ISO/IEC 13250 Topic Maps - Neue Wege des Wissensmanagements


Studienarbeit, 2003

73 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Der Topic Maps Standard – ISO/IEC
II.1 Einführung und Hintergründe
II.2 Topic Maps – Modell
II.2.1 ‚TOPIC’
II.2.2 ‚TOPIC OCCURRENCE’
II.2.3 ‚TOPIC ASSOCIATION’
II.2.4 ‚SCOPE’ und ‚THEME’
II.2.5 ‚PUBLIC SUBJECT DESCRIPTOR’ und ‚FACET’

III. Einsatzmöglichkeiten von Topic Maps
III.1 Wissensmanagement
III.2 Internet
III.3 Datenbanken
III.4 Glossare
III.5 Lexika/ Enzyklopädien
III.6 Content Management Systeme in Unternehmen
III.7 Telemediales Lernen
III.8 E-Commerce
III.9 Ontologiestrukturen: Fokus „WordNet“

IV. Topic Maps und die WordNet-Ontologie
IV.1 Ontologien
IV.1.1 Definition und Hintergründe
IV.1.2 Beispiele und Anwendungen
IV.2 Ontologiestrukturen und der Topic Maps – Standard
IV.3 WordNet: Eine charakteristische Beschreibung
IV.3.1 Entwicklung und Hintergründe
IV.3.2 Funktion und Möglichkeiten von WordNet
IV.4 WordNet – Analyse
IV.4.1 Nomen in WordNet
IV.4.2 Synsets, Synonyms
IV.4.3 Coordinated Terms
IV.4.4 Hypernyms
IV.4.5 Hyponyms
IV.4.6 Familiarity
IV.4.7 Meronyme, Holonyme, Antonyme, etc
IV.4.8 Verben in WordNet
IV.4.9 Adjektive in WordNet
IV.5 Implementierung von WordNet durch Topic Maps
IV.5.1 Die WordNet – Topic Map
IV.5.2 Ontologie-Topics
IV.5.3 „Synset“-Topics
IV.5.4 Association-Topics
IV.5.5 Wort-Topics.
IV.5.6 Scope

V. Kritische Anmerkungen zu Topic Maps
V.1 Allgemeine Kritik zum Topic Maps Standard
V.2 Kritische Betrachtung der WordNet-Topic Map
V.2.1 Ontologische Umsetzung
V.2.2 Occurrences
V.2.3 Semantische Ergänzungen
V.2.4 Anwendungssoftware
V.3 Entwicklungsmöglichkeiten und Ausblick

VI. Modellierung einer Literatur-Map mit K
VI.1 K42-Tool
VI.2 Literatur-Map

V.II Zusammenfassung

Anhang A: K42-LiteraturMap-XTM-Auszug

Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Knowledge is information that has been organized and analyzed to make it understandable and applicable to problem solving

or decision making. 1

(Turban)

Das Management, die Strukturierung und die Beschaffung von Wissen und Informationen gehören heute zu den zentralen Aufgaben unserer Gesellschaft.

In Wirtschaftsunternehmen, in der Forschung und im privaten Bereich müssen enorme Mengen an Daten verarbeitet und organisiert werden.

Ein Wissensvorsprung, gleich welchen Bereich betreffend, stärkt die eigene Position und wird als essentieller Vorteil betrachtet.

Das Feld des Wissensmanagements erlangte in letzter Zeit große Beachtung und spielt mittlerweile sowohl in der aktuellen Forschung, als auch in der unternehmerischen Umsetzung eine gewichtige Rolle.

Die gewaltige Zunahme an Daten und Informationen stellt hohe Herausforderungen an die Art und Technik des Umgangs mit diesen Ressourcen.

Eine dominierende Ursache für die großen Mengen an Informationen liegt in dem Innovationsfortschritt computerbasierter Techniken begründet. Das hervorstechende Beispiel für diesen Bereich stellt das Internet (WWW, Email, etc.) dar. Die Informationen, welche im Internet in digitaler Form zur Verfügung stehen, sind quantitativ und qualitativ nicht mehr erfassbar.

Erst durch einen intelligenten Prozess der Strukturierung und Evaluierung kann eine Transformation von rohen Daten hin zu anwendbarem Wissen stattfinden.

Daten und Informationen sind nur wertvoll, wenn sie sinnvoll in einen Zusammenhang gestellt werden. Mit dem Übergang von einer reinen Anhäufung von Informationen hin zu einer geordneten Struktur von Daten, welche Lösungen für Problemstellungen liefern kann, beschäftigt sich das Wissensmanagement. Werden die vorhandenen Informationen nicht intelligent verwaltet, kann es sein, dass sich schon allein die Suche nach den gewünschten Daten als aufwändiger herausstellt, als eine Neubeschaffung.

