Die Auferweckung der Tochter des Jairus und die Heilung einer kranken Frau (Mk 5, 21-43)


Seminararbeit, 2002

15 Seiten, Note: 1,6


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition der Therapie(wunder)
2.1. Motive der Therapie

3. Analyse des Wunders
3.1. Einordnung des Wunders in den Rahmen des Markusevangeliums
3.2. Einleitung in das Wundergeschehen
3.3. Die Heilung der kranken Frau
3.4. Der Aufbau des Wunders der Heilung einer blutflüssigen Frau
3.5. Die Auferweckung der Tochter des Jairus
3.6. Der Aufbau des Wunders der Auferweckung der Tochter des Jairus

4. Historische Beurteilung

5. Fazit

6. Didaktische Umsetzung

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Am Beispiel der Auferweckung der Tochter des Jairus und der Heilung einer kranken Frau soll die Gattung des Therapiewunders verdeutlicht werden.

Die Geschichte wird in leicht abgewandelter Form auch von Mathäus[1] und Lukas[2] aufgegriffen.

Die Einteilung in historische, literarische und theologische Betrachtungsweise ist hier nur bedingt sinnvoll, da zur historischen Analyse nur wenig Material in der Erzählung vorhanden ist. Die literarische und theologische Analyse wurde nicht aufgesplittert, da diese ineinander übergehen, sich schneiden und auch nicht immer für sich selbst betrachtet werden können. Literarisch wie theologisch schließen sich hier nicht aus, sondern beeinflussen sich gegenseitig. Trotz allem wurden alle drei Betrachtungsweisen behandelt und werden, zwar nicht explizit, jedoch im Gesamtrahmen eingegliedert, behandelt.

2. Definition der Therapie(wunder)

Die Auferweckung der Tochter des Jairus und die Heilung einer kranken Frau zählen zur Gattung der Therapienwunder.

Die Therapien sind gekennzeichnet durch die Abwesenheit dämonlogischer Motive. Statt eine Auseinandersetzung im Kampf geht eine heilende Kraft/Energie vom Wundertäter auf den Hilfsbedürftigen über. Es werden keine fremden, dämonischen Mächte besiegt, sondern eine Schwäche/Krankheit des Hilfsbedürftigen wird überwunden. Es herrscht das „Mysterium fascinosum“ (Geheimnis der Faszination/des Bezauberns) vor[3]. Dieses trägt sowohl abweisende, wie auch anziehende Wirkung nach sich. Bestimmte Motive zeigen eine exorzistische Auseinandersetzung, wie auch hilfreiche Kraftausstrahlung an (Austreibung der Krankheit, sowie Überfließen der göttlichen Heilskraft).

2.1. Motive der Therapie

Drei Motive sind v.a. in Therapien zu finden:

1. Die heilende Kraft: Dieses Motiv vollzieht sich bei der Heilung der kranken Frau. Jesus heilt die Frau indirekt. Er berührt nicht die Frau, sondern die Frau berührt ihn. Die Berührung erzeugt die Heilung, die so also von Jesus passiv bewirkt wurde, da eine gewisse Kraft auf die Frau übergegangen ist. Die Aktivierung der Heilskraft geschieht ohne den Willen Jesu[4]. Die Krankheit wird so besiegt. Es erfolgte keine Vertreibung und keine aktive Teilnahme Jesu an dem Geschehen. Der Unterschied zum Exorzismus liegt hier im Kontext der Heilwirkung[5] (Sehnsucht nach Heilung; Kraftausfluss; Heilung und Rettung durch den Glauben).

Der Glaube an eine heilende Kraft war in der Antike weit verbreitet. Die Kraft strömt durch Berührung auf den Kranken über. Die Übertragung erfolgt, wie die einer ansteckenden Krankheit. Der Hilfesuchende benötigt hier einen starken Glauben.[6]

2. Die heilende Berührung: In der Regel berührt hierbei Jesus den Hilfsbedürftigen (meist durch Handauflegen). Durch die Berührung überträgt sich die heilende Kraft. Handauflegungen sind im NT immer von helfender Natur. Das Handauflegen hat auch segnende und übertragende Bedeutung (Firmung, Taufe). Das Händeauflegen hatte aber auch schon in der Antike einen therapeutischen Charakter (wurde dann aber später als Geste zum Pulsmessen interpretiert). Das Händeauflegen bei Wundern hat die Heilung, Erweckung und Lebenserhaltung zum Ziel.[7] Dieses Motiv vollzieht sich in der Auferweckung der Tochter des Jairus: Jesus berührt die Hand des Mädchens.[8]

3. Heilende Mittel: Hier überträgt sich die heilende Kraft durch ein Mittel. Im NT ist dies nur der Speichel, der auf den Kranken bzw. auf seine Krankheit aufgetragen wird.

