Vorbilder... Ideale... Zielstellungen... Besondere Merkmale u.ä.
Dies sind immer wieder Kennzeichen einer bestimmten Epoche. So auch die für uns relevante Epoche der Romantik. Sie vertrat die Ideale des Mittelalters.
Man verlieh Traumhaften, Schmeichelhaften, Geheimnisvollen, Süßen und Verzaubernden starken Ausdruck. Beliebte Themen waren die Natur, die Kindheit, vor allem die des Volkes, und die Sehnsucht als Ausdruck für das Fern- und Heimweh.
Kunst und Literatur wiederspiegelten in diese Epoche den Umbruch der gesellschaftlichen Verhältnisse und der sich vertiefenden Widersprüchlichkeit zwischen Individuum und Gesellschaft, Ideal und Wirklichkeit, Kunst und Leben.
Und einer ihrer bedeutensten, wenn nicht sogar der bedeutenste Vertreter war der am 10.03.1788 auf Schloss Lubowitz bei Ratibor (Oberschlesien) geborene Joseph Freiherr von Eichendorff, der in Heidelberg und Halle Philosophie und Rechtswissenschaften studierte und am 26.11.1857 in Neiße (Nysa) starb.
Seine Werke - wie auch sein für uns zu analysierendes Gedicht „Lockung“ - sind geprägt durch die harmonische Verschmelzung der humanen Gesinnung mit einem reinen Naturgemüt und durch die innige Schlichtheit kunstvoll geprägten Ausdrucksvermögens.
Der Name von Eichendorffs Gedichts “Lochung” weist zunächst einmal auf keines der genannten charakteristischen Themen der Epoche hin. Betrachtet man die Überschrift allerdings konzentrierter, so verbindet die (Ver-) Lockung mit einem gewissen Reiz, der von einem Ort, einer Sache oder einer Person ausgehen muss. Damit könnte möglicherweise das Sehnsuchts-Motiv angesprochen werden. Unklar ist jedoch wer von wem zu was bewogen werden soll.
Doch die Frage wohin jemand gelockt werden soll wird schnell und deutlich beantwortet. Zum lyrischen Ich werden aber keine Angaben gemacht. Es befindet sich in einem Wald. In der ersten Strophe betrachtet beziehungsweise beschreibt es seine Umwelt. Eine außenstehende Person wird gefragt, ob sie diese Erfahrungen und Gefühle mit ihr teilt.
Gedichtsanalyse
Aufgabenstellung: Analysieren Sie das Gedicht „Lockung“ von Joseph Freiherr von Eichendorff. Weisen Sie anhand dieses Gedichtes die romantischen Merkmale nach und zeigen Sie die romantische Weltsicht auf.
ANALYSE
Vorbilder... Ideale... Zielstellungen... Besondere Merkmale u.ä.
Dies sind immer wieder Kennzeichen einer bestimmten Epoche. So auch die für uns relevante Epoche der Romantik. Sie vertrat die Ideale des Mittelalters.
Man verlieh Traumhaften, Schmeichelhaften, Geheimnisvollen, Süßen und Verzaubernden starken Ausdruck. Beliebte Themen waren die Natur, die Kindheit, vor allem die des Volkes, und die Sehnsucht als Ausdruck für das Fern- und Heimweh.
Kunst und Literatur wiederspiegelten in diese Epoche den Umbruch der gesellschaftlichen Verhältnisse und der sich vertiefenden Widersprüchlichkeit zwischen Individuum und Gesellschaft, Ideal und Wirklichkeit, Kunst und Leben.
Und einer ihrer bedeutensten, wenn nicht sogar der bedeutenste Vertreter war der am 10.03.1788 auf Schloss Lubowitz bei Ratibor (Oberschlesien) geborene Joseph Freiherr von Eichendorff, der in Heidelberg und Halle Philosophie und Rechtswissenschaften studierte und am 26.11.1857 in Neiße (Nysa) starb.
Seine Werke - wie auch sein für uns zu analysierendes Gedicht „Lockung“ - sind geprägt durch die harmonische Verschmelzung der humanen Gesinnung mit einem reinen Naturgemüt und durch die innige Schlichtheit kunstvoll geprägten Ausdrucksvermögens.
Der Name von Eichendorffs Gedichts “Lochung” weist zunächst einmal auf keines der genannten charakteristischen Themen der Epoche hin. Betrachtet man die Überschrift allerdings konzentrierter, so verbindet die (Ver-) Lockung mit einem gewissen Reiz, der von einem Ort, einer Sache oder einer Person ausgehen muss. Damit könnte möglicherweise das Sehnsuchts-Motiv angesprochen werden. Unklar ist jedoch wer von wem zu was bewogen werden soll.
