%) mit sozialen Problemen deutscher Bewohner zusammenprallen. Die schwindende Zahl und gleichzeitig hohe Bedarf von Sozialwohnungen führen zur Häufung solcher Konflikte.

[11] Aufgrund der häufigen Chancenlosigkeit bestimmter Mietergruppen können Vermieter auch für relativ schlechten Wohnraum hohe Mieten kassieren. Vgl.: Krätke nennt in diesem Zusammenhang die Theorie vom „segmentiertem Wohnungsmarkt“. Nach dieser sind „unangemessen“ hohe Mieten für schlechte Wohnverhältnisse Folge von „Mobilitätsbarrieren“ bestimmter Personengruppen zwischen den Teilmärkten des Wohnungsmarktes.(Krätke 1995, S.184)

[12] vgl. dazu Heinze, R. 1999, S.193-196(Kap.3.4) Heinze beschreibt das klassische Ehrenamt im Wandel als Pedant zum gesellschaftlichen Prozessen. Ehrenamtliche lassen sich differenzieren nach Alter und Geschlecht. Daneben spielt die Qualifikation eine Rolle. In bezug auf arbeitslose Ehrenamtler bleibt anzumerken, daß insbesondere höhergebildete Akademiker tätig sind, um sich für weiter zu qualifizieren. Mit sinkender Qualifikation und sinkenden materiellen Ressourcen nimmt auch das Engagement ab. Die zeitliche Dauer des Engagement nimmt zugunsten kurzfristiger Beteiligungen ab.

[13] Vgl. Wehling, H.-G. 1998: Gesellschaftliche Akteure in der Kommune. BpB(Hrsg.) 1998: Information zur politischen Bildung Nr. 248. S.33-37. Wehling beschreibt die unterschiedlichen Eigenschaften kommunaler Akteure(Vereine, Lokalpresse, Parteien, Bürgerinitiativen Verbände). Sie unterscheiden sich hinsichtlich Beständigkeit, Interessenlage, Kompetenz usw. und insbesondere in ihrer Rolle als Interessenvertreter und Interessenvermittler.

[14] Vgl.: Blase, D. 1997, S.19.

[15] zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch Rommelspacher u.a. bei der Befragung des Einkaufsverhalten. Ein Teil der Marxloher deckt selbst den täglichen Bedarf an Lebensmitteln außerhalb des Stadtteils. Rommelspacher u.a. 1998, S. 30.

[16] So stellt auch ein offizielles Papier der Stadt die Aufgabe der GfB wie folgt da: „Die GfB entwickelt sich zu einem Dienstleister für die arbeitslosen Menschen und die örtliche Wirtschaft“(Stadt Duisburg (Hrsg.) 1999, S. 82.

[17] ILS (Hrsg.) 2000: Analyse der Umsetzung des integrierten Handlungsprogramms für Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf. Dortmund.

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Autor
Jahr
2001
Seiten
34
Katalognummer
V107619
ISBN (eBook)
9783640058730
Dateigröße
620 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit gibt einen kurzen Einblick in das Programm Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf. Wenn weiterer Inormationsbedarf besteht, so verweise ich auf meine Untersuchungen im Rahmen meiner Examensarbeit über Duisburg- Beeck, die bei www.diplomarbeiten24.de erscheint.
Schlagworte
Stadtteile, Erneuerungsbedarf
Arbeit zitieren
Ansgar Deekeling (Autor:in), 2001, Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107619

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