Auch die Zusammenführung von Informationen kann neues Wissen entstehen lassen, indem beispielsweise Schlussfolgerungen gezogen werden können.

Das Feld des Wissensmanagements deckt mehrere Gebiete ab und kann umfassend nur interdisziplinär betrachtet werden. Es wird eine hohe Anforderung an eine integrative Lösung für die sich ergebenden Problematiken gestellt.

Aspekte des Wissensmanagements können aus sehr verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden:

- betriebswirtschaftlich
- organisationswissenschaftlich
- systemtheoretisch
- informationstechnisch
- psychologisch

Die betriebswirtschaftliche und organisationswissenschaftliche Betrachtung beschäftigt sich zum Beispiel mit der Selektion von wichtigen Informationen und deren Interpretation, wie Schlussfolgerungen, etc.. Wissen wird in diesem Feld angewendet und fungiert als Entscheidungsgrundlage, der inhaltliche Wert der Informationen liegt hier im Vordergrund.

Die systemtheoretische Betrachtung legt ihren Schwerpunkt auf die strukturelle Gliederung der Informationen in Systeme. Weitgehend vom Inhalt abstrahiert werden effiziente Systeme gesucht, die die Daten gültig und systematisch ordnen.

Insbesondere bei der Suche in Informationen bestehen hohe technische, vorrangig informationstechnische Anforderungen. Die entworfenen Systeme zur Strukturierung der Daten müssen technisch umgesetzt werden. Computerbasierte Medien sind nicht nur die Ursache für die stark wachsenden Mengen an Daten, sie helfen auch, diese Informationen zu organisieren und zugänglich zu machen.

Der psychologische Charakter des Wissensmanagements umfasst insbesondere die kognitive Verarbeitung von Informationen. Wissen sollte so aufbereitet angeboten werden, dass es leicht verstanden und behalten werden kann. Dazu ist das Wissensmanagement auf Forschung im Gebiet der Psychologie angewiesen.

Diese Arbeit befasst sich schwerpunktmäßig mit der informationstechnischen Seite und zeigt mit dem ISO-Standard „ISO/IEC 13250 Topic Maps“ einen neuen Rahmen für die technische Realisierung von Wissensverarbeitung.

Die Organisation von Wissen bedarf effizienter Technologien, welche sich durch einen hohen systemischen Intelligenzquotienten2 auszeichnen. Diese Technologie zeichnen sich dadurch aus, dass sie systematisch und standardisiert eingesetzt werden und selbständig intelligente Prozesse durchführen können. Dies nimmt der ISO-Standard für sich in Anspruch.

Das Topic Maps-Modell definiert ein standardisiertes semantisches Netz, welches den Zugang zu Informationen erleichtern soll. Topic Maps strukturieren die Daten in einer Art und Weise, die ein effizientes Navigieren ermöglicht. Dieses Modell wird grundlegend in Kapitel II dargestelllt.

In welchen Bereichen sich der Standard durchsetzen könnte und welche konkreten Anwendungsgebiete in Frage kommen, wird inhaltlich in Kapitel III dargelegt. Die meisten Anwendungsfälle können zum derzeitigen Stand der Umsetzung des Standards nur prognostiziert werden, ohne realisierte Anwendungen beschreiben zu können.

Der interdisziplinäre Charakter, welcher das weite Feld des Wissensmanagements umspannt, kommt in dieser Arbeit besonders in Kapitel IV zum Tragen. Die Ausführungen in diesem Kapitel widmen sich der Umsetzung einer lexikalischen Ontologie – WordNet – mit Topic Maps. Dafür wird unter linguistischen und sprachwissenschaftlichen Gesichtspunkten der ontologische Aufbau von WordNet beschrieben. Erst nach einem tiefergehenden Verständnis für die zu organisierenden Informationen, in diesem Fall der WordNet-Ontologie, kann adaptiv eine spezielle Topic Map entworfen werden. Das Ergebnis der Implementierung ist die in Kapitel IV beschriebene WordNet-Topic Map.

Nach einer kritischen Beurteilung des ISO/IEC 13250 Standards in Kapitel V wird in Kapitel VI noch kurz eine Applikation vorgestellt, mit welcher Topic Maps erstellt und angezeigt werden können.

