Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Intensivierung der Landwirtschaft im 19. und frühen 20. Jahrhundert
2.1 Flurbereinigung
2.2 Organische und mineralische Düngung
3. Die Landwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg
4. Pflanzenschutzmaßnahmen
4.1 Vorteile und Erfolge des chemischen Pflanzenschutzes
4.2 Nachteile des chemischen Pflanzenschutzes
4.3 Das bekannteste Pestizid DDT
4.4 Der Schutz des Verbrauchers
5. Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz
5.1 Biologische Schädlingsbekämpfung
5.2 Integrierter Pflanzenschutz
6. Zusammenfassende Schlussbetrachtung
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Der Begriff der Chemie, genannt im Zusammenhang mit der Landwirtschaft, ruft heutzutage bei vielen Menschen negative Assoziationen hervor. Die Forderungen nach einem alternativen, so genannten „Öko-Anbau“ werden immer lauter. Hat der chemische Pflanzenschutz einen Grund für diese negative Einstellung gegeben?
Um dies zu beantworten muss zunächst die Frage geklärt werden, warum die Chemie überhaupt in der landwirtschaftlichen Produktion notwendig wurde. Begonnen werden muss hier bereits bei der Intensivierung der Landwirtschaft im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Es soll untersucht werden, welche Folgen die Flurbereinigung und die veränderten Anbaumethoden auf die landwirtschaftliche Nutzfläche hatten.
Des Weiteren soll die Frage beantwortet werden warum gerade nach dem Zweiten Weltkrieg die Entdeckung einiger chemisch-synthetischer Pflanzenbehandlungsmittel sehr gelegen kamen.
Im darauf folgenden Kapitel werden die Vor- und Nachteile des chemischen Pflanzenschutzes beleuchtet. Der bekannte Wirkstoff DDT ist ein anschauliches Beispiel für positive wie auch negative Begleiterscheinungen. Darauf folgend soll aufgezeigt werden, inwieweit der Konsument von pflanzenbaulichen Produkten geschützt wird.
Abschließend wird ein kurzer Einblick in alternative Pflanzenschutzmethoden gegeben, um möglicherweise die Frage zu beantworten zu können, ob heutzutage ein völliger Verzicht auf chemische Mittel in der Landwirtschaft vertretbar ist.
2. Die Intensivierung der Landwirtschaft im 19. und frühen 20. Jahrhundert
2.1 Flurbereinigung
Noch bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts war in Deutschland die alte Dreifelderwirtschaft mit ihrer Getreidewirtschaft und der alle 3 Jahre eingeschobenen Brache, weit verbreitet. Mit der Intensivierung der Landwirtschaft, verstärkt seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, verschwand diese Form der Bewirtschaftung zunehmend. Die Brache wurde mit so genannten „Brachfrüchten“, meist Futterpflanzen wie Klee, Rüben und auch Kartoffeln, bebaut[1].
Die Agrarreformen hatten mit der Aufhebung der Leibeigenschaft und Ordnung der Eigentumsverhältnisse eine Flurbereinigung zur Folge. Die zu einem Hof gehörenden Feldstücke waren anlässlich zahlreicher Erbteilungen oft ungeordnet in der Dorfflur verteilt. Die ohnehin gemeinsame Bearbeitung der Äcker durch die Dorfgemeinschaft in der Zeit des Flurzwangs ließ das zu. Jedoch mit dem Besitz an Grund und Boden wurden zusammenhängende Feldstücke für die Eigentümer vorteilhafter. Es entstand eine planvolle Ordnung durch den Austausch und die Zusammenlegung von Flächen, sowie der Aufteilung der Wald- und Weideflächen der Allmende. In dieser Zeit verschwanden viele kleinere Gehölze, Gewässer und Hecken. Die Feldflur wurde ausgeräumt[2].
Die landwirtschaftlichen Nutzflächen wurden ausgeweitet, vor allem indem viele Moorgebiete auf verschiedene Art und Weise in Ackerland umgewandelt wurden. Die starke Verbreitung von Landmaschinen erlaubte eine bessere Bodenbearbeitung. Sowohl die Saat wie auch die Ernte wurden mechanisiert. Der großflächige Anbau von Monokulturen weitete sich aus. Durch diese veränderten Anbaumethoden wurde ein künstliches Zuführen von Nährstoffen für die Pflanzen unentbehrlich. Die Notwendigkeit der Düngung soll im folgenden Kapitel kurz beschrieben werden.
2.2 Organische und mineralische Düngung
Bereits 1840 hatte Justus von Liebig nachgewiesen, dass mineralische Salze für die Pflanzenernährung unentbehrlich sind[3]. Der Gehalt der Böden an diesen Salzen ist nicht unbegrenzt. In der natürlichen Pflanzengesellschaft kehren diese Salze aus den absterbenden und sich zersetzenden Pflanzen in den Boden zurück. Auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen kommt die Verwitterung jedoch nicht rasch genug nach, zumal der größte Teil der Ackerpflanzen abgetragen wird und kaum organisches Material zur Verwitterung zurückbleibt. Ohne eine Düngezufuhr würde der Boden also an Nährstoffen verarmen und die Erträge würden rapide zurückgehen. Die Brache würde in diesen Fall wieder zwingend notwendig werden.
