Die DDR im System des Ostblocks 1949-1964


Seminararbeit, 2000

23 Seiten, Note: Sehr gut


Leseprobe


INHALT

Einleitung

Die DDR im Ostblock unter Stalin

Endgültige Integration und Bewaffnung der DDR

Wachsende Bedeutung der DDR im Ostblock

Berlin-Krise und Einbeziehung in das bilaterale Paktsystem

Resümee und Ausblick

Bibliographie

Einleitung

Zum Schutz der Sowjetunion gegen künftige Bedrohungen von Westen her begann Stalin schon während des Zweiten Weltkriegs mit der Errichtung einer Einflusssphäre in Osteuropa, die im Verlauf des Kalten Kriegs zum Ostblock wurde. Dieser Prozess lief auf zwei Ebenen ab. Innenpolitisch bedeutete er zunächst die, notfalls gewaltsame, Ausschaltung antisowjetisch und antikommunistisch eingestellter Persönlichkeiten und Gruppierungen. Diese Maßnahmen begannen 1944 mit dem Eindringen der Roten Armee in die Länder Ostmittel- und Südosteuropas. Mit der Verschärfung des Kalten Krieges 1947/48 wurde daraus die Sowjetisierung, das heißt die totale Machtübernahme durch die Kommunisten und die Aufoktroyierung des sowjetischen Staats-, Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells. Außenpolitisch wurden diese Staaten durch bilaterale Verträge über „Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand“ an die UdSSR gebunden. Einen ersten solchen Vertrag schloss Stalin schon 1943 mit der Tschechoslowakei (das heißt mit der tschechoslowakischen Exilregierung unter Eduard Benes in London). 1945 folgten derartige Verträge mit Polen und Jugoslawien (der nach dem Bruch zwischen Stalin und Tito 1948 gekündigt wurde). Die ehemaligen Feindstaaten Ungarn, Rumänien und Bulgarien waren 1948, nach dem Inkrafttreten ihrer Friedensverträge, an der Reihe. 1947-49 schlossen die neuen „Volksdemokratien“ auch untereinander (jeder mit jedem) solche bilateralen Bündnisse. Zwei multilaterale Organisationen ergänzten dieses System des Ostblocks: Im ökonomischen Bereich Anfang 1949 der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW, als Reaktion auf den Marshallplan), auf der Ebene der Parteien das 1947 gegründete Kominform (Kommunistisches Informationsbüro, eine Vereinigung der wichtigsten europäischen Kommunistischen Parteien).[1]

Stalin vernachlässigte bewusst die formellen und multilateralen Bindungen zwischen den Staaten und Parteien des Ostblocks, er bevorzugte bilaterale Kontakte und informelle Kontrollen über die sowjetischen Botschafter in diesen Ländern und über die sowjetischen Offiziere und Angehörigen der Geheimpolizei in den Armeen und Polizeiapparaten. Deshalb gewannen auch die multilateralen Organisationen des RGW und des Kominform unter ihm keine große Bedeutung.

Während der Ostblock bis 1948 Gestalt angenommen hatte, existierte die DDR zu dieser Zeit noch gar nicht. Die Schaffung der DDR durch Stalin war eine Reaktion auf die Gründung der BRD. Diese war aus sowjetischer Sicht das Ergebnis der von den USA betriebenen Spaltung Europas, nachdem die Ausdehnung des Kapitalismus und des amerikanischen Einflusses auf Osteuropa durch den Marshallplan an dessen Ablehnung durch die Sowjetunion gescheitert war. Es ist daher die große Frage, ob Stalin von Anfang an einen kommunistischen deutschen Teilstaat auf dem Boden der sowjetischen Besatzungszone wollte oder ob sein Ziel ein vereintes, demokratisches Deutschland war, das Garantien gegen eine neue deutsche Aggression bot und der UdSSR den Zugriff auf die Industriegebiete im Westen des Reiches in Form von Reparationsleistungen für die verheerenden Kriegsschäden ermöglichte. Wenn Letzteres zutrifft, so gab es seit Anfang der Fünfzigerjahre für den Kreml ein zusätzliches, plausibel erscheinendes Motiv für die Wiedervereinigung Deutschlands. Die sich abzeichnende Einbeziehung der BRD in das westliche Verteidigungssystem und ihre Bewaffnung ließen es angeraten erscheinen, eine solche militärische Stärkung des Westens zu verhindern. Bei sämtlichen Initiativen, die die UdSSR nach 1949 zur Vereinigung der beiden deutschen Staaten unternahm, stellt sich daher die Frage, ob diese ernst gemeint waren oder ob ihnen nur propagandistische Bedeutung zukam (in dem Sinne, dass Moskau vor den Deutschen in West und Ost die Schuld am Fortbestand der Teilung den Westmächten und der Regierung in Bonn zuschieben konnte). Der SED blieb auf Grund ihrer totalen Abhängigkeit von Moskau nichts anderes übrig als diese Initiativen mitzutragen, obwohl sie potenziell ihr Herrschaftssystem gefährdeten.[2]

Die DDR im Ostblock unter Stalin

Nach der Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 war es aus der Sicht Moskaus nur konsequent, die diplomatische Anerkennung des neuen Staates folgen zu lassen (am 15. Oktober 1949). Bis April 1950 folgten alle kommunistischen Staaten Europas (außer Jugoslawien) und Asiens diesem Schritt. Den provisorischen Charakter der neuen Staatsgründung unterstrich der Umstand, dass die „Bruderstaaten“ noch keine Botschaften, sondern nur diplomatische Missionen errichteten. Zudem erhielt die SED im Kominform statt einer Vollmitgliedschaft nur den Status eines assoziierten Mitglieds.[3]

In den Beziehungen der DDR zur Sowjetunion stand in den ersten Jahren das Feld der Wirtschaft im Vordergrund. Moskau war für Ostberlin von Anfang an der wichtigste Handelspartner. Eine Reihe von Verträgen diente dem Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen (z.B. Abkommen über den Handels- und Zahlungsverkehr 1950, Abkommen über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit 1951).[4]

Der erste Schritt zur Integration des SED-Staates in den Ostblock erfolgte daher im wirtschaftlichen Bereich. Am 28. September 1950 wurde die DDR Mitglied des RGW.[5]

Nachdem die Außenministerkonferenz der drei Westmächte (USA, Großbritannien, Frankreich) in New York im September 1950 die Weichen für die Einbeziehung der BRD in das westliche Verteidigungssystem gestellt hatte (einen Monat später folgte der Pleven-Plan für die Bildung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft), unternahm Stalin (wenn er es ernst meinte) aus dem erwähnten Motiv, eine solche militärische Stärkung des Westens zu verhindern, einen Vorstoß zur Wiedervereinigung Deutschlands. Die Außenminister der Ostblockstaaten (zum ersten Mal unter Einschluss der DDR) verabschiedeten auf einem Treffen in Prag am 20./21. Oktober 1950 eine Erklärung, in der sie einerseits gegen die geplante Bewaffnung Westdeutschlands protestierten und andererseits vorschlugen, einen aus Vertretern beider deutscher Staaten paritätisch zusammengesetzten Gesamtdeutschen Konstituierenden Rat ins Leben zu rufen, der die Bildung einer gesamtdeutschen Regierung vorbereiten und entsprechende Vorschläge den vier Siegermächten unterbreiten sollte. Am Ende dieses Prozesses sollten der Abschluss eines Friedensvertrags und der Abzug aller Besatzungstruppen innerhalb eines Jahres stehen. Der Bundestag in Bonn lehnte jedoch diesen Vorstoß am 9. März 1951 ab. Eine Konferenz der stellvertretenden Außenminister der vier Siegermächte darüber von März bis Juni 1951 endete ergebnislos.[6]

Die wichtigste Initiative, die militärische Integration der BRD in das westliche Lager durch eine Vereinigung der beiden deutschen Staaten zu verhindern, unternahm Stalin im Frühjahr 1952 als die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft näher rückte (der Vertrag wurde am 27. Mai 1952 in Paris unterzeichnet). Am 10. März dieses Jahres legte die Sowjetunion in einer diplomatischen Note an die drei Westmächte einen „Entwurf für einen Friedensvertrag mit Deutschland“ vor. Die zentralen Bedingungen des Kreml waren die Neutralität eines vereinten Deutschlands und der Verzicht auf die Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie. Dafür war Moskau bereit, Deutschland nationale Streitkräfte in begrenztem Umfang und eine eigene Rüstungsindustrie zuzugestehen. Die Initiative scheiterte daran, dass die Westmächte (im Einvernehmen mit der Adenauer-Regierung) in ihrer Antwortnote am 25. März für ein vereintes Deutschland das Recht der freien Entscheidung über Neutralität oder Bündniszugehörigkeit verlangten (was nach Lage der Dinge zu einer militärischen Einbindung Gesamtdeutschlands in das westliche Lager führen musste).[7]

