Verkündet sein Heil von Tag zu Tag (Ps 96,2) - Tagzeitenliturgie in der Gemeinde


Diplomarbeit, 2001

94 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Entwicklung der Tagzeitenliturgie
2.1 Altes Testament und Judentum
2.2 Neues Testament und Urkirche
2.3 Weitere Entwicklung bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil
2.4 Die Reform des Zweiten Vatikanischen Konzils
2.5 Ergebnis

3. Die heutige Form der Tagzeitenliturgie
3.1 Hinführung
3.2 Wichtige Aussagen der Allgemeinen Einführung in das Stundengebet
3.2.1 Das Stundengebet als Gebet des Volkes Gottes
3.2.2 Das Stundengebet als Gebet der Gemeinschaft
3.2.3 Das Stundengebet als verpflichtendes Gebet
3.2.4 Das Stundengebet als gemeinsame Feier
3.2.5 Das Stundengebet als Heiligung des Tages
3.2.6 Das Stundengebet als Heiligung derer, die es beten
3.3 Die Elemente der Tagzeiten
3.3.1 Hinführung
3.3.2 Eine Beispielhore
3.3.3 Weitere Elemente
3.4 Ergebnis

4. Neue Formen der Tagzeitenliturgie
4.1 Vorbemerkungen
4.2 Das „Stadtgebet“ aus Schwerte
4.2.1 Hinführung
4.2.2 Form und Ablauf des Stadtgebets
4.2.3 Fazit
4.3 Das Stundengebet der EXPO 2000, Hannover
4.3.1 Hinführung
4.3.2 Form und Ablauf des EXPO-Stundengebets
4.3.3 Fazit
4.4 Weitere ‚neue’ Formen der Tagzeitenliturgie
4.4.1 Vesper mit Gebet für Kinder
4.4.2 Eine Form der Sonntagsvesper
4.4.3 „Aus der Not eine Tugend gemacht“
4.5 Ergebnis

5. Die Zukunft der Tagzeitenliturgie – Anregungen für die Gemeinde

6. Schlusswort

Die Arbeit beachtet die Regeln der „alten“ Rechtschreibung.

Die Arbeit benutzt die Schriftart „Arial“, 12 cpi, der Zeilenabstand beträgt 1 ½ “.

In der Arbeit werden anstelle der Doppelbezeichnung in der männlichen und weiblichen Form grundsätzlich männliche Formen benutzt. Dies soll die lediglich die Leserlichkeit des Textes verbessern. Unabhängig davon sind natürlich Frauen und Männer gleichermaßen angesprochen.

1. Einleitung

„Verkündet sein Heil von Tag zu Tag“ (Ps 96,2) heißt es in der Überschrift zu dieser Diplomarbeit. Doch wo machen wir heute die Erfahrung, dieses Heil wirklich tagtäglich zu verkünden? Ist es nicht eher so, daß die Gläubigen oft genug vor verschlossenen Kirchentüren stehen und nur noch – wenn überhaupt – am Sonntag die Eucharistie feiern?

Diese Diplomarbeit verfolgt das Ziel, das Gebet der Kirche, welches in seiner Grundgestalt auf ein tägliches Gebet ausgerichtet ist, das Stundengebet, für den Gemeindeeinsatz zu erschließen. Dazu hier schon eine erste Anmerkung: Da ich das Stundengebet oder lateinisch die „Liturgia Horarum“ auf seinen Vollzug in der Gemeinde untersuche, folge ich eher dem altkirchlichen „kathedralen Typen“ mit seinen Hauptgebetszeiten Laudes und Vesper an den zeitlichen Übergängen von der Nacht zum Tag und vom Tag zur Nacht und weniger dem „monastischen“ Typ des Gebets mit den sieben Gebetsstunden[1]. Daher bietet es sich an von „Tagzeitenliturgie“ zu sprechen. Dies verdeutlicht einerseits die Betonung auf die zwei Gebetszeiten Laudes und Vesper, andererseits aber auch den dialogischen Charakter des Gebets in Wort Gottes und Antwort des Menschen.[2]

Die Idee zu dieser Arbeit entstand eher beiläufig, als ich das Buch „Kirche, die sich öffnet“ von Fritz Baltruweit und Dieter Haite, den beiden Leitern des Christus-Pavillons der EXPO 2000, Hannover, in der Bibliothek der Katholischen Fachhochschule NW in Paderborn entdeckt habe. Dieses Buch behandelt die liturgischen Feiern des Christus-Pavillons und bezieht diese auf die Gemeindearbeit. Der Abschnitt über die Stundengebete auf der EXPO ließ mich nicht mehr los, so daß ich es in der Entscheidungsphase für das Diplomarbeitsthema zu „meinem“ Thema gemacht habe.

Im Verlauf dieser Arbeit folgt der Einleitung ein Überblick über die Entwicklung der Tagzeitenliturgie hin zu einer monastisch geprägten Stundenliturgie, um die geschichtlichen Hintergründe darzulegen, ohne die man die heutige Form der Tagzeitenliturgie nicht verstehen kann.

Anschließend wird im ersten Teil des dritten Kapitels auf die Theologie der Stundenliturgie, wie sie sich heute im Stundenbuch darstellt, eingegangen. Im zweiten Teil wird als Beispiel eine Gebetszeit auf ihre Elemente hin genauer betrachtet. Ich habe mich dabei für die Vesper entschieden, da das im Kapitel 4 untersuchte „Stadtgebet“ aus Schwerte am Abend stattfindet und eine neue Form der Vesper ist. Daneben ist die Vesper die Gebetsstunde der Tagzeitenliturgie, die aufgrund ihres zeitlichen Ansatzes am frühen Abend am ehesten gemeindegerecht ist.

Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit neuen oder neueren Formen der Tagzeitenliturgie. Hierzu wird ihre Struktur mit der des Stundengebets, wie sie sich im Stundenbuch findet, verglichen. Neben weiteren Gebeten werden in diesem Kapitel zwei Formen exemplarisch genauer betrachtet: Zum einen das „Stadtgebet“ aus Schwerte als ein eher gemeindeorientiertes Projekt, zum anderen das Stundengebet der EXPO 2000 in Hannover als eine außergewöhnliche Gebetsform.

Das fünfte Kapitel behandelt die Zukunft der Tagzeitenliturgie in der Gemeinde. Es bietet in Form eines Kriterienkatalogs mit kurzen Statements und Erläuterungen Anregungen zur Einrichtung der Tagzeitenliturgie in der Gemeinde.

Das abschließende Schlußwort gibt eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse und hält diese in wenigen Sätzen fest.

2. Die Entwicklung der Tagzeitenliturgie

Für die Erstellung eines Überblicks über die Entwicklung der Tagzeitenliturgie muß man zunächst in die Geschichte des Judentums und in das Alte Testament blicken.[3] Hier liegen die Wurzeln der christlichen Tagzeitenliturgie.

2.1 Altes Testament und Judentum

Bekanntlich bilden „alttestamentliche Texte, vornehmlich der Psalter, das tragende Substrat des gesamten Stundengebets der römischen Tradition“[4]. Um dies zu untersuchen, muß man sich über die Orte des jüdischen Gottesdienstes im klaren sein:

Zum einen gab es den Tempel als zentralen Gebetsort. Er diente dem immerwährenden Opfer. Tägliche Gottesdienste am Morgen und am Abend sollten die Gegenwart des göttlichen Heils darstellen, wie es der Herr in seinen Anordnungen für Heiligtum und Kult verlangt hat (Ex 29,38 ff.). Das Gebet am Morgen diente dem Gedächtnis des Bundesschlusses am Sinai (Ex 19), das am Abend dem Gedächtnis des Auszugs aus Ägypten (Ex 13).

Der Tempelkult war allerdings nie unumstritten, vor allem da es mit der Vorstellung des Wohnens Gottes im Tempel verbunden war. So entstanden durch eine Spiritualisierung des Opfergedankens, vor allem in der Zeit seit dem babylonischen Exil, an Stelle der Opfer feste Gebetszeiten, die auch zu Hause gebetet werden konnten. Diese Ordnung ist bis heute entscheidend für das jüdische Gebetsleben.

Kurz vor der Zeitenwende um das Jahr 0 entstanden die Synagogen mit ihren Synagogengemeinden „als alternativer Frömmigkeitstyp“[5] zum Tempelkult. Es entwickelten sich so Gottesdienste am Morgen und am Abend ohne Opfergedanken. Mit der Zerstörung des Tempels im Jahre 70 n. Chr. entwickelte sich der Synagogengottesdienst unter Integration einiger Bestandteile des Tempelkults weiter. Wesentliche Elemente dieser Morgen- und Abendgottesdienste waren der Lobpreis und das Bittgebet. Hinzu kamen beim Morgengottesdienst noch die Wortverkündigung und die Katechese.

2.2 Neues Testament und Urkirche

Bei einem Blick ins Neue Testament fällt auf, daß Jesus selbst ein großer Beter war. Die Evangelien, vor allem das Lukasevangelium, zeigen ihn immer wieder betend: Angefangen von der Offenbarung seiner Sendung durch den Vater während seiner Taufe (Lk 3,21), über die Berufung der Apostel (Lk 6,12) und den Lobpreis zur Brotvermehrung (Lk 9,16 u. a.) bis hin zu seinen letzten Worten am Kreuz (Lk 23,46)[6]. Durch die intensive Beziehung Jesu zu seinem Vater, der ihn auf die Erde gesandt hat, besaß er die Legitimation, den Jüngern das Beten zu lehren. Dies ist bei Matthäus (Mt 6,5 ff.) und bei Lukas (Lk 11,1 ff.) bezeugt. Daneben gab er seinen Jüngern auch den Auftrag, „daß sie allzeit beten und darin nicht nachlassen sollen“ (Lk 18,1).

Die Apostel haben diesen Auftrag nach dem Tod Jesu übernommen und ausgeführt. Lukas schreibt in seiner Apostelgeschichte, daß die Jünger nach der Himmelfahrt Jesu in Jerusalem „einmütig im Gebet“ (Apg 1,14) verharrten. Auch die ersten Christen, die sich durch die Apostel taufen ließen, folgten dem Auftrag Jesu: „Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten“ (Apg 2,42). Auch Paulus ermahnt die Epheser in seinem Brief: „Hört nicht auf, zu beten und zu flehen! Betet jederzeit im Geist; seid wachsam, harrt aus und bittet für die Heiligen.“ (Eph 6,18).

Durch die Verwurzelung der Urkirche im Judentum entwickelte sich eine an der jüdischen Gebetspraxis orientierte christliche Gebetsordnung mit Morgen- und Abendgottesdiensten. Aus dem Auftrag, wachsam zu sein und allzeit zu beten (Mk 13,35 ff. u. a.), entwickelte sich dann später, auch durch Ausbleiben der Wiederkunft Christi, eine differenziertere Gebetsordnung. Es fanden sich in der Apostelgeschichte weitere Andeutungen für eine Gebetsordnung für Versammlungen zur dritten, sechsten und neunten Stunde[7]: In Apg 2,15 findet sich der Hinweis, daß das Pfingstereignis zur dritten Stunde war. Somit kann man auf eine Gebetsversammlung der Apostel zur dritten Stunde schließen. Das Mittagsgebet des Petrus, welches in Apg 10,9 beschrieben ist, wird für das Gebet zur sechsten Stunde herangezogen. Das Gebet zur neunten Stunde schließlich wird durch Apg 3,1 begründet, wo es heißt, daß „Petrus und Johannes ... zur neunten Stunde in den Tempel hinauf“ gingen[8].

2.3 Weitere Entwicklung bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil

Über die Fortentwicklung der Tagzeitenliturgie in den ersten Jahrhunderten gibt es leider nur wenige Quellen, von denen ich zwei wichtige anführen möchte: Zum einen die Schrift „Über das Gebet“ von Tertullian[9] († 220), dem ersten bedeutenden lateinischen Schriftsteller und Theologen, zum anderen die „Apostolische Überlieferung“, die dem römischen Presbyter Hippolyt[10] († 235), dem letzten griechischen Kirchenschriftsteller des Westens, zugeschrieben wird.

Tertullian schrieb in seiner Funktion als Katechet in der Gemeinde von Karthago eine allgemeine Belehrung „Über das Gebet“ (lat.: „De oratione“). Darin berichtet er von „pflichtgemäßen Gebeten, welche wir auch ohne besondere Ermahnung beim Beginn des Tages und der Nacht schuldig sind“[11]. Dies ist als ein Hinweis auf ein regelmäßiges Morgen- und Abendlob der Gemeinde zu werten.

Eine der wichtigsten Quellen der ersten nachchristlichen Jahrhunderte ist die „Apostolische Überlieferung“ (lat.: „Traditio Apostolica“). Ein Originaltext dieser ursprünglich griechisch verfaßten Schrift ist nicht erhalten. Es liegen Übersetzungen in verschiedenen Sprachen aus mehreren Jahrhunderten vor. Dies erschwert allerdings eher die Interpretation, als daß es sie erleichtert. Zum Inhalt läßt sich festhalten, daß Hippolyt ein Gebetssystem von sieben verschiedenen privaten Gebetshoren kannte: beim Aufstehen, zur dritten, sechsten und neunten Stunde, beim Schlafengehen, um Mitternacht und beim Hahnenschrei. Hinzu kamen noch „allgemeine Versammlungen ... morgens zur Unterweisung und abends zur Agape“[12]. Die Abfolge der Gebetselemente war im einzelnen noch nicht festgelegt, sondern eher von einer „charismatisch geprägten Spiritualität getragen“[13]. Eine schriftliche Ausarbeitung erfolgte erst zu späterer Zeit. Als einziges Hilfsmittel für den Vollzug der Tagzeitenliturgie diente die Heilige Schrift.

Aus diesen beiden Quellen lassen sich zwei verschiedene Typen der Tagzeitenliturgie festhalten: Einerseits einen Typ mit Versammlungen am Morgen und am Abend, andererseits einen Typ mit mehreren Horen, die über den ganzen Tag und die ganze Nacht verteilt sind.

Der erste Typ wird aufgrund seiner Beheimatung in der Gemeinde der ‚gemeindliche’ oder ‚kathedrale’ Typ genannt, der zweite der ‚monastische’ (von lat. für Kloster: monasterium) Typ, da er das tägliche Leben so stark berührt, daß er konsequent nur im Kloster vollzogen werden kann.

Beide unterscheiden sich vor allem durch ihre Haltung zur Eschatologie: Der kathedrale Typ will eher das „Schon“ des Ostersieges Christi feiern. Die monastische Ordnung stellt das „Noch nicht“ der eschatologischen Erwartung im Vordergrund und hält sich an das vom Herrn aufgetragene immerwährende Gebet[14].

Mit dem Beginn des Mönchtums im vierten Jahrhundert ergibt sich auch ein neuer Abschnitt in der Geschichte der Tagzeitenliturgie. Es wurden erste Regelungen bezüglich des Aufbaus der Liturgie geschaffen. Bei den ersten Mönchen in Ägypten erkennt man zwei Versammlungen am Morgen und am Abend, die jedoch eher einem gemeinsamen Beten und Singen aus der Heiligen Schrift ähneln[15].

Zur Struktur läßt sich festhalten, daß der Kern der Liturgie aus einer Abfolge von zwölf Psalmen bestand[16]. Mit dem Entstehen von Klostergemeinschaften auch in den Städten des Ostens wurden die Gebetszeiten vermehrt. Es entwickelten sich so die ersten Regelungen für die gesamte Stundenliturgie: So entstand das Offizium[17] mit Laudes und Vesper zuzüglich der kleinen Horen Terz, Sext und Non und der Komplet in den Nachtstunden.

Im Westen fehlte es in der Spätantike fast völlig an einer kathedralen Tagzeitenliturgie, da im Zuge der Völkerwanderung das römische Reich zerfiel. Städte existierten nicht mehr, was „das völlige Fehlen von kathedralen Offizien im Westen“[18] erklärt.

Für die weitere Entwicklung der westlichen Tagzeitenliturgie war vor allem Benedikt von Nursia († 547) von Wichtigkeit. Er schuf für seinen Orden eine auf der Magisterregel[19] und dem altrömischen Offizium basierende Ordnung für die Tagzeitenliturgie, die sogenannte Benediktsregel (lat.: „regula benedicti“) mit Laudes, Prim, Terz, Sext, Non, Vesper und Komplet. Außerdem bildete er ein System der Psalmodie als Grundstruktur des Offiziums: Je 24 Psalmen verteilte er auf die einzelnen Horen. Es entwickelte sich also aus der ursprünglichen Tagzeitenliturgie mit Sitz in den Gemeinden immer mehr eine Stundenliturgie als Aufgabe Mönche, später auch des am Mönchtum orientierten Weltklerus.

Durch die Missionstätigkeiten der Benediktiner unter Papst Gregor dem Großen (590 – 604) verbreitete sich das Offizium des Benedikt als Teil der römischen Liturgie immer mehr nach Norden: Zuerst zu den Angelsachsen, durch Bonifatius († 754) dann nach Germanien und durch Gesetze des Frankenkönigs Pippin († 768) ins Frankenreich. Später kam die römische Stundenliturgie vermutlich unter Gregor VII. († 1085) auf die Iberische Halbinsel. Dies zeigt, „daß im Mittelalter praktisch überall das römische Offizium in Geltung war“[20]. Dieses wurde aber überall unterschiedlich vollzogen, da jeder Orden es für seine Zwecke abänderte.

Erst im 13. Jahrhundert kam es unter Papst Innozenz III. († 1216) zu einer Reform der Stundenliturgie. Er vereinheitlichte die römische Liturgie, indem er mit Hilfe des Franziskanerordens die Stundenliturgie der römischen Kurie verbreitete. Den Franziskanern, die im Verlauf des 13. Jahrhundert einen enormen Zuwachs an Patres hatten und somit in fast ganz Europa tätig waren, übernahmen schon 1213 das Offizium der römischen Kurie. Das Offizium war nun für den wandernden Orden so beschaffen, daß es nur noch aus einem Buch, dem Brevier[21], bestand. Ein Brevier ist eine Bündelung der verschiedenen Bücher in einem Band, bei der die Lesungen verkürzt werden und teilweise auf die Gesangsteile verzichtet wird. Ein Grund für das Entstehen des Breviers war die Fülle an Büchern für die Stundenliturgie, welche den unterschiedlichen Vollzug begünstigte. Andererseits war auch das Entstehen von Pfarreien im Zuge der gregorianischen Reform zu nennen, so daß der Klerus aus den Gemeinschaften der Klöster auf die Städte und Dörfer verteilt wurde. Diese konnten die Stundenliturgie nicht mehr im Chor vollziehen, sie bedurften eines Buches zum Vollzug für Einzelne. An dieser Stelle der Geschichte hätte die Liturgie sich wieder zurück auf ihre Wurzeln besinnen können und für die Pfarreien die kathedrale Ordnung mit Morgen- und Abendlob wiedereinführen können. Statt dessen allerdings ermöglichte man den privaten Vollzug des gesamten Offiziums für die einzelnen Priester mit der Erstellung des Breviers.

Eine Verpflichtung zum Vollzug der Stundenliturgie für den Klerus findet man allerdings schon in der Regel des Bischofs Chrodegang von Metz († 766). Er schrieb vor, daß der Klerus bei Abwesenheit vom Chorgebet, dieses privat zu vollziehen hat.[22] Dies hob den weltlichen Priester quasi in den Mönchsstand, was er bis zur Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils blieb.

Zur Situation der Tagzeitenliturgie zur Zeit der Reformation im 16. Jahrhundert läßt sich also festhalten, daß diese eher eine Klerusliturgie war. Allerdings hat es die Reformation nicht geschafft, die Tagzeitenliturgie wieder zu einer Gemeindeliturgie zu machen. Martin Luther kritisierte nicht die Art und Weise des Vollzugs nur durch den Klerus, sondern er richtete sich gegen die Werkgerechtigkeit des Vollzugs, das heißt gegen das Pensumdenken. Luther selbst empfiehlt für seine Gemeinden Laudes, Vesper sowie ein Mittagsgebet.[23] Diese Horen haben sich in den reformatorischen Kirchen allerdings nicht lange gehalten und werden ab dem 17. Jahrhundert durch Andachten ersetzt. Eine Ausnahme nimmt die anglikanische Kirche ein, die schon seit 1549 ein Buch, das „Book of Common Prayer“, für den gemeindlichen Vollzug des Morgen- und Abendlobes besitzt.[24]

Erwähnenswert für die Zeit der Reformation ist noch das Brevier des spanischen Franziskanerkardinals Quiñones von 1535. Er schuf ein Brevier, genannt Kreuzbrevier, für den rein privaten Gebrauch, welches zwar durch die Erfindung des Buchdruckes eine weite Verbreitung fand, aber durch die Einführung des Breviers Pius’ V. in Folge des Trienter Konzils 1568 verboten wurde. Das tridentinische Breviarum Romanum (lat. für Römisches Brevier) war dann für vierhundert Jahre fast ohne Veränderung das Buch für die Stundenliturgie der römischen Kirche.

Das Breviarum Romanum kannte das folgende Gebetsschema:

- Die Matutin war das Gebet zur Nacht mit drei Nachtstunden. Die Psalmodie der Matutin bestand zu jeder Stunde aus drei Psalmen, wozu in der ersten Nachtstunde noch die Eröffnung des gesamten Stundengebets mit Psalm 95 hinzukam.
- Das morgendliche Gebet waren die Laudes. Ihre Psalmodie bestand aus fünf Psalmen.
- Jeweils drei Psalmen hatten die kleinen Horen Prim, Terz, Sext und Non.
- Die Psalmodie der Vesper, des Abendgebets, zählte wie bei den Laudes fünf Psalmen.
- Die Komplet schließlich, das Gebet zur Nacht, bestand wie die kleinen Horen aus drei Psalmen.[25]

Diese kleine Auflistung der einzelnen Horen mit der Anzahl an Psalmen zeigt das Gebetspensum, das mit dem Beten des gesamten Stundengebets verbunden war. Hier ist einer der Gründe für die umfassende Reform des Stundengebets, wie sie das Zweite Vatikanische Konzil durchführte, zu suchen.