Die Düngung mit Phosphat und seit 1862 mit Kalisalzen und Stickstoffverbindungen wurde eingeführt, doch bis zum Ersten Weltkrieg wurde noch hauptsächlich mit Stallmist, Jauche und Gründünger gedüngt. Ab 1914 nahm die Anwendung von Handelsdüngemittel enorm zu und die Erträge der landwirtschaftlich genutzten Flächen wurden um ein Vielfaches gesteigert[4].
Höhere Erträge waren damals und sind auch heute noch immer das Hauptziel der intensiven Landwirtschaft, denn die nutzbaren Ländereien sind begrenzt. Eines Tage ist alles bebaubare Land genutzt und eine extensive Ausdehnung ist nicht mehr möglich. Nur eine Intensivierung kann dann noch höhere Erträge erwirtschaften[5]. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges erreichte der Einsatz von Maschinen, Düngemitteln und Pestiziden einen Höhepunkt, der im Folgenden erläutert werden soll.
3. Die Landwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg
Die Ausgangssituation in der Landwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg war geprägt durch eine Vielzahl von Kleinbetrieben mit einem geringen Mechanisierungsgrad und mangelnder Kapitalausstattung. Oberstes Ziel der nationalen Nahrungsmittelproduktion war es, nach dem Krieg die Ernährung der gesamten Bevölkerung in der BRD zu sichern. „Schon 1950/51 verabschiedete der Bundestag Marktordnungen für Getreide, Zucker, Milch, Fleisch und Fett (…) Versorgungssicherheit bei niedrigen Verbraucherpreisen lautete die Devise, selbst wenn dafür ein hoher Preis an Steuermitteln zu zahlen war.[6] “ Die Politik verpflichtete sich durch das Landwirtschaftsgesetz von 1955, die „Naturbedingten Nachteile gegenüber anderen Wirtschaftzweigen“ auszugleichen[7]. Bald ging es aber nicht mehr nur darum, die Nahrungsmittelversorgung zu sichern, sondern Hilfen zur Entwicklung der Gesamtwirtschaft zu leisten.
Ein breit angelegtes Subventionssystem bei gleichzeitigem Rationalisierungsdruck in der Landwirtschaft, ausgelöst durch die Landflucht, war die Folge. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren 1950 noch 14,2% der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft tätig. Dieser Zustand war jedoch keinesfalls beständig; die Zahl der Arbeiter auf dem Land nahm kontinuierlich ab. Durch die wirtschaftliche Konjunktur erhöhte sich die Nachfrage nach Arbeitskräften und die Löhne stiegen an. Die Menschen wanderten aus der Landwirtschaft in die Städte ab, da die Industrie diese Löhne zahlen konnte und so einen höheren Lebensstandart sicherte.
Die Landwirtschaft konnte nur noch auf eine verstärkte Mechanisierung ausweichen um diesen Arbeitskräftemangel auszugleichen. Unter dem politischen Druck des Deutschen Bauernverbandes sprudelten die staatlichen Finanzhilfen, unter anderem auch für chemischen Dünger und Pflanzenschutzmittel[8].
Mit der ständig tief greifender werdenden Beeinflussung der Umwelt durch den Menschen, wie z.B. dem großflächigen Anbau von Monokulturen bei beschränktem Fruchtwechsel, der vollmechanische Bodenbearbeitung, Bestandspflege und Ernte gingen die Vorraussetzungen für ein Funktionieren der biologischen Regulationsvorgängen in immer stärkerem Maße verloren. „Hier setzt für den Pflanzenanbauer die Notwendigkeit ein, den Teil der Regulierungsaufgabe, der biologisch nicht mehr gewährleistet ist, durch systematische Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten, Schädlingen und Unkräutern zu ersetzen.[9] “
4. Pflanzenschutzmaßnahmen
Die ersten Pflanzenschutzmaßnahmen beschränkten sich auf des Absammeln der Schadorganismen, die Anwendung einfacher Fangmethoden sowie das Jäten der Unkräuter von Hand. Doch wie schon beschrieben ist diese mechanische Unkrautvernichtung aufgrund der hohen Lohnkosten und der Unmöglichkeit dafür Arbeitskräfte zu erhalten, seit Jahren nicht mehr realisierbar und so musste auf andere Methoden ausgewichen werden.
