Das Kultur- und Volksverständnis Deutscher Intellektueller in den Kriegsjahren 1914 - 1918


Seminararbeit, 2003

15 Seiten, Note: bestanden


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Lethargie und Neubeginn - Eine Übersicht der möglichen Ursachen des Kriegsausbruches
2.1. Allgemein
2.2. Kultur

3. Der deutsche Kulturbegriff
3.1. Die Merkmale der deutschen Kultur
3.1.1. Überlegenheit
3.1.2. Die deutsche Freiheit - Der innere Frieden
3.1.3. Bildung
3.1.4. Diverse
3.2. Der Zweck der deutschen Kultur

4. Das deutsche Volk
4.1. Stimmen der Bewunderung und der Verachtung

5. Zusammenfassung

6. Bibliographie
6.1. Darstellungen
6.2. Quellen

1. Einleitung

Die negativen Auswirkungen der Industrialisierung waren gegen Ende des 19. Jahrhunderts allgegenwärtig. Ganze Landstriche wurden durch den Abbau von Ressourcen verwüstet und unzählige Fabrikarbeiter lebten in Armenviertel. Zahlreiche Menschen fühlten sich zusehends von der Technik „überrollt“ .[1] Die Intellektuellen andererseits verarbeiteten ihr Unbehagen in der Form der „Zivilisationskritik“. Darin kritisierten sie den Fortschrittsglauben und den Glauben an die Technik.

Im Ersten Weltkrieg jedoch verwandelte sich die „Zivilisationskritik“ in den „Kulturkrieg“. Im „Kulturkrieg“ wurde nicht mehr der Fortschritt an sich, sondern ganze Nationen kritisiert. So bezichtigten die Engländer und die Franzosen die Deutschen der Barbarei. Diese wiederum warfen deren Zivilisation Gewinnsucht, Abgeflachtheit und reines Nützlichkeitsdenken vor.

Ein weiterer Grund für den Wandel der „Zivilisationskritik“ in den „Kulturkrieg“ war der fehlende Kriegsgrund Deutschlands. Um den Deutschen einen möglichen Kriegsgrund liefern zu können, instrumentalisierten die deutschen Intellektuellen die „Zivilisationskritik“ zu ihren Gunsten, indem sie zwischen „Zivilisation“ und „Kultur“ differenzierten. Den westlichen Staaten, allen voran England und Frankreich, ordneten sie die „niedere“ „Zivilisation“, ihnen selbst die überlegene „Kultur“ zu. Somit konnte der Erste Weltkrieg als Mittel zur Verteidigung der „deutschen Kultur“ gegen die „Zivilisation“ gerechtfertig werden. Der „Kulturkampf“ war sozusagen aus der „Zivilisationskritik“ entsprungen.

Da während den Kriegsjahren die Begriffe „Kultur“ und „Volk“ bei der jeweiligen Beweisführung der eigenen Überlegenheit von zentraler Bedeutung waren, werde ich diese zwei Begriffe untersuchen. Ich werde untersuchen, welche Merkmale die „deutsche Kultur“ aufwies und welchem Zweck sie dienen sollte. Ebenso werde ich untersuchen, wie die deutschen Intellektuellen das „deutsche Volk“ beschrieben hatten, weil sich die Mentalität eines „Volkes“ zwangsläufig in der Kultur manifestiert. Bei der Untersuchung werde ich sowohl positive als auch negative Aspekte berücksichtigen. Die „Zivilisationskritik“ hingegen wird nicht Gegenstand meiner Arbeit sein.

Als Quellen dienten mir Schriften und Reden von vornehmlich deutschen Professoren und Intellektuellen. Zu der ergiebigsten Quelle gehörte das Buch „Deutsche Reden in schwerer Zeit“, da es mehrere Reden deutscher Professoren beinhaltet. Der Engländer Houston Stewart Chamberlain war mir eine wichtige Quelle, weil er grossen Einfluss auf das 20. Jahrhundert ausübte, da seine Überlegungen zur Rassenlehre u.a. als Fundament der nationalsozialistischen Ideologie dienten. Dr. Karl Lamprecht’s „Krieg und Kultur“ war deshalb von Bedeutung, weil er in seinem Werk die deutschen Kulturerrungenschaften thematisiert hatte. Georg Hoffmann’s „Deutsche Kultur voran“ wählte ich deshalb, weil er für die Untersuchung der Grundlagen einer Kultur und für die Untersuchung des Volksverständnis wichtig war. „Kultur und Nation“ von Wolfgang Heine war für die Untersuchung der Merkmale und des Zwecks einer Kultur sehr wichtig. Schliesslich wählte ich Hauptmann von Beerfelde’s „Michel wach auf“ aus, weil er bekennender Pazifist[2] war und dadurch zu den Kritikern der deutschen Politik gehörte.

Die „Kultur“, oder die Lebensweise, des beginnenden 20. Jahrhundert ist bereits umfassend erforscht worden. Dabei wurde grossen Wert gelegt, Veränderungen der bürgerlichen Kultur und die Stellung der Intellektuellen in der Gesellschaft im Zusammenhang mit den Folgen der Industrialisierung und des vorherrschenden Zeitgeistes zu untersuchen.

