TV-Journalismus- Ausbildungskonzepte und Qualitätsaspekte im Vergleich


Seminararbeit, 2004

24 Seiten


Leseprobe


1) Einleitung

Was der Fernsehzuschauer in seiner Freizeit mit mehr oder weniger großem Respekt achtlos konsumiert, ist das Ergebnis eines durchstrukturierten und hochspezialisierten Arbeitsprozesses: der Realisation eines TV-Beitrags.

Das tägliche Brot des Fernsehjournalisten ist belegt mit Zeitdruck, Zuschaueranspruch und dem Zwiespalt zwischen Wirklichkeitskonstruktion und Realitätsabbildung. Profis sind mit den Abläufen und Entscheidungen der Erstellung vertraut – wie aber kann man potenziellen Nachwuchs an diese Aufgabe heranführen? Was sind die größten Hürden bei dem ersten Beitrag?

Doch obwohl es bestimmte Standards in der Fertigung gibt, unterscheiden sich auch verschiedene Redaktionen in ihrer Arbeitsweise. Je nach Intention, Ausstattung und individueller Kreativität ist das Endprodukt ein Beitrag mit dem telegenetischen Fingerabdruck der jeweiligen Redakteure.

Im ersten Teil der Arbeit sollen die allgemeinen Richtlinien der Beitragserstellung, wie sie bei Schult/Bucholz und Blaes/Heussen und weiteren Quellen zu finden sind, wiedergegeben werden.

Im zweiten Teil soll das Kölner Projekt „SpiriTV“ vorgestellt und im Hinblick auf die Beitragserstellung näher beachtet werden. Daran gekoppelt ist eine qualitative Umfrage unter den Mitgliedern des Vereins, deren Ergebnisse in die Bewertung einfließen.

Im dritten Teil soll die Arbeitsweise einer professionellen Redaktion erläutert werden. Dafür wurde ein Arbeitstag in der Redaktion des RTL-Landesstudios Ost in Leipzig begleitet und ein Fragebogen einer Absolventin der RTL-Journalistenschule, die in dem Studio ein Praktikum gemacht hat, ausgewertet.

Der Autor ist durch sein Studium der Soziologie mit der Anfertigung und Interpretation von Fragebögen und Umfragen vertraut; durch seine Mitgliedschaft bei SpiriTV hat er Erfahrungswerte über Strukturen und Arbeitsweisen des Vereins, die die nötige journalistische Objektivität jedoch nicht beeinflussen sollten.

2) Grundlagen der Filmgestaltung

2.1 Einstellungsgrößen

Der Bildinhalt bestimmt maßgeblich die Wahrnehmung des Rezipienten und somit auch die Informationswirkung beim Zuschauer. Verschiedene Einstellungsgrößen haben daher auch unterschiedliche Funktionen und Effekte:

Totale: Sie dient oft als Einführung in die Handlung; verschafft einen Überblick und gibt dem Zuschauer die Möglichkeit, sich räumlich zu orientieren. Oft wird sie auch zur Darstellung von Einsamkeit und Isolation verwendet, wenn der einzelne Akteur einer weiten Umgebung gegenübergestellt wird.

Halbtotale: Sie zeigt ein bestimmtes Objekt in Verbindung zur Umgebung. Diese Einstellung wird oft zum Einstieg in Gesprächs- und Gruppensituationen benützt, um die (Beziehungs-)Konstellationen klarzumachen. Die Personen sind mit ihrem ganzen Körper zu sehen.

Halbnahe: Sie zeigt den Körper- und Gesichtsausdruck einer Person. Der Rumpf ist ganz im Bild.

Nahe/“Close-up“: Sie zeigt deutlich die Emotionen der Person. Das Gesicht und ein Teil des Oberkörpers sind ganz im Bild. Diese Einstellung ist typisch für Statements oder Interviews.

Detail: Wie der Name schon sagt – sie zeigt entscheidende Details, die oft Symbolfunktionen haben, wie zum Beispiel das Warnschild oder das Auge eines Akteurs.

Entscheidend bei der Wahl der Einstellungsgröße ist das Prinzip der Ausschließlichkeit. Dieses besagt, das nur das im Bildausschnitt sichtbar ist, was die gewünschte Aussage des Bildes unterstützt. Der Zuschauer soll sich auf das Wesentliche konzentrieren. Dies ist bei einer Detail- oder Großaufnahme natürlich leichter als bei einer Totalen, weswegen erstere zur Vermittlung des Informationskerns und letztere eher zur Orientierung benutzt werden. Halbtotale, Halbnahe und Nahe differenzieren die Aussage und verbinden Totale und Großaufnahme.

Im Idealfall entsteht am Ende einer Sequenz und natürlich auch eines ganzen Beitrags aus vielen Einzelinformationen die zentrale Aussage des Werkes – das, was der Zuschauer mitnehmen soll.

2.2 Perspektiven

Schon in der Natur des Menschen ist die Affinität zu unterschiedlichen Perspektiven fest gelegt: Können wir etwas nicht genau erfassen, drehen und wenden wir den Kopf, beugen uns oder richten uns auf, um das Objekt der Begierde genauer zu sehen. In der filmischen Gestaltung wird sich diese Sehgewohnheit zu Nutze gemacht, indem mit verschiedenen Perspektiven gearbeitet wird, die die Raumempfindung verbessern und Spannung durch Abwechslung erzeugen sollen.

Froschperspektive: Die Kamera blickt unterhalb der Augenhöhe auf das Objekt. Damit kann man zum Beispiel die Sicht eines Kindes imitieren oder auch das Objekt im Bild mächtig und/oder den Betrachter unterlegen erscheinen lassen.

Vogelperspektive: Die Kamera blickt oberhalb der Augen, oft weit über dem Geschehen, auf das Objekt. Sie gibt dem Zuschauer Übersicht oder lässt den Betrachter überlegen erscheinen und die Objekte schwach.

Subjektive Kamera: Die Kamera wird ohne Stativ benutzt und zeigt die Sicht einer Person; der Zuschauer sieht quasi durch die Augen des Akteurs. Das bewirkt eine Dramatisierung und kann, zum Beispiel bei Dokumentarfilmen, die Authentizität steigern. Im schlechten Fall wird der Zuschauer durch das ungewohnte Wackeln vom eigentlichen Bildinhalt abgelenkt.

2.3 Kameraaktionen

Analog zu den obig erwähnten Perspektiven unterstützt die Kamerabewegung das Bedürfnis nach Reizerneuerung. Allerdings sollte man sie überlegt einsetzen, denn die entsprechenden Aktionen entsprechen weniger dem natürlichen Sehverhalten – das menschliche Auge kann weder zoomen noch präzise schwenken. Statt dessen „schweift“ unsere visuelle Wahrnehmung und fixiert dann einen Zielort – das ist eher mit harten Schnitten in der Montage vergleichbar. Darüber hinaus findet gleich eine doppelte Reizerneuerung statt: Sowohl die Umrisse als auch der Abstand von Bildinhalt und Bildrand verändern sich, was den Zuschauer verwirren und den eigentlichen Aussagewunsch beeinträchtigen kann.

Kamerafahrt: Die Kamera als solche bewegt sich von einem Standpunkt zum anderen. Das kann zum Beispiel durch ein Auto oder eigens dafür hergestellten Trägerwägelchen, sogenannten Dollys, passieren. Je nachdem, ob die Kamera an das Objekt heran oder von ihm wegfährt, kann Annäherung oder Distanzierung ausgedrückt werden. Eine Ranfahrt wirkt eher dramatisierend, eine Rückfahrt verstärkt den räumlichen Eindruck – der Zuschauer kann sich besser orientieren.

Kameraschwenk: Von einem festen Standpunkt aus wird die Kamera geschwenkt. Dabei ist wichtig, dass der Schwenk in einem unbewegten Bild beginnt und in einem ebenfalls stehenden Bild endet. Ausgangs- und Zielpunkt des Schwenks müssen klar definiert sein. Der Schwenk dient dazu, Objekte thematisch oder auch rein räumlich miteinander zu verbinden; ein langsamer Schwenk kann, analog zu einer Totalen-Einstellung, die Orientierung beim Zuschauer verstärken oder auch die Spannung steigern. Darüber hinaus gibt es den Reißschwenk, bei dem durch die schnelle Bewegung nur das Anfangs- und Endbild zu erkennen sind. Er kann sowohl für die Darstellung von Gleichzeitigkeit an verschiedenen Orten als auch, ähnlich einer Blende, zum Beispiel für eine Änderung des Bewusstseinszustandes angewendet werden. Der Mit- oder Verfolgungsschwenk fixiert ein sich bewegendes Objekt, zum Beispiel einen Skifahrer, und folgt ihm. Diese Art entspricht am ehesten dem menschlichen Sehverhalten und kann ebenfalls dramaturgisch eingesetzt werden.