Nach dem neuerlichen Scheitern seiner Pläne zur Wiedervereinigung und Neutralisierung Deutschlands beschränkte sich Stalin ab Sommer 1952 auf die Sicherung des Status quo, wenn er seine Pläne auch nicht endgültig aufgab. Am 17. Juli 1952 sagte er dem italienischen Sozialistenführer Pietro Nenni, er gehe nunmehr davon aus, dass „die Teilung Deutschlands noch etliche Zeit andauern werde“ und er beabsichtige, zur Schaffung eines militärischen Gleichgewichts den NATO-Truppen in der BRD eine gleich starke ostdeutsche Armee entgegen zu stellen.[8]

Vorrang gewann für Stalin von nun an, angesichts der sich mit der Gründung der EVG abzeichnenden Bewaffnung der BRD, die militärische Stärkung der DDR, die der Kremlchef als Teil des Sicherheitsgürtels der Sowjetunion in Osteuropa zu sehen begann. Seine zu dieser Zeit gemachte Äußerung, „ein starkes Ostdeutschland unter sowjetischer Kontrolle“ schütze „Rußlands Westflanke“, ist dafür bezeichnend.[9]

Bei einer Unterredung mit den SED-Spitzen Pieck, Grotewohl und Ulbricht am 1. April 1952 erwiderte Stalin auf eine Anregung von Pieck, Schritte zur Bildung einer DDR-Armee zu machen (nach Piecks Notizen): „Nicht Schritte, sondern sofort“ und befahl: „Volksarmee schaffen - ohne Geschrei“. Er forderte eine „ausgebildete Armee“ und versprach Waffenlieferungen.[10]

Eine sowjetische Niederschrift zu der Besprechung bestätigt im Wesentlichen die Notizen des DDR-Präsidenten. Demnach meinte Stalin, die Westmächte würden sich auf keinen Fall aus Deutschland zurückziehen, egal was die Sowjetunion zur deutschen Frage vorschlage. Es wäre ein Fehler, an die Möglichkeit eines Kompromisses zu glauben, die USA bräuchten ihre Armee in der BRD, um Westeuropa in der Hand zu behalten. Deshalb, so die Schlussfolgerungen des Kremlchefs, hätten die deutschen Kommunisten „ihren eigenen Staat zu organisieren“ und sei der Schutz der gefährdeten innerdeutschen Grenze zu verstärken.[11]

Diese Äußerungen Stalins deuten darauf hin, dass seine Angebote zur Wiedervereinigung Deutschlands ernst gemeint waren.

Die Führung in Ostberlin machte sich sogleich daran, die Anordnungen Stalins in die Tat umzusetzen. Am 26. Mai 1952 wurde an der innerdeutschen Grenze eine 5-km-Sperrzone geschaffen, in der der Eiserne Vorhang entstand.[12]

Im Juli beschloss die SED auf ihrer II. Parteikonferenz mit ausdrücklicher Billigung Moskaus den „planmäßigen Aufbau des Sozialismus“ in der DDR. Damit war die Verstaatlichung der gesamten Wirtschaft und die totale Durchsetzung der SED-Herrschaft in allen Bereichen der Gesellschaft gemeint. Ein weiterer Beschluss dieser Parteikonferenz betraf die „Festigung und Verteidigung der Landesgrenzen“ durch die „Organisierung bewaffneter Streitkräfte“. Zu diesem Zweck wurden in der Folge die bereits bestehenden bewaffneten Polizeieinheiten zu einer quasi-militärischen Streitmacht unter der Bezeichnung „Kasernierte Volkspolizei“ (KVP) ausgebaut.[13]

Die mit dem „Aufbau des Sozialismus“ verbundene immer stärkere Auseinanderentwicklung des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems der beiden deutschen Staaten hatte zwei wichtige Konsequenzen: 1. Die DDR grenzte sich immer mehr von der BRD ab und verfestigte auf diese Weise die Teilung Deutschlands. 2. Die innere Ordnung der DDR glich sich zunehmend der der anderen „sozialistischen“ Staaten an, ihre Eingliederung in den Ostblock schritt auch von dieser Seite her voran. Dafür, dass Stalin trotzdem den Gedanken einer Wiedervereinigung Deutschlands noch nicht aufgegeben hatte, sprechen mehrere Tatsachen: Er gab der SED nur halbherzig grünes Licht für den „Aufbau des Sozialismus“. Er gestand der DDR noch immer keine Souveränität zu, obwohl die BRD sie mit dem Generalvertrag im Mai 1952 von den Westmächten erhalten hatte. Er schloss mit der DDR kein bilaterales Bündnis, wie er es mit den anderen Ostblockstaaten schon in den Vierzigerjahren getan hatte. Formal gab es zu dieser Zeit noch keine politische oder militärische Beistandsverpflichtung der Sowjetunion an den SED-Staat.[14]

Ein besonderes Problem für die Außenpolitik der DDR bildete anfangs das Verhältnis zu ihren beiden Nachbarn im Ostblock, zu Polen und zur Tschechoslowakei. Beide Länder waren Opfer der Aggressionspolitik NS-Deutschlands geworden, bei beiden herrschte Misstrauen auch gegen einen kommunistischen deutschen Staat. Polens Sorge galt vor allem der Oder-Neiße-Grenze, die der Tschechoslowakei der Feststellung, dass das Münchener Abkommen von Anfang an ungültig war. Den führenden SED-Politikern war die Notwendigkeit einer Regelung der Beziehungen zu Warschau und Prag bewusst. Ministerpräsident Grotewohl sagte bereits in seiner Regierungserklärung, die Oder-Neiße-Linie sei jene „Friedensgrenze“, „die ein freundschaftliches Verhältnis mit dem polnischen Volke ermöglicht“.[15]

In einer Erklärung der Ostberliner Regierung vor der Volkskammer über die Grundzüge ihrer Außenpolitik im Februar 1950 wurde die Oder-Neiße-Linie erneut als „Friedensgrenze“ bezeichnet und der Tschechoslowakei versichert, die DDR trete „für die Unantastbarkeit der Grenzen ihrer Nachbarvölker“ ein.[16]

Wie distanziert das Verhältnis zwischen der DDR und Polen anfangs war, zeigte sich darin, dass erst im Februar 1950, vier Monate nach der diplomatischen Anerkennung des SED-Staates durch Warschau, die Chefs der diplomatischen Missionen den Staatspräsidenten Pieck und Bierut ihre Beglaubigungsschreiben überreichten. Zum entscheidenden Durchbruch in den Beziehungen kam es erst im Juni 1950 beim Besuch einer Ostberliner Regierungsdelegation unter der Leitung des stellvertretenden Ministerpräsidenten Walter Ulbricht in Warschau. Die Delegation bereitete den Abschluss eines Vertrages vor, der am 6. Juli 1950 in Zgorcelec (dem polnischen Teil von Görlitz) unterzeichnet wurde und in dem die DDR die Oder-Neiße-Linie als deutsch-polnische Staatsgrenze anerkannte (20 Jahre bevor das die BRD im Warschauer Vertrag 1970 tat).[17]

Die entscheidende Verbesserung der Beziehungen zur Tschechoslowakei gelang ebenfalls beim Besuch einer Regierungsdelegation aus Ostberlin unter Ulbricht in Prag, kurz nach den Gesprächen in Warschau. In einer gemeinsamen Erklärung hieß es, es gebe keine „Gebiets- und Grenzansprüche“, die Vertreibung der Sudetendeutschen sei „unabänderlich, gerecht und endgültig gelöst“. Das Münchener Abkommen wurde allerdings nicht ausdrücklich erwähnt.[18]

Endgültige Integration und Bewaffnung der DDR

Es gibt Hinweise, dass nach Stalins Tod im März 1953 die neue Sowjetführung auf Betreiben des Innenministers Berija noch einmal einen Vorstoß zur Wiedervereinigung Deutschlands zu unternehmen beabsichtigte. Wenn es so war, wurzelte diese Absicht zum Teil in der schweren Krise, in die die DDR durch den vom Ulbricht-Regime ab Sommer 1952 mit Brachialmethoden vorangetriebenen „Aufbau des Sozialismus“ geraten war. Die in der Bevölkerung entstandene enorme Unzufriedenheit, die sich in einem Anwachsen des Flüchtlingsstroms ausdrückte, blieb weder der SED-Spitze noch der Moskauer Führung verborgen, nur Ulbricht stellte sich blind und taub.[19]