Der chemische Pflanzenschutz konnte in den 1950er Jahren auf Forschungen zurückgreifen, die während des Zweiten Weltkrieges in der Schweiz, in England, den USA und Deutschland durchgeführt worden waren. Ältere Traditionen verweisen darüber hinaus auf die Anwendung von Kupfer-, Arsen und Schwefelverbindungen schon im 19. Jahrhundert. Ein regelrechter Boom der chemischen Pflanzenschutzmittel setzte aber erst mit der Entdeckung der insektiziden Wirkung von DDT[10] und der Entwicklung anderer chlorierter Kohlenwasserstoffe in der zweiten Hälfte der 1940er Jahre ein. „Bahnbrechende Erfolge der ersten Präparate bei der Bekämpfung von Krankheitsüberträgern und Schädlingen belebten die chemische Forschung in den Laboratorien so stark, dass bald weitere Verbindungen mit pilz-, milben-, insekten-, nagetier-, und unkraut- tötenden Eigenschaften synthetisiert wurden.[11] "
Teilweise gerieten die Dimensionen der Pflanzenschutzproblematik aus den Fugen. Eindrucksvoll ist dies zum Beispiel erkennbar an einer Werbung aus den 1950er Jahren (Abbildung siehe Deckblatt). Der sonst relative kleine Kartoffelkäfer nimmt hier riesige Ausmaße an. Die dringende Notwendigkeit des chemischen Pflanzenschutzes soll eindringlich unterstrichen werden. Der DBV und ebenso die im „Industrieverband Agrar“ organisierten Produzenten von Pflanzenschutzmitteln, ließen eine besondere Sensibilität für die ökologischen Risiken des chemischen Pflanzenschutzes bis in die 1980er Jahre hinein nicht erkennen[12].
4.1 Vorteile und Erfolge des chemischen Pflanzenschutzes
Es muss aufrichtig anerkannt werden, dass der chemische Pflanzenschutz auf der ganzen Erde beeindruckende Erfolge erzielt hat. Die Vorzüge von Pestiziden gegenüber alternativen Schädlingsbekämpfungsmethoden liegen auf der Hand: Chemische Mittel wirken sehr schnell und zuverlässig und sind dazu noch leicht zu handhaben und meist kostengünstig. „Neben der technischen Vervollkommnung der Nahrungsmittelproduktion, der Züchtung erztragreicherer und gegen Krankheiten und Schädlinge resistentere Kulturpflanzensorten sowie der Intensivierung der Mineraldüngung trägt er entscheidend dazu bei, dass die Qualität und Quantität der pflanzenbaulichen Erzeugung ständig zunimmt[13].“
Bei der Bekämpfung von Krankheitsüberträgern, der Verringerung von Ernteausfällen durch Befall der Kulturpflanzen mit Krankheiten und Schädlingen sowie durch Unkrautkonkurrenz, hat der chemische Pflanzenschutz zuverlässige Dienste geleistet. Die ständig zunehmenden Erträge in der landwirtschaftlichen Produktion belegen das. Pflanzenschutzmittel werden eingesetzt um Ernteverluste zu verringern, komplett vermieden werden können sie nicht. Die Verluste sind nicht bedeutungslos und werden oft unterschätzt. „Noch heute gehen weltweit 20-30 % der möglichen Ernte durch den Befall mit Krankheiten oder Schädlingen und durch Verunkrautung verloren.[14] “ Die beiden angefügten Grafiken veranschaulichen die Nahrungsmittelverluste durch unterschiedlichste Faktoren bis zur Ernte sowie während der Lagerung und dem Transport. In der linken Grafik wird aufgezeigt wie hoch schätzungsweise die zusätzlichen Verluste wären, falls keine Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden würden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
aus: Lingen, P., Beyer, R.: Chemie ohne Gefahr, S. 116
Der chemische Pflanzenschutz hat aber keinesfalls nur die Aufgabe, Ernteausfälle durch Befall der Kulturpflanzen mit Krankheiten oder Schädlingen zu verhindern, er ist vielmehr schon aus arbeitswirtschaftlichen Gründen zu einer unentbehrlichen Vorraussetzung für die Rationalisierung und Mechanisierung vieler Bodenbearbeitungs-, Aussaat-, Pflege- und Ernteverfahren geworden[15].
Schon 1977 ernährte ein Landwirt etwa dreißig andere Menschen[16]. Angesichts der schnell wachsenden Weltbevölkerung ist die Zahl noch drastisch angestiegen und steigt weiter. Hinzu kommt, dass die langwirtschaftliche Nutzfläche z.B. in Deutschland ständig abnimmt, denn die Agrarwirtschaft zieht sich aus weniger fruchtbaren oder schwieriger zu bearbeitenden Flächen zurück[17]. Infolgedessen können nur durch extreme Technisierung der Nahrungsmitteproduktion und unter Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel die Erträge gesichert und eventuell gesteigert werden.
4.2 Nachteile des chemischen Pflanzenschutzes
Bei Großeinsätzen hochwirksamer chemischer Pflanzenschutzmittel zeigen sich zuweilen auch unangenehme Begleiterscheinungen:
Die Zahl der Unkräuter wird geschmälert, sie scheiden damit als Zwischenglieder oder Zwischenwirte in ökologischen Beziehungen und Vernetzungen aus. Eine zunehmende Monotonie der Pflanzenwelt droht. Unkraureduzierung verweist die Fauna, also auch die Schädlinge, auf die Nutzpflanzen als verbleibende Wirtspflanzen. Schadorganismen spezialisieren sich. Viele Pestizide wirken nicht speziell auf einen bestimmten Organismus; sie töten also nicht nur den Schädling, sondern gefährden auch andere Lebewesen, so auch die natürlichen Antagonisten der Schädlinge, die so genannten Nützlinge[18].
