Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einführung in die Problematik und den Aufbau der Arbeit
2. Die ökonomische Theorie des fiskalischen Föderalismus
3. Interregionale externe Effekte: Nutzenstreuung öffentlicher Leistungen
4. Auswirkungen auf die Allokation öffentlicher Güter
4.1 Unterversorgung
4.2 Überversorgung
4.3 Quantitativer Ausgleich entgegengesetzter Spillover-Effekte
5. Lösungsansätze
5.1 Koordinierte Politik
5.1.1 Horizontale Zuweisungen
5.1.2 Vertikale Zuweisungen
5.2 Beteiligung privater Parteien an den Verhandlungen
5.3 Zentralisierung
6. Resümee und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Interregionale Spillovers
Abbildung. 2: Internalisierung externer Effekte mittels horizontaler Zuweisungen
Abbildung.3: Der optimale Zentraliserungsgrad
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einführung in die Problematik und den Aufbau der Arbeit
Interregionale externe Effekte entstehen, wenn öffentliche Güter über die geographischen Grenzen der bereitstellenden Gebietskörperschaft hinaus einen Nutzen produzieren, der von den empfangenden Wirtschaftssubjekten nicht kostenmäßig abgegolten wird. Es ist also eine Diskrepanz zwischen dem Kreis der Nutznießer und dem Kreis der Kostenträger vorhanden.
Diese Tatsache wird in der Literatur oftmals mit dem Versagen lokaler Finanzpolitik in Zusammenhang gebracht. Eine Vielzahl der Autoren vertritt die Meinung, dass regionale Regierungen öffentliche Güter suboptimal anbieten, wenn bei deren Bereitstellung Spillover-Effekte auftreten.[1]
Somit stellt sich die Frage, wie diese Effekte internalisiert werden können.
Kapitel eins bietet einen kurzen Einstieg in die Thematik sowie einen Überblick über den Aufbau und die Ziele dieser Arbeit.
Unter Kapitel zwei wird das Konzept der ökonomischen Theorie des Föderalismus besprochen, das als Basis für das Verständnis der weiteren Diskussion unentbehrlich ist. Denn nur in einer föderalen Struktur mit dezentralen Entscheidungskompetenzen können Spillover-Effekte entstehen. Es bleibt also zu klären, welche Vorteile eine föderale Struktur bietet und unter welchen Bedingungen sie funktioniert.
Unter Punkt drei wird eine Begriffsbestimmung interregionaler Effekte gegeben und an einem Beispiel aufgezeigt.
Kapitel vier erläutert den Mechanismus eines externen Effektes sowie dessen Auswirkung auf die Versorgungssituation mit öffentlichen Gütern.
Unter Punkt fünf soll gezeigt werden, welche Möglichkeiten sich den betroffenen Jurisdiktionen bieten, um auf das Auftreten von externen Effekten zu reagieren.
Die in der Literatur zu findenden, oftmals stark modelltheoretischen Internalisierungsstrategien werden zunächst in ihrer Wirkungsweise erläutert, um dann kritisch hinterfragt zu werden.
Die Kernfrage dieser Arbeit lautet:
Welche Auswirkungen haben interregionale externe Effekte auf die optimale Bereitstellung öffentlicher Güter und wie können die betroffenen Jurisdiktionen diesen entgegenwirken?[2]
2. Die ökonomische Theorie des fiskalischen Föderalismus
Die moderne Finanztheorie weist im Anschluss an Musgrave[3] dem Staat in einem marktwirtschaftlichen System Aufgaben im Bereich der Allokation, Distribution und Stabilisierung zu. Aktivitäten in der sog. Allokationsabteilung haben zum Ziel, die optimale Allokation der Ressourcen herbeizuführen. Dies verlangt, dass
(1) mit den vorhanden Produktionsfaktoren ein Maximum an Gütern und Leistungen hergestellt und
(2) die Produktion an die Präferenzen der Wirtschaftssubjekte bestmöglich angepasst wird.
