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Rezension zu Ulrich Schlie: Die Nation erinnert sich - Die Denkmäler der Deutschen - München 2002

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Ulrich Schlie: Die Nation erinnert sich. Die Denkmäler der Deut­schen. München 2002.

Kunsthistorisch betrachtet sind Denkmäler Ausdruck des ästhetischen Empfindens ihrer Zeit. Gleichzeitig definieren sie durch ihren Gegen­stand und in ihrer Form eine bestimmte Interpretation der Ereignisse oder der Personen, derer sie gedenken. Besonders deutlich wird dies im Typus des Nationaldenkmals. In Nationaldenkmälern lässt sich able­sen, was die Zeitgenossen für erinnerungswürdige Ereignisse in der nationalen Geschichte hielten, welches Bild sie von der Geschichte ih­rer Nation hatten und aus welchen Bezügen der Nationalstaat seine Legitimation herleitete. Insofern sind Nationaldenkmäler Ausdruck der Selbstdefinition einer Nation und ihrer Suche nach der eigenen Iden­tität.

Von diesen Überlegungen ausgehend schreibt Ulrich Schlie eine Ge­schichte der Denkmäler der Deutschen. In seinem Essay gibt er einen Abriss der politischen Geschichte Deutschlands seit Beginn des 19. Jahrhunderts, beschreibt die prägenden Ereignisse aber auch den Ein­fluss politischer Ideen und ordnet jeder Zeit charakteristische Denkmä­ler zu. Sie bezeugen, so Schlie, die nationale Geschichte und tragen gleichzeitig zu deren Verständnis bei (S.18/19).

Dieser Orientierung an der politischen Geschichte der Deutschen ent­spricht der Aufbau des Buches: Schlie geht klassisch chronologisch vor, er beschreibt zunächst die Entstehung des deutschen Nationalstaats und widmet dann ab 1871 jedem der folgenden deutschen National­staaten ein eigenes Kapitel. Abschluss der Betrachtung bildet ein Ka­pitel über den Umgang mit der Vergangenheit und die damit einher­gehenden Diskussionen um Denkmäler im wiedervereinigten Deutsch­land nach 1990.

Mit dem Anspruch, auf knapp 200 Seiten eine deutsche Geschichte der letzten 200 Jahre zu liefern – selbst wenn die Darstellung sich auf eine politische Geschichte der großen Linien beschränkt – geht die Notwen­digkeit einer starken Auswahl der beschriebenen Ereignisse und auch der ihnen zuzuordnenden Denkmäler einher. In dieser Verknappung auf das, nach Interpretation Schlies, Wesentliche, den Mut zur Auswahl und klaren Urteilen, liegt die Stärke des Buches. Schlie erzählt in lesbarer Sprache eine deutsche Nationalgeschichte und führt als Zeugen seiner Interpretation verschiedenste Denkmäler an: Von der Walhalla als Aus­druck der Sehnsucht nach dem Nationalstaat und als Symbol für den Rückbezug der Zeitgenossen auf germanische, aber auch antike grie­chische Ursprünge der deutschen Kultur vor 1871 zu den den Natio­nalstaat feiernden Denkmälern Wilhelms I. und die weit verbreiteten Bismarck-Türme des Kaiserreichs, spannt Schlie den Bogen der angeführten Denk­mäler und ihrer Aus­sagen. Er zeigt die Bedeutung der in Form und Aussage ambi­valenten und widersprüchlichen Denkmäler der Weimarer Republik, die in erster Linie dem Gedenken an die Gefallenen des ersten Welt­kriegs gewidmet waren und bezieht auch die Staatsbauten Hitlers, die der Nachwelt den Größenwahn des NS-Regimes deutlich vor Augen füh­ren, als Zeugen und Ausdruck der politischen Geschichte ein. Der sehr unterschiedliche Umgang der beiden deutschen Staaten nach 1945 mit der NS-Ge­schichte wird anhand der Parallelen und Differenzen vor allem in den entstandenen Gedenkstätten auf den Geländen der ehemaligen Kon­zentrationslager Dachau und Buchen­wald gut nachvollziehbar.

In dieser Stärke liegt aber auch ein wesentlicher Nachteil der Darstel­lung Schlies: Die Gründe für die Auswahl der Denkmäler werden an keiner Stelle dargelegt. Auch eine Definition, was ein Nationaldenkmal eigentlich ist, geht über „Nationaldenkmal ist, was zu einem National­denkmal gemacht worden ist“ (S. 14) bedauerlicherweise nicht hinaus. So verwundert es dann doch, dass neben Wartburg, Kyffhäuser und Neuer Wache zum einen Hitlers Pläne für die Welthauptstadt Germa­nia, zum anderen aber auch ein der Öffentlichkeit nur begrenzt zugäng­liches Denkmal wie die Bronzebüste Ulrich von Hassells im neuen Auswärtigen Amt zu Nationaldenkmälern erklärt werden.