Bisher lag der Focus der Entwicklung weitestgehend auf dem Klerus. Doch ist es sinnvoll, nun auf die Entwicklung in der Gemeinde zu schauen. Schon durch die monastische Überformung der Tagzeitenliturgie in eine Stundenliturgie wurde die Gemeinde ausgeschlossen, da diese Form nicht mehr der Volksfrömmigkeit entsprach. Die Stundenliturgie wurde einzig und allein Sache des Klerus: „Nicht mehr der Vollzug in der Ortskirche, sondern der Vollzug durch den Klerus macht den liturgischen Charakter des Stundengebets aus“.[26]

In Kontrast zur Stundenliturgie des Klerus entwickelte sich eine andere Form einer gemeindlichen Tagzeitenliturgie: die tägliche Messe am Morgen und die Volksandacht am Abend. Dazu entsteht seit dem 15./ 16. Jahrhundert durch das dreimalige Läuten der Glocken am Tage ein der Stundenliturgie ähnliches Gebetsgedenken für die Laien mit dem Gebet des Angelus. Diese sollen „am Morgen der Menschwerdung, am Mittag des Leidens und am Abend der Auferstehung [Christi] gedenken“[27], so ein Katechismus aus dieser Zeit.

Reformansätze für die Stundenliturgie gab es erst wieder im 19. und 20. Jahrhundert, vor allem durch die Liturgische Bewegung, die sich unter anderem für die Wiedereinführung einzelner Gebetszeiten für die Gemeinde einsetzte. Zur gleichen Zeit begann Pius X. (1903 – 14) mit seiner Reform, die Pius XII. (1939 – 58) später innerhalb einer gesamten Liturgiereform mit der Gründung einer Liturgiekommission 1948 vorantrieb.

2.4 Die Reform des Zweiten Vatikanischen Konzils

Das Zweite Vatikanische Konzil, welches von 1962 bis 1965 tagte, vollendete die Reformwünsche der Päpste Pius X. und Pius XII. Es behandelte das Thema im vierten Kapitel der Konstitution über die Heilige Liturgie ‚Sacrosanctum Concilium’ (SC) ab dem 83. Artikel mit insgesamt 19 Artikeln.

Das Konzil verfolgte durch die Reform der Liturgie, wie sie in SC beschrieben ist, das Ziel, „das christliche Leben unter den Gläubigen mehr und mehr zu vertiefen“ (SC 1). Es sollte also durch die Erneuerung der Liturgie eine Erneuerung des gesamten kirchlichen Lebens geschaffen werden. Dafür ist als „Grundsatz der Reform“[28] der SC 21 anzusehen, indem es wie folgt heißt: „Bei der Erneuerung sollen Texte und Riten so geordnet werden, daß sie das Heilige, dem sie als Zeichen dienen, deutlicher zum Ausdruck bringen, und so, daß das christliche Volk sie möglichst leicht erfassen und in voller, tätiger und gemeinschaftlicher Teilnahme mitfeiern kann.“ Dieses wird im Folgenden der Konstitution ausgefaltet. Hiervon möchte ich die wichtigsten Artikel kurz aufführen: SC 24 gibt der Heiligen Schrift größeres Gewicht in der Liturgie, im folgenden Artikel wird eine Bearbeitung der liturgischen Bücher angestrebt, den Laien werden in SC 28 und 29 Aufgaben im Gottesdienst zugesprochen, SC 36 führt die Muttersprache neben dem Lateinischen als Sprache der Liturgie ein.

Bezüglich des Stundengebets verfolgte das Konzil das Ziel, „einen Ausgleich zwischen der ehrwürdigen monastischen Tradition und der heutigen Existenz eines (Welt-) Priesters“[29] zu schaffen. Es fühlte sich also der Tradition, aber auch der Gegenwart verpflichtet. Dazu machte es Aussagen zu Theologie und Gestalt des Stundengebets[30], aber es stellte auch bestimmte Forderungen an eine konkrete Reform des Stundengebets: Als wichtigste Forderung ist die in SC 88 und 94 erwähnte Wahrung des richtigen Zeitansatzes zu nennen. Daneben ist es von Bedeutung, daß Laudes und Vesper nach der Überlieferung als „die beiden Angelpunkte des täglichen Stundengebets“ und daher als die „vornehmsten Gebetsstunden“ (SC 89) bezeichnet werden. Weiterhin ist wichtig, daß das Gebetspensum vermindert werden sollte. Dazu sollte nach SC 89 die Prim abgeschafft und die Matutin zu einer Lesehore, die zu jeder Tageszeit gebetet werden kann, umstrukturiert werden. Nur für die Kleriker im Chor, d. h. in Gemeinschaften lebende Ordensleute, sollte es verpflichtend bleiben, das ganze Offizium zu vollziehen. Den anderen Klerikern sollte allerdings erlaubt werden, nur eine der kleinen Horen Terz, Sext oder Non auszuwählen, „die der betreffenden Tageszeit am besten entspricht“ (SC 89). Außerdem sollte der Psalter auf einen längeren Zeitraum verteilt werden.

Ein Versäumnis von SC ist es allerdings, daß in Artikel 84 nur von Priestern und anderen kraft kirchlicher Ordnung Beauftragten und von Gläubigen, die zusammen mit Priestern beten, die Rede ist. Um das Gebet auch in den Gemeinden stärker zu beheimaten, wie es SC 100 fordert, wäre es sinnvoller gewesen von vornherein alle Gläubigen, also Kleriker, Ordensleute und Laien, in die Einladung, das Stundengebet zu verrichten, einzubeziehen.

Die Forderungen des Zweiten Vatikanischen Konzils führten zu einer siebenjährigen Arbeit des „Rates zur Ausführung der Liturgiekonstitution“[31], der die Reformwünsche des Konzils für die gesamte Liturgie bearbeitete. Paul VI. approbierte schließlich das neue Stundengebet an Allerheiligen 1970 mit der Apostolischen Konstitution ‚Laudis Canticum’ (LC). Das Stundengebet erschien dann ab 1971 in vier verschiedenen Bänden mit der Allgemeinen Einführung in das Stundengebet (AES), ähnlich der Allgemeinen Einführung in das Römische Meßbuch, die eher sinnerhellende Anweisungen als Regieanweisungen enthält. Dazu enthält es noch ein Ordinarium, welches den Ablauf der einzelnen Horen erläutert.

LC stellt den ekklesialen Charakter, also den gemeinschaftlich-kirchlichen Charakter des Stundengebets deutlich in den Vordergrund, da sie zuerst das Angebot an alle Christen, das Stundengebet zu verrichten, behandelt. Erst danach erwähnt es die besondere Beauftragung derer, die das Weihesakrament empfangen oder die Ordensgelübde abgelegt haben[32]. Allerdings führt auch LC noch bei den Reformwünschen an erster Stelle die Priester in ihren heutigen Lebensumständen als Adressaten an. Doch schon im nächsten Satz ist vom Offizium als dem „Gebet des ganzen Gottesvolkes“ die Rede.

Eine Studienausgabe für den deutschen Sprachraum wurde mit der Liturgia Horarum im Jahr 1971 neben dem „alten“ Breviarum Romanum eingeführt. Eine deutsche Übersetzung der AES erschien erst im Jahr 1975. Allerdings fehlt es bis heute an einem deutschen Kommentar zur AES. Eine authentische deutsche Übersetzung der Liturgia Horarum erschien erst 1978 mit dem dreibändigen Werk „Die Feier des Stundengebets. Stundenbuch“ und setzte die Studienausgabe außer Kraft. Außer diesen drei Bänden für Advent und Weihnachten, Fasten- und Osterzeit und die Zeit des Jahreskreises besteht das Stundenbuch aus sechzehn Heften zur Durchführung der Lesehore.

Zu diesem dreibändigen Stundenbuch erschien ab 1981 noch das „Kleine Stundenbuch“. Dies beinhaltet in vier Bändchen für den Jahreskreis, für die Advents- und Weihnachtszeit, für die Fasten- und Osterzeit und für die Gedenktage der Heiligen die Haupthoren Laudes und Vesper und die Komplet. Das Kleine Stundenbuch hat als Zielgruppe die Diakone, die nur zu den Haupthoren verpflichtet sind, aber auch Laien, die die Stundenliturgie beten möchten.

2.5 Ergebnis

Für dieses Kapitel über die Entwicklung der Tagzeitenliturgie ist festzuhalten, daß in der römischen Kirche eine Entwicklung von einer Liturgie der Gemeinde hin zu einer Klerusliturgie mit über den Tag verteilten Horen stattgefunden hat. Für die Gemeinde entwickelte sich parallel eine andere Tagzeitenliturgie mit der Messe am Morgen und der Andacht am Abend. Diese hätte an einigen Stellen der Geschichte wieder rückgängig gemacht werden können. Letztlich ist dies allerdings erst durch das Zweite Vatikanische Konzil geschehen. Dieses hat in beschlossen, daß das Stundengebet wieder in den Gemeinden beheimatet (SC 100) und somit aus seinem „klerikalen Winkel“ herausgeholt werden sollte.

Im folgenden Kapitel soll es um die heutige Form der Tagzeitenliturgie gehen, wie sie die Reform des Konzils und im Zuge dessen die AES festlegte.

3. Die heutige Form der Tagzeitenliturgie

3.1 Hinführung

Die heutige Form der Tagzeitenliturgie, wie sie sich seit dem Zweiten Vatikanische Konzil darstellt, findet sich, wie schon bemerkt, im neugeordneten Stundenbuch, welches ab dem Jahr 1971 erschien. Für die Entscheidungsträger im Consilium war es schnell klar, es weder Breviarum (lat.:Brevier), noch opus Dei (Werk Gottes), Horae canonicae (Kanonische, nach kirchlichem Recht gehaltene, Horen), Offizium divinum (Göttlicher Dienst), Preces horariae (Stündliche Gebete) oder publica Ecclesiae precatio (Öffentliches Gebet der Kirche), sondern Liturgia Horarum (Stundenliturgie) zu nennen [33] . Dies sollte den dialogischen Charakter des Stundengebets wie aller Liturgie unterstreichen, „denn in der Liturgie spricht Gott zu seinem Volk. ... Das Volk aber antwortet mit Gesang und Gebet“, wie es SC 33 formuliert. Auch in AES 14 wird direkt vom „Austausch oder Zwiegespräch zwischen Gott und den Menschen“ gesprochen.

Im deutschen Sprachraum allerdings haben die Übersetzer versäumt „Liturgia Horarum“ korrekt mit „Stundenliturgie“ wiederzugeben, wie es in anderen Sprachen[34] der Fall ist. Die neu geordnete Liturgia Horarum wurde mit Stundengebet übersetzt. Dies unterstreicht nur die einseitige Linie zu Gott, nicht aber den dialogischen Charakter der Liturgie. Ich werde daher im folgenden den Begriff „Stundenliturgie“ verwenden, sofern er sich nicht auf Aussagen der AES bezieht. In diesem Fall werde ich auch den offiziellen Büchern entsprechend den Begriff „Stundengebet“ verwenden.[35]

3.2 Wichtige Aussagen der Allgemeinen Einführung in das Stundengebet

Die AES, will wie schon oben erwähnt, das Stundengebet und seine Elemente spirituell, theologisch und pastoral deuten, anstatt nur Hinweise zum Vollzug zu geben. Inhaltlich versucht sie die Aussagen von SC und LC auszubreiten.

3.2.1 Das Stundengebet als Gebet des Volkes Gottes

Schon der erste Satz der AES in Artikel 1 charakterisiert das Stundengebet als „das öffentliche und gemeinsame Gebet des Volkes Gottes“ und als „eine der Hauptaufgaben der Kirche“. Es wird also hier im Unterschied zu LC als Adressat das ganze Volk Gottes genannt, um stärker den ekklesialen Charakter des Stundengebets zu unterstreichen, als es noch SC oder LC getan haben.

AES 3 dient der Herleitung des Stundengebets als Hymnus des Himmels, den „der Hohepriester des Neuen und Ewigen Bundes ... in die Verbannung dieser Erde“ (AES 3/ SC 83) mitbrachte. Anschließend wird in Artikel 5 an den Gebetsauftrag Christi an die Kirche erinnert, den „die Kirche nicht nur durch die Feier der Eucharistie, sondern auch auf andere Weise, besonders durch das Stundengebet“ (AES 10), erfüllt.

Eine besondere Verbindung hat Christus zu den durch die Taufe in seine Kirche eingegliederten Gläubigen. Aus dieser Verbindung ergibt sich aber auch für die Gläubigen eine besondere Verbindung zu Christus, die sich darin äußert, daß die Gläubigen Anteil am Priestertum Christi haben. Dies befähigt „sie zur Gottesverehrung des Neuen Bundes“ (AES 7). Das Stundengebet ist Vollzug des Priestertums Christi. Das hat zur Folge, daß das alte Verständnis des Stundengebets als reines Priestergebet ausgeschlossen wird. Stundengebet ist also immer Aufgabe und Gebet der ganzen Kirche, die in der Gemeinschaft der Gläubigen sichtbar wird[36].

3.2.2 Das Stundengebet als Gebet der Gemeinschaft

Schon in AES 9 wird unter der Überschrift „Der Gemeinschaftscharakter des Gebets“ festgehalten, daß der Auftrag „allezeit inständig zu beten ... das Wesen der Kirche selbst [betrifft], die eine Gemeinschaft ist und ihren Gemeinschaftscharakter auch im Gebet ausdrücken muß“[37]. Konsequenterweise wird daher in den Artikeln 20 bis 27 zuerst von der Feier des Stundengebets in Gemeinschaft und erst dann vom Gebet des Einzelnen gesprochen.

Besonders wichtig erscheint den Verfassern der AES die Ortskirche mit ihrem Bischof: „Als kirchliche Feier tritt es [gemeint ist: das Stundengebet] am klarsten zutage und empfiehlt sich besonders, wenn es die Ortskirche mit ihrem Bischof, umgeben von seinen Priestern und den Altardienern, verrichtet“[38] (AES 20).

Im folgenden Artikel 21 vollzieht die AES den Schritt von der Diözesan- zur Pfarrkirche, in denen die Haupttagzeiten Laudes und Vesper gemeinsam gefeiert werden sollen, da die Gemeinden als „Zellen der Diözese ... die über den ganzen Erdkreis hin verbreitete sichtbare Kirche“ darstellen. In diesem Artikel bezieht die AES Aussagen von SC über das liturgische Leben in Bistum und Pfarrei auf das Stundengebet[39].

Hervorzuheben ist in diesem Unterkapitel AES 27, der eine Einladung an Laienkreise ausspricht, den Dienst der Kirche zu erfüllen, also das Stundengebet zu vollziehen. Im selben Artikel wird noch herausgestellt, daß auch die Familie als Hauskirche, als Kirche „im Kleinen“, Teile des Stundengebets verrichten möge. Diese Artikel sind eine deutliche Abgrenzung zu SC 84, in der für Laien die Stundenliturgie nur in Anwesenheit eines Priesters vorgesehen war. Anzumerken ist an dieser Stelle, daß AES 258 den Hinweis gibt, daß Laien bei Abwesenheit eines Priesters oder Diakons die Leitung übernehmen dürfen. Auch hier erweitert die AES die Aussagen von SC.

3.2.3 Das Stundengebet als verpflichtendes Gebet

In AES 20 – 27 wurden alle Formen der gemeinsamen Feier der Stundenliturgie vorgestellt: die Ortskirche mit ihrem Bischof und den Priestern, die Pfarrei mit ihrem Pfarrer und den Gemeindemitgliedern, Kleriker unter sich, Kleriker mit Laien, Laien unter sich.

Nun erst ist in Artikel 28 die Rede von der Verpflichtung eines bestimmten Personenkreises zum Stundengebet: „Den zum heiligen Dienst Berufenen ist das Stundengebet in besonderer Weise anvertraut“: Den Bischöfen, Priestern, Diakonen. Diese Verpflichtung ist dazu da, daß der Auftrag Jesu zum Gebet „wenigstens durch sie [gemeint sind: die Verpflichteten] sicher und beständig erfüllt wird“ (AES 28). Die Wortwahl läßt erahnen, daß diese Verpflichtung eher der Ausnahmefall sein soll, da ja allen Getauften das Gebet aufgetragen ist. Es ist also eine Verpflichtung „zu dem, was allen nach den jeweiligen Möglichkeiten empfohlen wird und als Aufgabe der Kirche unbedingt gepflegt werden muß.“[40]

Hier bietet sich Paulus als Vorbild des stellvertretenden Beters an. In seinem Brief an die Philipper erwähnt er, daß er jedes Mal Gott dankt, wenn er während seiner Gefangenschaft für die Gemeinde betet (Phil 1,3 ff.).

3.2.4 Das Stundengebet als gemeinsame Feier

Da das Stundengebet ein gemeinsames Gebet der Kirche ist und gerade in Gemeinschaft der ekklesiale Charakter besonders zum Vorschein kommt, führt die AES von Artikel 253 bis 284 ein eigenes Kapitel über die Riten bei gemeinsamer Feier auf. Bei der gemeinsamen Feier soll „jeder, sei er Liturge oder Gläubiger, in der Ausübung seiner Aufgabe nur das und all das tun, was ihm aus der Natur der Sache und gemäß den liturgischen Regeln zukommt“ (AES 253/ SC 28).[41] Somit ist der Hinweis von AES 20 zur Feier in der Ortskirche unter Vorsitz des Bischofs mit allen Priestern und Altardienern „kein klerikalistisches Relikt“ sondern ein Zeichen für die Kirche „als gegliedertes Volk Gottes“[42].

In diesem Kapitel werden zunächst Ausführungen zur Leitung der Feier gegeben, die der Priester oder Diakon hat. Sofern allerdings kein Priester oder Diakon anwesend ist, führt AES 258 die Regel auf, daß „der, welcher beim Stundengebet die Leitung hat, nur einer unter Gleichen [ist]. Er betritt weder den Altarraum, noch grüßt oder segnet er das Volk.“

Diese Bestimmungen sind allerdings „durch die Beauftragung von Laien mit der Leitung von Wortgottesdiensten überholt. Ein beauftragter Leiter ist nicht nur ‚einer unter gleichen’, sondern wirkt in besonderer Weise mit in einer Aufgabe des kirchlichen Amtes.“[43] Die deutschen Bischöfe schrieben 1999 unter Verweis auf die pastorale Notlage, die sich durch den zunehmenden Priestermangel äußert[44], zum Thema ‚Leitung von Gottesdiensten’, daß auch Laien ohne Beauftragung einzelne Horen der Tagzeitenliturgie feiern sollten. Diese bieten sich als Werktagsgottesdienste in Filialkirchen oder dort, wo keine Werktagsmessen mehr stattfinden, an. Dazu geben sie zwei Formen an: Eine einfache Form, bei der der Leiter „einer unter Gleichen“ ist. Diese Form entspricht also der in AES 258 genannten Form. Anschließend wird allerdings unter Artikel 22 eine festliche Gestaltungsmöglichkeit angeführt, bei der „diejenigen, die in ihr [gemeint ist: der festlich gestalteten Feier] besondere Aufgaben wahrnehmen, gegebenenfalls in liturgischer Kleidung, im Altarraum Platz nehmen.“ Durch diese Rahmenordnung haben die deutschen Bischöfe somit eine neue Regelung für ihren Bereich gefunden, die Laien an der Leitung von Tagzeitenliturgie beteiligt.[45]

Der weitere Teil des fünften Kapitels der AES befaßt sich mit dem Gesang im Stundengebet. Dieser wird in Rückgriff auf SC 99 in AES 268 „nachdrücklich empfohlen“, um einerseits die Feierlichkeit, und andererseits die Gemeinschaft auszudrücken. Dazu wird aufgeführt, welche Elemente der Feier für den Gesang geeignet sind.

3.2.5 Das Stundengebet als Heiligung des Tages

Die Besonderheit des Stundengebets gegenüber anderen liturgischen Handlungen liegt laut AES 10 darin, daß „es den gesamten Ablauf von Tag und Nacht heiligt“. Dies geschieht durch den Vollzug der einzelnen Horen zu ihrer entsprechenden Tageszeit:

Die Laudes als das Morgengebet „soll mit den ersten Regungen unserer Seele und unseres Geistes Gott geweiht sein. ... im Licht des anbrechenden Tages ist [sie] außerdem Gedächtnis der Auferstehung des Herrn“ (AES 38) und will besonders durch die Bitten den Tag Gott weihen.

Das Abendgebet ist die Vesper. Sie wird vollzogen, „wenn es Abend geworden ist und der Tag sich schon geneigt hat“ (AES 39). Sie dient der Danksagung für den Tag und gedenkt der Erlösung Jesu Christi für die Menschen. Zusammen mit den Laudes ist die Vesper Dankgebet der Kirche für das Licht, das Christus der Welt gegeben hat, als er sagte: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ (Joh 8,12).

Das nächtliche Gebet, die Komplet, ist „das letzte Gebet des Tages ... unmittelbar vor der Nachtruhe“[46].

Die kleinen Horen Terz, Sext und Non [47] dienen der Heiligung des Tages inmitten von Arbeit oder normalen Tagesablauf. Sie gedenken einzelner Ereignisse der markinischen Leidensgeschichte des Herrn und der ersten Ausbreitung des Evangeliums[48].

Die Lesehore [49] , die zu jeder Tageszeit gefeiert werden kann, dient dem Studium und der Meditation der Heiligen Schrift.