Auch das Angebot an öffentlichen Leistungen muss den beiden Kriterien gerecht werden. Damit stellt sich die Frage, welche Art der Aufgabenverteilung - die zentralisierte oder die weitgehend dezentralisierte Lösung - diesem Ziel eher gerecht wird. Die ökonomische Theorie des Föderalismus stützt sich zunächst auf den zweiten Punkt: Der Staat soll öffentliche Leistungen unter Berücksichtigung der Präferenzen seiner Bürger anbieten. Daraus werden wesentliche Argumente für eine dezentrale Aufgabenverteilung hergeleitet. Sollen die öffentlichen Leistungen nämlich in Übereinstimmung mit den Präferenzen der Bürger angeboten werden, setzt dies die Kenntnis der Präferenzen voraus. Es steht zu vermuten, dass auf den nachgeordneten Ebenen einer Föderation diese Bedingung eher erfüllt ist.[4] Pennock hat dazu eine Methode entwickelt, mit der sich zeigen lässt, dass mit sinkender Größe einer Gebietskörperschaft die Anpassung des Angebots öffentlicher Güter an die Präferenzen der Mitglieder eher gelingt.[5]
Je kleiner die Gebietskörperschaft ist, umso wahrscheinlicher ist es, dass ein Individuum Einfluss auf die Bereitstellung nehmen und damit seine Präferenzen zur Geltung bringen kann. Zwar wird es auch auf den unteren Ebenen stets Minderheiten geben, die sich den Wünschen der Mehrheit unterordnen müssen, was ökonomisch zu Wohlstandsverlusten führt. Aber die Zahl der Wirtschaftssubjekte, die in eine Minderheit geraten können, ist üblicherweise geringer als bei einem zentralen Güterangebot. Eine Zentralregierung wird sich notwendigerweise nur an den durchschnittlichen Präferenzen ausrichten, so dass Minderheiten und die damit verbundenen Wohlstandsverluste größer sein werden.
An folgendem Beispiel kann dies veranschaulicht werden:
Gebietskörperschaft 1 und Gebietskörperschaft 2 möchten jeweils eine neue Oper bauen. Die Verantwortlichen der 1. Jurisdiktion planen, ein kleines, weniger modernes Gebäude, die der 2. Jurisdiktion ein großes und prunkvolles Gebäude zu errichten. Dementsprechend weisen die Bürger der Jurisdiktion 1 eine geringere Zahlungsbereitschaft auf als die Bürger in Gebietskörperschaft 2. Bei einer dezentralen Kompetenz könnten die Bürger beider Regionen ihre Vorstellungen realisieren. Wird allerdings für beide Jurisdiktionen durch eine Zentralregierung eine gemeinsame Oper gebaut, würde diese wegen der Ausrichtung an den durchschnittlichen Präferenzen für Region 1 zu groß, für Region 2 zu klein ausfallen. Die Bürger beider Länder trügen somit Opportunitätskosten in Form der besseren nicht-realisierten Alternative. Sie sind also bei einer zentralen Bereitstellung schlechter gestellt als bei einer dezentralen.
Oates[6] bezeichnet dies als das Dezentralisierungstheorem des fiskalischen Föderalismus: „... in the absence of cost-savings from the centralized provision of a (local public) good of interjurisdictional externalities, the level of welfare will always be at least high (and typical higher) if pareto-efficient levels of consumption are provided in each jurisdiction than if any single, uniform level of consumption is maintained across all jurisdictions. “
Dem Dezentralisierungstheorem liegt das Prinzip der fiskalischen Äquivalenz zugrunde[7]. Das Äquivalenzprinzip fordert zunächst eine Übereinstimmung von Nutznießern einer staatlichen Maßnahme und denjenigen, die die Kosten dieser Maßnahme tragen.[8] D. h., jeder Nutzer muss entsprechend der Höhe seines Nutzens mit einem äquivalenten Anteil an den Kosten beteiligt werden. In einer erweiterten Version, dem Prinzip der institutionellen Symmetrie, fordert Blankart nicht nur die Identität von Nutzern und Zahlern einer öffentlichen Leistung, sondern auch die Kongruenz von Entscheidungsberechtigten und Zahlern.[9] Nur wer mit den Kosten der Entscheidung konfrontiert wird, so die Logik der Forderung, wird auch rational abwägend entscheiden, ob die betreffende Maßnahme notwendig und sinnvoll ist. Diese institutionelle Symmetrie ist dann nicht erfüllt, wenn externe Effekte zwischen den Gebietskörperschaften bestehen.[10] Die Verwirklichung des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz stellt eine notwendige Bedingung Pareto-optimaler Allokationseffizienz dar.