Eine praktische Anwendung dieses Tools wurde mit dem Erstellen einer Topic Map, der inhaltlich eine Auswahl an Publikationen zu Grunde liegt, getestet. Diese Literatur- Map fungiert prinzipiell als Literaturdatenbank, jedoch mit den funktionellen Stärken und Möglichkeiten einer Topic Map. Diese Topic Map ist als XML-Datei vorhanden und liegt dieser Arbeit in elektronischer Form bei.

Kapitel VII fasst die grundlegenden Ergebnisse dieser Arbeit kurz zusammen und gibt einen Ausblick über zukünftige Entwicklungen.

II. Der Topic Maps Standard – ISO/IEC 13250

II.1 Einführung und Hintergründe

Der in diesem Kapitel beschriebene internationale Standard ISO/IEC 13250 definiert ein Modell zur Strukturierung von Informationen mit Hilfe sogenannter ‚Topic Maps’. Diese Topic Maps sollen ein Hilfsmittel darstellen, um große Wissensmengen und Informationsberge zugänglich zu machen3.

Sie stellen ein semantisches Netz oberhalb der eigentlichen Daten dar und vereinfachen somit das Navigieren durch große Mengen an Informationen. Daten werden durch Topic Maps miteinander verknüpft, sie werden beschrieben4 und in Beziehung zueinander gestellt. Dabei bleiben die Informationen an sich unangetastet, die Topic Maps sind losgelöst und austauschbar.

Die Anfänge der Idee zur Gestaltung von „Maps“, welche der Wissensorganisation dienen, liegen schon im Jahre 1991. Der Schwerpunkt lag zu Beginn auf der Zusammenlegung und Strukturierung von Indexen. Über die Entwicklung des HyTime- Standards5 gelangte man dann allmählich zum Topic Map-Standard. Im Jahr 1996 wurde von der ISO-SGML-Arbeitsgruppe das Arbeitsgebiet „Topic Navigation Maps“ eingerichtet. Nach einigen Jahren, begleitet von Debatten in Online-Foren und Meetings, wurde im Herbst 1999 die erste Version des ISO Standards 13250 von der Arbeitsgruppe ISO JTC1/SC34/WG3 verabschiedet.

Hauptsächlich geprägt und verfasst wurde der Standard von Michel Biezunski, Martin Bryan und Steve Newcomb.6 Die zweite Version des Standards [ISO13250], welche die Grundlage für diese Arbeit bildet, wurde im Mai 2002 veröffentlicht. Die formelle Notation von Topic Maps ist in einer HyTime- und SGML-Architektur, wie in [ISO10744] beschrieben, definiert. Eine Topic Map ist ein SGML- oder XML-Dokument.

II.2 Topic Maps – Modell

Das Modell wird größtenteils durch einige Objekte dominiert, die im Folgenden definiert und erläutert werden. Zentrale Bedeutungen haben innerhalb des Standards die Elemente:

- ‚TOPIC’
- ‚TOPIC OCCURRENCE’
- ‚TOPIC ASSOCIATION’
Die Funktionalität wird durch einige weitere Elemente und Optionen erweitert und ausgebaut:
- ‚SCOPE’
- ‚THEME’
- ‚PUBLIC SUBJECT DESCRIPTOR’
- ‚FACET’
- ETC.

Die Bezeichnungen werden in englischer Terminologie verwendet, um Fehldeutungen durch eine Übersetzung zu vermeiden.7

Der Begriff ‚TOPIC MAP’ steht allgemein als Überbegriff für eine Struktur, die nach den Regeln des [ISO13250] aufgebaut ist. Eine Topic Map besteht aus den oben genannten Konzepten, wobei der explizite Aufbau sehr individuell gestaltet werden kann. Eine allgemeine Beschreibung von “Topic Maps” findet sich in den Ausführungen des Standards:

„A set of information resources regarded by a topic map application as a bounded object set whose hub document is a topic map document conforming to the SGML architecture defined by this International Standard.”8

Eine Topic Map fasst demnach eine Ansammlung von Informationen zusammen, welche nach den Vorschriften des ISO/IEC Standards 13250 mit einer SGML- Architektur organisiert sind.

Eine Topic Map beinhaltet sowohl die Navigationsebene mit den Elementen zur Strukturierung der Informationen, als auch die Datenebene, auf welcher die konkreten Informationen und Ressourcen liegen.

II.2.1 ‚TOPIC’

Der Definition, was ein Topic sein kann, sind keine Grenzen gesetzt - jedes „Ding“, jeder Gegenstand, jedes Wort und jede Zahl kann als Topic betrachtet werden. Je nach Anwendungsgebiet der Topic Map können die Topics frei gewählt werden.9 Eine Topic Map über Literatur wird als Topics wohl Autoren, Buchtitel, Verlage oder auch allgemeinere Begriffe wie „Gedicht“, „Roman“, „Belletristik“ und „Literatur-Nobelpreis“ definieren. Das Topic an sich hat noch keine Aussagekraft und wird erst durch weitere Spezifikationen und Verknüpfungen charakterisiert.