Vor der ersten Hore des Tages, Laudes oder Lesehore, wird das Inviatorium als Eröffnung des gesamten Stundengebets gehalten[50]. Es umfaßt den Versikel „Herr, öffne meine Lippen, damit mein Mund dein Lob verkünde.“ und den Psalm 95 mit Antiphon, dem den Psalm einleitenden Wechselgesang.

Eine so vollzogene Stundenliturgie dient der Heiligung des Tages. Voraussetzung ist der Vollzug der Horen zu ihrer entsprechenden Tageszeit, denn ansonsten wäre man wieder beim bloßen Pensumdenken, wie es vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil der Fall war. „Heiligung des Tages und damit Heiligung der Zeit ... meint somit die andauernde Umgestaltung einer an sich zumindest ambivalenten, wenn nicht sogar als heillos erfahrenen Zeit durch die Erinnerung und Verkündigung des Heils, das in Jesus Christus erschienen ist.“[51] Der gläubige Christ weiß sich in dieser als heil-los erfahrenen Welt gestützt durch die tätige Teilnahme am Stundengebet. Den Tagesablauf mit der Stundenliturgie zu feiern, kann so für den Menschen „eine Heil-volle Hilfe“[52] sein: Er feiert in der Stundenliturgie die Verkündigung des Heils von Stunde zu Stunde, von Tag zu Tag.[53]

3.2.6 Das Stundengebet als Heiligung derer, die es beten

In AES 14 wird die Heiligung des Menschen durch das Stundengebet behandelt. Diese Heiligung vollzieht sich im dialogischen Charakter der Liturgie: Vom heilbringenden Wort Gottes geht eine besondere Heiligungskraft auf die Teilnehmer am Stundengebet aus.[54] Auch die übrigen Elemente des Stundengebets dienen der Heiligung des Menschen, wie AES 14 weiter ausführt: „Ob nun gelesen wird, ‚was zu unserer Belehrung geschrieben ist’ (Röm 15,4), oder ob die Kirche betet und singt, immer wird der Glaube der Teilnehmer gefördert.“

Für diese Heiligung der Beter ist allerdings eine tätige Teilnahme, wie es schon das Konzil unter anderem in SC 11, 14 anstrebte, eine Voraussetzung. Diese tätige Teilnahme entspricht einem „inneren Mitvollzug, der bei jedem Teilnehmer die liturgische Feier zu einem ganzheitlichen Vorgang werden läßt“[55]. Durch eine so gestaltete Teilnahme kann „die Feier der Stundenliturgie wirklich zur Quelle der Frömmigkeit und des ganzen christlichen Lebens, zur Nahrung für das persönliche Beten und den apostolischen Einsatz werden ... und so zur Heiligung des einzelnen Menschen, seines Lebens und seines Dienstes“[56] beitragen.

3.3 Die Elemente der Tagzeiten

3.3.1 Hinführung

Die Stundenliturgie folgt in jeder Hore derselben Abfolge mit den Elementen „Eröffnung – Hymnus – Psalmodie – Lesung – Responsorium – Oration – Abschluß“.

Nur bei „den beiden Angelpunkten“[57] der Stundenliturgie, Laudes und Vesper, kommen noch weitere Elemente hinzu: Die Lobgesänge Magnificat und Benedictus[58] des Lukasevangeliums folgen dem Responsorium, die Preces werden als Bitten in der Laudes und als Fürbitten in der Vesper nach den Lobgesängen gehalten, das Vaterunser im Anschluß daran.

Der gleichen Struktur folgt die Komplet, die nach dem Responsorium das Nunc dimittis[59] als Lobgesang hat. Eine Gewissenserforschung und/ oder das Allgemeine Schuldbekenntnis kann zwischen Eröffnung und Hymnus gehalten werden. Nach dem Lobgesang geht es allerdings sofort mit der Oration weiter, da die Komplet keine Preces und kein Vaterunser kennt. Ein weiterer Unterschied im Ablauf der Komplet ist der Abschluß der Tagzeit: Hier wird seit dem Aufkommen der marianischen Frömmigkeit im Mittelalter im Anschluß an den Segen zur Nacht eine marianische Antiphon oder ein Marienlied gesungen.[60]

3.3.2 Eine Beispielhore

Dieser Teil der Arbeit dient der Betrachtung der Stundenliturgie konkret am Beispiel der Vesper. Wie schon in der Einleitung erläutert, dient hier die Vesper als Beispiel, da das im nächsten Kapitel untersuchte „Stadtgebet“ aus Schwerte am Abend stattfindet und somit eine neue Form der Vesper darstellt. Außerdem ist die Vesper die Hore der Stundenliturgie, die aufgrund ihres zeitlichen Ansatzes am frühen Abend am längsten in den Gemeinden gefeiert wurde.

Ausgesucht wurde die Zweite Sonntagsvesper der ersten Psalterwoche im Lesejahr C. Der Sonntag, der aus christlicher Sicht schon am Samstagabend beginnt, hat zwei Vespern: Die erste für den Samstagabend, die zweite für den Sonntagabend.

Aus Gründen der Übersichtlichkeit folgt nun eine Auflistung des Aufbaus der Vesper, eine Fotokopie der Vesper, so wie sie im Stundenbuch gegeben wird, befindet sich im Anhang[61].

a) Eröffnung
b) Hymnus: „Des Lichtes guter Schöpfer Du“
c) Psalmodie: Ps 110 und 114 mit Antiphonen Canticum: Offb 19, 1 – 7 mit Antiphon
d) Kurzlesung: 2 Kor 1, 3 – 4
e) Responsorium
f) Magnificat mit Antiphon
g) Fürbitten
h) Vaterunser
i) Oration
j) Abschluß

Diese bloße Auflistung erscheint so, als ob die Vesper zwar einem Schema folgt, aber keiner Dynamik oder Dramaturgie. Dies ändert sich aber, wenn man sich die einzelnen Elemente und ihre Funktion anschaut:

HIER: Dynamik der Vesper!!![62] Die Dynamik der Vesper sowie der Laudes ist mit einer Ellipse mit den zwei Brennpunkten „Loben“ und „Bitten“ zu beschreiben. Diese sind in ihrer Wertigkeit gleich, allerdings nicht austauschbar, da nach jüdisch-christlicher Tradition zuerst der Lobpreis an Gott und danach das Bittgebet steht. Die weiteren Elemente sind nur Hinführung und Abschluß der beiden Brennpunkte und somit von ihnen abhängig.

In der Bearbeitung der einzelnen Elemente folgt erst eine kurze allgemeine Hinführung zum Thema und anschließend die Untersuchung des betreffenden Elements, wie es in der zu untersuchenden Vesper vorkommt.

a) Die Eröffnung

V O Gott, komm mir zu Hilfe.

R Herr, eile, mir zu helfen.

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist.

Wie im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit.

Amen. Halleluja.

Die Vesper wird, wie die anderen Tagzeiten auch, mit dem Versikel „O Gott, komm mir zu Hilfe.“ eröffnet. Diesem Versikel, der im Stundenbuch mit „V“ gekennzeichnet ist, folgt die Antwort „Herr, eile, mir zu helfen.“. Diese ist mit „R“ für Responsorium eingeführt. Dem Responsorium schließt sich die Schlußformel „Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist. Wie im Anfang so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit. Amen. Halleluja.“ an. Das Halleluja entfällt nur in der Österlichen Bußzeit.

Dieser Eröffnungsvers ist dem 70. Psalm entnommen. Der Beter spricht hier den Heiligen Geist an, denn „der Geist nimmt sich unserer Schwachheit an. Denn wir wissen nicht, worum wir in rechter Weise beten sollen; der Geist selber tritt jedoch für uns ein mit Seufzen, das wir nicht in Worte fassen können.“ (Röm 8,26).[63] Die Eröffnung will also das Gebet durch den Heiligen Geist Gott weihen.

b) Der Hymnus

Der Eröffnung folgt der Hymnus. Primäre Aufgabe der Hymnen ist laut AES 42 „der Hore oder dem Fest [des jeweiligen Tages] die je eigene Färbung [zu] geben und einen leichteren und frohen Beginn des Gebets [zu] ermöglichen, besonders in der Feier mit der Gemeinde.“

Folgender Hymnus wird in der zu untersuchenden Vesper gesungen:

Des Lichtes guter Schöpfer du,

der uns den Glanz des Lichtes schenkt,

der mit dem ersten Strahl des Lichts

der Welterschaffung Werk beginnt.

Du rufst den Morgen aus der Nacht

und führst den ersten Tag herauf;

das düstre Chaos sinkt dahin –

durch deines Wortes Macht gebannt.

Gib, daß der Mensch durch eigne Schuld

das Gut des Lebens nicht verliert,

wenn er des Ew’gen nicht gedenkt

und in das Böse sich verstrickt.

Er poche an des Himmels Tor,

erringe sich des Lebens Preis.

Fern bleibe, was uns Schaden bringt,

und rein von Schuld sei unser Herz.

Dies schenk uns, Vater voller Macht,

und du sein Sohn und Ebenbild,

die ihr in Einheit mit dem Geist

die Schöpfung zur Vollendung führt. Amen.

Dieser Hymnus ist dem Hymnus ‚Lucis creator optime’ aus dem 7. bis 8. Jahrhundert[64] nachempfunden und gehört inhaltlich zu den Schöpfungshymnen, die in der ersten und dritten Psalterwoche in den Vespern die Schöpfung von der Erschaffung des Lichtes bis zur Erschaffung des Menschen entfalten. Dieser Hymnus als der erste der ersten Psalterwoche hat den Beginn der Schöpfungsgeschichte zum Thema. Das Lied lebt vom Gegensatz zwischen Licht und Leben auf der einen Seite und dem Chaos der Welt auf der anderen. Aufgrund des zeitlichen Ansatzes der Vesper am frühen Abend am Übergang vom Tag zur Nacht fühlt der Sänger durch das Schwinden des Tageslichts die Gefahr des wiederkehrenden Ur-Chaos.

In den ersten Strophen wird der erste Schöpfungstag beschrieben: „Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht.“ (Gen, 1,3). Durch das Licht gibt der Schöpfer dem Chaos eine Ordnung, das Chaos „sinkt dahin“, wie der Hymnus es beschreibt. Die dritte Strophe ist als Bitte an den Schöpfergott zu sehen, die Menschen zu begleiten, auch in den Zeiten, in denen sie „des Ew’gen nicht gedenken“. Einerseits ist hier der Beter selbst gemeint, wenn er in Rückschau auf den Tag merkt, daß bei ihm Licht mit der Nacht und sein Glaube mit Zweifel konkurriert. Andererseits aber auch sind die Nicht-Gläubigen gemeint. Die heilbringende Richtung gibt der Dichter in der nächsten Strophe: „Er poche an des Himmels Tor, erringe sich des Lebens Preis.“ Dies bedeutet, daß demjenigen, der sich an Gott hält, das Böse nicht schaden kann. „‚Gott gewährt Leben’. Gern läßt er sich überwältigen, gern gönnt er dem Menschen den edlen Kampf, in der doch er geheimer Mitkämpfer, Sieger und Preisverteiler ist.“[65] Zum Schluß des Hymnus kommt noch eine Doxologie mit der Bitte, daß Gott durch den Sohn und mit dem Heiligen Geist dies dem Beter gewähre.

c) Die Psalmodie

Die Psalmodie der Vesper besteht aus zwei Psalmen oder – bei längeren Psalmen – aus zwei Psalmabschnitten und den dazugehörigen Antiphonen und einem Canticum[66] aus dem Neuen Testament.

Die Psalmen sind der Stunde und der Feier in Gemeinschaft angepaßt. Sie sind in der Stundenliturgie auf einen Zeitraum von vier Wochen verteilt, wobei beliebte Psalmen öfters auftauchen, andere, die sogenannten Fluchpsalmen, hingegen gar nicht.

Das Beten von Psalmen bedeutet auch immer, auf Schwierigkeiten zu stoßen. Eine wichtige Hilfe dazu gibt die AES in Artikel 108, in dem es heißt: „Wer im Stundengebet die Psalmen betet, tut das nicht so sehr im eigenen Namen, sondern im Namen des ganzen Leibes Christi, ja in der Person Christi selbst.“ Dies soll den möglichen Gegensatz zwischen der Stimmung des Psalms und der des Beters beheben. Der Beter kann somit immer einen fröhlichen Psalm beten, wenn er eher traurig ist, und einen traurigen Psalm, wenn er eher fröhlich ist. Es gilt immer das Wort des Apostels Paulus: „Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden“ (Röm 12,15).

Die einzelnen Verse des Psalms sind in der Länge eines Atemzuges unterteilt. Dies ist im Text durch den Asteriskus, einem kleinen Sternchen, gekennzeichnet. An diesem Einschnitt ist eine Pause, ebenfalls in der Länge eines Atemzuges, vorgesehen, um dem Psalmengesang eine Rhythmik zu geben. Bei längeren Psalmversen sind diese noch einmal unterteilt und durch eine Flexa, ein kleines Kreuz, gekennzeichnet. Diese Pause ist allerdings kürzer als eine Atempause, es ist nur ein kleines Innehalten.

Jeder Psalm wird mit einer Antiphon eingeleitet, die diesem eine klare christologische Deutung gibt. Eine Antiphon ist ein kurzer Wechselgesang, der dem Psalm entstammt und wichtige Verse betont. Diese sind nicht unbedingt wörtlich übernommen, sondern unter Umständen für den Gesang umformuliert.

Dazu hat jeder Psalm als weitere Deutungshilfen zwei Überschriften: Die erste dient als kleine Inhaltsangabe, „die sich auf den Wortsinn des Psalms und dessen Lebenswert für den Gläubigen bezieht“ (AES 111). Die zweite ist aus dem Neuen Testament oder aus den Schriften der Kirchenväter übernommen und soll wie die Antiphonen die christologische Deutung herausstellen.

An jedem Psalm wird die Schlußformel „Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist.“ und „Wie im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit. Amen.“ den Psalmen angefügt. Dies unterstreicht die christologische Deutung und gibt dem Lobgesang zugleich einen trinitarischen Sinn.[67]

Die Psalmodie der Sonntagsvesper der ersten Psalterwoche besteht aus den Psalmen 110 und 114 und Antiphonen. Zuerst erfolgt die Bearbeitung des ersten Psalms:

1. Antiphon

Der Herr streckt das Zepter seiner Macht aus vom Zion und herrscht in Ewigkeit. Halleluja.

Psalm 110, 1-5.7

Einsetzung des priesterlichen Königs

Er muß herrschen, bis Gott ihm alle Feinde unter die Füße gelegt hat. (1 Kor 15,25)

So spricht der Herr zu meinem Herrn: † Setze dich mir zur Rechten, * und ich lege dir deine Feinde als Schemel unter die Füße.

Vom Zion strecke der Herr das Zepter deiner Macht aus: * „Herrsche inmitten deiner Feinde!“

Dein ist die Herrschaft am Tage deiner Macht, * wenn du erscheinst in heiligem Schmuck;

ich habe dich gezeugt noch vor dem Morgenstern, * wie den Tau in der Frühe.

Der Herr hat geschworen, und nie wird's ihn reuen: * Du bist Priester auf ewig nach der Ordnung Melchisedeks.

Der Herr steht dir zur Seite; * er zerschmettert Könige am Tage seines Zornes.

Er trinkt aus dem Bach am Weg; * so kann er von neuem das Haupt erheben.

Ehre sei dem Vater. Wie im Anfang.

Dieser Psalm ist ein messianischer Psalm. Er nimmt in der Sonntagsvesper „nach einer alten Überlieferung ... den ersten Platz ein.“[68] Inhaltlich wird hier die Einsetzung des messianischen Königtums entfaltet. Im Neuen Testament kommt er an verschiedenen Stellen vor: So zum Beispiel bei der Frage Jesu nach der Davidsohnschaft des Messias (Mt 22,44) oder während des Verhörs Jesu vor dem Hohen Rat, in dem Jesus auf den ersten Vers des Psalms anspielt (Mt 26,64). Jesus selbst bezieht diesen Psalm auf sich als den Messias des Volkes Israel. Im Hebräerbrief wird dieser Psalm an verschiedenen Stellen zitiert: So wird der erste Vers in Hebr 1,13 zitiert, an der Stelle, in der der Verfasser die Stellung Jesu Christi gegenüber den Engeln Gottes erläutert. Der Verfasser nimmt den Psalm außerdem zur Herleitung des Priestertums Jesu Christi, indem er den vierten Vers in der Perikope Hebr 7,1 – 28 insgesamt fünfmal zitiert.

Die Antiphon des Psalms ist dem zweiten Vers entnommen, um diesen zu betonen. Die erste Überschrift „ist als Inhaltsangabe und Zusammenfassung zu verstehen. Die zweite Überschrift aus dem ersten Korintherbrief des Paulus betont die messianische Deutung. Paulus bezieht diesen Psalm direkt auf Jesus Christus. Er zitiert diesen Psalm in seiner Abhandlung über die Auferweckung Christi im Zusammenhang mit dem Heil der Menschen.

Der sechste Vers des Psalms, „ Er hält Gericht unter den Völkern, er häuft die Toten, / die Häupter zerschmettert er weithin auf Erden. “, wurde wegen seiner Härte nicht ins Stundenbuch übernommen.

Im Gegensatz zum ersten Psalm ist der Zweite, Ps 114, vollständig in das Stundenbuch übernommen worden:

2. Antiphon

Die Erde erbebte vor dem Antlitz des Gottes Jakobs. Halleluja.

Psalm 114

Die große Befreiung

Seid euch bewußt, daß auch ihr aus Ägypten ausgezogen seid, weil ihr dieser Welt abgesagt habt. (Augustinus)

Als Israel aus Ägypten auszog, * Jakobs Haus aus dem Volk mit fremder Sprache, da wurde Juda Gottes Heiligtum, * Israel das Gebiet seiner Herrschaft.

Das Meer sah es und floh, * der Jordan wich zurück.

Die Berge hüpften wie Widder, * die Hügel wie junge Lämmer.

Was ist mit dir, Meer, daß du fliehst, * und mit dir, Jordan, daß du zurückweichst?

Ihr Berge, was hüpft ihr wie Widder, * und ihr Hügel, wie junge Lämmer?

Vor dem Herrn erbebe, du Erde, * vor dem Antlitz des Gottes Jakobs, der den Fels zur Wasserflut wandelt * und Kieselgestein zu quellendem Wasser.

Ehre sei dem Vater. Wie im Anfang.

Dieser Psalm hat den Auszug aus Ägypten zum Thema. Er erinnert an dieses Heilsgeschehen als ein Urbild oder Typos für Auferstehung und Taufe. In der Auferstehung geschieht das Heil im Bezwingen des Todes, in der Taufe in der Erlösung von der Sünde.

Die Antiphon nimmt den siebten Vers als einen wichtigen Vers des Psalms auf. Die erste Überschrift ist eine Inhaltsangabe, die zweite entstammt einem Wort des Augustinus (354 – 430). Er bezieht das Geschehen des Auszugs aus Ägypten auf die Christen, die ebenfalls durch die Entsagung von der Welt in der Taufe einen Auszug vollzogen haben. Dieser Satz interpretiert somit den Psalm christologisch.

Der Psalm ist von seinem Inhalt her eine Erinnerung an die Wunder, die Jahwe an Israel getan hat. Es wird hier nicht nur an den Exodus gedacht, sondern auch an die Wunder beim Jordanübergang, am Gottesberg und an die Wasserwunder in der Wüste.[69] Der Sänger vermischt somit die einzelnen Heilsgeschehnisse Israels und macht damit deutlich, daß jedes Heilshandeln Gottes einfügbar ist. Somit ist der Psalm christologisch deutbar, da Gott in Jesus Christus sein Heilsgeschehen zum Höhepunkt fortführt.

Das Canticum folgt in der Psalmodie den Psalmen. In der Vesper ist es ein neutestamentliches Canticum aus den Apostelbriefen oder der Apokalypse, welches wie die Psalmen mit einer Antiphon eingeleitet werden. Für jeden Tag der Woche ist ein Canticum vorgesehen.[70]

Das Canticum für die ausgesuchte Vesper lautet wie folgt:

3. Antiphon

Der Herr, unser Gott, ist König, er, der Herrscher über das All. Halleluja.

Canticum vgl. Offb 19,1 – 7

Die Hochzeit des Lammes

Das Heil und die Herrlichkeit und die Macht ist bei unserm Gott. *

(R Halleluja)

Seine Urteile sind wahr und gerecht.

R Halleluja (Halleluja).

Halleluja.

Preist unsern Gott, all seine Knechte *

(R Halleluja)

und alle die ihn fürchten, Große und Kleine.

R Halleluja (Halleluja).

Halleluja.

Denn König geworden ist der Herr, unser Gott, *

(R Halleluja)

der Herrscher über die ganze Schöpfung.

R Halleluja (Halleluja).

Halleluja.

Wir wollen uns freuen und jubeln *

(R Halleluja)

und ihm die Ehre erweisen!

R Halleluja (Halleluja).

Halleluja.

Denn gekommen ist die Hochzeit des Lammes, *

(Halleluja)

und seine Frau hat sich bereit gemacht.

Halleluja (Halleluja).

Ehre sei dem Vater. Wie im Anfang.

Inhaltlich geht es in diesem Loblied der Offenbarung um das gerechte Gericht Gottes über die Feinde und das künftige Heil des Gottesvolkes. Dieses Heil in der Vollendung wird mit dem Symbol der „Hochzeit“ erläutert. Das Canticum beinhaltet „einen eschatologischen Ausblick auf das Ziel aller christlichen Hoffnung. ... [Es] vereinigt das Ostern Christi mit dem erhofften Ostern der Christenheit.“[71]

Insgesamt gesehen ergeben die einzelnen Elemente der Psalmodie eine Steigerung: Vom christologischen Psalm 110 über den Psalm 114 als Typos des Heilsgeschehen hin zum Canticum mit der Vollendung als Thema.

d) Die Kurzlesung

Lesungen werden auch in den Tagzeiten der Stundenliturgie gehalten, da zum kirchlichen Beten die Schriftlesung unbedingt dazugehört. Dies unterstreicht den dialogischen Charakter der Liturgie. Die Lesungen sind den Büchern des Alten Testaments und den Briefen und der Offenbarung des Neuen Testaments entnommen, aber nie den Evangelien, da diese der Eucharistiefeier vorbehalten sind. Die Lesungen in den einzelnen Horen, außer der Lesehore, sind kurz gehalten, sie bestehen oft nur aus einem Satz. Man kann die Lesungen natürlich erweitern oder eine andere auswählen, vor allem bei der Feier der Stundenliturgie in der Gemeinde.