Berija wollte nach Aussage seines Büroleiters Sudoplatov als Gegenleistung für die Wiedervereinigung Reparationen aus ganz Deutschland und westliche Wirtschaftshilfe für die Sowjetunion.[20]

Am 27. Mai 1953 beschloss das Politbüro in Moskau auf Initiative Berijas, der SED-Führung zu empfehlen, das Tempo beim „Aufbau des Sozialismus“ zwecks „Gesundung der politischen Lage in der DDR“ zu drosseln, zugleich wurde der „Kampf für die Vereinigung“ Deutschlands als „Hauptaufgabe“ bezeichnet.[21]

Gemäß der Empfehlung aus dem Kreml beschloss das SED-Politbüro am 16. Juni einen „Neuen Kurs“ der Reformen und „konkrete Schritte zur Herstellung der Einheit Deutschlands“.[22]

Dies kam aber zu spät, um den Volksaufstand am 17. Juni noch verhindern zu können. Wenn im Kreml tatsächlich die Bereitschaft zu einer Wiedervereinigung Deutschlands bestand, so brachte der Sturz Berijas am 26. Juni die Wende. Mit ihm verschwand jener Mann, der innerhalb der Sowjetführung am stärksten für die Wiedervereinigung eingetreten war. Zudem wurde dies von seinen siegreichen Rivalen in dem Machtkampf bei der Suche nach Anklagepunkten gegen ihn aufgegriffen und in den Vorwurf einer Preisgabe der DDR umgemünzt.[23]

Chruschtschov gab 1963 einen Hinweis darauf, als er Berija zehn Jahre nach dessen Tod öffentlich beschuldigte, er habe gemeinsam mit dem damaligen Ministerpräsidenten Malenkov beabsichtigt, „die Deutsche Demokratische Republik als sozialistischen Staat zu liquidieren“.[24]

Wenn die Sowjetunion bis zum Frühjahr 1953 das Ziel einer Wiedervereinigung Deutschlands verfolgte, so trat es nach dem Juniaufstand und dem Sturz Berijas in den Hintergrund. Angesichts der inneren Schwäche des SED-Staates, die am 17. Juni 1953 offenkundig geworden war, konnte Moskau nicht erwarten, dass die Westmächte und die BRD von ihren Bedingungen für eine deutsche Wiedervereinigung (vor allem dem Recht auf freie Bündniswahl) abrücken würden. Außerdem hätte eine Preisgabe der DDR nach dem Juniaufstand die Bewohner der anderen osteuropäischen Länder auf den Gedanken bringen können, ebenfalls durch einen Volksaufstand die kommunistische Herrschaft und die Abhängigkeit von der UdSSR abzuschütteln.[25]

Von nun an hatten die Stabilisierung der DDR und ihre internationale Aufwertung Vorrang. Bei Regierungsgesprächen in Moskau von 20.-22. August 1953 fand sich der Kreml zu großen Zugeständnissen an Ostberlin bereit. Die UdSSR verzichtete ab 1.1.1954 auf Reparationszahlungen, die jährlichen Besatzungskosten wurden auf 5% des Staatshaushalts der DDR begrenzt, die im Besitz der Sowjetischen Aktiengesellschaften befindlichen Betriebe gingen unentgeltlich in DDR-Eigentum über und Ostberlin wurden ein Kredit und Warenlieferungen zugesagt. Als Zeichen der internationalen Aufwertung der DDR wurden die gegenseitigen diplomatischen Missionen in den Rang von Botschaften erhoben.[26]

Sowjetische Vorschläge zur Lösung der deutschen Frage wurden in einer diplomatischen Note vom 15. August 1953 und von Molotov auf der Berliner Außenministerkonferenz Anfang 1954 vorgebracht, sie blieben ohne Echo.[27]

Dass die Wiedervereinigung für den Kreml mittlerweile nicht mehr vordringlich war, zeigt Malenkovs Äußerung vor der DDR-Delegation vor den oben erwähnten Regierungsgesprächen in Moskau, dass im Falle der Wiedervereinigung der “Sozialismus“ in der DDR nicht ohne weiteres preisgegeben werden dürfe.[28]

Ein Akt der internationalen Aufwertung des SED-Staates war die Erklärung der Sowjetregierung vom 25. März 1954, in der es hieß, sie nehme von nun an mit der DDR die gleichen Beziehungen auf “wie mit anderen souveränen Staaten“. Diese Souveränitätserklärung verpflichtete die DDR zugleich zur Einhaltung des Potsdamer Abkommens (gemeint war vor allem die Oder-Neiße-Grenze). Die Sowjetunion beendete die Überwachung der staatlichen Organe der DDR (ohne jedoch in der Praxis die Kontrolle aufzugeben). Formal erhielt die DDR auf diese Weise einen ähnlichen Status wie ihn die BRD durch den Generalvertrag bekommen sollte.[29]

Die Einbeziehung der BRD in das westliche Verteidigungssystem ließ sich nicht verhindern. Nachdem das Projekt einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft an der Ablehnung durch die französische Nationalversammlung im August 1954 gescheitert war, wurden in den Pariser Verträgen vom 23. Oktober 1954 die Aufnahme der Bundesrepublik in die NATO und ihre Souveränität vereinbart.[30]

Die Sowjetunion nahm dies zum Anlass, um ein gemeinsames Militärbündnis aller Staaten des Ostblocks ins Leben zu rufen. Das eigentliche Motiv dahinter war die Festigung der formellen und multilateralen Bindungen zwischen der UdSSR und ihren europäischen Satelliten. Stalin hatte, wie erwähnt, bilaterale Kontakte und informelle Bindungen bevorzugt, ein Führungsstil, den seine Nachfolger, denen es an seiner Autorität fehlte, nicht fortsetzen konnten. Die neue Bedeutung multilateraler Bande zeigte sich auch in der Aufwertung des RGW, der im März 1954 zum ersten Mal seit fast dreieinhalb Jahren wieder zu einer Tagung zusammentrat.[31]

Nach der Unterzeichnung der Pariser Verträge schlug die Sowjetregierung am 13. November 1954 die Einberufung einer europäischen Sicherheitskonferenz vor und drohte für den Fall des tatsächlichen NATO-Beitritts der BRD und ihrer Bewaffnung mit militärischen Gegenmaßnahmen. Da die Westmächte nicht auf diesen Vorschlag eingingen, hielten die Staaten des Ostblocks (einschließlich der DDR und mit China als Beobachter) von 29. November bis 2. Dezember 1954 in Moskau eine Konferenz ab. In der Schlusserklärung wurde die Absicht verkündet, im Fall der Ratifizierung der Pariser Verträge “gemeinsame Maßnahmen im Bereich der Organisierung der Streitkräfte und ihres Kommandos zu ergreifen, wie auch andere Maßnahmen, deren es zur Festigung ihrer Wehrfähigkeit bedarf“.[32]

Die Sowjetunion versuchte es in der Folge mit einer Mischung aus Drohungen und Konzessionen. Am 15. Januar 1955 bot sie gesamtdeutsche Wahlen unter internationaler Aufsicht an, zehn Tage später erklärte sie den Kriegszustand mit Deutschland für beendet.[33]

Diese Vorstöße hatten eher propagandistischen Charakter, dem Kreml musste klar sein, dass er damit das Inkrafttreten der Pariser Verträge bestenfalls verzögern, aber nicht mehr verhindern konnte. Am 8. Februar kündigte Außenminister Molotov in einer Rede vor dem Obersten Sowjet für den Fall einer Ratifizierung der Pariser Verträge den Abschluss eines “multilateralen Vertrages über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand“ zwischen den Teilnehmerstaaten der Moskauer Konferenz an. Nachdem der Bundestag in Bonn die Pariser Verträge am 27. Februar 1955 ratifiziert hatte, gab die sowjetische Nachrichtenagentur TASS am 21. März bekannt, die Regierungen der Ostblockstaaten hätten sich über die Prinzipien eines multilateralen Vertrages und über die Bildung eines Vereinigten Kommandos geeinigt, um die Sicherheit dieser Staaten und den Frieden in Europa zu gewährleisten.[34]