In den Worten des Standards:

„The invisible heart of every topic link is the subject that its author had in mind when it was created. In some sense, a topic reifies a subject.”10

Eine Möglichkeit der Spezifikation stellt das Element ‚TOPIC TYPE’ dar. Hiermit kann einem Topic ein oder mehrere „Typen“ zugeordnet werden. Diese Typen fassen die Topics zu Klassen zusammen. Dem Topic „Pippi Langstrumpf“ könnte als Topic Type der Begriff „Kinderbuch“, oder auch „Name“ zugeordnet werden. Das Topic „Astrid Lindgren“ könnte mit dem Topic Type „Autor“ oder „Person“ deklariert werden. Ein Topic Type ist seinerseits auch als Topic definiert.

Topic Types bilden Kanten, die eine Verkettung von Topics bewirken. Dadurch können Typhierarchienund Klasse-Instanz Beziehungen kreiert werden.11

Um Topics Namen geben zu können und eine detailliertere Beschreibung zu ermöglichen, wurde das Konzept des ‚TOPIC NAME’ definiert.

Da es oft mehrere Möglichkeiten einer Namensgebung für unterschiedliche Funktionen gibt, untergliedert man den Topic Name in drei Elemente:

- ‚BASE NAME’
- ‚DISPLAY NAME’
- ‚SORT NAME’

Ein Base Name muss für jedes Topic definiert werden und bildet damit den

„eigentlichen“ Namen. Display Name und Sort Name können optional angegeben werden. Der Display Name dient der Darstellung des Topics bei einer Applikation. Existiert kein solcher Name, erfüllt der Base Name diese Funktion, was auch beim Sort Name der Fall ist. Dieser wird bei einer Sortierung von Topics verwendet. Beispielhaft für das Topic „Pippi Langstrumpf“ könnte als Base Name „Pippi Langstrumpf“, als

Display Name „P. Langstrumpf“ und als Sort Name „Langstrumpf, Pippi“ definiert werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb II.1: Pippi Langstrumpf-Topic Map ‚Topics’

II.2.2 ‚TOPIC OCCURRENCE’

Topics wurden durch Types und Names in ihrer Art bisher sehr abstrakt definiert. Um das abstrakte Gebilde der Topics mit den Informationen, die verwaltet werden sollen in Verbindung zu bringen, werden Topic Occurrences eingeführt. Die Occurrence eines Topic stellt die relevante spezifizierte Informationressource für ein Topic an sich dar. Die Occurrence kann als der eigentliche Inhalt des Topics betrachtet werden. Dies können sowohl Online-Ressourcen, wie elektronische Daten oder Webpages, als auch Offline-Ressourcen sein. Die Arten der Occurrences können ebenso vielfältig ausfallen, wie die Topics selbst. Schriftdokumente, Video- oder Audioaufnahmen, Bilder, etc. sind Beispiele für die Art von Occurrences. Für das Topic „Pippi Langstrumpf“ käme als Occurrence das Hardcover-Buch im Bücherschrank genauso in Frage, wie ein digitales Portrait von Pippi im Internet, eine Pippi Langstrumpf-Videokassette oder die Homepage eines Pippi-Langstrumpf-Fanclubs.

Um die beliebig vielen Occurrences eines Topics zu kategorisieren und die Verbindung zwischen Topic und Occurrence zu beschreiben, steht das Konzept der

‚OCCURRENCE ROLE’ 12 zur Verfügung. Occurrence Roles sind deklarierte Topics,

beschreiben die Art der Occurrence und grenzen diese somit voneinander ab.

Die Occurrence „Digitales Portrait von Pippi Langstrumpf“ könnte als Occurrence Role

„Bild“ zugeordnet bekommen, die Homepageadresse des Pippi-Fanclubs wäre mit der Occurrence Role „Webpage“ zu beschreiben, usw.

Die Trennung von Topics und den dazugehörenden Occurrences in zwei Schichten macht Abb. II.2 ebenso deutich, wie die Bedeutung von verschiedenen Occurrence Roles.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. II.2: Pippi Langstrumpf-Topic Map ‚Occurrences’

II.2.3 ‚TOPIC ASSOCIATION’

Das dritte elementare Konzept des Standards, neben Topics und Occurrences, bilden die Topic Associations. Durch Associations wird aus den einzelnen Topics mit ihren Verweisen zu den entsprechenden Informationsquellen (Occurrences) ein Netz geknüpft. Associations beschreiben die Beziehungen zwischen Topics. Topics werden in Relation zueinander gesetzt und logisch miteinander zu einem semantischen Netz verbunden.