Zoom: Der Zoom, eigentlich die Brennweitenvergrößerung, ist wohl das am häufigsten falsch eingesetzte Gestaltungsmittel. Normalerweise wird er nicht im Bild selbst benutzt, sondern nur, um vor der Aufnahme die Bildgröße einzustellen.

Die Kamera steht fest, allein mit der Modifikation der Linse wird der Ausschnitt des Bildes vergrößert – als ob man mit einer Lupe arbeitet. Der Zoom sollte nur benutzt werden um vom Allgemeinen auf das Besondere hinzuweisen oder umgekehrt. Einem Objekt kann dabei langsam mehr Bedeutung zugewiesen werden: In einem Interview kann auf den Sprechenden gezoomt werden, wenn man eine Aussage betonen will. Allgemein kann man sagen, dass der Zoom immer eine Betonung eines Sachverhaltes darstellt – das „Ausrufezeichen der Bildsprache“

(aus Vogt).

3) Realisation eines TV-Beitrags

Zu Beginn jedes Projektes sollte sich der Redakteur über die zentralen Fragen im Klaren sein:

- Was will ich mit dem Beitrag aussagen, was ist die Botschaft für den Zuschauer ?
- Wie soll die Geschichte aussehen, was ist der Konflikt ?
- Welche Bilder benötige ich dafür ?
- Wer ist die Zielgruppe?

Es sollte nicht vergessen werden, dass die intendierte Aussage nicht deckungsgleich vom Zuschauer übernommen wird (vgl. Prinzip der Ausschließlichkeit). Jeder Zuschauer, geprägt durch seinen Erfahrungshorizont und die aktuelle Rezeptionssituation, interpretiert den Beitrag anders und so kann das letztendliche Ergebnis vom ursprünglichen Aussagewunsch des Redakteurs abweichen. Die finale Wirkung ist also die Summe aus beabsichtigter Botschaft des Redakteurs und der individuellen Wahrnehmung des Zuschauers.

Idee/Themenfindung

Die Welt ist voller Inspiration. So kann es viele Quellen für eine Beitragsidee geben; vom aktuellen Anlass zum latent wuchernden Thema, vom Gespräch im Bekanntenkreis zum Hinweis aus der Bevölkerung, vom Surfen im Internet zum Beobachten der medialen Konkurrenz. Auch ein scheinbar bereits ausführlich ausgeschöpftes Thema kann in Betracht kommen, wenn es gelingt, ihm neue Aspekte, andere Perspektiven abzugewinnen oder durch eine andere Machart den Zuschauer zu interessieren. Wichtig ist, dass der Redakteur ständig seine Augen und Ohren offen hält – selbst beim Dreh eines Beitrags können schon Ideen für weitere entstehen.

Die entscheidenden Faktoren bei der Themensuche sind das mögliche Interesse der Zielgruppe und die „Fernsehtauglichkeit“ des Themas, das heißt, es muss ausreichend attraktives Bildmaterial existieren – sonst kann das Fernsehen seine sinnliche Spezifik nicht ausspielen.

Exposé/Treatment/Drehplan...

Der nächste Schritt ist die schriftliche Fixierung der fixen Idee – das Exposé. In wenigen Sätzen wird der Inhalt, die grobe Dramaturgie und die Aussage des Beitrags umrissen, um dann in der Redaktionskonferenz diskutiert zu werden. Kommt der Vorschlag durch, wird ein Treatment erstellt. Hier wird das Thema konkret: wer liefert O-Töne, wo ist der Handlungsort, wie lang ist der Beitrag, was für Gerät wird benötigt etc. Im Drehplan schließlich wird unter anderem genau festgelegt, welche Einstellungen wie lange in welcher Reihenfolge gefilmt werden, um das Material möglichst kraft- und zeitökonomisch einzusetzen. Meist wird unterstützend dazu noch ein Storyboard erstellt, wo die benötigten Einstellungen in ihrem Ablauf skizziert werden. Dies dient als Hilfestellung für den Kameramann. Die einzelnen Dokumente (Exposé, Treatment, Drehplan, Storyboard) werden prozessual zur weiteren Recherche angefertigt.

Die Begriffe werden in der Literatur verschieden verwendet und es existieren, je nach Art des Beitrags, auch noch weitere wie Disposition, Drehbuch, Filmplan etc. Der Sinn, der allen zu Grunde liegt, ist zum einen die, mit Fortschreiten der Recherche, ständig aktualisierte und immer detaillierter werdende Übersicht über das Projekt, um mögliche Schwachstellen oder Fehlerquellen in der Geschichte, der Logistik oder auch der teaminternen Kommunikation rechtzeitig zu beheben.

Recherche

Neben der Vorrecherche, die zur Erstellung des Exposés dient, differenziert sich die Hauptrecherche nicht nur auf die eigentliche Sachlage, sondern ebenso auf gestalterische, organisatorische und technische Aspekte. Das bedeutet für den Redakteur, dass er nicht nur die Fakten und Hintergründe seiner Story hinterfragt, sondern sich parallel unter anderem um Drehgenehmigungen, Interviewtermine und benötigtes Archivmaterial kümmert. Man kann hier zwischen Sach-, Personen-, Motiv-, Bildmaterial-, Musik- und Terminrecherche unterscheiden (vgl. Breuer, S.26 in Vogt). Bei der Motivsuche ist eine Sofortbildkamera oder die Anfertigung von Skizzen hilfreich zur späteren Planung des Drehs in Bezug auf die optische Gestaltung des Beitrags. Anhand dieser Hilfsmittel kann der Kameramann, der in dieser Thematik versierter ist, frühzeitig in die Planung einbezogen werden. Eine fundierte Recherche optimiert den späteren Drehablauf und kann vor unliebsamen Überraschungen schützen.

Bei der sachlichen Recherche (vgl. Haller) sollte man immer die wesentlichen Grundregeln beachten:

- Die Recherche dient dazu, ein klares Bild von den Vorgängen zu erhalten; verschiedene Quellen sollen eine gesicherte Faktenlage generieren (Intersubjektive Verifikation).
- Beim Befragen strategisch vorgehen: zuerst Neutrale und Nebenakteure, dann Protagonisten befragen; zuerst Sachebene (wer, was, wann, wo), dann Deutungsebene (wie, warum) abgleichen und dabei immer vom Allgemeinen ins Detail gehen.
- Diese Grundregeln kann man sich recht einfach mit einer „geografischen Eselsbrücke“ merken: von außen nach innen (zu den Hauptpersonen), von oben nach unten (ins Detail) und von vorn nach hinten (erst bereits bekannte Sachverhalte, dann individuelle Deutungen) recherchieren und fragen.

Dreh/Inszenierung

Nachdem die organisatorischen Aspekte mit der Redaktion und den Beteiligten geklärt sind, kann es zum eigentlichen Dreh gehen. Hier macht sich die intensive Vorbereitung bezahlt und je besser der Drehablauf vorher festgelegt und in irgendeiner Form (siehe oben) festgehalten wurde, um so weniger muss das Team vor Ort improvisieren. Dennoch sollte man nicht starr an seiner Ursprungsidee hängen, sondern auch vor Ort offen sein für neue Einflüsse.

Der Redakteur, der kreative Chef am Drehort, sollte so viel wie möglich mit seinem Team kommunizieren – oft eröffnet eine andere Sichtweise neue Ideen, die schließlich in den Schaffensprozess eingebunden werden können. Letztendlich ist er verantwortlich, dass aus dem kreativen Potenzial aller Teammitglieder ein - in seinem Sinne - gelungener Beitrag entsteht.

Dabei muss der Redakteur natürlich auch inszenieren, indem er z.B. einen Akteur aus kameratechnischen Gründen anweist, wann er was macht. Das ruft von Medienkritikern oft den Vorwurf von Manipulation oder bewusster Täuschung hervor und verweist auf die auch in der Einleitung angesprochen Grundproblematik des Films und Fernsehens: Das Fernsehen liefert kein 1:1-Abbild der Wirklichkeit, was fälschlicherweise leicht vergessen wird. Es ist eine „künstliche Erzeugung mit dem Anspruch auf Wahrhaftigkeit“ (vgl. Heussen, S.363). Zur Sicherung der Glaubwürdigkeit sollte man bestimmte Faktoren bedenken:

- Nachprüfbarkeit des Dargestellten für den Zuschauer
- Unabhängigkeit von Finanzen, Fremdinteressen etc.
- überlegter Einsatz von dramaturgischen und technischen Mitteln
- das Thema sei, im Sinne einer self-fulfilling prophecy, kein selbst (durch den Redakteur und sein Wirken) hervorgerufenes Ereignis

Eine Missachtung dieser Vorgaben kann - nicht nur für die Redaktion, sondern die ganze Branche – einen schweren Verlust an Glaubwürdigkeit und öffentlichem Vertrauen bedeuten (vgl. den Michael Born-Skandal um gefälschte Fernsehbeiträge). Die Kunst des Redakteurs sollte also darin bestehen, einen spannenden und attraktiven Beitrag zu erstellen, ohne dabei die Realität zu verzerren und damit seine Glaubwürdigkeit zu gefährden.