Zuerst werde ich eine Übersicht von möglichen Gründen des Kriegsausbruchs geben. Im ersten Schritt der Untersuchung werde ich dann das Quellenmaterial auf die Merkmale der deutschen Kultur hin untersuchen. Da diese Merkmale allerdings verschiedene Aspekte beinhalten, unterteile ich diese der Übersichtlichkeit wegen in verschiedene Oberbegriffe, wie „deutsche Freiheit“ und „Bildung“. Um den Zweck der deutschen Kultur herauszufinden, überprüfe ich meine Quellen nach Aussagen von möglichen Aufgaben einer Kultur.

Im zweiten Schritt widme ich mich dem Volksverständnis der deutschen Intellektuellen. Dazu trage ich deren Aussagen über das deutsche Volk zusammen. Im letzten Schritt versuche ich meine Ergebnisse zu einer jeweiligen Definition zusammenzufassen.

2. Lethargie und Neubeginn – Eine Übersicht der möglichen Ursachen des Kriegsausbruches

2.1. Allgemein

Einer der wichtigsten Ursachen des Kriegsausbruches war der Wunsch der Deutschen, doch noch imperialistisch tätig zu werden. Bei zahlreichen Deutschen herrschte die Auffassung, dass nun die Zeit gekommen war, die sogenannten „abgestiegenen“ Kolonialmächte wie Portugal zu „beerben“. Die Situation sollte sich verschärfen, als die Meinung aufkam, dass das Britische Empire ebenfalls zu diesen geschwächten Mächten gehöre.[3] Um diesen Wunsch Ausdruck zu verleihen, begann die deutsche Heeresleitung sogleich mit der Flottenaufrüstung, um im alles entscheidenden Seekrieg gegen Grossbritannien bestehen zu können.

Dies rufte sowohl den Neid wie auch die Angst der Franzosen hervor. Sie sahen sich nicht nur in der wirtschaftlichen Kraft gegenüber Deutschland im Hintertreffen, sondern auch durch das immense Bevölkerungsgefälle zwischen den beiden Staaten. Während um 1914 in Deutschland 64 Millionen Menschen lebten, waren es nur 38 Millionen in Frankreich.[4] Frankreich versuchte diesen Nachteil durch die Einführung der dreijährigen Wehrdienstpflicht von 1912/13 wettzumachen.[5]

Die Lage sollte sich noch zusätzlich durch die Bildung der Entente cordiale von 1904 zwischen Frankreich und Grossbritannien sowie der britisch-russischen Entente von 1906 zuspitzen. Folglich hatten die Deutschen durch diese beunruhigende Begebenheit demnach nur noch eine Möglichkeit vor Augen gehabt – die Flucht nach vorne.

2.2. Kultur

Es gab zahlreiche Gründe für den damals vorherrschenden Kulturpessimismus. Ein nicht unbedeutender Grund war der Atheist und Philosoph Friedrich Nietzsche.

In seiner Schrift „Götzendämmerung“ rechnet er im Kapitel „Was den Deutschen abgeht“ mit den Deutschen ab, insbesondere mit den deutschen Akademikern. Er wirft den Deutschen vor, dass sie eine nur mässige Kultur besässen, weil sie eine (militärische) Macht geworden seien. Seiner Ansicht nach gibt es ein Wechselspiel zwischen Macht und Kultur. Das eine kann nur auf Kosten des anderen erstarken. In diesem Sinne war Deutschland nach der Reichsgründung von 1870/71 als Macht erstarkt, während die Kultur degenerierte. Nietzsche nannte diese Wechselwirkung „Verlegung des Schwergewichts“[6].

Wie gesagt machte Nietzsche den Schuldigen vorrangig beim deutschen Schulwesen aus. Seiner Meinung nach produzierten die deutschen Professoren in möglichst kurzer Zeit nur noch „Staatsdiener“, anstatt Zeit und Musse für eine umfassende, humanistische Bildung aufzubringen: „... mit dreissig Jahren ist man, im Sinne hoher Kultur, ein Anfänger, ein Kind.“[7]. So glaubt Nietzsche anhand der schnellen Ausbildung der Elite und des undemokratischen Zugangs zu den Hochschulen, den Untergang der deutschen Kultur erklären zu können.[8]

[...]


[1] Besslich, Kulturkrieg, S. 5.

[2] http://www.uni-kassel.de/fb10/frieden/themen/Pazifismus/wette.html, (29.1.2004, 15.00 Uhr)

[3] Berghahn, Sarajewo, S. 51.

[4] Ebd., S. 32.

[5] Ebd., S. 73.

[6] Nietzsche, Götzendämmerung, S. 96.

[7] Ebd., S. 97.

[8] Ebd., S. 93 ff

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Das Kultur- und Volksverständnis Deutscher Intellektueller in den Kriegsjahren 1914 - 1918
Hochschule
Universität Zürich
Veranstaltung
Proseminar
Note
bestanden
Autor
Jahr
2003
Seiten
15
Katalognummer
V108561
ISBN (eBook)
9783640067589
ISBN (Buch)
9783656206057
Dateigröße
503 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Es wurden nur die Prädikate bestanden/nicht bestanden, vergeben.
Schlagworte
Kultur-, Volksverständnis, Deutscher, Intellektueller, Kriegsjahren, Proseminar
Arbeit zitieren
Remo Venini (Autor:in), 2003, Das Kultur- und Volksverständnis Deutscher Intellektueller in den Kriegsjahren 1914 - 1918, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108561

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