Durch ein dauerhaft angewendetes Pflanzenschutzmittel kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Schädlingsstämmen, die gegen bestimmte Pestizide resistent wurden. Die Empfindlichkeit gegen bestimmte Präparate ist bei den Schädlingen individuell sehr unterschiedlich. Die Nachkommen überlebender Stämme werden nach und nach unempfindlicher gegen dieses Pestizid. Helfen auch erhöhte Dosen nichts mehr, muss ein alternativer Stoff gefunden werden, bei dem mit großer Wahrscheinlichkeit nach gewisser Zeit wiederum Resistenzerscheinungen auftreten. Weiterhin ist das Problem der giftigen Rückstände in den Erzeugnissen eine nahe liegende Frage der Konsumenten.
4.3 Das bekannteste Pestizid DDT
Am Beispiel des wohl bekanntesten Pestizids DDT werden einige der genannten Vor- und Nachteile sehr anschaulich. DDT ist das zentrale Reizwort bei allen Gegnern der chemischen Pflanzenbehandlung. „Kein anderes Mittel hat die Gemüter so erregt wie DDT. Kein anderes Mittel wurde soviel verwendet, sowohl was seine Menge als auch die Größe der behandelten Flächen betrifft.[19] “ DDT wurde 1874 von Othmar Zeidler im Laboratorium von A. v. Baeyer erstmals synthetisiert, seine insektizide Wirkung wurde jedoch erst 1939 von Paul Müller entdeckt, der dafür 1948 mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet wurde. Die Seuchen fördernden Begleitumstände des zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit verhalfen DDT in der medizinischen Hygiene zu einem schnellen Siegeszug. Die Erkrankungen an Malaria, Fleckfieber, Typhus und Cholera konnten durch die wirksame Bekämpfung der die Erreger übertragenden Mücken, Läuse und Fliegen drastisch reduziert werden[20].
In Sri Lanka waren beispielsweise 1946 noch 2,8 Millionen Menschen an der Malaria erkrankt, 1963 nur noch 17[21]. Das Auftreten von Resistenzerscheinungen bei immer mehr Insektenarten sowie das Argument der hohen Persistenz des Wirkstoffs lösten 1963 einen Skandal aus. DDT kann nicht vom Organismus zersetzt und ausgeschieden werden; es ist fettlöslich und lagert sich folglich im Fettgewebe des Konsumenten ab. Durch den weltweiten Einsatz hatte sich DDT in den Nahrungsketten angereichert und Rückstände waren bei zahlreichen Tierarten, aber auch beim Menschen nachweisbar[22]. In Europa und den USA wurde das Mittel sofort verboten. Allerdings sind Schäden für Menschen und Säugetiere durch diesen Wirkstoff bis heute nicht eindeutig belegt worden[23]. Ausgelöst durch diesen Skandal wurde verstärkt die Frage des Verbraucherschutzes laut.
4.4 Der Schutz des Verbrauchers
Heute gehören Pflanzenbehandlungsmittel zu den chemischen Stoffen, die am intensivsten untersucht werden und bekannt sind, vergleichbar mit Pharmapräparaten. Die Entwicklung eines neuen Wirkstoffes dauert heute ca. 10 Jahre. Seine Wirksamkeit und Verträglichkeit wird erst 4-5 Jahre im Labor und in speziellen Gewächshäusern getestet, danach wird er noch einmal solange Feldversuchen unterzogen und gelangt erst dann auf den Weg zur Zulassung[24]. „Nur wenn die in Abstimmung mit dem für toxikologische Fragen zuständigen Bundesgesundheitsamt handelnde Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft in Braunschweig ein Präparat amtlich zugelassen hat, darf dieses in die Bundesrepublik eingeführt oder hier vertrieben werden.[25] “ Als Prinzip gilt, dass von keinem Stoff mehr in die Umwelt gelangen soll, als in einer Wachstumsperiode umgesetzt werden kann. Im Gegensatz zu dem bereits beschriebenen DDT werden die meisten modernen Pflanzenschutzmittel nach der Anwendung vollständig zersetzt und mineralisiert[26].
Parallel zu diesen biologischen Untersuchungen wird der Wirkstoff ebenso lange auf seine Giftigkeit für Warmblüterorganismen untersucht. Risiken bei seiner Anwendung, Risiken für den Verbraucher und Risiken von Rückständen in den Nahrungsmitteln werden erfasst. Geringe Reste von Pflanzenschutzmitteln dürfen sich in oder auf Lebensmitteln befinden, solange ihre Menge eine zulässige, als unbedenklich erkannte Höchstgrenze nicht überschreitet. Die Grundlage für deren Feststellung ist der auf internationaler Ebene unter Vorsitz der Weltgesundheitsorganisation festgelegt ADI-Wert[27]. Er sagt aus, welche Mengen eines Wirkstoffes der Mensch täglich aufnehmen kann, ohne dadurch einen gesundheitlichen Schaden zu erleiden. Um jedes Risiko auszuschalten, wird die in Tierversuchen festgestellte unwirksame Höchstdosis für den Menschen noch einmal durch 100 geteilt. In der gesetzlichen Höchstmengenverordnung wird die amtliche zulässige Höchstmenge dann noch einmal deutlich unter dieser duldbaren Rückstandmenge festgesetzt. Ist von einer Überschreitung der „amtlich zulässigen Höchstmenge“ in einem Lebensmittel die Rede, so hat dies aufgrund der weiten Sicherheitsspannen noch lange nichts mit einem Gesundheitsrisiko zu tun[28].
5. Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz
Man hat nach den negativen Begleiterscheinungen erkannt, dass ein Weg gefunden werden muss, der sowohl die wirtschaftlichen Interessen des Pflanzenbaus als auch die berechtigten Anliegen des Gesundheits- und Umweltschutzes zu ihrem Recht kommen lässt.
Es ergibt sich die Frage, ob Verfahren der biologischen Schädlingsbekämpfung existieren oder in Aussicht stehen, die für die Zukunft eine Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln überflüssig machen[29]. Der Stand der biologischen Methoden sowie des Integrierten Pflanzenschutzes soll in diesem Kapitel kurz erläutert werden.
5.1 Biologische Schädlingsbekämpfung
Biologische Schädlingsbekämpfung bedeutet Pflanzenschutz unter Einsatz von Lebewesen. Das Haupteinsatzgebiet biologischer Methoden ist die Insektenbekämpfung. Im Rahmen intensiver Forschung wurde eine Vielzahl nutzbarer Lebewesen gefunden, wie zum Beispiel: Bakterien, Pilze und Viren, sowie parasitäre und räuberische Insekten. Schädlinge werden beispielsweise durch das Aussetzen des natürlichen Antagonisten an übermäßiger Vermehrung gehindert. Zu diesen Nützlingen gehören der Marienkäfer, die Raubwanze, Spinnen, Eidechsen oder auch Singvögel und Spitzmäuse, um nur einige zu nennen[30].
Unterschieden wird zwischen indirekten und direkten Maßnahmen der biologischen Schädlingsbekämpfung. Bei den indirekten Maßnahmen werden die Lebensräume von Nützlingen geschont und so ihre Vermehrung erleichtertet oder besser gesagt gefördert, indem zum Beispiel Nistkästen für Höhlenbrüter in der Nähe der Pflanzenkulturen angebracht werden oder indem die Nesthügel der roten Waldameise mit Schutzhauben versehen werden. Zudem erhält oder errichtet man Biotope und Hecken um ökologische Nischen zu bewahren[31].
Bei der direkten biologischen Schädlingsbekämpfung werden gezielt Nützlinge ausgebracht. Dabei werden Feinde der Schädlinge im Labor gezüchtet und in den befallenen Gebieten ausgesetzt. Hauptsächlich werden Schlupfwespenarten gezüchtet, denn diese setzten ihre Eier in die Puppen, Larven oder Eier der Schädlinge. Die geschlüpften Larven ernähren sich von ihrem Wirt und vernichten ihn. Die Gefahr bei dieser Art der Schädlingsbekämpfung ist, dass die Parasiten sich auf andere eventuell nützliche Arten, verbreiten und diese damit schädigen oder gar ausrotten können. Vor allem Schwierigkeiten bei der Massenzüchtung, der Lagerung und dem Transport sind dafür verantwortlich, dass nur wenige dieser Nützlinge eine praktische Anwendung gefunden haben. Eine weitere Möglichkeit ist die mikrobiologische Schädlingsbekämpfung. Hierbei werden Viren oder Bakterien genutzt die bei dem zu bekämpfenden Schädling eine Infektion hervorrufen.
Grundsätzlich erfordern die biologischen Methoden sehr sorgfältige Voruntersuchungen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Umwelt, besonders bei dem Einsatz von Bakterien, Pilzen und Viren, deren „Erfolgsradius“ außer Kontrolle geraten kann[32].
5.2 Integrierter Pflanzenschutz
Insgesamt gesehen sind die Möglichkeiten der biologischen Schädlingsbekämpfung noch beschränkt. Eine Alternative stellt der integrierte Pflanzenschutz dar, der mittlerweile weltweit als Leitbild des praktischen Pflanzenschutzes gilt (siehe AGENDA 21[33] ).
Das Pflanzenschutzgesetz definiert den Integrierten Pflanzenschutz als „eine Kombination von Verfahren, bei denen unter vorrangiger Berücksichtigung biologischer, biotechnischer, pflanzenzüchterischer sowie anbau- u. kulturtechnischer Maßnahmen die Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel auf das notwendige Maß beschränkt wird“[34].