Doch die Frage wohin jemand gelockt werden soll wird schnell und deutlich beantwortet. Zum lyrischen Ich werden aber keine Angaben gemacht. Es befindet sich in einem Wald. In der ersten Strophe betrachtet beziehungsweise beschreibt es seine Umwelt. Eine außenstehende Person wird gefragt, ob sie diese Erfahrungen und Gefühle mit ihr teilt.
Ob der Leser die irren Lieder aus der alten, schönen Zeit noch kennt, fragt das lyrische Ich in der zweiten Strophe. Es weist darauf hin, dass diese Lieder nun wieder gesungen werden. Das Adjektiv „irren“ lässt hier in Zusammenhang mit den Liedern vermuten, dass die Lieder etwas spontanes und naives beinhalten, was meiner Meinung nachauf die Kindlichkeit in ihnen hinweist.
In der dritten Strophe, in der es sich anfänglich vom Leser abwendet, berichtet es von der es umgebenden Natur, zum Beispiel von den träumenden und lauschenden Bäumen. Im letzten Vers kommt noch einmal eine direkte Aufforderung an die außenstehende Person, zu ihm in den Wald zu kommen.
Dieses Gedicht ist in drei Strophen unterteilt, während die erst Strophe acht Verse, die zweite und dritte jeweils nur vier Verse umfasst.
Die äußere Gliederung ist genau der inhaltlichen Gedankenführung angepasst. So beinhaltet die erste Strophe Naturbeschreibungen, während sich die zweite Strophe der Erinnerung an die mittelalterlichen Volkslieder widmet. Die dritte wiederum versucht die angesprochene Person noch einmal zu überzeugen und enthält eine direkte Aufforderung.
Die eingerückten ersten Verse der ersten und zweiten Strophe haben ebenfalls eine inhaltliche Bedeutung. Sie enthalten jeweils eine rhetorische Frage an die außenstehende Person. Somit rufen die Fragen sofort die Aufmerksamkeit des Lesers hervor. Außerdem ist die dritte Strophe als Art Zusammenfassung der zu vermittelnden Eindrücke und mit der innewohnenden Aufforderung – als einzige Strophe, deren erster Vers nicht eingerückt ist – auch schon äußerlich etwas hervorgehoben.
Das Gedicht hat einen typischen Volksliedcharakter. Volkslieder sind durch Strophen zu je vier Verse gekennzeichnet und zudem charakteristisch für die Romantik und für Eichendorff. Die erste Strophe hat zwar acht Verse, was eine verlängerte oder gedoppelte Volksliedstrophe ausmacht aber nur, weil sie eine einheitliche gedankliche Einheit bilden, nämlich die Beschreibung der umgebenden Natur.
Die Verwendung von Enjambements in diesem Gedicht folgt einem bestimmten System. Zeilensprünge werden benutzt, um die Zusammengehörigkeit zweier Verse zu verdeutlichen und, um sie auch zusammenhängend lesen zu können. In den ersten vier Versen der ersten und zweiten Strophe wechseln sich Haken- und Zeilenstil ab, wobei das erste Satzzeichen immer ein Fragezeichen und das zweite ein Komma ist. Danach folgen in der ersten Strophe drei Verse mit Enjambements und der vierte endet mit einem Fragezeichen. In der dritten Strophe, den zweiten Vier Versen des zweiten Teils des Gedichtes, besitzen die ersten zwei Verse ebenfalls Enjambements, aber der dritte endet mit einem Gedankenstrich. Hier soll noch einmal der sich anschließenden Aufforderung auch optisch ein großes Gewicht gegeben werden. Die Zusammengehörigkeit der zweiten und dritten Strophe ist mit der Zeichensetzung deutlich erkennbar, da die zweite Strophe nicht mit einem Punkt, sondern mit einem Komma endet. Nur durch die inhaltliche Trennung ist auch eine Teilung in zwei Strophen gemacht worden.
Beim Metrum handelt es sich in diesem Gedicht um einen Trochäus. Er wird durchgehend verwendet und erzeugt somit eine gewisse Harmonie, wie sie für die Romantik typisch und von symbolischer Beispielhaftigkeit ist.
Auch mit der einheitlichen Verwendung nur eines Reimschemas wird eine Regelmäßigkeit und die eben genannte Harmonie erzeugt. In diesem Gedicht wird, wie schon gesagt, durchgängig das Kreuzreimschema angewandt. So reimt sich zum Beispiel „rauschen“ (Vers eins) auf „hinabzulauschen“ (Vers drei).