Schnitt

Nach dem Dreh folgt eine Sichtung des Materials. Der Redakteur erstellt hier eine Liste mit den Timecodes, eine sogenannte Shotlist, und markiert die Einstellungen im Hinblick auf eine spätere Verwertung. Spätestens beim Schnitt selber muss das Konzept für den Beitrag stehen, denn hier bekommt er seinen endgültigen Stil.

Wie bei der Erstellung insgesamt, sollte auch dieser Arbeitsschritt von Teamwork geprägt sein: Durch seine Erfahrung und die Tatsache, dass er das Material und die aus ihm entstehende Story zum ersten Mal wahrnimmt, kann der Cutter eine wertvolle Hilfe und Quelle für neue Ideen und eventuelle Änderungen im Beitrag sein. Er fungiert quasi als der erste Zuschauer und daran kann man sehen, ob der Beitrag, so wie er gedacht ist, logisch und dramaturgisch funktioniert. Dabei muss man darauf achten, dass das Geschehen für den Zuschauer nachvollziehbar und spannend ist; es darf also keine optischen Sprünge oder den Seher unter- oder überfordernde Passagen geben.

In der Regel sollte man daher diese klare Schnittfolge beachten: entweder von der Totalen in Schritten zur Groß- oder Detaileinstellung oder umgekehrt mit einem interessanten Detail anfangen und dann bis zur Totalen auflösen.

Texten

Die Gesamtinformation im Beitrag wird nicht allein über das Bild, sondern im Zusammenspiel von Bild, Ton (O-Töne, Atmo, Musik) und Text vermittelt. Im Idealfall ergänzen sich diese Ebenen; der Text sollte dabei nur die Informationen liefern, die nicht besser über Bild oder Ton vermittelt werden könnte. Er stellt die Zusammenhänge her, die dem Zuschauer durch reines Betrachten der Bilderfolgen fehlen würde und liefert Hintergrundinformationen. Dabei sollte man drei grundlegende Fehler vermeiden:

- Bild-Text-Schere: Die Informationen aus gesehenem Bild und gehörtem Text laufen auseinander.
- Bild-Text-Verklebung/-Doppelung: Die Aussagen aus Bild und Text liefern beide gleiche Informationen.
- Bild-Text-Kollision: Die Informationen aus Bild und Text widersprechen sich.

Eine Methode, die vor diesen Fehlern schützen soll und von Guido Vogt genannt wird, ist das sogenannte „Punktschweißen“; das bedeutet, man knüpft etwa alle vier Sekunden mit dem Text wieder kurz an das Bild an, etwa indem man etwas nennt, was man gerade im Bild sieht und diesen Aspekt mit weiteren Erklärungen füttert. Das Bild sollte jedoch immer den Vorrang haben, im Zweifelsfall lieber den Text ändern.

Je nach Art des Beitrags gibt es unterschiedliche Bedingungen, wann der Text stehen sollte; im Allgemeinen gilt, dass man vor dem Dreh bereits eine grobe Struktur im Kopf hat, während des Drehs neue Ideen aufnimmt und schließlich nach dem Schnitt die endgültige Fassung liefert – im tagesaktuellen Journalismus hat der Texter natürlich deutlich weniger Zeit.

Da der Text oft von professionellen Sprechern gesprochen wird, die nicht mit der Story vertraut sind, sollten diese über die essenziellen Aspekte des Beitrags gebrieft und mit einem verständlichen Manuskript versehen werden, aus dem ersichtlich ist, wann der Autor z.B. besondere Betonung wünscht o.ä.

Schließlich sollte man beim Texten einige Grundregeln beachten:

- kurze Sätze und wenig Wörter benutzen à Flüchtigkeit des Mediums
- viele Verben, wenig Adjektive à Verben treiben die Geschichte voran, Adjektive werten oft zu stark
- im Aktiv und in „Spreche“ (statt „Printdeutsch“) schreiben à macht den Text lebendiger und verständlicher für den Zuschauer

Dramaturgisch sollte ein Text generell wie der Beitrag selbst aufgebaut sein:

Man macht den Zuschauer mit einem „earcatcher“ oder Aufmacher neugierig, liefert eine Einführung über die Personen und den Konflikt und steigert sich dann bis zum Höhepunkt und der Auflösung. Auch hier ist ein roter Faden wichtig, an dem die Zuschauer entlang geführt werden. Dabei sollte man allerdings aufpassen, dass der Text nicht mit dem Bild kollidiert – wenn beides dramatisch wird kann es auch leicht überfrachtet wirken. Musik ist oft besser geeignet, um Spannung herzustellen.

Bei Guido Vogt ist ein interessante Text abhängig von vier Faktoren: einem guten Thema, einer klaren Gliederung, einer einfachen Sprache und „anregenden Zusätzen“ (wie Humor, Ironie, Wortwitz ...).

Nicht zuletzt sollte bei jeder Zeile darauf geachtet werden, ob der Text für den Zuschauer verständlich, fließend und spannend ist – nicht einfach, wenn man sich schon so stark damit beschäftigt hat, sich in die Lage des Zuschauers zu versetzen, der den Beitrag das erste Mal sieht und hört.

Abnahme

Nachdem der Beitrag gedreht, geschnitten, betextet und vertont wurde, kann er abgenommen und gesendet werden. Dabei wird geprüft, ob der Film den Vereinbarungen und dem Qualitätsstandard entspricht, was auch presserechtlich notwendig ist, da die Redaktion dann die Verantwortung trägt. Oft gestalten sich die Abnahmen problematisch, da natürlich, wie auch während des ganzen Prozesses, unterschiedliche Meinungen und Stile aufeinander treffen. Der Autor will wahrscheinlich seinen Beitrag in seiner Form durchboxen, während dem abnehmenden Redakteur als eher Außenstehendem vielleicht noch Mängel auffallen. So kann der Zuschauer jedoch sicher sein, dass ein Beitrag, bevor er auf Sendung geht, von mehreren Leuten aus verschiedenen Blickwinkeln geprüft wurde und sie alle (hoffentlich!) am Ende zu einem Ergebnis kommen – ein gelungener Beitrag!

4) Qualitätsaspekte im Journalismus

Journalistische Qualität ist ein derart ideell besetzter Begriff (man denke nur an die ständige „Quote versus Qualität“-Diskussion), das eine vorsichtige Annäherung von Nöten ist. Über Qualitätsaspekte existiert „ein schillerndes Kaleidoskop (...), das stark von gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen abhängig ist.“(Thorbrietz in Wallisch, S.101)

Wallisch (auf S.148 f.) fasst die Qualitätsdimension in drei Faktoren: die Fähigkeit, soziale Wirklichkeit aufzugreifen, die Transparenz und Qualität der Recherche sowie die Wahl einer adäquaten Vermittlungsform. Dabei bedeutet ersteres „einem möglichst großen Publikum die Möglichkeit zu geben, über ein relevantes Thema umfassend und leicht verständlich informiert zu werden“ und das „ (...)Erkennen sozialer Wirklichkeit, ihrer Missstände und Vorzüge und diese zum journalistischen Thema machen“(aus Wallisch, S.148). Schröter (auf S.67 ff.) nennt als wesentliche inhaltliche Kriterien die Vermittlungsleistung, die Themenvielfalt, den „Partnerkosmos“ und die Darstellungsform. Partnerkosmos (siehe Schröter, S.67 f.) bezeichnet dabei das Bedenken und Ausweisen der verschiedenen Kommunikationsrollen in der Berichterstattung, also z.B. das Einordnen der Aussage eines Pressesprechers.

Auf das Unterscheiden inhaltlicher und formaler Qualitätsaspekte wird explizit hingewiesen (siehe Wallisch S.96; Schröter S.68).

Die journalistische Qualität lässt sich meines Erachtens im Allgemeinen, und gerade beim Fernsehen (durch die polysensuale Reizwirkung), an zwei essenziellen Faktoren messen: glaubwürdige, seriöse Information und ansprechende Aufbereitung derselben.

