"Der völkische Staat hat ... seine gesamte Erziehungsarbeit in erster Linie nicht auf das Einpumpen bloßen Wissens einzustellen, sondern auf das Heranzüchten kerngesunder Körper. Erst in zweiter Linie kommt dann die Ausbildung der geistigen Fähigkeiten. Hier aber wieder an der Spitze die Entwicklung des Charakters, besonders die Förderung der Willens- und Entschlusskraft, verbunden mit der Erziehung zur Verantwortungsfreudigkeit, und erst als letztes die wissenschaftliche Schulung." (Hitler 1940, 452 zit. in: Giesecke 1993, 22)
Diese Erziehungsziele wurden von Hitler schon vor der nationalsozialistischen Übernahme der Regierungsgewalt 1933 in "Mein Kampf" geäußert. Solche allgemeinen Angaben verlangten jedoch im Zuge der weiteren Machtergreifung nach der Ausarbeitung von Theorien zur Ausübung der Erziehung in der Praxis. Ich möchte mich in meiner Arbeit auf einen Pädagogen Hitlers im 3. Reiches beschränken, welcher mit der Schaffung der "Hitler-Jugend" einen großen Beitrag zur Umsetzung der Erziehungsziele im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie leistete: Baldur von Schirach. Er war zwar nicht der Geburtsvater der HJ, jedoch wurde sie durch ihn zu der größten und einflussreichsten Jugendorganisation des nationalsozialistischen Deutschlands, neben welcher kaum eine andere bestehen konnte. In diesem Bund gab es nichts, was nicht von Hitler geprägt war. Schule und Familie konnte er zwar in gewissem Maße nach seinem Willen gestalten, die Hitler-Jugend, ein "Nazi-Kreis ohne Lücke", jedoch konnte vollkommen nach seinen Vorstellungen geformt werden (vgl. Mann 2001, 135). Einen seiner wichtigsten Helfer hat er dabei in Baldur von Schirach gefunden, welcher gerade in der Anfangszeit der Diktatur voller Enthusiasmus seinem "Führer" folgte, der ihn faszinierte und fesselte. Der Widerspruch zwischen Rohheit und der Begeisterung für die schönen Künste, welcher seinen Charakter kennzeichnete, beeinflusste das Konzept und die pädagogischen Ideen zur Führung der HJ.
GLIEDERUNG
1. Einleitung
2. Baldur von Schirach
2.1. Leben (Biographisches)
2.2. Pädagogische Ideen
3. Schluss
4. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Der völkische Staat hat ... seine gesamte Erziehungsarbeit in erster Linie nicht auf das Einpumpen bloßen Wissens einzustellen, sondern auf das Heranzüchten kerngesunder Körper. Erst in zweiter Linie kommt dann die Ausbildung der geistigen Fähigkeiten. Hier aber wieder an der Spitze die Entwicklung des Charakters, besonders die Förderung der Willens- und Entschlusskraft, verbunden mit der Erziehung zur Verantwortungsfreudigkeit, und erst als letztes die wissenschaftliche Schulung.“ (Hitler 1940, 452 zit. in: Giesecke 1993, 22)
Diese Erziehungsziele wurden von Hitler schon vor der nationalsozialistischen Übernahme der Regierungsgewalt 1933 in „Mein Kampf“ geäußert. Solche allgemeinen Angaben verlangten jedoch im Zuge der weiteren Machtergreifung nach der Ausarbeitung von Theorien zur Ausübung der Erziehung in der Praxis. Ich möchte mich in meiner Arbeit auf einen Pädagogen Hitlers im 3. Reiches beschränken, welcher mit der Schaffung der „Hitler-Jugend“ einen großen Beitrag zur Umsetzung der Erziehungsziele im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie leistete: Baldur von Schirach. Er war zwar nicht der Geburtsvater der HJ, jedoch wurde sie durch ihn zu der größten und einflussreichsten Jugendorganisation des nationalsozialistischen Deutschlands, neben welcher kaum eine andere bestehen konnte. In diesem Bund gab es nichts, was nicht von Hitler geprägt war. Schule und Familie konnte er zwar in gewissem Maße nach seinem Willen gestalten, die Hitler-Jugend, ein „Nazi-Kreis ohne Lücke“, jedoch konnte vollkommen nach seinen Vorstellungen geformt werden (vgl. Mann 2001, 135). Einen seiner wichtigsten Helfer hat er dabei in Baldur von Schirach gefunden, welcher gerade in der Anfangszeit der Diktatur voller Enthusiasmus seinem „Führer“ folgte, der ihn faszinierte und fesselte. Der Widerspruch zwischen Rohheit und der Begeisterung für die schönen Künste, welcher seinen Charakter kennzeichnete, beeinflusste das Konzept und die pädagogischen Ideen zur Führung der HJ.