Die Motive stehen meist in Verbindung mit einem heilenden, wunderwirkenden Wort oder einem Gebet.

Die Therapie setzt den Glauben an Jesus voraus. Die Hilfsbedürftigen wollen geheilt werden und glauben auch an einen Heilerfolg. Dieser Glaube erzeugt in ihnen auch die Kraft zur Heilung[9].

3. Analyse des Wunders

Einordnung des Wunders in den Rahmen des Markusevangeliums

Das Wunder ist der dritte Abschnitt, in der Episode der Taten und Worte Jesu im Markusevangelium. Die Einführung zu diesem Wunder wird in einer Ortsveränderung im ersten Vers der Geschichte angekündigt. Der eigentliche Autor des Textes wird zur vormarkinischen Zeit gerechnet. Der Schreiber des Markusevangeliums greift also die Wundergeschichte nur auf. Er fügt dem Wunder allerdings noch die drei Jünger Petrus, Jakobus und Johannes als Zeugen hinzu[10].

In der vorliegenden Wundergeschichte sind zwei Geschichten miteinander verwoben worden. Die Jairusgeschichte beginnt zuerst, wird dann allerdings von der Heilung der blutflüssigen Frau unterbrochen. Zu Beginn der Erzählung sind die beiden Geschichten noch ineinander verschachtelt, was allerdings nicht auffällt. So gehört Vers 21 zur Heilung der blutflüssigen Frau. Es folgt die Einleitung in die Jairusgeschichte bis Vers 24 Satz 1. Der zweite Satz stellt die Einleitung in das erste Heilungswunder dar.

Ob der vormarkianische Redaktor oder der Autor des Markusevangeliums die Geschichten miteinander verwob ist strittig[11]. Es gibt einige Stileigenheiten, die auf einen vormarkianischen Erzähler deuten, so z. B. das Niederfallen des Bittstellers, der Glaube, beide weibliche Personen erfahren Hilfe und die Zahl Zwölf (die Frau ist 12 Jahre krank, das Mädchen 12 Jahre alt). Die Zahl zwölf hat im Judentum eine tragende Bedeutung (12 Stämme Israel, 3(die kleine Vollkommenheit) mal 4 (die große Vollkommenheit), uvm.). Da Markus aber für die Heiden und Heidenchristen schrieb, ist diese Zahl wohl eher geringfügig zu beachten.

Die Sprache und die sprachlichen Stilmittel weißen allerdings deutlich auf den Autor des Markusevangeliums hin, der die Geschichten also aufschrieb und sie auch etwas bearbeitete.

3.2. Einleitung in das Wundergeschehen

Die Geschichte besaß einst auch keine feste Ortsbindung. Durch die markinische Verknüpfung in Vers 21 wird die Geschichte mit dem Land am Westufer (Galiläa) verknüpft. Die Überfahrt über den See (Gennesaret) knüpft an Mk 5, 1 sowie Mk 5, 18ff, der Aufenthalt an den See an Mk 4, 1 an. An dieser Uferseite ist der Andrang und die Begeisterung des Volkes größer als an der Ostseite des Sees.

Die Totenerweckungserzählung setzt mit dem Auftreten des Synagogenvorstehers Jairus als Hilfesuchenden ein (Ein Synagogenvorsteher leitet den Gottesdienst, verteilt die Funktionen in demselben und ist auch für die Errichtung und Instandhaltung des Synagogengebäudes verantwortlich). Der Name Jairus ist abgeleitet vom hebr. Jair, was sowohl als „die Gottheit möge erstrahlen“ als auch als „er, Gott, wird erwecken“ gedeutet werden kann[12]. Der Name lässt also schon auf das Geschehen schließen. Im weiteren Verlauf der Geschichte tritt der Name allerdings nicht mehr auf: der Hilfesuchende wird nur noch als Synagogenvorsteher bezeichnet. Der Kniefall und die direkte Rede Jairus sollen sowohl einerseits die Dringlichkeit der Bitte und Anerkennung vor Jesus, als auch andererseits eine lebhafte Schilderung und die Hilfe allein durch Gottes Sohn verdeutlichen. Jairus bittet stellvertretend für seine Tochter, um die Heilung und Lebenserhaltung als Ziel der Handauflegung durch Jesus.