Eine spezielle Form von Associations wurde schon im Abschnitt II.2.1 mit dem Topic Type eingeführt. Damit konnte allerdings nur eine Typhierarchie aufgebaut werden. Mit Associations ist es möglich, jede Form von Relation zu deklarieren – sowohl symmetrische, transitive, als auch reflexive.

Eine Association wird mit dem Element „Association Link“ umgesetzt, welches wiederum ein Topic darstellt. Der Association Link beinhaltet sowohl Verweise auf die in Verbindung zueinander zu stellenden Topics, als auch die Art der Relation.

Beispiele für Associations sind:

„Astrid Lindgren“ist Autor von „Pippi Langstrumpf“

„Pippi Langstrumpf“ist Titel von „Kinderbuch“

„Astrid Lindgren“ist ein „Autor“

Die Association Types der oben genannten Associations sind „ ist Autor von“, „ ist Titel von“ und „ ist ein “. Association Types beschreiben, analog zu den Types von Topics und Occurrences die Art der Beziehung. So können zu Associations auch jeweils nur ein einziger Typ zugeordnet werden, der selbstredend auch wieder als Topic deklariert sein muss. Um die Topics, zwischen denen eine Verbindung hergestellt wird, genauer zu beschreiben, gibt es optional die Möglichkeit, Association Roles in dem Association Link anzugeben. Im oben genannten Beispiel für Associations könnte für „Astrid Lindgren“ die Association Role „Autor“ definiert werden, und für das Topic „Pippi Langstrumpf“ wäre als Association Role „Buch“ möglich. Mit dieser Beschreibung besteht die Möglichkeit, weitergehende Zusammenhänge zwischen Topics für einen Anwender sichtbar zu machen. So wird durch die Definition der Association Roles eine Relation zwischen den Topics „Autor“ und „Buch“ geschaffen, welche möglicherweise wieder auf weitere Instanzen der beiden Klassen anwendbar ist, usw. Solche intelligenten Schlussfolgerungen sind in solchen Fällen teilweise möglich, auf deren Art und Umsetzung wird bei der Beschreibung von [ISO 13250] jedoch nicht eingegangen.

Die Associations besitzen im Grunde keine explizite Richtung. So besteht die Association zwischen „Astrid Lindgren schrieb Pippi Langstrumpf“ in umgekehrter

Richtung mit „Pippi Langstrumpf wurde geschrieben von Astrid Lindgren“. Manche Associations können auch symmetrisch betrachtet werden. So beispielsweise der Verweis „Astrid Lindgren ist verheiratet mit Sture Lindgren“. In beide Richtungen gelesen, ist diese Association „ist verheiratet mit“ korrekt.

In Topic Maps sind transitive Associations wohl die interessantesten und begründen mitunter die Mächtigkeit des Standards. Transitive Associations stehen für Klasse- Instanz- oder Teil-Ganzes-Relationen und erlauben eine Reihe von impliziten Schlussfolgerungen.13 Wenn ein Kinderbuch ein Buch ist und ein Buch eine Publikation, dann ist auch ein Kinderbuch eine Publikation. Im Bereich der Associations stellen die Relationen „Künstler erschafft Kunstwerk“ und „Autor schreibt Buch“ eine transitive Beziehung dar. Diese Möglichkeit, Schlüsse aus transitiv gekennzeichneten Associations zu ziehen, kann bei der Anwendung von Topic Maps eine bedeutende Rolle spielen.

Association Roles bieten weiterhin die Möglichkeit, einen Association Type für ein Topic mehrmals zu verwenden, wenn das Topic unterschiedliche Rollen einnehmen kann. Auch Association Roles stehen in Form von Topics zur Verfügung.

Abb.II.3 zeigt die bereits bekannte Topic Map, erweitert um einige beispielhaft definierte Associations.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb II.3: Pippi Langstrumpf-Topic Map ‚Associations’

II.2.4 ‚SCOPE’ und ‚THEME’

Die Elemente Scope und Theme des Topic Maps-Modells gewinnen bei der Abgrenzung von Gültigkeitsbereichen für Topics an Bedeutung. Die bisher in den Abschnitten II.2.1 bis II.2.3 beschriebenen Komponenten des Standards beschreiben Charakteristika eines Topics. Mit den bereits beschriebenen Komponenten ist es möglich, ein Topic zu spezialisieren und in Relation zu anderen zu setzen.