2. Baldur von Schirach
2.1. Leben (Biographisches)
Baldur von Schirach wurde am 9.5.1907 als jüngster Sohn einer Amerikanerin und eines Deutschen in Berlin geboren. Da sein Vater Carl die Leitung des Großherzoglichen Hoftheaters übernahm, zog die Familie 1908 nach Weimar. Nicht materielle Not, sondern die Entlassung seines Vaters aus dem Amt des Intendanten und der Selbstmord seines älteren Bruders, für welchen dieser das „Unglück Deutschlands“ als Grund angab, bestimmten Schirachs Republikfeindschaft maßgeblich mit (vgl. Giesecke 1993, 164).
Im Alter von 17 Jahren begann er sich mit nationalsozialistischen und antisemitischen Schriften zu beschäftigen. Nachdem er Hitlers „Mein Kampf“ gelesen hatte und ihn 1925 sogar selbst kennenlernte, trat er in die NSDAP ein.
Zum Studium zog es ihn nach München, in die Nähe seines „Führers“. Er engagierte sich politisch und trat in den „Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund“ ein. Hitler wurde auf ihn aufmerksam als Schirach ihn drängte, vor der Studentenschaft zu reden, was von großem Erfolg gekrönt war.
1931 wurde Schirach zum Reichsjugendführer der NSDAP ernannt. Er übernahm die Hitlerjungend (HJ) mit dem Ziel, diese Organisation möglichst schnell auszubauen, immer die Machtübernahme Hitlers im Auge (vgl. Giesecke 1993, 165).
Schirach brachte seine Erfahrung mit die Leitgedanken des Reformpädagogen Hermann Lietz, welche neben der bloßen Wissensvermittlung auch die Ausbildung des Körpers und des Charakters in den Vordergrund rückten, in das Konzept der HJ ein. Pädagogische Zielstellungen waren jedoch erst nach dem Regierungsantritt 1933 tatsächlich von Bedeutung , zuvor kam es vor allem darauf an, möglichst große Teile der Jugendlichen zu begeistern und mitzureißen.
Nachdem Schirach 1933 zum „Jugendführer des Deutschen Reiches“ erhoben wurde, hatte er alle Jugendorganisationen unter sich und machte sie als Oberstkommandierender zu einer „enormen und glänzend organisierten Armee“(Mann 2001, 140)
Der Beginn des Krieges weckte in ihm das Verlangen, freiwillig in der Wehrmacht für den Staat zu kämpfen. Hitler holte ihn jedoch schon bald wieder zurück und machte ihn zum Gauleiter und Reichsstatthalter Wiens. (vgl. Giesecke 1993, 166)
Zu dieser Zeit wurde er kulturell aktiv und entwickelte ein, nach Hitlers Dafürhalten, etwas zu liberales und toleranteres Verhältnis zu Kunst und Musik. Doch nicht nur sein verständnisvoller Umgang mit den Künstlern, welche sich dieser sogenannten „entarteten Kunst“ gewidmet hatten, sondern auch die Kritik an Hitlers Kriegsführung und seine Einstellung gegenüber der Judenpolitik, erregten den Zorn des Führers.
Schirachs Antisemitismus war nicht rassistischer Art, sondern kulturell begründet. Er war gegen eine Vermischung der Kulturen, hatte jedoch nie die Vernichtung der Rasse zum Ziel. Unter diesen Gesichtspunkten veranlasste er als Gauleiter von Wien die Deportation von 60.000 Juden, im Glauben, sie werden in Gebiete umgesiedelt, in denen sie weitgehend autonom leben können. Ihr eigentliches Schicksal wurde ihm erst weitaus später deutlich vor Augen geführt.
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- Arbeit zitieren
- Anne Abendroth (Autor:in), 2002, Erziehung im Nationalsozialismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10902