Dadurch, dass er von der Menschenmenge begleitet wird und sich die Menschen um ihn drängen, ist die Heilung schon vorbereitet.

3.3. Die Heilung einer kranken Frau

Es folgt nun die Erzählung der Heilung einer blutflüssigen Frau, die seit 12 Jahren unter ihrer Krankheit leidet. Unter Blutfluss ist wohl eine „krankhaft starke Menstruations- oder vielleicht chronische Gebärmutterblutung“ zu verstehen. Dies macht die Frau und jeden, der sie berührt unrein[13]. Die Teilnahme an kultischen, religiösen und öffentlichen Veranstaltungen war ihr somit untersagt. Sie wurde dadurch aus der Gesellschaft (ähnlich den Aussätzigen) ausgeschlossen. Dadurch tritt die Frau auch von hinten an Jesus heran. Die Schwere und Not der Krankheit werden durch die langanhaltende Dauer noch unterstrichen. Man muss berücksichtigen, dass damals nur reiche Leute einen Arzt konsultieren konnten. Die Frau ist durch die Besuche der Ärzte arm geworden[14]. Es konnte ihr jedoch kein einziger Arzt helfen. In der antiken Heilungsgeschichte und auch zu Zeiten Jesu findet man oft das Versagen von Ärzten vor. Die Frau hatte offenbar von Jesus und seinen Wundertaten gehört. Sie sieht in Jesus ihre letzte Hoffnung um geheilt zu werden. Man vermutet, dass die Frau versucht hat Jesus heimlich zu berühren, da es ihr peinlich war öffentlich über ihre Krankheit zu sprechen. In den Wundergeschichten kann die Heilung einerseits dadurch erfolgen, dass der Wundertäter den Kranken berührt oder der Kranke berührt den Wundertäter[15]. Vers 28, das Selbstgespräch der Frau, verdeutlicht dies: Sie erwartet eine überströmende Heilswirkung durch eine Berührung. Der Heilerfolg tritt sofort ein. Nur sie allein kann das bestätigen. Doch auch Jesus bemerkt, dass von ihm eine Kraft ausgegangen ist. Daraufhin fragt Jesus, wer ihn berührt hätte. Dies soll die Heilung von Jesus durch ihn selbst noch beglaubigen, sowie durch das Hervorheben des Berührens noch die Heilskraftübertragung durch nur bloßes „Berühren“ verdeutlichen. Erst jetzt werden erstmals die Jünger in das Geschehen mit einbezogen. Ihrer Meinung nach haben Jesus viele Menschen, mit der Absicht geheilt zu werden, berührt. Dadurch stellt sich um so mehr die Frage, warum gerade die blutflüssige Frau geheilt wurde. Was unterscheidet sie von den anderen Menschen? Durch den suchenden Blick von Jesus bekommt sie es mit der Angst zu tun und sagt ihm die Wahrheit. Das Kommen zu Jesus und ihr Kniefall verdeutlichen auch hier wieder die Geschichte einer Wundererzählung. Nur ist der Betroffene kein Hilfesuchende mehr, sondern schon (durch den Wundertäter Jesus) geheilt. Durch ihr Geständnis bezeugt sie die Wahrheit des Wunders, den Dank sowie ihren tiefen Glauben an Jesus (so hätte ihr Handeln in der damaligen Zeit insgeheim auch als Annäherungsversuch oder der Versuch einer Krankheitsübertragung interpretiert werden können)[16]. Der Entlassgruß von Jesu interpretiert das Handeln der Frau als Glaube, sowie als Ermutigung und Bestätigung ihres Handelns. Die Anrede „Tochter“ zeigt diese tiefe Vertrautheit im Glauben an[17]. Durch diesen Glauben ist die Grundlage auf der ihr Rettung und Gesundheit geschenkt wurde geschaffen. Es wurde deutlich, dass die Frau nicht im blinden Vertrauen auf magische Kräfte hoffte, sondern aus tiefsten Glauben handelte. Ihre Heilung ist an den Glauben an Jesus gebunden. Sie vertraut auf Gott und dessen Heilsangebot. Sie glaubt nicht, nachdem sie geheilt wurde an Jesus, sondern noch bevor ihr ihr Heil zu Teil wird. Der Friedensgruß „Shalom“(Geh in Frieden!) bezieht sich auf das Wohlergehen der Frau. Durch den Friedensgruß ist die Frau aus ihrem Glauben heraus gesundet. Dadurch wird sie zum Vorbild für die Hörenden.