Zwei Tage nach dem Inkrafttreten der Pariser Verträge am 5. Mai 1955 begann in Warschau eine Konferenz von acht Staaten (UdSSR, Polen, DDR, Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Albanien), die am 14. Mai mit der Unterzeichnung eines Vertrages über “Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand“ (des im Westen so genannten Warschauer Pakts) durch die Regierungschefs endete. Zugleich fassten die Signatarstaaten den Beschluss zur Bildung eines “Vereinigten Kommandos der Streitkräfte“, von dem die DDR allerdings ausgeschlossen blieb, weil sie zu diesem Zeitpunkt offiziell noch keine Streitkräfte besaß (inoffiziell besaß sie ja schon welche in Gestalt der Kasernierten Volkspolizei, die 1955 bereits 100000 Mann stark war).[35]

Die für die DDR geltende deutsche Fassung des Warschauer Pakts enthielt den besonderen Passus, dass Ostberlin über die Form seiner Hilfe im Kriegsfall nicht, so wie die anderen Paktmitglieder, selbst entscheiden durfte, sondern die Verbündeten darüber entschieden.[36]

Angesichts der gegebenen Machtverhältnisse innerhalb des Bündnisses hieß das, dass de facto die Sowjetunion die Entscheidung über Krieg oder Frieden für die DDR traf. Hier zeigt sich eine auch formalrechtliche Beschränkung der Souveränität des SED-Staates, die aus seiner großen politischen und strategischen Bedeutung für den Ostblock erwuchs.

Die DDR hatte sich nach der Ratifizierung der Pariser Verträge durch den Bonner Bundestag grünes Licht aus Moskau für eine rasche Aufrüstung erhofft und am 24. März die Kasernierte Volkspolizei und die SED-Betriebskampfgruppen verstärkt.[37]

Der Kreml ließ sich jedoch Zeit, zum Teil deshalb weil es erst Bedenken zu überwinden galt, die in Warschau und in Prag gegen eine militärische Stärkung der DDR herrschten. Die SED-Führung bemühte sich, durch eine Reihe von Gesprächen mit ihren beiden Nachbarn diese Bedenken zu zerstreuen. Da Polens Sorge noch immer der Oder-Neiße-Grenze galt, fand sich Ostberlin in einer gemeinsamen Erklärung mit Warschau vom 9. Juli 1955 zu einer Bekräftigung des Vertrages von Görlitz aus dem Jahr 1950 bereit.[38]

Nachdem beide deutsche Staaten in die Militärbündnisse in Ost und West eingebunden waren, verabschiedete sich die Sowjetunion endgültig von dem Gedanken einer Wiedervereinigung. Auf dem Gipfeltreffen in Genf im Juli 1955 wurde das Thema von den Sowjets zwar noch einmal (ohne Resultat) zur Sprache gebracht, aber bei einem Aufenthalt in Ostberlin auf der Rückreise von Genf sagte Chruschtschov am 26. Juli in einer Rede, es existierten zwei deutsche Staaten, alles andere sei nicht real, eine Beseitigung der “politischen und sozialen Errungenschaften“ der DDR sei nicht möglich, die Wiederbewaffnung der BRD und ihre Einbeziehung in die NATO und die WEU schlössen eine Wiedervereinigung “auf friedlichen und demokratischen Grundlagen“ aus.[39]

So wie die BRD (durch die Pariser Verträge) erhielt auch die DDR nach der militärischen Integration in den Block ihre (formale) Souveränität. Am 20. September 1955, kurz nach dem Besuch Adenauers in Moskau, schloss der Kreml mit einer Ostberliner Regierungsdelegation einen “Vertrag über die Beziehungen zwischen der DDR und der UdSSR“. Die DDR erhielt darin formal die Freiheit, “über Fragen ihrer Innenpolitik und Außenpolitik einschließlich der Beziehungen zur Deutschen Bundesrepublik“ selbstständig zu entscheiden. Moskau stimmte der Bewaffnung der DDR zu, außerdem vereinbarten die Vertragspartner, “sich gegenseitig jede mögliche wirtschaftliche Hilfe zu erweisen“. Dieser Passus bildete die rechtliche Grundlage für den intensiven Ausbau der Handelsbeziehungen. Pro forma wurde die deutsche Wiedervereinigung noch als ein Hauptziel bezeichnet.[40]

Dieser Moskauer Vertrag bildete den Schlusspunkt der Integration der DDR in den Ostblock. Zusammen mit dem Warschauer Pakt bildete er gleichsam das östliche Gegenstück zu den Pariser Verträgen. Der SED-Staat gehörte nun wirtschaftlich (seit dem RGW-Beitritt 1950) sowie politisch und militärisch (durch die Mitgliedschaft im Warschauer Pakt) zur “sozialistischen Staatengemeinschaft“ und war ein souveräner Staat geworden. Am wichtigsten aus der Sicht Ostberlins war, dass die Sowjetunion etwaige Pläne für eine Wiedervereinigung Deutschlands aufgegeben und die DDR im Warschauer Pakt zum ersten Mal eine Bestandsgarantie durch die UdSSR und die anderen “Bruderstaaten“ erlangt hatte. Allerdings hatte noch keiner von diesen ein bilaterales Bündnis mit der DDR geschlossen, wie sie es untereinander schon in den Vierzigerjahren getan hatten. Somit stand der SED-Staat noch nicht auf einer Stufe mit den anderen Mitgliedern des Ostblocks, weil er nicht Teil dieses bilateralen Paktsystems war.

Integration in den Ostblock hieß zu dieser Zeit auch noch verstärkte Kontakte zu den kommunistischen Staaten in Asien. Im Dezember 1955 reiste eine DDR-Delegation unter Ministerpräsident Grotewohl nach China, Nordkorea und in die Mongolische Volksrepublik. Am 25. Dezember wurde in Peking ein Vertrag über “Freundschaft und Zusammenarbeit“ zwischen China und der DDR unterzeichnet.[41]

So wie bei der BRD folgte auch bei der DDR auf die militärische Integration in den Block und die Erlangung der Souveränität die Bewaffnung. Auf der Basis der Kasernierten Volkspolizei erfolgte am 18. Januar 1956 die Gründung der Nationalen Volksarmee (NVA). Zehn Tage später beschloss der Politische Beratende Ausschuss, das höchste politische Organ des Warschauer Pakts, auf einer Tagung in Prag die Eingliederung der NVA in die Streitkräfte des Bündnisses und die Beteiligung der DDR am Vereinigten Kommando. Dieser Beschluss erfolgte mit der “besonderen Zustimmung der tschechoslowakischen und polnischen Delegation“.[42]

Diese Wendung deutet auf den Widerstand Warschaus und Prags gegen die Aufrüstung der DDR hin, der nun überwunden war. Die Stärke der NVA wurde zunächst auf 120000 Mann festgesetzt, am 1. Juli 1956 jedoch auf 90000 Mann reduziert. Zugleich wurde der Verzicht auf die Wehrpflicht verkündet (kurz vor ihrer Einführung in der BRD, die DDR bot allen Wehrpflichtigen in der BRD, die sich dem Dienst entziehen wollten, Asyl bei ihr an). Die Gründe für diese Maßnahmen waren die drohende wirtschaftliche Überforderung der DDR durch eine so große Armee und die befürchtete Verschärfung des Arbeitskräftemangels durch die Flucht von Wehrpflichtigen in den Westen. Der Aufbau der NVA schritt nichts desto trotz voran und am 7.Oktober 1956, am siebenten Jahrestag der Gründung der DDR, konnte Verteidigungsminister Willi Stoph melden, dass die NVA aufgestellt sei.[43]