Für die Machart eines (Fernseh-)Beitrags bedeutet das nicht nur, dass der Zuschauer alle für ihn relevanten nutzwertigen Informationen, Antworten auf seine Fragen und eventuell verschiedene Sichtweisen auf ein Thema erhält, sondern auch, dass ihm diese Informationen in angemessener Form vermittelt werden. Das impliziert auch für den Journalismus eine Orientierung an dramaturgischen und ästhetischen Punkten, wie bei den audiovisuellen Medien, besonders bei längeren Beiträgen, einen ständigen Spannungs -auf und -abbau und die Auswahl interessanter Bilder. Natürlich besteht hier immer wieder die Gefahr, dass die Möglichkeiten der Gestaltung die Form über den eigentlichen Inhalt stellen (vgl. 3) Dreh/Inszenierung), so muss ein Grundgedanke für jeden Redakteur lauten, den harmonischen Mittelweg zwischen sachlicher Informationsvermittlung und spannender Darstellung zu finden, wobei dies natürlich auch formatabhängig ist. Für die Bewertung der Qualitätsaspekte werde ich dem Aspekt der Themen und dem der Darstellungsform nähere Aufmerksamkeit widmen, da diese von Wallisch und Schröter übereinstimmend genannt werden. In wieweit diese sich auf ein in erster Linie mit der Nachwuchsausbildung bedachtes Projekt Anwendung finden (können), wird zu bewerten sein.

5) SpiriTV – Qualifikationen für den journalistischen Nachwuchs ?

5.1 Allgemeines

SpiriTV ist ein gemeinnnütziger Verein, der medieninteressierten Studenten aller Fachrichtungen in Köln die Möglichkeit bietet, journalistisch tätig zu werden, Print-, Audio- und Filmbeiträge zu erstellen und über das Internet zu publizieren (www.spiritv.de). Dabei soll ein praxisnaher Einstieg in die Medienbranche geboten werden.

SpiriTV wurde im Oktober 1999 von einigen engagierten Kölner Studenten verschiedener Fachrichtungen gegründet mit dem Ziel, ein Uni-Fernsehen zu schaffen. Im Juni 2000 wurde dann die Homepage und Sendeplattform www.spiritv.de gelauncht, die immer wieder überarbeitet wurde. Laut den Statistiken vom Oktober 2003 hat SpiriTV im Monat durchschnittlich 10500 Besucher, etwa 500 Sitzungen und 4500 Hits pro Tag.

Die Mitarbeit ist ehrenamtlich, im Gegenzug erhält man bereits von Anfang an ein großes Maß an Eigenverantwortung, kann sich in eigens angebotenen Seminaren weiterbilden und in die verschiedenen Ressorts einbringen. Die Ressorts differenzieren sich in Finanzen, Mitglieder, Recht, PR, Kontakte/Kooperationen, Technik, Schnitt, Internet und Redaktion. Die gewählten Ressortleiter und ihre Stellvertreter bilden zusammen mit dem Vorstand das Präsidium. Der Vorstand besteht aus zwei Vorsitzenden und dem Ressortleiter Finanzen. Das Präsidium fasst Beschlüsse und wählt den Vorstand, der die Belange des Vereins vertritt. Darüber hinaus gibt es die Mitgliederversammlung, bestehend aus allen aktiven Mitgliedern, die die Satzung des Vereins beschließt.

SpiriTV gewann im März 2000 den Gründerwettbewerb Multimedia des Bundeswirtschaftsministeriums und wurde im Mai 2001 für den Grimme-Award in der Kategorie Medienkompetenz nominiert. Das Projekt finanziert sich aus den monatlich erhobenen Beiträgen (4 Euro) seiner Mitglieder sowie Fördergeldern. Die Selbstdefinition auf der Homepage lautet „junger, nicht kommerzieller Internet-Fernsehsender“.

5.2 Struktur der Homepage

Auf der Seite www.spiritv.de finden sich die redaktionellen Beiträge, aufgeteilt in den links angeordneten Rubriken Uni/Karriere, Lifestyle, Kultur, Wissen, Sport, Fun und Portal (eine Linkliste) sowie die aktuelle Aktion „Netzwerg“, wobei die Einordnungen nicht immer ganz trennscharf sind.

Mittig finden sich zweispaltig die aktuellsten Beiträge aus den verschiedenen Rubriken, mit einem Foto und einem kurzen Ankündigungstext versehen. Die Beiträge sind jeweils mit einem kleinen, der jeweiligen Rubrik entsprechenden, Farbbalken markiert. Auf aktuelle Beiträge weist der blinkende Schriftzug „Neu!“ hin, Filmbeiträge sind mit einem kleinen Kamerasymbol gekennzeichnet. Beim Anklicken wird der Beitrag abgespielt.

Rechts, neben dem Scrollbalken, finden sich Hinweise zum Real Player, der für die Wiedergabe der Filmbeiträge benötigt wird und ein Hinweis für interessierte, potenzielle Neumitglieder.

Links oben befindet sich das SpiriTV-Logo mit dem Slogan „SpiriTV.de ... zeigt´s euch!“, daneben die Bereiche Forum, Team, Konzept und Newsletter sowie ein Brief-Icon, mit dem ebenfalls Kontakt zu verschiedenen Ressorts aufgenommen werden kann. Durch Anklicken der einzelnen Segmente wird man jeweils weitergeleitet, bei dem Teambereich zum Beispiel auf eine Seite mit den Fotos und Steckbriefen der Mitglieder.

Der Bereich www.spiritv.de/intern ist nur für die Mitglieder gedacht. Links befinden sich die Felder Mitarbeiter (Adressliste), Know-how (Ratgeber zu den verschiedenen Ressorts), Formulare (Reservierung von Equipment etc.), Themenpool, Druckvorlagen (für Visitenkarten etc.), Trailer (Drehbuch für einen geplanten Imagefilm), Chat (Onlinekonferenzen), Email (SpiriTV-Email-Adresse), Neumitglieder (Formalitäten für einen Aufnahmeantrag) und den Statistiken mit den Zugriffen auf die Seite. Darunter gelangt man, zu dem in rot abgehobenen Print- bzw. Videoformular. Darüber werden die Texte und Fotos für die Beiträge verschickt.

In der Mitte stehen die neuesten, vereinsinternen Meldungen und der Hinweis auf das Mentoren-Piloten-System (dazu siehe 4.4).

Für das Angebot von SpiriTV wird der Server des JFC (Jugendfilmclub) Medienzentrums Köln benutzt.

5.3 Ausbildungskonzepte bei SpiriTV

Jeder, der sich für eine Mitarbeit bei SpiriTV interessiert, ist zunächst für zwei Monate Hospitant. In dieser Zeit sollen sich beide Seiten kennen lernen und der Interessent mindestens einen Beitrag erstellt haben. Danach wird im Präsidium über seine Aufnahme entschieden. Während der Probezeit zahlt er keinen Mitgliedsbeitrag, kann aber die Ausrüstung nutzen sowie an Seminaren, die entweder von SpiriTV-Mitarbeitern oder auch Außenstehenden - wie Guido Vogt - angeboten werden, teilnehmen und sich in verschiedenen Bereichen weiterbilden. Außerdem kann er jederzeit bei den einzelnen Arbeitsschritten wie Dreh, Schnitt usw. bei den Beiträgen anderer Mitglieder dabei sein und lernen.

Eine Besonderheit ist das Mentoren-Piloten-System: Jedem Interessenten, dem „Piloten“, wird ein erfahrenes Mitglied, ein „Mentor“, an die Seite gestellt, der fortan erster Ansprechpartner für alle Fragen sein soll, um dem Neuen den Einstieg zu erleichtern. Dabei soll er nicht nur erklären, sondern seinen Piloten motivieren und ihm helfen, seine Interessen und Stärken herauszufinden. Er begleitet den Piloten von der Planung bis zur Fertigstellung seiner ersten Beiträge und hilft bei den einzelnen Arbeitsschritten. Nach den wöchentlichen Redaktionssitzungen soll der aktuelle Stand der Mitarbeit besprochen und in einem Formular fest gehalten werden.

Wenn der Pilot genügend Erfahrungen gesammelt hat und in der Lage ist, eigenständig zu arbeiten, endet das Mentoren-Piloten-System.

Weitere Hilfestellungen bieten die verschiedenen Ratgeber (Schnitt, Recht, Kamera...), die auf der internen Seite für alle Mitglieder zur Verfügung stehen und als Nachschlagewerk während des Arbeitsprozesses dienen können.