Die Vesper des Zweiten Sonntags der ersten Psalterwoche enthält folgende Lesung aus dem zweiten Korintherbrief:

Kurzlesung 2 Kor 1,3 – 4

Gepriesen sei der Gott und Vater Jesu Christi, unseres Herrn, der Vater des Erbarmens und der Gott allen Trostes. Er tröstet uns in all unserer Not, damit auch wir die Kraft haben, alle zu trösten, die in Not sind, durch den Trost, mit dem auch wir von Gott getröstet werden.

Die Kurzlesung ist ein Lobpreis des Paulus, den er an den Anfang des Zweiten Korintherbriefes setzt. Das Leitmotiv dieses Lobpreises ist „Trost“. Im Judentum ist „Tröster“ ein Titel für den Messias. Somit ist die Lesung in Fortführung der Psalmodie ein Lobpreis auf Jesus Christus, den Messias.

e) Das Responsorium

„Das Responsorium (breve) ist die Antwort auf Gottes Wort“ (AES 49) und soll der Meditation über das Gehörte dienen. Ein Responsorium ist somit eine Akklamationen, „die das Wort Gottes tiefer in das Herz des Lesers oder Hörers eindringen“ läßt (AES 172).

Es besteht aus kurzen Sätzen, die mehrmals meditierend wiederholt werden. Als Abschluß dient das „Ehre sei dem Vater.“, allerdings ohne „Wie im Anfang.“, statt dessen wird noch einmal der zweite Teil des ersten Satzes rezitiert.

Das Responsorium der ausgesuchten Vesper lautet:

R Gepriesen bist du, Herr, am Gewölbe des Himmels. * Gerühmt und verherrlicht in Ewigkeit.

R Gepriesen bist du, Herr, am Gewölbe des Himmels. * Gerühmt und verherrlicht in Ewigkeit.

V Gepriesen ist dein herrlicher Name. * Gerühmt und verherrlicht in Ewigkeit.

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist.

R Gepriesen bist du, Herr, am Gewölbe des Himmels. * Gerühmt und verherrlicht in Ewigkeit.

Das Responsorium besteht wie die Lesung aus Lobpreisungen. Diese Lobpreisungen sind dem Lobgesang der drei jungen Männer im Feuerofen aus dem dritten Kapitel des Buchs Daniel entnommen: Der erste ist aus Vers 56, der zweite aus Vers 52b. Um diese zu verinnerlichen und zu meditieren, werden sie mehrmals wiederholt. Diese Wiederholungen können beim Gebet des Einzelnen entfallen.

f) Der Lobgesang ‚Magnificat’

Der Höhepunkt der Vesper wird mit dem feierlichen Lobgesang Magnificat erreicht. Dieser Höhepunkt drückt sich darin aus, daß dem Lobgesang „dieselbe Ehre und Feierlichkeit erwiesen [wird] wie dem Evangelium“ (AES 138): Es wird stehend gesungen, man bekreuzigt sich zum Beginn, bei feierlichem Vollzug, besonders beim Gebet mit der Gemeinde, wird der Altar mit Weihrauch inzensiert.

Der Inzens mit Weihrauch zum Beginn des Magnificats ist ein Relikt des altkirchlichen Weihrauchritus. Dieser bestand aus dem Psalm 141 und einem Weihrauchopfer und wurde zum Abschluß der Vesper zu den Fürbitten vollzogen. Die monastische Überformung im römischen Ritus verdrängte schließlich den Abendpsalm 141 in der Vesper durch die fortlaufende Psalmodie. Einzig der zweite Vers „Wie ein Rauchopfer steige mein Gebet zu dir auf.“ hielt sich bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil als Antiphon des Magnificats. Dies ist schließlich als Grund für das Inzensieren des Altares zum Beginn des Lobgesangs anzusehen.[72]

Die Form des Magnificats ähnelt den alttestamentlichen Lobpsalmen mit den Elementen eröffnender Lobpreis, begründete Aussagen über Gottes Wirken, erweiternde Darstellungen über das Wirken Gottes.[73]

Es stellt sich beim Magnificat sowie bei den anderen Lobgesängen Benedictus in den Laudes und Nunc dimittis in der Komplet die Frage, ob es ein Evangelium oder Hochgebet[74] ist. Für die Bezeichnung „Evangelium“ spricht die Tatsache, daß diese Gesänge die einzigen Lesungen aus dem Evangelium sind. Außerdem ähnelt der Aufbau der Elemente der Stundenliturgie dem Wortgottesdienst der Meßfeier[75]:

Wortgottesdienst der Meßfeier:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einziger Unterschied ist die Stellung der Homilie vor dem „Evangelium“. Das Evangelium steht hier also im Antwortteil des Wortgottesdienstes. Unter Berücksichtigung der Form des Magnificats als Lob und Bittgesang kann von einem Hochgebet gesprochen werden. Ich schließe mich dem Ausdruck „Lobgesang aus dem Evangelium“[76], den Franz Schneider in seinem Aufsatz in Anlehnung an AES 138 benutzt, an.

Das Magnificat besitzt ebenso wie die Psalmen und die Cantica eine Antiphon, die je nach Wochentag wechselt und sich der Zeit im Jahreskreis und dem kirchlichen Fest anpaßt. An Sonntagen ist sie dem Evangelium entsprechend.

Das Stundenbuch gibt für die betrachtete Vesper folgenden Aufbau:

Antiphon

Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit man euch, wenn es zu Ende geht, in die ewigen Wohnungen aufnimmt.

Magnificat Lk 1,46 – 55

Meine Seele jubelt über Gott

Meine Seele preist die Größe des Herrn, * und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.

Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. * Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter.

Denn der Mächtige hat Großes an mir getan, * und sein Name ist heilig.

Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht * über alle, die ihn fürchten.

Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: * Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind;

er stürzt die Mächtigen vom Thron * und erhöht die Niedrigen.

Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben * und läßt die Reichen leer ausgehen.

Er nimmt sich seines Knechtes Israel an * und denkt an sein Erbarmen,

das er unsern Vätern verheißen hat, * Abraham und seinen Nachkommen auf ewig.

Ehre sei dem Vater. Wie im Anfang.

Die Antiphon ist dem Evangelium des Sonntags, dem Gleichnis vom klugen Verwalter (Lk 16, 1-13), entnommen. Dies soll die Verbindung der Eucharistiefeier zur Feier der Stundenliturgie verdeutlichen, indem es einen zentralen Satz des Evangeliums unterstreicht.[77]

Das Magnificat ist der Lobgesang Mariens auf Gott. Es erzählt von Gottes Handeln in der Geschichte Israels, das Geschichte und somit vergangen ist, weswegen es im griechischen Text in der Vergangenheitsform steht. Der Text spricht vom Auszug aus Ägypten in den „machtvollen Taten“ und dem „Stürzen der Mächtigen vom Thron“, von der Speisung Israels in der Wüste und den Wundern der Propheten Elija und Elischa in den Aussagen „die Hungernden mit Gaben beschenken“ und „die Reichen leer ausgehen“. Die Herausführung aus dem Exil wird in „seines Knechtes Israel angenommen“ behandelt. Diese Geschichte Gottes mit Israel wird nun mit Maria fortgeführt und gipfelt in Jesus Christus[78].

Inhaltlich befaßt sich das Magnificat mit der Verkündigung eines Gottes, der sich im Wirken Jesu Christi der Armen annimmt und ihre Verhältnisse ändert. Dieser Lobgesang aus dem Evangelium ist somit Mahnung für die Reichen, die leer ausgehen, und frohe Botschaft für die Armen, auf deren Seite sich Gott begibt.

g) Die Fürbitten

Nach jüdischer und christlicher Tradition in der Berakah gehört zum Lobgebet auch immer das Bittgebet.[79] Daher wurden im Zuge der Reform des Zweiten Vatikanischen Konzils die Fürbitten in die Vesper wieder eingeführt. Sie waren zwar noch vorhanden, hatten aber allmählich „Bußcharakter bekommen und waren deshalb bestimmten Tagen vorbehalten.“[80]

Im neuen Stundenbuch sind sie so gestaltet, daß es für jeden Tag eigene Fürbitten gibt, um über eine Vielfalt von Anliegen zu verfügen. Dazu wurde den Bischofskonferenzen noch die Möglichkeit gegeben, die Fürbitten umzugestalten und neue zu approbieren. Sie beginnen mit einer kurzen Einladung und enden stets mit der Bitte für die Verstorbenen.

In der betrachteten Vesper lauten die Fürbitten:

Laßt uns beten zu Christus, dem Herrn, denn er ist das Haupt seiner Kirche:

R Christus, erhöre uns.

Hilf deiner Kirche, die Spaltungen zu überwinden;

- mache sie zum Zeichen der Einheit für alle Völker.

Stehe unserem Papst N. und allen Bischöfen bei;

- schenke ihnen Eintracht, Liebe und Frieden.

Gib, daß die Christen immer enger mit dir verbunden werden

- und durch ihr Leben dich als den Herrn bezeugen.

Gib der Welt den Frieden,

- gib den Völkern Ruhe und Sicherheit.

(Fürbitten in besonderen Anliegen)

Laß unsere Verstorbenen auferstehen zum ewigen Leben;

- schenke auch uns die Freude deiner Heiligen.

Die einzelnen Bitten lassen sich folgendermaßen einteilen: Die ersten Bitten sind der Kirche und ihren Mitarbeitern vorbehalten. Die dritte dient der Empfehlung der Christen an Gott, die vierte erbittet der Welt den Frieden. An fünfter Stelle können eigene Anliegen der feiernden Gemeinde oder auch des Einzelbeters eingefügt werden. An sechster Stelle steht die Bitte für die Verstorbenen, die immer als letzte vorgesehen ist.

h) Das Vaterunser

Nach den Fürbitten steht in der Vesper „nach alter Überlieferung und wegen seiner hohen Würde“ (AES 194) das Vaterunser. Es kann durch eine kurze Überleitung mit den Fürbitten verbunden werden. Das Vaterunser ist somit im Gegensatz zu der vom Vorsteher allein gesprochenen Oration die gemeinsame feierliche Schlußformel der Vesper.

i) Die Oration

Die Hore wird mit einer Oration beschlossen, die für jeden Tag gesondert gestaltet ist. Die Oration schließt sich direkt an die letzte Bitte des Vaterunsers, „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von den Bösen.“, an und wird nicht mit der Einleitungsformel „Lasset uns beten“ begonnen. Bei gemeinsamer Feier betet der Leiter die Oration, die immer mit der großen Schlußformel beendet wird.

Für die Vesper, die hier näher betrachtet wird, ist folgende Oration vorgesehen:

Heiliger Gott, du hast uns das Gebot der Liebe zu dir und zu unserem Nächsten aufgetragen als die Erfüllung des ganzen Gesetzes. Gib uns die Kraft, dieses Gebot treu zu befolgen, damit wir das ewige Leben erlangen. Darum bitten wir durch Jesus Christus, deinen Sohn, unsern Herrn, der in der Einheit des Heiligen Geistes mit dir lebt und herrscht in Ewigkeit.

R Amen.

Die Oration nimmt Bezug auf das Abschiedsmahl im Johannesevangelium. Dort gibt Jesus seinen Jüngern ein neues Gebot, als er sagt: „Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebet einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt.“ (Joh 13,34 f.).

Auch auf eine andere Stelle wird in der Oration verwiesen. In einem seiner Gespräche mit den Pharisäern nimmt Jesus Stellung zur Wichtigkeit des Gesetzes. Er sagt, daß das erste Gebot der Gottesliebe das wichtigste sei, aber ebenso wichtig sei das Zweite. Weiter führt er aus, daß an diesen beiden Geboten das ganze Gesetz hinge (Mt 22,34 ff.). Wer sich an diese beiden Gebote hält, der hält sich auch an die anderen Gesetze, der erfüllt die Tora. Die Oration nimmt also Bezug auf eine der wichtigsten Aussagen Jesu zum jüdischen Gesetz.

j) Der Abschluß

Für den Abschluß der Feier sind mehrere Möglichkeiten je nach Art der Feier vorgesehen. Das Stundenbuch führt im Ordinarium auf:

Bei anwesendem Priester oder Diakon als Vorsteher:

V Der Herr sei mit euch.

R Und mit deinem Geiste.

V Es segne euch der allmächtige Gott, + der Vater, der Sohn und der heilige Geist.

R Amen.

Bei zu entlassender Gemeinde:

V Gehet hin in Frieden.

R Dank sei Gott dem Herrn.

Bei Feier ohne Priester oder Diakon oder beim Gebet des einzelne:

Der Herr segne uns, er bewahre uns vor Unheil

und führe uns zum ewigen Leben.

R Amen.

Da bei einem anwesenden Priester oder Diakon dieser die Leitung hat, ist es verständlich, daß er in diesem Fall die Gemeinde mit einem Gruß und einem Schlußsegen entläßt. Anders ist es beim Gebet des Einzelnen, welches mit einer einfachen Segensbitte endet.

3.3.3 Weitere Elemente

a) Heiliges Schweigen

Die AES macht in drei Artikeln von 201 bis 203 Aussagen zum Element des Heiligen Schweigens. Als erstes verweist die AES auf Aussagen von SC 30: Dort heißt es, daß „auch das Heilige Schweigen ... zu seiner Zeit eingehalten werden“ soll.[81]

In AES 202 werden dann konkrete Hinweise gegeben, wann Stille innerhalb des Stundengebets sinnvoll ist: Nach den einzelnen Psalmen, wenn die Antiphon wiederholt ist, aber auch nach den Lesungen, vor oder nach dem Responsorium.

Beim Gebet des Einzelnen schließlich ist es allerdings auch sinnvoll an anderen Stellen, bei einem Psalmwort oder einem Satz in der Lesung, länger meditierend zu verweilen.

b) Lichtritus

Eine eigene Lichtsymbolik hat sich in der heutigen römischen Tagzeitenliturgie nicht erhalten: Die AES macht keine Angaben zum Symbol des Lichts, obwohl „das Licht – vor allem das der Kerzen – ... in unseren Gottesdiensten ein wichtiges Symbol ist.“[82] Dieses kommt allerdings heute fast nur noch in entzündeten Kerzen auf dem Altar oder von Meßdienern hereingetragen vor. Dazu nur in bestimmten Gottesdiensten mit Lichtsymbolik: Die Feier der Osternacht, das Fest der Darstellung des Herrn und Roratemessen.

In der Geschichte der Tagzeitenliturgie allerdings hatte das Licht schon früh eine große Bedeutung in den Abendgottesdiensten. Zuerst aus rein praktischen Gründen, da die Dunkelheit das Entzünden von Lichtern notwendig machte. Mit der Zeit wurde dann daraus ein Ritus mit der Verehrung Christi als das unerschöpfliche Licht, das den Abend überdauert. Dieser Lichtritus ist heute fast nur noch in der Feier der Osternacht zu finden.

Das Lucernarium ist ein bestimmter Lichtritus, der sich an der altkirchlichen Vesper orientiert. Diese Form des Lichtritus besteht aus einer Danksagung über dem Licht, einem Weihrauchritus mit Singen des Ps 141 und einem abschließendem Gebet.

Für die Vesper bietet sich eine ‚kleine’ Osternachtsfeier mit den Elementen Hereintragen des Lichts, Danksagung für das Licht und einer Beteiligung der Gemeinde, zum Beispiel in Form einer Lichterprozession, an.

c) Weihrauchritus

Wie schon oben kurz beschrieben ist die heutige Form des Einsatzes von Weihrauch zum Magnificat erst spät entstanden. Sinnvoller wäre heute wohl ein Rückbesinnen auf den Ursprung des Weihrauchritus mit Ps 141, zusammen mit einem Lichtritus am Anfang der Vesper. Dies würde auch das Symbol stärker hervorheben und nicht so nebensächlich erscheinen lassen.

d) Wasserritus als Tauferneuerung

Ein weiteres für die gemeindliche Gestaltung interessantes Symbol kann der Wasserritus sein, der allerdings ebenfalls in die offizielle Stundenliturgie keinen Eingang gefunden hat.

Dieser bietet sich in der Osterzeit für eine Vesper mit Tauferneuerung an. In dieser Form der Vesper, wie sie zum Beispiel im Bistum Münster als „Münsteraner Taufvesper“[83] bezeichnet wird, zieht die Gemeinde nach dem ersten Psalm in einer Prozession zum Taufbrunnen, wo der zweite Psalm und das Canticum gesungen wird. Nach einer Oration wird die Gemeinde mit dem Wasser besprengt oder jeder bekreuzigt sich selbst mit dem Wasser aus dem Taufbrunnen. Anschließend wird ein Tauflied gesungen, bei dem alle auf ihre Plätze zurückgehen.

Eine so gestaltete Taufvesper kann am Abend des Ostersonntags ein festliches Ende des Österlichen Triduums, aber auch eine besonders gestaltete Vesper an den Sonntagen der Osterzeit sein.

Möglich ist auch die Gestaltung der Vesper am Pfingstsonntag als Taufvesper, um den Zusammenhang des Pfingstfestes mit dem Osterfest zu verdeutlichen. Hier bietet sich für die Prozession die Überführung der Osterkerze zum Taufbrunnen an.

3.4 Ergebnis

Ziel dieses Kapitels ist es, die Theologie und die derzeitige Gestalt der Tagzeitenliturgie aufzuzeigen, wie sie sich seit der Reform des Zweiten Vatikanischen Konzils im Stundenbuch darstellt. Für den weiteren Verlauf ist es wichtig, einige Punkte festzuhalten.

Die Reform wollte einen Ausgleich zwischen der monastischen Tradition und der derzeitigen Situation von Priestern schaffen[84]. Dies ist ihr gelungen, da vor allem die Angelpunkte Laudes und Vesper durch die Reform deutlicher im Vordergrund stehen. Weiterhin ist es für den verpflichteten Beter wichtig, daß dieser nur noch eine der Kleinen Horen pro Tag vollziehen muß. Auch das Pensum der Psalmen ist verringert worden. Dazu wurden neue Hymnen und geistliche Literatur in das neue Stundenbuch eingesetzt. Dies alles ist für den Einzelbeter ein klarer Vorteil und ein Gewinn.

Für die Gemeinde jedoch hat sich trotz des Wunsches des Zweiten Vatikanischen Konzils nach einer Beheimatung zumindest der Haupthoren in den Gemeinden[85] wenig geändert. Es hat sich zwar in Bezug auf Theologie und Gestalt einiges geändert, doch blieb die Reform der Stundenliturgie noch in ihrer monastischen Ordnung. Eine Besinnung auf ihre ursprünglichen Wurzeln in den Morgen- und Abendgottesdiensten des kathedralen Typs der Tagzeitenliturgie wäre für die Wiedergewinnung dieser Liturgie für die Gemeinde sinnvoller gewesen. Die Väter der Reform des Konzils haben sich nicht genug von der monastischen Form der Tagzeitenliturgie getrennt. Sie haben zu sehr auf die alte Zielgruppe der „Brevierbeter“, daß heißt die zum Stundengebet verpflichteten Beter, geachtet. Laienbeter standen nicht im Mittelpunkt ihres Blickfeldes, so daß ein Buch entstand, das in seinem Aufbau für einen Nicht-Fachmann nicht nachvollziehbar ist. Nur theologisch gebildete Fachleute können die so gestaltete Tagzeitenliturgie durchschauen und feiern.

Die heutige Stundenliturgie stellt die Gemeinde vor folgende Probleme[86]:

- Sie ist theologisch und spirituell zu fordernd, so daß viele Gläubige angesichts fehlender biblischer und spiritueller Bildung nicht genügend vorbereitet sind.
- Sie ist in ihrer Form zu komplex und kompliziert, da sie zu viel bietet und zu viel voraussetzt, das der Beter vielleicht nicht kennt.
- Sie ist zu nüchtern gestaltet, da sie fast nur aus Text besteht. Es fehlen Symbole und Zeichen, die den mitfeiernden Menschen in seinen Sinnen und Gefühlen anspricht.
- Sie ist zu sehr im Detail geordnet, so daß wenig Freiraum für die Gestaltung bleibt.

Es stellt sich hier sofort die Frage, ob eine zukünftige Reform der Stundenliturgie unbedingt ein Buch für alle Beter schaffen muß. Ist es nicht vielmehr sinnvoll, verschiedene Bücher für verschiedene Zielgruppen zu schaffen: Für den verpflichteten Kleriker als Einzelbeter, für die verpflichteten Kleriker, die in Gemeinschaft wohnen, für vorgebildete Laien, im Dienst in der Kirche oder auch nicht. Dazu muß noch eine Form entstehen, die die Menschen anspricht, die sich auf der Suche nach einem Glauben oder einer Religion sind und somit keine „Profis“ im Beten sind.