Die Vielfalt der landbaulichen Bedingungen lässt aus heutiger Sicht kein isoliertes Patentrezept mehr zu, der Trend geht zu einer ausgefeilten Kombination der verschiedenen Einflussfaktoren. Diese Einzelfaktoren werden miteinander vernetzt. Das angefügte Schaubild verdeutlicht dass dieses Konzept anspruchsvoll ist und eine Vielzahl von Faktoren integriert, dass es aber auch erheblich höhere Anforderungen an den Landwirt stellt[35].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
aus: http://www.pflanzenschutz.fcio.at/pb_live/integrierter_pflanzenbau. htm (08.02.03)
Der integrierte Pflanzenschutz beruht auf einer synchronisierten Anwendung aller wirtschaftlich, ökologisch und toxikologisch verantwortbaren Methoden des Pflanzenschutzes, um die Population von Schadorganismen unter der wirtschaftlichen Schadenschwelle zu halten. Dieses Prinzip strebt an, überflüssige Störungen der bei Pflanzenschutzmaßnahmen betroffenen Lebensgemeinschaften unserer Wälder, Felder und Gärten zu vermeiden. Unerlässliche chemische oder sonstige Pflanzenschutzaktionen sind so gezielt auszurichten, dass sie die Schädlings- oder Unkrautpopulation zwar unter die Schadenschwelle reduzieren, die übrige Lebenswelt des betroffenen Raumes aber nicht mehr stören als unbedingt notwendig. Dazu gehört auch das Bestreben der Pflanzenschutzmittelindustrie, giftige und langsam abbauende Mittel durch weniger giftige, sich schnell zersetzende Präparate abzulösen und die Suche nach spezifischen, nützlingsschonenden Stoffen weiter zu intensivieren[36].
6. Zusammenfassende Schlussbetrachtung
Beginnend um die Jahrhundertwende, erfolgte mit der steigenden Besiedlungsdichte, dem Ausbau des Verkehrsnetzes, der Industrialisierung vieler Bezirke, der Entstehung von Ballungszentren sowie der Intensivierung und Mechanisierung pflanzenbaulicher Produktionsverfahren eine ständig schneller ablaufende, großflächige Umgestaltung ganzer Landstriche. Ein vom Menschen geschaffenes, auf seine Wirtschaftsziele ausgerichtetes Landschaftsbild wurde in weiten Regionen vorherrschend. Viele Pflanzen- und Tierarten gingen in gleichem Maße, indem ihre Lebensräume verändert wurden, im Bestand zurück oder starben aus. Einzelne von ihnen wurden aber durch diese neue Situation begünstigt und vermehrten sich stark; sie wurden zu „Schädlingen“ und gefährdeten die Ernte. Nach den gleichen Gesetzmäßigkeiten breiteten sich auch Pflanzenkrankheiten sowie Unkräuter aus, die durch den verstärkten Einsatz von Düngemittel noch besser gediehen. Erst mit dem Vordringen von Chemie und Technik war es möglich diese Schädlinge in den Griff zu bekommen und die Erträge für die wachsende Bevölkerung zu sichern und zu steigern. Der chemische Pflanzenschutz erzielte enorme Erfolge und wurde scheinbar unentbehrlich, jedoch zeigte sich auch bald die Kehrseite.
Um die Eingansfrage zu beantworten: Sicherlich hat der chemische Pflanzenschutz in seinen Anfängen einige Gründe zur Besorgnis gegeben. Die zunehmende Monotonie der Landwirtschaft, wie die ansteigenden Resistenzerscheinungen bei Schädlingen seien an dieser Stelle nur als Beispiele genannt. Nachdem Rückstände in landwirtschaftlichen Erzeugnissen festgestellt wurden, wie z.B. beim DDT, wurde der Schutz des Verbrauchers verstärkt. Durch intensive, jahrelange Untersuchungen und der gesetzlichen Höchstmengenverordnung wird der Verbraucher heutzutage relativ zuverlässig geschützt.
Zwar gibt es mögliche Alternativen, wie den biologischen Pflanzenschutz, doch dieser allein wird niemals den Einsatz von Chemikalien vollständig ersetzen können. Die Zukunft gehört dem Integrierten Pflanzenschutz. Dieser versucht den Pflanzenschutz so zu gestalten, dass er langfristig sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch vertretbar ist. Allein aus Gründen der Rationalisierung werden wir auf die Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel in absehbarer Zukunft nicht verzichten können.
Die Forderungen nach einem „Öko-Anbau“ werden zwar immer lauter, doch wissen viele Verbraucher mit Sicherheit nicht, welche Konsequenzen dies für sie haben würde. Sie sind viel zu sehr an makelloses, haltbares Obst und Gemüse gewöhnt, welches sie zu jeder Jahreszeit überall erwerben können. Als allererstes müsste die Bevölkerung ihre Erwartungen an die landwirtschaftlichen Erzeugnisse von Grund auf ändern. Doch auch dann wäre ein völliger Wegfall von chemischen Pflanzenschutzmitteln undenkbar, denn ein hoher Ernteverlust oder gar die völlige Vernichtung einer Ernte durch Pflanzenkrankheiten oder Schädlinge wäre unverantwortlich gegenüber der ständig wachsenden Weltbevölkerung.
7. Literaturverzeichnis
Albrecht-Thaer- Gesellschaft(Hrsg.): Die Landwirtschaft Niedersachsens, 1914-1964, Hannover 1964.
Bohle, H.: Chemie in der Landwirtschaft: gestern – heute – morgen, aus: Chemie in der Landwirtschaft, herausgegeben von der BASF Aktiengesellschaft, 2. Auflage, Köln 1981, S. 329-347.