3.4. Der Aufbau des Wunders der Heilung einer blutflüssigen Frau

Die Erzählung gliedert sich in zwei Teile und ist nach dem Schema von Theißen[18] leicht abgeändert:

1. Die Heilung (Der Wundertäter bleibt hierbei passiv)(V 24 – 29)

Kommen des Wundertäters (V 24)

Auftreten der Menge (V 24)

Auftreten der kranken Frau (V 25)

Charakterisierung der Not (V 25f)

Annäherung an den Wundertäter (V 27)

Heilende Berührung seitens der kranken Frau, die sich für ihre Krankheit schämt (auch deshalb, weil sie von der Gesellschaft ausgestoßen ist) (V 27 – 29)

Konstatierung des Wunders (Die Konstatierung und Demonstration des Wunders leitet in den 2. Teil über) (V 29)

2. Die Nachgeschichte (Demonstration des Wunders und Einbeziehung des Glaubens in die Heilung)

Die Motivation der Frau (V 28)

Demonstration (V 28ff)

Der Wundertäter spürt die ausfahrende Heilskraft (V 30)

Kniefall und Rede der Frau (auch zu Verstehen als Bitte um Heilung und Vertrauens- und Glaubensäußerung)(V 33)

Antwort Jesu (Anrede, Zuspruch, Entlassungsformel und Heilwort) (V 34)

Jesus wird als wundertätiger Therapeut dargestellt. Die Heilung ist an den Glauben Jesu gebunden, daran liegt auch der Unterschied zwischen dem Heilswirken Jesus und anderen Wunderheilern. Die Heilung erfährt der, der an das Wirken Jesus (als Sohn Gottes und Messias, sowie als Verkünder des Wortes Gottes) glaubt. Dadurch, dass die Geschichte sich um eine Frau und deren Krankheit handelt, wird zusätzlich die Frau in der Öffentlichkeit und Kultur aufgewertet.

Die Wunderheilung richtet sich sowohl an Juden, wie an Heiden: Sie zeigt die Heilskraft Jesu auf. Allein eine Berührung seines Gewandes verschafft einer unheilbar kranken Frau Genesung. Dadurch dass das Gewicht der Heilung auf den Glauben der Kranken verlegt wird, zeigt die Erzählung, dass Gott (und Jesus) zum Heil der Menschen handelt und den Menschen, die glauben, sein Heil anbietet. Gott ist für alle Menschen, jedweder Natur, Geschlechtes und (Gesundheits-)Zustandes da.

3.5. Die Auferweckung der Tochter des Jairus

Es folgt die Jairus-Geschichte: Durch die Erzählung der Heilung der Frau verzögert sich so das Kommen Jesus. Der Leser gerät in den Verdacht, dass durch die Zeitverzögerung die Tochter mittlerweile verstorben sei. Durch das Verbinden der ersten Geschichte mit der Totenerweckung des Mädchens verdeutlicht das Wunder, dass Jesus sowohl Kranke als auch Tote heilen kann. Der Aufbau der Erzählung verdeutlicht auch hier die Dringlichkeit und Lebhaftigkeit des Heilvorganges. Jairus Boten erzählen ihm, dass das Kind verstorben ist. Die Schilderung erweckt den Eindruck, dass Jesus in der ursprünglich gesonderten Geschichte der Totenerweckung wohl zu einer Todkranken zur Heilung kommen sollte[19].