Bei dem Entwurf einer Topic Map kann sehr schnell das Problem auftreten, dass verschiedene Topics mit unterschiedlichen Bedeutungen auftreten, die jedoch den selben Namen tragen. Um solche sogenannten Homonyme mit mehreren unterschiedlichen Bezügen in einer Topic Map mit dem gleichen Namen darstellbar zu machen, werden Scopes eingeführt. Diese beschreiben den Rahmen, in welchem das Topic zu interpretieren ist. „Pippi Langstrumpf“ stellt ein solches Homonym dar. Ein Topic mit diesem Namen kann sowohl das Buch beschreiben, als auch die Hauptfigur der Lindgren-Erzählung. Der Scope wäre dann im ersten Fall beispielsweise „Buch“ oder „Kinderliteratur“, im zweiten Fall wäre als Scope „Person“ oder „literarische Figur“ zu wählen. Ebenso wäre es denkbar, „Pippi Langstrumpf“ als Liedtitel oder Name eines Cafés zu interpretieren.

Eine differenzierte Abgrenzung wird durch eine Unterteilung in Themes und Scopes möglich. Themes beschreiben immer exakt einen Themenbereich, wie ihn „literarische Figur“ darstellt. Der Scope eines Topics kann dann mehrere Themes umfassen, die in ihrer Schnittmenge den Gültigkeitsbereich des Topics abstecken. Themes und Scopes sind, wie zu erwarten, auch wieder selbständige Topics.

II.2.5 ‚PUBLIC SUBJECT DESCRIPTOR’ und ‚FACET’

Public Subject Descriptor ist ein Konzept, das besonders bei einer Zusammenführung (Merging) von Topic Maps zur Geltung kommt. Im umgekehrten Fall zu dem Homonym-Problem, ist es möglich, dass zwei Topics zwar unterschiedliche Namen haben, aber dasselbe meinen. Ganz klassisch ist dies bei der Verwendung unterschiedlicher Sprachen der Fall. So haben die drei Topics „Autor“, „Author“ und

„Auteur“ dieselbe Bedeutung, nur wurden sie unterschiedlich in den Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch benannt.

Bei der Charakterisierung eines Topics kann ein ‚IDENTITY ATTRIBUTE’ eingerichtet werden, welches standardisierte Werte enthält. So gibt es beispielsweise festgelegte Ländercodes, welche Topics, die Länder beschreiben, identifizieren. Das Problem,

nicht sämtlich Topics standardisieren zu können, ist offensichtlich und somit ist die Nutzung dieses Konzeptes in erheblichem Umfang eingeschränkt.14

Neben dem Public Subject Descriptor, welcher mit den Identity Attributes das Topic über die Grenzen einer Topic Map hinaus festlegt, ist im Topic Map Modell noch ein

‚SUBJECT DESCRIPTOR’ definiert. Der Subject Descriptor beinhaltet Informationen, die eindeutig die Identität des Topics beschreiben und dieses somit als unverwechselbar markieren.

Als letztes Konzept des Topic Maps-Modells wird hier noch das Element ‚FACET’ vorgestellt. Ein Facet besteht aus einem Eigenschafts-Wert Paar. Die Eigenschaft wird als Facet Type deklariert, die Werte bezeichnet man als Facet Values. Einem Topic kann mit Hilfe dieses Konzeptes eine Eigenschaft zugeordnet werden, die das Topic detaillierter beschreibt, die zusätzliche Informationen liefert, ohne eine Occurrence zu referieren und eine Filtermöglichkeit innerhalb einer Topic Map darstellt.

Eine detailliertere Beschreibung des Topics „Astrid Lindgren“ wäre zum Beispiel durch die Einrichtung eines Facets mit der Eigenschaft „Geschlecht“ und dem entsprechenden Wert „weiblich“ möglich. Ein Facet mit der Eigenschaft

„Geburtsdatum“ und dem dazugehörigen Wert „14.11.1907“ stellt eine zusätzliche Information zur Verfügung, ohne auf eine Occurrence verweisen zu müssen. Das Facet-Element lässt somit die strikte Trennung zwischen dem semantischen Netz der Topic Maps, oberhalb jeglicher Inhalte, und den Informationsressourcen verschwimmen. Facets sind selbst natürlich auch Topics, können durch ihre Filter- Funktion aber auch als orthogonal zu der Topic Maps-Struktur stehend interpretiert werden. Topics können durch Facets gefiltert werden, indem nur solche Topics als relevant betrachtet werden, die für einen bestimmten Facet Type einen speziellen Wert beinhalten. So ließen sich durch den Facet Type „Geschlecht“ sämtliche weibliche Autoren aus der Menge sämtlicher Autoren herausfiltern.