Büschenfeld, J.: Chemie in der Landwirtschaft, Zur Umweltgeschichte der Pestizid-Anwendung in Deutschland seit 1945, www.uni-bielefeld.de/umweltforum/pdf-dat/fomag_landwirtschaft.pdf (22.11.02).
Ernst, A., Langbein, K., Weiss, H.: Gift-Grün, Chemie in der Landwirtschaft und die Folgen, Aktualisierte Ausgabe, München 1988.
Falbe, J., Regitz, M.(Hrsg.) : Römpp, Chemie Lexikon, CD-ROM, ohne Orts- und Jahresangabe.
Heddergott, H.: Hundert Jahre Pflanzenschutz, aus: Chemie + Fortschritt, VCI Schriftenreihe, Hundert Jahre Agrar-Chemie, herausgegeben vom Verband der Chemischen Industrie e.V., Berlin 1977, S. 11-19.
Lingen, P., Beyer, R.: Chemie ohne Gefahr, Forschung und Entwicklung für die Sicherheit industrieller Produkte und Verfahren, Bonn 1988.
Vetter, H.: Nutzen der Düngung – bisher und künftig, aus: Chemie + Fortschritt, VCI Schriften-reihe, Hundert Jahre Agrar-Chemie, herausgegeben vom Verband der Chemischen Industrie e.V., Berlin 1977, S. 20-26.
Wächter, H.-H.: Die Landwirtschaft Niedersachsens vom Beginn des 19. bis zur Mitte des 20 Jahrhunderts, Bremen 1959.
Zirnstein, G.: Ökologie und Umwelt in der Geschichte, Marburg, 1996.
Internetseiten:
http://www.pflanzenschutz.fcio.at/pb_live/integrierter_pflanzenbau.htm (08.02.03)
http://www.geocities.com/RainForest/7090/agd21k00.htm (09.02.03)
[...]
[1] Zirnstein, G.: Ökologie und Umwelt in der Geschichte, Marburg, 1996, S.128.
[2] Ebd.
[3] Ebd., S.129.
[4] Albrecht-Thaer-Gesellschaft(Hrsg.): Die Landwirtschaft Niedersachsens,
1914-1964, Hannover 1964, S. 255.
[5] Zirnstein, G.: Ökologie und Umwelt, S.131, f.
[6] Büschenfeld, J.: Chemie in der Landwirtschaft, Zur Umweltgeschichte der Pestizid-Anwendung in Deutschland seit 1945, www.unibielefeld.de/ umweltforum/pdf-dat/fomag_landwirtschaft.pdf (22.11.02).
[7] Ebd.
[8] Ebd.
[9] Heddergott, H.: Hundert Jahre Pflanzenschutz, aus: Chemie + Fortschritt, VCI Schriftenreihe, Hundert Jahre Agrar-Chemie, herausgegeben vom Verband der Chemischen Industrie e.V., Berlin 1977, S. 11-19, S. 13.
[10] Dichlordiphenyltrichlorethan
[11] Ebd., S.13.
[12] Büschenfeld, J.: Chemie in der Landwirtschaft
[13] Heddergott, H.: Hundert Jahre Pflanzenschutz, S. 14.
[14] Lingen, P., Beyer, R.: Chemie ohne Gefahr, Forschung und Entwicklung für die Sicherheit industrieller Produkte und Verfahren, Bonn 1988, S.117.
[15] Heddergott, H.: Hundert Jahre Pflanzenschutz, S. 14, f.
[16] Ebd., S.15.
[17] Lingen, P., Beyer, R.: Chemie ohne Gefahr, S. 121.
[18] Ebd., S. 120.
[19] Ebd., S. 124.
[20] Falbe, J., Regitz, M.(Hrsg.) : Römpp, Chemie Lexikon, CD-ROM, ohne Orts- und Jahresangabe, Stichwort; DDT.
[21] Lingen, P., Beyer, R.: Chemie ohne Gefahr, S. 124.
[22] Ebd., S. 125.
[23] Falbe, J., Regitz, M.(Hrsg.) : Römpp, Stichwort; DDT.
[24] Ebd., S. 127, f.
[25] Heddergott, H.: Hundert Jahre Pflanzenschutz, S. 16
[26] Lingen, P., Beyer, R.: Chemie ohne Gefahr, S. 128.
[27] A cceptable D aily I ntake = duldbare tägliche Aufnahme.
[28] Lingen, P., Beyer, R.: Chemie ohne Gefahr, S. 129, f.
[29] Heddergott, H.: Hundert Jahre Pflanzenschutz, S. 18.
[30] Falbe, J., Regitz, M.(Hrsg.) : Römpp, Stichwort; Pflanzenschutz.
[31] Ebd.
[32] Ebd.
[33] „Die Agenda 21, die mit ihren 40 Kapiteln alle wesentlichen Politikbereiche einer umweltverträglichen, nachhaltigen Entwicklung anspricht, ist das in Rio von mehr als 170 Staaten verabschiedete Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert.“ Aus: http://www.geocities.com/RainForest/7090/agd21k00.htm (09.02.03).
[34] Falbe, J., Regitz, M.(Hrsg.) : Römpp, Stichwort; Pflanzenschutz.
