I. Einleitender Gedanke
Auf rund 7 Billionen Euro hat sich das Vermögen der Bundesbürger bis zum heutigen Tage angehäuft. Das ist zehnmal so viel wie vor 20 Jahren. Jahr für Jahr werden von diesem privaten Vermögen rund 200 Milliarden Euro vererbt, verschenkt und weiter verteilt - sehr zur Freude des Fiskus, der überall selber die große Bruderhand aufhält, wenn es „was zu erben gibt“. Das Erbschaftsteueraufkommen belief sich vor fünf Jahren noch auf rund 1,8 Milliarden Euro, so sind es nach der Jahrhundertwende bereits knapp 3 Milliarden Euro.
Trotz dieser Vererbungswelle sind die meisten Bundesbürger über die gesetzlichen und steuerlichen Vorschriften gar nicht oder nur unzureichend informiert. Nicht selten führt dies zu jahrelangen Erbstreitigkeiten unter den Beteiligten oder zum Horrortrip durchs Finanzamt, das den „Armen“, aber vielleicht gar nicht so armen Hinterbliebenen das letzte Hemd auszuziehen droht. Nach Schätzungen von Experten werden mehr als die Hälfte aller anfallenden Steuern unnötig gezahlt und wären bei rechtzeitiger und vernünftiger Planung vermeidbar gewesen.
II. Überblick zum Erbschaftsteuerrecht
1. Gewillkürte Erbfolge
Das Testament kann nur vom Erblasser persönlich errichtet werden (§2064 BGB) und ist eine einseitige, jederzeit widerrufliche Verfügung von Todes wegen.
Vorraussetzung ist hierfür die Testierfähigkeit nach §2229 BGB, die eine rechtliche Befugnis ein Testament zu errichten, aufzuheben und zu ändern gibt. Minderjährige sind demnach nur testierfähig, wenn sie das 16. Lebensjahr vollendet haben. Von zentraler Bedeutung bei der Testamentsgestaltung sind die Vermögens- und Familienverhältnisse.
Besondere Relevanz erhalten die Möglichkeiten der Nachlassgestaltung unter Ehegatten. In den meisten Fällen, sollen die Nachlässe auf den überlebenden Ehegatten übergehen. Dies kann erreicht werden durch aufeinander abgestimmte einseitige Testamente der beiden Ehegatten, ein gemeinschaftliches Testament (entspricht dem Normalfall) oder durch einen Erbvertrag.
Folgende Formen der Testamentsgestaltung sind möglich: a. Privattestament = Eigenhändiges Testament
Das Privattestament muss im vollen Wortlaut vom Testierenden von Hand geschrieben
und unterschrieben worden sein (§2247 Abs. 1 BGB) um Gültigkeit zu erlangen. Zudem sollte es Ort und Datum enthalten.
b. Öffentliches Testament = notarielles Testament
Die Errichtung ist entweder durch mündliche Erklärung vor einem Notar oder Übergabe einer offenen oder verschlossenen Schrift mit Erklärung das sie den letzten Willen enthalte möglich. Es muss keine Schriftform eingehalten werden.
c. Gemeinschaftliches Testament von Ehegatten (§2265 BGB)
Diese Art von Testament, kann nur von Ehegatten errichtet werden. Entscheidend hierbei ist der gemeinsame Testierwille der Ehegatten, wobei es dennoch genügt, dass einer der Ehegatten das Testament in der vorgeschriebenen Form abfasst und der andere Ehegatte die gemeinschaftliche Erklärung mitunterzeichnet. Die am häufigsten vorkommende Form ist das sog. „Berliner Testament“ (§2269 BGB). Bei dieser Form, setzen sich die Ehegatten gegenseitig als Erben ein, sodass die Kinder bzw. Dritte erst erben, wenn auch der andere überlebende Ehegatte gestorben ist.
Oft wird eine „Wiederverheiratungsklausel“ eingefügt, die verhindern soll, dass das von einem Ehegatten geerbte Vermögen nicht an einen eventuell zukünftigen neuen Ehegatten weitergegeben wird. Wird die Ehe durch Scheidung aufgelöst, so erlischt die Gültigkeit des Testaments, wenn keine besonderen Regelungen für den Fall einer Scheidung festgehalten worden sind.
d. Nottestamente
In besonderen Lebenssituationen können Nottestamente abgefasst werden, wenn auf Grund äußerer Lebensumstände nicht die Form ordentlicher Testamentserrichtung möglich ist. Die Gültigkeit dieser Form ist allerdings auf 3 Monate beschränkt, sofern der Erblasser nach der Errichtung eines solchen Testaments am Leben bleibt (§2252 BGB).
