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Mathematik GFS: Lineare Gleichungssysteme
1. Was sind lineare Gleichungssysteme?
Zunächst zur Wiederholung die Definition einer linearen bzw. nicht-linearen Gleichung.
Eine Gleichung in der Variablen x mit den Parametern
heisst lineare Gleichung.
a ∈ R b , Eine Gleichung in der Variablen x mit den Parametern der Form: a n = ⋅ b x mit n>1
heist nicht-lineare Gleichung
Definition:
x x x ,..., , 2 Ein lineares Gleichungssystem mit den Unbekannten besteht aus m Gleichungen der
n 1 Form:
= ⋅ + + ⋅ + ⋅ ... b x a x a x a
1 1 2 12 1 11 n n = ⋅ + + ⋅ + ⋅ ... b x a x a x a
2 2 2 22 1 21 n n … = ⋅ + + ⋅ + ⋅ b x a x a x a ... .
m n mn m m 2 2 1 1
b Elemente eines Körpers K. Man nennt ein solches Gleichungssys- a und i Dabei sind die Elemente ij
= = = 0 ... b b tem homogen, falls ist und sonst inhomogen.
1 m
Lineares Gleichungssystem wird in der folgenden Arbeit mit LGS abgekürzt.
LGS haben viele wichtige Anwendungen:
Beispiel:
Aus der Geometrie
1. Es seien zwei Geraden g, h durch
gegeben. Um den Schnittpunkt der beiden Geraden zu finden, benötigen wir einen Punkt (x, y), der sowohl auf g als auch auf h liegt. Das bedeutet, dieser Punkte ist die Lösung des folgenden LGS:
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2. Ein Dreieck mit drei Innenwinkeln a,ß,? sei gegeben, dabei ist a doppelt so groß wie ß und ß um 20° größer als ?.
Aus den Denksportaufgaben:
1. Bestimme alle dreistelligen Zahlen mit folgenden Eigenschaften: Die Quersumme ist 7 und die zweite Ziffer ist doppelt so groß wie die letzte.
2. Ein Vater und seine beiden Söhne sind zusammen 100 Jahre alt, der Vater ist doppelt so alt wie sein ältester Sohn und 30 Jahre älter als sein jüngster.
2. Das Gauss-Verfahren zur Lösung von linearen Gleichungssystemen
Theorie:
k k ,..., Unter der Lösung eines vorgelegten Gleichungssystem versteht man ein n-Tupel ( ) von
n 1
Körperelementen derart, dass gilt:
= ⋅ + + ⋅ + ⋅ ... b k a k a k a
1 1 2 12 1 11 n n = ⋅ + + ⋅ + ⋅ ... b k a k a k a
2 2 2 22 1 21 n n … = ⋅ + + ⋅ + ⋅ b k a k a k a ...
m n mn m m 2 2 1 1
In der Praxis erkennt man, dass es sehr übersichtliche und damit leicht lösbare LGS gibt. Zum Beispiel:
x + y + z = 6
- 4y - 8z = -28 So ein LGS ist in Stufenform, denn bei jeder Gleichung kommt mindestens eine ihrer Variablen in der folgenden Gleichung nicht mehr vor. Um die Lösung zu bestimmen, löst man die letzte Gleichung, setzt jeweils alle schon bestimmten Werte in die „nächsthöhere“ Gleichung ein, und löst nach der nächsten Variablen auf.
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Der Der Mathematiker Gauss (1777 - 1855) macht sich diese Stufenform zu Nutze und sagt:
Was sind Äquivalenzumformungen?
(1) Vertauschen zweier Gleichungen (2) Multiplikation eine Gleichung mit einer Zahl ? 0 (3) Addition eines beliebigen skalaren Vielfachen einer Gleichung zu einer anderen (!) Gleichung
2.1 Verändern Äquivalenzumformungen den Lösungsraum?
Verändert sich der Lösungsraum bei elementaren Umformungen oder handelt es sich nur um eine „Schönheitsreparatur“?
Typ 1: Vertauschen zweier Zeilen
Typ 2: Multiplikation einer Zeile mit einer Zahl ≠ 0
Typ 3: Addition eines beliebigen skalaren Vielfachen einer Zeile zu einer anderen (!) Zeile.