[35] Lingen, P., Beyer, R.: Chemie ohne Gefahr, S. 136.
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in diesem Text über Chemie in der Landwirtschaft?
Dieser Text untersucht die Rolle der Chemie in der Landwirtschaft, insbesondere im Zusammenhang mit Pflanzenschutzmaßnahmen. Er beleuchtet die Intensivierung der Landwirtschaft im 19. und frühen 20. Jahrhundert, die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg, die Vor- und Nachteile des chemischen Pflanzenschutzes, alternative Methoden und den Schutz des Verbrauchers.
Was waren die Gründe für die Intensivierung der Landwirtschaft im 19. und frühen 20. Jahrhundert?
Die Intensivierung der Landwirtschaft war getrieben durch die Aufhebung der Leibeigenschaft, die Ordnung der Eigentumsverhältnisse (Flurbereinigung), die Einführung von Brachfrüchten anstelle der Brache, die Ausweitung der landwirtschaftlichen Nutzflächen (z.B. durch Moorkultivierung) und die Verbreitung von Landmaschinen. Dies führte zur Notwendigkeit der Düngung.
Welche Rolle spielte die Düngung in der Intensivierung der Landwirtschaft?
Die Düngung wurde notwendig, um den Nährstoffverlust der Böden durch die veränderten Anbaumethoden und den Abtransport von Ackerpflanzen auszugleichen. Zunächst wurde hauptsächlich mit Stallmist, Jauche und Gründünger gedüngt, später kamen mineralische Düngemittel hinzu.
Warum kam die Entdeckung chemisch-synthetischer Pflanzenbehandlungsmittel nach dem Zweiten Weltkrieg so gelegen?
Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Landwirtschaft von Kleinbetrieben mit geringem Mechanisierungsgrad geprägt. Die Sicherung der Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung hatte oberste Priorität. Durch die Landflucht entstand ein Arbeitskräftemangel, der durch Mechanisierung und den Einsatz von chemischen Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln ausgeglichen wurde.
Welche Vorteile hatte der chemische Pflanzenschutz?
Der chemische Pflanzenschutz wirkte schnell und zuverlässig, war leicht zu handhaben und meist kostengünstig. Er trug entscheidend zur Steigerung der Qualität und Quantität der pflanzenbaulichen Erzeugung bei, indem er Ernteausfälle durch Krankheiten, Schädlinge und Unkräuter verringerte.
Welche Nachteile hatte der chemische Pflanzenschutz?
Zu den Nachteilen gehörten die Reduzierung der Unkrautvielfalt, die Spezialisierung von Schädlingen, die Schädigung von Nützlingen, die Entwicklung von Resistenzen bei Schädlingen und das Problem giftiger Rückstände in den Erzeugnissen.
Was war DDT und warum war es umstritten?
DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) war ein weit verbreitetes Insektizid, das im Zweiten Weltkrieg zur Bekämpfung von Krankheitsüberträgern eingesetzt wurde. Es war sehr wirksam, aber auch umstritten, da es im Fettgewebe von Lebewesen gespeichert wird, sich in der Nahrungskette anreichert und zu Resistenzerscheinungen bei Insekten führte. Obwohl Schäden für Menschen und Säugetiere nicht eindeutig belegt wurden, führte der Skandal zu einem verstärkten Fokus auf den Verbraucherschutz.
Wie wird der Verbraucher vor Rückständen von Pflanzenschutzmitteln geschützt?
Pflanzenbehandlungsmittel werden intensiv auf ihre Wirksamkeit und Verträglichkeit getestet. Nur amtlich zugelassene Präparate dürfen verwendet werden. Für Rückstände in Lebensmitteln gibt es Höchstmengen, die auf dem ADI-Wert (duldbare tägliche Aufnahme) basieren und weite Sicherheitsspannen berücksichtigen.
Welche Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz gibt es?
Alternativen sind die biologische Schädlingsbekämpfung (Einsatz von Lebewesen zur Schädlingsbekämpfung) und der integrierte Pflanzenschutz (Kombination verschiedener Verfahren, bei denen der Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel auf das notwendige Maß beschränkt wird).
Was bedeutet integrierter Pflanzenschutz?
Integrierter Pflanzenschutz ist eine Kombination aus biologischen, biotechnischen, pflanzenzüchterischen sowie anbau- und kulturtechnischen Maßnahmen, um den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel auf das notwendige Maß zu beschränken. Ziel ist es, die Population von Schadorganismen unter der wirtschaftlichen Schadenschwelle zu halten und gleichzeitig die Umwelt zu schonen.
Ist ein völliger Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft möglich?
Ein völliger Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel ist derzeit nicht realistisch, da die biologische Schädlingsbekämpfung allein den Bedarf nicht decken kann. Der integrierte Pflanzenschutz stellt jedoch einen vielversprechenden Ansatz dar, um den Einsatz von Chemikalien zu reduzieren und gleichzeitig die Erträge zu sichern.
- Arbeit zitieren
- Stephanie Kohsiek (Autor:in), 2002, Die "Chemisierung" der Landwirtschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108180