Die Jairusgeschichte besteht aus zwei Bewegungen[20]. Zum einen der Zug Jesu und seiner Begleiter zum kranken bzw. verstorbenen Mädchen und zum anderen die Gegenbewegung, die den Zug von der Meldung des Vaters und der Boten, die Ankunft beim Haus und der Eintritt im Sterbezimmer stoppen will. Die Todesboten geben den Rat, Jesus jetzt nicht mehr zu belästigen. Dies nimmt dem Vater die letzte Hoffnung. Die Reaktion von Jesus darauf ist von großer Bedeutung, denn er überhört und missachtet die Nachricht der Todesboten, nachdem er vom Synagogenvorsteher die Todesfurcht durch Trost abwehren will. Durch den Trostzuspruch soll Jairus trotz allem den Glauben und das Vertrauen in Jesus nicht aufgeben. Die Führung des Menschen aus der Hoffnungslosigkeit liegt bei Jesus, an den sich der Vater klammert. Beim Haus haben sich schon Leute versammelt, die die Totenklage angestimmt haben, doch Jesus ergreift die Initiative und hält das klagende Lärmen für unangebracht, weil das Kind nur schlafe und nicht gestorben sei. Bei Totenerweckungen oder –beschwörungen ist in der Antike, wie auch im AT und NT kein Publikum üblich[21]. Als Zeugen fungieren hier nur die drei ersten Jünger Jesu. Die Totenklage ist unangebracht, da Jesus nicht als Beklagender des Todes kommt, sondern als Helfer und Heiler. Jesus redet als der Gottessohn, für den der Tod nur Schlaf bedeutet (Trotz allem aber soll die Totenklage den tatsächlichen Tod des Mädchens verdeutlichen, die dann erweckt wird). Nach altbiblischem Glauben ist es das Privileg Gottes, Macht über den Tod zu haben. Gott ist darum ein Gott der Lebenden und nicht der Toten. Die Endgültigkeit des Todes ist seit dem Leben, Wirken, Tod und der Auferstehung Jesu gebrochen. Wenn über Jesus gelacht wird, ist das Ausdruck des Unglaubens. Als Zeugen neben den Jüngern werden die Eltern noch hinzugezogen. Die Totenerweckung des Mädchens geschieht durch eine Heilgeste und den Heilworten. Die Heilworte sind ein Befehl. Bei Schlafenden ist es durchaus üblich, dass diese durch Befehle wieder „geweckt“ werden können[22]. Durch die aramäische Sprache soll der Totenerweckung zusätzlich noch ein phantasie-volles Licht eingehaucht werden. Die Wirkung des Wunders ist an das Wort gebunden. Als Machtwort gibt es sich durch das eingefügte „ich sage dir“ zu erkennen[23]. Die Macht über den Tod ist an den Gottessohn gebunden. Die Tote folgt dem Wort Jesu und demonstriert damit seine Kraft. Das Entsetzen der Anwesenden entspricht der Tatsache, dass sich in diesem Geschehnis Gott offenbarte. Das Umhergehen demonstriert den Erfolg der Heilung. Der Befehl Jesu an die Eltern, dem Kind essen zu geben, soll zeigen, dass das Mädchen wirklich lebt und nicht bloß ihr Geist.

Durch das Geheimhaltungsverbot erlangt die Geschichte Spannung und unterstützt das Handeln ohne Publikum aber mit Zeugen. Die Geheimhaltung hat daneben auch ihren Sitz im AT und verdeutlicht so ihre Nähe und Überbietung der Totenerweckungen im alttestamentlichen Bereich[24].