Widerruf des Testaments
Der Testierende kann jederzeit ein Testament oder einzelne enthaltene Verfügungen durch Errichtung eines neuen Testaments, Vernichtung der Testamentsurkunde, Vornahme von Änderungen, Rücknahme eines öffentlichen Testaments aus der amtlichen Verwahrung widerrufen. Wird ein neues Testament erstellt, das inhaltlich einem alten Testament widerspricht, so enthält dieser widersprechende Teil eine aufhebende Wirkung. Der Widerruf beim gemeinschaftlichen Testament kann nur in notariell beurkundeter Form erfolgen.
Erbvertrag
Ist eine zweiseitige Verfügung von Todes wegen angestrebt, so ist der Erbvertrag eine mögliche Form. Der Erbvertrag bedarf der notariellen Beurkundung und wird häufig unter Ehegatten abgeschlossen, um den überlebenden Teil rechtlich zu sichern. Er ist jedoch nicht wie das gemeinschaftliche Testament auf Ehegatten beschränkt. In einem Erbvertrag können alle Arten von Verfügungen von Todes wegen getroffen werden, die auch sonst möglich sind. Vertragliche Bindungswirkung haben allerdings nur Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Auflagen. Andere Bestimmungen können jederzeit einseitig widerrufen werden.
2. Die gesetzliche Erbfolge
Hinterlässt der Erblasser kein Testament in denen er die Erben erwähnt, so treten die gesetzlichen Regelungen des BGB bezüglich der Erbfolge in Kraft. Auf die gesetzlichen Erben geht das Vermögen des Erblassers als Ganzes im Wege der Gesamtrechtsnachfolge des § 1922 BGB, über. Die Erbfolge in Deutschland ist so geregelt, dass in erster Linie die Kinder neben einem überlebenden Ehegatten erben. Soweit ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist, schließt er alle Verwandten nachfolgender Ordnung aus.
Erben der ersten Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers. Nichteheliche und eheliche Kinder sind in der ersten Ordnung gleichgestellt. Auch adoptierte Kinder fallen darunter. Leben die Kinder des oder der Verstorbenen auch nicht mehr, dann treten deren Abkömmlinge (also die Enkel und Urenkel des Erblassers) an ihre Stelle.
Erben der zweiten Ordnung sind die Eltern des Erblassers und ihre Abkömmlinge. Das wären demnach Mutter, Vater, Schwester, Bruder des Erblassers. Sie können nur erben, wenn gesetzliche Erben der ersten Ordnung nicht vorhanden sind, bzw. nicht mehr leben sollten.
Erben der dritten Ordnung sind Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Ist bereits ein Großelternteil verstorben, so treten deren Abkömmlinge an ihre Stelle. Das wären dann Onkel, Tante sowie eine weitere Stufe Neffen und Nichten des oder der Verstorbenen.
Erben der vierten Ordnung sind die Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Großonkel, Großtante, usw., §1928 BGB)
Gesetzliches Erbrecht des Ehegatten (§1931 BGB)
Für den überlebenden Ehegatten besteht ein gesetzliches Erbrecht, wenn er zum Zeitpunkt des Todes mit dem Erblasser verheiratet war. Wurde die Ehe für nichtig erklärt, aufgehoben oder geschieden, besteht kein Erbrecht. Bei der gesetzlichen Erbfolge erhält der Ehegatte neben Verwandten der 1. Ordnung eine Erbquote von 1/4, neben Verwandten der 2. Ordnung oder neben Großeltern eine Erbquote von 1/2 des Nachlasses. Falls keine Verwandten dieser Ordnungen vorhanden sind, schließt der Ehegatte alle entfernteren Verwandten aus und wird dann Alleinerbe.
Ein überlebender Ehegatte, der gesetzlicher Erbe ist, erhält vorab zu seinem Erbteil einen sogenannten „Voraus“ (§ 1932 BGB). Ist der Ehegatte testamentarischer Erbe oder durch einen Erbvertrag bedacht, entfällt dieser jedoch. Der Voraus des Ehegatten enthält die zum ehelichen Haushalt gehörenden Gegenstände (soweit sie nicht Zubehör eines Grundstücks sind), Hochzeitsgeschenke und Gegenstände, die zur Führung eines angemessenen Haushalts benötigt werden.