Facets können wiederum mit Facets weitere Eigenschaften zugeordnet werden, so dass zusammenhängende Ketten gebildet werden können.

III. Einsatzmöglichkeiten von Topic Maps

III.1 Wissensmanagement

Die grundlegende Motivation für die Entwicklung von Topic Maps war der Wunsch, Wissen und Informationen effektiv zu strukturieren und praktisch nutzbar zu machen. So beschreibt H. Rath die Topic Maps als „ the GPS of the information universe15.

Als Ziel der Topic Maps nennt die XTM Specification „ … to improve the findability and the manageability of information.”16.

Topic Maps können theoretisch überall dort Einsatz finden, wo große Mengen an Informationen und Wissen vorhanden sind. Da Topic Maps aber nicht nur Daten strukturieren können, sondern auch semantische, teilweise intelligente Verbindungen herstellen, gibt es auch außerhalb einer reinen Datenverwaltung neue Anwendungsmöglichkeiten.

Der Topic Maps Standard ist jedoch noch so neu, dass es auf dem Gebiet der Applikationen noch hohen Entwicklungsbedarf gibt. Eine Auflistung von einigen derzeit zur Verfügung stehenden Anwendungen ist in Kapitel VI angeführt.

Die Ausgestaltung von nutzbaren Tools, die auf konkrete Aufgaben ausgelegt sind, liegt noch in der Zukunft. Daher können über potenzielle Einsatzmöglichkeiten nur unter Vorbehalt Prognosen angestellt werden. In welchen Bereichen der Standard erfolgreich eingesetzt werden kann, wird im Großen davon abhängen, wie intelligent und praktisch eine Umsetzung möglich ist. Ein Beispiel, an dem die Mächtigkeit und Problematik einer Topic Maps – Struktur in einer Anwendung erkennbar sind, wird in Kapitel III am Beispiel der WordNet – Ontologie behandelt.

Das Feld der möglichen Einsatzmöglichkeiten für Topic Maps ist auch aus dem Grund so vielfältig, weil der Standard an sich so abstrakt und flexibel ausgelegt ist17. Die Struktur mit Topics und Associations ist nahe am menschlichen Denken angelehnt und daher so vielseitig.

In den folgenden Abschnitten werden jeweils Gebiete vorgestellt, die für einen Einsatz von Topic Maps prädestiniert erscheinen. Durch die Flexibilität des Standards variieren dabei die Aspekte des Modells, die im Vordergrund stehen. So reichen die funktionellen Schwerpunkte von Sucheigenschaften (im Internet) über Katalogisierung (bei Datenbanken) hin zu assoziativen Verknüpfungen (im e-Learning).

III.2 Internet

Das Internet entwickelte sich in den letzten Jahren zu einer gigantischen Datenressource. Laut der aktuellen Zählung von [RIP@] war im Mai 2003 die Anzahl von 20.209.347 Rechnern (Hosts) an das Internet angeschlossen. Unzählige Dokumente, Bilder, etc. stehen weltweit zur Verfügung und bilden einen heterogenen Informationspool enormen Ausmaßes. Durch diese riesigen Mengen wird es jedoch auch sehr schwer, genau das zu finden, was man sucht - die sprichwörtliche Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. Die allgemein bekannten Suchmaschinen im Internet arbeiten mit einer Volltextsuche und liefern teilweise unüberschaubare Mengen an Treffern.

Die Notwendigkeit, dieses Wissen zu strukturieren und navigierbar zu machen, liegt auf der Hand.

So spricht man beim Internet der nächsten Generation gerne von einem „semantic web“, welches eine sinnvolle Vernetzung der Informationen bieten soll18. Dokumente und andere Informationsquellen können durch Topic Maps erfasst und mit Metadaten versehen werden. Auch Verknüpfungen zwischen einzelnen Themen wären möglich und durch die Setzung von Scopes könnte die Suche auf einen gewünschten Rahmen begrenzt werden. Das allergrößte Problem hierbei ist jedoch die Anfertigung der Metadaten. Der Rahmen, in welchem ein Artikel Gültigkeit besitzt oder beispielsweise der Inhalt eines Bildes müssen interpretiert werden und lassen sich nicht automatisch erfassen, sondern müssen „von Hand“ eingetragen werden.