5.4 Beitragserstellung bei SpiriTV

Die Fertigung eines Beitrags ähnelt im Wesentlichen dem unter 3) geschilderten Ablauf. Daher wird auf die genauen Beschreibungen nicht näher eingegangen. Im „Leitfaden für SpiriTV-Redakteure“, einer kurzen Übersicht über die Beitragserstellung, ist der Prozess in drei Abschnitte gegliedert: Vorbereitung, Dreh, Nachbereitung.

Die Vorbereitung umfasst dabei die Schritte: Idee/Exposé, Recherche, Storyboard und Vorbereitung des Drehtermins. Nach dem Dreh folgt die Nachbereitung, die sich in Vorbereitung des Schnitts, Schnitt und den schriftlichen Begleittext unterteilt.

Auf das Texten und andere Aspekte wie Interviewen wird im Grundlagenteil eingegangen.

Darüber hinaus existieren noch spezielle Leitfäden für Cutter und Kameraleute, die neben allgemeinen Aspekten auch auf technisches Wissen verweisen.

Wer eine Idee zu einem Beitrag hat, stellt diese in der Redaktionssitzung vor und erläutert sein weiteres Vorgehen. Für den Drehtermin wird, entweder persönlich oder über das Formular auf der internen Seite, das benötigte Equipment und ein Kameramann angefordert. Oft erklären sich auch spontan Mitglieder bereit, als Kameramann zu fungieren oder anderweitig zu helfen. Am Drehtag besorgt in der Regel der Kameramann die Ausrüstung. Während des Drehs hat der Redakteur die Verantwortung für den gelungenen Ablauf, gerade neue Mitglieder tun sich erfahrungsgemäß jedoch schwer mit dieser Aufgabe und so wird bei Problemen oft im Team entschieden. Nach dem Dreh bekommt der Redakteur die DV-Tapes, die vom Ressort Schnitt auf VHS gespielt werden. Zu Hause sichtet er das Material und legt mit Hilfe einer Shotlist das grobe Schnittkonzept fest, das dann beim eigentlichen Schnitt oft noch verändert wird. Während der Cutter sich um Details wie Bauchbinden, Titel usw. kümmert, schreibt der Redakteur seinen Text und spricht ihn in der Regel auch selber ein.

Dazu schreibt er noch einen Begleittext für die Homepage und sorgt für Bildmaterial. Beides wird dann wiederum über das Formular auf der internen Seite zum Redigieren an das Ressort Redaktion geschickt und schließlich auf der Seite veröffentlicht. Um die Einspeisung auf den Server des JFC Medienzentrums kümmert sich der Cutter. Abschließend wird jeder Beitrag auf der Redaktionssitzung gezeigt und muss sich dem kritischen Urteil der anderen Mitglieder stellen – eine Feuerprobe mit Lerneffekt.

5.5 Qualitätsaspekte bei SpiriTV

Die journalistische Qualität im professionellen Fernsehen erwächst meines Erachtens aus zwei Faktoren; zum einen aus dem Zusammenspiel langjähriger, praktischer Erfahrung der Redakteure, Kameraleute und Cutter und zum anderen sind es die verschiedenen Kontrollinstanzen, die vor der Sendung des Beitrags durchlaufen werden müssen: Redaktionskonferenz, Produktionsleitung, abnehmender Redakteur etc. Oft gibt es sogar für die einzelnen Schritte Abnahmen, um ständig über die Qualität des Beitrags im Bild zu sein: (Roh-)

Schnittabnahme, Textabnahme, Tonabnahme und schließlich die Endabnahme. Auch bei SpiriTV wird Wert auf hochwertige Beiträge gelegt, die Qualität kann sich natürlich mit der von professionellen Redaktionen schwer messen. Die Selbstverantwortlichkeit der Mitglieder ist dabei sowohl Vor- als auch Nachteil. Jedem steht es frei, über Themen, die ihn interessieren, zu berichten und sich in den verschiedenen Bereichen, z.B. als Ressortleiter, zu engagieren. Wenn jemand also motiviert ist, kann er sich sowohl Kompetenzen technischer, journalistischer und sozialer Art aneignen und diese ausweiten – oft umfassender als z.B. bei einem Praktikum in einem Medienunternehmen möglich wäre. Da die Mitarbeit und die Strukturen weniger formalisiert sind als bei einem professionellen Unternehmen, birgt das Konzept natürlich auch gewisse Risiken. Obwohl SpiriTV schon eine grob umrissene Zielgruppe, nämlich junge Leute und Studenten, hat, gibt es Beiträge, die thematisch stark auf die Interessen des verantwortlichen Redakteurs verweisen und bei Quotendenken und im Hinblick auf die Zielgruppe in einer „echten“ Redaktion keine Akzeptanz erlangt hätten. Der Übungscharakter ist hierbei höher zu werten, so dass es immer wieder zu Kompromissen zwischen der journalistischen Qualität der Homepage und dem Learning-by-doing-Konzept kommen muss. Das schlägt sich auch in einer gewissen Unverbindlichkeit nieder: Während im professionellen Journalismus, z.B. bei RTL (vgl. u.a. Fragebogen Franziska Fink), Zeit-, Quoten- und Konkurrenzdruck durchaus auch förderlich für die Qualität sein können, führt es bei einem Verein zu einer zwangloseren Arbeitsauffassung, da bei verpassten Terminen oder gröberen Missgeschicken dort kaum mit Sanktionen gerechnet werden kann. Ein Indikator ist die, von älteren Mitgliedern in der Umfrage (siehe Anhang) oft bemängelte, schlechte Vorbereitung von Anfängern auf einen oder gar den ersten Dreh; trotz verschiedenster Hilfen (siehe 4.3) wird manchmal erst vor Ort (oder gar erst im Schnitt!) ein richtiges Konzept und eine Dramaturgie entwickelt; dieses Manko, der fehlende rote Faden, macht sich dann später in einem inkohärenten, unschlüssigen Beitragsaufbau bemerkbar. Sinnvoll wäre eine verpflichtende Einreichung eines Konzeptes vor dem Dreh (wie bei den meisten professionellen Redaktionen), die bis dato freiwillig ist. Früher führte der fehlende Termindruck und die fehlenden technischen Ressourcen (Schnittplätze) oft auch zu wochenlangen Fertigungszeiten, die inzwischen durch Reglementierungen beigelegt werden: Ist ein Beitrag vier Wochen nach dem Vorschlag nicht sendefertig, wird er gecancelt. Diese Maßnahmen sollten zu mehr Verantwortungsbewusstsein und einer verpflichtenderen Einstellung gegenüber dem Projekt führen.

Auch die technische Ausstattung hat natürlich Auswirkungen auf die Qualität: Die Existenz nur einer Kamera und die Schnittplätze, die teilweise im JFC, teilweise bei Mitgliedern sind, führen zwangsweise zu terminlichen Engpässen, so dass eventuell zwei Beiträge um Kamera und/oder Schnitttermin konkurrieren und es zu Verzögerungen kommen kann. Der Kauf einer weiteren Kamera steht in Aussicht und immer mehr Mitglieder richten sich zu Hause einen Schnittplatz ein, so dass diese Unzulänglichkeiten in absehbarer Zeit ebenfalls verbessert werden können.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist das Fachwissen: Zwar finden immer wieder Seminare von erfahrenen Mitgliedern zu den Bereichen Schnitt, Kamera und Internet statt, doch fehlen Impulse von außen. Abhilfe wäre hier, entsprechende Experten in die Ausbildung zu integrieren, was z.B. bei Guido Vogt durch eine Know-how-Kooperation (für das von ihm geleitete Seminar über die Beitragserstellung erhielt er als „Bezahlung“ einen Kurs über HTML) gelungen ist. Damit stößt man an einen weiteren Qualitätsaspekt: die Finanzlage. Das Fehlen von Produktionsgeldern macht sich natürlich ebenfalls von der Themenwahl bis zur Endfertigung bemerkbar. Da SpiriTV nur von Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert wird, sind keine Aktionen (Beiträge, Werbung etc.) möglich, die eine hohe Investition erfordern. So war z.B. das Auftreten auf der Kölner Medienmesse nur durch Unterstützung von privaten und öffentlichen Kooperationspartnern möglich. Eine neue Finanzquelle wurde durch die Übernahme von Auftragsarbeiten eröffnet. SpiriTV kann also weder auf teure Ausstattung, Archivmaterialien (die im Journalismus häufiger vorkommen, als man denkt!), Produktionsgelder noch ausgebildete Fachkräfte zurück greifen. Trotzdem wird versucht, einen bestimmten Standard zu etablieren. So ist auch ein dreiköpfiges Qualitätsgremium, bestehend aus erfahreneren Mitgliedern, gegründet worden, das Printbeiträge und Storyboards für geplante Filme überprüft und mit den Redakteuren Rücksprache hält.