Wachsende Bedeutung der DDR im Ostblock

Die DDR gewann seit den Fünfzigerjahren eine immer größere Bedeutung innerhalb des Ostblocks, vor allem aus sowjetischer Sicht. Ein Faktor war die besondere außenpolitische Loyalität des SED-Staates zur UdSSR. Diese resultierte aus der im Vergleich zu den anderen Staaten des Sowjetblocks einzigartigen Situation der DDR. Sie war ein Staatsgebilde ohne nationale Legitimation, ein aus einem größeren Ganzen hervor gegangener Teilstaat, der in Konkurrenz zum größeren Teilstaat, der BRD, stand, der für die Bevölkerung der DDR politisch und wirtschaftlich attraktiver als der eigene Staat war. Diese Konkurrenz zwang zur Abgrenzung und bewirkte auch innenpolitische Orthodoxie. Zusammen mit der latenten Bedrohung der SED-Herrschaft durch das eigene Volk erzeugte dies ein besonderes Anlehnungsbedürfnis an den “großen Bruder“ in Moskau, der die Existenz der DDR mit seiner politischen und militärischen Macht garantierte. Darüber hinaus sah die SED-Führung in einem engen Zusammenhalt der Staaten des “sozialistischen Lagers“ eine zusätzliche Existenzgarantie. Als logische Konsequenz daraus befürwortete sie uneingeschränkt das Prinzip des “proletarisch-sozialistischen Internationalismus“, das heißt eine möglichst enge Koordinierung der Außen- und Innenpolitik der Staaten des Sowjetblocks, die auch ein Eingreifen in die inneren Angelegenheiten eines “Bruderstaates“ erlaubte. Als Gegenleistung für besondere Blocktreue erwartete sich Ostberlin die Unterstützung durch die anderen Mitglieder bei der Vertretung seiner außenpolitischen Interessen, vor allem gegenüber der BRD (etwa bei der Forderung nach dem Verzicht auf den Alleinvertretungsanspruch).[44]

Ein weiterer Faktor für die wachsende Bedeutung der DDR im Ostblock war ihre geopolitische Lage am Westrand des Blocks bzw. an der Grenze zur BRD und damit zum NATO-Bereich. Chruschtschov bezeichnete dementsprechend die DDR im Juli 1956 als den “vorgeschobenen Posten des sozialistischen Lagers“.[45]

Diese geopolitische Lage wirkte sich sowohl nach Westen als auch nach Osten hin aus. In ideologisch-propagandistischer Hinsicht sollte die DDR ein “sozialistisches Schaufenster nach Westen“, vor allem zur BRD hin, sein, das die Überlegenheit des Sozialismus in wirtschaftlicher Hinsicht und als Gesellschaftssystem demonstrieren sollte.[46]

Militärisch diente die DDR als Aufmarschgebiet der sowjetischen Armee. Bei einem Angriff auf den Westen wäre ihr Territorium das Sprungbrett für die sowjetischen Truppen gewesen, der Kreml hatte daher auch die Mehrzahl seiner Divisionen in Osteuropa in der DDR stationiert.[47]

Nach Osten wirkte die DDR als Klammer für den Ostblock, besonders für ihre beiden Nachbarn Polen und Tschechoslowakei. Der SED-Staat bildete einen Sperrriegel, der die Verbindung zum Westen abschnitt (im Falle Warschaus) oder bedrohte (im Falle Prags). In diesem Zusammenhang kam der Präsenz starker sowjetischer Streitkräfte in der DDR die Funktion eines Drohpotenzials für eine militärische Intervention zu (1968 wurde die DDR ja tatsächlich ein wichtiges Sprungbrett für die Besetzung der Tschechoslowakei). Als sich im Krisenjahr des Ostblocks 1956 in Polen nationalkommunistische Tendenzen (Machtübernahme Gomulkas) zeigten, die im Kreml die Sorge vor einem Ausbrechen Warschaus aus dem Block aufsteigen ließen, war es für die Sowjetführung gut zu wissen, dass man an der Westgrenze Polens einen stabilen und verlässlichen Partner hatte, dessen bloße Existenz eine Lösung Warschaus aus der Abhängigkeit von Moskau sehr schwierig machte.[48]

In geostrategischer Hinsicht gehörte die DDR innerhalb des Warschauer Pakts zusammen mit Polen und der Tschechoslowakei zum so genannten “nördlichen Dreieck“, im Unterschied zum “südlichen Dreieck“ Ungarn-Rumänien-Bulgarien. Das “nördliche Dreieck“ besaß für die Sowjetunion eine erheblich größere strategische Bedeutung als das “südliche Dreieck“.[49]

Der Grund liegt auf der Hand. Diese Länder lagen zwischen der UdSSR und der BRD bzw. dem NATO-Gebiet, sie bildeten damit den zentralen Teil jenes strategischen Vorfeldes, das der gesamte Ostblock für Moskau darstellte. Obwohl die Sowjetunion dem Warschauer Pakt in den ersten Jahren nach seiner Gründung sowohl in politischer als auch in militärischer Hinsicht wenig Bedeutung beimaß und stattdessen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Rahmen des RGW den Vorzug gab, fanden bereits 1957 erste gemeinsame militärische Übungen innerhalb des “nördlichen Dreiecks“ statt. Im Juni dieses Jahres nahmen Seestreitkräfte aus der UdSSR, Polen und der DDR an einem Manöver in der Ostsee teil, im August hielten Einheiten der NVA und der sowjetischen Truppen in der DDR eine gemeinsame Übung ab.[50]

Ab 1960/61 wurde auf Betreiben Moskaus die militärische Kooperation innerhalb des Warschauer Pakts verstärkt. Der Kreml setzte von nun an auf das Militärbündnis des Ostblocks als Instrument zur Integration.[51]

Dies fand seinen Niederschlag in zahlreichen gemeinsamen Manövern der Paktstaaten, von denen die Mehrzahl in den Ländern des “nördlichen Dreiecks“ stattfand. So führte im Herbst 1961 erstmals die Sowjetunion mit allen drei Mitgliedern dieses “Dreiecks“ ein Manöver durch.[52]

Allerdings erschien den Sowjets die NVA zu dieser Zeit noch wenig zuverlässig, weshalb ihr für den Kriegsfall nur Nebenaufgaben zugedacht wurden.[53]

Die Bedeutung des “nördlichen Dreiecks“ wurde dadurch unterstrichen, dass sich seit Anfang der Fünfzigerjahre eine umfassende bi- und trilaterale Zusammenarbeit zwischen Ostberlin, Warschau und Prag auf verschiedenen Gebieten entwickelte. 1950 schlossen die DDR und Polen ein Handelsabkommen. Zwischen der DDR und der Tschechoslowakei wurden beim schon erwähnten Besuch der Ostberliner Regierungsdelegation in Prag im Juni 1950 Vereinbarungen über den Warenverkehr, wissenschaftlich-technische Kooperation und den Kulturaustausch getroffen. In der Folge entspann sich eine rege wirtschaftliche, wissenschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit zwischen den drei Staaten. 1951 fand in Reichenberg in Nordböhmen ein Dreiländertreffen der Jugendverbände statt, im Jahr darauf kam es zu einem deutsch-polnischen Friedenstreffen in Stettin. Gegenseitige Besuche der Staats- und Parteispitzen unterstrichen die engen Beziehungen. Als Demonstration gegen die Pariser Verträge hielten Vertreter der drei Parlamente im Januar 1955 in Prag eine Konferenz ab. Die Ereignisse des Jahres 1956 ließen Polen wegen der ideologischen Unsicherheit vorübergehend als Partner im “nördlichen Dreieck“ ausscheiden. Ostberlin und Prag pflegten in dieser Zeit ihre bilateralen Beziehungen, gegenüber den Vorgängen in Polen und Ungarn verband beide Parteien eine “vollkommene Übereinstimmung der Ansichten“. Die “polnische Oktoberrevolution“, die Machtübernahme Gomulkas, hatte einen Pressekrieg zwischen Ostberlin und Warschau zur Folge, der jedoch rasch beendet wurde. Ein Besuch Gomulkas bei Ulbricht im Juni 1957 demonstrierte die Aussöhnung, die bi- und trilaterale Zusammenarbeit wurde wieder aufgenommen. Sie fand ihren Ausdruck unter anderem in einer zweiten Konferenz von Vertretern der drei Parlamente in Ostberlin im Mai 1957, in einem Außenministertreffen in Prag im April 1958 über Fragen der Ost-West-Beziehungen und in einer gemeinsamen Erklärung vom 10. Oktober 1960, in der auf angeblich von der BRD drohende Gefahren hingewiesen wurde.[54]

Seit den Fünfzigerjahren nahm auch die wirtschaftliche Bedeutung der DDR innerhalb des Ostblocks zu. Als industriell vergleichsweise hoch entwickeltes Land wurde sie im Verlauf dieses Jahrzehnts zum wichtigsten Handelspartner der Sowjetunion und zum zweitwichtigsten (nach der UdSSR) der meisten anderen Staaten des RGW.[55]

Im Jahre 1962 war der Handel der Sowjetunion mit der DDR umfangreicher als mit ganz Westeuropa. In diesem Jahr gingen zwei Drittel der Exporte der DDR (hauptsächlich Maschinen und Ausrüstungen) in die UdSSR. Diese lieferte in erster Linie (drei Viertel des Gesamtexports) Rohstoffe wie Steinkohle, Baumwolle, Eisenerz und Getreide. Die DDR war für Moskau als Absatzmarkt von Rohstoffen nützlich, die auf dem Weltmarkt in großen Mengen angeboten wurden und daher nicht leicht zu verkaufen waren.[56]

Wir stehen hier vor dem seltenen Phänomen, dass der Metropolitanstaat eines Imperiums in eine “Kolonie“ Rohstoffe exportierte, während diese ihn mit Industriegütern belieferte.