Zumindest ist es sinnvoll, wenigstens zwei verschiedene Ausgaben zu schaffen: Eine Ausgabe für die Feier der Tagzeitenliturgie in der Gemeinde und eine für den Einzelbeter. Gemäß den Forderungen des Zweiten Vatikanischen Konzils sollte natürlich die Feier der Gemeindeliturgie den Vorrang vor der Feier des Einzelnen haben.[87]

Eine andere, wie ich finde, sinnvollere Möglichkeit wäre die Schaffung einer Materialsammlung für die Tagzeitenliturgie, ähnlich dem Gotteslob als Materialsammlung für den Gemeindegottesdienst im allgemeinen.[88] In ihr müßten einzelne Elemente mit Auswahlmöglichkeiten vorhanden sein. So könnte aus den Gemeinden heraus eine speziell auf sie gestaltete Feier der Tagzeiten geschaffen werden, die dann eventuell für die Gemeinde in einem eigenen Buch zusammengefaßt sind. Einen Anfang für eine Materialsammlung in diesem Sinne macht das Buch „Morgenlob – Abendlob. Mit der Gemeinde feiern“[89], welches im Jahr 2000 in zwei Bänden für die Fasten- und Osterzeit und die Advents- und Weihnachtszeit jeweils für die Gemeinde und den Leitungsdienst erschienen ist. Dieses bietet neben ausgearbeiteten Modellen auch ein Instrumentarium mit weiteren Elementen.

4. Neue Formen der Tagzeitenliturgie

4.1 Vorbemerkungen

Nachdem im zweiten Kapitel die Entwicklung und im dritten Kapitel die Theologie der Tagzeitenliturgie behandelt wurde, geht es nun um die Betrachtung neuer Formen der Tagzeitenliturgie. Dazu werden exemplarisch zwei Gebete genauer untersucht: Zum einen das „Stadtgebet“ aus Schwerte als ein eher gemeindeorientiertes Projekt, zum anderen das Stundengebet der EXPO 2000 in Hannover als ein außergewöhnliches Projekt. Danach werden noch weitere Möglichkeiten der Tagzeitenliturgie in der Gemeinde kurz vorgestellt.

4.2 Das „Stadtgebet“ aus Schwerte

4.2.1 Hinführung

Um die Entstehung des Stadtgebets in Schwerte zu verstehen, ist es nötig, einige Hintergründe zur Stadt und zur Entstehungsgeschichte zu wissen.[90]

Schwerte ist eine Ruhrgebietsstadt am Südrand von Dortmund mit 52.000 Einwohnern, von denen 32 % katholischen Bekenntnisses sind. Es gibt in dieser Stadt sieben katholische Gemeinden:

Die große Innenstadtpfarrei St. Marien, die in fünf Pfarrbezirke eingeteilt ist: Zum einen die Innenstadtgemeinde St. Marien selbst mit ca. 8000 Gemeindemitgliedern, zum anderen die Gemeinden in den Ortsteilen Schwertes: St. Antonius mit ca. 1000 Gemeindemitglieder, St. Christopherus mit ca. 2400 Gemeindemitgliedern, St. Thomas Morus mit ca. 1000 Gemeindemitgliedern, St. Monika mit ca. 2000 Gemeindemitgliedern. Dazu kommen noch die eigenständigen Pfarrvikarien St. Petrus und Heilig Geist, beide im Osten der Stadt gelegen. Seit dem Jahr 2000 bilden sie den Pastoralverbund, das heißt, daß die Gemeinden in diesem Seelsorgsraum zusammenarbeiten. Die Zusammenarbeit geschieht auf der Ebene der Hauptamtlichen im Kooperationsgremium, das schon seit 1980 besteht und auf der Ebene der Ehrenamtlichen im Stadtpfarrgemeinderat, der sich aus den Pfarrgemeinderäten der einzelnen Gemeinden zusammensetzt und sich mit gemeindeübergreifenden Themen befaßt.

So plante dieser Stadtpfarrgemeinderat für 1995 einen Gemeindetag aller Schwerter Gemeinden unter dem Motto „Suchet der Stadt Bestes“ (Jer 29,7). Dieser Gemeindetag ist das Ergebnis der Überlegungen des Gremiums zur pastoralen Lage mit immer weniger Kirchenmitgliedern und finanziellen und personellen Problemen. Diesen Gemeindetag bezeichnet Hans-Heinz Riepe, der Pfarrer der Innenstadtgemeinde St. Marien, in seinem Buch als ersten Impuls für das Stadtgebet.

Ein zweiter Impuls war die Forderung des Vorsitzenden des Stadtpfarrgemeinderates nach einem geistlichen Akzent, der die schon stattfindende Zusammenarbeit der Gemeinden auf diakonischer Ebene begleiten soll.

Als dritter Impuls kam noch der Wunsch zur Wiederbelebung der Tagzeitenliturgie vom Pfarrer Riepe selbst. Wie in vielen Gemeinden „war auch in Schwerte die Beteiligung an nichteucharistischen Gottesdiensten ... in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zurückgegangen“[91].

Dies alles führte nach einem Beschluß des Stadtpfarrgemeinderates im Mai 1996 zur Einrichtung des Stadtgebetes. Aus dem Beschluß[92] lassen sich die Ziele des Stadtgebets ableiten:

- „Es soll Ausdruck der geistlichen Gemeinschaft der Gemeinden in unserer Stadt sein.
- Es soll die Stadt als Lebensraum ins Bewußtsein bringen, in den Christen ihren spezifischen Beitrag zum Wohle aller einbringen („Suchet der Stadt Bestes“).
- Indem „für die Anliegen gebetet wird, die die Menschen in unserer Stadt berühren“, soll die enge Beziehung von Gebet und Leben deutlich werden.
- Als „öffentliches“ Gebet soll das Stadtgebet offen sein für alle, die mitmachen möchten und nicht nur die Kerngemeinden ansprechen.
- Vorbereitung und Durchführung des Stadtgebetes sollen nicht in den Händen der Hauptamtlichen (Priester/ Gemeindereferentinnen) liegen; vielmehr soll das Stadtgebet von möglichst vielen getragen werden.“[93]

Nach Beschluß und Zielsetzung durch den Stadtpfarrgemeinderat wurden die Einzelheiten für das Stadtgebet festgelegt. Es stellten sich natürlich sofort Fragen nach Form, Ort und Zeitpunkt des Gebets, aber auch andere Fragen und vor allem die Befürchtungen, ob denn genügend Leute zu einer solchen Gebetsform kämen.

Die Frage nach der Form war schnell beantwortet. Eine offene Form bot sich zwar angesichts der thematischen Fülle, die man mit dem Gebet erreichen wollte, an, doch würde dies die vorbereitende Gruppe zu sehr überfordern. So entschied man sich für eine Gottesdienstform mit wiederkehrenden Elementen, die an der Tagzeitenliturgie orientiert ist.

Über den Ort war man sich nicht so schnell einig. Der Stadtpfarrgemeinderat schwankte zwischen einem Wechsel des Gottesdienstraumes und einem zentralen Ort. Der wichtigste Vorteil für die erste Variante ist ohne Zweifel die stärkere Einbeziehung aller Gemeinden der Stadt. Negativ aber ist vor allem für den spontanen Besucher die Ungewißheit über den Ort, an dem das Gebet stattfindet. So sprach man sich für die Innenstadtkirche St. Marien als zentralen Ort für das Stadtgebet aus. Dies zog natürlich Proteste und Befürchtungen der anderen Gemeinden, von der großen Mutterpfarre wieder vereinnahmt zu werden, nach sich.

Die größte Befürchtung der Vorbereitenden allerdings war, daß sich nicht genügend Menschen für diese Gottesdienstform finden würden. Es zeigte sich auch in Schwerte immer mehr ein Desinteresse an allen nichteucharistischen Gottesdienstformen. Allerdings war auch klar, daß sich das Gebet nur dann durchsetzen und als öffentlich gelten würde, wenn genügend Menschen zum Mitfeiern kämen. Auch hier sollte gelten, was für den jüdischen Gottesdienst gilt: Zum Gottesdienst gehören mindestens zehn, im Judentum männliche, Erwachsene. Dazu fehlte in Schwerte, wie es in anderen Städten der Fall ist, eine Ordensgemeinschaft, die das Gebet trägt.

So kam man in Schwerte auf die Idee der Gründung einer Gebetsgemeinschaft für das Stadtgebet, die aus Laien besteht, die das Stadtgebet tragen. Die Teilnehmer der Gebetsgemeinschaft verpflichteten sich jährlich zur Teilnahme an mindestens vier Stadtgebeten, damit an den fünfzig Samstagen im Jahr mindestens zwanzig Beter anwesend sind. Die Gebetsgemeinschaft benötigte somit wenigstens 250 Menschen.

Die Gründung der Gebetsgemeinschaft stand stark in der Diskussion: Es tauchten Fragen auf, ob man sich überhaupt zum Beten verpflichten könne oder ob es nicht eine Zumutung wäre, wieder Kirchengebote einzuführen. Es entstand so ein Interesse für das Stadtgebet: Man sprach darüber in Predigten, in Sitzungen, im ‚Laden um die Ecke’, in der Presse. Dazu kamen noch ermutigende Briefe des Paderborner Erzbischofs Degenhardt und des Osnabrücker Bischofs Bode, der als damaliger Paderborner Weihbischof den Gemeindetag begleitet hatte.

Dies alles führte zu dem Ergebnis, daß die als Ziel gesetzte Zahl von 250 Teilnehmern an der Gebetsgemeinschaft mit 248 Anmeldungen fast erreicht wurde. Dennoch konnte das Gebet am ersten Novembersamstag 1996 mit dem Thema „Kirche in unserer Stadt“ starten.

Dieses wurde noch vom Stadtpfarrgemeinderat vorbereitet und durchgeführt. Danach aber machten sich die unterschiedlichsten Gruppen daran, ein Stadtgebet zu planen und zu leiten: Angefangen von den Kirchenvorständen und Pfarrgemeinderäten der einzelnen Gemeinden über verschiedene Jugendgruppen wie Pfadfinder, Firmlingen oder Meßdienern und kirchlichen Verbänden wie Frauengemeinschaft, Kolping oder KAB, bis hin zu Kommunalpolitikern der verschiedenen Parteien.

Da das Stadtgebet von vornherein als ein Gebet des Volkes Gottes geplant war, sollte es auch von Ehrenamtlichen vorbereitet und durchgeführt werden. Die Hauptamtlichen sahen ihre Rolle in einer Begleitung der Ehrenamtlichen. Sie wollten helfen,

- Unsicherheiten bezüglich Gebet und Gottesdienst zu überwinden,
- zu selbständiger Durchführung hinführen,
- den Blick für mögliche Gebetsthemen zu weiten,
- die Gruppen theologisch und spirituell zu begleiten, um so Fehlentwicklungen vorzubeugen.

Genauso bunt gefächert wie die vorbereitenden Gruppen sind auch die Themen des Stadtgebets: Angefangen bei dem kirchlichen oder religiösen Jahr entsprechenden Themen wie Advent, Fastenzeit oder auch Ramadan als den islamischen Fastenmonat, über kommunale Themen wie „Gewalt“ anläßlich einer Reihe von Raubüberfällen in der Stadt oder „Verunglückt im Westhofener Kreuz – Wir beten für die Opfer des Straßenverkehrs“ anläßlich der schweren Unfälle auf dem auf Schwerter Stadtgebiet liegenden Autobahnkreuz, bis hin zu welt(politischen) Themen wie „Krieg im Kosovo“ oder „Friedenslicht – ausgerechnet aus Bethlehem?“

Für die einzelnen Gruppen liegen in der Pfarrbücherei Materialkoffer bereit. Diese bestehen aus dem Stadtgebetbuch, einem extra für das Stadtgebetbuch geschaffenen Gebet- und Gesangbuch, das seit 1998 in Buchform existiert, und einem Sammelordner mit Texten und Gebeten, die aber meist als Anregung dienen, selber nach Texten zu suchen. Dazu befindet sich in diesem Sammelordner noch eine Checkliste über den Ablauf und ein Vorbereitungsbogen[94]. Außerdem kann in der Pfarrbücherei die Dokumentation der bisherigen Stadtgebete nebst den Pressemeldungen eingesehen werden, so daß auch durch die Begleitung der Hauptamtlichen für eine gute Vorbereitung gesorgt wird.

4.2.2 Form und Ablauf des Stadtgebets

Das Stadtgebet findet also seit November 1996 regelmäßig am Samstagabend in der Innenstadtkirche statt. Man sprach sich für den Samstagabend aus, da dieser Gottesdienst so die Rolle der ersten Vesper des Sonntags übernehmen konnte. Außerdem machte der Termin am Abend um 18.30 Uhr Sinn, da so eine Kombination mit der Abendmesse der Innenstadtgemeinde entstand, welche Anlaß geben kann, schon zum Stadtgebet zu kommen oder zur Messe zu bleiben.

Zu den Diensten im Stadtgebet ist folgendes festzuhalten: Die einzelnen Dienste, vor allem die Leitung des Stadtgebets, liegt, wie schon erwähnt, in den Händen der ehrenamtlichen Vorbereitungsgruppe. Diese kann sich bei ausreichender Größe die einzelnen Dienste aufteilen. Folgende Dienste gibt es beim Stadtgebet:

- Die Leitung des Gebets mit den Aufgaben Eröffnung, Vorbeten der Psalmen und Fürbitten und Abschluß mit dem Segen.
- Der Empfang des Gebets, vollzogen von den Ostiariern[95].
- Das Lichtanzünden und Weihrauchentzünden, vollzogen von den Akolythen[96].
- Das Vortragen von Texten und Lesungen, vollzogen vom Lektor.
- Das Singen und Begleiten der Lieder mit Musik, vollzogen vom Kantor und Organisten oder von einer Musikgruppe, die die musikalische Gestaltung übernommen hat.

Der Ablauf der einzelnen Elemente ist wie folgt:

a) Eröffnender Teil

- Ankommen
- Eröffnung
- Lichtfeier
- Weihrauchritus
- Amen

b) Thematischer Teil

- Zeitzeichen
- Hymnus
- ein oder zwei Psalmen
- Stadtgespräch
- Schriftlesung
- GeDENKminute
- Antwortgesang

c) Abschließender Teil

- Fürbitten
- Vaterunser
- Segen
- Sendung

Auf den ersten Blick fällt die Fülle an Elementen auf: Gegenüber der ‚normalen’ Vesper mit elf einzelnen Elementen sind es hier sechzehn. Doch sind die Elemente von der Länge her so gestaltet, daß das Gebet eine Zeitspanne von dreißig Minuten nicht übersteigt.

Im weiteren Verlauf wird exemplarisch ein Stadtgebet näher betrachtet: Das Stadtgebet vom 10. Januar 1998 mit dem Thema „Die kleinen Schindlers von Schwerte“.[97]

a) Eröffnender Teil

Der eröffnende Teil beginnt mit dem Ankommen, das heißt, es wird fünfzehn Minuten vor Beginn des eigentlichen Gottesdienstes meditative Musik in der Kirche abgespielt. Dazu empfängt noch ein Mitglied der Vorbereitungsgruppe die Ankommenden und übereicht ihnen das Stadtgebetbuch, ein Gebetbuch mit Liedern, Gebeten und Texten für das Stadtgebet.

Ziel dieses Elements ist es, die Ankommenden zu empfangen und durch die persönliche Begegnung einzuladen, diesen Gottesdienst mitzufeiern. Die meditative Musik dient der Einstimmung und Sammlung.

Um 18.30 Uhr beginnt dann das Stadtgebet mit der Eröffnung:

V Herr, öffne meine Lippen.

A damit mein Mund dein Lob verkünde.

V Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist,

A wie im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit. Amen.

Diese Eröffnungsform ist aus dem Stundenbuch übernommen, sie kann aber auch durch einen Liedruf oder einfach durch das Kreuzzeichen ausgetauscht werden.

Danach schließt sich die Lichtfeier an. Dieses Element, welches, wie schon erwähnt, in die offizielle Stundenliturgie leider keinen Eingang gefunden hat, ist in Schwerte so gestaltet, daß die Kerzen eines siebenarmigen Leuchters[98] entzündet werden. Dieser ist zum einen natürlich eine Erinnerung an die Menorah, den siebenarmigen Leuchter im Judentum, als Zeichen, daß das Christentum im Judentum wurzelt. Dazu ist er aber noch so gestaltet, daß die sieben Arme jeweils ein Medaillon mit dem Abbild einer der Schwerter Kirchen trägt. Dies versinnbildlicht, daß das Stadtgebet in Gemeinschaft aller Kirchen ein Gebet für die Stadt ist.

Während des Entzündens der Lichter ist ein verbindlicher Text vorgesehen. Daran kann sich ein Lied anschließen. Im Beispiel wurde dies wie folgt vorbereitet:

Am Abend eines vollbrachten Tages,

an der Schwelle des Sonntags,

entzünden wir nun die Lichter.

Sie erinnern uns an Christus,

den Auferstandenen.

Sein Licht vertreibe unsere Dunkelheiten.

Lied: Ein Funke kaum zu sehn

(Zweite Strophe von „Ins Wasser fällt ein Stein“)

Der Text zum Lichtritus ist ein kurzer Text, der das Entzünden der Kerzen verdeutlicht: Die Lichter erinnern an Christus, das ewige Licht. Er möge uns durch seine Anwesenheit im Licht beschützen und so die Dunkelheiten, das Böse, vertreiben.

Nach dem Entzünden der Lichter des siebenarmigen Leuchters ist im Beispiel das Lied „Ein Funke, kaum zu sehn“ vorgesehen. Dieses Lied hat als Leitmotiv das Thema Licht und paßt inhaltlich zum Ritus.

Der Lichtfeier schließt sich der Weihrauchritus mit folgendem Gebet an:

Wie Weihrauch steige mein Gebet vor dir auf;

als Abendopfer gelte vor dir,

wenn ich meine Hände erhebe.

Während des Gebets wird der Weihrauch in einer auf dem Altar stehenden Schale entzündet. Der Vers, der dabei gebetet wird, ist dem Ps 141 entnommen, der, wie schon erläutert, in der alten Kirche der abendliche Psalm war.

Der eröffnende Teil endet mit einem gemeinsam gesungenen oder gebeteten Amen als Akklamation. Im Beispiel wurde ein gesungenes Amen ausgesucht.

b) Thematischer Teil

Der thematische Teil beginnt mit dem „ Zeitzeichen “, einer kurzen Hinführung zum Thema, die nach einer täglichen Sendereihe des zweiten Hörfunkprogramms des Westdeutschen Rundfunks benannt ist. Im WDR behandelt die kurze Sendung ein geschichtliches Stichwort, das mit dem jeweiligen Tag in Zusammenhang steht. Das Stadtgebet benutzt die kurze Formel „Zeitzeichen – Stichwort heute ...“, die das Hörfunkprogramm ebenfalls benutzt. Anschließend führen wenige Sätze in das Thema ein.

Im Beispiel lautet die Formulierung:

Zeitzeichen – Stichwort heute: „Die kleinen Schindlers von Schwerte“.

In dem bekannten Film „Schindlers Liste“ wird gezeigt, wie ein durchschnittlicher Mensch mit all seinen Fehlern mitten in dem Meer des Unrechts der Nazizeit menschenfreundlich handelt trotz der Angst, aufzufallen und selbst zum Opfer zu werden.

Auch in Schwerte hat es solche Menschen gegeben, wenn ihre Hilfe auch nicht so spektakulär war wie die durch „Schindlers Liste“.

Wir möchten in diesem Stadtgebet daran erinnern; nicht um das geschehene Unrecht zu bagatellisieren, sondern um dazu aufzufordern, sich mit Zivilcourage auch heute für Minderheiten und Verfolgte einzusetzen.

Schon mit der Einführung „Die kleinen Schindlers von Schwerte“ wird eine Assoziation mit dem Film „Schindlers Liste“ hervorgerufen, die auf das Thema neugierig macht. Die folgenden Sätze geben kurz den Inhalt des Films wieder, um dann auf das Stadtgebet und was der Film mit dem Stadtgebet zu tun hat, einzugehen.

Nach den Zeitzeichen kommt im Stadtgebet ein Hymnus oder ein Lied, der dem Thema angepaßt ist. Für das Beispiel ist das Lied „Sonne der Gerechtigkeit“, das sich im Stadtgebetbuch und im Gotteslob befindet, ausgewählt worden. Das Lied ist von einem Einsatz der Christen in Welt und Gesellschaft geprägt. Der Herr soll seine Kirche in diesem Einsatz unterstützen.

Das Lied hat also den Zweck, schon auf das Thema oder auf das Ziel des Stadtgebets hinzuführen: Anhand der Beispiele von den „kleinen Schindlers aus Schwerte“ Mut aufzubringen, sich in Gesellschaft und Welt als Christ zu engagieren.

Im Ablauf des Gebets folgen dem Hymnus ein oder zwei Psalmen, die nicht nur Psalmen im originalen Text, sondern auch psalmartige Gesänge des Neuen Testaments oder moderne Fassungen sein können. Im Beispiel wurde Psalm 28 „Hilferuf und Dank“ gesungen. Dieser Psalm wird hier aus dem Gotteslob übernommen. Dies geschieht in der Form, in der er auch im Stundenbuch auftaucht. Dabei werden wegen ihrer Härte die Verse drei bis fünf ausgeklammert:

3 Raff mich nicht weg mit den Übeltätern und Frevlern, / die ihren Nächsten freundlich grüßen, / doch Böses hegen in ihrem Herzen.

4 Vergilt ihnen, wie es ihrem Treiben entspricht / und ihren bösen Taten.

Vergilt ihnen, wie es das Werk ihrer Hände verdient. / Wende ihr Tun auf sie selbst zurück!

5 Denn sie achten nicht auf das Walten des Herrn / und auf das Werk seiner Hände.

Darum reißt er sie nieder / und richtet sie nicht wieder auf.

Der Psalm besteht im Original aus einem Gebet in den Versen eins bis vier, einer Beschuldigung im Vers fünf, einem Dankbekenntnis in den Versen sechs bis acht und einer Fürbitte im Vers neun. Diese Struktur wird durch die Auslassung der Verse drei bis fünf klar unterbrochen. Das Dankbekenntnis wird nur noch bedingt klar, da die Anschuldigungen an die Feinde des Beters ausgeklammert werden.[99]

Der Psalm hat hier ebenfalls wie der Hymnus die Funktion, biblisch in das Thema einzuführen.