3.6. Der Aufbau des Wunders der Auferweckung der Tochter des Jairus

1. Kommen des Wundertäters (V 21)

2. Auftreten der Menge (V 21)

3. Auftreten des Stellvertreters der zu Heilenden (V 22)

4. Annäherung an den Wundertäter: Kniefall (V 22)

5. Bitten und Flehen um Hilfe (V 23)

6. Charakterisierung der Not (V 23)

7. Zuspruch des Wundertäters (V 24)

8. Intermezzo: Die Heilung der blutflüssigen Frau. Steigerung der Spannung (V 24 – 34)

9. Steigerung der Not: Todesnachricht (V 35)

10. Skepsis (V 35)

11. Wiederholung des Zuspruchs (V 36)

12. Skepsis (V 38)

13. Argumentation (V 39)

14. Spott (V 40)

15. Sich-Entziehen (V 40)

16. Szenische Vorbereitung (V 40)

17. Wunderhandlung: Berührung (Der Wundertäter handelt aktiv)(V 41)

18. Wunderwirkendes Wort (V 41)

19. Konstatierung des Wunders (V 42)

20. Demonstration (V 42f)

21. Admiration (V 42)

22. Geheimhaltungsgebot (V 43)

4. Historische Beurteilung

Zuerst wurde wohl die Geschichte der Totenerweckung des Jairus überliefert, die ursprünglich als Heilungsgeschichte eines todkranken Mädchens konzipiert war[25]. Die Heilworte und das Händeauflegen sind klare Zeichen für Heilungsgeschichten. Die Struktur der Erzählung zeigt eine Steigerung der Spannung an: Die Heilungserzählung wird zu einer Totenerweckung. Konkrete Daten wie Ort, Beruf und Namen des Vaters und das Alter des Mädchens schließen auf ein wahrheitliches und so stattgefundenes Wunder hin. Der gesamte Aufbau der Heilung bzw. der Totenerweckung zeigen eine Überbietung der alttestamentl. Heilungen und Totenerweckungen auf (siehe oben). Durch die Heilung der blutflüssigen Frau sollen beide Heilungen noch eine Steigerung erhalten: Zuerst heilt Jesus eine unheilbare Krankheit, dann erweckt er ein Mädchen vom Tode. Auch gerade hier wird gezeigt, dass sich Jesus nicht von den Frauen und Kindern abwendet, sondern ihnen besondere Hilfe und Liebe zukommen lässt.

Die beiden Geschichten existierten zunächst unabhängig voneinander. Sie konkretisieren die allgemeine Erinnerung an Jesus Wundertätigkeit. Jesus wurde als Prophet gesehen, der das Wirken aller Propheten vor ihm einholt und überbietet. Theologischen Sinn und Bedeutung hat das heute noch, weil er als der Gekreuzigte und als Erster von Gott vom Tod zum Leben auferweckt wurde. Er hat den Tod überwunden. In Jesus handelt Gott so unmittelbar.

5. Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Markus die Erweckungsgeschichte durch das Verbreitungsverbot in den Gesamtrahmen des Evangeliums stellt. Damit korrigiert er den einseitigen Wunderglauben vom Kreuze her, macht aber gleichzeitig die Gegenwartsbedeutung der Totenerweckung geltend[26]. Wer zum Leben finden will, muss sich an das Wort dessen halten, den Gott als ersten der Toten auferweckte. Als Sohn Gottes hat dieser die bleibende Vollmacht über den Tod. Der Glaube an Jesus kennt so keine Todesfurcht mehr, er rettet und führt zum ewigen Leben.

6. Didaktische Umsetzung

Als didaktische Umsetzung zeigten wir im Seminar verschiedene Vorschläge auf:

- Eine Gruppe stellte die Auferweckung des Jairus pantomimisch dar. Eine Erzählerin las hierzu die Geschichte vor.

Fazit: Die Gruppe war zu klein und es mussten Doppelrollen bzw. Mehrfachrollen von den Schauspielern übernommen werden. Die Vorbereitungszeit reichte trotz allem aus. Die Schauspieler hätten sich aber z. T. noch etwas besser in die Rolle versetzen können. Bestimmte Akzente wurden von den Schauspielern selbst nach ihrem eigenen Ermessen gesetzt, was sehr positiv zu werten war. Diese Methode ist durchaus auch wert, im schulischen Bereich eingebracht zu werden. Durch Spiel und Spaß setzen sich so die Schüler gezielt mit der Geschichte und ihren Szenen auseinander. Bestimmte Handlungen und Szenen, die den Schülern wichtig sind, können diese dann selbst hervorheben und darüber sprechen und diskutieren.

- Die zweite Gruppe verglich den Text der Einheitsübersetzung mit der dem Text aus einer Kinderbibel[27].

Fazit: Das Wundergeschehen ist hier in zwei Geschichten unterteilt worden: In „Die Heilung einer schwerkranken Frau“ und „Auferweckt vom Tode“.