3. Vereinbarter Güterstand und Erbquote
Die Höhe der Erbquote des überlebenden Ehegatten ist neben der Erbenordnung vom vereinbartem Güterstand abhängig. Wurde nichts zwischen den beiden Parteien vereinbart, so leben sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft.
Wurde in einem Ehevertrag vor einem Notar ein anderer Güterstand vereinbart, so gelten auch andere Erbquoten.
a. Die Zugewinngemeinschaft (§ 1363 ff. BGB)
Die Vermögen der Ehegatten werden nicht gemeinschaftliches Vermögen, sondern sie bleiben auch nach der Eheschließung getrennt. Es bleibt deshalb jeder Ehegatte Alleineigentümer seiner Vermögenswerte, die er bei Eintritt in den Güterstand besitzt bzw. auch die, die er später erwirbt (§ 1363 Abs. 2 Satz 1 BGB). Beim Tod eines Ehegatten wird also das in den Jahren der Ehe erworbene Vermögen geteilt.
Die erbrechtliche Lösung des Zugewinnausgleichs bei Beendigung der Ehe durch Tod eines Ehepartners ist eine Erbquotenerhöhung um _ des Gesamtnachlasses für den überlebenden Ehegatten (§1371 BGB), ungeachtet, ob sie überhaupt einen Zugewinn erzielt haben. Dies bedeutet demnach, dass der überlebende Ehegatte zu seiner gesetzlichen Erbquote von 1/4 zusätzlich 1/4 neben Verwandten der 1. Ordnung, bzw. 1/2 neben Verwandten der 2. Ordnung erhält.
b. Die Gütergemeinschaft (§ 1415 ff. BGB)
Bei der Gütergemeinschaft gilt § 1931 Abs. 1 BGB uneingeschränkt, wobei nach Gesamtgut, Sondergut und Vorbehaltsgut unterschieden werden muss. Für Gesamtgüter, als Gemeinschaftsvermögen beider Ehegatten besteht im Erbfall ein hälftiger Nachlass. Wogegen Sondergüter (Vermögensgegenstände die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können) und Vorbehaltsgüter (Vermögensgegenstände über die jeder Ehegatte frei verfügen kann) jeweils als Nachlass des jeweiligen Ehegatten gilt.
Der überlebende Ehegatte erhält neben Verwandten der ersten Ordnung insgesamt 1/4, neben Verwandten der zweiten Ordnung insgesamt die Hälfte des Nachlasses.
c. Die Gütertrennung (§ 1414 BGB)
Schließen die Ehegatten den gesetzlichen Güterstand aus oder heben sie ihn auf, so tritt Gütertrennung ein, falls sich aus dem Ehevertrag nichts anderes ergibt. Die Vermögen der Ehegatten werden grundsätzlich getrennt geführt bzw. berechnet. Im Falle der vereinbarten Gütertrennung beider Ehegatten erhält der überlebende Ehegatte neben Erben der ersten Ordnung nach § 1931 Abs. 4 BGB:
- Bei einem Kind eine Quote von 1/2 des Nachlasses
- Bei zwei Kindern eine Quote von 1/3 des Nachlasses
- Bei drei und mehr Kindern eine Quote von 1/4 des Nachlasses
Häufig gestellte Fragen
Was ist die gewillkürte Erbfolge?
Die gewillkürte Erbfolge bezieht sich auf die Erbfolge, die durch ein Testament oder einen Erbvertrag festgelegt wird. Das Testament muss vom Erblasser persönlich errichtet werden und ist jederzeit widerruflich. Voraussetzung ist die Testierfähigkeit, und es gibt verschiedene Formen der Testamentsgestaltung, wie Privattestament, öffentliches Testament und gemeinschaftliches Testament von Ehegatten (oft das "Berliner Testament"). In besonderen Situationen können Nottestamente errichtet werden. Ein Testament kann widerrufen werden. Anstelle eines Testaments kann auch ein Erbvertrag geschlossen werden.
Was sind die verschiedenen Formen des Testaments?
Es gibt verschiedene Formen des Testaments: das Privattestament (eigenhändiges Testament, vollständig vom Testierenden geschrieben und unterschrieben), das öffentliche Testament (notarielles Testament, errichtet durch mündliche Erklärung vor einem Notar oder Übergabe einer Schrift) und das gemeinschaftliche Testament von Ehegatten (insbesondere das Berliner Testament, in dem sich die Ehegatten gegenseitig als Erben einsetzen). Des Weiteren gibt es Nottestamente, die in besonderen Notlagen errichtet werden können.
Was ist das Berliner Testament?