Beweis von Typ 1:
Vertauschung von Zeilen ändert die Lösungsmenge nicht, denn diese hängt nicht davon ab, in welcher Reihenfolge wir die zu lösenden Gleichungen hinschreiben.
Beweis von Typ 2:
Wenn man eine Zeile mit einer Zahl k multipliziert, ändert sich die Lösung nicht, denn man multipliziert ja auch das Ergebnis mit k.
Beweis von Typ 3:
Wenn man zu einer Zeile das Vielfache einer anderen addiert, ändert sich die Lösung nicht, denn man addiert auch das Vielfache zum Ergebnis.
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2.2 Matrizen und Diagonalform
Matrizen:
Eine vereinfachte Darstellungsform LGS ist die Darstellung in Matrizen. Hier schreibt man nicht:
= ⋅ + + ⋅ + ⋅ ... b x a x a x a
1 1 2 12 1 11 n n = ⋅ + + ⋅ + ⋅ ... b x a x a x a
2 2 2 22 1 21 n n … = ⋅ + + ⋅ + ⋅ b x a x a x a ...
m n mn m m 2 2 1 1
sondern man notiert nur die Koeffizienten der Gleichung und die Zahl der rechten Seite (die Vorzeichen der Koeffizienten werden mit übernommen):
a a
12 11 a a
22 21
...
a a
m m 2 1
Diagonalform:
Die Diagonalform ist die idealisierte Form von Matrizen, da eine Matrix in der Diagonalform außerhalb ihrer Diagonalen nur Nullen enthält.
0
k 1 0 k
2
0 0
0 0
lesen kann, außerdem lassen sich Matrizen dieser Form sehr einfach multiplizieren, auch wenn das hier keine Rolle spielt.
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2.3 Funktionsweise
Nun dazu, wie das Gauss’sche Verfahren funktioniert: Ich werde dies am besten anhand eines Beispieles erklären:
Gegeben seien die Gleichungen:
= + + 6 z y x
= + + 13 3 2 x x x
= + + − 11 2 3 z y x
Gesucht sind die Lösungen:
Ι
1 1
ΙΙ 2 1
ΙΙΙ − 3 1
1 1
− − 2 1
− 3 1
1 1
− − 1 0
4 0
1 1
− − 4 0
4 0
1 1 1
− − 4 0
− 0 0
Nun errechnet man aus der dritten Zeile x 3 = 3. Einsetzen in Zeile zwei ergibt: -4x 2 - 24 = -28 à x 2 =1 Einsetzen in Zeile eins ergibt: x 1 + 1 + 3 = 6 à x 1 =2
à Lösung ist der Tupel ( 2, 1, 3)
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Nun noch die theoretische Abhandlung:
b ∈ n K Gegeben sie die n x n Matrix A über dem Körper, sei .
Das Gleichungssystem heißt also: Ax = b. Bis zur Lösung benötigen wir n Schritte:
1. Schritt:
2. Schritt:
k-ter Schritt:
k<n
n-ter Schritt: m Im n-ten Schritt hat die Matrix die Stufenform.
Durch analoge Äquivalenzumformungen kann man eine Matrix in Stufenform in eine Diagonalmatrix umformen. Die Lösungen sind dann direkt ablesbar.
Ich zeige dies anhand des obigen Beispiels:
1 1 1
− − 4 0
− 0 0
Hier kann man das Ergebnis nun einfach ablesen. (2, 1, 3)
3. Lösbarkeit von linearen Gleichungssystemen
3.1 homogene LGS
Die Lösungen eines homogenen LGS bilden einen Vektorraum.
Grund: gegeben sei die Gleichung:
ax + by = 0 mit den Unbekannten x und y und
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Die Gesetze:
Assoziativität, Existenz des Nullvektors, Existenz negativer Vektoren, Kommutativität, Verknüpfung von Skalaren und Vektoren sind erfüllt.
à ein homogenes LGS besitzt also immer mindestens eine Lösung, nämlich den Nullvektor (x 1 =x 2 =…=x n =0). Das ist die triviale Lösung.
3.2 Kriterium für die Lösbarkeit eines LGS
A ist die zum LGS gehörige Matrix und die Matrix A | b entsteht dadurch aus A, dass als letzte Spalte noch b angehängt wird.
Genau dann ist das LGS Ax=b lösbar, wenn der Rang (A) = Rang (A | b) ist.