Je mehr Beiträge natürlich gemacht werden, um so besser wird normalerweise auch die Qualität, weil man die Anfängerfehler umgeht. Auch die verschiedenen Seminare, die von erfahrenen „Spirits“ oder einem Gastreferenten geleitet werden, erhöhen die Fachkenntnisse und verbessern die Qualität der Beiträge. Ebenso trägt der Austausch untereinander in der wöchentlichen Redaktionskonferenz und die Kritikrunde nach der Filmpräsentation oft zum Erkennen von Fehlerquellen und der Behebung dieser bei.

Zu den ausgesuchten Aspekten der Qualität, Themen und Darstellungsformen, muss man das Projekt SpiriTV natürlich in seinem Rahmen als nichtprofessionelles Unternehmen erfassen. Im Vergleich zum beruflichen Journalismus sind also, allein aus Kosten- und Fachgründen, keine Qualitätsmerkmale wie investigative Berichterstattung oder hohe Aktualität der Berichte möglich. Die Themen, differenziert in die Rubriken Uni, Lifestyle, Kultur, Wissen, Sport und Fun, sind meistens auf Köln, lokale Events und Veranstaltungen und Unternehmen im universitären Umfeld bezogen. Über soziale Missstände, wie bei Wallisch definiert, wird nicht berichtet; eine kritische Berichterstattung ist ebenfalls kaum auszumachen, aber bei dem Konzept von SpiriTV auch kein Maßstab. Die bevorzugte Darstellungsform hat Berichtcharakter, bei den Fernsehbeiträgen finden sich auch Umfragen zu verschiedenen Themen, wie z.B. dem Irak-Krieg. Glosse, Kommentar und Reportage sind vereinzelt zu finden. Die Fernsehbeiträge stellen größtenteils eine Person oder ein Projekt (z.B. Museen) vor und greifen kaum gesellschaftlich-politische Themen auf. Auffällig ist auch die Vernachlässigung bestimmter onlinejournalistischer Standards: So gibt es z.B. reine Printbeiträge ohne Bildmaterial oder Zwischenüberschriften.

6) RTL Landesstudio Ost – Professionelle Beitragserstellung ?

6.1 Beitragserstellung bei RTL Leipzig

Die vorliegenden Informationen entstammen der Teilnahme am Redaktionsalltag im RTL-Landesstudio Ost in Leipzig. Dieses ist vor allem zuständig für Boulevard- und Newsthemen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Über einen Tag wurden verschiedene Redakteure beim Drehen, Recherchieren, Texten und Schneiden begleitet. Anhand der Beobachtungen sollen die Arbeitsweise und die Spezifik bei RTL erläutert werden.

Morgens kommen die Themenangebote für RTL Punkt 12; je nach personellen Ressourcen können Themen, die bei den verschiedenen Sendungen (Punkt 12, RTL aktuell, Explosiv...) laufen und wo das Rohmaterial bereits vorliegt, prinzipiell überall in Deutschland endgefertigt und per Newsfeed, dem Übertragungssystem, übermittelt oder auch direkt eingespielt werden.

Die Redakteure beginnen ihren Arbeitstag um 9 Uhr mit der Suche nach möglichen Themen in den tagesaktuellen Zeitungen des regionalen Umlandes sowie im Internet, die in der Redaktionskonferenz um 9:30 Uhr diskutiert und daraufhin verteilt werden.

In unserem Fall liegen erste Informationen von einem Autocrash der letzten Nacht vor: Ein Jugendlicher hat mit seinem Auto mehrere parkende Autos gerammt. Von AZ Media, einem Zulieferer, liegen bereits Bilder der Nacht dazu vor. Diese bekamen die Information wahrscheinlich über einen Informanten bei der Polizei. AZ Media beliefert RTL gegen eine Kostenpauschale mit Bildern und ersten Informationen. Das erste Rechercheziel ist nun der Name des Unfallfahrers – für die Recherche gibt es einen eigenen Spezialisten. Parallel wird mit dem Chef vom Dienst in Hamburg abgeklärt, ob und wie das Thema umgesetzt werden kann – die Story ist abhängig davon, ob man den Fahrer vor die Kamera bekommt oder nicht. Ein Beitrag ohne echten Protagonisten und Emotionalisierung mache wenig Sinn.

Da die Bilder aus der Nacht qualitativ schlecht sind, macht sich ein Team -Redakteur, Kameramann, Tonassistent- auf den Weg zum Unfallort. Die Kameraleute und auch die Schnittplätze werden von TVN angemietet, einer Medienfirma im selben Haus. Vor Ort dreht der Kameramann selbstständig Bilder von den beschädigten Autos, der Redakteur kümmert sich inzwischen um Gesprächspartner. Ein Autobesitzer, der wohl die Aufruhr bemerkt hat, stellt sich für einen O-Ton zur Verfügung. Währenddessen hat sich die grobe Richtlinie des Themas etabliert: Da er für sich kaum berichtenswert ist, könnte der Fall eventuell als Klammer dienen für einen Bericht mit Servicecharakter über das Fahrsicherheitstraining des ADAC.

In der Redaktion wird nach dem Namen des Unfallfahrers recherchiert: Von der Polizei erfährt man nur den Nachnamen, der über die Suchmaschine google zu einem Boxclub und schließlich zum Bruder des Fahrers führt. Ein erster Kontakt wird hergestellt. Parallel wird beim ADAC recherchiert und angefragt, ob man ein solches Fahrsicherheitstraining drehen könne. Schließlich wird der Beitrag, trotz aller bisher geleisteter Arbeit, gecancelt, weil der Fahrer nicht für ein Interview bereit steht.

Ein anderes Thema wird bearbeitet: Der aufgedeckte Mord an einer jungen Frau, die verschwunden war und vorher noch von ihrem Partner über das Fernsehen gesucht wurde. Dieser stellt sich als der Mörder heraus.

Mit dem vorliegenden Material, das aus Hamburg überspielt wurde, soll nun ein aktualisierter Beitrag für die 18 Uhr-Nachrichten „Guten Abend RTL“ erstellt werden. Zusammen mit dem Cutter wählt der Redakteur die Bilder aus der MAZ aus und stellt den Beitrag zusammen. Nebenher wird der Text aus dem Textmanuskript des vorherigen Beitrags umgeschrieben. Für den Beitrag findet eine ständige Absprache mit dem CvD in Hamburg statt, da keine Wiederholungspassagen aus der bisherigen Berichterstattung auftreten und bestimmte Bilder und O-Töne erst am Abend gesendet werden sollen. Daran kann man die verschiedenen Ausrichtungen sowohl der Beiträge als auch der einzelnen Formate differenzieren: Für die Regionalnachrichten um 18 Uhr wird der Schwerpunkt auf das Kind der Toten gelegt – wie soll es mit ihm weitergehen? Die Umsetzung des Themas ist hier emotionaler geprägt und eher auf Frauen als Zielgruppe fixiert. Für die Nachrichten um 18:45 Uhr, „RTL aktuell“, ist dagegen eher das Täterprofil und die Beweggründe entscheidend. So darf für den Beitrag zum Beispiel der O-Ton eines Psychologen nicht benutzt werden, da dieser wichtig für das Täterprofil in RTL aktuell ist und Doppelungen vermieden werden sollen.

Nach dem Texten spricht der Redakteur seinen Text ein. Dann werden noch die Bauchbinden (Inserts mit Namen und Funktion), bei RTL „Chyrons“, in das Intranet eingegeben, die dann live in Hamburg eingeblendet werden.

Die wichtigsten Aspekte bei der Beitragsstruktur sind laut RTL-Redakteur:

- zügiges Hinführen zum ersten O-Ton
- das stärkste Bild und die Neuigkeit an den Anfang
- Ausblick am Ende

Beim Texten wird auf kurze Sätze mit einer dem Zuschauer angepassten Sprache Wert gelegt (vgl.“Tabula Rasa-Leitfaden“ im Anhang).

6.2 Ausbildungskonzepte bei RTL

6.2.1 Die RTL-Journalistenschule

Seit dem Jahr 2000 existiert die R­TL-Journalistenschule für TV und Multimedia. In der zweijährigen Ausbildung absolvieren die Schüler etwa sechs Monate theoretische Ausbildung an der Schule in Köln, 13 Monate Praktika in bundesweiten Fernseh- und Onlineredaktionen von RTL sowie vier Monate in selbst ausgesuchten Stationen. Die Schüler sind für die zwei Jahre Angestellte der Journalistenschule. Sie erhalten eine Lehrgangsbeihilfe in Höhe von monatlich 767 Euro (plus einer 13. Lehrgangsbeihilfe am Ende des Jahres).