Das Berliner Testament ist eine Form des gemeinschaftlichen Testaments, bei dem sich Ehegatten gegenseitig als Alleinerben einsetzen. Die Kinder (oder Dritte) erben erst, wenn auch der überlebende Ehegatte verstorben ist. Eine "Wiederverheiratungsklausel" kann hinzugefügt werden, um zu verhindern, dass das geerbte Vermögen an einen neuen Ehegatten weitergegeben wird.
Was passiert, wenn kein Testament vorhanden ist?
Wenn kein Testament vorhanden ist, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Das Vermögen des Erblassers geht als Ganzes im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die gesetzlichen Erben über. Die Erbfolge in Deutschland priorisiert Kinder neben einem überlebenden Ehegatten. Wenn ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist, schließt er alle Verwandten nachfolgender Ordnung aus.
Wer sind die Erben erster Ordnung, zweiter Ordnung, dritter Ordnung und vierter Ordnung?
Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, Enkel, Urenkel). Erben zweiter Ordnung sind die Eltern des Erblassers und ihre Abkömmlinge (Mutter, Vater, Schwester, Bruder). Erben dritter Ordnung sind die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Onkel, Tante, Neffen, Nichten). Erben vierter Ordnung sind die Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Großonkel, Großtante, usw.).
Welches gesetzliche Erbrecht hat der Ehegatte?
Der überlebende Ehegatte hat ein gesetzliches Erbrecht, wenn er zum Zeitpunkt des Todes mit dem Erblasser verheiratet war. Bei gesetzlicher Erbfolge erhält der Ehegatte neben Verwandten erster Ordnung eine Erbquote von 1/4, neben Verwandten zweiter Ordnung oder neben Großeltern eine Erbquote von 1/2 des Nachlasses. Falls keine Verwandten dieser Ordnungen vorhanden sind, wird der Ehegatte Alleinerbe. Zudem erhält der Ehegatte den "Voraus", welcher die zum ehelichen Haushalt gehörenden Gegenstände beinhaltet.
Wie beeinflusst der Güterstand die Erbquote des Ehegatten?
Die Höhe der Erbquote des überlebenden Ehegatten hängt vom vereinbarten Güterstand ab. Standardmäßig gilt die Zugewinngemeinschaft, aber es können auch Gütergemeinschaft oder Gütertrennung vereinbart werden. Jede Güterstandsform hat unterschiedliche Auswirkungen auf die Erbquote.
Was ist die Zugewinngemeinschaft und wie beeinflusst sie die Erbfolge?
In der Zugewinngemeinschaft bleiben die Vermögen der Ehegatten getrennt. Beim Tod eines Ehegatten wird der Zugewinn ausgeglichen. Der überlebende Ehegatte erhält eine Erbquotenerhöhung um ¼ des Gesamtnachlasses, unabhängig davon, ob er einen Zugewinn erzielt hat. Dies bedeutet, dass er zu seiner gesetzlichen Erbquote von 1/4 zusätzlich 1/4 neben Verwandten 1. Ordnung bzw. 1/2 neben Verwandten 2. Ordnung erhält.
Wie beeinflusst die Gütergemeinschaft die Erbfolge?
Bei der Gütergemeinschaft wird zwischen Gesamtgut, Sondergut und Vorbehaltsgut unterschieden. Für Gesamtgüter, als Gemeinschaftsvermögen beider Ehegatten, besteht im Erbfall ein hälftiger Nachlass. Sondergüter (Vermögensgegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können) und Vorbehaltsgüter (Vermögensgegenstände, über die jeder Ehegatte frei verfügen kann) gelten jeweils als Nachlass des jeweiligen Ehegatten. Der überlebende Ehegatte erhält neben Verwandten der ersten Ordnung insgesamt 1/4, neben Verwandten der zweiten Ordnung insgesamt die Hälfte des Nachlasses.
Wie beeinflusst die Gütertrennung die Erbfolge?
Bei Gütertrennung werden die Vermögen der Ehegatten getrennt geführt. Der überlebende Ehegatte erhält neben Erben erster Ordnung nach § 1931 Abs. 4 BGB: bei einem Kind 1/2 des Nachlasses, bei zwei Kindern 1/3 des Nachlasses, bei drei und mehr Kindern 1/4 des Nachlasses. Neben Verwandten der zweiten Ordnung oder Großeltern erhält der Ehegatte eine Quote von 1/2 des Nachlasses gemäß § 1931 Abs. 1 Satz 1 BGB.
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- René Körner (Autor:in), 2002, Überblick über das aktuelle Erbschaftsteuerrecht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107910