Das Stadtgespräch kommt nach dem Psalm. Dieses Element dient der Entfaltung des Themas. Dies kann in unterschiedlichen Formen geschehen: „Gebet aus der Zeitung“ ist eine Form, mit Gedanken aus einer aktuellen Pressemeldung ins Gebet zu kommen; „Zeugnis des Lebens“ nennt sich eine Form, in der Gemeindemitglieder aus ihrem Alltag berichten; „Zu Gast in der Stadt“ entfaltet einen Gedankenanstoß eines zur Zeit in Schwerte weilenden Gastes.[100]

Das Beispiel hat als Stadtgespräch fünf Berichte über Schwerter Bürger während des Dritten Reichs und des Zweiten Weltkriegs. Diese Bürger sind die „Kleinen Schindlers von Schwerte“, die durch kleine Dinge im Alltag anderen Menschen, die unter der Diktatur litten, geholfen haben. Zur Verdeutlichung wird nun einer dieser Berichte abgedruckt:

Es war um die Osterzeit. Am frühen Abend klopfte es. Vor der Tür steht Herr S., jüdischen Glaubens. und bittet um ein Ziegenlämmchen, um es für das Paschamahl zu erwerben. Lieferung selbstverständlich lebend, da es nach jüdischen Riten geschlachtet werden sollte. Ich war damals noch ein Kind und sollte das Lamm überbringen. Ich legte das Lämmchen in einen Korb und deckte es zu, denn es sollte niemand sehen. Von dem klagenden Meckern blieb ich so verschont. Ich stieg auf das Fahrrad und ab ging’s zur Familie S. Da es verboten war, Juden zu helfen und zu unterstützen, war ich erleichtert und mit mir die ganze Familie, als ich ohne Zwischenfall wieder nach Hause zurückkehrte.

Anschließend folgt die Schriftlesung, die sich inhaltlich dem Thema des Stadtgesprächs anpaßt und es somit von der Schrift her deutet. Eine Deutung in Form der Homilie oder Predigt findet nicht statt. Die Teilnehmer sind im folgenden Element, der GeDENKminute eingeladen, sich selber in einer Minute der Stille und des Nachdenkens auf Gottes Wort einzulassen und es für sich zu deuten.

In dem betrachteten Stadtgebet ist die Perikope über das Weltgericht aus dem Matthäusevangelium (Mt 25, 31 – 46) vorgesehen. Die zentrale Aussage des Evangeliums ist der Satz Jesu: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ Dies deutet somit die Taten der Schwerter Bürger als Taten für Christus selbst. Diese haben somit dem Evangelium gemäß gehandelt.

Der GeDENKminute folgt ein Antwortgesang. Im Beispiel ist es das Lied „Gottes Wort ist wie Licht in der Nacht“. Dieses Lied deutet Gottes Wort als ein Licht, einen Tröster. Es hilft immer in Bedrängnis, Not und Ängsten.

c) Abschließender Teil

Mit dem Antwortgesang hat der thematische Teil geendet. Das Stadtgebet führt nun in den Abschluß des Gebets mit den Fürbitten ein. Diese können dem Stadtgebetbuch entnommen oder auch frei formuliert werden.

Im Beispiel sind es die folgenden Fürbitten:

Wir beten zu Gott, der unsere Hilfe ist:

Für die wegen ihrer Rasse oder wegen ihres Glaubens Verfolgten in allen Ländern und Systemen:

daß sie nicht vergessen werden, sondern weltweite Solidarität erfahren.

Herr, erbarme dich.

Für die Flüchtlinge und Asylbewerber:

daß sie in Sicherheit und Frieden in ihre Heimat zurückkehren können und in der Fremde Menschen finden, die sich für sie einsetzen.

Herr, erbarme dich.

Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Menschenrechtsgruppen in aller Welt, die oft selbst bedroht werden:

daß sie nicht müde werden und Gott ihnen Kraft schenke.

Herr, erbarme dich.

Für all die kleinen Leute, die da ihnen mögliche tun, um anderen zu helfen:

daß Gott es ihnen lohne.

Herr, erbarme dich.

Für uns selbst:

daß wir die nötige Zivilcourage aufbringen, wenn es gilt, anderen zu helfen.

Herr, erbarme dich.

Für die Opfer von Krieg und Gewalt:

daß Gott ihnen seinen Frieden schenke.

Herr, erbarme dich.

So bitten wir durch Christus, unsern Bruder. Amen.

Dies sind Fürbitten, die das Thema des Stadtgebets wieder aufnehmen. Es wird hier für Verfolgte, Flüchtlinge und Asylbewerber gebetet, aber auch für die Menschen, die sich für die ausgegrenzten in Menschenrechtsgruppen engagieren. Dazu wird noch für die Beter selbst gebetet, daß diese genug Mut aufbringen, sich ihrem Glauben gemäß zu engagieren. Abschließend ist eine Bitte für die Opfer von Krieg und Gewalt, ähnlich der letzten Bitte für die Verstorbenen, die in jeder Vesper vorkommt, vorgesehen.

Die Fürbitten leiten zum Vaterunser über, daß auch im Stadtgespräch an dieser Stelle gesungen oder gesprochen wird. Im Beispiel wird es gesungen.

Abgeschlossen wird das Stadtgebet mit einem Segen, der immer der gleiche ist und gesprochen wird. Zum Schluß wird gemeinsam ein Lied gesungen. Dies ist im betrachteten Stadtgebet das Lied „Herr, wir bitten: Komm und segne uns“.

4.2.3 Fazit

Das erste Indiz für ein positives Fazit des Stadtgebets ist die Tatsache, daß es in diesem Jahr seinen fünften Geburtstag feiern kann. Dies allein gesehen reicht natürlich bei weitem nicht für eine Bewertung aus.

In der Vorbereitungszeit war vor allem die Frage nach den Teilnehmern am Stadtgebet von Bedeutung. Dies kann nun nach insgesamt fünf Jahren Stadtgebet immer noch so bilanziert werden, wie Riepe es schon nach den ersten anderthalb Jahren tat: Es waren „nie unter 40 und stieg bei außerordentlichen Anlässen“[101]. Diese Statistik allein zeigt, daß das Stadtgebet ein „normaler“ Gottesdienst neben anderen ist.

Positiv zu bewerten ist auch die Rolle der Hauptamtlichen beim Stadtgebet. Diese sind nur in der Begleitung der Ehrenamtlichen tätig. Dies stärkt die Laien in der Kirche und befähigt sie zu eigenem gottesdienstlichen Handeln, was im Zuge des Priestermangels und des Prozesses der Kooperativen Pastoral, wie er in allen deutschen Bistümern im Gange ist, immer wichtiger und nötig erscheint.

Ein weiteres positives Urteil ergibt sich aus der Form des Stadtgebets: Neben den Elementen der „normalen Vesper“ wie Hymnus und Psalmen sind hier die altkirchlichen Riten des Lichtes und des Weihrauchs aufgenommen und durch neu entwickelte Elemente wie Zeitzeichen und Stadtgespräch ergänzt worden. Es ist somit eine eigene Form der Tagzeitenliturgie entstanden, aus der Gemeinde und der Stadt heraus für die Gemeinde und die Stadt.

Insgesamt betrachtet, bewerte ich das Stadtgebet aus Schwerte positiv, da es unter starker Einbeziehung von Laien eine gute Form darstellt, der Tagzeitenliturgie wieder einen Platz in der Gemeinde zu geben.

4.3 Das Stundengebet der EXPO 2000, Hannover

4.3.1 Hinführung

Das Stundengebet der Weltausstellung 2000, der EXPO in Hannover, entstand im Zuge des gemeinsamen Projekts „Christus-Pavillon“ der beiden großen christlichen Kirchen Deutschlands. Der Christus-Pavillon „war ein gewagtes Unternehmen: [, da es bedeutete,] mit einer richtigen Kirche ökumenisch einen zentralen Platz ... einzunehmen“[102]. Die Kirchen waren zwar bisher auch mit Projekten auf Weltausstellungen präsent, allerdings immer den Präsentationsbedingungen angepaßt und somit ähnlich künstlich inszeniert wie andere Pavillons. Zur EXPO 2000 sollte der Christus-Pavillon als die EXPO-Kirche verstanden werden.

Im Vorfeld der EXPO gab es bei vielen verantwortlichen Planern der beiden Kirchen Überlegungen, ob überhaupt und wenn, wie sich die Kirchen darstellen sollten. In den Leitungsebenen dagegen war man schnell nur noch beim ‚Wie?’. Es war klar, daß für einen eigenen Pavillon die finanziellen Mittel bei weitem nicht ausreichen würden. Also wurden Pläne entwickelt, einen Stand in einer der Messehallen zu bauen. Diese Überlegungen waren jedoch nach einem Beschluß der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD), für die Beteiligung an der Weltausstellung 10 Mill. DM zur Verfügung zu stellen, hinfällig. Die EKD stellte allerdings drei Bedingungen:

1. Der Pavillon sollte ökumenisch ausgerichtet sein,
2. die Summe für den Pavillon war auf den Betrag von 10 Mill. DM begrenzt,
3. ein eigener Pavillon sollte nur bei einer sinnvollen Nachnutzung möglich sein.

Diese Bedingungen hatten natürlich Auswirkungen auf die Planungen. Es mußte nun nach weiteren Sponsoren für einen eigenen Pavillon und nach einer angemessenen Nachnutzung der Kirche gesucht werden.

Beide Suchen waren schließlich erfolgreich: Für den Bau des Christus-Pavillons konnte vor allem die deutsche Stahl- und Glasindustrie gewonnen werden. Die Nachnutzung der Kirche wurde durch die Jesus-Bruderschaft Gnadenthal ermöglicht, die ein Zisterzienserkloster in Volkenroda, Thüringen, wiederaufbaut. Die Kirche ist seit August 2001 wieder eingeweiht und dient nun als spirituelles und kulturelles Zentrum der Klosteranlage.

Für den Architekten, der aus einem Wettbewerb von fünf Architekten hervorging, waren somit zwei Dinge von vornherein klar: Die Architektur war von den Materialien Glas und Stahl abhängig und der Pavillon mußte so beschaffen sein, daß er ohne große Mühen in Hannover abgebaut und an seinen letztendlichen Standort aufgebaut werden konnte. Für die Architekten war dazu noch von Wichtigkeit, daß der Pavillon keine kirchliche Ausstellungshalle, sondern eine richtige Kirche sein sollte. Denn die Architekten meinten, daß „sich die christlichen Religionen und ihre beiden Kirchen nur durch diejenige bauliche Semantik auf einer Weltausstellung präsentieren durften, die über Jahrhunderte symbolische Zeichenfunktion wahrgenommen hatte.“[103] Klar war allerdings auch, daß es kein Kirchenbau im traditionellen Sinne werden sollte. Aber er sollte auch klaren Sakralcharakter besitzen.

Es entstand so eine Kirche mit Elementen der klassischen Kloster- und Tempelarchitektur: Kreuzgang und Innenhof, Sakralraum und Krypta. Außerdem besitzt sie ein Wegekreuz, das weithin sichtbare Zeichen der Kirche. Wichtig für die Gesamtkonzeption ist noch, daß die Kirche das EXPO-Motto „Mensch-Natur-Technik“ im Kreuzgang auf zweierlei Weise einsetzte: Zum einen in den Fenstern des Kreuzgangs, die mit Materialien aus Natur und Technik bestückt wurden, zum anderen in den Seitenkapellen, die mit elementaren Dingen des christlichen Glaubens wie Kerzen, Gewänder oder Musik ausgestattet waren.

Eine gelungene Beschreibung der Architektur bietet die Internetseite der EXPO-Kirche:

„Der Bau ist strukturell einfach und beschränkt sich auf wenige Materialien. Durch diese Klarheit zieht die EXPO-Kirche die Besucher in eine Atmosphäre, die sie nur hier finden werden: Weite, Ruhe und Konzentration auf das Wesentliche. Tageslicht, das von allen Seiten durch die transparenten Wände dringt, erzeugt eine einzigartige Stimmung.“[104]

Zum Sakralraum als den Raum, in dem die Stundengebete stattfanden läßt sich noch festhalten, daß dieser nur sehr sparsam möbliert war. Es standen dort nur ein Altar, ein Ambo und Sitze für die Liturgen und die Teilnehmer. Dazu war hinter dem Altar ein Kreuz mit einem Christustorso angebracht.

In dieser Kirche, dem Christus-Pavillon fanden also die Veranstaltungen der beiden großen christlichen Kirchen statt: Dort wurden Gottesdienste gefeiert, Stundengebete gehalten, Abendveranstaltungen wie Diskussionen oder Konzerte durchgeführt. Diese Arbeit konzentriert sich auf eine dieser Veranstaltungen, die Stundengebete.

4.3.2 Form und Ablauf des EXPO-Stundengebets

Die Stundengebete wurden stündlich von 10.00 bis 18.00 Uhr gefeiert und dauerten ungefähr zehn Minuten.[105] Gründe für diesen zeitlichen Rahmen waren folgende: Die Pavillons waren an die Öffnungszeiten der Weltausstellung von 9.30 bis 21.30 Uhr gebunden. Daher begann jeder Tag im Christus-Pavillon schon vor der Öffnung um 9.15 Uhr mit einem Morgengebet für die Mitarbeiter, in welchem das Öffnen der Tore integriert war. Zudem endete jeder Tag wieder mit einem abendlichen Gebet für die Mitarbeiter. Das letzte Stundengebet begann um 18.00 Uhr, damit für die abendliche Veranstaltung genug Zeit blieb.

Da die Stundengebete über den ganzen Tag gefeiert wurden, mußten sie so konzipiert werden, daß sie zu jeder Tageszeit gebetet werden konnten. Zudem galt es, die Zielgruppe zu beachten: Es mußte gleichermaßen für geübte und ungeübte Beter gestaltet sein, da neben gezielten Besuchern auch viele zufällig vorbeikommen, da der Christus-Pavillon am zentralen Platz, der „EXPO-Plaza“, gelegen war.

Der Ablauf des Stundengebets war somit von einigen Vorgaben bestimmt und daher klar strukturiert und einfach gehalten. Das Stundengebet bestand aus folgenden Elementen:

- Beginn
- Begrüßung und Einladung
- Psalm 8
- Schriftlesung mit Auslegung
- responsoriale Musik
- Vaterunser
- Segen

In dieser Arbeit folgt nun, wie bei der Betrachtung der Vesper im dritten Kapitel und des Stadtgebets im ersten Teil dieses Kapitels, eine genauere Betrachtung des EXPO-Stundengebets.

Das Stundengebet begann mit einem Glockenschlag als Zeichen. Durch den Einzug der beiden Gottesdienstleiter, der sogenannten „Liturgen“, in ihren jeweiligen konfessionellen Gewändern und mit brennenden Kerzen wurde für die Besucher klar, daß nun ein Gottesdienst beginnt. Sie wurden durch die Liturgen eingeladen, sich zehn Minuten Zeit zu nehmen und am nun folgenden Stundengebet teilzunehmen. Diese explizite Einladung mit Zeitvorgabe hatte den Zweck, die Bereitschaft, am Gebet teilzunehmen, zu fördern. Die Begrüßung und Einladung war, ebenso wie alle anderen Elemente in den Sprachen Deutsch und Englisch gesprochen, um die Internationalität der EXPO zu verdeutlichen und um mit allen Menschen gemeinsam feiern zu können.

Anschließend wurde zu einer Hintergrundmusik Ps 8 gesprochen:

Herr, unser Herrscher, wie gewaltig ist dein Name auf der ganzen Erde; über den Himmel breitest du deine Hoheit aus.

Aus dem Mund der Kinder und Säuglinge schaffst du dir Lob, deinen Gegnern zum Trotz; deine Feinde und Widersacher müssen verstummen.

Seh' ich den Himmel, das Werk deiner Finger, Mond und Sterne, die du befestigt:

Was ist der Mensch, daß du an ihn denkst, des Menschen Kind, daß du dich seiner annimmst?

Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, hast ihn mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt.

Du hast ihn als Herrscher eingesetzt über das Werk deiner Hände, hast ihm alles zu Füßen gelegt:

All die Schafe, Ziegen und Rinder und auch die wilden Tiere,

die Vögel des Himmels und die Fische im Meer, alles, was auf den Pfaden der Meere dahinzieht.

Herr, unser Herrscher, wie gewaltig ist dein Name auf der ganzen Erde!

Dieser Psalm wurde ausgewählt, da er die Schöpfung der Welt als Thema hat und somit zum EXPO-Motto „Mensch-Natur-Technik“ paßt. Inhaltlich ist der Psalm ein Hymnus auf den Schöpfergott, in den der Psalmist seine persönlichen Anliegen einbringt. Der Verfasser des Hebräerbriefes interpretiert den Psalm an der Stelle, in der er die Stellung Jesu Christi gegenüber den Engeln Gottes erläutert (Hebr 2,6 ff.), christologisch[106].

Dem Psalm folgt eine kurze Schriftlesung mit einer Auslegung, bei der sich die Liturgen abwechseln.

Das Stundengebet schließt mit dem gemeinsam in der jeweiligen Muttersprache gesprochenen Vaterunser und einem Segen durch die Liturgen ab.

4.3.3 Fazit

Diese Form der Tagzeitenliturgie, wie sie im Christus-Pavillon vorkam, ist für eine Gemeinde insofern von Bedeutung, da sie eine sehr einfache Gestaltung hatte. Sie übernahm aus dem Stundenbuch neben der Struktur auch einzelne Elemente wie den Psalm, die Kurzlesung und das Vaterunser. Dazu kamen noch die Elemente Eröffnung und Segen, die im Stundengebet wie auch in anderen Gottesdiensten vorkommen, so daß es nicht verwundert, daß sie auch im Stundengebet der EXPO vorkamen. Aufgrund dieser wenigen Elemente ergab sich ein Gottesdienst von nur zehn Minuten.

Weiterhin ist positiv zu bemerken, daß die Stundengebete konzipiert waren für die Besucher, die „nur mal so vorbeischauen“. Für diese war der Besuch im Christus-Pavillon vielleicht die erste Kirche, die sie seit Jahren betreten hatten. Hier haben sie etwas erlebt, daß sie vielleicht so nicht erwartet hatten: Eine Kirche, die nicht festhält, mit einem Gottesdienst, der einlädt dazubleiben, und der so gestaltet ist, daß jeder mitfeiern kann, sei er geübter oder ungeübter Beter.

Die einfache Gestaltung der Stundengebete hat noch einen weiteren Vorteil, da sie sich schnell neuen Gegebenheiten anpassen kann. Dies geschah während der EXPO zum Beispiel am Tag des Concorde-Absturzes nahe Paris[107] oder beim Unfall des russischen Atom-U-Boots „Kursk“[108]. Auf solch unvorhergesehene Ereignisse kann man mit einfachen Mitteln, einer passenden Lesung und einer darauf abgestimmten kurzen Homilie, eingehen.

Natürlich darf bei einer Beurteilung der Stundengebete des Christus-Pavillons nicht die ökumenische Ausrichtung vergessen werden. Das Zusammenspiel der beiden christlichen Kirchen hat bei der Vorbereitung sowie während der EXPO selber gut funktioniert. Dies kann man sicherlich zum großen Teil auf die „Unschuld des Raumes“[109] zurückführen, doch ist es auch ein Verdienst der verantwortlichen Planer des Christus-Pavillons. Diese ließen die Verschiedenheit zu, nutzten ihre Dynamik aus und schafften so dieses einzigartige ökumenische Projekt.

All dies erscheint auch für die Gemeinde von Vorteil. Vorausgesetzt ist natürlich, daß sie mit dem Gottesdienst gerade die ansprechen will, die nicht oder nur wenig zu gottesdienstlichen Angeboten kommen. Bei diesem Punkt ist gerade die Länge des EXPO-Stundengebets von Bedeutung: Es dauerte nur zehn Minuten. Hier liegt ein klarer Vorteil gegenüber den meisten anderen gottesdienstlichen Formen, die dem in der heutigen Zeit lebenden Menschen oftmals zu lang und deshalb zu langweilig vorkommt.

4.4 Weitere ‚neue’ Formen der Tagzeitenliturgie

4.4.1 Vesper mit Gebet für Kinder

Eine neue Form der Tagzeitenliturgie habe ich in der Pfarrgemeinde Heilig Geist in Bielefeld kennengelernt. Dort gibt es seit Sommer 2000 jeden Dienstag eine „Vesper mit Gebet für die Kinder“. Vorher gab es schon seit ungefähr zehn Jahren jeden Dienstag ein Gebet von Eltern für ihre Kinder, welches aus einer Gruppe von Erstkommunionkatecheten entstanden ist. Dieses Gebet konnte allerdings aus Mangel an Teilnehmern nicht mehr stattfinden. Daher beriet man sich im Liturgieausschuß, um diese Gebetsform zu neu zu gestalten.