Die RTL-Journalistenschule nimmt alle zwei Jahre jeweils einen Jahrgang von 30 Schülern auf, die durch ein Bewerbungsverfahren ausgewählt werden. Dabei muss aus einem vorgegebenen Themenpool eine Reportage sowie eine visuelle Umsetzung für einen TV-Beitrag eingereicht werden. In der nächsten Runde müssen die Teilnehmer vor Ort einen Beitrag selbst recherchieren und drehen. Darüber hinaus folgen noch mehrere Wissenstests sowie ein Auswahlgespräch vor einem Gremium. Der Jahrgang wird in zwei Gruppen mit je 15 Teilnehmer geteilt, die um ein Quartal versetzt die Ausbildung beginnen.

Im ersten Jahr steht die Einführung in die Grundfertigkeiten der journalistischen Praxis im Mittelpunkt. Darauf bauen praktische Übungen zu den speziellen Anwendungen des TV-Journalismus sowie Einblicke in die Fernsehtechnik auf.

Die daran anschließende Praxisausbildung besteht aus meist dreimonatigen Redaktionspraktika in den Bereichen Lokal- und Regionalberichterstattung, News, Magazine und Sport. Jeder der dreimonatigen Praxisblöcke schließt mit einem Workshop an der Schule ab. Hier werden die Praxiserfahrungen der Schüler ausgetauscht und weitere Themen des Lehrplans erarbeitet. Im zweiten Jahr absolviert die Schülergruppe den mehrwöchigen Intensivkurs "Multimedia", der in Zusammenarbeit mit der Medienakademie Köln konzipiert und durchgeführt wird. In Kooperation mit der Graduate School of Journalism der Columbia University wird der vierzehntägige Kurs "broadcast journalism" in New York und Washington organisiert. Zusätzlich werden Vertiefungstrainings zu einzelnen Fertigkeiten des Fernsehjournalismus, Grundlagenseminare zu Redaktions- und Medienmanagement sowie weitere Reflexionsworkshops durchgeführt.

Die Praxisausbildung wird in weiteren Redaktionen fortgesetzt. Hier erhalten die Schüler die Gelegenheit sogenannte "Wahlstationen" zu belegen. Dies sind Praktika in Redaktionen verschiedener Sender, in Produktionsfirmen, in nicht journalistischen Fernsehredaktionen oder auch im Bereich Online, Print, Hörfunk oder Public Relations.

6.2.2 Ausbildung in der Redaktion

Die Redakteure bei RTL haben oft schon bei anderen Medienunternehmen wie Leipzig Fernsehen Erfahrungen gesammelt und müssen nur noch in die Besonderheiten bei RTL eingeführt werden, so dass keine essenzielle Unterweisung mehr nötig ist. Auch die Absolventen der RTL-Journalistenschule bringen einige Vorerfahrung mit und sind nach einer kurzen Einführungsphase ebenfalls in der Lage, selbständig Beiträge zu erstellen (vgl. Fragebogen Franziska F. im Anhang).

6.3 Qualitätsaspekte bei RTL

Sicherlich kann nach einem Tag in der Redaktion und den Ausführungen verschiedener Mitarbeiter keine umfassende Bewertung der journalistischen Qualität bei RTL stattfinden. Dennoch soll versucht werden anhand der Quellen und persönlicher Erfahrungswerte eine Einschätzung vorzunehmen.

Die oft genannten Vorwürfe an RTL der „Boulevardisierung“ von Themen trifft teilweise zu: Bei den Beiträgen werden oft emotionalisierende Mittel eingesetzt, z.B. bei dem Beitrag über dem Mord immer wieder ein Zoom auf das Foto des Opfers, das die Leute auf der emotionalen Ebene ansprechen soll, wobei der Informationswert und die Objektivität dabei fraglich ist. Dies ist jedoch auch abhängig von dem Format, indem der Beitrag laufen soll. Ein Beitrag für die Nachrichtensendung „RTL aktuell“ muss mehr Kontrollinstanzen durchlaufen als zum Beispiel für „Guten Abend RTL“. Dieser Unterschied lässt sich an der Geschichte über die ermordete Frau zeigen: Aus ähnlichem Material entstehen unterschiedliche Beiträge, die immer wieder mit dem CvD abgeklärt werden müssen. Für die Zielgruppe der 18-Uhr-Regionalnachrichten wird aus dem Thema eine emotionalere Geschichte, mit dem Kind der Toten im Mittelpunkt, gewählt; für „RTL aktuell“ sind das Täterprofil und die Hintergründe von Bedeutung, die Erzählweise ist sachlicher.

Bei der Sprache wird besonders auf Verständlichkeit („Auch Hauptschüler müssen das verstehen.“, Zitat Red.) und einer der Zielgruppe angepassten Sprache geachtet, aber es wird auch „dramatischer formuliert als bei anderen Sendern“ (Zitat Redakteurin) – ein weiterer Indikator für die Boulevardisierung und Emotionalisierung der Themen.

Auch der dem Medium Fernsehen generell evozierte Vorwurf der Wirklichkeitskonstruktion findet sich bei RTL partiell bestätigt, wie z.B. bei der Antizipation der O-Töne (vgl. Fragebogen F.: “Oft weiß ich auch schon, was die Leute antworten müssen.“) – dies ist allerdings ein allgemeines Problem von Interview- und Fragetechniken, zum Beispiel auch in der Methodik von sozialwissenschaftlichen Umfragen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass einige Vorurteile über die Berichterstattung der privaten Sender (Boulevardisierung, Emotionalisierung) bestätigt werden können, wenngleich dieser Erfahrungsbericht nicht als allgemeine Argumentationsgrundlage dienen kann.

7) Fazit

Das Ziel dieser Hausarbeit war, Grundlagen für die Erstellung eines Fernsehbeitrags zu vermitteln, zwischen verschiedenen Ausbildungs- und Fertigungsmethoden zu differenzieren und dabei auch die journalistische Qualität zu interpretieren.

SpiriTV ist eine sehr gute Möglichkeit für Medieninteressierte aller Art einen ersten Einblick in den Journalismus zu bekommen, Erfahrungen und Arbeitsproben zu sammeln. Aufgrund der vielfältigen Ansätze (Mentoren-Piloten-System, Seminare etc.) lässt sich, bei einer längerfristigen Mitgliedschaft und entsprechendem Engagement, eine Qualitätssteigerung der journalistischen Produkte beobachten. Dabei ist dies bei der Erstellung eines Filmbeitrages ungleich schwieriger, da diese mehr Zeit in Anspruch nehmen und insgesamt schwieriger zu produzieren sind als z.B. ein Printbeitrag. Für genauere empirische Daten wäre eine Verlaufsstudie einzelner Mitglieder nötig, die hier nicht geleistet werden kann.

Die Vielfalt von Themen und deren angemessene Präsentation durch verschiedene Darstellungsformen kann und muss bei SpiriTV noch ausgeweitet und verbessert werden. Gerade der Charakter des Learning-by-doing und die Möglichkeit, Themen zu bearbeiten, die dem Redakteur selbst liegen und nicht von marktökonomischen Faktoren bestimmt werden, sollte mehr genutzt werden. Daran anknüpfend sollten immer wieder Anregungen zu verschieden Darstellungsformen geleistet werden. Eine reflektierende Kritik der einzelnen Produkte, eventuell in einem größeren Rahmen als bisher, wäre dazu unbedingte Voraussetzung. Wie bereits erwähnt, birgt eine solche Experimentierfläche für journalistisch Interessierte einen wohl nicht zu lösenden Gegensatz zur Qualität des Gesamtprojekts. Allzu restriktive Maßnahmen (Nichtpublikation, etc.) wären im Sinne des Vereinscharakters bedenklich und der Effekt auf das Ausbildungskonzept fraglich.

Das Ausbildungskonzept bei RTL ist mit der Journalistenschule und dem hohen Praxisanteil durchaus vorbildlich, wenngleich kritisiert werden kann, das für eine Aufnahme schon erhebliche Vorkenntnisse nötig sind – ein Anfänger hätte keine Chance, das fordernde Verfahren (Reportage mit Visualisierungskonzept, Vor-Ort-Übung, Wissenstests, persönliches Gespräch) zu bestehen. Dieses Verfahren kann jedoch von „Profis“ auch umgangen werden, zumindest die erste Stufe ließe sich problemlos fälschen (was auch geschah, Quelle dem Autor bekannt), was wohl dazu führte, dass RTL bei dem zweiten Auswahltestjahrgang einen umfassenden Nachweis des Recherchewegs verlangt.