Definition:
Der Rang einer Matrix M ist die Maximalzahl linear unabhängiger Zeilen von M. Vektoren sind linear unabhängig, wenn keiner ein skalares Vielfaches des/der anderen ist.
Der Rang einer Matrix kann aus der umgeformten Stufenform abgelesen werden.
Beispiele zur Bestimmung des Rangs einer Matrix:
Die Matrix
Die Matrix
− = ⋅ − ⋅ 4 , 4 , 8 1 , 1 , 0 4 2 , 0 , 2 4
Die Matrix
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3.3.1 Eindeutige Lösung eines LGS
− × Matrix n n Wenn A ein vom Rang n ist, hat das LGS Ax = b genau eine Lösung.
Beispiele:
Gegeben seien folgende Gleichungen:
x
1 x
1 x
1 1
0
0
− × 3 Matrix 3 Die Matrix A ist eine (3 Unbekannte, 3 Gleichungen).
Sie hat den Rang drei, da keine Zeile durch Linearkombination einer anderen darstellbar ist.
Also gilt nach obigem Satz, dass das LGS genau eine Lösung hat-Auch das Kriterium der Lösbarkeit ist erfüllt, da Matrix (A | b) ebenfalls den Rang 3 hat.
Die eindeutige Lösung ist abzulesen: (1, 0, 1)
3.3.2 keine eindeutige Lösung eines LGS
Für ein beliebiges LGS mit m Gleichungen und n Unbekannten:
Führt man das Gauss’sche Verfahren durch wie wenn nichts Besonderes wäre, also solange bis es nicht mehr weitergeht. Das Verfahren stoppt, wenn wir bei einer Matrix folgender Gestalt angelangt sind:
Wenn ein Element b k+1 , … ,b m ? 0 ist, ist das LGS nicht lösbar
Wenn b k+1 = … = b m = 0 ist, ist das LGS lösbar und hat unendlich viele Lösungen.
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4. Lösen von lineare Gleichungssysteme mit Hilfe von Maple
Nun das Lösen von linearen Gleichungssystemen mit Hilfe von Maple.
Mein hier beschriebener Weg ist nur einer von vielen und funktioniert nachweislich mit Maple 8.
Beispiel:
= + − 15 3 3 x x x
3 2 1
= − +
6 2
x x
2 1 − + 4 6 x x
2 1
Zuerst gibt man die Gleichungen ein, dies geschieht direkt in der Matrixform:
> A:=matrix( [[3,-3,1],[2,6,-3],[6,4,-1]]);
dann gibt man die Gleichungsergebnisse als Vektor ein:
> b:=vector ([15,3,23]); := b [ ] , , 15 3 23
nun setzen wir beides in eine Matrix:
> A_b:=augment(A,b);
nun haben wir zwei Möglichkeiten:
1. direkt auf die Lösung zu kommen:
> linsolve(A,b);
2. wir bringen die Matrix erst in die Stufenform und lösen sie dann:
> gauss:=gausselim(A_b);
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ein paar weitere nützliche Befehle:
um es als lineares Gleichunssystem darzustellen, brauchen wir folgenden Befehl: > x:=array (1..3): ls:=evalm (A &* x): for i to 3 do ls[i] = b [i] od;
wir können auch direkt aus ihr die Lösung bekommen:
> for i to 3 do x[i]:= evalf (linsolve (A,b) [i], 4);od;
5. Quellenangabe
- Manfred Baum, Detlef Lind, Hartmunt Schermuly, Ingo Weidig, Peter Zimmermann in: LS Analytishce Geometrie mit linearer Algebra, Ernst klett Verlag 1998
- Blumberg, Sven 03/2001 in: Lineare Gleichungssysteme - Einführung - http://home.tonline.de/home/raddy/LGS.pdf
- Beutelspacher Albert 1994 in: Lineare Algebra, Eine einführung in die Wissenschaft der Vek-toren, Abbildungen und Matrizen, Vieweg Verlag
- StD Endres, Eberhard in: Unterrichtsversuche Computeralgebrasysteme im Mathematikunterricht (CASiMU), http://www.lehrer.uni-karlsruhe.de/~za242/CAS/henke/
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- Arbeit zitieren
- Christian Bintakies (Autor:in), 2003, Lineare Gleichungssysteme, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108051