Das Jahr 1956 brachte schwere Erschütterungen im Ostblock. Die von Chruschtschov auf dem 20. Parteikongress der KPdSU im Februar dieses Jahres begonnene Entstalinisierung und der Ausgleich zwischen der Sowjetunion und Jugoslawien, der mit der Belgrader Erklärung vom 2. Juni 1955 eingeleitet und mit Titos Besuch in der UdSSR im Juni 1956 zu einem vorläufigen Abschluss gebracht wurde und mit dem der Kreml Belgrad einen “eigenen Weg zum Sozialismus“ zugestanden hatte, musste die “Stalinisten“ unter den osteuropäischen Parteiführern, zu denen ganz besonders SED-Chef Ulbricht zählte, ziemlich verunsichern. Die Ereignisse in Polen, vom Aufstand in Posen im Juni bis zur Machtübernahme des als “Nationalkommunist“ geltenden Gomulka im Oktober, und die Revolution in Ungarn erschütterten die sowjetische Herrschaft über Osteuropa. Ulbricht verstand es, das SED-Regime und seine persönliche Machtstellung unbeschadet durch all diese Wirrnisse zu steuern. Die Entstalinisierung beschränkte sich in der DDR auf verbale Kritik an Stalin, ohne dass sich in der Praxis etwas änderte. Da es Ulbricht gelang, im Krisenjahr 1956 im SED-Staat Ruhe und Stabilität zu bewahren, erwarb er sich beträchtliches Vertrauen im Kreml.[57]

Am Ende des Jahres 1956 machte sich die Kremlführung an die Aufgabe, durch eine differenzierte Politik gegenüber den “Volksdemokratien“ den Ostblock wieder zu festigen und die bedingungslose Anerkennung des sowjetischen Führungsanspruchs sicher zu stellen. Bereits in einer Erklärung vom 30. Oktober 1956 hatte Moskau eine Neugestaltung der Beziehungen zu den anderen “sozialistischen“ Staaten angekündigt. Dem folgten Ende 1956/Anfang 1957 nacheinander Gespräche mit den Staaten des Warschauer Pakts in Moskau. Die UdSSR machte dabei allen wirtschaftliche Zugeständnisse, um ihr durch die Niederwerfung des Volksaufstandes in Ungarn angeschlagenes Prestige bei den Bürgern der “Bruderländer“ zu heben und um antisowjetische Ressentiments besonders in jenen Ländern abzubauen, in denen sie Truppen stationiert hatte. Was dieses Thema betraf, so hatte der Kreml bereits in der Erklärung vom 30. Oktober 1956 angekündigt, mit den Stationierungsländern Verträge zu schließen, die die sowjetische Militärpräsenz auf eine neue rechtliche Grundlage stellten.[58]

Zwischen der Sowjetunion und der DDR fanden beim Besuch einer Ostberliner Regierungs- und Parteidelegation in Moskau von 4.-7. Januar 1957 Verhandlungen statt. Am Ende wurden eine Erhöhung der gegenseitigen Warenlieferungen um 30% und die Gewährung von Rubel- und Devisenkrediten Moskaus an Ostberlin vereinbart, ein Konsularabkommen und Verträge über gegenseitige Rechtshilfe sowie kulturelle Fragen wurden in den folgenden Monaten ausverhandelt und unterzeichnet.[59]

In den Gesprächen auf Parteiebene war man sich einig, dass die “Einheit der Ansichten und Handlungen“ der regierenden Kommunistischen Parteien “in den grundlegenden Fragen des sozialistischen Aufbaus ... von besonders großer Bedeutung“ sei und dass “trotz des Vorhandenseins nationaler Eigenheiten und der besonderen Formen und Methoden beim Aufbau des Sozialismus in den einzelnen Ländern die Hauptwege zum Sozialismus für alle Länder die gleichen sind“.[60]

Die SED lag damit voll auf der Linie des Kreml, jeder “eigene Weg zum Sozialismus“, wie ihn Jugoslawien und ansatzweise auch Polen unter Gomulka gingen, wurde verworfen, für die Machthaber in Ostberlin gab es nur einen Weg, den sowjetischen Weg. Die absolute Loyalität der DDR zu Moskau war einmal mehr dokumentiert.

Entsprechend ihrer Ankündigung in der Erklärung vom 30. Oktober 1956 schloss die Sowjetunion mit der DDR, Polen, Ungarn und Rumänien Verträge über die Stationierung sowjetischer Streitkräfte in diesen Ländern. Der Vertrag mit der DDR vom 12. März 1957 räumte der UdSSR größere Rechte ein als die anderen Verträge. Demnach bedurften Truppenbewegungen, Übungen sowie Veränderungen in der Stärke und der Standortverteilung der sowjetischen Streitkräfte nur der Konsultation, nicht der Zustimmung der Ostberliner Regierung. Im Falle einer Bedrohung der Sicherheit seiner Truppen konnte das sowjetische Oberkommando Maßnahmen dagegen ergreifen, die ebenfalls nur die Konsultation, nicht die Zustimmung Ostberlins erforderten. Als eine solche Bedrohung hätten auch Unruhen wie der Volksaufstand am 17. Juni 1953 aufgefasst werden können.[61]

Somit hätte die UdSSR das Recht gehabt, auch gegen den Willen der DDR-Führung in dem Land militärisch einzugreifen. Ein solches Interventionsrecht erinnert stark an protektoratsähnliche Abhängigkeitsverhältnisse. Nachdem schon der Warschauer Pakt mit dem Passus über die Beistandsverpflichtung der DDR diese rechtlich schlechter als die anderen Mitgliedstaaten gestellt hatte, machten diese Vertragsbestimmungen erneut die auch formalrechtlich untermauerte Unterordnung der DDR unter die sowjetische Hegemonie deutlich. Gerade die rechtliche Schlechterstellung des SED-Staates dokumentierte seine enorme politische und strategische Bedeutung für den Ostblock.

Berlin-Krise und Einbeziehung in das bilaterale Paktsystem

In den Jahren 1958 bis 1961 beherrschte die Berlinfrage die Ost-West-Politik. Der anhaltende Flüchtlingsstrom aus der DDR über Westberlin in die Bundesrepublik zwang Moskau und Ostberlin zu Gegenmaßnahmen. Am 10. November 1958 focht Chruschtschov in einer Rede die Rechtsgrundlage der Präsenz der Westmächte in Westberlin an. Am 27. November forderte die UdSSR in einer an die USA, Großbritannien und Frankreich gerichteten diplomatischen Note deren Abzug aus der ehemaligen Reichshauptstadt und die Erklärung Westberlins zu einer Freien Stadt. Für den Fall, dass nicht innerhalb von sechs Monaten darüber Verhandlungen aufgenommen würden, drohte der Kreml den Abschluss eines separaten Friedensvertrags mit der DDR an. Im Januar 1959 legte Moskau den Entwurf eines Friedensvertrags für Deutschland vor, der auf der Teilung des Landes basierte und Westberlin zur Freien Stadt gemacht hätte. Die SED-Führung unterstützte das sowjetische Vorgehen uneingeschränkt, weil sie ja an einer Lösung des Berlinproblems sehr interessiert war.[62]

Auf der Genfer Konferenz der vier Siegermächte mit den beiden deutschen Staaten als Beobachter von Mai bis August 1959 blieben die Westmächte gegenüber den sowjetischen Forderungen hart. Trotzdem konnte sich die Sowjetführung nicht dazu durchringen, den angedrohten separaten Friedensvertrag mit der DDR zu schließen. Die damit verbundene Annullierung der Rechte der Westmächte in Berlin und in Bezug auf Deutschland als Ganzes hätte das Risiko einer offenen, womöglich sogar militärischen Konfrontation mit dem Westen beinhaltet, vor dem der Kreml zurückschreckte.[63]