Die Kadenzen betreffend gibt es abwechselnd klingende, zweisilbige und stumpfe, einsilbige Kadenzen. So sind die Wörter “Lieder” und “wieder” Beispiele für die klingende Kadenz und “schwül” und “kühl” Beispiele für die stumpfe Kadenz. Auch dieser Teil ist also im ganzen Gedicht so gut wie einheitlich und somit regelmäßig und harmonisch angewandt. Ausnahmen sind allerdings auch vorhanden. Im ersten, dritten, sechsten und zehnten Vers findet man gleitende Kadenzen wie zum Beispiel “Mondenschein”.
Inhalt und Themen des Gedichts “Lockung” von Joseph von Eichendorff sind ebenso unausweichlich und unübersehbar von romantischer Natur. Sieht man den Inhalt des Gedichtes in Zusammenhang mit der Weltanschauung der Romantiker, so zeigen sich die Merkmale der Romantik deutlich heraus. Das lyrische Ich hat sich von seiner alltäglichen Welt abgewandt, denn es ist mit der Gesellschaft nicht mehr zufrieden. In der Romantik - als eine Reaktion auf die Französische Revolution - hat sich die bürgerliche Gesellschaft konstituiert und stabilisiert. Eine weiterschreitende kapitalistische Entwicklung hatte unter anderem hier ihren Ursprung. Viele antikapitalistische Menschen forderten eine humane Lebens- und Arbeitswelt. Das und die Suche nach seiner Zugehörigkeit in der sich verändernden Gesellschaft, veranlasst das lyrische Ich aus dieser Alltagswelt zu fliehen.
Das Sehnsuchtsmotiv wird hier von Eichendorff aufgegriffen. Diese Sehnsucht nach der Flucht aus der Alltagswelt führt das lyrische Ich in die Natur, die ein weiteres Symbol oder Merkmal der Romantik ist. Unterstützt werden die Darstellungen der Sehnsucht, der Natur oder der Lockung auch durch entsprechende stilistische Mittel. Sie tragen zur zusätzlichen Verdeutlichung bei.
Mit den rhetorischen Fragen in der ersten Strophe - “Hörst du nicht die Bäume rauschen draußen durch die stille Rund?” (Vers 1/2) und „Lockt’s dich nicht, hinabzulauschen... in den Fluss vom hohen Stein?“ (Vers 3-8) - versucht er dem Leser zunächst einmal anzusprechen, aufmerksam zu machen und letzten Endes anzulocken. Mit diesen beiden und einer weiteren rhetorischen Frage in der zweiten Strophe (“Kennst du noch die irren Lieder aus der alten, schönen Zeit?” ® Vers 9/10) wendet sich der Berichtende direkt an eine bestimmte Person. Für den Erzähler sind die Fragen bereits beantwortet, da er das beschriebene erlebt. Aber mit dieser Hinwendung zur zuhörenden Person appelliert er an die Vorstellungskraft und hofft, überzeugen zu können.
In der letzten rhetorischen Frage steckt zugleich aber auch noch eine Synekdoche. So sind die irren Lieder aus der alten, schönen Zeit, nämlich dem Mittelalter, nur ein Beispiel, ein Glied aus einer Kette. So sind hiermit nicht nur die Lieder der alten Zeit, sondern auch alles andere, wie das Lebensgefühl, die Lebensweise und alles andere, was mit dem Mittelalter in Verbindung gebracht werden kann gemeint.
Die Natur ist für den Erzähler ein Sinnbild für den Ausdruck, die Darstellung des Traumhaften, Schmeichelhaften, Geheimnisvollen, Süßen, Verzaubernden, Einfachen, Schlichten, die Verzauberung der Alltagswelt oder für Volkstümlichkeit. Mit den Versen eins/zwei (“Hörst du nicht die Bäume rauschen draußen durch die stille Rund?”) und fünf/sechs (“Wo die vielen Bäche gehen wunderbar im Mondenschein”) beschreibt das lyrische Ich die Natur, die Sehnsucht und mit dem „Mondenschein“, also der Nacht, das traumhafte Erlebnis.
Das Ausgedrückte wird vom lyrischen Ich noch durch eine Alliteration von Vers fünf zu Vers sechs („Wo“ und „Wunderbar“) intensiviert.
Durch das Beschreiben der Natur und der Gefühle des lyrischen Ichs kennzeichnet sich die sogenannte Erlebnis-/Stimmungslyrik ab. Auch die großen Anteile der Naturlyrik – als ein wesentliches Merkmal der Romantik - an diesem Gedicht dürfen nicht übersehen werden. Und als sich das lyrische Ich auch noch der Geschichte zuwendet und diese reflektiert, indem es sich an irre Lieder der alten, schönen Zeit erinnert wird auch die Gedankenlyrik angesprochen.