Entstanden ist eine Vesper, die alle Elemente der „normalen“ Vesper enthält. Zuzüglich dieser Elemente gibt es noch einen Lichtritus mit Gebet am Anfang der Vesper, statt des zweiten Psalm eine Litanei und einen Weihrauchritus zu den Fürbitten. Das Element des Gebets für die Kinder ist in den Fürbitten enthalten. Diese sind speziell für Kinder und Jugendliche formuliert, wie zum Beispiel folgende Fürbitten:

Zum Herrn Jesus Christus, der zur Rechten des Vaters sitzt und dennoch mitten unter uns ist, beten wir voll Vertrauen:

- Wir bitten für alle Kinder um eine glückliche Jugend, daß ihnen nichts Böses zustößt, daß sie nicht verbildet werden und daß sie Menschen finden, die mit ihnen gehen.
- Wir bitten für alle Kinder, um die sich Keiner kümmert, die auf der Straße das suchen, was sie zu Hause vermissen.
- Für alle Jugendlichen, daß sie ihre Fähigkeiten entfalten und einsetzen können, daß sie Freude daran haben zum Wohle aller.
- Für alle jungen Menschen, die zweifeln, ob ihr Leben Sinn hat, die im Dunkeln tappen und keinen Grund mehr unter den Füßen fühlen
- Wir bitten für alle Eltern, denen die Erziehung ihrer Kinder über den Kopf gewachsen ist.
- freie Fürbitten

Vater im Himmel, höre unser Gebet in der Not unserer Tage und laß alle Menschen in Sicherheit und Frieden leben, durch deinen Sohn, unsern Herrn und Heiland Jesus Christus, der mit dir lebt und herrscht in Ewigkeit. Amen.[110]

Die Vorbereitung und Leitung dieser Vesper liegt in den Händen von Laien, die als „Gottesdiensthelfer“ für die Leitung von Wortgottesdiensten ausgebildet sind. Die Hauptamtlichen der Gemeinde begleiten diesen Kreis von Gottesdiensthelfern.

Die Vesper mit Gebet für Kinder ist mittlerweile in der Gemeinde als Gottesdienst angenommen. Jede Woche sind es ungefähr fünfzehn bis zwanzig Teilnehmer, die durch Werbung im Gemeindebrief, aber auch durch gezieltes Ansprechen darauf aufmerksam wurden. Zunehmend wird es ein Gottesdienst der ganzen Gemeinde, da neben der Leitung und dem Organisten seit diesem Sommer auch Meßdiener eingesetzt werden.

4.4.2 Eine Form der Sonntagsvesper

Die nun vorgestellte Form der Sonntagsvesper wird schon seit 1986 in der Pfarrei St. Martini in Münster durchgeführt[111]. Ich möchte sie deshalb aufführen, da sie, obwohl an der Vesper des Stundenbuchs orientiert, einen interessanten Aspekt für die Gestaltung der Lesung beinhaltet.

Diese Vesper wird inhaltlich von einer der Lesungen des Sonntags bestimmt. Eine Lesung wird hier entweder bei Benutzung in der Messe noch einmal oder auch zum ersten Mal gehört und kurz ausgelegt. Hier wurde, wie ich finde, eine gute Möglichkeit für die Lesung in der Vesper gefunden. Nebenbei hat es den Effekt, daß das „Problem“ der drei Lesungen in der Messe entfällt und der jeweilige Prediger sich in der Messe auf die erste Lesung und das Evangelium und in der Vesper dann auf die zweite Lesungkonzentrieren kann.

Auch in dieser Gemeinde wurde auf den Symbolgehalt des Gottesdienstes geachtet: Die Vesper wird der Zeit gemäß gestaltet: In der Osterzeit wird sie als eine Taufvesper mit Prozession zum Taufbrunnen und Tauferneuerung gestaltet, in der winterlichen Zeit wird ein Lucernarium eingefügt.

Vorbereitet wird dieser Gottesdienst von verschiedenen Gruppen der Gemeinde: Schwesternkonvente, Kantorenkreise oder Kirchenmusiker. Die Leitung übernimmt ein Priester. Die Zahl der Teilnehmer an dieser Vesper läßt sich auch heute noch mit 25 bis 100, je nach Jahreszeit schwankend, feststellen.

4.4.3 „Aus der Not eine Tugend gemacht “

Diese im folgenden vorgestellte Form der Vesper ist einem Artikel der Zeitschrift „Gottesdienst“ entnommen.[112] Ich möchte einzelne Aspekte dieses Artikels in diese Arbeit aufnehmen, da die Entstehungsgeschichte für diesen sogenannten „Vespergottesdienst“ erwähnenswert ist. Wie die Überschrift schon sagt, ist dieser Vespergottesdienst „aus der Not geboren“: Er war nicht von langer Hand geplant, sondern durch den Tod eines Priesters notwendig geworden.

Der Priester hatte vor seinem Tod in der Pfarrgemeinde St. Barbara, Rothenburg/ Schweiz, jeden Dienstag die Messe gefeiert. Nach dessen Tod stellte sich im Team die Frage, ob der Gottesdienst ersatzlos gestrichen oder durch eine andere Form ersetzt werden sollte. Man entschied sich für den Erhalt des Gottesdienstes und für die Tagzeitenliturgie als Form, da diese Form auch ohne priesterlichen Leiter stattfinden kann.

Vorbereitet und geleitet wird dieser Vespergottesdienst von Pastoralreferenten der Gemeinde, aber auch von Ehrenamtlichen. Zum Ablauf läßt sich kurz festhalten, daß auch dieser Gottesdienst auf Symbole bei der Eröffnung zurückgreift: Lucernarium in der Advents- und Weihnachtszeit, Taufgedächtnis während der Osterzeit, Weihrauchritus in der Zeit des Jahreskreises.

4.5 Ergebnis

Dieses Kapitel über neue Formen der Tagzeitenliturgie hat ergeben, daß trotz der grundlegenden Probleme, die das dritte Kapitel für die Tagzeitenliturgie in der Gemeinde herausgestellt hat, diese in Gemeinden praktiziert wird. Allerdings sind diese Gottesdienste neu entstanden und für die jeweilige Gemeinde entwickelt worden.

Diese neuen Formen basieren nur zum Teil auf den Tagzeiten, wie sie das Stundenbuch vorstellt, da diese zu sehr in der monastischen Tradition geblieben ist. Alle hier dargestellten Gebetsformen benutzen Elemente zur Gestaltung, die das Stundenbuch nicht kennt: Das Stadtgebet aus Schwerte ist mit Lichtritus und Weihrauchritus gestaltet, das EXPO-Stundengebet beginnt mit einem Einzug der Liturgen mit Kerzen, die Vesper mit Gebet für Kinder aus Bielefeld benutzt ebenfalls einen Lichtritus am Anfang und einen Weihrauchritus zu den Fürbitten, die anderen beiden Vesperformen in St. Martini, Münster, und St. Barbara, Rothenburg/ Schweiz, sind der Jahreszeit und dem Kirchenjahr entsprechend mit verschiedenen Symbolen gestaltet.

Somit ist festzuhalten, daß ein angemessener Symbolgehalt für eine Tagzeitenliturgie in der Gemeinde von Wichtigkeit ist. Eine Revision des Stundenbuches hinsichtlich dieser für die gemeindliche Feier so wichtigen symbolischen Elemente ist pastoralliturgisch notwendig und sinnvoll.

5. Die Zukunft der Tagzeitenliturgie – Anregungen für die Gemeinde

Das fünfte Kapitel behandelt die Zukunft der Tagzeitenliturgie in der Gemeinde. Es will Anregungen für die Einrichtung der Tagzeitenliturgie in der Gemeinde in Form eines Kriterienkatalogs mit kurzen Statements und Erläuterungen geben. Dieser Kriterienkatalog erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern will einige wichtige Aspekte hervorheben, die bei der Einrichtung von Tagzeitenliturgie in der Gemeinde bedacht werden müssen.

1. Jede Gemeinde hat ihr eigenes gottesdienstliches Programm.

Dieses gottesdienstliche Programm muß entsprechend den Vorgaben des Kirchenjahres entworfen werden. Ein von außen aufgesetztes Programm nützt weder der Gemeinde noch sonst jemandem etwas. Hier ist die Gemeinde gefragt, aus den vorgegebenen Materialien wie Meßbuch für die Eucharistiefeier oder Stundenbuch für die Tagzeitenliturgie ihre eigenen Gottesdienste zu entwickeln.

2. Tagzeitenliturgie geht von den vorhandenen Büchern aus.

Bei der Einrichtung der Tagzeitenliturgie in der Gemeinde greift man als erstes auf die offiziellen Bücher zurück. Doch ist das derzeitige offizielle Stundenbuch, wie schon festgestellt wurde, für eine Gemeinde nicht oder nur bedingt brauchbar. Hier gilt es, aus den Materialien wie Stundenbuch, Gottes- lob und anderen Hilfen zur gemeindlichen Feier[113] einen Ablauf für die Tagzeitenliturgie speziell für die jeweilige Gemeinde zu finden. Dieser kann dann in einem eigenen Buch der jeweiligen Gemeinde zusammengefaßt werden.

3. Tagzeitenliturgie ist „Vorschule des Betens“.

Tagzeitenliturgie kann zu einer „Vorschule des Betens“[114] für den ungeübten Beter werden. Mit dieser Gottesdienstform, die nicht so symbolhaft wie die Meßfeier ist, wird auch der nichtgeübte Beter angesprochen. Hier finden sie eine Gebetsform, der sie sich anschließen können: Anschließen an das Beten unzähliger Menschen in Gegenwart und in Vergangenheit in der Tagzeitenliturgie selbst, aber auch in ihren Elementen. Gerade dieser Aspekt der Tagzeitenliturgie macht sie zur Gottesdienstform der Zukunft. Hier muß somit auf einen behutsamen und verständlichen Einsatz von Symbolen und einen einfachen Aufbau des Gottesdienstes geachtet werden, damit Tagzeitenliturgie eine „Vorschule des Betens“ werden kann. Gerade in der Tagzeitenliturgie öffnet sich für diese Menschen ein neuer Horizont.

4. Tagzeitenliturgie bietet die Chance der ökumenischen Zusammenarbeit.

Bei der Einrichtung gemeindlicher Tagzeitenliturgie bietet sich von vornherein die Zusammenarbeit über konfessionelle oder vielleicht sogar religiöse Grenzen hinweg an. Gerade wegen ihres hohen Wortanteils kann Tagzeitenliturgie ohne Probleme mit evangelischen Christen gefeiert werden. Aber auch mit jüdischen Gläubigen ist schnell eine Gemeinsamkeit im Beten der Psalmen gefunden.

5. Tagzeitenliturgie muß von der Gemeinde mitgetragen werden.

Doch alles Planen für die Gemeinde bleibt sinnlos, wenn man innerhalb der Gemeinde keine Teilnehmer für die Tagzeitenliturgie begeistern kann. Dies kann über schon bestehende Gruppen geschehen: Zum Beispiel mit den Senioren, die ihren Nachmittag statt mit einer Messe mit einer Hore der Stundenliturgie beginnen, oder mit dem Pfarrgemeinderat, der die Arbeit auf einer Klausurtagung mit der Laudes beginnt. Eine andere Möglichkeit ist die der Schaffung einer Gebetsgemeinschaft, wie sie in Schwerte gut funktioniert. Doch nicht nur die Gemeindemitglieder als Träger sind hier von Interesse, auch die Hauptamtlichen gilt es davon zu überzeugen, Tagzeitenliturgie als eine Form des gemeindlichen Gottesdienstes anzusehen und zu befürworten. An dieser Stelle fällt mir die auf Dekanatskonferenzen gefeierte „Vesper“ um 15.00 Uhr ein. Hieran zeigt sich, daß selbst auf Seiten der Hauptamtlichen noch viel für das Bewußtsein sinnvoller Tagzeitenliturgie getan werden muß. Erst wenn dies geschehen ist, können die Hauptamtlichen sich daran machen, Tagzeitenliturgie mit der Gemeinde zu feiern.

6. Tagzeitenliturgie muß von ehrenamtlichen Laien geleitet werden.

Bei der Einrichtung einer gemeindlichen Tagzeitenliturgie sollten ehrenamtliche Laien die Leitung übernehmen. Die Beispiele aus dem vierten Kapitel zeigen, daß dies gut funktioniert. Die hauptamtlich in der Gemeinde Tätigen sollten sich „nur“ auf die Begleitung der Gottesdienstleiter beschränken.

7. Tagzeitenliturgie braucht eine klare Struktur.

Dieser Aspekt ist vor allem für Innenstadtkirchen von Wichtigkeit, aber für ländliche Gemeinden sollte er nicht gänzlich außer Acht gelassen werden: Tagzeitenliturgie kann den in der heutigen Zeit lebenden Menschen im Streß des Alltags Ruhepole geben. Er kann so seinen Tag und seine Arbeit heiligen. So ein Gottesdienst kann aber nur eine wirkliche Alternative zur Mittagspause sein, wenn diese einen gut durchdachten Aufbau und eine Dynamik hat und nicht „abgehetzt“ wirkt.

8. Tagzeitenliturgie muß in einem angemessenen Raum gefeiert werden.

Die Frage nach dem Raum wird sich wohl in jeder Gemeinde stellen, da die Kirche in den meisten Fällen zu groß sein wird. Es muß daher ein anderer Raum gefunden werden: Z. B. der Chorraum, eine Seitenkapelle oder auch eine Nische, die für kleine Gottesdienste genutzt werden kann. Diese Räumlichkeit sollte der Größe der Teilnehmerzahl aber auch der Feierlichkeit des Gottesdienstes angepaßt sein.

9. Tagzeitenliturgie muß auf den Einsatz von Symbolen zurückgreifen.

Diese Arbeit hat ergeben, daß Tagzeitenliturgie mit der Gemeinde nur dann sinnvoll gefeiert werden kann, wenn sie Elemente und Symbole wie Licht-, Weihrauch- und Wasserritus aufnimmt, die in der offiziellen Stundenliturgie der römischen Kirche nicht vorhanden sind. Hier ist also eine deutliche Vorgabe für eine zukünftige Tagzeitenliturgie zu suchen: Sie muß Symbole und Riten in ihren Ablauf aufnehmen, da sie für den ungeübten Beter als Verstehenshilfe und für den geübten Beter, der die eucharistischen Symbole Brot und Wein aus der Meßfeier kennt, als „Ersatz“ für die Symbole der Messe dienen.

10. Tagzeitenliturgie heißt nicht „Psalmen-Singen“.

Ein bedeutender Aspekt ist, daß Tagzeitenliturgie nicht ein bloßes „Psalmen-Singen“ ist. Für die gemeindliche Feier sollten hier statt der Psalmen bekannte Lieder des Gotteslobes ausgewählt werden, die auf Psalmen basieren. Hier ist zum Beispiel das Lied „Wer unterm Schutz des Höchsten steht“ (GL 291) zu nennen, welches auf Ps 91 basiert, oder „Nun singt ein neues Lied dem Herren“ (GL 262), welches auf Ps 98 basiert.[115] Allerdings sollte die Möglichkeit des Singens von Psalmen nicht von vornherein ausgeschlossen werden, da die Psalmen von ihrem Ursprung her Lieder sind. Das Singen von Psalmen gestaltet sich aber oft in der Gemeinde als Schwierigkeit, da es kaum praktiziert wird. Hier ist ein Einüben des Psalmengesangs in den Tagzeiten wichtig, aber ebenso wichtig sind begleitende Maßnahmen in anderen Gottesdiensten[116].

6. Schlusswort

In diesem Schlußwort sollen noch einmal die wichtigsten Ergebnisse der einzelnen Kapitel in konzentrierter Form aufgeführt werden.

Im zweiten Kapitel „Die Entwicklung der Tagzeitenliturgie“ wurde festgestellt, daß Tagzeitenliturgie in der alten Kirche eine gemeindliche Liturgie war. Diese bestand aus den täglichen Morgen- und Abendgottesdiensten. Erst später entfaltete sich daraus die monastische Form der Tagzeitenliturgie, welche sich im Laufe der Jahrhunderte mehr und mehr zu einer Liturgie speziell für die Kleriker entwickelte. Für die Gemeinde ergab sich parallel dazu die tägliche Messe am Morgen und die Andacht am Abend.

Die Form der Tagzeitenliturgie im Brevier hatte bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil bestand. Die Reform des Stundengebets innerhalb der Liturgiereform wollte dieses wieder zu einer gemeindlichen Feier machen. Dies wurde in den offiziellen Texten, vor allem in der AES, zwar gefordert, doch blieb die Stundenliturgie insgesamt mit seiner nüchternen und komplizierten Form in der monastischen Tradition. Für die Feier in der Gemeinde brachte es keine oder nur wenig Veränderungen, wie das Ergebnis des dritten Kapitels zeigt. Am Ende des Kapitels wurden außerdem Forderungen an eine künftige Reform der Tagzeitenliturgie gestellt.

Im vierten Kapitel wurden neue Formen der Tagzeitenliturgie betrachtet. Es hat ergeben, daß trotz des Verbleibens in der wenig gemeindegerechten monastischen Tradition die Tagzeitenliturgie in Gemeinden gefeiert wird. Dies geschieht in den genannten Fällen immer in besonders gestalteten Formen, die zwar auf der Tagzeitenliturgie des Stundenbuches aufbauen, dazu aber durch weitere Elemente wie Symbolen und Riten ergänzt sind. Diese Ergänzung erscheint unter Berücksichtung der Ergebnisse des dritten Kapitels sinnvoll, um den Symbolgehalt der nüchternen Form des Stundenbuches zu erhöhen. Eine Revision des Stundenbuches für die Gemeinde unter Schaffung eines zweiten Buches für den Einzelbeter ist somit aus pastoralliturgischer Sicht notwendig.

Das fünfte Kapitel zur Zukunft der Tagzeitenliturgie hat mit den Ergebnissen der anderen Kapitel einen Kriterienkatalog zur Einrichtung der Tagzeitenliturgie in der Gemeinde entwickelt.

An dieser Stelle der Arbeit möchte ich kurz etwas persönliches anführen: Ich selbst habe durch die Beschäftigung mit der Tagzeitenliturgie während der Erstellung dieser Arbeit diese, vor allem das morgendliche Lob in Form der Laudes, wiederentdeckt. Erst jetzt kann ich wirklich etwas mit dieser Gottesdienstform anfangen und bete vor der Arbeit – zwar nicht täglich – die Laudes. Dies ist für mich eines der wichtigsten Ergebnisse dieser Arbeit und bestätigt mich in folgender Aussage:

Nur durch die Wiedereinführung der Tagzeitenliturgie in den Gemeinden wird auch in Zukunft gesagt:

„Verkündet sein Heil von Tag zu Tag“ (Ps 96,2).

Ich versichere, daß ich die vorliegende Arbeit selbstständig angefertigt habe und außer den angegebenen keine weiteren Hilfsmittel benutzt habe.

Paderborn, 22. Oktober 2001

Quellen- und Literaturverzeichnis

In den Fußnoten werden Quellen und Sekundärliteratur mit Verfassernamen, Kurztitel und Seitenangabe zitiert.

1. Quellen

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Käßmann, Margot/ Homeyer, Josef, Geleitwort, in: Evangelisches Büro für die Weltausstellung EXPO 2000 u. a. (Hg.), Der EXPO eine Seele geben – 153 Tage Christus-Pavillon, Hannover 2000

Kaczynski, Reiner, Schwerpunkte der Allgemeinen Einführung in das Stundengebet, in: Liturgisches Jahrbuch 27 (1977), S. 65 – 91

Klöckener, Martin, Eine Liturgie der Tagzeiten. Wünsche zur Ergänzung des Stundenbuch, in: Gottesdienst 26 (1992) S. 137 – 139 (zitiert: Klöckener, Wünsche)

Klöckener, Martin, Im Wandel der Generationen. Vom Beten in der Freiheit des Geistes zum individualisierten Pensum, in: Ringseisen, Paul, Morgen- und Abendlob mit der Gemeinde. Geistliche Erschließung, Erfahrung und Modelle, Freiburg 1994, S. 98 – 122

Klöckener, Martin/ Rennings, Heinrich (Hg.), Lebendiges Stundengebet. Vertiefung und Hilfe. FS Lucas Brinkhoff, Freiburg 1989

Kohlschein, Franz, Den täglichen Gottesdienst der Gemeinden retten. Ein Plädoyer für die Tagzeitenliturgie in den Pfarrkirchen, Liturgisches Jahrbuch 34 (1984), S. 195 – 234

Lexikon für Theologie und Kirche, 3. völlig neu bearbeitete Auflage, Freiburg u. a. 1993 ff., verschiedene Artikel

Löhr, Ameliana, Abend und Morgen – Ein Tag. Die Hymnen der Herrentage und Wochentage im Stundengebet, Regensburg 1955

Maas-Ewerd, Theodor (Hg.), Lebt unser Gottesdienst. Die bleibende Aufgabe der Liturgiereform, Freiburg 1988

Merz, Michael B., Gebetsformen der Liturgie, in: Berger, Rupert u. a., Gestalt des Gottesdienstes. Sprachliche und nichtsprachliche Ausdrucksformen (GdK 3), Regensburg 1987, S. 110 ff.

Morgenlob – Abendlob. Mit der Gemeinde feiern, Band 1 – 2, hg. vom Amt für Kirchenmusik im Ordinariat des Erzbistums München-Freising u. a., Planegg 2000

Rahner, Karl/ Vorgrimler, Herbert, Kleines Konzilskompendium, Freiburg 261996 (CD-Rom-Version)

Rau, Stefan, Jeden Sonntag Vesper. Erfahrungsbericht aus der Martini-Gemeinde in Münster, in: Gottesdienst 22 (1988), S. 91

Rau, Stefan, Taufvesper am Ostersonntag. Vorschlag nach einem erneuerten Eigenritus des Bistums Münster, in: Gottesdienst 23 (1989), S. 30

Richter, Klemens, Die Reform des Stundengebets nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, in: Klöckener, Martin/ Rennings, Heinrich (Hg.), Lebendiges Stundengebet. Vertiefung und Hilfe, FS Lucas Brinkhoff, S. 48 – 69

Riepe, Hans-Heinz, Stadtgebet. Ermutigung zu einer neuen Gebetsform, Limburg 1998

Ringseisen, Paul, Morgen- und Abendlob mit der Gemeinde. Geistliche Erschließung, Erfahrung und Modelle, Freiburg 1994

Schneider, Franz, Die Lobgesänge aus dem Evangelium. „Benedictus“ – „Magnificat“ – „Nunc Dimittis“, in: Klöckener, Martin/ Rennings, Heinrich (Hg.), Lebendiges Stundengebet. Vertiefung und Hilfe, FS Lucas Brinkhoff, S. 252 – 266

Schnitzler, Theodor, Was das Stundengebet bedeutet. Hilfe zum geistlichen Neubeginn, Freiburg 1980

Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Beten mit der Kirche. Hilfen zum neuen Stundengebet, Regensburg 21985

Seybold, Klaus, Die Psalmen, in: Handbuch zum Alten Testament, hg. von Köckert, Matthias/ Smend, Rudolf, Bd. 15, Tübingen 1996

Stadtgebetbuch, unveröffentlichtes Gebet- und Gesangbuch für das Stadtgebet der Schwerter Gemeinden, Schwerte o. J.