Die Berlin-Krise wurde durch die Abriegelung der Sektorengrenze am 13. August 1961 und den anschließenden Bau der Mauer gelöst. Die DDR-Führung versicherte sich zuvor der Rückendeckung durch die anderen “sozialistischen“ Staaten und besonders der Verbündeten im Warschauer Pakt. In der Schlusserklärung der zweiten “Weltkonferenz der Kommunistischen und Arbeiterparteien“ im November 1960 in Moskau betonten die “Bruderparteien“ die “Unantastbarkeit“ der DDR und stärkten ihr damit zumindest moralisch den Rücken. Kurz vor dem Mauerbau hielten die Staaten des Warschauer Pakts in der sowjetischen Hauptstadt eine Konferenz ab, auf der sie der DDR (am 5. August) den “Vorschlag“ machten, um die Grenze zu Westberlin “eine verläßliche Bewachung und eine wirksame Kontrolle einzuführen“.[64]

Die SED-Führung erntete damit die Früchte ihrer uneingeschränkten Blocktreue. Der Mauerbau ermöglichte durch das Ende der Fluchtbewegung die entscheidende innere Konsolidierung des SED-Staates, ja er sicherte im Grunde erst seine Existenz. Nach außen hin verdeutlichte die Mauer vor aller Welt die noch festere Verankerung der DDR im Ostblock und die Dauerhaftigkeit der Teilung Deutschlands. Darüber hinaus bewirkte der “antifaschistische Schutzwall“ indirekt auch eine Stärkung des wirtschaftlichen und militärischen Potenzials der DDR. Da die Abwanderung von Fachkräften nun nicht mehr möglich war, war eine Voraussetzung für ein anhaltendes Wirtschaftswachstum in der DDR gegeben. Außerdem getraute sich das Ulbricht-Regime nun die allgemeine Wehrpflicht einzuführen (1962), weil junge Männer sich dem Militärdienst nicht mehr durch Flucht in den Westen entziehen konnten.[65]

Die SED-Führung gab auch nach dem Mauerbau die Hoffnung auf einen Separatfrieden mit der Sowjetunion, der ihre internationale Stellung beträchtlich aufgewertet hätte, nicht auf. Ulbricht brachte das Thema auf dem 22. Parteikongress der KPdSU im Oktober 1961 und auf dem sechsten Parteitag der SED 1963, jeweils in Anwesenheit von Chruschtschov, zur Sprache. Der Wunsch nach einem Separatfrieden war auch von der Befürchtung getragen, die von Chruschtschov nach dem Mauerbau eingeleitete Öffnung zur BRD (für 1964 plante er einen Staatsbesuch) könnte zu einer Verständigung zwischen Moskau und Bonn führen, durch die die DDR in die Isolation geraten würde.[66]

Zu ihrer Enttäuschung mussten sich Ulbricht und seine Genossen statt des erhofften separaten Friedensvertrags mit einem bilateralen Vertrag über “Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand“ mit der UdSSR, der am 12. Juni 1964 unterzeichnet wurde, zufrieden geben. Der DDR wurde in dem Vertrag die “Unantastbarkeit der Staatsgrenzen“ und damit die territoriale Integrität garantiert, ohne dass die Sowjetunion sich jedoch zu automatischem militärischem Beistand verpflichtete. Die Vertragspartner vereinbarten die Grundsätze gemeinsamer Außenpolitik (Eintreten für Frieden und Sicherheit in Europa und in der Welt, Abrüstung und Beseitigung des Kolonialismus fördern u.a.m.). Der Verweis auf den “sozialistischen Internationalismus“ schrieb ein Interventionsrecht Moskaus in die inneren Angelegenheiten der DDR fest. Schließlich sah der Vertrag auch den Ausbau der Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Sport vor. Die Bestimmungen über den Ausbau der ökonomischen Kooperation und die Koordinierung der Wirtschaftspläne zielten auf eine stärkere Verflechtung der beiden Volkswirtschaften. Dahinter stand das schon seit einigen Jahren bestehende Bemühen, die Industrieproduktion aufeinander abzustimmen und in einzelnen Zweigen zu einer Arbeitsteilung zu gelangen.[67]

Dieser Vertrag bildete eine umfassende Grundlage für die Beziehungen zwischen der Sowjetunion und der DDR, zugleich festigte er die politische und wirtschaftliche Kontrolle Moskaus über den SED-Staat. Mit dem Vertrag begann die Einbeziehung der DDR in das bilaterale Paktsystem, das zwischen den anderen Staaten des Ostblocks schon seit den Vierzigerjahren bestand. Erst jetzt wurde der SED-Staat gleichsam auf eine Stufe mit den anderen Mitgliedern des Blocks gestellt. Ein großes Manko blieb allerdings, nämlich die fehlende internationale Anerkennung der DDR außerhalb der kommunistischen Staatenwelt. Erst die Ostpolitik der Bonner Regierung Anfang der Siebzigerjahre ebnete den Weg zur Beseitigung dieses Mankos.

Resümee und Ausblick

Die DDR war kein “Gründungsmitglied“ des Ostblocks, sie wurde erst später schrittweise integriert, wobei es keineswegs sicher ist, ob dies den ursprünglichen Intentionen der Sowjetunion entsprach. Ein Indiz, dass das nicht so war und dass Moskau zu einer Wiedervereinigung unter bestimmten Bedingungen bereit war, ist die Tatsache, dass der Kreml meist auf westliche Entscheidungen in der Deutschlandpolitik reagierte. So wurde die DDR erst nach der BRD gegründet, sie wurde erst nach der BRD militärisch in den Block integriert und erhielt erst nach ihr die Souveränität. Nachdem die DDR ein Teil des Ostblocks geworden war, wurde sie zu einem immer wichtigeren, ja zum wichtigsten Mitglied des Blocks, zum Eckpfeiler der sowjetischen Herrschaft über Osteuropa. Die dafür bestimmenden Faktoren waren: besondere außenpolitische Zuverlässigkeit, innenpolitische Stabilität (spätestens seit dem Mauerbau), geopolitische Lage (am Westrand des Ostblocks), wirtschaftliche und strategische Bedeutung (als Teil des “nördlichen Dreiecks“).

Die Einbeziehung der DDR in das bilaterale Paktsystem des Ostblocks wurde nach 1964 fortgesetzt. 1967 kam es zu Verträgen mit Polen, der Tschechoslowakei, Ungarn und Bulgarien, 1972 mit Rumänien. Der Abschluss des Grundvertrags mit der BRD 1972 machte den Weg frei zur weltweiten diplomatischen Anerkennung des SED-Staates, sichtbarster Ausdruck war die Aufnahme in die UNO 1973. 1975 folgte eine neuer bilateraler Vertrag mit der UdSSR, der den von 1964 ersetzte. So waren die Siebziger- und die erste Hälfte der Achtzigerjahre der Höhepunkt der Bedeutung der DDR im Ostblock und ihrer Freundschaft mit der Sowjetunion. Erst Gorbatschov und seine Politik ab 1985 sollten dies ändern.

BIBLIOGRAPHIE

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Hans-Adolf Jacobsen/Gert Leptin/Ulrich Scheuner/Eberhard Schulz (Hrsg.), Drei Jahrzehnte Außenpolitik der DDR. Bestimmungsfaktoren, Instrumente, Aktionsfelder. München 1979 (= Schriften des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, Internationale Politik und Wirtschaft 44)

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In: Europa-Archiv 21/1964, S.785-94

Dietrich Staritz, Geschichte der DDR. Erweiterte Neuausgabe, Frankfurt/Main 1996

(= Moderne Deutsche Geschichte 11)

[...]


[1] Dazu Wilfried Loth: Die Teilung der Welt. Geschichte des Kalten Krieges 1941-1955. München, 6. Auflage 1987, S.94-98 (= dtv-Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts 12) und Jens Hacker: Der Ostblock. Entstehung, Entwicklung und Struktur 1939-1980. Baden-Baden 1983, S.439f.