Dies, also die Idealisierung des Mittelalters, ist auch eine Charakteristik der Romantik. Damit verbunden wendet sich der Berichtende den “irren Lidern aus der alten, schönen Zeit” (Vers 9/10) zu. Mit dieser Frage versucht das lyrische Ich die Gefühle des Zuhörers anzusprechen, alte Erinnerungen zu wecken und ihn mit sich aus der Alltagswelt zu locken.
Ebenfalls an das Gefühl und die Phantasie richten sich die beschreibenden Substantive, die fast alle durch Verben oder Adjektive ergänzt werden: Die Bäume rauschen, die Rund ist still, die Lieder sind irre und der Flieder duftet schwül.
In diesem Zusammenhang wendet sich das lyrische Ich auch an verschiedene Sinnesorgane, um das Erlebte lebendiger erscheinen zu lassen. Wenn man das Gedicht als ein Ganzes betrachtet, dann wird die Synästhesie durch den duftenden Flieder, (das Riechen), die rauschenden Bäume(das Hören), den siebenten/achten Vers (“die stillen Schlösser sehen in den Fluss vom hohen Stein”) (das Sehen) und den sechszehnten Vers (“hier ist’s so kühl”) (das Fühlen) deutlich.
Trotz des Glücks wird aber auch mit dem Vers zwölf (“Nachts in Waldeseinsamkeit”) das Alleinsein ausgedrückt. Das allein sein in der neuen sich entwickelnden rationalen Welt der Vernunft, deren Entwicklung u.a. durch die Aufklärung wesentlich vorangetrieben wurde. Verbunden mit den volkstümlichen Liedern wird ein weiteres Symbol für das Mittelalter dargestellt. In den Versen sieben/acht (“Und die stillen Schlösser sehen in den Fluss vom hohen Stein”) wird gezeigt, dass das lyrische Ich mittelalterliche Schlösser sieht, die auf einem hohen Felsen in Mitten eines Flusses stehen. Doch es sieht nur deren Spiegelungen im Wasser. Diese monumentalen Bauwerke aus früherer Zeit sind, da sie auf einem Stein im Fluss stehen, aber unerreichbar. Das lyrische Ich kann nur ehrfürchtig hinaufblicken und davon träumen, dort zu sein.
Die Bäume, die dem lyrischen Ich zuhören und seine Gedanken verfolgen, der duftende Flieder und die rauschenden Nixen stellen mit der hier entstehenden Harmonie ein weiteres Mittel zur Anlockung dar. Die Anapher im fünfzehnten und sechszehnten Vers kristallisiert noch einmal die Vielfalt der Ver-„Lockung“ heraus und lässt sie umfassender und aussagekräftiger aussehen. Der sechszehnte Vers (“Komm herab, hier ist’s so kühl”) fordert den Leser nun noch einmal auf, auf die Einsamkeit des lyrischen Ichs einzugehen und ihm Gesellschaft zu leisten.
Das gesamte Gedicht ist auch noch mit Metaphern durchzogen, welche mit zu den beliebtesten rhetorischen Mittel der Romantik zählen. So sind zum Beispiel die gehenden Bäche im fünften Vers, die erwachenden Lieder in der zweiten Strophe und die lauschenden Bäume von metaphorischer Sinnlichkeit.
Mit allen genannten rhetorischen Mitteln will Eichendorff also versuchen, hauptsächlich die Emotionen, Phantasie und Gedanken des Lesers oder Zuhörers anzusprechen, um ihn aus der Alltagswelt herauszulocken. Dies ist wahrscheinlich ein Ziel aller Romantiker gewesen, die eben aus dieser rationalisierten Welt fliehen wollen. Sie sind der Vernunft, die sich blitzartig in der vorangehenden Aufklärung entwickelt hat, gegenüber sehr skeptisch. Sie fürchteten, dass die zwischenmenschlichen Beziehungen durch das kommende kapitalistische Gedankengut und Profitdenken immer weiter abgebaut werden könnten. So wollen sie in die für sie größte Zeit, in das Mittelalter fliehen. Dort, wo der Mensch ihrer Meinung nach auch noch ein Teil der Natur war, die sie daher genauso intensiv versuchen darzustellen, wollen sie versuchen, ihr Leben traumhaft, spontan und einfach fortzuführen oder gar neu zu beginnen. Diese Zeit ist für sie der Ursprung alles lebenswerten. Und in eben diese Zeit mit all ihrer Natürlichkeiten, Kindlichkeiten und voller Naivität versucht uns Joseph Freiherr von Eichendorff mit seinem Gedicht „Lockung“ zu locken.
- Arbeit zitieren
- Thomas Schrowe (Autor:in), 2000, Eichendorff, Joseph - Lockung - Gedichtsanalyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108727