Auch hier beginnt die Wundererzählung mit Jairus, wendet sich dann aber der Heilung der kranken Frau zu. Die Geschichte wird spannend und einfach erzählt. Die Worte Jesu sind nahezu unverändert. Veränderungen sind in der Klimax der Wundererzählung zu erkennen. Die Krankheit der Frau und die Intension ihrer Berührung Jesu erzählt die Frau im Anschluss an ihre Heilung selbst. Vorher wird die Frau nicht vorgestellt. Auch die Art ihrer Krankheit wird nicht erwähnt oder beschrieben. Ihre gesellschaftliche Ausgrenzung kommt nicht zum Zug. Allerdings werden ihre Armut und ihr Glaube erklärt. Die Geschichte wird spannend erzählt (viel direkte Rede, spannungssteigende Erzählweise). Das Bild zur Geschichte wirkt etwas überzeichnet und zu sehr „künstlerisch“.

Auch die Jairusgeschichte wird spannend und einfach erzählt (s. o.). Die Handlung ist unverändert dem Original. Wieder wird durch viel direkte Rede und einer spannenden und gefühlvollen Erzählweise das Wunder für die Kinder vorgestellt. Das Bild zur Geschichte ist hier passend gewählt und zeigt das Wunderwirken Jesu auf.

Beide Texte sind für Kinder gut verständlich. Die theologische Intension ist gut erkennbar. Die Geschichten halten sich an das Original, schreiben es aber in eine kindgetreue Erzählweise um.

- Die dritte Gruppe stellte die Auferweckung des Jairus und die Heilung der kranken Frau filmisch am Overheadprojektor dar. Die Figuren hierzu wurden gestellt. Jedes Gruppenmitglied übernahm hierbei noch eine Sprechrolle der in der Geschichte teilnehmenden Personen, um das Wunder noch lebendiger zu gestalten.

Fazit: Das Vorlesen mit verschiedenen Rollen wurde lebendig dargestellt. Dadurch aber, dass jedes Mitglied der Gruppe auch am Overheadprojektor seine Figur leiten musste, kam es hierbei zu etwas „Gewühl“. Das Vorlesen und Bewegen der Figuren wurden so erschwert.

7. Literaturverzeichnis

Die Bibel – Einheitsübersetzung

Gnilka, Joachim: Das Evangelium nach Markus (EKK II/1), Zürich/Neukirchen 19985

Gruber, Elmar(Hg.): Die Bibel in 365 Geschichten erzählt, Freiburg 19905

Pesch, Rudolf: Das Markusevangelium I (HThKNT II/1), Freiburg 1976

Theißen, G.: Urchristliche Wundergeschichten (StNT 8), Gütersloh 1998

8. Anhang

Handout

[...]


[1] Mt 9, 18 - 26

[2] Lk 8, 40 - 56

[3] Theißen, S. 98

[4] Mk 5, 28ff

[5] Theißen, S. 98ff

[6] Pesch, S. 304

[7] Theißen, S.101 sowie Pesch, S. 300

[8] Mk 5, 41

[9] vgl. Mk 5, 34 und 5, 36

[10] Mk 5, 37

[11] vgl. Pesch 295f und 312f sowie Gnilka, S. 209ff

[12] Pesch, S. 299f und Gnilka S. 211f

[13] vgl. Lev 15, 19 –33

[14] Gnilka, S. 215

[15] Gnilka, S. 215

[16] Theißen, S. 137

[17] Pesch, S. 304f

[18] Theißen, S. 82f

[19] Pesch, S. 306

[20] Gnilka, S. 216f

[21] Pesch, S. 307

[22] Gnilka, S. 217f

[23] Pesch, S. 309f

[24] vgl. 1 Kön 17, 21f/ 2 Kön 4, 33 -37

[25] Pesch, S. 312f

[26] Gnilka, S. 219ff

[27] Gruber, S. 314 - 316

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Auferweckung der Tochter des Jairus und die Heilung einer kranken Frau (Mk 5, 21-43)
Hochschule
Universität Koblenz-Landau
Veranstaltung
Neutestamentliche Wundererzählungen im Religionsunterricht
Note
1,6
Autor
Jahr
2002
Seiten
15
Katalognummer
V108063
ISBN (eBook)
9783640062676
Dateigröße
466 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Auferweckung, Tochter, Jairus, Heilung, Frau, Neutestamentliche, Wundererzählungen, Religionsunterricht
Arbeit zitieren
Patrick Christmann (Autor:in), 2002, Die Auferweckung der Tochter des Jairus und die Heilung einer kranken Frau (Mk 5, 21-43), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108063

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