[2] Dazu generell Wilfried Loth: Stalins ungeliebtes Kind. Warum Moskau die DDR nicht wollte. Berlin 1994 Die Ansicht, dass der Kreml es bis 1955 mit einer Wiedervereinigung ernst meinte, vertritt auch Johannes Kuppe: Phasen, S.181f. In: Hans-Adolf Jacobsen/Gert Leptin/Ulrich Scheuner/Eberhard Schulz (Hrsg.): Drei Jahrzehnte Außenpolitik der DDR. Bestimmungsfaktoren, Instrumente, Aktionsfelder. München 1979, S.173 -200. Für möglich hält es Melvin Croan: Entwicklung der politischen Beziehungen zur Sowjetunion seit 1955, S.351f. In: Jacobsen: Außenpolitik der DDR, S.347-79. Zur Funktion des Marshallplans Loth: Die Teilung der Welt, S.167-71; zur Ablehnung durch die UdSSR ebd. S.172-77; zur Gründung der DDR ebd. S.232-34 und ausführlich Dietrich Staritz: Geschichte der DDR. Frankfurt/Main, erweiterte Neuausgabe 1996, S.14-47 (= Moderne Deutsche Geschichte 11)

[3] Staritz: Geschichte der DDR, S.48 Alexander Fischer: Außenpolitische Aktivität bei ungewisser sowjetischer Deutschlandpolitik (bis 1955), S.53f. In: Jacobsen: Außenpolitik der DDR, S.51-84

[4] Fischer: Außenpolitische Aktivität, S.60f.

[5] Hacker: Ostblock, S.435 u. 447f. Fischer: Außenpolitische Aktivität, S.76

[6] Loth: Stalins ungeliebtes Kind, S.171-75 Staritz: Geschichte der DDR, S.86f.

[7] Loth: Stalins ungeliebtes Kind, S.178f. u. 185 Staritz: Geschichte der DDR, S.88-90 Ausführlich Loth: Die Teilung der Welt, S.283-95

[8] Loth: Stalins ungeliebtes Kind: S.186

[9] ebd. S.188

[10] Staritz: Geschichte der DDR, S.90f.

[11] ebd. S.91

[12] ebd. S.94

[13] ebd. S.96 u. 99

[14] ebd. S.99 Loth: Stalins ungeliebtes Kind, S.189-91

[15] Fischer: Außenpolitische Aktivität, S.54f.

[16] ebd. S.69

[17] ebd. S.69f. Der erste diplomatische Vertreter der DDR in Warschau war der Schriftsteller Friedrich Wolf, der Vater des späteren DDR-Spionagechefs Markus Wolf.

[18] ebd. S.74

[19] Loth: Stalins ungeliebtes Kind, S.193-98 Staritz: Geschichte der DDR, S.100-08

[20] Loth: Stalins ungeliebtes Kind, S.198f.

[21] ebd. S.200-03 Staritz: Geschichte der DDR, S.108-16

[22] Loth: Stalins ungeliebtes Kind, S.206

[23] ausführlich ebd. S.207-16

[24] Croan: Politische Beziehungen zur Sowjetunion, S.352 Loth: Die Teilung der Welt, S.297

[25] Loth: Stalins ungeliebtes Kind, S.216-18 Croan: Politische Beziehungen zur Sowjetunion, S.352 Fischer: Außenpolitische Aktivität, S.62

[26] Loth: Stalins ungeliebtes Kind, S.218 Staritz: Geschichte der DDR: S.127 Fischer: Außenpolitische Aktivität, S.59 Croan: Politische Beziehungen zur Sowjetunion, S.352 u. 365

[27] Loth: Stalins ungeliebtes Kind, S.216-20

[28] ebd. S.218

[29] Hans Wolfgang Kuhn: Bundesrepublik und Sowjetzone, S.346f. In: Die Internationale Politik 1955. Eine Einführung in das Geschehen der Gegenwart, hg. Arnold Bergstraesser und Wilhelm Cornides. München 1958, S.333-49 (= Jahrbücher des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik 1) Fischer: Außenpolitische Aktivität, S.58 Croan: Politische Beziehungen zur Sowjetunion, S.353

[30] Dazu ausführlich Loth: Die Teilung der Welt, S.309-23

[31] Hacker: Ostblock, S.502f. u. 508

[32] Hacker: Ostblock, S.509

[33] Kuppe: Phasen, S.181f. Croan: Politische Beziehungen zur Sowjetunion, S.354 Loth: Stalins ungeliebtes Kind, S.220

[34] Hacker: Ostblock, S.510

[35] ebd. S.510f. Die Internationale Politik 1955: S.364

[36] Kuppe: Phasen, S.181

[37] Die Internationale Politik 1955: S.363

[38] ebd. S.364f.

[39] Die Internationale Politik 1955: S.373f. Loth: Stalins ungeliebtes Kind, S.220f. Croan: Politische Beziehungen zur Sowjetunion, S.354

[40] Die Internationale Politik 1955: S.383-85 Croan: Politische Beziehungen zur Sowjetunion, S.354

[41] Die Internationale Politik 1955: S.388

[42] Hans Wolfgang Kuhn: Die DDR im kommunistischen Block, S.420 In: Die Internationale Politik 1956/57

[43] ebd. S.419f. Hacker: Ostblock, S.514f.

[44] vgl. Gerhard Wettig: Warschauer Pakt. In: Jacobsen (Hrsg.): Außenpolitik der DDR, S.559-73

[45] Die Internationale Politik 1956/57: S.424

[46] ebd. S.417 u. 424

[47] ebd. S.424 Wettig: Warschauer Pakt, S.566 Hacker: Ostblock, S.695 u. 698

[48] Die Internationale Politik 1956/57: S.424 Wettig: Warschauer Pakt, S.565f. Croan: Politische Beziehungen zur Sowjetunion, S.356f.

[49] Hacker: Ostblock, S.699

[50] ebd. S.632-34

[51] ebd. S.687f. u. 700f.

[52] ebd. S.695f.

[53] Wettig: Warschauer Pakt, S.566 Erst seit Ende der Sechzigerjahre wurde die NVA aufgewertet, als sie

moderne Ausrüstung erhielt: ebd.

[54] Fischer: Außenpolitische Aktivität, S.72-76 B.A. Osadczuk-Korab: Die ost- und südosteuropäischen Staaten

S.710-12 In: Die Internationale Politik 1958-60, S.702-34. Osadczuk-Korab spricht sogar von einem „Dreibund“ zwischen der DDR, Polen und der Tschechoslowakei.

[55] Hans-Dieter Schulz: Moskaus wichtigster Partner. Die Stellung der „DDR“ im Ostblock, S.789 In: Europa-Archiv 21/1964, S.785-94 Fischer: Außenpolitische Aktivität, S.77f. Croan: Politische Beziehungen zur Sowjetunion, S.357

[56] Schulz: Moskaus wichtigster Partner, S.791f.

[57] Hacker: Ostblock, S.543-47 Croan: Politische Beziehungen zur Sowjetunion, S.355

[58] Hacker: Ostblock, S.575f. u. 582f. Die Anwesenheit der sowjetischen Truppen in den Ländern Osteuropas basierte bis dahin auf dem Warschauer Pakt und im Falle der DDR auch auf dem Potsdamer Abkommen und dem Moskauer Vertrag von 1955.

[59] Hacker: Ostblock, S.579 Die Internationale Politik 1956/57: S.425f.

[60] Hacker: Ostblock, S.579

[61] ebd. S.589f. Wettig: Warschauer Pakt, S.565 Siegfried Mampel: Die Stellung der „DDR“ im sowjetischen Paktsystem. Berlin 1966, S.24f.

[62] Hacker: Ostblock, S.606 Kuppe: Phasen, S.185 Croan: Politische Beziehungen zur Sowjetunion, S.357f.

[63] Kuppe: Phasen, S.187 Croan: Politische Beziehungen zur Sowjetunion, S.358

[64] Hacker: Ostblock, S.651 Kuppe: Phasen, S.190

[65] Croan: Politische Beziehungen zur Sowjetunion, S.358

[66] ebd. S.359f. Hacker: Ostblock, S.682

[67] Hans Heinrich Mahnke: Der Beistandspakt zwischen der Sowjetunion und der „DDR“ vom 12. Juni 1964. In: Europa-Archiv 14/1964, S.503-12 Mampel: Die Stellung der „DDR“ im sowjetischen Paktsystem, S.26-31 Zu den wirtschaftlichen Aspekten auch Schulz: Moskaus wichtigster Partner, S.793

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Die DDR im System des Ostblocks 1949-1964
Hochschule
Universität Wien
Veranstaltung
Seminar für Zeitgeschichte: Deutschland seit 1945
Note
Sehr gut
Autor
Jahr
2000
Seiten
23
Katalognummer
V108914
ISBN (eBook)
9783640071050
Dateigröße
465 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
System, Ostblocks, Seminar, Zeitgeschichte, Deutschland
Arbeit zitieren
Johann Kurzreiter (Autor:in), 2000, Die DDR im System des Ostblocks 1949-1964, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108914

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