3. Interregionale externe Effekte: Nutzenstreuung öffentlicher Leistungen
Externe Effekte zwischen Jurisdiktionen treten immer dann auf, wenn die Grenzen der räumlich gegliederten Gebietskörperschaften nicht mit den Grenzen der funktional gegliederten übereinstimmen und damit gegen die räumliche Koinzidenz von Kosten und Nutzen verstoßen wird, d. h. wenn Handlungen einer Region Auswirkungen auf eine andere Region haben, also über die räumlichen Grenzen hinaus wirken. Ist eine Beschränkung der eigenen Aktivitäten bzw. eine totale Exklusion Dritter bei der Bereitstellung öffentlicher Leistungen nicht möglich, sind Spillovers nicht vermeidbar.
Nehmen wir das Beispiel der beiden Opern wieder auf.
In der in Gebietskörperschaft 2 gebauten prunkvollen Oper werden Aufführungen von höchstem künstlerischen Wert angeboten. Da diese für die Oper in der Jurisdiktion 1 zu teuer sind und entsprechende Kapazitäten fehlen, werden auch Bürger aus der Region 1 die größere Oper besuchen. Nun unterstellen wir, dass die Eintrittspreise in beiden Regionen nicht kostendeckend sind, so dass ein Teil des Budgets durch Staatsgelder gedeckt werden muss.
Als Folge zahlen die Bürger der Jurisdiktion 2 über ihre Steuern die Leistung der Oper mit höheren Beiträgen und subventionieren damit die Bürger aus Region 1. Nutznießer und Kostenträger fallen also auseinander.
Spillover-Effekte können dabei - wie z.B. im Gesundheitswesen - positiver (external economies), sie können aber auch - wie z.B. bei Umweltschäden - negativer (external diseconomies) Natur sein.
Positive externe Effekte treten auf, wenn Handlungen einer Jurisdiktion zu einem Nutzenzuwachs in einer anderen Gebietskörperschaft führen. Negative Externalitäten bedeuten entsprechend einen Nutzenrückgang in einer anderen Region.
Weiter wird unterschieden zwischen Spillouts und Spillins. Spillouts stellen den Teil des externen Nutzens dar, der von der jeweils betrachteten Jurisdiktion emittiert wird, während Spillins die Nutzenimmissionen in einer Jurisdiktion repräsentieren.[11]
4. Auswirkungen auf die Allokation öffentlicher Güter
Die Sicherstellung einer angemessenen Versorgung mit privaten und öffentlichen Gütern steht im Mittelpunkt der staatlichen Allokationsaufgabe. Während die Versorgung mit privaten Gütern über eine adäquat gestaltete Ordnungspolitik sichergestellt werden kann, treten staatliche Stellen bei öffentlichen Gütern selbst als Bereitsteller auf. Treten bei der Bereitstellung externe Effekte auf, hat dies Auswirkungen auf die Effizienz der Allokation.
Grundsätzlich sind hier drei Möglichkeiten denkbar.[12]
(1) Das Angebot an öffentlichen Gütern ist zu niedrig,
(2) das Angebot an öffentlichen Gütern ist zu hoch,
(3) Entgegengesetzte Spillover-Effekte gleichen sich quantitativ aus, so dass das Angebot öffentlicher Leistungen weiterhin effizient ist.
Eine Über- bzw. Unterversorgung wird üblicherweise definiert als Differenz zwischen den bereitgestellten - und letztlich auch genutzten - und in der jeweiligen Jurisdiktion intern produzierten Menge öffentlicher Leistungen.
[...]
[1] Vgl. insbesondere Oates (1972) und Gordon (1983).
[2] Als Standardwerk gilt Oates (1972), vgl. außerdem Oates (1977) und King (1992).
[3]Vgl. Musgrave (1959).
[4] Vgl. auch Tiebout (1956), S. 416. Die bessere Präferenzerfüllung auf lokaler Ebene kann mit der Annahme homogenerer Präferenzen in einer Gemeinde erklärt werden.
[5] Vgl. Pennock (1959).
[6]Vgl. Oates (1972).
[7]Vgl. Olson (1969).
[8] Diese Forderung findet man schon bei Wicksell (1896), S. 72: „Government expenditures should be allocated according to their benefits.“
[9]Vgl. Blankhart (1991).
[10]Vgl. Gordon (1983).
[11] Diese Formulierung bezieht sich auf positive externe Effekte. Analog kann die Argumentation auch für negative Externalitäten geführt werden. Spillouts beeinträchtigen dann das Nutzenniveau der empfangenden Gebietskörperschaft.
[12] Vgl. Pawlowski (1972).
- Arbeit zitieren
- Stefan Köstermenke (Autor:in), 2002, Die Problematik interregionaler Externalitäten für eine lokale Finanzpolitik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108311
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