Vesper mit Gebet für Kinder, unveröffentlichtes Gebet- und Gesangbuch der Heilig-Geist-Gemeinde Bielefeld, Gemeindebuch und Leitungsbuch, Bielefeld o. J.

Weyers, Heinrich, Stundengebet als Gemeindeliturgie. Das Zeugnis der Diözesangesangbücher und des „Gotteslob“, Trier 1994

Zeilinger, Franz, Zum Lobpreis seiner Herrlichkeit. Exegetische Erschließung der Neutestamentlichen Cantica im Stundenbuch, Freiburg 1988

[...]


[1] Vgl.: Kapitel 2 „Die heutige Form der Tagzeitenliturgie“.

[2] Für die „Liturgia Horarum“ gibt es in der Literatur verschiedene Ausdrücke, die teilweise im gleichen Sinn verwandt werden. Ich benutze im Verlauf der Arbeit die folgenden Begriffe: „Tagzeitenliturgie“, wenn es sich um die Erschließung dieser Gottesdienstform für die Gemeinde handelt; „Stundenliturgie“, wenn es sich um die Tagzeitenliturgie des Stundenbuches handelt; „Stundengebet“, wenn es sich um Aussagen der und über die AES handelt, aber auch im Kapitel über das EXPO-Stundengebet, da es diese Bezeichnung trägt.– Vgl. zu dieser Problematik: Kohlschein, Franz, Den täglichen Gottesdienst der Gemeinden retten. Ein Plädoyer für die Tagzeitenliturgie in den Pfarrkirchen, Liturgisches Jahrbuch 34 (1984), S. 209, Anm. 44.

[3] Einen detaillierten Überblick kann die Arbeit an dieser Stelle nicht leisten. Es bietet sich dazu Gerhards, Albert, „Benedicam Dominum in omni tempore“. Geschichtlicher Überblick zum Stundengebet, in: Klöckener, Martin/ Rennings, Heinrich, Lebendiges Stundengebet. Vertiefung und Hilfe, FS Lucas Brinkhoff, Freiburg 1989, S. 3 – 32 an.

[4] Gerhards, Überblick, S. 6.

[5] Ebd. S. 7.

[6] Für weitere Stellen der Evangelien, in denen das öffentliche Wirken Jesu in direktem Zusammenhang mit seinem Gebet stehen, vgl.: AES 4.

[7] Der antike Tag beginnt um 6.00 Uhr. Die dritte Stunde ist somit um 9.00 Uhr, die sechste um 12.00 Uhr, die neunte um 15.00 Uhr. – Vgl. hierzu: Kapitel 3.2.5 Das Stundengebet als Heiligung des Tages.

[8] Zu diesem Abschnitt vgl.: Schnitzler, Theodor, Was das Stundengebet bedeutet. Hilfe zum geistlichen Neubeginn, Freiburg 1980, S. 26 f.

[9] Vgl. zu Leben und Werk des Tertullian: Seeliger, Hans-Reinhard, Art. Tertullian(us), LThK3 9, Freiburg 1993 ff., Sp. 1344.

[10] Vgl. zu Leben und Werk des Hippolyt: Scholten, Clemens, Art. Hippolyt, LThK3 5, Sp. 147. – Die Wissenschaftler sind sich uneinig, ob die Schrift wirklich von Hippolyt stammt. Ich kann dieser Frage an dieser Stelle nicht nachgehen und benutze „Hippolyt“ als Bezeichnung für den Autoren. Vgl. zu diesem Problem: Geerlings, Wilhelm, Tradito Apostolica. Apostolische Überlieferung, in: Schöllgen, Georg/ Geerlings, Wilhelm, Zwölf-Apostel-Lehre. Apostolische Überlieferung, Fontes Christiani Bd. 1, Freiburg 1991, S 143 – 313.

[11] Schnitzler, Stundengebet, S. 41.

[12] Gerhards, Überblick, S. 9.

[13] Klöckener, Martin, Im Wandel der Generationen. Vom Beten in der Freiheit des Geistes zum individualisierten Pensum, in: Ringseisen, Paul, Morgen- und Abendlob mit der Gemeinde. Geistliche Erschließung, Erfahrung und Modelle, Freiburg 1994, S 98 – 122, hier: S. 100.

[14] Vgl.: Gerhards, Überblick S. 10 f.

[15] Vgl.: Klöckener, Wandel, S. 101.

[16] Vgl.: Gerhards, Überblick, S. 16.

[17] „Offizium“ ist lateinischen Ursprungs und bedeutet eigentlich „Aufgabe“. Diese Bezeichnung für die Stundenliturgie ist schon ein deutliches Zeichen dafür, daß diese sich im Laufe der Zeit immer mehr zu einem Gebet, einer Aufgabe eigens für den Klerus entwickelte.

[18] Gerhards, Überblick, S. 17.

[19] Die Magisterregel oder lateinisch „regula magistri“ aus dem 6. Jhdt. ist die umfangreichste lateinische Mönchsregel eines unbekannten Verfassers. Vgl.: Frank, Karl Suso, Art. regula magistri, LThK3 8, Sp. 977.

[20] Gerhards, Überblick, S. 23.

[21] Das Wort „Brevier“ leitet sich aus dem lateinischen „breviarium“ (Auszug, kurze Übersicht) ab. Für eine Übersicht über die Entwicklung der Hilfsmittel und Bücher für die Stundenliturgie empfiehlt sich der Aufsatz von Klöckener, Im Wandel der Generationen, in: Ringseisen, Morgen- und Abendlob, S. 98 – 122.

[22] Vgl.: Gerhards, Überblick, S. 24.

[23] Vgl.: Kohlschein, Gottesdienst, S. 207.

[24] Eine Beschreibung der Mattins (Laudes) und Evensongs (Vesper) der anglikanischen Kirche würde an dieser Stelle zu weit vom Ziel der Arbeit weg führen. Es bietet sich hierzu der Aufsatz von Cuiver, George, Das Stundengebet der anglikanischen Kirche, in Klöckener/ Rennings, Lebendiges Stundengebet, S.108 – 120 an.

[25] Schema des Breviarum Romanum aus: Schenk, Johannes (Hg.), Deutsches Brevier. Vollständige Übersetzung des Stundengebets der römischen Kirche, Regensburg 21939.

[26] Kohlschein, Gottesdienst, S. 204.

[27] Katechismus des Kardinal Bellarmin. Vgl.: Kohlschein, Gottesdienst, S. 205.

[28] Rahner, Karl/ Vorgrimler, Herbert, Kleines Konzilskompendium, Frei- burg 261996 (CD-Rom-Version), S. 41.

[29] Ebd. S. 46.

[30] Näheres dazu im folgenden 3. Kapitel „Die heutige Form der Tagzeitenliturgie“.

[31] Zum genauen Verlauf der Arbeit dieses Rates (lat.: Consilium ad exsequendam Constititonem de sacra Liturgia, [im folgendem „Consilium“ genannt]) zur Stundenliturgie vgl.: Bugnini, Annibale, Die Liturgiereform 1948 – 1975. Zeugnis und Testament. Deutsche Ausgabe hg. v. Johannes Wagner unter Mitarbeit von François Raas, Freiburg 1988, S. 523 – 610.

[32] Vgl.: Laudis Canticum, Apostolische Konstitution zur amtlichen Einführung des gemäß Beschluß des II. Vatikanischen Konzils erneuerten Stundengebets, in: Deutsches Liturgisches Institut (Hg.), Tagzeitenliturgie der Zukunft. Allgemeine Einführung in das Stundengebet, Trier 1999, S. 21 – 28, hier: S. 27.

[33] Vgl.: Richter, Klemens, Die Reform des Stundengebets nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, in : Klöckener/ Rennings (Hg.), Lebendiges Stundengebet, S. 48 – 69, hier: S. 58. Richter zitiert an dieser Stelle aus folgendem Werk: Lengeling, Emil Joseph, Dialog zwischen Gott und Mensch in der „Liturgia Horarum“, in: Jounel, Pierre u. a. (Hg.), Liturgia opera divina e umana. Studi sulla riforma liturgica, FS Annibale Bugnini, Roma 1982, S. 533 – 577, hier: S. 533.

[34] Z. B.: im Englischen: The Liturgy of Hours; im Französischen: La Liturgie des Heures; im Italienischen: Liturgia delle Oro; im Spanischen: Liturgia de las Horas.

[35] Vgl. zu diesem Problem: Anm. 2.

[36] Vgl.: AES 22.

[37] Das Zweite Vatikanische Konzil verwendet für das Wesen der Kirche neben dem Begriff „Comunio/ Gemeinschaft“ auch „Volk Gottes“.

[38] Die AES verwendet hier SC 41.

[39] Vgl.: Weyers, Heinrich, Stundengebet als Gemeindeliturgie. Das Zeugnis der Diözesangesangbücher und des „Gotteslob“, Trier 1994, S. 204, Anm. 1456.

[40] Haunerland, Winfried, Theologische Schwerpunkte der „Allgemeinen Einführung in das Stundengebet“, in: Klöckener/ Rennings (Hg.), Lebendiges Stundengebet, S. 123 – 139, hier: S. 127.

[41] Hervorhebungen nicht im Original.

[42] Haunerland, Schwerpunkte, S. 127.

[43] Kohlschein, Gottesdienst, S. 227, Anm. 84.

[44] Vgl.: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Zum gemeinsamen Dienst berufen. Die Leitung gottesdienstlicher Feiern – Rahmenordnung für die Zusammenarbeit von Priestern, Diakonen und Laien im Bereich der Liturgie, (Die deutschen Bischöfe 62), Bonn 1999, Art. 1 – 3.

[45] Vgl.: Bischöfe, Dienst, Art. 20 ff.

[46] Vgl.: AES 84 ff.

[47] Vgl.: AES 74 ff.

[48] Terz: Beginn der Kreuzigung (Mk 15,25) und Herabkunft des Hl. Geistes im Pfingstereignis (Apg 2,15); Sext: Hereinbrechende Finsternis während der Kreuzigung (Mk 15,33) und die Vision des Petrus in Joppe (Apg 10,9); Non: Der Tod Jesu (Mk 15,34) und Heilung des Gelähmten durch Petrus und Johannes (Apg 3,1).

[49] Vgl.: AES 55 ff.

[50] Vgl.: AES 34 ff.

[51] Haunerland, Schwerpunkte, S. 133.

[52] Ebd.

[53] Vgl.: Titel zu dieser Arbeit „Verkündet sein Heil von Tag zu Tag“ (Ps 96,2).

[54] Vgl.: AES 14.

[55] Haunerland, Schwerpunkte, S. 136.

[56] Ebd.

[57] Vgl.: AES 37.

[58] Das Magnificat als Lobgesang Mariens: Lk 1,46 – 56; das Benedictus als Lobgesang des Zacharias: Lk 1,68 – 79.

[59] Das Nunc dimittis als Lobgesang des Simeon: Lk 2,29 – 32.

[60] Vgl. hierzu: Heinz, Andreas, Die marianischen Schlußantiphonen im Stundengebet, in: Klöckener/ Rennings, Lebendiges Stundengebet, S. 342 – 367.

[61] Anhang S. VI ff.

[62] „Berakah“ ist die Ur-Form des jüdisch-christlichen Betens, bestehend aus einem Lobpreis und Bittgebet. Dies kommt heute in vielen Formen vor: Im Hochgebet der Meßfeier, in Orationen etc.

[63] Vgl.: Schnitzler, Stundengebet, S. 131f.

[64] Vgl.: Alphabetisches Hymnenregister mit Quellenangaben, in: Die Feier des Stundengebets. Stundenbuch. Für die katholischen Bistümer des deutschen Sprachgebietes, Hg. im Auftrag der Deutschen und der Berliner Bischofskonferenz u. a., Bd. 3 Im Jahreskreis, Freiburg 1978, S. 1377.

[65] Vgl.: Löhr, Ameliana, Abend und Morgen – Ein Tag. Die Hymnen der Herrentage und Wochentage im Stundengebet, Regensburg 1955, S. 570.

[66] Zum Canticum vgl. nächsten Abschnitt.

[67] Vgl.: AES 123.

[68] Huonder, Vitus, Die Psalmen in der Liturgia Horarum, Freiburg 1991, S. 219. Huonder zitiert hier Schema 212 des Consiliums vom 7. März 1967. Vgl.: Huonder, Psalmen, S. 65 ff.

[69] Vgl.: Seybold, Klaus, Die Psalmen, in: Handbuch zum Alten Testament, hg. von Köckert, Matthias/ Smend, Rudolf, Bd 15, Tübingen 1996, S. 448.

[70] Vgl.: AES 137.

[71] Zeilinger, Franz, Zum Lobpreis seiner Herrlichkeit. Exegetische Erschließung der Neutestamentlichen Cantica im Stundenbuch, Freiburg 1988, S. 235.

[72] Vgl. zum Einsatz von Weihrauch: Fuchs, Guido, Singet Lob und Preis. Stundengebet mit der Gemeinde feiern, Regensburg 1993, S. 57 – 61.

[73] Vgl.: Schneider, Franz, Die Lobgesänge aus dem Evangelium. „Benedictus“ – „Magnificat“ – „Nunc Dimittis“, in: Klöckener, Martin/ Rennings, Heinrich, Lebendiges Stundengebet. Vertiefung und Hilfe, Freiburg 1989, S. 252 – 266, hier: S. 256.

[74] Vgl.: Schnitzler, Stundengebet, S. 150 – Die Gattung ‚Hochgebet’ umfaßt auch andere Gebete wie Segensgebete über dem Wasser der Taufe, über die Neuvermählten u. a. Vgl.: Merz, Michael B., Gebetsformen der Liturgie, in: Berger, Rupert u. a., Gestalt des Gottesdienstes. Sprachliche und nichtsprachliche Ausdrucksformen (GdK 3), Regensburg 1987, S. 110 ff.

[75] Zum Schema vgl.: Schneider, Lobgesänge, S. 260.

[76] Ebd. S. 261.

[77] Eine Untersuchung des Evangeliums ist an dieser Stelle nicht möglich, da es zu weit vom eigentlichen Thema der Arbeit wegführt.

[78] Vgl.: Dillmann, Rainer/ Mora Paz, César, Das Lukas-Evangelium. Ein Kommentar für die Praxis, Stuttgart 2000, S. 38.

[79] Vgl. Anm. 62.

[80] Bugnini, Liturgiereform, S. 588 f. – Die Fürbitten waren schon so nebensächlich, daß sie bei der Vorbereitung der Liturgiereform nicht erwähnt und beim Beginn des Konzils keiner eigenen Gruppe zugeordnet wurden. Erst bei der achten Vollversammlung im April 1967 wurde eine Gruppe gegründet. Vgl. hierzu: Ebd. S. 587 – 591.

[81] Diese Stelle ist in SC die einzige, an der von Schweigen und Stille im Gottesdienst gesprochen wird.

[82] Fuchs, Lob, S. 77.

[83] Vgl.: Rau, Stefan, Taufvesper am Ostersonntag. Vorschlag nach einem erneuerten Eigenritus des Bistums Münster, in: Gottesdienst 23 (1989), S. 30.

[84] Vgl.: Rahner/ Vorgrimler, Konzilskompendium, S. 46.

[85] Vgl.: SC 100.

[86] Vgl.: Ringseisen, Morgen- und Abendlob, S. 129 f.

[87] Vgl.: Klöckener, Wünsche, S. 138.

[88] Vgl.: Ringseisen, Morgen- und Abendlob, S. 133.

[89] Morgenlob – Abendlob. Mit der Gemeinde feiern, Band 1 – 2, hg. vom Amt für Kirchenmusik im Ordinariat des Erzbistums München-Freising u. a., Planegg 2000.

[90] Dieses Unterkapitel 4.2 über das Stadtgebet wurde aus folgendem Buch erarbeitet: Riepe, Hans-Heinz, Stadtgebet. Ermutigung zu einer neuen Gebetsform, Limburg 1998. Aus Gründen der Übersichtlichkeit ist dies im folgendem nur bei Zitaten angegeben.

[91] Riepe, Stadtgebet, S. 10 f.

[92] Der Wortlaut des Beschlusses: „Der Stadtpfarrgemeinderat beschließt in Konkretisierung seines Schwerpunktes ‚Kirche in unserer Stadt’ die Einführung eines ‚Stadtgebetes’. In diesem Gottesdienst soll für die Anliegen gebetet werden, die die Menschen in unserer Stadt berühren.“ Der Beschluß wurde mit 20 zu drei Stimmen bei drei Enthaltungen angenommen. Vgl.: Ebd. S. 11.

[93] Ebd.

[94] Checkliste und Vorbereitungsbogen sind im Anhang, S. X f., zu finden.

[95] Ein altes Amt in der Kirche, zu übersetzen mit „Empfang“. Vgl. hierzu: Riepe, Stadtgebet, S. 16.

[96] Ein Akolyth war schon in der alten Kirche jemand, der die Aufgabe hatte, Lichter anzuzünden und die Opfergaben herbeizubringen. Vgl. hierzu: Riepe, Stadtgebet, S. 17.

[97] Vgl.: Ebd. S. 65 ff. – Der ausgefüllte Vorbereitungsbogen und die Lieder und weitere Texte dieses Stadtgebets befinden sich im Anhang, S. XII ff.

[98] Vgl. Abbildung im Anhang, S. XVIII. Das Bild eines siebenarmigen Leuchters ist auch als Symbol für das Stadtgebet auf den Vorbereitungsbögen und Plakaten für das Stadtgebet zu sehen.

[99] Für weiterführende Studien zu diesem Psalm vgl.: Seybold, Psalmen, S. 115 ff.

[100] Zu weiteren möglichen Formen vgl.: Riepe, Stadtgebet, S. 14 f.

[101] Ebd. S. 31

[102] Käßmann, Margot/ Homeyer, Josef, Geleitwort, in: Evangelisches Büro für die Weltausstellung EXPO 2000 u. a. (Hg.), Der EXPO eine Seele geben – 153 Tage Christus-Pavillon, Hannover 2000.

[103] Gerkan, Meinhard von, Kontemplatives Gegenstück zum Jahrmarkt der Eitelkeiten. Architektur und Design der Expo-Kirche, in: Ev. Büro, EXPO.

[104] Vgl.: Internetseite des Christus-Pavillons www.expo-kirche.de, gefunden am 22. September 2001.

[105] Dieses Unterkapitel 4.3.2 über das EXPO-Stundengebet wurde aus folgendem Buch erarbeitet: Baltruweit, Fritz u. a., Kirche, die sich öffnet. Modelle und Bausteine für ein neues liturgisches Erleben und Gestalten, Gütersloh 2001. Aus Gründen der Übersichtlichkeit ist dies im folgendem nur bei Zitaten angegeben.

[106] Vgl.: Seybold, Psalmen, S. 48 ff.

[107] Das Flugzeug stürzte am 25. Juli 2000 ab.

[108] Das U-Boot sank am 12. August 2000.

[109] Baltruweit, Kirche, S. 7.

[110] unveröffentlichtes Gebetbuch „Vesper mit Gebet für Kinder“, Heilig-Geist-Gemeinde Bielfeld, Nr. 53.

[111] Vgl. zu diesem Unterkapitel 4.4.2: Rau, Stefan, Jeden Sonntag Vesper. Erfahrungsbericht aus der Martini-Gemeinde in Münster, in: Gottesdienst 22 (1988), S. 91.

[112] Höring, Patrick C., Aus der Not eine Tugend gemacht. Die Entdeckung der Tagzeitenliturgie in der Gemeinde nach dem Tod eines Priesters, in: Gottesdienst 35 (2001), S. 76 f.

[113] Hier ist vor das Buch „Morgenlob – Abendlob. Mit der Gemeinde feiern“ zu erwähnen, welches im Jahr 2000 erschienen ist.

[114] Ringseisen, Paul, Unterwegs zu einer Tagzeitenliturgie der Zukunft, in: Deutsches Liturgisches Institut (Hg.), Tagzeitenliturgie der Zukunft. Allgemeine Einführung in das Stundengebet, S. 7 – 18, hier: S. 16. Ringseisen benutzt hier ein nicht weiter belegtes Zitat von Romano Guardini.

[115] Für weitere Psalmlieder vgl.: Ringseisen, Morgen- und Abendlob, S. 222.

[116] Die zweifelsohne wichtigste begleitende Maßnahme ist der Psalmengesang nach dem Evangelium der Meßfeier, da hier zumindest dem regelmäßigen Meßgänger diese Art von Gesang nahe gebracht wird.

Ende der Leseprobe aus 94 Seiten

Details

Titel
Verkündet sein Heil von Tag zu Tag (Ps 96,2) - Tagzeitenliturgie in der Gemeinde
Hochschule
Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen
Note
1,7
Autor
Jahr
2001
Seiten
94
Katalognummer
V108750
ISBN (eBook)
9783640069446
Dateigröße
719 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Verkündet, Heil, Tagzeitenliturgie, Gemeinde
Arbeit zitieren
Martin Reuter (Autor:in), 2001, Verkündet sein Heil von Tag zu Tag (Ps 96,2) - Tagzeitenliturgie in der Gemeinde, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108750

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