Die Darstellung der Gesamtqualität bei RTL würde wesentlich weit reichendere Nachforschungen erfordern, so dass ich als Quelle auf meine persönlichen Erfahrungen und die, teilweise durchaus kritischen Aussagen, der Mitarbeiter (vgl. 6.3.; Fragebogen) angewiesen bin, die gewisse klischeehafte Tendenzen, wie Emotionalisierung, Dramatisierung und Vereinfachung von Sachverhalten, aber zu bestätigen scheinen.

Abschließend lässt sich sagen, das sich die generelle Qualität der Beiträge auf SpiriTV deutlich von der professioneller Anbieter unterscheidet; der Verein allerdings mit seinen sich einem verändernden Umfeld anpassenden Innovationen und Ideen (wie z.B. der nötigen Einbindung von Fachkräften mittels unentgeltlicher Kooperationen) eine nahezu ideale Ausbildungsstätte für motivierte Medienschaffende ist und eine Sprungschanze in den professionellen Journalismus sein kann, die aber durch die konstanten, technischen wie auch gesellschaftlichen, Entwicklungen immer wieder aufs Neue ihr System reflektieren und adaptieren muss...

Literaturverzeichnis

1) Blaes, Ruth / Heussen, Gregor A.: ABC des Fernsehens; UVK Medien; Konstanz; 1997
2) Haller, Michael: Recherchieren; UVK Medien; Konstanz; 2000
3) Schröter, Detlef: Qualität und Journalismus; Verlag Reinhard Fischer; München, 1995
4) Schult, Gerhard / Buchholz, Axel: Fernseh-Journalismus; List Verlag; München; 1990
5) Vogt, Guido: Materialien TV-Kurs; Begleitmagazin zum VHS-Kurs „Der TV-Beitrag“ in Köln; 2001
6) Vogt, Guido: Stichworte Texten und Stichworte Film; Ratgeber-Eigenproduktionen
7) Wallisch, Gianluca: Journalistische Qualität; UVK Medien; Konstanz; 1995
8) Weber, Bernd: Wie erstelle ich einen Fernsehbeitrag?; Ratgeber-Eigenproduktion für SpiriTV

Internetquellen

www.spiritv.de

www.spiritv.de/intern

www.rtl-journalistenschule.de

Fragebogen „Franziska F.“ (per Mail)

1) Was verbindest du im Allgemeinen mit dem Begriff "Journalistische Qualität" bzw. was macht ein journalistisches Produkt (Fernsehbeitrag, Nachrichten, Reportage, Kommentar etc) für dich qualitativ hochwertig ?qualitativ hochwertig assoziiere ich zuallererst mit dem Begriff glaubwürdig. echt. hat der reporter ein echtes ansinnen, war er mit herzblut bei der sache, oder versucht er, mir etwas zu verkaufen, das so nicht ist? dazu kommt die tiefgründigkeit, die noch besser zum begriff qualität passt. also, wie ausführlich werde ich über dieses thema informiert? werden alle meiner fragen beantwortet? und drittens ist ein beitrag dann hochwertig, wenn er auch noch appetitlich serviert wird. also alles wichtige trotzdem ganz knapp und schlicht formuliert.

2) Was für Produkte im Fernsehen (Macher, Sendungen, Programme etc.)

fallen dir spontan als qualitativ hochwertig ein und wieso ?

aspekte, tagesthemen, zimmer frei
weil ich sie gern sehe. und ich bin eine sehr anspruchsvolle fernseh-lady.

sie befriedigen alle meiner oben genannten kriterien für qualität (auch in der unterhaltung).

3) Wenn du schon einen Fernseh-Beitrag für RTL gefertigt hast – Was war für dich am schwierigsten, wo hattest du die meisten Probleme?

beiträge für rtl scheinen simpel und sind gerade deshalb schwierig:

fernsehen zu machen, das man sich selbst nicht anschauen würde.

4) Wie hast du dich auf die Erstellung des Fernseh-Beitrags

vorbereitet und was hat dir am meisten geholfen ?

huch komische fragenkombination. was meinst du mit vorbereitet? also: ich such mir ein thema, nehme all meinen mut zusammen und werfe es bei der morgenkonferenz den anderen zum fraß vor. wenn ich es gewonnen hab, fange ich an, vorzustrukturieren, idealerweise habe ich schon vorrecherchiert und kann dann nachdem ich einen groben dreh- und bauplan für das stück habe, die drehs klarmachen. also protagonisten finden (ganz wichtig bei RTL), experten und all das trallala. wenn ich auf den dreh fahre, weiß ich schon genau, wie der laufen soll. also welche einstellungen ich brauche, welche fragen für die O-Töne.

Oft weiß ich auch schon, was die Leute antworten müssen - auch so eine unsittehier und manchmal stolperfalle vor ort. entweder vorher oder vor ort suche ich mir ein starkes bild für de ein- und ausstieg. zurück vom dreh sichte ich das material, suche mir aus den interviews die O-Töne, die ich im stück nehme und mache mir eine shotliste, auf der ich auch schon bilder markiere, die besonders gut sind. dann schreibe ich den text, wobei ich schon ungefähr weiß, wie die bilder später laufen. bei bedarf suche ich mir musik aus. Zusammen mit dem cutter wird dann ein meisterwerk gezaubert. hihi - meistens eher zusammengerotzt aus zeitnot.

am meisten hilft dabei aufjedenfall der überblick - den ich nie habe - und vorbereitung. gerade für den dreh lohnen sich die 15 minuten vorher, in denen ich mir ganz genau aufschreibe, was ich alles brauche, was ich für coole bildideen habe und so weiter. und die konkrete shotlist hilft, vor allem wenns im schnitt eng wird oder der cutter schlechte laune hat.

5) Wie schätzt du allgemein die Qualität der Beiträge (TV-, Print-, Audio-) bei RTL ein?

das ist jetzt die frage, woran du diese qualitöt bemisst. sprechen wir vom perfekten Boulevard-Beitrag, dann ist RTL aufjedenfall ganz vorne mit dabei. verglichen mit öffetnlich rechtlichen boulevard-formaten, wird bei RTL weit mehr wert gelegt auf neue ideen, auf ungewöhliche einstellungen, coole O-Ton-Situationen und auf verständlichkeit. auch die nachrichten-formate machen gute beiträge für ihre zielgruppe, was sich ja auch an der quote messen lässt. verglichen mit fernsehbeiträgen und formaten allgemein ist es natürlich geschmackssache. aber der persönliche geschmack wiederum ist kein allgemeiner maßstab.

5a) Woran liegt deiner Meinung nach die gute/schlechte Qualität der Beiträge?

gut sind sie, wegen dem hohen leistungsdruck, dem alle ausgesetzt sind, da die "qualität" jedes beiträgs sofort an der quotenkurve gemessen wird. Wenn sie schlecht sind, dann wegen dem hohen zeitdruck, dem ein sender unterliegt, der in der aktuellen berichterstattung immer der erste sein will.

6) Gibt es einen Beitrag (TV, Audio, Print) bei RTL, den du nach deinen Qualitätskriterien besonders gelungen findest?

also ich arbeite so viel, dass ich keine zeit mehr habe, fernzusehen. und wenn doch, dann schaue ich andere sender. also kann ich das nicht beantworten.

7) Was könnte man deiner Meinung nach bei der

RTL-Journalistenausbildung noch verbessern - bei der (Hilfestellung der) Fertigung von TV-, Print- und Audiobeiträgen allgemein?

ich würde mir noch mehr technik wünschen, also mehr dv-cams, mehr schnittmöglichkeiten. am besten einen laptop für jeden mit schnittprogramm, dass wir, wie die DV-Volontäre bei rtl, gleich alles selbst schneiden müssen.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
TV-Journalismus- Ausbildungskonzepte und Qualitätsaspekte im Vergleich
Hochschule
Universität Leipzig
Veranstaltung
Grundlagen des Fernsehjournalismus
Autor
Jahr
2004
Seiten
24
Katalognummer
V108638
ISBN (eBook)
9783640068333
Dateigröße
542 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
TV-Journalismus-, Ausbildungskonzepte, Qualitätsaspekte, Vergleich, Grundlagen, Fernsehjournalismus
Arbeit zitieren
Markus Gärtner (Autor:in), 2004, TV-Journalismus- Ausbildungskonzepte und Qualitätsaspekte im Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108638

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