Schwerwiegender ist jedoch eine weitere definitorische Schwäche der Untersuchung: Schlie schreibt eine Nationalgeschichte, deren Berechti­gung er in der Einleitung ausführlich darlegt und begründet, ohne seine Begriffe von „Nation“ und „nationaler Identität“ zu erläutern. Damit blei­ben die Nation und auch der aus ihr entstehende Nationalstaat un­scharfe Gebilde, die in Schlies sprachlicher Darstellung deutlich perso­nifiziert werden. Da zeichnet sich das Kaiserreich durch die „Züge des Parvenu“ aus: „Unsicherheit, Mangel an Stil, Prestigedenken, auch Auftrumpfen am falschen Ort“. Diese Eigenschaften begründet Schlie mit den „Belastungen, die mit seiner mühsamen Geburt verbunden wa­ren“ und „es auf seinem Weg durch die Geschichte“ begleiteten (S. 39).

Befremdlich wirken die Urteile Schlies über ein­zelne Personen: seine Begeisterung für das „Genie Bismarck“ ist ebenso fragwürdig wie seine Platituden zu Hitler, dessen Beispiel „lehrt, dass der Mensch, der sich zum Gott erhebt, als Teufel enden wird“ (S. 126). Immerhin musste Hitler dafür eine „Höllenfahrt“ antreten.

Häufig gestellte Fragen

Worum geht es in Ulrich Schlie's "Die Nation erinnert sich. Die Denkmäler der Deutschen"?

Das Buch untersucht deutsche Nationaldenkmäler als Ausdruck der Selbstdefinition der Nation und ihrer Suche nach Identität. Es analysiert, wie Denkmäler die politische Geschichte Deutschlands widerspiegeln und zur Interpretation dieser Geschichte beitragen.

Welchen Zeitraum deckt das Buch ab?

Das Buch behandelt die deutsche Geschichte von Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Wiedervereinigung Deutschlands nach 1990.

Wie ist das Buch aufgebaut?

Das Buch ist chronologisch aufgebaut und orientiert sich an der politischen Geschichte Deutschlands. Es widmet jedem deutschen Nationalstaat nach 1871 ein eigenes Kapitel.

Welche Art von Denkmälern werden in dem Buch behandelt?

Das Buch behandelt eine Vielzahl von Denkmälern, darunter die Walhalla, Denkmäler Wilhelms I., Bismarck-Türme, Kriegerdenkmäler der Weimarer Republik, Staatsbauten des NS-Regimes und Gedenkstätten wie Dachau und Buchenwald.

Was sind die Stärken des Buches?

Die Stärke des Buches liegt in seiner lesbaren Darstellung der deutschen Nationalgeschichte und der klaren Urteilen, die der Autor fällt. Es verknüpft historische Ereignisse mit der Bedeutung der entsprechenden Denkmäler.

Was sind die Schwächen des Buches?

Die Auswahl der Denkmäler wird nicht ausreichend begründet, und es fehlt eine klare Definition des Begriffs "Nationaldenkmal". Die Begriffe "Nation" und "nationale Identität" werden nicht ausreichend erläutert.

Welche Kritik wird an Schlies Urteilen über Einzelpersonen geäußert?

Schlies Begeisterung für Bismarck und seine Platituden über Hitler werden kritisiert.

Welche alternativen Ansätze werden vorgeschlagen?

Es wird vorgeschlagen, nach Kontinuitäten und Brüchen in der Darstellung der Geschichte durch die Denkmäler zu suchen, die über die übliche Periodisierung durch Systemwechsel hinausgehen.

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Title: Rezension zu Ulrich Schlie: Die Nation erinnert sich - Die Denkmäler der Deutschen - München 2002

Literature Review , 2004 , 3 Pages

Autor:in: Helene Heise (Author)

Politics - Miscellaneous
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Details

Title
Rezension zu Ulrich Schlie: Die Nation erinnert sich - Die Denkmäler der Deutschen - München 2002
College
University of Hamburg
Course
Grundkurs, Teil 1
Author
Helene Heise (Author)
Publication Year
2004
Pages
3
Catalog Number
V109221
ISBN (eBook)
9783640074020
Language
German
Tags
Rezension Ulrich Schlie Nation Denkmäler Deutschen München Grundkurs Teil
Product Safety
GRIN Publishing GmbH
Quote paper
Helene Heise (Author), 2004, Rezension zu Ulrich Schlie: Die Nation erinnert sich - Die Denkmäler der Deutschen - München 2002, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/109221
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