Neben der reinen Suchfunktion von Suchmaschinen spielen bei der Navigation durch das Web auch sog. Webportale oder Themenkataloge (wie beispielsweise Yahoo.com) eine große Rolle. Diese sind in ihrer Struktur dem Topic Maps Modell bereits ähnlich und könnten sicherlich relativ leicht mit Hilfe von Topic Maps umgesetzt werden.

Allein die drängende Notwendigkeit, die Inhalte des Internets zu strukturieren und leichter zugänglich zu machen, wird die Entwicklung von Topic Maps – Applikationen für das Internet fördern.

Das Internet spielt für die Bedeutung der Topic Maps auch dahingehend eine große Rolle, dass Dienste, welche auf dem Topic Maps – Modell beruhen über das Internet zugänglich gemacht werden können. So beispielsweise Online – Enzyklopädien oder große Datenbanken.

III.3 Datenbanken

Datenbanken sind meist thematisch bereits auf gewisse Gebiete ausgelegt und können in ihrem Inhalt sehr stark variieren. So existieren Datenbanken, die hauptsächlich aus reinen Zahlenkolonnen bestehen genauso, wie Datenbanken, welche Zeitungsartikel archivieren, oder Personendaten verwalten. Durch die Möglichkeit, Topic Maps situationsbezogen an die jeweiligen Daten anzupassen, ist ein Einsatz in jedem beschriebenen Fall möglich.

Die praktische Umsetzung einer Datenbank durch eine Topic Map ist nicht nur theoretisch vorstellbar, sondern ist bereits in Form eines Zeitungsartikelarchivs verfügbar. Die „Wiener Zeitung“ hat nach eigenen Angaben als erstes Zeitungsunternehmen der Welt eine Topic Map-Datenbank entwickelt19. Diese ist öffentlich im Internet verfügbar und stellt Zeitungsartikel, strukturiert nach den Regeln des ISO-Standards zur Verfügung. Damit ist ein gutes Beispiel für die Anwendung von Topic Maps für Datenbanken vorhanden.

III.4 Glossare

Glossare beschreiben, alphabetisch geordnet, wichtige Begriffe, die in einem gewissen Zusammenhang, meist in einem Dokument, eine Rolle spielen. Sie bieten so selbständig, unabhängig von Verweisen, eine Definition von ausgesuchten Begriffen. Die relativ einfache Struktur eines Glossars ließe sich so wohl auch problemlos durch Topic Maps darstellen. Die zu definierenden Begriffe könnten leicht als Topics innerhalb einer Topic Map betrachtet werden. Die Definition könnte im Rahmen eines Topic Maps - Modells prinzipiell auf zwei Arten verankert werden. Zum einen wäre es möglich, die Definitionsbeschreibung direkt mit in das Topic durch Facets zu integrieren. Dies ist möglich, da Definitionen in Form eines Glossars nur aus Text bestehen und relativ kurz und elementar ausfallen.

Zum anderen bestände die Möglichkeit, Occurrences anzulegen, welche die Definitionen enthalten.

Eine ähnlich Struktur und damit auch einen ähnlichen Einsatz von Topic Maps stellen Lexica und Enzyklopädien dar.

[...]


1 Zitiert nach [Kar01], S.309

2 Begriff übernommen von Matthias Haun, vgl. [Hau02]

3 Vgl. [Ksi99]

4 Metadaten

5 Weitere Informationen zum HyTime-Standard [ISO10744] finden sich in [Lob00].

6 Vgl. [Pep99a].

7 Allg. Beschreibungen des Standards vgl. [Rat99b] und [Pep99b].

8 Zitat aus [ISO13250] S.5.

9 Vgl. [Rat00]

10 Zitat aus [ISO13250] S.4.

11 Vgl. [Wid02] S.7

12 Innerhalb der ‚occurrencerole’ kann wieder ein ‚occurence role type’ definiert werden.

13 Vgl. [Rat99a]

14 Vgl. [Pep99a] S.56

15 Siehe [Rat01] S.1

16 Siehe [XTM1.0]

17 Siehe dazu auch Kapitel V.1

18 Vgl. [Ber01]

19 Siehe [Wie@]

Ende der Leseprobe aus 73 Seiten

Details

Titel
ISO/IEC 13250 Topic Maps - Neue Wege des Wissensmanagements
Hochschule
Technische Universität Darmstadt
Note
1,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
73
Katalognummer
V108412
ISBN (eBook)
9783640066094
Dateigröße
1316 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ISO/IEC, Topic, Maps, Neue, Wege, Wissensmanagements
Arbeit zitieren
Andreas Rückriegel (Autor:in), 2003, ISO/IEC 13250 Topic Maps - Neue Wege des Wissensmanagements, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108412

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